Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

161

<< Nr. 160 | Index | Nr. 163 >> 

Entwurf eines Schreibens von "burgermeister und heimlichen räten der statt Zürich" an Bern

27 . Mai 1530
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.2 (Zürich: Berichthaus, 1968) (Corpus Reformatorum 93.2)


Jump to page 747 748 749 750 751




--747--

An unser von B. [Bern]
Getrüw, lieb Eydgnossen und christliche mitburger!
Wir habend gloubhafte kundschaft von Venedig, das sy (die Venediger)
dem Keiser in iren gegem Etschland anstossenden landen
ein grosse ufrüstung, von eim ieden hus (und heisst ein hus ein versammlung
einer zal) 2 man, das dieselben uf sin söllind, wenn der
Keiser welle. So habe der küng von Franckrych imm zuogesagt
30 000 man ze lifren. An die graffschaft Tyrol hatt er gemuotet

--748--

10 000 man. Die hertzogen von Bayernn habend imm 24 000 man zuogesagt.
Und diss alles mit namen wider die Christen, die sy luterisch
nennend, wie wol wir hieby vernemend, das des küngs halb
die sachen in werbung ston und noch nit zuogesagt sin söllind.
Demnach werdendt wir von getrüwen besundren unserer christlichen
mitburgeren von Strassburg angelangt, wie wir, die christlichen
stett, die in der Eydgnoschaft ligendt, ein botschafft zumm

--749--

Keiser schicken, die franczösisch beredt sye (dann der Keiser
gheiner sprach me verstat) und inn ünsers handels berichten, damit
nit die luterisch prattick des sacraments halb etwas krums hinder
üns underschieben, ouch in andren dingen wir unversehen vervorteilt
werdindt etc.
So nun die vordrig kundschafft etwas wichtig sin und aber das
ander anlangen üns ytel gering wil anston, habend wir einen heimlichen
botten gen Ougspurg zun herren Landtgrafen geschickt,

--750--

das er nach gelegenheyt der sachen üns berichte, was hierinn ze tuon sye
oder ob sin gnad für besser wölte ansehen, das wir mit ernst an den
Keiser werbung tätind der gueter [E.II.341, fol.3370v] halb, so ünseren
gotzhüseren ennet Rhyns verspert und hinderhalten werdendt,
das man üns dieselben entschlahen und zuolassen wölte etc. Doch als
wir wol gedencken mögendt, sölch werbung iren fuog und gstaltsame
haben muesste, die wir also sinen g.[gnaden] heimsetzend. Nun achtend
wir, das ünser löiffer von disem dato ze lengst in 12 tagen widrumb
heimkomen, ouch ist der Keiser des 20ten tags mey gwüss noch nit ze
Ougsburg gewesen. Habend wir üch guoter, flyssiger meinung nit
wellen verhalten, ob üch für guot ansehen, das wir von stund an
einen tag der christlichen stetten ansehen oder ir den usschriben

--751--

ben etc., oder ob wir der kundschafft us Wallis und dem botten
von Ougsburg warten und demnach erst nach gelegenheyt üns beraten
oder ein ungevarlichen tag uff ir zuokunft setzen ze tuon vermeinindt,
üns dess by disem botten ze berichten. Dann wir in allen
dingen geneigten willen mit lyb und guot ze erzeigen üch zuo aller zyt
bereit sind. Hiemit sind gott bevolhen!
Geben ze Zürich, 27. tags meyes 1530.
Üwer allzyt willige burgermeister
und heimlichen rät der statt Zürich.