Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Entwurf einer "Suplication etlicher der gemeind zuo Raperschwil"

vor 15. Mai 1531
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.4 (Zürich: Theologischer Verlag, 1990) (Corpus Reformatorum 93.4)


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Suplication etlicher der gemeind zuo Raperschwyl
Fromm, ersam, wys, gnädig etc., lieb herren. Unser anbringen
wellend wir erstlich verdingen, das es nit beschicht us gheinem zemen
rotten noch willen, üns zemen ze rotten oder unghorsam ze machen;
sunder so wüssembar ist, das alle gemeinden in aller welt darumm

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gehalten werdend, das der gemein man ouch dörffe zuo den
dingen, die an gemeind gebracht, raten und reden, vil me zimpt üns
in diser schwären zyt, da ünser seel, eer, lyb und guot in gevar stat, mit
vergunst üwer, ünser lieben herren, von ünseren dingen nach notturfft
reden. Dann zumm ersten so stond ünser seelen in gevar, welches eim
yeden frommen ze vordrist angelegen sin sol. Üch ist allen wol ze
wüssen, wie die lerenden einandren der unwarheyt scheltend, als ünsere
andren und villicht andre den ünseren ouch geton. So seh[end]
wir aber danebend, wie die, so sich evangelisch un[d wir] sy luterisch
nennendt, täglich zuonemendt in [zucht] und zimmlichem leben,
das ouch ir leer weder ke[iser] noch bapst widerfechten mag, wie sich
dann erfin[dt] ab dem tag ze Ougsburg; da ist der keiser

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hinw[eg]g[erit]ten, und bstond die evangelischen fürsten und stett,
o[uch] die von Ougsburg selb habend erst evange[li]sche prędicanten
ufgestellt. Es sind die mechtigen mö[r-] oder hammstett sampt

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etlichen fürsten und stetten zuo den evangelischen gestanden. Es
bricht in tütschen und welschen landen us, das wir ye sehen
könnendt, das es one gottes ordnung und verhencknus nit beschicht.
Söltind nun wir in sölichem nit recht gelert werden, als wir einvaltig
lüt sind, so beschähe ye ünseren armen seelen ze kurtz; wir versehend
üns ouch, das sölches ünseren herren, wo sy das wüsstindt,
von hertzen leid und darvor sind wurdind. So nun die treffenlichen
stett in eynr loblichen Eydgnoschafft, die der wysen vil und der
gelerten hundert, da wir nit einen habend, die ler des götlichen
wortes fry gelassen, also das sy anfencklich bäptisch und luterisch

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(als man es nennet) one verhindrung habend lassen predgen
und noch hüttbytag alle buecher, die glych wider einandren sind, lassend
in iren stetten und landen predgen, damit die warheyt von eim
jeden erwegen und erlernet und aber darinn nieman vor rechtem
verstand gezwungen werde, diss oder yens ze glouben. So ouch, als
sich die sachen lassend an, so [fol. 3271v] wir mit täglichem unwirdschen
und erzürnen unser liebe, getrüwe nachpuren von Zürich,
statt und land, sampt andren stetten eynr loblichen Eydgnoschafft

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mit vil unbetrachteten sachen, als wir einvaltig sind, zuo ungnaden
hetzend, dardurch ünser eer, lyb und guot in gevar gesetzt
mag werden. So ist in summa das ünser höchstes begeren:
1. das ir üns gottes wort fry und heiter predgen lassind nach vermög
nüws und allts testamentes und mit uslegung, die darinn ggründt
sye, one menschlichen zuosatz;
2. das eim yeden frommen zimme, wo er imm glouben oder leer
zwyfelhaftig sye, ünseren prędicanten ze fragen und bericht von imm
ze nemen, ouch inn guetlich ze berichten, wo er in siner leer geirret,
alles mit bester senfftmuetige und bescheidenheyt;

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3. das üns zimme, von der leer ünsers gloubens fry, doch zuchtiklich
und nit töiffisch ze lesen und ze reden;
4. und das ir, ünser lieb herren höchsten flyss ankeren wellind,
damit ünsere nachpuren nit verletzt, ouch ünser lieb herren von Glaris
vor ougen gehalten werdind; dann ir wol bericht, wess wir allermeist
geläbend, ouch welche üns allweg in ünseren nöten ze vordrist
behulffen und beraten sind und deshalb ünseren herren von Glaris
nach irem begeren ein gmeind gestellt werde.
Wellend wir alles mit undertäniger dienstsame verdienen umm
üch alle, und vernemend ünser demuetig pitt imm besten, als es beschicht.