Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Zusätze Zwinglis zur "Betrachtung der Verordneten" für Verhandlungen mit den Städten des Christlichen Burgrechtes

20. April 1531
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.4 (Zürich: Theologischer Verlag, 1990) (Corpus Reformatorum 93.4)


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[Zusätze Zwinglis zur
<<Betrachtung der Verordneten,
was ... mit unseren Eidgenossen ... zu handeln sei>>]
[Seite 1] Betrachtung der herren verordneten, was jüngstem abscheyd nach uff
yetz haltendem tag mit anndern unnseren Eydtgnossenn und cristenlichen mittburgeren
ze hanndlen, zuo bedencken unnd inenn fürzehaltenn syg.
Min herr Röyst, Walder, M. Ochßner, M. Tumysen, M. Cambli, M. Urs
Hab, Ulrich Funck und M. Huldrych Zuingli. Actum dornnstags nach quasimodo
anno etc. 1531.

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Unnd erstlich will die herrenn verordnethen uß allenn anzoigungen unnd kundtschafften
beduncken, wie der keyserisch unnd päpstisch huff eyn geschrey ußgan
lassenn unnd uff rüstung trachte, als ob er die wider den Türgken ze bruchen willens
sige unnd aber von den augsburgischen kouflüten und Schlesieren
unnd annderen landen, so uff den Türcken anstossennd inn ettliche cristenliche
stett schrifften kommen, die vom Türgken nit mit eym wortt meldung thuond. Zudem
die venedischen koufflüt bezügend, das der Türck gantz ruewig unnd inn keyner rüstung
syge etc.. Das sollichs alles eyn nichtiger, unbegründeter uffsatz unnd sin pratick
unnd anschlag alleyn dahyn gerichtet sygent, gelt unnd rüstung by den fürstenn
unnd ständen deß rychs uffzebringen, damit er den weydan, das ist: den ungerischen
küng vertryben unnd sinen brueder Ferdinandum widerumb inn dasselb künngrich
setzen und im das inhändig machen möge, oder den küng von Dennmarck
oder landgraven vertriben oder den züg gespannen und wertig ze halten
uff üns Eydgnossenn und Wirtemberg.

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So im dann sollichs gelunge unnd dann die fürsten unnd ständ deß rychs (ob glych
wol deren [Seite 2] ettlich evangelischer warheyt anhängig werind) sinen sig, glück
unnd gewalt (diewyl das küngkrich zuo Hungeren eben rych unnd eyns grossenn vermögens
ist) sechen, wurdent sy lychtlich widerumb gefuert unnd bewegt, sich ouch wider
iren willenn deß keysers parthye unnd hynnder dem berg ze haltenn, damit sy mit
im zefriden sin unnd ire land behalten möchten.
Zudem ist nyemant verborgen, das der adel, so dem evangelischen handel ondas fygend,
von yewälten här allweg daruff trachtet, wie sy die frygen stett unnd communen
undertrucken und gemeystern möchten. Denen inn söllichem fal ouch lycht ze
logkenn sich an den keyser ze häncken unnd wider die cristennlichen stett inn
krieglich empörung zu begeben, der hoffnung, sy allda rycher püdten unnd grosser
hab zuo gewartten werind. Zuodem das sy sich ouch mit dem beschönen unnd fürwelben
möchten: <<Ja, man soll dem keyser gehorsam sin>> unnd derglychen, wie man

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disen dingen allweg wol eyn farw anstrychen unnd sy verglimpfen kan, wenn die suw
ye inn kessel muoß.
Diewyl nun der adel unnd vil der pfäffischenn fürsten noch yemerdar der ungezwyfelten
hoffnung sind, unns von evangelischen stetten jüngst inn lyden unnd last
unnd zuo irer vermeynten [Seite 3] gehorsamkeyt ze bringen, der keyser ouch für unnd
für angereytzt wirt, unns unnderzetrucken, damit sich dann die usseren ständ unnd
stett unnser der Eydtgnossenn nit getrösten noch uff unns verlassenn mögint, behaltet
er im die Fünff Ordt yemerdar anhängig alles uff söllichen list, so wir die evangelischen
stett von yemandem umb hilff unnd trost ersuocht, das wir (diewyl wir unnder
uns selbs zertrännt und uneyns werind) unns inn keyn tapfere hilff gegenn yemandem
begeben noch yemands sicher zuospringenn möchten, sunder allweg die Fünff Ordt
als unsere fygent am rugkenn zuo ersorgen hettind. Hieby anzeigen schuldheiss
Honneggers red, die 2 fromm gehört etc., wie die 5 Ort stäts

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sterckungen vom keiser empfahind, das sy nun styff und ruewig
standind, bis er zuo siner zyt inen ze wüssen tueye, er welle sy nit verlassen.
Also hatt ouch amman Rychmuot an der ostergemeind geredt,

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er wüsse wol, der keiser werde sy nit lassen, sunder wie Italien
und andre land entschütten.
So nun also das küngrych Ungern unnd demnach hütt eyn statt, mornn die anndere
erorbert [!] unnd von der warheyt geträngt, was forcht und schrägkens das inn
tütscher nacion bringen, unnd das wir darnach mit hilff der Fünff Ordten die ersten

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sin wurdent, die inn sorgen stan unnd allen last on hilff aller mengklichs alleyn
tragen mueßtind, hatt eyn yeder lychtlich zuo gedennckenn.
Sydtenmal sich dann die Fünff Ordt aller untrüw beflyssend dermaß, das sich
keyns guotten noch erbaren, sunder meer aller gefaaren zuo inen züversechend, wir
ouch inn söllichen fälen keyn schädlichere noch sorgklichere fygendt habenn möchtend
dann sy, unnd dann by allen verständigen, fürsichtigenn und tapferen kriegslütten
allweg fürsechen, [Seite 4] wo sy zwischenn roß unnd wannd trugkt, das sy uff eyn sytt,
da es am nöttigistenn gewesen, sich ze fristen unnderstannden hand, sollennt wir
dann unns unnd annderen bystännderen göttlicher warheyt zuo hilff kommen unnd
unns sorgen enndtladen, so wirt von hochen, unvermydenlichen nötten sin, mit allem
ernnst dahin ze trachten, wie wir unns erstlich vor dem schädlicheren fygend gefristen
unnd unns deren halb zuo ruowen setzenn mögind unnd nit also inn sorg unnd gefaar
zwischenn roß unnd wand geträngt werden muessennd.
Es ist ouch zuo bedenckenn: diewyl die widerwärttigenn inn stettenn unnd herrschafften,
da man deß evangelions besynnt, dise cristennliche sachenn mit gewalt
unnd dem schwärt nit meer verhynderen mögent, ouch inn räthen ire hertzenn nit gedörent
offnen, so stand doch stättigs ire räth unnd trachtung daruff, wie sy die sachen,
das man nützit tapfers an dhand nemme, sunder unnsere widerwärtigen inn iren
vorteyl kommen lasse, uffziechenn, wir mit der harr umb das unnser bracht, die
unnsern ermuedet, ungehorsam unnd abfellig gemacht unnd aso wir alle jüngst unnseren
fygenden zuo erbarmen werden mögint. Dann so wir dise ungetrüwen praticken
nit unnderstand by zyt zuo brächhen unnd unnseren fygenden den vorteyl

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abzuolouffenn, ist sich ye enndtlich nützit annders zuo versechen, dann das sy zuo letst
unnser gewaltig unnd unnsere herrenn werdenn, da doch unns unnd unsern kynden
keyn unerträglicher joch yemer uffgelegt werden möcht.
[Seite 5] Unnd dem allem nach so solle man unnseren Eydtgnossen unnd cristennlichen
mitburgeren, die disem hanndel verwandt sind, mit erzellung alles deß,
so unns vor unnd nach begegnet ist, enndtlich unnd schlüsslich sagen, wir habint der
Eydtgnossenn von den Fünff Ordten vermeynt unbegründt veranndtwurten, jüngst
zuo Baden beschechen, für ougen genommen unnd könnind annders nit befynden, es
ouch nyenarfür annderst achten, dann das es ganntz laws, kalts und gefärbts ding uß
luttern untrüwen unnd on allen grund erdichtet unnd unnsers ernstlichen clagens unnd
fürbringens lutter spott unnd verachtung, unns ouch inn keynen weg anzuonemmen,
noch darmit gnuog beschehen syge, wir könnind unnd wellint ouch sollicher nichtigen
unbegründten anndtwurt keyn vernuegen habenn noch unns deren settigen oder gemelte
Eydtgnossenn inn bedenckung der grossen untrüw, darmit sy unns gemeynend
darby belyben, oder sollich grosse schand unnd schmach, deren wir unns vor got
unnd der welt billich schämmen mueßten, ungerochhen lassenn.

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Sunder diewyl sy unns so schanndtlich und lasterlich zum dickernmal zuogeredt
unnd so höchlich und grösslich an unnseren eeren verletzt, ouch noch darvon nit abstand
noch die fräflen üppigen schänder unnd schmäher nach erforderung der billigkeyt
unnd des lanndtsfridens ze straaffen gedenckend unnd dann uß allen bylouffenden
gloiplichen anzoigungen wol zuo erfyndenn, das sy deß von Müss uffsätzen mittwissend
unnd teyl-[Seite 6]hafftig gewesenn unnd noch stättigs inn heymlichen pratikkenn
unnd untrüwen anschlegen, wie sy unns inn die händ unnserer erbfygenden
geben, unnd inn verderplich, unwiderbringlich schädenn, ouch unnser frommes vatterland
wider von siner fryheyt zuo knächtlicher gefanngenschafft richten möchtend,
mit gemeltem von Müß unnd annderen verfangen sind, deßglychenn uff die hoche,
trungenliche und ernnstliche manung, so inen mit alleyn von den biderwen Pündteren,
sunder ouch unnseren lieben Eydtgnossenn von Bernn beschechen, den

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pündten unnd irem zuosagen nit statt gethan, sunder die frävenlich fürgangen unnd
nit gehalten, das wir für den höchsten pundtsbruch achtend, unnd also trüw-, eer-,
eyd- unnd pündtbrüchig worden. Hie ist ouch ein artickel von dem müssischen
mörder ufzezeichnen, wie er zuo eym marchysen vom keiser
gemacht, der doch inn hatt gewellen vertriben.
Darzuo irenn biderwen unnderthanen als ob der müssisch hanndel den glouben
beruere unnd man inenn ze tagen daheym ze belyben vergönndt habe und ander

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falsch, unwarhaffte, erdichte ding fürgebend, darmit sy unns mit betrüglichen gefhärden
vor dem gemeynen man verleydent, unnd sich inn summa nützit annders zuo inen
zuo versechen, dann sy unnsers stärbens unnd verdärbens, ouch eyner frommen
Eydtgnoßschafft zertrännung begirig, das unns inn keynen weg zuo erlyden noch vor
unnsern biderwen lüten veranndtwurtlich sige. Wir könnind, mögind unnd wellints
ouch nit erliggenn lassenn, sunder werdint zum höchsten verursachet, dargegen fürzenemmen,
deß wir träffennlicher, hocher unnd ernnstlicher nodturfft unnd unnser aller
vorab göttlicher eeren halb nit [Seite 7] embären mögind, unnd sige deßhalb unnser
gar hoch, träffenlich unnd ernnstlich ersuochen, bitten unnd begeren an sy, das sy, was
sy unns inn crafft der pündten, ouch unnserer cristenlichen burgkrechten vorab zuo
hanndt-habung göttlicher warheyt unnd unnser aller errettung schuldig, darneben
ouch die grusamen, schandtlichen, unmentschlichen und uncristenlichen schandunnd
schmächwort, unnd was unns allen unnd gemeynem vatterland an gedachten uffsätzen
unnd untrüwen gelegen sin well, was unns ouch daruß gefolgenn möcht, zuo
hertzen fueren unnd unns hierinn beradten unnd beholffen sin, ouch so ernstlich unnd
tapferlich darzuo thuon helffenn wellint, das gott unnd die welt spüren möge, das wir
unns unnd die unnsern gernn vor künfftigem schaden, untrüw, verderbungen unnd
gefaarlichen uffsätzen fristenn, unnser eer bewaren unnd gernn nyemands kätzer,
schelmen, dieben, märchen- oder kuegehyger sin wolten, wir achtind ouch ungezwyfelt,

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das wir deß vor got unnd der welt glimpf unnd fuog habint, unnd sy sich unns
hierinn hilfflich ze sin von billigkeyt wegen nit ußzüchen könnind, sollint noch mögind.
Unnd uff söllichs, darnach man denn hört, wie unnser cristennliche mittburger
besynnt unnd wie es inen angelegen sin oder was sy darzuo thuon wellint, und besunder
so es ettwalichem ordt, benanndtlich Bernn, als wir hoffend als nach als unns angelegen
sin wölte, das dann die ver-[Seite 8] ordnethen zum tag, gewalt unnd bevälch
habint, sich mit denselbenn tapferer und fuoglicher anschlegen mit allem ernnst zuo beradten,
wie unnd wellicher gstalt die sach an d hand ze nemmen, damit man eyn mal
der dingen mit disen lüten zuo end kommen, irer untrüw vor sin unnd dasjhenig
hanndlen möcht, das nach gstalt der sach herzuo gehörig unnd notturfftig sin wirt.
Unnd so man dann sechen [würde] wer sich der sach mit unns beladen wölt, so
sind dann wol ettliche geheyme unnd innerliche radtschleg vorhannden, deren man
sich gegen denen, so unns den hanndel an d hand nemmen helffen wellennt, vertrüwter
wys wol uffthuon unnd beradtenn mag; darvon aber yetz zur zyth, unntz man sicht,
wie sich unnsere zuogewanndten ordt inn d sach schicken unnd was inenn gefallenn

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welle, ze reden ganntz von unödten. Mine herren die burger sollennt ouch keyn verdruß
noch bedurens daran haben; dann söllichs umb meerer gwarsami unnd stille, damit
die ding heymlich belybenn mögint, ze melden unnd ze öffnen billich unnderlassenn
belybt.
Deß schloss Luggarüs unnd siner verwaltigung halb, diewyl es unns eewigclich
uffheblech, das wir die biderwen lüt yetz inn disen gefaaren uffgebenn, das schloss
unversechen lassenn oder unnsern vogt heymberueffen söltenn, unnd dann wir mittsampt

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anndern unnserenn Eydtgnossenn dem vogt ab nächstem tag geschrybenn,
das [Seite 9] schloß mit trüwen gesellenn, nach dem in bedungkt nottwändig ze sin, zü
verwaaren, ouch ettwa gelt uff der Eydtgnossenn büchs uffzuobrachenn, das unns
beduncken will inn diser zyt nit vil meer manglen könne, besunder so unnser züg yetz
ouch nit wyt von im ist. So lassennd es die herrenn verordnethen diser zyt by gemeltem
schrybenn unnd bevälch belyben, der zuoversicht, die sach yetz gnuogsam versechen
unnd darinn wytter ze hanndlen von unnödten syge.
Hieruff nun ze sehen, das sölcher muotwill, frävel, unzucht, ungotzvorchtigheyt
und unrechtes hingenomen, die untrüw und puntpruch
gerochen werde; denn wo das nit, so stond sy vester weder
vormals ye wider üns, so sy sehend, das es inen nit schadt, die pündt
nit gehalten haben. Nun sind der üblen ursach der ungloub und eigen

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nutz. Und könnend aber imm glouben nit bericht werden, so sy
das wort gottes nit hörend, ouch von der buebery nit abston, all die
wyl die das regiment inn henden habend, die leider ein lange zyt
umm eigens nutzes willen untrülich an iren und ünseren regimenten
gefaren sind. Dann die sachen allein von denen har kumend, ouch
das göttlich wort allein durch sy versperrt wirt. Und so man die harus
vordret zur straff, werdendt sy das unzwungen nit tuon; könnend
aber wir einen so hochmuetigen puntpruch, wie obstat, ungestrafft
nit lassen blyben; dann gott ünser farlässigheyt straffen
wurd, wie sich in sinem wort erfindt Jud. 20 und 2. Reg. 21 [vgl. Ri
20, 1-48; 2 Sam. 21, 1-10]. Sol man sy heissen straffen und christenlichen
glouben lassen warlich predgen und glöibig lüt an der
übertretter statt setzen, so gebend sy wol guote wort, aber es volget nützid;
dann sy ouch die nichtigen und abschetzigen buoben nit nach
verdienst straffendt, wie woltendt sy denn die straffen, die den
gwalt selbs in den henden habend? Darumm von nöten, das man

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ein dapfre artzny ze henden neme, die doch dem üblen, das sy begangen,
nit ungemäss und aber zuo ynleitung gottes worts und abtuon
der tyranny und unsinnigen lebens starck und vest gnuog sye etc.
Und darumm heimlich anschleger zesamen setzen, die irer eiden
[Seite 10] vermanet ze raten und verschwygen etc.: von Zürich herr
Röist, M. Tummysen; Bernn fendrich vom Hag und seckelmeister
Dillman; Basel burgermeister zumm Sternen und

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Bernhart Meyer; zuo Arow von stund an zemen sitzen und
wess sich die beratind, das best ze sin, sölle hindersich gebracht werden,
doch mit dem bescheid und geschicklicheyt.
Sittenmal die sach heimlich zuo gon muoss, ob denn die stett gemeinlich
eins wurdind, etwas fürzebringen, so söllend sy dasselb mit
der bescheidenheyt fürbringen, wie sy vor miteinander ze rat worden
sind. Ob aber ein statt ir fürnemen also vollstrecken wölte, ob
glych die andren nit wöltind, so söllend aber die andren oder die andre
den selben ratschlag bym eyd nienen offnen, ouch by iren eiden

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nit schuldig, sunder erlassen sin ze sagen. Dann hie wirt nützid
nachteiligs dem wort gottes und gemeinem wolstand der stetten fürgenomen.