Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Was von Venedig gekommen ist, in summa

Zwischen 19. und 21. Januar 1530
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.2 (Zürich: Berichthaus, 1968) (Corpus Reformatorum 93.2)


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[E.II.341, fol. 3327r] Was von Venedig komen, in summa
Die Venediger sind mit dem Keiser bericht.
Habend uff ünser herren anbringen, das sy in namen der christlichen
stetten geton, dise trostliche antwurt geben:
Sy habind ietzmal ein'n friden mit dem Keiser troffen in hoffnung,
der werde stät zuo beden teilen gehallten. Aber die fürsorg ünser herren
und ir christlichen burgeren und das früntlich zuosprechen nemindt
sy uff mit höchstem danck und fröiden, wellindt ouch in künftigem
(wie sich ioch die sachen erziehindt) dess yngedenck sin und zuo
guotem nimmer mee vergessen. Es söllindt ouch ünser herren wüssen
sampt iren mitburgren, das ein regiment zuo Venedig inen welle bystendig

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und hilfflich sin in allen iren gferden und nöten, mit lyb und
guot, mit kriegslüten, mit provant, mit guot und gelt; darumb sölle man
sy frölich ansprechen.
Und das habend sy dem cantzler empfolhen, dem botten noch
einist vor der tür ze sagen; dann vor hat's der hertzog selbs gseyt.
Daruf gedanckt ist vom botten etc., und sind imm so vil kronen
vom hertzogen geschenckt.

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Die kundschafft des hoptmanns, den man wol weisst, von des keisers
anschlegen und fürnemen, ouch uss Venedig bym selben botten
komen:
[E.II.341, fol. 3327v]
1. Das die keiserischen mit gar gheinen ufrechten stucken umbgangind.
2. Des Keisers sachen sind wyt zerströwt, darumb man imm dess
ee und mee schaden mag.
3. Der Keiser richt fründt an fründt oder fyendt an fyendt, und
demnach treyt er sich yn für einen mitler, und ist aber partijsch, allweg
das bapstuom und vorab synen eignen gwalt und nutz ufzerichten.
4. Und so er in Tütschland kriegen, wil er den castellan von
Müss an die pündt,

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bischoff von Costentz an die statt Costentz,
bischoff von Strassburg an die von Strassburg,
hertzogen von Saphoy an Bernn,

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die 5 ort an Zürich,
apt von Santgallen an die statt,
hertzog Jörgen von Sachsen an hertzog Hansen, dem er synen

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stand, das er nit mer ein erwellender furst sye etc., ze nemen und
hertzog Jörgen ze geben underston wirt,
die bischoff am Rin ann landtgrafen von Hessen,
und der glychen allenthalb wider die euangelischen stett richten,
was er vermag. Und so man allenthalb wider einander uf ist, wil er
mit einem züg haryn in Tütschland vallen als ein mitler und mit
guoten, aber valschen worten die stett und herren betören, bis er sy
under sich bringe.
Hieby ist allweg wol ze betrachten die kundschafft, die im september
vergangens jares, und uff die disputation ze Bernn derglychen,
üns zuokomen ist.

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Dem keiser den anschlag ze brechen, wäre guot, das man imm Tyrol
ynnäme (also radt der gedacht hoptman); muesste er den züg
zuo siner not bruchen.
[E.II.341, fol. 3328r] Das vermeint gedachter hoptman ze tuon mit
gottes hilff mit 8000 tütscher knechten, mit der Venediger gschütz
und pferd. Und die pünt ouch eins mals ynfallen.
Darzuo wurd ouch hertzog von Wirtemberg helffen, so er einen zug
in sin land ze tuon fürneme.
Es ist ouch nebend dem brett geredt: wenn ünser botschafft vor
dem friden gen Venedig komen, wäre der friden nit gemacht etc.

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Kundtschaft uß Italia a Coλίνω^%^% τιγουρίνω πρὸς ἐνετούς ὄντου [sic!]
Item alls der pott zum Herzogen von
Venedig kommen, ist der pundt
zwuschenn dem Keiser und den Venedigern gemacht gsin. Nachdem
aber diser pott mit grosser reverentz empfangen ist, hatt im der Herzog
von Venedig nach verhörung sins befelchs und credentz mündtlich geantwort
von wegen Zürich, Bern und aller Christenlichen stetten, so die
Venediger habint zuo diser zyt ein bericht mit dem Keiser gemacht, gutter
hoffnung, er werd stät gehallten, aber über sölliches disem potten von wegen
aller Christenlichen stetten hoch unnd früntlich gedancket, sy wellent söllichs
zuo guottem nimmermer vergässen, mit erpiettung, disen Christenlichen
stetten beraten und behollffen ze sin, wo das die nodturfft ervorderte,
und in iren geverden mit lyb und guott, mit gellt, kriegslüten und profant, des
soll man sich gentzlich versechen, und so darumbe ansprechen. Darmit aber
dise wort, so der Herzog mit sin selbs mundt zum potten geredt, dest krefftiger
syend, hatt er sinen cantzler zuo im, alls der pott uffsitzen und hinweg
faren [darüber geschrieben: riten] wolt, geschickt und vor der thür dise vorangezöugte
wort wider geäfert und von wort zuo wort noch ein mal dem
potten anzöugt und in allso mit einer vereerung abgevertiget.
Unnd uff sollichs ist ein treffenlicher man zuo Venedig, der grossen gunst
zum gotzwort und zuo disen Christenlichen stetten treit, an dem vyl gelägen
ist, des namen nit nodt ze melden, und des Keisers pratick gewuß,
spricht, das der Keiser entricht und verwirre fründ gegen fründ, find gegen
fiend [Seite 2] unnd so er sölchs tut, leit er sich darzwuschen unnd tädinget
die, so er vor uneins hatt gemacht, im hiemit ein gunst alls der do gern frid
gesech ze machen, aber allweg mit nachteill des gotz worts und uffrichtung
des Bapsts unnd sins gewalts, damit er die monarchie überkömmi, unnd so
er allenthalben im selbs gunst und willen gmacht, hatt er im furgsetzt, mit
disem anslag ze handlen, namlich den Castellan von Muß wider die
Pundter, den bischoff von Costentz wider Costentz, bischoff von
Straßburg wider Straßburg, herzogen Savoyen wider Bernn, die V
ort wider Zürich, abt von S. Gallen wider die stadt S. Gallen, die
bischoff am Rin wider Hessen, herzog Hannsen von Saxen ab- und
herzog Jörgen insetzen, und soll alles wider die guottwilligen, und so sölche
vorhannden, ist er willens, mit sinem züg herin ze fallen alls ein mittler und
aber wie vor dem gotzwort nachteillig ze mittlen, biß alle ding in sinem
gwalt stand. Spricht dise person, der Keiser gang mit keiner uffrechten
sach umb, und syendt sine ansleg wyt zerstrouwt. Deßhalb im woll abzebrechen
ist, allso wo man im in Tirol fiel, das innäm, wer im vast der gellt
kasten genommen. Wo dise person 8000 tutscher sampt der Venediger
gschütz und pfert hett, wölt ers selbs thuon, dann sollichs [Seite 3] ist sin
handwerch, und wollt allso dem Keiser sine pundt daselbs einßmals überfallen.

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Zuo disem anslag wurd herzog Volrich behollffen sin etc. So ist dem
Keiser die disputation zuo Bernn und ein ratslag im september beschechen
zuo wussen than, und wo diser legat by zitt kommen, wer mit dem Keiser
nüt gemacht.
Oratores tigurini copiam dederunt
presentibus Argentinensibus et
Basiliensibus. 21 januarij 1530.
L.v.M.