Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Die beiden Predigten Zwinglis in Bern

19. und 30. Januar 1528
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.1 (Zürich: Berichthaus, 1961) (Corpus Reformatorum 93.1)


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Die predig hat Huldrich Zuingli gethon.
Sittenmal ich, fromme Christen, von minen ungünstigen für
einen verfuerer unnd kätzer ußggeben wird, so wil ich vor diser versamlung
gernn mines gloubens rechnung geben, und wil üch erstlich angezeigt
haben, das ich in allen stuckenn, die in dem gemeinlich
verjechnen glouben vergriffen sind, einhällig bin mit allen rechtglöubigen
und verstendigen.
Demnach so bekenn ich den glouben also:
Ich gloub in einen gott, in den vatter, allmechtigen, der ein
schöpffer ist himmels und erden. Und in Jesum Christum, sinen
eingebornen sun, unseren herrenn, der empfangen ist vom heyligen
geist, geborn von der jungkfrowen Maria. Der gelitten hat under
Pontio Pilato; ist crützget, gstorben und begraben; ist abgefaren
zuo den hellen; am dritten tag widrumb uferstanden von den todten;
ist ufgefaren z'himmel; sitzt zuo der grechten hand gott vatters allmechtigen;
dannen er künfftig ist ze richten die läbenden und todten.
Ich gloub in den heiligen geyst. Ein heilige, allgemeine, christenliche
kilchen, die da ist die gmeynd der heyligen. Ablaß der sünd.
Urstende des lybs und ewigs läben. Amen.
Jetz wil ich mich des verstands diß gezellten gloubens ouch
erlütren.
Da ich zum ersten erkenn, und sprich:
"Ich gloub",
da verston ich das wort "gloub" für "vertruwenn", wiewol etliche

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stuck in gezeltem glouben stond, in denen "glouben" für "glouben
geben" genommen wirt, davon harnach. Aber an disem ort wirdt
"glouben" für "vertruwen" genommen. Dann soverr der mensch
nit anderst gloubte, weder das ja ein gott wär, und sich aber an
denselben gott nit liesse mit ungezwyfletem vertruwen, so thät er
nit mer, dann so einer under uns gloubt, das die Türcken den
Mahomet vererind, er vereret in aber nit. So ist im sölcher gloub
nit schädlich; dann er setzt kein zuoversicht in inn. Glycherwyß, so
wir allein gloubtind, das ein gott wäre, vertruwtind aber nit, das er
unser gott und vatter, wäre es uns glych nit fruchtbar, als es ouch
nit schädlich ist wüssen, das der Mahomet vereret und in inn
vertruwt wirt, so verr wir dasselbig nit thuond. Dann ouch die tüffel
gloubend Jacobi 2. [Jak. 2. 19] unnd erzitterend, das ist: erkennend
wol, daß ein gott ist; dann sy deß innen sind worden, deßhalb sy
noch ab im zittrend. Vertruwend aber nit, noch versehend sich keins
guoten zuo im, habend in ouch nit lieb.
"In einen gott."
"Einen" thuond, wir ouoch im tütsch gmeinlich hinzuo und recht,
ob 's glych im latin nit ußtrucklich stadt. Dann in der erlüterung
simboli secundo conditi, das wir das "patrem" nennend, ist es wol
und recht hinzugethon.

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"Gott." Wir Tütschen habend den namen "gott" vom guoten
genommen unnd dem obresten guoten angelegt. Die Hebreier habend
den höchsten namen gottes ‎‏יהוה‏‎ allein uß athmenden buochstaben
zamengsetzt, damit sy ze verstan gäbind, das gott das guot
ist, in dem alle ding wachsend, athmend, läbend und sind Act. 17.
[Apg. 17. 28]. So nun der athem das ungezwyfletest zeichen des läbens
ist, so habend die Hebreier dem guot, daß das leben aller dingen
und wesen ist, den namen geben, der uß athmenden buochstaben
zemengsetzt ist. Lutete also Jehowa. Aber sy habend inn in sölcher
vererung, das sy in nit also nennend, vermeinende, der heylig,
höchste namm gottes sölle mit des menschen läfftzen nit benamset
werden. Die Griechen aber habend den nammen gottes, als ouch
Plato erkennt, ἀπὸ θέεσθαι das ist: von "helffen oder zuolouffen"
genommen, also erwegende, das gott der sye, der allenthalb sye, alle
ding durchgange, das man synen an keinem end manglen mög, daß
er allenthalb ze hilff köme und zuolouffe. Die Latiner habend iren
namen "deus" mit den Griechen gmein. Uß welchem allem wir
wellend verstanden werden, das wir in diser erkantnuß deß gloubens
also verjechend: Unser gloub, zuoversicht und vertruwen stande allein

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zuo dem, der das war und höchste guot sye, das leben, wesen und krafft
aller dingen, unnd das wir unser zuoversicht zuo keinem guoten habind
weder zuo dem, der das guot ursprünglich also ist, das nützid guot sin
mag, dann das uß im ist. Hie fallend alle tröst der creaturen hin;
dann so bald wir in die creaturen truwend, so mißtruwend wir gott;
und ist kein creatur so heylig nye gewesen, die in sich habe leren
vertruwen, oder aber sy ist nit heylig gewesen. Das vertruwen aber,
das ein fründ in den andren hat, ist also nit ein ungezwyflet sicher
vertruwen, als aber der gloub ist, des wir selbs vil wortenn habend,
damit wir verwarnend, das sich nieman ze vil ouch an ein ungezwyfleten
fründ lasse. Daß uns aber gott guotes durch den nächsten zuofueget,
beschicht uß der ordnung, das, sittenmal uns gott die liebe
sin selbs also empfolhen hat, das er sich nit rechnen wil lieb gehalten
werden, wir liebhabind dann ouch den nächsten [cf. 1. Joh. 4. 20], wir
mit einer liebe gott als den brunnen und ursprung des guoten, und den
menschen, durch den er uns als durch ein känel und ror das guot zuoflötzt,
umbfahind. Also ist der gott, inn den wir vertruwend, das
eynig guot, das unbetrogen ist. Deßhalb alles, das in im ist, unnd das
er ist, unbetrogen ist, unnd allein sicher unnd unerschöpfflich. Nun
kan das guot nitt unwyß sin. Ist es aber wyß, so muoß es ein sölche
wyßheit sin, das sy alle ding sehe, und das alles ungezwyflet, on alle
finsternuß und unwüssenheyt; dann alles, das es ist, ist es zum aller
volkomenlichsten. Unnd wie es allein guot ist, also ist es ouch allein unbetrogenlich
wyß. Dann wie wir nit guot sind, dann allein, so vil er
gibt, also sind wir ouch nit wyß, dann so vil er gibt. So nun er die wyßheit
gibt, so muoß im dero nit manglen, noch sin wyßheit mit sinem ußteylen
gemindert werden, oder aber sy wäre langest etlichen teyl
gemindret, das gar nitt ist. Es kan ouch die wyßheit nit ein ruewige,

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untätige tugend sin, als wir etwan menschen sehend, denen wir
wyßheit zuogebend, die vil trachtung und ermessen viler dingen
habend, doch kein uebung wyßlich oder getrüwlich ze handlen und
ordnen, die doch nit warlich wyß sind. Dann, als ouch Socrates
redt, ist ein wyser nit sin eygen, sunder ein gemeins guot, so volgt,
das wyßheit one guete nitt wyßheit, sunder ein untrüwer arger list
ist. So aber gott das guot ist, das one allen mangel ist, so muoß ouch
sin wyßheit one allen mangel sin. Ist sy one mangel, so ist nützid,
das sy nitt sehe. Es mag ouch nützid vonn iro gschehen, das nit guot
sye. Es mag ouch nützid fürgon oder unbeschehen blyben, das er,
der wyßheit nach, nit ze fürderen oder hindren wüsse, oder nach siner
guete nit zuo rechtem und guotem volendet werde. Welches wir die
fürsichtikeit nennend. Die, als ouch die theologi sagend, nützid
anders ist, weder die würckend wyßheit gottes, damit er alle ding
verordnet, schaffet, fürdret, hindret nach sinem willen, das ist: nach
dem besten; dann er nützid dann guotes mag wellen. Hiezuo wirt
erfordret die allmechtigkeit; dann es ist nit gnuog, daß einer wüsse,
sunder muoß ouch können unnd mögen volbringen. So wir aber harnach
von gottes allmechtigkeit sagen werdend, wellend wir zuo der
fürsichtigkeit uns widrumb keren.
Die fürsichtigkeyt gottes regiert und leytet alle ding so gwüß,
daß ein wunder ist, das wir die nit gemeinlich bas erkennend. Dann
glych wie, der ein huß buwt, alle gmach unnd winckel verordnet zuo
besondren brüchen und nützen, also könnend wir vonn gott nit
anderst trachten, dann das er nützid geschaffen hab, deß bruch er
nit ordenlich fürsehen. Und wie ein handtwercker alle sine gschirr
kennt, brucht, ruowen laßt, yedes nach sinem willen, ouch dero keins
hatt, des er vergesse (so verr er volkommen ist; als dann wir in gott
alle ding verstond in der höchsten volkommenheyt), ob er 's glych

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ein lange zyt ruowen liesse und den rost fressen. Also erkennt gott
alle sine gschöpfften, brucht, uebt und nutzet sy, wie er wil, unnd ist
gheine, dero er vergessen könne; dann er mag nit vergeßlich sin.
Ursach: vergessen ist ein mangel. Nun ist gott ein unmangelbars guot;
so mag er ye nit vergessen. Darumb wir sin fürsichtigkeyt vil
anders vor ougen haben söltend weder beschicht. Gegnet uns eer
oder rychtag, söllend wir allwäg gedencken: Das beschicht uss
gottes ordnung. Vergiß din selbs nit, das du wider gott thueyest, und
dich von deswegen, das gott geben hatt, überhebist. Sich, den hat
er von eeren und rychtag gestossen; dann er wil in yetzmal ruewig
lassen als ein gschirr, das gnuog geschlissen ist, oder das villycht
nit gschickt noch guot ist. Flyß du dich allein, daß du verwerffen
nit verdienist. Gegnet uns aber widerwertigkeyt und kranckheit, so
gedenckend all weg: "Yetz verleyt dich gott glych als der schlosser
ein abgeschlißne fylen. Villicht nimpt er dich widerumb härfür zuo
siner zyt, wo nit, so magstu nit härfürkommen, muost dich sinem willen
duldtenklich undergeben." Unnd wo wir der wyß gottes fürsichtigkeyt
recht erkantind, so wär unser mässigkeit, gedult, fröud und
ruow des gemuetes vil mee. Es wärind nit so vil krieg, zwyspelt und
jamer in der welt. Wir lernend ouch an den grösten herren diser
welt die fürordnung unnd fürsichtigkeyt gottes erkenne. Die
hebend sich uf zuo krieg mit aller rüstung, mit gelt, spyß, waaffen,
gschirren, büchßen, thieren, mit knechten, houptlüten, wysen, mit
verrätery und gemeynem gunst so wol versehen, daß nit allein die
einfaltigen, sonder ouch die weltkinder sprechend, es sye nit möglich,
das der oder yener nit sighafft werd. Aber bald darnach kommend
so grosse gschrey, wie sy geflohen unnd überwunden sygind,
also groß das bölderen und trutzen was. An welchem wir wol sehend,

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das es nit des fürnemmenden noch des ylenden ist, sonder des ordnenden
und begnadenden gottes [vgl. Röm. 9. 16]. So vil kurtzlich
von dem glouben in einen gott, von siner guete, wyßheyt und fürsichtigkeyt,
davon zyt nit liden mag, die kundschafften der gschrifft
härfürzeziehen. Unns sye allein gnuog, das wir hie erlernend, das
kein verstendig, ich gschwyg glöubig mensch, unseren glouben einigen
wäg verdencken mag. Dann wenn alle philosophen unnd wysen
by einander wärind, und wir unseren glouben also bekantind: "Wir
vertruwend in den einigen gott, der das höchste guot ist, der allein
volkommenlich one allen abgang, guot, wyß, verstendig, könnend,
starck, unverwandelbarlich ist, ja allein gott ist", so wurdend sy
muessen sagen, das unser gloub der sichrest, der richtigest und einfaltigest
wäre für alle glouben, die in der welt sind; dann sy wüssend
von dem einigen volkommnen ze sagen. Und so wir demselbigen
einigen anhangend, so kan unser gloub ouch von den unglöubigen
nit gescholten werden. Hieby sicht man aber, wie unchristenlich
die thuond, die uns vor allen menschen verkätzrend, so wir lerend in
den einigen gott vertruwen, so doch das erst wort in unserem glouben
das erfordert unnd wir alle das bekennend.
"In den vatter, allmächtigen."
Ich bekenn einen gott im wäsen, der aber vatter, sun und heyliger
geyst, dry personen, ist, nit daß dry gött, sonder ein gott ist, nit, das
nun ein person, wie nun ein wäsen, sonder dry namen und dry
genannten sygind. Welcher gstalt gott den menschen geschaffen hat,
der verstentnus, gedechtnus und willen hat, dry underscheydenlich
würckungen, und sind doch alle dry nun einer seel. "Verstentnus"
ist ye ein anders weder "gedechtnus", und "gedechtnus" ein anders
weder "der will". "Verstentnus" ist das liecht, das erkennt und
urteylt. "Gedechtnus" ist die krafft und dienst, der widerumb harfürbringt,

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das einest oder mee erkennt und ersehen, unnd demnach
behalten gleyt ist. "Will" ist, der sich erwigt nach ermessen und
erkantnus des verstands, das verstanden anzenemen oder nit. Wie
nun die dry krefft ein seel sind, also erkennend alle theologi, die dry
personen einen gott sin, nit eben glych, sonder glychsamlich. Das
ist das gemeyn byspil der gelerten. Wär sich aber des nit entstadt,
der nemme im ein gemachtes byspil. Bild dir selbs einen brunnen yn,
der in drü eck geschrämt sye. Diser dryecket brunn ist nun ein
brunn, ein wasser, ein erquickende unnd trenckende krafft. Noch
heißt er der dryecket brunn; dann es ist kein eck das ander, unnd
sind doch alle drü ein brunn. Diß und alle byspil werdend allein ze
leren gegeben, nit, das die gottheyt nit übertreffenlicher sye, dann
aller creaturen bildnus und schöne, sonder daß man den einfaltigen
doch etwas vorbilds, wie man den kinden pfligt, in die hend geb.
"Allmächtigen."
"Allmächtigen" verston ich nit allein zuo eim teyl, daß er alle
ding vermög, sonder ouch, daß kein krafft noch macht ist usserthalb
im, das ist: nit daß er allein vermög, so er villicht wölte, glych als da
ein mensch etwa wil, etwa nit, sonder ouch, das er die macht aller
dingen also ist, das keins kein krafft hat one inn; dann er ist die
krafft aller dingen, also, das kein krafft noch macht ist, one die in
im ist, unnd ist also allmächtig. Das alles, das macht unnd krafft
hat unnd ist, das ist allein darumb, das er ist unnd diß hat machen
sin; unnd die krafft, die es hatt, die ist er selbs. Hie vallt kurtzlich
der fry will hin; dann wannen sind wir? Oder wär sind wir? Oder
worinn sind wir? Sind wir von uns selbs? Worumb sind wir denn
nit stercker, wyser, schöner? Sind wir aber von unseren vätteren und
mueteren, worumb sind wir denn nit holdsäliger, rycher, herlicher und

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grösser, so doch kein zwyffel ist, wenn wir von uns selbs oder von
unseren vätteren, wir wärind zum höchsten wys, starck, schön, etc.,
ja wir langtend durch den himmel hinuff und überlangtend gott?
Wer sind wir aber? Sind wir schöpfer oder geschöpfte? Wir sind on
zwyfel geschaffen und nit von uns selbs, wie erst gehört ist. Warumb
gebend wir uns dann etwas zuo, so wir doch erkennend, daß unser
schöpffer allein der ist, der alle ding erschaffen hatt? Worinn sind
wir aber? Sind wir in uns selbs, worumb erhaltend wir uns dann
nit, das wir nit altind, siechind und sterbind? Daruß wir ring
ermessend, so uns weder sonn noch mon, lufft noch werme, frücht
noch kelte geben mögend, das wir inn wäsen unabganglich blybinnd,
ouch wir uns selbs das nit geben mögend noch unsere grösten fründ,
daß wir keinen athemzug thuond, one das gott unnsere krafft, die den
atem zücht, unnd der athem ouch im athem ist. Warumb halt denn
der mensch so vil uf sich selbs? So wir nun nach den worten Christi
[cf. Matth. 23. 12; 6. 27] uns nit höhen mögend noch grösser machen
an lyb und läben, vil weniger mögend wir ützid trachten, ermessen,
fürnemmen, wüssen, erwegen, ersinnen und wellen one die krafft, die
unser seel gibt, das sy ist, läbt, verstat, erwellet und wircket.
Diß möchte yeman ein philosophischs rechnen unnd ein werck
der vernunfft nennen, das es aber nit ist, sonder es kompt uß erkantnuß
des höchsten guotes und der geschöpften. Darzuo sagt ouch Paulus
Rom. 1. [cf. Röm. 1. 20], daß die ewig krafft und gotheyt erkennt
werde (verstand: etlicher maaß) durch trachtung und erwegen der
dingen, die gschaffet sind. So wir nun alle geschaffte ding betrachtend,
erfindend wir glych als wol an inenn, das sy ir selbs nit anfänger,
nit eygens wesens noch eygner krafft bestond, als wir erst am menschen
erfunden habend. Lassend uns das erdtrich betrachten: Ist
das erdtrich von im selbs? Wo ist es dann gewesen, ee es sich selbs
gemacht hatt? Ist es vor ein geyst gewesen unnd erst zuo der materi
worden? Oder wie hat es könden trachtung nemmen, sich selb ze
machen, ee und es was? Hatt es aber sich selbs also mögen machen,

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warumb hatt es sich nit zuo wasser, lufft, fhür oder noch höherem
gemachet, wie das es sich zum allernidresten aller geschöpften gemacht
hat? Ist es aber eygens wesens, warumb nimpt es denn ab, so man
es nit buwt? Warumb gibt es nitt von im selbs zuo allen jaren früchten
gnuog? Ist es verbünstig? Oder ist es selbs eigens wesens und von
im selbs? Nun kan doch nit anzeygt werden, das es vernunft und
wüssen hab, durch die es gstaltet und geschaffen sye, so es noch hütbytag
nit vernunft noch wüßen hatt. Deßhalb nitt ze gedencken ist,
das es sich selbs geschaffen hab mit vernunfft, und aber die vernunft
und wüssen verlorn hab, nachdem sy sich selbs geschaffen; denn
welche vernunfft könde sich selbs zuonüt bringen? Ist sie aber von
ir selbs unverstendig von natur, und ist aber eigens wesens, so
muoß sy ewig sin; dann so sy sich selbs nit gemacht hette, ouch von
eim andern nitt gemacht wär, und doch ist, und ist aber unverstendig,
so mueßte sy on zwyfel ewig sin. Wer sy aber ewig one anfang und
one end, so mueßte sy unentlich syn; deßhalb alle ding nützid denn
ein erd wärind. Weyß hieby wol, was die sophistischen philosophi
de infinito quanto sagend, lasse mich 's aber nitt irrenn. Dann so
die erd one anfang unnd one end unnd eygens wesens wer, so mueßt
sy ouch unentlich sin; dann sy ist ein materi, ja, die gröbste materi.
So sy aber nitt unentlich ist, und ist aber ein materi, so muoß sy
gmachet und nit eygens wesens sin. Daruß aber volget, das die
herberg unnd heymen, darinn wir hie in zyt wonend, geschaffen ist
von eim andern. Und das ander kan nit sonn, mon noch einigerley
element, gestirnn oder creatur syn, sonder muoß ein guotes sin, das die
ding alle geschaffenn hab. Unnd das ist das guot, der gott unnd herr,
der alle ding geschaffenn hatt, der ouch aller dingen wesen ist. Das
aber die erd nit eygener krafft bestand, sicht man am erdbiden;

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dann sy sych selbs nit bewegt. Ursach; sy hatt nitt vernunfft noch
empfinden, das sy sich selbs erwäge ze bewegen, oder sich von
wetuon muesse umbkeren. Volgt, das sy von eim andern bewegt
wirt: Das ander aber, so es glych zum nechsten der ynverschlossen
lufft genennet wirt, thuot er 's ouch nit von im selbs; dann er hat nit
vernunfft; dann wo er vernunfft hette, schlusse er sich selbs nit yn
und legte sich selbs nit gefangen, da er nit wüßte, wenn er heruß
kem. Darumb muoß ein ding sin, das alle ding mache, ordne, bewege,
erhalte etc. Wie nun vonn der erde gesagt ist, also sol man ouch den
lufft trachten, das wasser unnd fhür, ouch demnach alles gestirnn,
liechter und himmel; dann wir an inenn glych wie an der erd findend,
das sy nit von inen selbs noch selbwesend noch in inen selbs sind,
sonder von eim andern sind. Und das ander mag kein creatur sin
fürnemlich; dann es mueßte all weg ouch desselben anderen ein
ander schöpffer syn, und mueßte man ye so lang suochen, biß man
eins funde, das vonn keynem andern ist, von dem aber alle ding sind.
Und das ist der allmechtig got, den die philosophi "primum movens",
das ist: das erst bewegend, nennend.
Das aber die allmechtigkeyt gottes nit allein alle ding vermög,

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sonder ouch on underlaß alle ding verordne unnd erhalte, ist von uß
der volkommenheyt, der guete unnd wyßheyt ermessen; dann wie das
höchste guot on allen mangel wyß, also muoß es on allen mangel mächtig
sin. Und das ist die allmechtigheyt.
So vil von dem wort "allmechtig", in dem wir erkennend, das
der gott, in den wir gloubend, also alle macht unnd krafft ist, das
one in nützid krafft hatt, nützid ze machen, ze sin oder ze beston.
"Der ein schöpffer ist."
Das dem vatter allmechtigkeit wirdt zuogeben, macht, das wir
im ouch die schöpfung zuogebend, nit, das der sun unnd heylig geyst
nit als wol allmechtig sygind, doch mit im, als er, sonder das, wie
yeder person etwas besonders der personlichen eygenschafft zuogeben
wirt, also wirt ouch yeder person in sonderheyt zuogeben, das aber des
wesens und substantz ist und deßhalb aller dryen personen. Als
das der vatter ungeboren, der sun geboren, der heylig geyst von inen
beyden kommen, das sind personlich eygenschafften, also, das sy
keyner, denn dero sy zuogesprochen werdend, zimmend. Der sun ist
nit ungeborn sonder geboren; der vatter aber ist nit geboren sondern
ungeborn; der heylig geyst wirt weder geborn noch ungeborn genennet,
sonder der vom vatter und sun kompt. Aber hie ist ouch ze mercken,
das, obglych die personlichen eygenschafften nit mögend abgewechßlet
werdenn, so mögend doch dieselben eygenschafften der
lutern gottheyt wol zuogesprochen werden, alls: gott ist ungeborn.
Got ist geborn oder mensch worden. Gott kumpt von gott, etc.
Darumb beschicht aber das, das yeder der dryen personen das
einig wesen ist. Und das einig wesen der gottheit ist vater, sun und
der heylig geyst. Aber die ding, die des wesens sind, und aber den
personen sonderlich werdend zuogelegt, wiewol sy allen dryen personen
gmeyn, sind sölicher ard: Dem vatter wirt allmächtigkeyt und

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schöpffung zuogegeben, und sind aber sun und heiliger geyst glych mit
im allmächtig. Dem sun wirt zuogegeben die wyßheyt, und sind aber
vatter und heyliger geyst eben die selb wyßheit. Dem heyligen geyst
wirt tröstung und anzünden der liebe etc. zuogegeben, und tröst aber
der vatter unnd sun glych als wol, dann die ding sind des göttlichen
wäsens. Gschrifft hierumb anzeygen ist nit zyt; dann gantz nüw
und alt testament sind des voll, das hie geredt ist, ja, man mag in
der geschrifft nit recht wandlen, so vil die gottheit und personen antrifft,
an disen entscheyd. Also sind nit dry sonder ein schöpffer.
Der ist gott himmels und erden. Durch "himmel und erden" verstond
wir alle geschöpfften, die in himmel und erden sind.
"Und in Jesum Christum."
"Jesus" ist der nam des heyls; vermag als vil als: heyland,
gesundmacher oder artzet, schirmer oder retter. "Christus" ist
der nam siner herligkeyt; dann Christus ist als vil als "der gesalbet".
So nun der gesalbet den Hebreern für den küng und gwalthabern
genommen, darumb, daß die küng gesalbet wurdend, und aber der
sun gottes der gwaltig ist, der mit dem vatter alle ding herschet, und
unser menschen heyland und küng ist, wirt er "der gesalbet" genennet.
Dann alle guoten gerüch alles wüssens und tugenden in im sind.
"Sinen eingebornen sun."
Jesus Christus ist also der natürlich sun gottes, daß er keinen
anderen sölchen sun hat; dann obglych wir sün oder kinder gottes
genennet werden [cf. Matth. 5. 9, 45; Luk. 6. 35], sind wir doch nun

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angenomne kinder, nit erborne. Aber Jesus Christus ist sin eingeborner
sun. Daruß wir sehend, das er nit ein sun ist wie wir, oder
aber er wär nit eynig, sunder alle kinder gottes wärind gemeinlich
mit im kinder. So aber er der eingebornn, ist offenbar, das er der
natürlich sun gottes ist. Hie ist aber unns armen sündren ernstlich
ze hertzen ze fassen, das gott sinen eygnen, eyniggebornen sun hat
lassen mensch werden, inn uns und für uns ggeben; dann sölich
wunder nit vergeben vor unseren ougen beschehen ist. Alles, das
gott für unns ggeben hette, one den, der sin eyniger sun ist, wäre
dem menschlichen gmuet zuo ring gewesen, das es sinen trost ungezwyflet
daryn gesetzt hette; dann wir sehend, das sunst so vil
menschenn Christus zuo ring ist, so sy anderstwo trost suochend.
Hette gott glych den höchstenn engel mit der menscheyt, wie er
sinen sun, bekleydt, so wäre unns damit die vätterliche liebe, die
gott gegen unns treyt, nitt eroffnet; dann wir sehend ouch by den
menschen, das alle guotthaten wol vertädinget werdend, die einer
thuot, sich selbs unangriffenn. Wenn aber der mennsch sich selbs
angryffet, denn so sechend wir, das er uns grundtlich lieb hat. Also
do gott sich selbs angreyff, das er nit einen engel oder höchste geschöpfft
sandt, unser natur an sich ze nemmen, sonder sinen eingebornen
sun, sahend wir, das er uns zum höchsten lieb hatt, ja als
lieb, als sich selbs, so er sich selbs für uns gegeben hatt. O der tiefen,
unergrüntlichen gnad gottes! Wir sind sünder und sine fyend, und
er gibt sich für uns! Ist aber alles beschehen, das wir sin guete unnd
volkommenheyt erlernetind; die guete an der gnad und erbermd, die
volkommenheyt an der bezalung siner gerechtigkeyt damit gethon,
und das er uns uff sich selbs erbuwen und gegründt hatt, unnd uff
kein blosse geschöpfft. Die bezalung, das gott sin gerechtigkeyt nit
hatt lassen bezalt werden mit keiner blossen creatur, lert unns, wie
hoch, groß, ungewendt, unverwandelbarlich sy ist, damit wir die
nimmer verachtind. Das er selbs hatt die menschlichen blödigkeyt
an sich genommen, lert, das wir uns uff kein geschöpfft lassen söllend;
dann hette ein geschöpfft den schweren handel mögen ußrichten, so

--464--

hettind wir mögen in die geschöpfft vertruwen. So aber gott allein
der ist, uff den man sicher vertruwt, hatt, der das opffer ward für
unser sünd, ouch gott muessen sin, in dem wir allein sicher und
ungezwyflet wärind.
So aber die gottheyt unlidenhafft ist, unnd aber der, so die göttlichen
grechtigkeyt versuenen muoßt, ein opffer und bezalung werden
muoßt, so was ye das nit ze wegen ze bringen mit yetwederer natur
allein. Dann do es muoßt gestorben unnd geopffret sin, do mocht
die gottheyt nit sterben, liden noch opffer werden; deßhalb der
menschheyt, die darzuo geschickt ist, not was: Do aber der göttlichen
gerechtigkeyt muoßt gnuog beschehen, und der mensch sicherlich vertröst
werden, do mocht das nit allein der mensch, sonder ouch kein
gschöpfft thuon; deßhalb es die göttlichen wyßheyt not beduocht hatt,
bede naturen in ein person ze fuegen, das einer möchte, unser prästen
an sich nemmende, mit sterben gsund machen, darumb, das er das
läben wäsenlich ist, und darumb ouch unser ewiger, unngezwyfleter
trost sin. Dann die zwo naturen sind also in Christo Jesu, dem
sun gottes, ein person, daß nütsdestweniger yetwedre ir eigenschafft
behalt. Glych als ein glueyend ysen, als die alten gebyspilet habend,
ist ein ding, hat aber zwo underscheyden naturen: des fhürs und
ysens. Houw etwas mit dem glueyenden schwert, so sichstu yetwederer
natur eigenschafft: deß ysens: houwt, des fhürs: bsengt oder
brennt. Also ist in Christo Jesu yetwedre natur mit eignen würkungen
und eigenschafften underscheyden von der andren, und ist
doch nun ein Christus, nun ein sun gottes, nun ein person. Aber
nach der göttlichen thuot er wunderzeichen, macht blinde sehend,
tumbe ghörend und todte läbend, etc. [cf. Matth.11,5]. Und nach der
menschlichen hungret, dürst, frürt in, er truret und fürcht, er begärt,
nit ze sterben, und lydet schmertzlich nach dero. Noch ist er, was er

--465--

ist: ein einige person des suns gottes. Glych als ouch der mensch von
zweyen naturen des lybs unnd der verstendigen seel ist zemmengesetzt,
als Athanasius sagt, und ist doch nun ein mensch, also ist göttlich
unnd menschlich natur ein Christus. Davon harnach wyter ghört
wirt.
"Unseren herren."
Die von Paulo, dem apostel, sagend, er habe Christum nie
oder doch sälten gott genennet, zeigend ir unwüssenheit an, namlich,
das sy im alten testament hebreisch und griechisch nit seer
geuebt sind. Dann wo sy deß zum besten bericht, hettind sy langest
erlernet, das der höchst nam gottes ‎‏יהוה‏‎ den Griechen in κύριος
vertolmetschet wirt. Es ist wol war, κύριος heißt den Griechen als
vil als uns "herr". So aber den Hebreern der namm ‎‏יהוה‏‎ nit allein
"herr" sonder ouch das wäsen und läben gottes bedüt, und die
Griechen inn in κύριος kert, ouch Paulus den namen κύριος, der
art und meinung, das er das hebraisch ‎‏יהוה‏‎ verfasse, gebrucht, so
erfindt sich, das so offt er in, Christum, κύριος, das ist: herren,
nennet, das er inn ouch ‎‏יהוה‏‎, das ist: herren gott, den läbendigen und
höchsten regierer, nennet: dann ouch die Griechen das ‎‏יהוה‏‎ offt in
κύριον παντοκράτορα das ist: in den herren gott, allmächtigen, vertolmetschet
habend, allein, daß sy die krafft des höchsten namens
gottes wol harfürbrächtind. Daruß allem volget, das Paulus
Christum Jesum, unseren herren, nit darumb allein ein herren
genennet hat, sam er im die gottheyt entziehen wölte, sonder so die
Griechen mit dem namen κύριος als vil habend wellen begryffen
als die Hebreer mit ‎‏יהוה‏‎, unnd aber Paulus griechisch geschriben
hatt, ist offenbar, daß er Christo Jesu den höchsten namen gottes
hatt wöllen zuoeignen. Und erkennend inn also unseren herren und
gott.
"Der empfangen ist vom heiligen geyst."

--466--

Der aller welt sünd hinnemmen, solt ouch on alle anfechtung
des fleyschs und der sünd empfangen werden, das, der vom vatter
vonn ewigkeit har im himmel on ein muoter geboren ward, uff erden
on ein lyplichen vatter geboren wurde; als ouch Augustinus sagt,
und Paulus zum teyl zuo den Hebreern [Hebr. 7. 3], damit die
reyn magt ein gspons und gmahel gottes, von gott empfienge, den
sy, waren gott, nach der menschlichen natur geberen solt.
"Geboren von der jungkfrouwen Maria."
Fromme brueder! So ich verschreyet, sam ich der jungkfrouwen
Marie ir eer begäre ze schmeleren, sag ich also, daß alle die reden,
so von mir gseyt, wie Maria mee sünen weder Jesum Christum
gehebt, und derglychen unchristenlich, ungöttlich, ja buebisch
erdacht reden, uff mich unredlich getrochen sind. Bezüg das an die
frommen kilchen zuo Zürich und an all mine gschrifften, die ich
offentlich hab lassen ußgon, und erkenn Mariam ein ewige reyne
magdt sin, nit, als Faber redt, one, sonder mit gschrifft der propheten,
davon nit zyt ist ze sagen.
"Hatt gelitten under dem richter Pontio Pilato. Ist
crützget, gstorben und begraben."
Die artickel allesamen sampt der empfencknus und geburt sind
von den euangelisten Mattheo und Luca so wol beschriben und so
wol bewüßt by allen glöubigen, das nit not ist nach der lenge davon
ze sagen. [Matth. 26 und 27; Luk. 22 und 23].
"Ist abgefaren zuo den hellen."
Wir söllend wüssen, das den Latinern, "inferi" nit allein die
pynlichen hell oder frömbde heißt, sonder die ennetweltigen

--467--

frömbde, heimen oder wonung, derglychen ouch "hell" im tütsch
heißt, und ‎‏שְׁאוֹל‏‎ und ῞Αιδης. Also verston ich nun disen artickel, daß
Christus nit die ewigen, pynlichen hell entlößt hab, sonder die allein,
die in warem glouben uss disem zyt abgescheiden und sich uff den
verheißnen heyland gelassen hattend, die aber gott an ort und end,
da es im gefellig, one schmertzen enthalten, ußgenommen so vil das
berouben und das warten deß angesichts gottes gebracht hat. Ja
dieselben hatt er mit kundthuon siner zuokunfft erfröuwt, und iro
etlich urstendig, doch alle, so des heyls fächig, ze himmel mit im
gefürt. Das erlernet man Luc. 16. [cf. Luk. 16. 19-26] und 1. Petr. 3.
und 4. [cf. 1. Petr. 3.18-22; 4. 6.].
"Am dritten tag uferstanden von den todten."
Die uferstentnus Christi ist unser uferstentnus, dann daß er
uferstanden ist, das versichret uns, das ouch wir uferston werdend.
Dann er ist der erstling dero, die gsterbend [1. Kor. 15. 20]. Sin
sterben ist unser läben und sin erstentnus unser erhöhung. Dann
Paulus spricht 1. Cor. 15. [1. Kor. 15. 16] also: "Wenn die todten
nit uferstond, so wer ouch Christus nit uferstanden." Hier beduncket
uns am ersten ansehen, Paulus schliesse nit recht; dann
es ye nit volgen muesse: wo wir nit uferstuendind, das darumb sin
mueßte, das ouch Christus nit uferstanden wär; denn gott möchte
doch wol Christum urstendig gemacht haben als sinen eygnen natürlichen
sun, der sines wesens und gwalts ist, das wir darumb nit
mueßtind ufferston. Aber so wir das enthymema recht besehend, so
buwt Paulus die wort uff das aller tröstlichest, das wir menschen
gegen gott habend. Das ist: das Christus unser eigen ist unnd wir
sin, das wir sine glider sind, und mit im, als mit unnserem houpt,

--468--

eynen lychnam machend [cf. Kol. 1. 18]. Nun mag das houpt nit on
die glider sin, noch die glieder on das houpt, sonder, wenn es dem houpt
umbgadt, so gadt es ouch dem lychnam und glidren umb. Und harwiderumb,
wenn die glider umbkommend, so kompt ouch das houpt
umb. So aber das houpt läbt, so läbt ouch der lyb; und so der lyb läbt,
ist gwüß, daß ouch das houpt läbt; dann der lyb läbt nit, wenn das
houpt nit läbt. Uff das schlüßt nun Paulus also: Sytemal Christus
unser houpt ist und wir sin lyb, so volgt, wenn er stirbt, das ouch wir
sterbind; so er gläbt das ouch wir läbind. Nun ist er gestorben, so
muessend ouch wir sterben unns selber Rom. 6. [cf. Röm. 6. 4-11].
Er ist ouch läbendig widerumb ufferstanden mit lyb und seel. So
werdend ouch wir mit lyb und seel ufferston; dann ye das er gestorben,
ist von unsertwegen beschehen, das uns der tod wurd abgenommen.
Und das er lyplich erstanden, ist von unsers lybs wegen beschehen,
daß wir sehind, daß der glich wie siner ufferston und läben
werde. Jetzt ist der schluß Pauli unynbrüchlich: Wenn die todten
nit erstuendind, so wär ouch Christus nit erstanden. Und harwiderumb:
So aber Christus erstanden ist, so muoß ouch sin, das wir
erstandind; dann er muoß den bruederen glych sin Hebr. 2. [cf. Hebr. 2.
17]. Do er nun zuo sölichem unseren lyb an sich genommen, so hatt
er in ouch zuo der glori angenommen. Hatt er in angenommen,
darinn ze sterben und in ze himmel ze fueren, so hat er ouch unsere
lyb darzuo verordnet, das sy ze himmel kömmind; dann ye sin glori
und er versichret uns, das ouch wir zuo siner glori und eer kömmind.
Unnd das ist, das Ireneus redt (davon Faber und Egg böldrend),
das der lychnam Christi uns spyse zuo der urstende, das ist: uns
vertröste und versichre die urstende des lychnams Christi, das ouch
unsere lychnam werdind uferston; dann uferstanden versichret er uns
zur erstentnus, nit geessen. Unnd so sy unnd andre ungeuebte der
gschrifft das nit sehend, wuetend sy so unmenschlich. Habend doch
die alten nützid anders gemeint, weder yetz anzeygt ist.
"Ist ufgefaren zuo himmel. Sitzt zur gerechten gott
vatters, allmächtigen. Dannen er künfftig ist ze richten
läbendig oder todt."

--469--

Diß sind die dry artickel des gloubens, die offentlich mit der
gegenwürtigkeyt des fleyschs und bluots Christi im sacrament strytend.
Dann als vorgesagt, das yetwedre natur in Christo Jesu
ir eigenschafft behalt, und die gottheyt nit obsich oder nitsich fart,
sonder zuo eym mal allenthalb ist in ewigkeyt, mag von dero nit
verstanden werden, das sy ze himmel fare. Deßhalb allein von der
menscheyt muoß verstanden werden, das die uffgefaren sye; dann
vonn der gottheyt redt Christus, er sye im himmel Joannis am
drytten [cf. Joh. 3. 13], der aber gott und mensch hieniden uff erd
was. Von "sitzen zur grechten gottes" machend etlich zuo unser zyt
vil gsuechs, was die grechte gottes sye. Es sye die macht gottes.
Lassend wir nach. Es sye gott selbs. Lassend wir ouch nach. So
nun gott allenthalb sye, so sin macht allenthalb sye, und sye die
grechte sin macht, so volge, das ouch die menscheit Christi sye
allenthalb, so sin macht allenthalb sye. Das lassend wir gar nit
nach. Dann Christus ist nach der menscheyt so eigenlich eyn
mensch (all weg; was sündtlich ist, ußgenommen [cf. 2. Kor. 5. 21;
Hebr. 4. 15]), das imm alle eigenschafftenn nach der menscheyt
zimmend unnd anligend, glych wie ouch eym anderen menschen.
Nun zympt nitt allein dem menschen nitt, sonder keyner creatur, mag
ouch keyner anligenn, das sy allenthalb sye; unnd so die menscheyt
Christi eyn creatur, mag nitt sin, das sy allenthalb sye. Diß wirdt
aber alles mitt nachkommenden kundtschafften der geschrifft offenbar,
damit niemand gsagen könde, wir redend allein uß rechnung der
vernunfft; dann underscheiden könden zwischend gott unnd der
creatur ist ouch nitt eyn werck des fleyschs. Aber der lychnam Christi
wirt mit keiner gschrifft dargebracht, das er zuo einem mal an vil orten
gwesen sye; wie alles hernach kompt. Darby so volgt nit: die menscheyt
Christi ist zur grechten gottes, und gottes grechte ist allenthalb: so
ist ouch der lychnam Christi allenthalb. Dann allso sind alle creaturen

--470--

by got, das sy darumb nit allenthalb sind. Also spricht Christus
Joann. 17 [Joh. 17. 24]: "Vatter, das wil ich, das, die du mir geben
hast, by mir sygend, wo ich bin" etc. Hie frag ich, ob "syn, wo
Christus ist" verstanden söl werden uff die menscheyt oder gottheyt.
Sol 's von der gottheit verstanden werden, so muoß Petrus, Paulus,
all ußerwelten ouch ietz hie sin; dann gott ist hie, und wo man von
synetwegen by einander ist [cf. Matth. 18. 20]. So aber die userwelten
nit allenthalb sind, so ist schon erfunden, das die wort nit mögend uff
die gottheyt Christi verstanden werden. Oder aber es mueßt ouch
volgen, das die ußerwelten gewesen wärind, ee unnd sy wurdend.
Dann "allenthalb sin" mag niemannem zimmen dann dem guoten,
das nit geschaffen, vonn dem aber alle ding sind [cf. 1. Kor. 8. 6],
und in dem alle ding sind, und das in allen dingen ist. Wo nun die
ußerwelten allenthalb wärind, so mueßtind sy von ewigkeyt har sin,
ee und sy geschaffen sind. Welches narrenwyß ist ze reden. Soll
aber "sin wo Christus ist" uff die menscheyt verstanden werden, so
muessend die usserwelten ouch im brot und wyn des nachtmals sin;
dann unser widerpart sagt, das sin fleysch unnd bluot da sye. Sind
aber die userwelten, wo er ist, und er ist im brot, so muessen ouch die
userwelten da sin. Wirt der lang Christoffel sich nach zemenschmucken
muessen in so kleynem brot! Verzych man mir schimpff.
Der gedichtet Christoffel ist uß der poeten fablen zogen. Wurd
aber yeman sagen, das die userwelten by Christo werind nach syner
gottheyt unnd menscheit, das ist glöubigen oren ze vil. Dann also
mueßte sant Gertrudt ouch zur gerechten des vatters sitzen unnd
im brot sin, als sy sagend, etc; wie vor gnuog ist anzeygt. Daruß

--471--

aber wir erleernend, das die gschöpfften by gott köndend sin, unnd
muessend darumb nitt allenthalb sin; sonder da sy sind, habend sy
ir volkomne fröud [cf. Joh. 15. 11 u. Par.] in unnd mitt gott. Also
ist ouch die menscheyt Christi zur grechten gottes. Und obglych
die grechte gottes allenthalb ist, darumb die menschlich natur nitt
allenthalb; dann sy eyn creatur ist. Vernim mich allweg, das ich
allein die menschlichen natur Christi, nitt die göttlichen, ein creatur
nenn. Ich weyß wol, das gottes sun und der mensch Jesus von
Maria geborn eyn Christus ist. Wie aber die userwelten gottes
gott volkomlich besitzend und ynnemend, niesend und weydend, so
doch er allenthalb ist, aber die userwelten nit, deß hatt unns got ein
schön byspil geben: die sonnen. Die sonn wirdt von allen menschen
in der gantzen welt gesehenn, erlüchtet alle welt, erfrüchtiget und
wermt alle ding zuo eyner zyt. Unnd nüßt die gantzen sonnen unnd
weydet das kleynest gräßli glich als wol als der gröste berg ald
boum. Noch ist der dingen keyns, das darumb allenthalb sye, da
die sonn ist, ja, es begert keins by iren zuo sin oder irenn gang ze
thuon, sonder es benuegt sich, das es vonn iren geheytzt unnd läbend
gemacht wirdt. Unnd sind doch alle ding under der sonnen läbend
in ir, weydend sy, sehend sy, nitt zum teyl, sonder gantz. Also durchgadt
gott alle ding, ist allenthalb, erfröwt, macht läbendig alle ding,
wirdt von allen dingen genossen, genutzet und geweydet, ouch von
den unglöubigen, die es glich nit wüssend. Und ist doch kein geschöpfft
allenthalb, wo er ist, sonder benuegt sich an irem ort ze sin.
Deßhalb die ußerwelten gott so gentzlich sehend, als wir die sonnen,
unnd so gnuogsam. Unnd ist darumb keyner allenthalb, wo er ist.
Glychsamer wyß erleernend wir, die menscheyt Christi nitt muessen,
ja nit mögen allenthalb sin, da die gottheyt hinreycht; dann
ye die eygenschafft des schöpffers mag ein eygenschaft der creatur
nimmerme werden; unnd ist denocht zur grechten gottes, der die
krafft gottes ist nach der gottheyt. Wiewol alles, so der menscheit

--472--

Christi gegeben, überschwencklich ist, und so hoch, das unser
kleine im nit zuozezellen. Noch lernend wir vom kleynen das groß,
vom regierenn eyns huses, vorston der gantzen kilchen, als ouch
Paulus verglycht [cf. 1. Tim. 3. 4f.]. Hab ich allein anzeigt umb der
einvaltigen willen, die von den böldreren erhummet werdend: Die
grechte gottes ist allenthalb; Christus menscheit ist zur grechten
gottes; so muesse ouch sy allenthalb sin. Dann die menscheyt Christi
ist nit also zur grechtenn gottes, als die grecht allenthalb ist; dann
die creatur bedarff deß nit, mag des nit, und muoß ewiklich also
blyben, das sy das nit wil, sonder ist also zur grechten, als die höchst
eer unnd fröud der creatur mag gegeben werden. Kundschafft der
gschrifft wellend wir yetz darüber hörenn. Christus spricht Joannis
17
. [Joh. 17. 22f.]: "Vatter, die eer, die du mir gegeben, hab ich inen
geben, das sy eins sygind, glich wie wir eins sind. Ich in inen, unnd
du in mir, damitt sy eyns gantz ußgemacht sygind." Hie sehend wir,
das, obglych Christus unnser ist, und in uns ist, das wir darumb nitt
sind, wo er ist, weder nach der göttlichen noch menschlichen natur,
und ist er denocht in uns. Joannes spricht 1.Cap. 4 [1. Joh. 4. 16]:
"Gott ist die liebe. Und welcher in der liebe blybt, der blybt in gott,
und gott blybt in im." Jetz habend wir zwo kundschaften: eine, daß
gott in unns sye, die andren, das wir in gott sygind. Welche reden
vil eygenlicher dahin dientind, das wir allenthalb wärind, wie gott
allenthalb ist, weder zur grechten sitzen; dann by eim ding sin ist
gar vil minder, weder in im sin und in uns sin. Noch volgt darumb
nitt, ob wir glych inn gott unnd gott inn unns ist, das wir darumb
allenthalb sygind; und habend denocht gottes gnuog in unns, diewyl
wir lebend uff und nach siner maß. Und so wir dört by im sind,
werdend wir sin aber gnuog haben nach derselben maß; unnd sind
aber weder hie noch dört allenthalb oder unentlich, wo gott ist. Also
ouch die menscheyt Christi hat by gott inn den sitz siner gerechten,
ist in gott, und gott in iro. Noch ist sy darumb nit allenthalb.
Byspil: Der lufft ist in uns, und wir in im. Noch sind wir nit allenthalb,

--473--

da der lufft ist, unnd sind aber wir nienen, da er nit sye, deßhalb
uns sinen nützid manglet. Aber das alles hindangsetzt wellend
wir kurztlich die ursachen anzeygen, durch die wir in erkantnuß deß
kommen sind, das Christus lyb und bluot nit wesenlich oder lyplich
im nachtmal geessen werdind, dadurch noch baß erlernet wirt, wie
Christus zur grechten sitze, und wellend das thuon mit engegensetzen
der gschrifften, die den irrthumb nit mögend erlyden, dann das
nit allein in gottes wort, sunder ouch in allen lerenn, geschrifften und
satzungen muoß gehalten werden, das man gschrifft mit glycher und
unglycherley gschrifft erfüntele. Darumb ist by den Atheneren der
bruch der antinomien gwesen.
Und erkenn erstlich, das mich uff den verstand nieman eigenlicher
gewisen hat weder der gloub. Mag mir ein yeder vermessen,
wie er wil. Aber entlich, nachdem ich befunden, als Jo. 6. [Joh. 6. 35]
stadt: "Welcher zuo mir kumpt, den wirt nit wyter hungeren, und
welcher uff mich truwt, den wirt nit dürstenn", das alle sicherheyt
der seel das eynig uff gott vertruwen ist, hab ich kein lyplich ding
mögen erfinden, das die seel spysen mög, sunder daß allein der guetig,
gnädig geist tuon muoß. Dann ouch der türe tod Jesu Christi, der
unser lebenn ist, niemannem lebenhafft ist, dann welchen der vatter
gezogen hat, als er spricht [Joh. 6. 44]: "Nieman kumpt zuo mir, der
vatter hab inn dann gezogenn." Als wir dann täglich sehend, das wir
alle hörend, die gnad gottes durch Jesum Christum uns bewisen
verkünden. Aber das nimpt nieman an, weder die in den hertzen
von gott erlüchtet unnd zuo siner liebe gemiltet und zogen sind.
Ich hab ouch demnach erfundenn, das unns Christus vilvaltiglich,
als aller meyst im euangelio Joannis erfunden wirt,
(z'lang nach notturfft hie harzeziehen) abgezogen hat von dem uffsehen

--474--

siner lyplichen gegenwürtigkeyt, und das er uns, so wir sinen
lychnam lyplich essind, gar kein verheissen gethon hat, sunder uns
wol gsagt, das es unser nutz und fromme sye, so er von unns gange.
Aber vom geyst redt er also [cf. Joh. 14. 16f.]: "Ich wird üch einen
anderen tröster senden, den geyst der warheyt, der by üch blyben
wirt ewigklich." Sich, was mag klärers gesagt werden? Sich wil
er uns lyplich entziehen, aber trostloß wil er uns nit lassen. Womit
verheyßt er aber uns trost ze thuon? Nit mit lyplichem essen noch
trincken sines fleyschs und bluots, sunder mit luterem geist, der die
warheyt sye, der ouch by uns blybe, damit wir nit der kindtlichen
tröstern sag dörffind losen, die da redend, das fleysch Christi,
lyplich geessen, tröste die seel, nemme die sünd hin und derglychen
ungründte gschwätz.
Zum dritten ist das der fürnemmsten worten eins gewesenn, das
mich ab dem fleysch Christi lyplich ze essen gewisenn hat, das
Christus Joannis am sechßten spricht [Joh. 6. 63]: "Der geyst ist,
der da läbendig macht, das fleysch ist gar nützid nütz." Dann man
sich an etlicher getön hie nit lassenn kan, die sagen wellend, Christus
rede hie von der ard des geystes und fleyschs, und nit von sinem
eygnen fleysch, und vertütschend yetz also: "Fleysch ist nit nütz",
lassend das wörtlin "das" muotwilliglich ussz, und wellend aber nit
sehen, daß Christus den Juden antwurt gibt uff ir gmürmel, das
sy dannenhar tatend, das sy beduocht, er redte, das syn fleysch
mueßte lyplich geessen werden, und spricht: "Der geyst ist, der das
leben gibt, von dem ich sag; und ist das fleysch, so es geessen wurde,
als ir meinend, gar nützid nütz." Dann glych darvor stadt also
[Joh. 6. 61]: "Do Jesus erkannt, das sine jünger von deßwegen
murretend, hat er geredt." Nun ist offenbar, das die junger nit
murretend, das er inen gsagt hette von der bösenn ard deß fleyschs;
dann er inen davon an dem ort nützid gsagt hat; aber wol hat er
inen gsagt von essen sines fleyschs, das er anderst meynt, weder sy

--475--

verstuondend; dann sy fielend uff 's lyplich essen, fürnemende, sy
mueßtind sin fleysch essen, unnd sprachend [Joh. 6. 52]: "Wie mag
uns der sin fleysch ze essen geben?" Das was das murren, das sy
tettend, das ouch Jesus marckt und inen darüber antwurt gab.
Darumb nun unüberwindtlich stadt, das Jesus von dem essen sines
lyplichen fleyschs redt, da er spricht [Joh. 6. 63]: "Das fleysch ist gar
nitt nütz." Noch vil andrer ursachen habend wir offt in geschrifften
anzeygt, die offenbar machend, das Jesus an dem ort nit vonn
fleyschlichem verstand oder ard redt. Unnd wiewol vil widersprecher
daran pütschend, gond sy doch allweg nebend hin, und muessend
lassen blyben, daß das fleysch Christi ze essenn gar nit nütz sye.
Hieby ist aber ußzenemmen, das wir nit sagen wellend, das der lyb
Christi gar nienerzuo guot oder nütz sye; dann wär wolt so unsinnig
sin, das er sagte, das syn menscheyt angenommen wär on alles guot,
nutz und frommen? Aber lyplich ze essen ist er nit nütz; ist ouch
darumb nit in die welt kommen. Also strytet diß ort aller mechtigost
wider die lyplichenn gegenwürtigkeit des fleischs Christi im nachtmal;
dann das es nit nütz ist ze essen, mag nit lyden, das die wort
"das ist min lychnam, der für üch ggeben wirt" [Luk. 22. 19] also
verstanden söllind werden, das er unns damit sin fleysch ze essen habe
ggeben.
Zum vierden, spricht Christus Matthei 26. [Matth. 26. 11]:
"Mich werdend ir nit allweg haben." Und Matt. am 28. [Matth. 28.
20]: "Nemmend war, ich wird by üch sin zuo aller zyt biß zuo end der
welt." Dise zwey ort sehend im ersten anblick, sam sy richtig wider
einander sygind, so verr wir zwüschend den beyden naturen in
Christo nit eygenlich entschiedind. Sölte nun das erst ort also
verstanden werden, das wir inn nach der gottheyt oder gnad, nit
all weg wurdind haben, das mag nit syn; dann nach der gottheyt
muoß er nit allein by uns, sunder allenthalb sin. Daruß nun volgt, das
diß wort allein uff die gottheyt muoß zogen werden, unnd das ander,
namlich: "Mich werdend ir nit all weg haben" allein uff sin menscheyt.

--476--

So verr aber Christus lychnam im brot wäre, so hettend wir inn
nach aller gstallt by uns. Nun mag er nit liegen; und schlecht
unns aber sin gegenwürtigkeyt ab; mag doch nach der gottheyt nit
abwesen, so volget, das diß wort allein nach der menscheyt muoß
verstanden werden. So er nun nit by unns ist lyplich, so volget, das
die sacramenthüßlin, messen und andre ding, die zuo vererung sines
gegenwürtigen lychnams ufgericht oder gebrucht werdend, kindenspil
sind. "Der geyst macht lebendig, nit fleysch" [cf. Joh. 6. 63].
Zum fünfften spricht er selbs Joan. 3 [Joh. 3. 6]: "Das vom
fleysch geboren wirt, ist fleysch; unnd das vom geyst gebornn wirt,
ist geyst." Hie lassend wir alles rätschen der widersächeren fallen;
dann sy wider uns nit krefftig sind. Unser meynung ist allein die:
Essind wir den lychnam Christi lyplich, so mueßte er etwas gebären
in unns. So fragend wir, ob die seel mit fleysch gespyßt mög werden?
Muoß man sagen: "Nein; dann es muoß geyst sin, das den geist ernüwren,
trösten und läbendig machen sol>>, Jo. 6. [cf. Joh. 6. 63]. Mag
nun die seel mit keinem lyplichen essen läbendig gemacht werden,
unnd harwiderumb [Joh. 3. 6]: "Was vom fleysch gebornn wirdt, ist
fleysch", so volgt, das wir den lychnam Christi nit lyplich essend;
dann geessen mag er die seel nit spysen; so darff der lyb des menschen
sölcher spyß nit. Dann wo Christus lyb lyplich geessen die
seel widerbrächt, so hett es sterbens nit dörffen.
Zum sechßten spricht aber er selbs Matt. 24 [Matth. 24. 23]:
"Wenn man üch denn sagen wirt: ,Sich da oder dört ist Christus',
so gloubends nit" etc. Hie bewart er uns, das wir 's nit gloubind, so
man inn uns an disem oder yenem ort zeyge. Hie strüttend die
widersecher aber, doch wie an allen orten, und gebend dem wort
gottes ein gloß: "Ja, wenn man uns das heyl an diß oder yens ort
in disen oder yenen orten zeyge angebunden sin, so söllind wir 's
nit glouben." Aber Luce am 17. [cf. Luk. 17. 24, 30] wirdt wol
erlernet, das er vonn siner lyplichen gegenwürtigkeit redt, da er zum
gricht wider kommen wirt; vorhin söllind wir 's nit gloubenn, so
man inn hie öder dört zeyge; das hie z' lang wär nach der lenge ze

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erduren, ist sust anzeygt. Laß daby blyben, das ouch das heyl nit
an ort noch orden gebunden ist.
Zum sibenden, spricht aber er selbs Jo. 16. [Joh. 16. 28]: "Ich
bin vom vatter ußgangen und in d' welt kommen. Widrumb verlaß
ich die welt, und gon zum vatter." Hie sehend wir aber, daß er
die welt allein lyplich verlaßt; dann nach der gottheyt mag er 's
nit verlassen. Und wenn die widersecher sagend: "Wir habend das
wort gottes: ,das ist min lyb, das wort mag nit liegen'." Wie? Mag
aber dieses liegen, da er spricht [Joh. 16. 28]: "Widrumb verlaß ich
die welt", glych als ob alle gezelten wort und die noch harnach
kommen werdend, nit wort gottes sygind? Also tobend wir, wenn
man sicht, das wir geirret habend. Wir tragend darumb dise wort
harfür, das es wort gottes sind und one alles verwycklen heyter
und klar, unnd strytend aber mit denen: "das ist min lychnam",
darumb demnach einigkeyt gemacht werd in unseren verstenden;
dann sy ist in gottes wort one zwyfel. So er nun die welt verlassen
hat, so ist er ye nit hie, aber allein lyplich ist er nit hie. Dann dise
wort habend keinen tropum weder die figur des abwechsels. Die
endret aber die wort und sinn nit von der menschlichen natur, dann
daß sy einvaltiklich muessend verstanden werden, das er die welt
nach dero verlassen hab, und sye hinuf z'himmel zum vatter gfaren.
Er spricht ouch nit: "Ir werdend mich in der welt nit sehen", als die
Bäpstler gernn uß disem wort machtind. "Ja", sprechend 's, "er
verlaßt sy allein mit der gsicht, daß wir inn nit sehend." Das aber
nützid vermag; dann es volgt: "Und gon zum vatter." Das volgt
dem verlassen nach, das er uns ouch zeigt, wohin er köm, nach dem
er von uns hinggangen sye. Aber daran ligt wenig, wie sy glosenn
suochind; dann wir wol sehend, das sy lamm sind und ussz gottes
wort nit mögend bewärt werden. Und sol kein gloß nit angenommen
werden, die nit uß gottes wort grund hat. Doch so habend wir yetz

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zwey unbetrogne wort [Matth. 26. 11]: "Mich werdend ir nit allweg
haben." Da spricht er: "Nit haben", nit: "Nit sehen." Und
[Joh. 16. 28]: "Ich verlaß die welt", nit: "Ich wird in der welt nümmen
gsehen."
Zum achten kumpt das dritt wort, das aber der mund des suns
gottes selbs redt Joannis am 17. capitel [Joh. 17. 11]: "Fürhin wird
ich nümmen in der welt sin; sy aber (die junger) werdend in der
welt sin." Nun wolhar, was wil die widerparth zuo disem wort sagen?
Wir habend hie als styff das wort "syn", als sy das "ist" habend.
Es sölle dann das wort gottes nun gelten, wenn sy wellend, so stond
wir hie vil uff styfferem grund weder sy; dann wir hie wort habend,
die keinen tropum erlyden mögend; dann es volget [Joh. 17. 13]:
"Und ich kumm zuo dir." So habend sy wort, die on eyn figurlichen
verstannd oder tropum nit sin mögend: "das ist min lychnam";
dann es volget: "Der für üch hinggeben wirdt"; dann wir ye den
lychnam nit essen mögend, als er für uns hinggeben ist. Also habend
wir nun one das wort "hingon" oder "hinweggon", das so offt
von Christo selbs gebrucht wirt, drü unwidersprechliche wort: "inn
nit allweg haben", "inn die welt verlassen" und "inn fürhin
nümmen in der welt sin" [Matth. 26. 11; Joh. 16. 28; Joh. 17. 11],
welche also styff stond, das kein gloß erdichtet werden mag, die
mit den worten nit lychtlich ußgeschlagen werd.
Zum nündten haben wir wider die dichteten gloß: "Ja, wir essind
den lychnam Christi, wie er uferstanden sye von den todten", als
sy sagend, nit allein die wort: "Der für üch hingegeben wirt" [Luk. 22.
19], die uns lerend, das er uns nit, wie er uferstanden, ze essen gegeben,
sonder wie er gecrützget, so verr im wär, als sy sagend, sonder wir
habend ouch die act. 1. [Apg. 1. 11], da die engel also zuo den jüngeren

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sagend: "Was stond ir in den himmel sehende? Der Jesus, der von
üch hinufgenommen ist, wirt glych also widerumb kommen, grad wie
ir inn habend gesehen ze himmel faren." Hie habend wir erstlich:
"Der von üch hinufgenommen ist." So ist er ye da oben, unnd
sitzt zur grechten des vatters Marci 16. [Mark. 16. 19]. Zum andren,
das er glych und grad widerkommen wirt, wie er hinufgfaren ist,
wäsenlich sichtbar, etce. Da habend wir wol von der zuokunfft zum
gricht, aber von der zuokunfft im brot oder gegenwürtigkeit mag
man nützid harfürbringen.
Zum zähenden spricht Paulus 2. Corinth. 5. [2. Kor. 5. 16] also:
"Fürhin erkennend wir niemannen nach dem fleysch. Unnd ob wir
glych Christum nach dem fleysch erkennt haben, so erkennend wir
inn doch fürhin nümmen", verstand: nach dem fleysch. Paulus
wil im selben capitel anzeigen, das er also entlößt sye von allem
usserlichem trost, das er uff das einig sehe, das er gott läbe, und nit
achte, wie er gescholten oder geruempt werde, das er ouch Christus
lyplicher gegenwürtigkeyt nitt nachfrag; ob er Christus glych lyplich
erkennt sye gwesen, diewyl er in der welt gewonet; so erkenne
er in doch nit me lyplich, das ist: das er etwas trostes uff syn lypliche
gegenwürtigkeyt satzte; dann das got durch synen lyb habe fürgenommen,
namlich die erlösung durch den tod, die sye schon volendet.
Welches aber Paulus nit hette mögen reden, wo wir in lyplich söltind
im nachtmal essen; dann er hette ie sin fleysch oder lyplichen trost
nit muessen verschetzen. Aber der geist, uß dem Paulus redt, ist
allenthalb eyns mit im selbs. Der hat vor ouch durch den mund
Christi also geredt [Joh. 6. 63]: "Das fleisch ist gar nitt nütz ze
essen." Unnd redt hie, daß Christus usserlich oder lyplich nit me
von den glöubigen erkennet werd, das ist: keyn trost in synem fleysch
me gesuocht werd. Nit, das wir in nit erkennind gestorben sin im
fleysch und vom tod ufferstanden, der unns mitt synem lyplichen
ufferston spyßt und sicher macht, daß ouch wir werden ufferstan,
sonder das dasselb schon volendet ist, und wir dasselb schon erkennet

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habend und daruff gwüß stond. Aber fürteren trost suochend wir
im fleisch Christi nit me. Reicht alles dahin, das wir sehind, das
uns gott mit synem einigen geyst hatt wellen trösten nach der hinfart
Christi, nitt mitt lyplichem essen synes fleyschs. Wir menschen
habend nitt gewonet menschenfleysch essen. Wir sind ouch nit der
natur, daß wir das begerind ze essen, daß wir zum höchsten lieb
habend, als aber etliche thier tuond. Deßhalb wir nun geblendt
werdend, da man uns überredt, unser seelen habend hunger, den lychnam
Christi lyplich ze essen. Dann so wir den hällen glouben fragend,
ob er in essen welle, spricht er: "Ich hab Christum nach dem
fleysch gnuog erkennt an der leer, läben, tod und ufferstentnus. Fürter
erkenn ich in nit me nach dem fleysch."
Zum 11. wellend wir die wort des nachtmals angryffen, die sich
selbs überzügend, und erklerend den rechten verstand, den wir in
inen habend. Hie merck, frommer Christ, das wir uns nit lassend
irren, das unser widerpart schryet: "Wir wellend die einigen wort
Matthei und Marci haben, die also lutend: ,Das ist min lyb; das
ist min bluot'" [Matth. 26. 26.28; Mark 14. 22.24]; dann wir glych als
wol als sy dieselben haben wellend, aber daby ouch die wort Luce
und Pauli [Luk. 22. 19; 1.Kor. 11. 24] nützid wenigers haben.
Wellend sy das ouch, warumb ligend sy denn so hart uff denen allein,
glich als ob etwas nachteyls an den andren sye? Sol man ouch vorteylig
handlen, da man die warheyt suocht? Aber das alles hindangsetzt,
so ist im also: Die zween euangelisten Mattheus und Marcus
habend vor Luca und Paulo das nachtmal beschriben. Daruß
wir ghand erleernend, das die zween nachgenden alle wort darumb
des geflissner zemengebracht habend, das nit volgte, das aber leyder
gevolget ist uß unserem verstand. Die vorderen zween aber die
habend sich benuegt by den kurtzen worten ze blyben, die by den
Hebreyeren allen ring verstanden wurdend. "Das ist der überschritt"
verstuendend alle Hebreen wol, das das lamb nitt der überschritt,

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sonder ein bedütnus oder gedechtnus des überschrittes was.
Und do Christus nach dem volbringen des alten osterlambs und
der gedechtnus der egyptischen erlösung die gedechtnus synes
todes insatzt, und redt glycherwyß, alls er warer gott vor ouch
geredt hatt, kondend die jünger die wort wol verston: "das ist min
lychnam" für: "das ist ein gedechtnus mines lychnams", oder: "das
bedütet minen lychnam für üch hingegeben sin" etc. Und darumb
habend die zween die wort Christi by so wenigenn lassen blyben.
Do aber Lucas unnd Paulus gesehen, das die wort by den Heyden
nit verstentlich, habend sy alle wort mit flyß erhelt, damit man darinn
ersehe, was die meinung Christi wär.
Und spricht Lucas also im 22. [Luk. 22. 15-18]: "Ich hab mitt
grosser begird begert disen überschritt mitt üch ze essen, ee und ich
lyde. Dann ich sag üch, das ich dannethin nümmen davon essen
wird, biß es im rych gottes erfüllt wirt. Unnd hatt das trinckgschirr
genommen, danck gesagt und gredt: Nemend das, und teylend 's miteinander;
dann ich sag üch, das ich von dem rebensafft oder von
dem win nummen trincken wird, byß das rych gottes kompt" etc.
Hie macht Lucas einen vorbuw, das die nachgenden wort nit verstanden
werdind, sam das tranck und spyß neyßwas anders sye der
materi halb weder win und brot, wiewol es des bruchs halb nit ein
gemein brot ist, sunder ein brot deß nachtmals und dancksagung
des tods Christi. Glych als der bluom herrlicher ist, so er im krantz
der brut stadt weder usserhalb, ist doch der materi halb eyn ding.
Unnd so einer dem künig synen tumenring oder pitschafft entfuert,
wirt es im anderest gerechnet, dann so vil der ring golds hatt, unnd
ist doch nun ein materi. Also ouch hie ist die materi des brots mit
allem brot eins, aber der bruch und wirde des nachtmals gibt im
höhe, das es nitt ist wie ein ander brot. Deßhalb die muotwilligen wort
unser widersecheren, wie wir 's "beckenbrot" nennind, wol erspart

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wurden; dann sy uns unwarhafft anliegend. Ich hab den nammen
warlich nie ghört, biß inn Egg ze Baden bladret hat.
Das aber Lucas hie vorhin thuot fürzebuwen, das thuot Paulus
nach den wortenn deß nachtmals κατὰ ἐφεζήγησιν, das ist: durch
erklärung, das harnach kummen wirt. Aber yetz wellend wir sine
wort vom nachtmal kurtzlich zellen. 1. Cor. 11. [1. Kor. 11. 23ff.]
redt er also: "Ich hab 's vom herren genommen, daß ich üch hab
anggeben, namlich, daß der herr Jesus an der nacht, an dero er
hinggeben ward, brot genommen hat, danckgsagt und geredt: Nemmend,
essend, das ist min lyb, der für üch gebrochen wirt." Von
disen worten ist erstlich gnuog anzeigt, das die wort: "Der für üch
gebrochen wirt" ein gwüß zeychen ist, das Christus mit den worten
nit gewelt hat sinen lyb ze essen geben. Dann sin lyb, der für uns
hingegeben und gebrochen, ist empfintlich und lyplich für uns gebrochen.
So aber er nit also ist geessen, so ist er ouch inenn nit
gegeben. Zum andren hilfft nit ynreden, als vor ouch zum teyl gemeldet:
"Ja, ob er glych nit gestorben was, noch so gab er inen
sinen erklerten lyb, wie der ist nach der urstende." Dann also
reden gebe im zween lyb einsmals, einen erklärten und den andren
lidenhafften, das aber nit sin mag; dann Joan. 7. [Joh. 7. 39] stadt
also: "Der heylig geyst was noch nit gegeben; dann Jesus was noch
nit erklärt." Deßhalb wir im einen erklärten lyb vor synem tod one
lesterung der warheit nit mögend zuogeben.
"Thuond das zuo gedechtnus min" kompt harnach. Derglychen
ouch das trinckgschirr nach dem nachtmal, sprechende: "Das tranck,
das nüw testament, ist in minem bluot." Das er hie erstlich das tranck
"das nüw testament" nennet, beschicht durch das nachnennen, da
wir das zeichen dem nachnennen, deß es ein zeychen ist. Also nennend
wir das waappen dem herren nach, unnd sprechend: "Das ist der

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hertzog von Zäringen, das ist Zürich, Bern, Ougspurg, Nürenberg"
etc. Also wirt ouch Genesis 17. [cf. 1.Mos. 17.10] die
bschnydung "der pundt" genennet, wiewol sy nun ein zeychen des
pundts ist. Und hie wirt das tranck im nachtmal des herren "das
testament" genennet, und ist aber nun ein äffrung und bedütnus
des testaments. Diß bewärend wir noch me: Das nüw testament ist
vergebne nachlassung der sünd Hierem. 31. [Jer. 31. 34] und
Hebr. 8. [Hebr. 8. 12]. Nun sind nit zwey testament. So muoß ye
das sin, darumb wir yetz kundschafft gehört. So ist der kelch nit
das testament, oder aber es mueßte mee dann eins sin. Dann das bluot
Christi selbs am crütz vergossen ist nit das testament, sonder das
wärd, bezalung unnd opffer, durch welches die vergeben nachlassung
der sünd erworben ist Hebr. 10. [Hebr. 10. 12]. Und hie
spricht Paulus, daß das nüw testament im bluot Christi sye, nit
das testament. Das er aber das trinckgschirr oder den kelch nennet
für das tranck, ist ein gemeyner tropus, synecdoche, den wir ouch
im tütsch bruchend, so wir sprechend: "Er tranck ein bächer mit
wyn", unnd tranck aber allein den wyn uss dem bächer und den
bächer nit. Gangind nun die gsellen hin unnd sagind, man sölle
durch tropos, das ist: anderverstendig und figurlich reden nit die
gschrifft ußlegen.
"Das thuond, so offt ir 's thuond, zu gedechtnus min. Dann so offt
ir das brot essen und das tranck trincken werdend, söllend ir den
tod des herren ußkünden oder loben unnd dancksagen, biß das er
kompt" [1. Kor. 11. 25f.]. Diß ist ein so häll ort, darinn sich Paulus
ufthuot, was er den lychnam unnd bluot Christi genennet hab, unnd
warumb, daß ein wunder ist, das wir 's nit sehen wöllend. Dann so
er spricht: "Dann so offt", so sehend wir die ἐπανάληψιν das ist: das
widernemmen, oder ἐπαναφοράν; dann er znechst darvor ouch geredt

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hatt: "so offt". Und so er das wort mit dem wort "dann"
wider in die hand nimpt, ist es ein ungezwyflete handthaben zuo erkennen,
das er sölich widernemmen zuo erklärung der vor geredten
worten thuot. Als so Paulus spricht Rom. 8. [Röm. 8.24]: "Die
hoffnung, die gesehen wirt, ist nit ein hoffnung. Dann das einer
gsicht, wie hofft er das?" Hie sehend wir zum ersten ein gar dunckel
wort: "Die hoffnung, die gesehen wirt, ist nit ein hoffnung"; dann
der hörend mag sagen: "Worumb nennestu 's denn ein hoffnung?
Ist es nit ein hoffnung, so ein ding gesehen wirt?" Hierumb nimpt
Paulus die wort "sehen" und "hoffen" widerumb in die hend und
spricht: "Dann (welchs wort ein zeiger ist, worumb er also geredt hab,
ein causalis) das einer gsicht (das ist ein yedes ding, das empfintlich
ist, in den henden, hertzen, gwalt unnd bsitzung ist), wie hofft er
das?" Jetz sehend wir, das Paulus sich selbs erlütret hatt und meint,
das der nam "hoffnung" nit eigenlich denen dingen gegeben werd,
die man in henden hat, etce. Also auch hie, so er spricht: "Dann"
zeigt er an, daß er sich erlütren wil, wem er den namen des lychnams
und bluots gegeben hab, und wie er das wort verstande: "Thuond 's
zuo gedächtnus min." Und so er spricht: "So offt", so nimpt er das
vordrig wort "so offt" widerumb, das man sehe, das er die vorgeredten
wort erklären und lütren wil, unnd spricht: "So offt ir das brot essen
werdend unnd das tranck trincken", sam er also sprech: "das ich
gsagt, hat die meinung: Es ist nit fleisch (hab 's wol also genennet),
es ist nit bluot, sonder brot und tranck"; das bewär ich also: Ein jeder,
der sich erlütret, der redt nit verborgenlich, sonder nennet ein ding,
wie es von rechtem ist, und genennet wirt. So aber Paulus sich
yetz erlütret über die vordrigen red, so nennet er 's nach dem und
sy sind, namlich: brot und tranck. Dann das nit sin mag, das er
vor lychnam und bluot sölte genennet haben unnd des gloubens gewesen
wär, das der lychnam Christi da geessen wurd, das er demnach
dasselb in der erlütrung wyn und brot nennete, welches erst ein
verirren, nit ein erlüteren wär. Das aber nit ist, sonder es ist ein
offentliche erlütrung. So volgt ouch, das er 's für wyn und brot gibt
der matery halb, und nit für fleysch und bluot.
"Söllend ir den tod des herren ußkünden" [1.Kor. 11.26]. Hie
hörend die unverstendigen, was die wort vermögind: "Thuond 's,

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minen zuo gedencken." Er spricht nit: "Essend minen lychnam,
minen ze gedencken"; dann was dörfftind wir syn gedencken, so
er selbs da wär, besunder, so er spricht: "Biß das er kommen wirt." So
ist er ye nit da, sonder er spricht: "So offt ir das gedächtlich mal
essen werdend, in dem ir das bedütlich brot unnd wyn essen und
trincken werdend, so sagend danck umb den tod, den der herr selbs
für üch gelitten hat." Unnd darumb so werdend wir gheyssen, nit
fleysch und bluot machen, oder aber Paulus hett also muessen reden:
"So offt ir das brot und tranck in d'hend nemmend, so machend
mit den worten fleysch und bluot" etc., als aber die widersecher fürgebend,
zwar nun, daß sy etwas dunckels und finsters harynbringind,
durch das man ir irrung nit sehe. Nun redt aber Paulus
nit also, sunder: "So offt ir das brot essen werdend, söllend ir den
tod brysen, den der herr erlitten hat." Das ist: daruf das wort
"tuond" reicht, und reycht nit uff fleysch und bluot machen; dann
Paulus erlütret und legt sich selbs unnd des herren wort uß. Die
übrigen zwey wort: "Wirt schuldig am lyb und bluot des herren" und:
"Nit entscheydende den lychnam des herrenn" sind an andren orten
gnuog anzeigt, das man nit an dem geeßnen lyb schuldig wirt, sunder
an dem verachten. Wir entscheydend des herren lyb nit, so wir
zuo dem mal gond als sust zuo eim mal, nit hochachtende den tod des
herren, der durch das wort "lyb" uns bedüt wirt, und das wir zuo
der kilchen gottes, die der lyb Christi ist, uns gsellend, und vertruwend
aber uff inn nit etc.
Zum zwölfften, als die widerpart sagt, der lychnam Christi
sye allenthalb, wo die gottheyt sye, habend wir Matt. 28. [Matth. 28.6].
Marc. 16. [Mark. 16.6], do die wyber Christum suochtend, daß

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der engel zuo inen sprach: "Ir suochend Jesum von Nazareth. Er
ist erstanden und ist nit hie." Welche wort uns unbetrogenlich
lerend, das Christus lychnam nit allenthalb ist. Dann die gottheyt
on zwyfel in den hertzen der suochenden wyberen was, aber lyplich
was er nit da, dann allein in contemplatione, das ist: in trachtung
oder anschouwen. Deßhalb verrfälend, die do sagend, die menscheyt
Christi sye, wo die gottheyt ist.
Nach so vil kundschafften und noch vil mer bin ich dahin
kommen, das ich erkennt hab, das die wort Christi: "Das ist min
lychnam" keinswegs habend mögen verstanden werden, das weder das
brot der lychnam Christi sye, noch im brot; und nach allem umbsehen
befunden, das in diser dancksagung Christus glyche wort
gebrucht hatt, die ouch in der alten dancksagung des osterlambs
gebrucht sind, da Exodi 12. [2. Mos. 12. 11] also stadt: "Ir söllend 's
ylends essen; dann es ist das paesa, das ist: der überschritt." Hie
wirt das osterlamb "der überschritt" genennet, unnd was aber nun
ein zeychen des überschritts. Also ist ouch nit allein die änliche,
sonder ouch der verstand der apostlen unser züg unnd ynleytung,
das wir dise wort glychsam den erst gezelten worten verston söllend;
dann Paulus spricht 1. Corinth. 5. [1.Kor. 5.7]: "Unser osterlamb,
Christus, ist getödt." In den worten sehend wir offentlich,
das ouch Paulus das osterlamb ein bedütnus macht unsers lambs
Christi, darumb ouch er die wort nach der alten cerimonien unnd
sacrament gestaltet; dann er ouch eben derselben zyt und fäst wargenommenn
hatt. Welche drü ding: die bedütnus, das begon des
fästs, das Christus gethon, und die zyt sines tods zur österlichen
zyt uns gnuogsam anzeygend, das er ouch die wort deß alten fästes in
die nüwen gedächtnus verwandlet hat.
Andre ort, als 1. Cor. 10. [1.Kor. 10.16], so von unsern widersächern
engegen ghalten werdend, wil z' lang sin hie ze erduren;

--487--

habend aber davon vil gelerter gschriben. Ich wil hie allein anzeygt
haben, was mich in die erkantnuß der warheyt gfuert, unnd das ich
nützid fräfenlich angenommen oder uß eygnem dicht, sunder allein
die gschrifft unnd warheyt vor ougen ghept hab, und die uralten lerer
der Christen funden nit anderst verstanden haben, weder wie wir
gelert. Aber nach söllchem flyß hab ich die wort: "Das ist min lychnam"
also zum kürtzesten verstendig gmacht: "Das bedütet minen
lychnam"; dann der Hebreier ard ist, an unzalbarlichen orten das
wort, das wir in das "ist" vertütschend, für "bedütet" nemen. Wär
z' lang, hie anzeygen. Darzuo hab ich mit dem wort "bedütet" vorgenger,
Ambrosium und Hieronymum. Da der ein spricht:
"Significamus", der ander: "representamus", ist yetweders: "Wir
bedütend den lyb Christi." Erkenn ouch daby, das nützid dran
ligt, man spreche: "Das bedütet minen lychnam" oder: "Das ist ein
bedütnuß mines lychnams, das ist ein figur mines lychnams, das ist
ein zeychen mines lychnams, das ist die gedächtnuß mines lychnams",
etc. Es wirt 's ouch die gantz welt nit mögen brechen, gott
geb, wie ein yeder tobe.
Zuo dem allein sind in unseren landen vil conjecturae und signa,
das ist: ungezwyflete wön und zeychen. Als das alle alten stifftbrieff,
die nit me dann 300. jar alt sind, in stifften und klösteren, der mäß
gar nit gedenckend, da glych singens und lesens gedacht wirt; das
vor 250. jaren den kinden, so sy getöufft sind worden, in unseren
landen das sacrament mitt beyden gestalten gegeben ist; das kein
altar, ouch die fronälter, mit den alten kilchen gebuwen; das der
fronalter im Grossen Münster zuo Zürich erst gewycht ist, von

--488--

Hartman, bischoff zuo Ougspurg, als man zelt hatt 1278. jar;
daß do der fronalter zuo sant Peter Zürich geschlissen ward, und
man demnach in 1527. jar den touffsteyn an die statt thuon wolt, so
man rumpt, findt man, daß eben derselb touffstein vor ouch dagestanden,
und ein sumpff des verlornen wassers, wie gemeinlich
brucht wirdt; was die zyt under dem fronalter vermuret gewesen;
das man durch die gantzen welt hin kein sacramenthüßlin findt, das
über 200. jar alt sye; das keine sacrastyen mit den alten templen
uffgebuwen. Sind alles zeychen, daß weder die mäß gebrucht, noch
gloubt ist, das Christus lychnam wesenlich und lyplich im brot
geessen wurd. Welcher dingen wir vil umb kürtze willen underlassend.
"Ich gloub an den heligen geyst."
Das ist die dritte person der gottheyt, in den wir vertruwend in
alle maß, wie in den vatter und sun; dann er ein gott mitt inen ist.

--489--

"Ein heylige, allgemeine, christenliche kilchen."
Diser artickel des gloubens lutett "ein heylige, allgemeine kilchen".
So man aber ungezwyflet von der "christenlichen" kilchen
redt, tuot man recht das wort hinzuo, und das wort "ein" uß
dem anderen erlütern: "Et unam sanctam catholicam et apostolicam
ecclesiam, ein heylige, allgemeine unnd apostolische kilchen." Damit
die frommen vätter habend wellen vergoumen, das die apostolischen
menner, dero namens sich die hohenn bischoff flyßend, nit ein besondere
kilch understuendind ze sin, sonder das die wächter, apostel,
und was empteren in der kilchen sind [cf. 1. Kor. 12. 28 und Eph. 4. 11],
mitt dem gmeinen volck ein kilch, das ist: versamlung, blibind.
Also gloubend wir nit in ein kilchen, als Faber und die Bäpstler
mir zuolegend. Sy wellend mich bewysen, das ich in die creatur gloube,
vermeinende drumb, das ich etwa geschriben hab, das wort "gloub":
"Ich gloub in eynen gott" heysse: "ich vertruw in einen gott". Dann
ich nit geredt hab, daß gloub durch alle artickel hin muesse also genomen
werden, oder aber wir mueßtind ouch in die urstende des
fleyschs vertruwen, das nitt ist; sonder wir gloubend, das die urstende
des fleyschs sin werde. Darumb so erlüterend wir uns hie, daß nit
vil kilchen sygend, sonder nun ein kilch sye. Und der kilchen sye
nit ein tyranny der apostlen, ein sondere kilch, sonder die lerer, die
prediger, die propheten, die apostel [cf. 1. Kor. 12. 28 und Eph. 4. 11]
sygend alle nun ein kilch, und das also, das, so man von den besundren

--490--

kilchen redt als zuo Ulm, Basel, Costentz, Lindow, so ist im
also, daß die kilch mit allen glideren und empteren ein kilch ist;
oder so man von der allgemeinen kilchen redt, ist im aber also.
Deßhalb ouch der Töuffer kilch und sündrung, die von uns ußgangen
sind, drumb, das sy nit von uns sind [cf. 1. Joh. 2. 19], nit ein
kilch sind, sunder ein zerschnittne, abgetrettne rott. Es spricht ouch
das simbolum secundo conditum nit: "in unam sanctam", das ist: "in
ein heylige" etc., sunder "ein heylige". Also ouch der apostolische
gloub spricht nit: "Ich gloub in die heyligen, christlichen kilchen",
deßhalb uns die Bäpstler vilvaltig verfuerend, sunder: "ich gloub
ein heylige, christliche kilchen" etc..
"Die da ist gmeinsame der heyligen."
Diser punct des gloubens ist by den uralten Christen nit im
glouben gstanden, sunder erst hinzuothan, nachdem sich etlich von
secten, etlich aber von irer höhe wegen eintweders gesündret
habend oder über die kilchen ußgereckt. Und erkennend mit denen
worten, daß die eynig, allgemein kilch sye die gantz menge aller
glöubigenn. Die werdend hie "heylige" genennet, glych wie Paulus
die heyligen zuo Corintho, Rom und anderschwo nennet die glöubigen
Christen [cf. Röm. 1. 7 und 1. Kor. 1. 2]; dann wir durch das
bluot Christi geheyliget sind. Ouch ist "sanctus" den Latinen [sic!]
als vil als by uns "fromm, unbefleckt". Und lerend uns aber die Bäpstler
hie valsch, sam der sinn des artickels sye: die säligen sygind by
gott, und bittind für uns; das aber nit ist. Sunder das sy by gott
ewigklich sygind, ist war, hat ouch einen eygnen artickel: "ewigs
leben". Vom fürbitt aber sehend wir hie nit ein wort.

--491--

"Ablaß der sünd."
Diser artickel ist darumb in offen verjechen bestimpt, das
etlich gewesenn sind, die Paulum zuo den Hebreern [Hebr. 6. 4-6]
nit recht verstonde, dem menschen habend wellen abschlahen die
nachlassung der sünd für einmal hin. Also gloubend wir, daß uns
gott durch die gantzen welt hin unser sünd umb Christus Jesus
willen verzyhe; dann er ist die ewig bezalung und gnedigung
1. Jo. 2. [1. Joh. 2. 2]; Hebre. 9. cap. [Hebr. 9. 12].
"Urstende des lybs."
Das unsere lychnam ouch uferston werdind, so der lychnam
Christi uferstanden, ist vor gnuog gehört. Aber die Töuffer sagend,
unsere lychnam und seel schlaffind miteinander biß an jüngsten
tag, welchs ein offne irrung ist. Dann Christus spricht zum schacher
[Luk. 23. 43]: "Hütt wirst du by mir sin im paradyß", das ist: in
fröud unnd wunne. Hie frag ich, ob der mörder allein by im sye in
ruow und fröud gewesen? Spricht man: "Nit alleyn", so ist schon
überwunden, daß man nit schlaaft. Spricht man: "Ja", so schmächt
man gott, das er alle sine ußerwelten sines angsichts berouben sölte
biß an jüngsten tag, ja ouch die muoter, die inn geboren hatt; unnd
den eynigen mörder mit im z' himmel gfuert unnd im läbenn behalten
hette, unnd die andren schlieffind. Paulus aber spricht [Phil. 1.23]:
"Ich beger entlediget werden, das ich by Christo sye." An welchen
worten wir sehend, das die ußerwelten, so sy hie von land farend,
von stund an dört zuo herberg sind. Dann wir, die gloubend, kommend
in kein urteyl, sunder gond vom tod in s' leben Jo. 5. [cf. Joh. 5. 24].
Aber die irrung betritt die Töüffer, darumb, daß sy nit beläsen
sind, ouch nit wüssend, das den Hebreern "schlaffen" für: "lyplich
gstorben sin" genommen wirt, unnd "die urstende" inen heyßt nitt
allein "das uferston des lybs", sunder ouch "das blyben und läbendig
sin der seel", als ich im latinischen buechlin, "Elenchus" genennet,
gegen inen mit vil kundschafft bewert hab. Doch soltend sy das
wüssen, das die seel ein söllche substantz ist, die nit schlaffens noch

--492--

ruowens darff als wenig als die sunn, sunder sy wirt under die ἐντελεχείας
zellt, das ist: under die ding, die in stäter bewegnuß und
uebung bstand, und zimpt iro der schlaaff nit von natur, sunder
ewig wachen und würcken. Das aber der lyb schlafft, ist der seel
natur nit; dann sy ouch im schlaff ir uebung nit laßt, als da ist das
gedencken der tröumenn, das sust kein thier thuot. Daruß volgt, das
der seel, nachdem sy von dem körpel, dem lyb, entlößt, gantz
wider ist, das sy schlaffenn sölt; sunder ir zimpt denn erst wacker
und unabläßlich leben und würckung, glych als ein liecht in der
laternen noch vil häller schynet, so es dero entlediget wirt, weder
so es mit dero beladen. Also ist ouch alles liecht der seel, ir leben,
krafft, würcken und wachenn vil styffer in wesen nach der absündrung
des lybs, weder bym lyb, ja, sy ist in stäter uebung, die nit schlaffen
mag etc.
"Ewigs leben. Amen."
Hie erkennend wir, das wir ewigklich lebind nach disem zyt, nit
schlaffind; dann das guot, das keinen mangel hat unnd nit fälen mag,
das muoß ouch alle die ewigklich trösten, die sich deß zuo im mit rechten,
gantzen trüwenn versehen habend. Hie verlych uns gott sölch
vertruwen und läben by im. Amen!
Dise predge hab ich, frommer Christ, in mitten junio erst
muessen ußschryben, die aber im jenner beschehen was. Wellest
hierumb im besten verston, ob ich ußgelassenn, das vor der kilchen
zuo Bernn geredt, oder ynzogenn, deß doch wenig ist, das vor der
kilchen nit geredt ward; dann ich sust ouch erberlich zuo gedencken
hab.
Unnd biß gott bevolhen. Den soltu ouch bitten, das er siner
kilchen synen nit der welt friden senden welle! [Joh. 14. 27]

--493--

Die letst predig zuo Bern Huldrich Zuinglis.
Sidmal üwer lieb nach erkantnuß der übersigenden warheyt
in mitz aller abthuoyung der bilden, altären und anderer dingen ist,
hat mich fruchtbar duecht, dero von standhaffte und verharren in
guotem vor der hinfart ze sagen.
Uff das sol üwer lieb wüssen, daß standhaffte ein sölche tugend
ist, das one sy nützid rechts gemacht noch volendet wirt, one die
wir mann zuo wyben grechnet werdend, und die wyber nit fromb noch
trüw, ja nieman on sy trüw noch fromm sin mag. One die wirt kein
vatterland noch heymen bhalten, ja nützid vor schand unnd spott
vergoummt, wo sy nit ist. So aber alle tugenden one gotzforcht unnd
glouben ein glychßnery sind, so söllend wir sehen, das wir sy nit
von unns, sunder von dem gott, in dem wir styff verharren begärend,
erlernind.
Also findend wir, das unser herr Jesus Christus die mit wercken
und worten uns vorbildet unnd gelert hat. Er ist standhafft bliben
biß inn den tod des crützes, obglych sin menscheyt, etwas schwach,
begärt nit ze sterben [Mark. 14. 32ff.]. Er hat sin red ab dem trutz
der widerwertigen nit geendret noch weych gemacht, ob er glych
etwan sich geüßret hatt biß uff sin zyt. Und hat uns also gelert
[Matth. 10. 22] "Welcher verharret biß in 's end, der wirt heyl."
Mit welchen worten er also hatt wellen sagenn, das es ungezwyflet
sye, welche nach sinem wort und willen leben, trachten, verjehen
wellind, muessind durächtung erlydenn, angefochten unnd verkümbert
werden, aber die ding werdind alle mit unverzagtem dulden

--494--

überwunden. "Ferendo vincitur fortuna", das ist: "unglück muoß man
alleyn mit dulden unnd tragen versetzen unnd überwindenn" habend
ouch die Heyden geredt. Er lert uns durch den propheten Ezekiel
[cf. Ez. 3. 20], das des frommen gerechtigkeit nimmermer gedacht
wirdt, so er fallt. Dann es ist vil spöttlicher, lychtlich von
arbeyt ablassenn, weder nye angefangen haben. Er spricht [cf.
Luk. 14. 28-30], das nieman wyser nit, vor unnd ee er buwen anhebe,
nidersitze unnd rechne den kostenn, damit er nitt verspott werde vor
dem ußgang der sach, und man sag: "Sich, der man hat anghept
ze buwen, und mag 's nit volbringen." Es hebe ouch kein herr ein
krieg an, das er nit vorhin erwäge, mitt was zügs er dem fygend
engegenziehenn möge. Unnd wellcher sin hannd ann pfluog gelegt
hab und hindersich sehe, sye zum rych gottes nit geschickt, das ist:
zuo dem predigampt [cf. Luk. 9. 62]. Daran wir sehend, das er 's fürsichgänd
wil haben.
Wär ist standhaffter gewesen weder Moses, den die kinder
Israels so offt veracht, so offt ze überfallen undernamend [z. B.
4. Mos. 16. 1-3]? Noch mocht in von fürgenomner meynung,
guots dem volck ze thuon, nieman bringen. Unnd do glych gott sich
glychet wider inn sin, do begärt er, daß gott ee inn vertillggote weder
das volck. Darumb er der trüw hußßhalter gottes billich genennet
wirt Hebre. am 3. capitel [Hebr. 3. 5] für andre im gsind gottes.
Was trostlichen mannes ist das gewesen, der in die viertzig jar nit hat
mögen prochen noch gelindert werden, das er umb der fründen
willen ützid liesse oder thäte, das wider gott und gemeynen wolstand
wäre; das er ye verzwyflete, das inn gott verlassenn wölt; das er ye in
mangel spyß oder tranckes nit unerschrockenn zuo gott lüffe; das er ye
hinder sich sähe. Wir lebend yetz kümmerlich viertzig jar, nachdem
wir erwachsen sind, und er lydet unerfochten viertzig jar sölche
arbeyt, ja er altet und stirbt darinn. David ist vast in die 14 jar,
nachdem er zum ersten von Samuel zuo eim künig gesalbet ward,
harumbgefaren, das er nit herschet, ußgenommen zeletst etliche jar in
Hebron [2. Sam. 2. 1-4]. Noch mocht in kein armuot noch ellend
dahinbringen, daß er gott nit gloubte und das rych verschupffte, oder

--495--

daß erdem Saul arges, da er glych on gevar mocht [cf. 1.Sam.24u.26]
wölte schaden tuon, sunder das fürgenommen guot und friden hat er
hantlich erjagt mit sölcher frommkeit und redliche biß in 's end, daß
er ein groß byspil der standhaffte uns ist. Der Römeren Cornelius
Scipio
was noch so jung, das er nit mocht in radt genommen werden.
Do aber die schlacht ad Cannas gegem Hannibal verloren was, und
die fürnemsten, die darvonkommen warend, radtschlagtend, wie sy
Italiam verlassenn unnd das meer zur flucht an die hand nemmen
wöltind, unnd Scipio den radtschlag vernam, tratt er unberuefft mit
etlichen in radt hinyn, zuckt sin schwert unnd zwang sy, das sy
schweren muoßtend, Italiam und Rom, ir heymen, nit ze verlassen,
sonder schirmen. Und söliche standhaffte behielt er biß in tod in
allen dingen. Kurtz, es ist kein tugend ein tugend, wenn sy nit mit
standhaffte ußgemachet wirt.
Als nun üwer eersam wyßheyt und lieb die götzenzier, der mäß
rychtag und andre ding mit der thatt angriffend, dörffend ir keines
radts noch hebysens baß unnd mee weder der standhaffte. Dann
zuo eim, so habend wir etliche, die sind so unzytig fürwitzig in göttlichem
wort, die doch sich deß annemmen wöllend gesehen sin, das
sy sagend, man sol die götzen zum ersten uß dem hertzen thuon und
demnach vor den ougen dennen. Die redend nun etlicher maß recht;
dann gwüß ist, das sy usserlich nieman laßt dennen thuon, dem sy
im hertzen nit sind dennen than. Das laß ich an alle conscientzen,
die da wüssend, wie lieb sy ire götzle gehebt habend. Die hettind ye
nit mögen lyden, das man sy anruerte. So sy aber yetz ouch zerschyten
nit kümmert, ist ein zeychen, das sy nüts an inen rüwt.
So sind sy ye schon uß den hertzen gerütet. Deßhalb die fürwitzig
red allein dero ist, die gern ein sonders habend. Das man aber sy
nit sölle dennen thuon, biß es nieman me verletze und uss aller menschen

--496--

hertzen kommen sygind, das ist grad, als ob wir sagtind:
Christus hett unrecht thon, do er die sädel unnd wächßelbenck
umbkart, und, die das triben hattend, mit der geyßlen ußjagt [cf.
Matth. 21. 12f.]; dann sy warend in iren hertzen noch nit bericht,
das sy unrecht thättind; dann sy sprachend zuo im [cf. Joh. 2. 18]:
"Was zeigstu uns für ein zeichen, das du sölichs thuost?" Und mueßte
ouch Christus die ding haben ston lassen, biß sy all bericht wärind
gewesen.
Zum andren habend wir noch vil widerspänniger, die gottes
wort eintweders nit hören oder nit annemmen wöllend. Die zwey
gschlächt werdend üch vil ze schaffen geben; dann gemeinlich sind
sy nit on practick, und durch dieselben bringend sy all tag nüwe
forchten und tröuwungen. Die söllend ir aber nit förchten nach
dem wort Christi; dann er hatt die welt überwunden [cf. Joh. 16.33].
Deßhalb wir wol werdend sehen, das sy in sinem gwalt ist, so er unns
sighafft macht zuo aller zyt. Und diß sol nieman also verston, daß er
nit zuo aller zyt sölle wachen und sorg haben, sonder es heißt uns
Christus alle wachen [cf. Matth. 24. 42]. Aber das wil ich üch gern
vorgesagt haben, das ich nit zwyfel, gott werde üch söliche gfaaren
gegnen lassen, das ir sehen werdend, das er krefftigklich mit üch
würckt und schirmt. Und so die gfaaren kommend, so erschreckend
nit; dann gott thuot es allein üch zuo bewernuß und sterckung, das ir,
die do die einigen gottes eer verjehend, sin gewüsse hilff deß bas
erkennind. Dann so er üch in not fueren wirt, daruß ir üch selbs nit
truwend ze helffen, und er hilfft üch druß, dann sehend ir erst eigentlich,
das alle ding an im allein stond, das aber er ouch ungezwyflet
hilfft.
Das aber yetz etlich sprechend, es werde üch ring sin, ir habind
vorgenger, lassend üch nit irren; dann ich kein gotteswerck nye hab
gesehen so richtig fürgon, daß es nit an ein ranck kem, das ὁ θεὸς

--497--

ἀπὸ μηχανῆς, das ist: gott nit mueßte mit siner gnad und krafft zuo
rechtem end bringen.
Da ligend die älter und götzen im tempel. Welchem nun darab
schücht, doch nit uss conscientz, der sicht yetz, ob wir die götzen
neißwar für habind gehebt oder nit. Es muoß aber der kaat und
wuost hinuß, damit der unsaglich kost, den ir für andre menschen
habend an das götzennarrenwerck gehenckt, fürhin an die läbendigen
bildtnuß gottes gehenckt werd. Es sind gar schwache oder zenggische
gemuet, die sich von abthuon der götzen klagend, so sy yetz offentlich
sehend, das sy nützid heyligs habend, sonder tetschend und bochßlend
wie ein ander holtz und steyn. Hie lyt einer, dem ist 's houpt
ab, dem andren ein arm, etc. Wenn nun die säligen, die by gott
sind, damit verletzt wurdind unnd den gewalt hettind, als wir inen,
nit sy selbs, zuogelegt habend, so hette sy nyeman mögen entwegen,
ich gschwyg enthoupten oder lemmen.
Ich muoß üch deß entrichten, das disputieren den geyst
nit meret denen, die zenggisch oder schwach sind; dann im zanggen
kan nit fälen, der ein teyl muoß gemeinlich unrecht haben. So nun
derselb glych als fräch ist, als die die warheyt bar habend, so tr%:stet
söliches ye den zenggischen, unnd macht den schwachen blöder.
Wo aber ein wolgefasseter, unentwegter geyst ist, der das war annemmen
wil wannenhär es ioch kompt, der sicht vonn stund an,
welches der warheyt farw hatt, welches nit, unnd gadt demnach
frölich hin; noch so mag er sich nit mit sölichen ruowen ertrachten
unnd belustigen in der warheyt, als so er allein, oder ein andrer allein
oder mer prophetierent. Darumb ist hierinn yemannem verletzung
beschehen, sol sich darab nit ergren. Der stryt ist darumb beschehen,

--498--

das den zenggischen obglych nit das hertz, doch die frische, wider die
warheyt ze reden, genommen, unnd der christenlichen gemeynd
unnd oberkeyt glimpff gegeben wurd, fürhin ungeirrt unnd ungespeyet
göttlich unnd erberlich ze handlen. Ir sind mit gottsförchtigen,
frommen, gelerten propheten unnd predicanten versehen.
Denen losend mit ernst uf, so sy die göttlichen verheissungen oder
tröuwen fürlegend, so werdend üwere gemuet in allem thuon unnd
lassen mit gottes wort all weg gesichret, und mag üch kein fäl
gegnen.
Hierumb so erkennend die fryheyt, dero üch Christus begaabet
hatt, und bestond darinn, nach dem wort Pauli Gal. 5. [cf. Gal. 5.1]
und lassend üch nümmen mit dem joch der eigenschafft oder knechtheit
trengen. Ir wüssend, was trangs wir gelitten habend in unseren
conscientzen, da man uns gefuert hatt von einem falschen trost zum
andren, von eyner satzung zur andren, die aber die conscientzen nun
beschwert, nitt fry gemacht oder tröst habend. Nun aber sehend ir,
was fryheit und trosts ir habend in erkanntnus und vertruwen, das
ir uff den einigen gott habend durch Jesum Christum, synen eingeborn
sun. Von der fryheit und erlösung des gmuets laßend üch
nimmerme bringen. Es wirt hierinn als vil dapfferkeit erforderet als
in keyner andern sach. Wie nun unsere vorderen, gott hab lob, allweg
in beschirmen der lyplichen fryheyt hantlich und unentwegt
gstanden sind, also söllend ir ouch vil me in dero, die uns hie inn
den conscientzen fry und dört ewig frölich macht, unentwegt beston,
ungezwyflet, der gott, der üch erlüchtet und zogen hatt [cf. Joh. 6.44],
werde ouch unsere lieben nachpuren, die übrigen Eydgnossen, zuo
syner zyt ziehen, das wir in warer fründschafft, die gott ouch erlyden
mag, baß einhällig werdind weder vormals ye.
Das verlihe uns und inen der got, der uns alle geschaffen und
erlößt hatt! Amen.
Ist zum kürtzesten beschriben.