Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Freundliche Verglimpfung über die Predigt Luthers wider die Schwärmer

28.-30. März 1527
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 5 (Leipzig: Heinsius, 1934) (Corpus Reformatorum 92)


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Früntlich verglimpfung und ableynung über die
predig des treffenlichen Martini Luthers wider
die schwermer, zuo Wittemberg gethon unnd
beschriben zuo schirm des waesenlichen lychnams
und bluots Christi im sacrament. Zuo guoter
bewarung von Huldrychen Zuingli ylends und
kurtz begriffen.
Dem frommen, edlen Wilhelm von Zell, synem
gefatter, embüt Huldrych Zuingli gnad und frid
von gott.
Liebster gfatter, als du mir des Luthers sermon wider die schwermer
zuogeschickt, hab ich dir nit not sin vermeint ze schriben, was ich darvon
hielte, sunder ich hab wargenommen, was er bringen wurd, und
empfunden, das vil durch den von siner meinung gevallen sind, allein
darumb, daß sy sagend, es sye der Luther imm selbs nit mer glych.
Es sind aber etlich der schwachen und erst angefuerten dadurch in
zweyung kommen, dero waechter mich so vil bemueyet, daß ich dise
kurtze verantwurt ylends zaemen bracht; schick dir die zuo, dann ich
yetz nüts tütsches schrib, aber wol latin zuo Luternn. Dien gott
von hertzen, als du thuost! Der welle din alter bewaren. Amen.
Geben ylends zuo Zürich uff den acht und zwentzgisten tag
mertzens 1527.

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Allen Christglöubigen embüt Huldrych Zuingli
gnad unnd frid von gott.
Ich zwyfel nit, christlicher laeser, du vallist in etwas unmuots, so
du dise min verglimpfung und ableinung, dero vast not ist, über
des treffenlichen Martin Luthers predig, wider die schwermer vom
sacrament des lychnams und bluots Christi geton und beschriben,
ansehist, darumb daß du sorgest, es werde zwytracht under denen, die
ouch bim euangelio stond. Da soltu sicher sin, das ich darmit gheinswegs
umbgang, sunder allein daruff sich, daß wir nienen mit unwüssenheit
oder unverstand umbkommen werdind, ouch niemand sich
selb so hoch halte in der kilchen Christi, das im nieman gdore
ynreden, so er glych on gottes wort redt oder so er imm gwalt tuot
mit mißverstand. Dann ie so soll ouch dem kleinsten zimmen, so
verr im gott den verstand yngeben hat, in der kilchen ze reden,
1. Corint. 14. Lasse man nun mich den kleinsten sin, so wil ich gar
klar one allen schalck und zorn anzeigen, daß der allmechtig gott
Martino Luther in diser leer des sacramens die heimlicheit seines
verstands nit geoffnet hat. Es sol ouch das niemands für schelcken
oder schmehen rechnen, so ich sag: Das ist nit; dann ie so muoß
man der unwarheyt widerston und die an den tag bringen, treffe glych
an, waen es welle. Mart. Luther ist als hoch in minem schlechten
urteyl als ein einiger; noch ist gott hoeher, des wort sol weder
ich noch ein anderer umb Martini oder eins anderen willen in mißverstand
tringen lassen. Darumb kurtzlich, lieber leser, hab thüreren,
vesteren glouben, weder das du dich lassist in etwas schwecherung

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oder zweyung ziehen, obglich Petrus und Paulus [Gal. 2. 11] und harwiderumb
Paulus und Barnabas [Act. 15. 39] miteinandren zanggend;
sich du, das din hertz richtig zuo gott stand und din leben nach sinem
willen gestaltet werde, so triffestu die rechten maß eins Christenmenschen;
dann glouben, das hie fleisch und bluot geessen werde, macht
nit saelig; dann gott hats nit verheißen. "Wer min fleisch ißt und min bluot
drinckt", Ioan. 6. [Joh. 6. 54], dienet nit zuo dem lyplichen essen, von
demm die im sacrament redend, sunder vertruwen uff den sun gottes,
der sin leben für unseren tod ggeben hat, als alle gloeübige wol wüssend,
zuo denen wir hie allein schribend, nit zue denen, die gottes wort noch
nit bericht sind. Gott sye mit uns, das wir nüts lerind, das sinem
willen nit gemaeß, noch ützid annemmind, das wider die ewige warheit
sye, amen. Ich wil ouch mich des me der kürtze flyssen, das die
belaesnen an wenig gnuog habend und vor zaemen gebracht, das harzuo
not ist.
Erstlich erman ich dich, lieber laeser, daß du lernist mit urteyl
laesen und nit so hinlaessig sygist, das du glych und gehoert hast:
Luther oder Zuingli hat das geschriben, das du dich von stund an
uff ire wort unertrachteter sach lassist, sunder sehist, ob sy gottes
wort unnd der warheit glychfoermig redind oder nit. Verhoer aller
menschen leer bym glouben und by dem gschribnen wort; dann etlich
ruemend den glouben hoch, lerend aber, das wider die gschrifft ist, die
nach dem glauben recht verstanden wirt. Harwiderumb sind vil geleert,
habend aber nit glouben, die ghoerend ouch nit die gschrifft ze leeren;
dann die gschrifft muoß allein durch den glouben verstanden werden
und der gloub allein bewaert werden, ob er gerecht sye, mit und an
der gschrifft, die durch den glouben recht verstanden wirt. Glych als
da einer einen last entwegen und fueren wil; nimpt er das tier allein
one silen und strick, so mag er nüts entwegen. Harwiderumb

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nimpt er allein das gschirr one das thier, schaffet er aber nüts.
Kurtz, es muoß das thier und gschirr miteinandren an die burde
gefürt werden unnd angürtet. Also hie ist das tier der lebendig
gloub; strick und silen ist die gschrifft. Wil ich nun leeren, das in
gottes wort nit ist oder darwider ist, so fürnim ich noch beweg by
der kilchen nüts; dann die laßt sich nit wider gottes wort oder one
das bewegen. Kumm ich aber allein mit gottes wort one glouben unnd
rechten verstand, fürnim ich glycherwyß aber nüts; dann die kilch
hoert, das ich gottes wort nit verston noch gloubend hab. Byspil:
Christus spricht Matthei 5: "Vereinig dich mit dinem widersaecher,
diewyl du mit im uff dem weg bist, das er dich nit dem richter hingeb
und der richter dem weybel unnd in gefencknuß geworffen werdist.
Warlich sag ich dir, du wirst da haruß nit kommen, biß du das letst
oertle bezalt hast" [Matth. 5. 25f.]. Diß ort hatt der bapst genommen
unnd one glouben ußgelegt: es sye ein fegfür, daruß koemme nieman,
bis er alle schuld bezalt habe. Aber der gloub spricht: Mueßtind wir
selb für unser sünd bezalen, wo für wäre dann Christus gestorben?
Wie das wir, nach dem unnd Christus kommen, erst ein fegfür erlyden
muessend, und vor im ist gheins nie gewesen? Unnd mag also
der gloub ghein fegfür nit erlyden. Denn so findt er aber, das
Christus an dem ort gar nit vom fegfür, sonder von der gefaar, die
offt einem vor dem richter zuostadt, sagen wil, das offt einer sich nit
guetlich wil lassen vertragen mit sinem widersecher, unnd kumpt demnach
darzuo, das er selbs unrecht gwünnet; denn muoß er alle schuld
on gnad bezalen. Sichstu, also muoß man den glouben unnd die
gschrifft byeinander haben. Disen weg von der gschrifft leer ich nit
uss mir selbs, sunder uss Christo Iesu, der spricht Ioannis 5.:
"Erfüntelend die gschrifft, in denen ir vermeinend üch das ewig
leben haben, und die sind, die kundtschafft von mir gebend"
[Joh. 5. 39]. Sich, wie sich Christus selbs selbs zuo den Juden in
die schrancken der gschrifft hinzulaßt, und will sich lassen durch
die gschrifft beschetzen unnd ersuochen. Also soellend ouch wir unserer

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leer kundtschafft uß der gschrifft bringen, und der gschrifft, die recht
verstanden sye durch den glouben. Dann ouch Christus sin leer
alweg mit der gschrifft bewaert hat.
So nun Luther glych nach dem anfang also sagt: "Aber wer
recht wil faren unnd nicht anlouffen, der huete sich vor den spitzigen
gedancken", so muostu, lieber bruoder, nit grad fürlouffen unnd uns,
wider die Luther schrybt, verdencken, sam wir mit spitzfündigkeit
umbgangind, sunder erwegen erstlich, wie wyt sich zimme scharpff sin
in ertrachtung gottes worts, und die wort, die verbietend den verstand
scherpffen gegen denen, die in heissend spitzen, erwegen. Als da Paulus
sagt: "Ir soellend nit wyß syn by üch selbs" [Röm. 12. 16] und:
"Ir soellend nit me wüssen, weder not ist ze wüssen" [Röm. 12. 3],
unnd harwiderumb: "Ir söllend nit unwüssend sin, sunder wüssend
unnd verstendig, was der will gottes sye" [Röm. 12. 2]. Unnd
Christus Matthei 10. spricht: "Ir soellend als wys sin als die
schlangen unnd einvaltig wie die tuben" [Matth. 10. 16]. Zum anderen
solt du dann Luthers meinung vom sacrament unnd unsere gegen
einander messen, welche spitzfündig sye, welche nit; denn so findest
du, welche die anderen schelckind oder schmaehind: Also sagen wir,
das die wort: "Das ist min lychnam, der für üch hinggeben wirdt" nit
moegind on einen tropum, das ist: verwendung, verstanden werden.
Und zeigen darumb unzalbarlich ursachen an, dero der groesser teyl
harnach kommen wirt. Hie wellend wir nun die anzeigen, die in
den worten selbs ergriffen wirt, unnd ist die: Soeltind die wort nach
der einvaltigen gestalt verstanden werden, so mueßte also volgen, das
wir den lychnam Christi sichtbarlich und empfindtlich mueßtind
essen; dann er spricht: es sye der lychnam, der für uns hinggeben
sye. Nun ist ghein unsichtbarer, unempfindlicher lychnam für uns
ggeben, sunder der sichtbar und empfindtlich; so mueßtind wir in
ouch also essen; dann er spricht, es sye eben der, der für uns hinggeben
werde. Darzuo zühend wir denn ander gschrifften ouch harin

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sampt dem glouben (wie volgen wirt), damit wir erhaltend, daß dise
wort andersverstendig oder verwendt, das ist: tropica, sind. Darzuo
thuond wir denn gnuogsame gschrifft dar, die uns leert den tropum und
verwendung erkennen. Wiltu durch das wort "ist" ufthuon, so hastu
unzalbarlich byspil in der bible, da "ist" unnd alle wort des waesens
anderverstendig genommen werdend. In Genn. 41.: "Die siben feißten
kue sind siben fruchtbare jar, die siben laeren aeher sind die siben jar
des hungers" [cf. 1. Mos. 41. 26ff.] wirt an beyden orten unnd noch
an vilen "ist" für "bedütet" genommen. Christus spricht Matth. 11.:
"Er ist Helias" [Matth. 11. 14], meint Joannem und was aber
Ioannes nit Helias, er was imm aber glych. Galat. 4: "Das sind
die zwey testament" [Gal. 4. 24] für: "die bedütend die zwey testament",
und derglychen unzalbar. Wilt du es aber durch das wort
"lychnam" ufthuon, so hastu aber kundschafften gnuog, die wir in
vil buecheren, vorus gegen Strussen und Luthernn, yetz zeletzt in
latin usgengt, rychlich anzeigt habend. Hie wellend wir die fürnemsten
anzeigen. Exod. 12. spricht gott von dem osterlamb oder
faest: "Das ist der überschritt" [2. Mos. 12. 11], und mag aber das
lamb nit ein überhupffen oder überschritt sin, sunder ist allein ein
gedaechtnuß des überschritts. Also hat Christus in abthuon der alten
gedaechtnuß und ufsatz der nüwen einerley worten gebrucht und
ouch also geredt: Das brot oder faest ist min lychnam, das ist: bedütet
oder widerbildet minen lychnam, der für üch hinggeben ist. Und
verzügend uss den Gschichten 2. cap., da also stadt: "Sy hangtend
starck der apostlen leer an und der gemeind und dem brotbrechen"
[Act. 2. 42], das die apostel allein für ein zeichen, das man brucht
hatt in der danck- unnd lobsagung der gemeind, gehalten und darumb
allein brotbrechen genennet habend. Derglychen man ouch im Paulo
merckt 1. Cor. 10., da ers brot nennet [cf. 1. Kor. 10. 16f.], unnd darnach

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am 11. capitel ouch allein dahin reicht [cf. 1. Kor. 11. 23ff.].
Unnd thuond uns zum letsten mit so haellem verstand uf, daß der
herr Christus Iesus an der nacht, do er hinggeben ward, brot
genommen unnd sines heilsamen todes, den er morndes leyd, ein
gedaechtnuß an statt der alten gedaechtnuß des überschrittes unnd ußfuerens
yngesetzt und geredt hab: "Nemmend, essend; das brot miteinander
gebrochen oder das faest ist ein bedütung mines lychnams, der
für üch wirt in tod hinggeben" etc. Also verstand ouch vom tranck
und erkennend nach den worten Pauli, daß es nüts anders ist weder
ein ußkünden, das ist: dancksagung dem herren, daß sin einiger sun
den tod für uns erlitten hat, und welcher in der dancksagung erschinet,
gibt sich für einen us, der uff den herren Iesum Christum vertruwe,
daß er durch sinen tod gott versuenet sye. Darus nun volgt, daß er
Christo mit dem leben nachvolge mit alle ding thuon und lyden umb
gottes und des naechsten willen. Und so er das nit thuot, so wirt er
am lychnam Christi schuldig und an sinem bluot, nit die er geessen
hab, sunder die er sich bezügt hat glouben, das sy für inn vergossen
sygind, unnd damit dem tod und hell entrent, und verloeugnet aber
soelichs mit unchristlichem laeben. Ia, das ist nach der kürtze unser
einvaltiger verstand, nit by uns gedichtet, sonder uss der gschrifft
zogen unnd mit dem höchsten verstand des gloubens erfunden.
So sagt aber Luther harwidrumb: "Die wort: ,das ist min lychnam'
etc. muessind einvaltigklich genommen werden, glych wie sy
lutend, onverwendt". Und so wir sagend: "So muoß volgen, daß brot
(welches durch das woertlin "das" bedütet muoß werden) der lychnam
Christi sye, und denn so hette der bapst recht, der do sagt, das
brot werde substantzlich in den lychnam Christi verwandlet, es
mueßte ouch das brot für uns ans crütz gehenckt sin, wenn es der
lychnam wer, der für uns crütziget ist", so gibt Luther antwurt: es

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sye nüts desterminder brot, es sye aber der lychnam Christi darzuo.
Als ir, lieben brueder, in disem buechlin on alles hindersichsehen
lesend. Und so wir ouch schryend: Gschrifft har, gschrifft har!, zeigt
uns Luther an, Paulus habs brot genennet 1. Corinth. 10. und 11.
Das wüssend wir, herrgott, wol; wir nennends und haltends nach der
substantz für brot. Aber ghein gschrifft wil harfür, die uns bewaere,
das es brot und fleisch miteinander sye. Christus spricht, das brot
anzeigende, ja mit der hand bietende: "Das ist min lychnam". Unnd
wirt nun nienen angerürt, weder von apostlen, evangelisten noch
gheinen gelerten, die ye gewesen sind, das er ye geredt habe: Das ist
brot und ist min fleisch miteinander. So veer ist es, das Luther
dise meinung moege mit gottes wort erhalten, das ouch ghein menschenwort
vorhanden ist, das ein soelchen sinn gottes wort uftrucke. Doch
so wil ers mit einer soelichen red schoenen: "Die wort sind klar;
welcher koend nit mercken, was ich sagte, wenn ich eim ein simlen
butt und spraeche: ,Nimm und iss; das ist ein simmlen'?" Also
redt Luther. Sich aber, lieber Christ, wie ein unvermoeglich
byspil das ist. Wenn mir einer ein simmlen büt unnd spricht: Iss,
das ist ein simmlen, wie koend ich nit verston, das es ein simmlen
waer, so er sagt, es sye eben das, das es ist, unnd das ich weiß, das
es ist? Hie ist imm aber nit also. Wir nemmend brot unnd sagend,
es sye der lyblich lychnam Christi, glych als wenn einer spraech:
Nimm hin, die simmlen ist ein kabiskopff. Ob aber glych Luther
im byspil nit gefaelt hette mit dem verglychen, so bewaert es doch
nüts mit soelichen gemaelden handlen. Byspil der vorbildung lerend
wol, aber sy bewaerend nit. Hie aber gilt ghein ding, dann das
waesenlich uss gottes wort grund hat. Bald so spricht Luther: "Brot
blybt brot, unnd im brot ißt man den lychnam Christi". Sich,

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das ist yetz ein anders. Erst hat er gesagt, das brot sye brot und der
lychnam Christi miteinander. Ietz sagt er, er sye im brot; das sind
ye zweyerley reden und alles one gottes wort; darzuo laßt er in entwedrer
red die wort einvaltigklich blyben; dann also sprechen: "Das
brot ist brot und der lychnam Christi", gibt ye den worten einen
andren sinn, dann sy einvaltigklich fürgehalten ertragen moegend.
Also ouch: "in dem brot ist der lychnam Christi" gibt aber einen
andren sinn. Dann: "Das ist min lychnam" treit ye den sinn für,
daß das brot der lychnam Christi sye; aber denn kan es nit brot
darzuo sin, und hette der bapst recht, das doch nit ist; dann wir sehend
und empfindend, das es brot und nit fleisch ist. Es hat ouch die
red: "Das ist brot unnd ist darzuo min lychnam" gar ghein schirmm,
weder in gottes wort noch in der phylosophy; dann es moegend nit
zwo substantzen ein ding sin. Aber die ander red: "in dem brot" etc.
moecht durch die syneckdocham beschoent werden; aber denn ist
sy ein tropus, das ist: verwendung, und blybend die wort nit in irem
einfaltigen sinn, als aber Luther strytet. So er sy nun mit dem
tropo ußlegt und fichtet aber vor dir, einfaltigem laeser, er welle den
tropum, verwendung, gar nit lyden. Item so er ouch sagt one gottes
wort: es sye brot und fleysch, da wir das brot wol empfindend, aber
des fleyschs wirt nieman innen, welches ouch wider allen verstand ist.
Item so Christus sagt: es sye der lychnam, der für uns hinggeben
ist, der aber sichtbarlich, empfintlich, lydenhafft für uns hinggeben
ist, so sich yetz, welche mit spitzfündigkeyt umbgangind: wir, die da
sagend, es sye nun ein zeychen des lychnams Christi, in dem mal
der dancksagung harumbgetragen und geesen, und das alles mit
gschrifft; oder der Luther, der den lyblichen lyb da essen wil, und
mag inn aber nit gessen; denn er mueßte in essen, wie er getoedt ist.
Darumb sichstu, lieber leser, das du gar mit wenig urteyl lisest,
wenn du dich die predig des Luthers lassest in zwyfel stellen. Es
bschicht aber dir darumb, das du so wyß und wolgeleert wilt sin,

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unnd weist noch nit, was leer ist. Ich red allein zuo etlichen einvaltigen;
dann by den gebruchteren weiß ich wohl, das dise predig
sy erst recht uff die ban bracht hatt; also ist sy on allen grund und
schryet seer; aber es ghoerts nieman; dann es ist nit gottes stimm.
Sich ouch hieby, welches geschwermt sye: von dem dichteten lychnam
Christi reden, von dem alle, die ye darvon gehandlet, nun
geredt und nit verstanden noch geloubt habend; oder die warheit
veriehen unnd die wort mit der gschrifft bewaeren, das sy den sinn
habend. Noch muoß Luther das gegen uns bevor haben, das wir
inn gheins wegs vor den einvaltigen also schelcken und schenden
wellend, als er uns thuot. Aber im latin hab ich inn fryer angeredt,
doch on schelcken.
Demnach spricht er, wir sygind in die irrung kommen, daß wir
unseren gedancken nachgangen sygind. Wo dem also, waere dieser
span uff die ban kommen, ee und wir geboren sind; dann es sind
gheine gedancken nie gewesen, die damit nit angefochten sygind, alß
ouch Luther von im selbs bekennet.
Und leert uff das, wie man allein mit dem glouben den worten
anhangen müsse. Darinn dir einvaltigem aber eins übers oug wirt;
dann du waenest, diß wort: "mit dem glouben den worten anhangen"
werde in der gemein geredt von dem glouben, den wir uff unnd inn
gottes wort habend; so züchts aber Luther verborgenlich uff glouben,
das fleysch und bluot hie geessen werde. Darumb so merck, das wol
recht geredt wirt, wenn man leret, man soelle allen worten gottes one
allen hinderstall glouben. Aber daby muoß man ouch das wort gottes
recht verston, ee unnd man glouben daruf setze; oder wir verfuortind

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uns selbs, so wir es nit verstuendind, unnd aber unseren mißverstand
mit dem gschrey: "Man sol gottes wort glouben" erhalten vermeyntind.
Byspil: Der bapst hat sin thuom mit gottes wort allweg gegründet,
aber nit mit dem rechtverstandnen. Namlich mit dem: "Und uff den
velsen wil ich min kilchen buwen" [Matth. 16. 18]. Er hats aber
valsch verstanden und hat gesagt, die kilch sye uff Petrum gebuwen
unnd reyche das woertlin: "den velsen" uff Petrum, und deßhalb sye
er nach Petro ouch der velß, daruff die kilch stande. Und reycht
aber Christus mit dem woertlin: "den velsen" uff sich selbs, deß sinnes:
Uff den velsen, den du veryehen hast und von dem ich dir den
namen velser darumb ggeben hab, daß du inn erkennt hast, sampt
dem anderen (dann er in ir aller namen redt, als ouch Ioannis 6.
erfunden wirt [cf. Joh. 6. 67 ff.]). Ia, uff den felsen, der ich bin, wil
ich min kilchen buwen. Sichst du nun, lieber bruoder, daß es nit
gnuog ist schryen: "Ich hab gottes wort", sunder man muoß gottes wort
recht verston und de%/mnach sich uff den rechten verstand gottes worts
lassen. So aber der bapst soeliches nit gethon, ist er in die gruob
gefallen unnd mit imm alles gezogen, das gott mit siner gnad nit by
der jüppen behebt hat. Also muoß imm ouch hie geschähen, oder
aber wir verfaelend.
Zum anderen merck, das dir mit dem glouben ouch wirt ein
strick fürgelegt: "Unser gloub, den wir zuo gott durch und in Christum
Iesum habend, der macht uns heyl". Ist waar. Kumpt aber nit
dahar, daß der gloub, eigenlich nun von uns entsprungen, das vermoeg,
sonder welcher gloubt, den hat gott vor und ee erwellet
und zogen Ioan. 6. [cf. Joh. 6. 44]. So staat ye der gloub allein
uss der wal gottes. Nun ist aber der gloub nüts anders weder uff
gott gelassen sin; denn also hat gott den pundt mit allen userwelten
gemachet, das sy inn allein anbaettind, inn allein vereerind (als einen
gott), imm allein anhangind, als ouch der herr Christus Iesus

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Matth. 4. dem tüfel in d'nasen stieß [cf. Matth. 4. 10]. Nun mag
aber der pundt nit geendret werden (wir redend hie nit von den usserlichen
cerimonien, sunder allein von dem inneren grund deß gloubens;
dann die cerimonien habend dennen müssen). Also volgt, das ouch
uff den herren Christum Iesum vertruwen gruntlich allein uff sin
gottheit gebuwen ist, darumb daß er der war gott ist, als er selb
clarlich ze verston gibt Joan. 12.: "Welcher uff mich truwt, der
truwt nit uff mich, sunder uff den, der mich gesendt hat" [Joh. 12. 44].
Sich, wie er sagt, man truwe nit uff in, verstand: als er mensch
ist, sunder uff den, der in gesendt hab; mit dem ist er aber eyn
gott; so volgt, daß wir uff Christum Iesum allen grund des gloubens
allein darumb setzend, das er warer gott ist. Was ist dann die
menscheit? Ein gwüss pfand der gnaden; dann die darumb in tod
geben ist, daß die goetlich grechtigkeit vernuegt und mit uns versuenet
werd, damit wir vertruwt zuo der gnad unnd barmhertzigkeit gottes
louffen gdoerind durch das thür pfand sines eignen suns, den er
uns ggeben hat. Dann was wirt er uns können abschlahen, so er
sinen eignen sun für uns geben hat? Ro. 8. [cf. Röm. 8. 32], davon
anderswo gnuog und gruntlich gesagt ist. Wenn nun die, so den lychnam
Christi lyplich essen wellend, den glouben dahin ziehend, das
wir glouben soellind, das wir da fleisch und bluot essind, oder aber wir
werdind nit saelig, so lerend sy ser schaedlich; dann unser gloub stadt
gruntlich allein in die gotheit, und hat der ware gottes sun Iesus
Christus gar nienen fürggeben, das uns durch das lyplich essen
ützit ggeben werd. Dann wie vor gsagt ist, daß Ioannis 6. stadt
von sinem fleisch essen und bluot trincken [cf. Joh. 6. 54-56], sol "essen"
für "vertruwen" genommen werden. Als dann die jünger glych
am selben ort veryehend: "Wir wüssend und vertruwend, daß du der

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sun des laebendigen gottes bist" [cf. Joh. 6. 69]. Sich, wie sy uff die
gotheit redend und veryehend, aber nit sprechend: "Wir gloubend,
daß din fleisch und bluot geessen die sünd verzyhe" etc. Darumb nun
wohl uffzesehen ist, das uns dise lüt nit verfuerind mit dem valtz
oder umlitz, den sy für und für bruchend. Redend thür vom glouben
und thuond imm recht, aber sy wend inn demnach heimlich
dahin richten unnd leyten, das man durch "glouben" verston sölle:
glouben, das fleisch und bluot hie gessen werde, und dem thuond sy
vast unrecht; gott erlüchte sy und vergebs inen; dann sy leren das
one grund gottes worts und des gloubens.
Zum dritten merck also, das gar grosser underscheid ist zwüschend
den worten, die da verheissend, und zwüschend denen, die nit verheißend.
Dann die da verheißend, sind by dem gloeübigen ungezwyflet, was sy
verheissend, werde beschehen; welche aber nit verheissend, sunder
erzellend oder lerend, die beschehen etwan und etwan nit. Exempel:
Das uns Christus verheißt, so wir nit me dann einen trunck wassers
einem in sinem namen gebind, welle er widergelten [cf. Matth. 10. 42],
ist by dem gleübigen gantz ungezwyflet, es werde gwüßlich beschehen.
Das er aber spricht: "Was ir woellend, das üch die menschen thuegind,
das thuond inen ouch" [Matth. 7. 12] oder: "So man dich an den
einen baggen schlecht, büt den anderen ouch dar" [Matth. 5. 39]
ist ein ungezwyflet wort gottes, dem wir gloubend. Aber wie?
Gloubend wir ouch, das alle, die im gloubend, das thuegind? Nein;
dann unser ist leyder vil gnueg, die wohl gloubend; sy halten aber
den baggen nit dar. Aber das gloubend wir, das es goetlich unnd recht
sye, dem naechsten thuon, das wir wellend uns gethon werden, unnd
den fygend mit tugenden und guete überwinden. Darumb so vermerck,
das wir uff die wort, die etwas verheissen, vertruwend (so
verr wir gleübig sind); aber die wort, die leerend oder heissend,
gloubend wir, unnd ist also underscheyd zwüschend "vertruwen
uff gottes wort" unnd "gottes wort glouben". Dann gottes wort sind

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ouch underscheiden. Unnd dienet "uff gottes wort vertruwen" dem
wort, das etwas verheißt. Und "gottes wort glouben" dient uff die
wort, die etwas heißend oder verbietend, verheissend aber nüt. Unnd
ist der underscheyd ouch im glouben; dann der sich uff gottes wort
laßt, der muoß zevor glouben, daß es gottes wort sye; demnach ist
er erst gwüß, das imm das werd, das imm der got, dem er vertruwt,
verheißen hat. Also nim yetz die wort: "Das ist min lychnam" etc.
und die: "Du wirst in dinem lyb empfahen unnd gebaeren einen sun"
[cf. Luc. 1. 31] gegen einandren, so sichstu, wie sich Luther selbs
verfueret. Denen worten: "Das ist min lychnam" soellend wir glouben.
Wie? Das sy Christus geredt, und gedechtnuß sines todes geheissen
hab thuon. Soellend aber wir ouch daruff vertruwen? Nein; dann
uns ist nüts mit inen verheißen; deßhalb wir nit koennend recht und
eigentlicher tütsch von inen sagen, man soelle daruff vertruwen oder
sich daruff lassen. Dann soeltind wir nach Luthers sag sprechen:
"Wir soellend uns daruff lassen, daß uns mit essen des lychnams
lyplich die sünd verzigen werd", so habend wir ghein verheissung
drumb; soelten wir uns aber daruff verlassen, daß, wo wir die wort
spraechind, der lyplich lychnam Christi von stund an da werd
(als aber Luther sagt), so habend wir aber ghein verheissung
drumb. Dann das wort: "Tuond das zuo gedechtnuß min" ist nit ein
verheissung. Zum anderen, so hat Christus nit sinen lychnam zuo
gedechtnuß sines lychnams geheissen essen, sunder heißt er mit
denen worten die lob unnd dancksagung zuo der gedechtnuß thuon, daß
er sinen lychnam für uns hat in tod ggeben. Das sag nit ich,
sunder Paulus 1. Corint. 11., da er dise wort: "Thuond das zuo
gedechtnuß min" also ußlegt: "So offt ir das brot essen werdend und
das tranck trincken, soellend ir den tod des herren ußkünden, das ist:
brysen und gott loben" [1. Kor. 11. 26]. Aber das Marien gsagt

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ist: "Du wirst empfahen" etc. ist ein verheissends wort; dann iro darnach
ouch der weg und maaß verheißen ward, wie es zuo wurde gon:
"Der heylig geyst wirt von oben herab in dich kommen" etc. [Luc. 1. 35].
Soelichs bschicht hie gar nit; dann da nienen gesprochen wirt: "Also
sol es zuogon: wenn ir die wort sprechend, so wirt der lychnam
Christi da sin" oder derglychen. Unnd darumb gibt uns Luther eins
über den wadel, so er von denen worten glych redt, als ob es wort
der verheissung sygind, unnd stellt sy naeben das wort der verheissung,
da Marien, der jungfrouwen, die geburt des suns gottes verheissen
ist, und spricht: Laß dich daruff, welchs "lass dich druff" nit zuo
dem einvaltigen erzellen und empfelch dienet, sunder ist dem
einvaltigen erzellen oder gheiß an dem glouben gnuog, da wir
gloubend, er hab also sin gedechtnuß yngesetzt, und soellind wir imm
also thuon. Aber daß uns da sin lyplicher lyb zuo abweschung der sünd
geben werde, das soellend wir gheinswegs glouben, wir habind dann ein
verheissens wort drumb, oder aber wir sind nit Christen, sunder
Lutristen. Das ist wol ein gheiß, das sin tod unser sünd hinnemm,
Ioan. 1. und 3. und 12. etc. Aber sin lychnam lyplich essen hat
als wenig verheissung, als mir verheissen ist, das ich keyser werd.
Wer lenger von disem grund begere ze sehen, der laese, das ich wider
den Strussen geschriben hab. Sich nun, wie stadt es so wol,
wenn wir also schryen: "Laß dich uff die wort hin, laß dich von den
worten nit bringen"! Und ist doch heimlich die meinung: Laß dich
uff die unverstandnen wort, die ghein verheissung habend; laß dich
nit von den worten tringen, die du noch nit verstast. Sam einer
spraech: Lass dich des verstands nit berichten; boch allein uff die
wort, got geb wie sy gegen andren worten standind; frag du dem sinn
nit nach.
Und darumb da Luther spricht: "Welcher den glouben uss den
worten schoepfft, der gloubt also, got geb Christus kriech ins brot
oder kelch oder waryn er well. Wenn ich die wort habe, wil ich

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nit wyter sehen noch gedencken" etc. Sichstu erstlich, das er's umbkert?
Man lernt den glouben nit uß den worten, sunder got lert uns
inn, und denn ersehend wir den glouben ouch in den worten, das ist:
das so wir gloubend, findent wir ouch das wort drumb. Byspil: Ich
find in der Türggen Alcoran wol das wüssen irs gloubens; ich gib
im aber darumb ghein glouben; dann es ist groesser narrenwys nie
von eim glouben erfunden, weder sy habend. Also sind vil, die wol
hoerend, was der gloub sye, sy wüssend ouch wol die stuck des gloubens,
aber sy gloubend darumb nit; dann es gloubt nieman, weder den der
vatter zogen hat [cf. Joh. 6. 44]. Demnach sichstu, wie alle sine
wort dahin reichend, das er sy nit wil lassen weder eigenlich besehen
noch gegen andrer gschrifft heben. Ia, er welle sich daer worten
halten und gar nit wyter fragen. So sag an, lieber Luther, wess
wilt du dich halten, das du den lychnam Christi lyplich essist zuo
vergebung der sünd? So irrestu; dann er ist nit ze essen geben zuo
vergebung der sünd, aber in tod ist er für die sünd ggeben. So ist
ye din gschrey nit me dann ein gschrey, biß daß du ein offene kundtschaft
harfürbringst, darinn wir sehend, das er geessen die sünd
ouch hinnemme. Oder wilt du dich der warheit halten, also das
du gloubist, er hab da ein gedechtnuß unnd dancksagung synes tods
yngesetzt? So sind wir eins; dann wir gloubend dasselb ouch vestencklich;
blyb nun darby; gott hat wol für guot, du darffst in disem
wort nit wyter glouben; dann gott gibt da nit me ze glouben; so du
aber wyter farst, so wiltu me wüssen, weder not sye. Aber das du
dannethin die wort zühen wilt, sam sy wort der verheißung waerind,
das ist gwalt. Dann er nienen verheissen hat, das wir syn fleisch
werdind essen, noch daß dadurch die sünd verzigen werde oder der

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gloub bevestnet oder das euangelium waesenlich mit imm bringe,
als aber dise predig anzeigt.
Demnach redt Luther also von uns schwermeren: "Nun haben
sy fürnemlich zwey ding, die sy ufbringend wider uns. Zum ersten
sagend sy: es schicke sich nit, das Christus lyb und bluot soell imm
brot und win sin. Zum anderen, es sye nit von noeten". Sich,
frommer laeser, wie wir armen schwermer so übel mit demm fürsprechen
versorgt sind. Er gibt erstlich dar, wir redind, es schicke
sich nit, glych als ob wir das "nitschicken" menschlicher vernunfft
naach messind, das es sich derselben nach nit schicke; dann dahin
reychend sine ebenbild, die er harnach gibt, das er uns herrgot
gern bereden woelte mit ebenbilden, die doch gar kintlich sind unnd
sich dahin nit rymend, als hernach kommen wirt. Aber wir gebend
umb die ebenbild nit, es sye dann grund der gschrifft vor da;
denn lassend wir ebenbild zuo erklaerung dienen und nit wyter.
Darumb so merck, lieber leser, unser meinung: wenn wir sprechen, es
schicke sich nit, reden wir gheinswegs uff die fleischlichen vernunfft,
sunder uff die absurditatem, das ist: ungeschickte des gloubens
unnd der gschrifft. Des gloubens halb schickt es sich in zwen weg
nit: in den ersten, das Christus spricht: "Wer inn mich vertruwt,
der hat ewigs leben" [Joh. 6. 47]. Kumpt nun das eewig leben darumb,
das wir in Iesum Christum, den sun gottes, vertruwend, so
gadt das fleischessen loß. Item aber spricht Ioannis 6. Christus:
"Welcher zuo mir kompt - hie wirt "zuo imm kommen" ouch genommen
für "in in vertruwen" als daselbst ouch erlernet wirt -, den wirt nit
hungeren, unnd welcher in mich vertruwt, den wirt nimmerme dürsten"
[Joh. 6. 35]. Kurtz, der gloub oder die salbung [cf. 1. Joh. 2. 20]
empfindt in ir selbs, das uns gott mit sinem geyst innwendig sicheret
und das alle die usserlichen ding, die von ussen in uns kummend, uns
nüts moegend anthuon zuo der rechtwerdung. Darumb verheißt gott
durch den propheten Hieremie am 31., er welle sin gesatz in
unsere hertzen schriben [Jer. 31. 33], und nennet Paulus alle die ding,

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die uns von ussen für werdend angethon, rechtmachung des fleischs,
sagt ouch, das dieselben nun uff ein zyt gewaeret habind und durch
Christum abgestelt sygind Hebr. 9. [Hebr. 9]. Ouch so ist die
beschrybung des gloubens Hebr. 11. wider das lyplich essen des lychnams
Christi, davon yetz nit statt ist ze sagen, da doch etliche vermeinend,
sy wellind's uff ir part bucken, aber vergebenlich. Kurtz,
der vest, grecht, luter gloub vertruwt uff Christi Iesu gottheit
und erkennt sinen tod unser leben sin; aber vom lyplichen essen weißt
er nüt, dann es nützt inn nüt; dann gott hat dem lyplichen essen
nüts verheissen, hat es ouch nit yngesetzt. Zum andren schickt es
sich deß gloubens halb nit; dann die artickel des gloubens lutend:
"Er ist ufgefaren ze himmel, sitzt zur grechten gotts vatters allmechtigen,
dannen er künfftig ist ze richten" etc. Wir glouben inn lyplich
hinuf gefaren sin, so kan er nit hieniden sin; dann sin lychnam ist
ouch nach der urstende nit mee dann an eim ort. Das zeigend
erstlich alle sine erschynungen an, mit denen er sich den sinen nach
der urstende erscheint hatt, dero gheine also bschehen sind, daß
er einsmals an zwyen orten gwesen sye, ich gschwig an vilen.
Ouch so habend wir ein haelles wort deß engels Mar. 16., der also
spricht: "Er ist uferstanden und ist nit hie" [Marc. 16. 6]. Was er
nit da, so ist ye sin lychnam nit allenthalb, als aber Luther
sagen wil, so er das wort Pauli Ephess 4.: "Christus ist über alle
himmel hinufgestigen, daß er alle ding erfullte" [Eph. 4. 10] dahin
zühen wil, daß Christus lyb alle ding fülle, glych wie das kornn ein
sack füllt. Und wil aber Paulus nit von soelichem erfüllen sagen,
sonder vom dem erfüllen der gschrifft, das der gen himmel gefaren
sye, darumb das er alles erfullte, das von imm vorgesagt waere durch
die propheten; dann Paulus zücht daselbst kundschafft uss dem
67. Psalmen harfür [cf. Psalm 68. 19]. Davon ich zuo Luthernn im
latin genuogsam geschriben hab. Noch vil mee kundschafften werdend

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harnach in der ungeschickte der gschrifft kommen, die aber ouch hiehar
dienend.
Und darumb merck yetz uff die ungeschickte der gschrifft. Die
gschrifft mag ouch nit erlyden, daß wir Christus fleisch oder lychnam
lyblich essind. Joan. 6. spricht er: "Das fleisch ist gar nüt
nütz" [Joh. 6. 63] (verstand: ze essen, als ouch Luther selbs erkennt
hatt im sermon uff's evangelium Joan. 6., wiewol er yetz ein anders
sagt); so volgt ouch, das er uns das nit ze essen ggeben hab; dann er
spricht grad darvor: "Der geyst ist, der da laebend macht" [Joh. 6. 63].
Und stelt's Christus selbs gegeneinandren und spricht: Es muoß geist,
nit fleisch sin, das die seel laebendig macht; so ist ye das fleisch nüt
nütz, verstand alweg: ze essen. Io. 16. spricht Christus: "Ich bin
vom vatter usgangen und in d' welt kommen; widrumb verlaß ich die
welt und gon zum vatter" [Joh. 16. 28]. Nun mag er ye die welt
nach der gottheit nit verlassen; dann nach dero ist er von natur
allenthalb, durchtringt alle ding. Darumb muoß er ye die welt nach
der menscheit verlassen haben. Dann das die widerpart spricht,
er sye im sacrament unsichtbarlich, ist waar, ja grad wie er in der
Lintmag oder in den hertzen der gloeubigen unsichtbarlich, ist aber
nit lyplich da; dann wenn er lyplich im sacrament wer, mueßt er da
sin, wie er am crütz ghanget, das ist: sichtbarlich, empfintlich,
schmertzlich. Das aber Luther vil kempfft, wie es gott wol moeglich
sye, thuot er wider sich selb; dann er im buoch wider den küng
von Engelland gar thür darbringt, das es nit zimme, von dem
vermoegen gottes zum waesen schliessen. Es volgt nit: gott vermag
das, so ist es ouch. Es volgt nit: gott mag Eggen zuo einer schnegans
machen, so ist er's ouch.
Ioan. 16.: "Es ist üch guot, daß ich hingang; dann wo ich nit
hingieng, wurde der troester nit kommen" [Joh. 16. 7]. Ist es uns guot,

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das er hingange, warumb sagend wir dann, er sye hie? Ia, sprechend
wir, er sye unsichtbarlich hie, lassend wir allweg nach der gottheit
nach, aber nach der menschheit gheinswegs; dann es hat ghein kundschafft
uss der gschrifft, und hoert man ouch hie, das er hingangen
ist. Er spricht nit: "Ich wird unsichtbarlich by üch sin", das doch
gar ordenlich gevolget wer uff ir truren, das sy von sinem abwaesen
empfangen hattend, sunder er verharret uff sinem hingon. Nun moecht
"unsichtbarlich hie sin" das wort "hingon" nit erlyden, noch das
wort: "Ich verlaß die welt". Allerwenigost, das Ioan. 17. stadt:
"Fürhin wird ich nit in der welt sin; sy aber werdend drinn sin"
[Joh. 17. 11]. Sich, wie die zaemen standind, schlechtlich wirt er
allein nach der menscheit nit in der welt sin; dann die jünger, ouch
wir, sind lyplich in der welt; also wirt er nit in der welt sin; dann
er setzt sy gegen einander: Syn "in der welt sin" und unsers "in der
welt sin". Daselbst: "Do ich by inen was" etc. [Joh. 17. 12]. Sich,
das alles muoß allein uff sin menscheit verstanden werden, und mag
nit verkluegt werden mit "unsichtbarlich hie sin"; dann er spricht:
"Ich wird fürhin nit in der welt sin". Noch vil me gschriften sind,
so nit erlyden moegend, daß die wort Christi: "Das ist min lychnam"
unverwendt verstanden werdind, die ich imm latin zuo Luthernn
hab anzeigt, als ouch alles rychlicher. Das ist die ungeschickte,
von dero wir sagend. Dann sust wüssend wir wol, das sich das
wol schickt, daß gott heißt oder verheißt, unnd wir's recht verstond.
An der jungfrowschafft unnd gburt Marien hat nieman gheinen zwyfel;
dann die ist mit haellen worten zuogesagt unnd vorgesagt. Hie aber
der dingen gheins.
Alle glychnussen des Luthers moegend, wie gemeldet ist, nüts
bewaeren; dann sy gheinen ruggen in gottes wort habend, noch sind
sy zuo dem allen ungschickt, zimmend nit zuo sinem fürnemmen.

--791--

Wie die seel after dem gantzen lyb sye, uss dem "de anima Aristotelis"
genommen, zimpt nit. Wenn aber Luther ein byspil geben
koende, da ein lychnam in allen seelen oder enden waere, das zympte.
Unser span ist nit, ob die gottheit Christi oder fruchtbargheit sines
lydens ummendum hinlange, dahin das byspil von der seel diente,
sunder ob sin lychnam allenthalb sye. Also sind alle byspil,
reichtind wol dahin, das Christus in aller menschen hertzen ist,
waesenlich nach der gottheit, ouch lyplich nach der trachtung und
gedaechtnuß; aber waesenlich lyplich zeigt ghein glychnuß an, hulff ouch
nit, wenn ein glychnuß glych wol fuogte. Das er vom wort anbildet,
ist in Sthrussen antwurt herfürbracht. Kurtz, es darff nit zürlimürlens;
wie imm by gott im himmel ist, also gibt er's in unser
hertz, also redt der waarhafft predigend mund und bringt das geredt
wort, nit das ding mit imm, davon es redt. Oder aber wenn wir
sagtind, wie der sündfluß über die welt gangen ist, wurdend wir die
welt ertrencken, oder wie Sodoma verbrennt ist, die welt verbrennen,
und demnach für hexen billich gerechnet. Das Luther uff die
maaß schrybt, sam des engels wort die gegenwürtigen empfencknus
Marien ynbracht hab, ist gar ein ungeschickte red und gottes wort
unglych, der sagt, es werde von oben herab in sy der heilig geyst
kummen und die krafft des hoechsten überschatten etc. [cf. Luc. 1. 35].
Und hat des engels wort nit soelichs gemacht (dann was kan der
engel anders reden, weder das gott heißt?), aber gottes krafft.
Sich, wie es wee thuot ertrincken; wir woltend gern wort harbringen,
die ouch etwas gethon hettind, damit wir das moechtind bewaeren,

--792--

das hie die wort allein ggloubt unnd geredt den lychnam Christi
gegenwürtig moechtind machen; aber es hat nit grund.
Luther spricht: "Wenn wir die wort sprechend über das brot, so
ist er waarhafftig da". Ach, daß gott erbarme, vereerender Luther,
das du daß wort ye geredt hast; dann es ein gantz baepstlich wort
ist. Zeig gschrifft drumb an.
Dise wort sygind uns ggeben, spricht wyter Luther, das wir
wüssind, wo wir inn finden soellind, namlich im brot. Ist valsch; dann
er hat uns sich selb lyplich zeygt zur grechten deß vatters; da werd
er lüwen biß an das letst urteil Mat. 26. [cf. Matth. 26. 64]. Aber
mit der gnad hat er sich in dinem kaemmerlin zeiget; gang nun
hinyn und baett inn an im geist und der waarheit [cf. Matth. 6. 6;
Joh. 4. 23], wirst inn gwüß finden. Wyter hat er sich zeigt: was wir
in sinem nammen begaeren werdind, wiewol er z'himmel gfaren sye,
wel er uns geben [cf. Matth. 21. 22; Joh. 16. 26], so ist er ye allenthalb
und kumpt niemer von uns; dann er spricht: "Ich wird by
üch sin biß zuo end der welt" [Matth. 28. 20], muoß allein von der
gotheit und gnade syn verstanden werden.
Da du, lieber Luther, sprichst: der tüfel hab uns bsessen; wir
habind wol gelesen, Christus sye für uns tod, aber im hertzen empfindind
wir das nit, sagend wir nüts boesers zuo dann: "Warumb
urteilst du eins andren herren eigenman?" Rho. 14. [Röm. 14. 10].
Sagend wir dir die summ, wie wir gloubind unnd was wir lerind, so
sprichst eintweders, wir habind's von dir gelernet, und ist doch
wunder darby, habend wir's von dir gelernet, das du din selbs leer nit
erkennen wilt; oder du sprichst, wir gloubind's nit, das wir verjaehend.
Wie soellend wir imm nun thuon? Nüts anders, dann froelich tragen
und dem rechten richter empfolen.

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Andre schmaach- und scheltwort, lieber laeser, lassend wir ouch
dem genanten richter ston und zeigend dir an, das Luther durch
alle dise sach die nochbezeichneten meinungen redt one gottes wort,
mag sy ouch nit erhalten, damit du dich deß baß wüssist ze
vergoumen:
I. Der lychnam Christi lyplich geessen bevestet den glouben.
II. Der lychnam Christi lyplich oder natürlich geessen vergibt
die sünd.
III. Der lychnam Christi wirt lyplich in's sacrament bracht, so
bald die wort: "Das ist min lychnam" drüber gesprochen werdend.
IV. Das euangelium werde mit reichen deß sacraments dem
nemmenden zuogeeignet und der lyb und bluot Christi geschenckt.
Sind alle offen irrungen und gründ, uff die das gantz bapsttuom
möchte widrumb ufgericht werden; dann sy gar los sind one
gottes wort.
Darumb du, lieber laeser, als ich anfengklich anzeigt hab, dich
der zenggen wenig solt bekümren, sunder uff das einig sehen,
daß du gott ob allen dingen lieb habist unnd den mit frommer unschuld
vereerist. Gedenck ouch, daß diser punct by den alten Christen
nie so groß geachtet ist, das sy ye davon einen artickel in den glouben
gsetzt habind. Und bewar dich gott.
Dem umbescheidnen, erlognen buoch, das Ioannes Faber, nach
dem rechten nammen "nebulo" oder uff tütsch: Heyerli genant,
hat lassen ußgon, wird ich antwurten, ob es not wirt sin, so die
disputation haruskommen wirt, ob ich villicht zwo arbeiten mit einer

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usrichtete. Derglychen der offenlich erlognen vorred, die Ioakim
am Grüt im truck hatt lassen usgon. Unnd was yeman in der sach
widerwertigs schryben wurd, wellend wir, ob gott wil, mit der zyt
alles grüntlich verantwurten. Biß ungezwyfelt; der krieg wirt gricht
werden; nun stürmm nieman! Gott mit uns allen, amen.
Geben Zürich uff den 30. tag mertzens. Anno 1527.
Getruckt zuo Zürich im Wyngarten by Christoffel Froschauer
anno etc.