Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Was Zürich und Bernn not ze betrachten sye in dem fünförtischen handel

17.-22. August 1531
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.5 (Zürich: Theologischer Verlag, 1991) (Corpus Reformatorum 93.5)


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--222--

Was Zürich und Bernn
not ze betrachten sye in dem
fünförtischen handel
Als die zwo stett Z[ürich] und B[ern] erstlich zuo den 4 orten Luczeren,
Ure, Schwytz und Underwalden komen, ist ir macht nit
übergross, und der 4 orten stand by vil sorgen von der schwacheyt

--223--

wegen und teglichem anfal, desshalb man zuo beden syten einander
nit ungemäss gewesen, also das beider macht zemen geton einander
mit gottes hilff geufnet und dahin gebracht etc.
Nach dem aber die beden stett Z[ürich] und Bernn sich umm vil
landes beworben, ist das selbig erst die recht sul und grundveste
in den grossen kriegen gewesen, ein Eydgnoschafft zuo erhalten.
Dann wenig lüten mögend die grossen krieg, als der burgundisch,

--224--

Schwaben- und franczösischer krieg gewesen sind,
nit erhalten, nit allein von lyplicher stercke, sunder ouch von des untraglichen
kostens wegen. Desshalb nun am tag ligt, das, ob glych
die 3 oder 4 ort anfenger einer loblichen Eydgnoschaft, das doch
die andren zwo stett Z[ürich] und B[ern] der ruggen, die grundveste,
underhaltung und schirm sind.
Demnach aber als der mercklich kost über die zwo stett gangen,
also das etwan zehenvaltiger kost über jetwedre statt allein gangen,
da über der 4 orten eins nit einer gangen, ist es da hin komen, das im
vertrag ze Stanns etwas ringerung und miltrung den beden stetten
allein in den bbüten der erobreten stryten und sigen beschehen
und doch den 4 orten an dem ufgang der herrlicheyt und macht
gantz nützid gemindrot, versehenlich darumm, das sy umm dess
willen, das sy anfenger der Eydgnoschafft und one hochmuot

--225--

sich also [fol. 3276v] mit den stetten hieltend, inen gernn sölches
zuo gabend umm dess willen, das fründschafft, trüw und liebe
das riet und gernn gunnet; sust hette man zur selben zyt glych so vil
glimpfs gehebt, die erobreten land, lüt, schloss und stett nach der
macht der lüten ze teilen als ouch die bbüten.
Darus gevolget, das inen, den 4 orten, ire 4 stimmen bliben in den
räten, die rod der vogtyen in den gebieten und alles ynkomen
von ünseren und frömden landen und herren, glych als wol als das
aller gröst ort hatt.
Darus aber sy in sölchen hochmuot komen, das sy nit allein alle ort
verachtet, sunder ouch über alle verachtung offenlich zemenkuchet

--226--

und grunet: es sy in heimschen, ynlendischen sachen oder so
man mit frömden herren etwas machen understanden, und dess nit
gnuog gehebt, sunder dahin gelanget, das sy von den alten 8 orten
eins zuo inen gezogen, und das vil jar und tag wider alles verwarnen
und ufgerichten friden also gebrucht, das sy gröst und kleinst
sachen gehandlet, ouch in den gemeinen vogtyen, da sy Zürich nit
darzuo berueffet.

--227--

Ab welchem ring ze nemen, das, wo gott der allmechtig sölch ir
fürnemen nit durch Zürich und Bernn gebrochen, das sy nun talame
alle ort under sich gebracht.
Dess halb nun uff den hüttigen tag zimpt, das billich an die hand
ze nemen, das einist vor zyten gezimpt hette, do sy mit sölchem
hochmuot, untrüw und hindergang nit verfasset als aber zuo ünseren
zyten.
Und da yeman sagen möcht, der vertrag ze Stanns, der landsfriden
und harkomen vermögend mit ustruckten worten, das man sy
von denen iren grechtigheyten nit [fol. 3277r] tringen sol noch mag,
gebürt sich also ze antwurten, das ein jede grechtigheyt, fryheit
oder macht in göttlichen und weltlichen rechten gestürtzt, abgeton
und abgeschlagen wirt, so man die missbrucht. Byspil:
das land Palęstina ward den kindren Israëls in die ewigheyt verheissen,
als aber sy gottes gebott und pundt übertratendt, sind sy
ewiklich darus getriben. Rhom hatt Longam Albam, die Latiner

--228--

und Sabinen under sich gebracht, von welchen sy doch
iren ursprung hattend, dorumm das sy friden und nachpürliche billicheyt
an inen nit hieltendt. Der byspilen und gsatzten ist unzalbar
in allen historien.
Desshalb nun ein jeder, der sich der billicheyt verstat, wol erwegen
mag, das über sölche unzimmliche handlung sich mit gott zimpt
eintweders die pündt, so man mit inen hatt, abzetuon oder sy ze meistren
und züchtigen mit mindren der stimmen, macht und regiments
bis in gar usrüten und verderben, wie aber gott geton
und gebotten. Er hatt die kinder Israëls gestrafft, bis er sy gar usgerütet,
über das er ein püntnus mit inen gmacht in die ewigheyt.

--229--

Gebotten hatt er also: <<Brennend den bösen us, under üch dennen>>
etc. [Deut 17, 12; 19, 19; 21, 21; 22, 21f; 24, 7].
Es dient ouch zur billicheyt, das sy jetz in mits des tagens zuo
Bremgarten die tann est ufgesetzt, den Hiltpranden lassen

--230--

ynkomen, und so Vyt Suter von Walshuot, hinus zuo Märck
Sittichen ir botschafft gesendt, die, so ünseren glouben oder eer

--231--

schirmendt, vertriben habendt; damit sy den landsfriden und alle
trüw sampt den pündten gebrochen.
Das aber ir vermindrung oder von inen sich teilen not sye, volget:
[1.] Es ist kundbar, das die 5 ort vil jaren har das recht so unredlich
gefuert, das by inen gar ghein zucht noch ordnung gehalten.
Wo nun zucht und recht nit gehalten und geschirmt werdendt,

--232--

[fol. 3277v] da mag ghein regiment bston. Dann recht ist ein so notwendig
ding in allen völckeren, gsellschafften und bywonungen,
das ouch die mörder under einander recht halten muessend; dann wo
sy das, so sy mit mürden überkomendt, nit ordenlich under einander
teiltind, so wurd ir gsellschafft und macht zerteilt. Aber zucht ist ein
schirmerin des rechten, also das, wo zucht nit ist, da vergat ouch das
recht von stund an. Dann wo man unverschamt sünden darff und
muotwillig sin, da muoss ye das recht an den übertrettenden nit gebrucht
werden. Wo das recht underlassen wirt, da ist es vor gott geton
und wirt ghein rechtlos volck von imm unusgerütet und ungstraft
nit gelassen. Die ętoli sind ein volck gewesen glych als (leider)

--233--

zuo ünser zyt die 5 ort: frävel, unverschamt, unzüchtig, namend
von allen herren gelt, hieltend ghein püntnus noch trüw dann so vil,
als inen nutzbar was; darumm ward inen ufgesetzt von fürsten und
völckeren, bis sy usgerütet. Andre byspil us der helgen gschrifft sind
allen Christen wol erkannt und nit not hie ze erzellen. So nun
zucht und grechtigheyt so gar by den 5 orten erlöschen, ist gwüss,
dass muessend gestraft und usgerütet werden.
2. Es ist ein Eydgnoschafft glych wie ein statt und ein regiment
und ein genossame. Wo nun in einem regiment, da jederman glych

--234--

fry ist, jeman unverschamt sündet und das recht undertruckt und der
selbig nit gestraft wirt, so behafftet die sünd die gantzen gmeind,
also das man die ansprach und klag an sy alle hatt, und strafft ouch
gott die gantzen gmeind darumm. So nun ir, der 5 orten, wesen
gotzlesterlich und verderplich ist einer loblichen Eydgnoschafft,
so muessend wir sehen, das sy gestrafft, oder [fol. 3278r] [wir] mit inen
usgerütet werden; dann wir sind als ire mitburger mithafften,
mitgsellen und brueder.
Und so jeman sagen möcht, sy habend eigne recht, eignen gwallt
und eigne regiment, die muoss man sy fueren lassen, und ob sy
dann sölche glych missbruchend oder undertruckend, so habend wir
inen nützid daryn ze reden, mag man dise antwurt geben: Es mag
ghein püntnus noch recht wider die grechtigheyt gemacht werden
(contra iusticiam non est ius etc.), also das gheine fürsten, völcker
noch stett der grechtigheyt halb usgenomen werdendt, ob man iro

--235--

glych in den püntnussen vergässe, also das nit uff ein sölche form
usgetruckt: wir verbindent üns, das wir alle miteinander grechtigheyt
fueren, schirmen und erhalten wellendt, und welcher teil das nit tuon,
wurdind wir, die übrigen, den selben darzuo wysen. So ist demnach

--236--

nütz dess weniger recht und billich, das die haltenden den übertrettenden
straffind und zur grechtigheyt zwingind, wellend sy ächt mit
einander hushalten und verbunden sin. Dann ghein gsellschaft noch
püntnus mag wider schirm des rechten und straff des unrechten usnemen.
Byspil: die zwölff stammen Israëls hattend eigne fürsten und
rechte. Do aber im stammen Benjamin dem leviten die schantlich
schmach zuogefuegt und imm selben stammen nit gestraft und demnach
ouch in den andren 11 stammen liederlich zur sach geton ward,
do strafft sy gott also, dass er der 11 stammen züg zwürend schlahen
liess von den Benjamiten, und komend in 40 tusend umm, und
demnach erschluogend die selben 11 stammen 25 tusend uss dem züg
der Benjamiten [vgl. Ri 20#,1#,f#,f]. Rhom und Carthago hattend verkomnussen
und püntnussen mit einander gemacht; nachdem aber
die Carthaginier brüchig wurdend [fol. 3278v] und doch mit alenfantz
gesehen woltend sin, sam sy die pündt hieltind und die
Rhömer brächind sy; darus dann volget, das sy einander schuldigotend,
glych wie jetz in der Eydgnoschafft die 5 ort Zürich
und Bernn scheltend, sy sygind an inen brüchig, so doch mencklich
ougenschynlich jetz sicht und do ze mal sach, wedrer teil den andren
getrungen; do namend ze letst die Rhömer die sach uff den

--237--

ruggen und bekriegten Carthaginem, bis sy die gantz und gar under
sich brachtendt. Also vermag ghein püntnus wider das recht, wider
trüw und glouben brechen nützid.
3. Für das der hochmuot in einen sölchen ufwachs kumpt, als er
jetz by den 5 orten ist, lasst er nit nach, bis man inn gezämt mit der
hand; das zeigend all historien und byspil an. Desshalb nun sich erfindt,
das sy mit der hand muessend recht ze tuon gewisen werden;
dann sy sich nit endren noch gott ergeben wellend, so sy sin wort nit
hören, sunder das straffen etc. So sind nun drü ding ze betrachten,
wie und wenn man sy mit der hand, das ist tätlich, straffen welle.
Wenn.
Erstlich ist das best, das man sy zumm aller eesten angryffe, us
disen ursachen. Zuo diser zyt stat inen Meiland übel ze weg; der

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küng uss Franckrych wil sich twedrer part anhengig machen; der
keiser hatt sich imm Tütsch land in die hosen beton, und habend

--239--

ghein hilff weder von Eydgnossen noch frömden. Sy sind ouch mit
gschuetz und andrer notturfft noch zuo diser zyt nit gerüst, welches sy
mit der zyt bas bekomen, und sind vil frommer lüten under inen,
denen ir hertz bas zuo üns weder inen stat.
Wie.

--240--

Als man sy jetz mit abschlahen der provand angriffen, ist es nit
gnuog und ouch üns nit fürderlich. Ursach: 1. Die ünseren, dero gwün
und gwerb [fol. 3279r] under die 5 ort gat, werdend bald mued sin. 2.
Die iren dörffend in der gmeind nützid reden. Darum muoss man sy
mit abstossen von den vogtyen oder mit harus geben der pündten
oder mit überziehen ghorsam machen. So nun das überziehen vilen
wil ze schwer sin, so muoss in dem wie der andren beden eintweders
an die hand genomen werden. Wil man die pündt von inen erfordren,
muoss teilung der dingen, so man mit einander hatt, mitlouffen
und demnach artickel und capitel gemacht werden, wie
man nebendt einander blyben mög, glych wie man capitel gegen
andren anstössigen herren hatt. So sy aber damit nützid an

--241--

der macht gemindrot, sunder als starck als ye wurdindt, desshalb
von inen geteilt sin erst gfarlich wurd, das man täglichs anlouffens
von inen warten muesst, so wäre ye ghein bessers weder sy usstossen
us den gemeinen vogteyen, und so das ze tuon in den welschen vogtyen
nit fuoglich, beschehe in denen hieussen. Also hatt man die
Abbenzeller ouch gestrafft ums Ryntal.
Wie.
Wie aber den andren orten, stett und lendren hierinn ze tuon sye,
muessend sich Zürich und Bernn umsehen. Die welschen vogtyen
werdend sy, die 5 ort, nit an sich ziehen; dann sy truwends nit on
Z[ürich] und Bernn ze bhalten. Nemendt nun die zwo stett die andren
ort ouch zuo inen, so volget vil verwirrung; dann die 5 ort werdendt

--242--

sich on underlass gegen den übrigen bewerben, und keme mit
der zyt darzuo, das man mit den übrigen orten ze hatz liggen muesst
wie jetz mit den fünfen. Darumm wirt das best sin, das die ort, so
miteinander im handel sind, zuo den vogtyen gryffind, doch mit vorbehalten
eim yeden ort, das ouch an den selben vogtyen hatt, sin
grechtigheyt.
4. Darumm söllend Z[ürich] und Bernn [fol. 3279v] hie har sehen,
das, sittenmal ir macht zwen teil (so aller Eydgnossen macht
in drü geteilt) sind, ja als es jetz mit den vorlendren stat, sind sy wol
sechs teil von sibnen, das sy inen den fürling der maas in die hend
fassind, das sy nit muessind volgen, so die fünf ort etwas ze meren
understandint. Das wirt aber also muessen zuo gan, das die zwo stett
allweg einhällig sygind; so werdend sy an der Eydgnoschafft sin
glych wie zwen ochsen vor dem wagen, die an einem joch ziehend;
dann es wirt ghein sach weder in der Eydgnoschafft noch dar vor
gon, die zwo stett sygind dann daran. Hie sind aber 3 ding eigenlich

--243--

ze trachten, wie man die an die hand nemen, damit sy bstand haben
mögend.
Das erst. Non bene conveniunt nec eadem sede morantur maiestas
et amor. Das ist: buolschafft und gwalt blybend nit eins. Wie söllend
nun Zürich und Bernn eins blyben? Oder wie sol man sich schikken,
das die einigheyt nit mit eignem nutz oder hochmuot zerrüttet
werde? Also: erstlich betrachten, das aller gwalt und macht von gott
dem herren ggeben wirt zuo enthaltung des rechten, fridens und
wolfart aller menschen, und sol desshalb jetwedre statt gott und das
recht vor allen dingen achten, und so man das glychlich tuot, wirt allweg
einhälligheyt funden. Zum andren: warnemen, das eigner nutz
ünd eer ein gifft sind aller frundschafft und gsellschafft, desshalb
man zuo aller zyt gedencken, das der einen statt wolfart ouch der andren
wollfart ist. Desshalb twedre gheinen ufwachs suochen sol one
mitnemen und berueffen der andren und ob es dann der andren nit
gelegen sin wurde, sölle sy doch nütz des weniger verhelffen zuo fürling
und ufwachs der andren. Zum dritten: das nit hindersich griffen
werde, also das, wo die ein statt uff den hüttigen tag etwas fürlings in
gemeinen oder besundren sachen hette, die ander nit welle hand ynschlahen,
sunder das allein [fol. 3280r] uff künftigs sölichs fürgenomen
werd. Zum fierden: ob aber etwan ein vorteil der einen statt sunderlich
gedienen möchte und aber der andren nit so notwendig und
denn die notturftig die undürftigen anlangen wurd, das sy iro den
vorteil allein lassen, so sol dann die guetlich zuogeben; doch das allweg
die yenig, dero zuogelassen wirt, diser, die zuogelassen hatt, ouch

--244--

in glycher wys zuogebe, und allweg ein stuck umm das ander. Doch sol
diser punct nit anderst krafft haben, denn so es mit guete beschehen
mag; wo nit, sol das irrend ort zuo disem ston mögen und gmein
haben; wo es aber das ouch nit tuon wil, sol es denn nit mögen weren.
Sy söllend ouch sehen, das sy sich vast gegen den usseren wolgelegnen
stetten verbindind und fründindt one alle ort, usgenomen
Basel und Costentz. Die zwo söllend sy für ander nebend inen
haryn lassen gon, doch das sy des hofes sygind, aber nit der herr,
das sy an der hand gefuert und nit selbs gangind. Und doch mit den
selben frömden stetten nit hinder einander verpüntnus machen,
sunder, wie vor in dem meren oder ufwachs bestimpt ist, miteinander
handlen, und so es der einen statt gantz ungelegen, aber der andren
nutzbar sin wurde, einander zuo geben, doch frundschafft umm
fründschafft, nachlassen umm nachlassen.
Zum dritten söllend sy in allen übrigen orten verstendig, vertruwt
lüt wol underrichten des grossen nachteils, den alle ort gegen denen

--245--

fünfen habend, das sy herren der Eydgnoschafft sind mit irem
zemenvallen und zemenrunen, daheim und in frömden sachen.
Darus wirt volgen, das die übrigen ort die fünfe ouch werdendt
sincken lassen; dann ir macht ist nun hinfür, so alle krieg mit dem
gschütz usgricht werdendt, so klein, das man nit not darff irothalb
haben; dann die stett sind gerüster denn sy, und werdendt darnach
ouch me gelten, so die 5 ort ab dem banck komendt oder gemindret
[fol. 3280v] werdendt.
5. Es ist ouch ir, der fünf orten, unkönnende des regierens ein
notwendige ursach, das man von inen teilen muoss; dann wo brueder
mit einander hushaltendt und etlicher under inen nit kan hushalten,
sunder nun vertuot, muessendt sy teilen und sich endren, oder aber
der vertuende brächt sy alle zuo armuot. Das aber sy nit könnind regieren,
bewert all ir handlung in tütschen und welschen vogtyen.
In welschen landen habend sy die vogtyen ze nüte gricht mit geltnemen
umm die urteilen und adpellationen, das es so schantlich zuo

--246--

gat, das ghein frommer on grossen schmertzen sehen und hören kan.
In den tütschen vogtyen ist es ouch inn bruch komen; zuo dem
tuond sy in die vogtyen eintweders hochmuetig und gytig oder
muotwillig und uppig vögt. Jene rupfend, verschlahend, fuerend
hin, gutzlend und gylend, das der fünförtischen vögten mencklich
mued, und so man von den 5 orten ungeteilt blybt, volget mit
der zyt, das ouch ein schühen ab der stetten vögten gehebt; dann
ouch dero etlich den fünförtischen glych farend; doch ist es alles
ursprünglich von den funforten angehebt. Die muotwilligen suffend,
spilend, huorend etc., das aber ghein gunst by gheinen biderben
lüten sin kan.
6. So sy also blyben söltind in irem werd, blibind inen ouch die
5 stimmen; damit wurdind sy widrumm allen gwalt und anhang dero,

--247--

die gottes wort widrig sind, an sich ziehen in den gemeinen vogtyen.
Dann sy wurdind ye vermögen alle ding ze verlyhen, urteilen, ussprechen
und walten nach irem willen; damit wurde ein jeder sagen:
<<Ich sich wol: der den 5 orten anhangt, der schafft das sin>>, und
demnach sich zuo inen halten. Es ist ouch ze gedencken, das sy allweg
10 jar an einander bevogtendt, da wol ze gedencken ist, wie sy ir sachen
vestnen. Und da jeman dencken möcht, sy werdend nit mer zemen
runen, sunder das recht vor ougen haben, sag ich, das es nit beschicht;
dann das ist in allen byspilen erfunden, das nach dem
[fol. 3281r] der hass und hochmuot in den ufwachs kumpt, das er nümmen
nachlasst; desshalb ghein anders zuo erwarten weder ir herr ald
der mechtiger sin, oder aber ir knecht und minder.
7. Wo nit von inen geteilt oder sy in ein sölche mindrung bracht
werdendt, das sy die zwo stett Z[ürich] und Bernn fürchtindt, so wirt
gwüss in disen landen ein todschädlichs partyen, wie in dem Italien
Guvelph und Gibelin ist; dann die 5 ort werdendt nit

--248--

nachlassen, an sich ze hencken in den vor landen, und party machen,
ouch die selben ufnen.
Summa summarum: wer nit ein herr kan sin, ist billich, das er
knecht sye.
Es sol ouch die zwo stett Z[ürich] und B[ern] ir macht der biderben
lüten beduren, das die selb in sölcher gfar stat, das, so offt die
unglückmacher ein unglück anhebend, die zwo stett inen allweg mit
so vil luten, guot und kosten muessend beholffen sin.
Und ob glych yemann den fünforten fürschub ze tuon darumm
geneigt, das durch sy die pension widrumm sölle ufgericht werden,
der sol gedencken, das, so man glych pensionen heimlich nemen
wölte, das man die den zwey stetten rychlicher geben wurde, so die
5 ort nit so vil gultind oder abgeton oder ghorsam gemacht wärind.

--249--

Diss alles ist ein ylende trachtung, darinn man in den beden stetten
ersehe, was in dem gegenwärtigen span ze trachten sye; nit das
nieman sye, der es ouch by im selbs betrachte, sunder das man die
sach dapferer ze hand und, welcher sy villicht nit also trachtet, für
sich neme, da mit beder stetten heil und fürling angeschickt werd.
Den schryber sol nieman anzeigen, sunder, so es ye mueste angezeigt
sin, sprechen etc.
Gott geb gnad.
Anhang
Beilage I
Schultheiß, Räte und Burger von Bern an Burgermeister,
Räte und Burger von Zürich, 19. Juli 1531
Staatsarchiv Zürich, A 230.1, Nr.208.
Regest: EA IV 1b 1082 5; vgl. Einleitung oben S.204.
Auf der Rückseite des Schreibens vermerkte Werner Beyel: <<Schribend
unnser eydtgnossen von Bernn, was sy irenn bottenn uff den tag
gan Brämgarten inn enpfelch gebenn habenn.>>
Unnser früntlich willig diennst sampt was wir eerenn, liebs unnd guotts vermögent
zuovor; from, fürsichtig, ersam, wyß insonnders guottenn fründ, getrüwen, liebenn
Eydgnossenn unnd Christenlich mittburger!

--250--

Wir haben üwer zwyfach schribenn sampt ingelegtenn articklenn, demnach der
schidpotten fürtrag hütt alles inhallts verstanndenn. Uff solichs wir unns glich wie ir
entslossen haben, die artickell der schidlüttenn anzenemmen, doch sölliches obbemeldten
potten noch nitt erscheinen wellen, sonnders sy mitt der antwurtt abgevertigott, das
wir durch unnser pottenn zuo Bremgartten mitt antwurtt begegnen werden, dero wir getrüwenn
glimpff unnd fuog ze habenn der profand halb, dieselbige ze offnen, woll unns
byß wir wüssenn, mitt was antwurtt unnser Eydgenossenn von den 5 Orttenn denn
schidbotten begegnett, dheins wegs gemeint sin, sonnders lassens allso blybenn etc.
Unnd alls ir unns pittlich ankerend, üch anhänngig zesin im dritten artickell, den ir fürgeschriben
hand, wellend wir gernn mitt üch ein früntlich ansuochen thuon uff nechstem
tag zuo Bremgarttenn an die schidpotten, wo derselbig artickell mag erhebt werdenn;
wo es aber by denn schidlütten nit mag erhalltenn werdenn, öb wir denn ganntzen
hanndell zerrüttenn lassenn, wellend wir ee darvon stan und by denn gestellten articklenn
an allen anhang blybenn; dann es äben schimpfflich wäre, das ir unnd wir wytter
anmuottenn sölltend, dann uf letstem tag zuo Bremgarttenn zuogesagt ist. Darumb wir üch
des vorhin berichten wellend mitt früntlicher trungenlicher pitt, üwern pottenn glich
bevelch ze gäben, damitt wir einmündig erfunden werden etc. unnd der glimpff uff
unnser sitten blybe etc. Des söllennd ir aber vergwyst sin, das wir by dem vertrag,
zwüschen den grichtsherren unnd den biderben landlüttenn im Turgouw uffgericht,
ouch by den zuosagungen göttlichen wortts halb beschächen belybenn. Das wellennd
von unns bester meinung vermerckenn unnd unns hierinne, alls wir unns gentzlichenn
versechenn, nützitt abzüchen.
Dattum in yl mittwuchen xix julii anno etc. xxxj#'o.
Schultheis, rätt und burger der statt Bernn.
Beilage II
Instruktion für Peter Im Hag und Jakob Wagner auf den
Tag von Bremgarten, 20. August 1531
Staatsarchiv Bern, Instruktionen B, A IV 190, fol. 97v-101v.
Teildruck: EA IV 1b 1115f 5.
[Fol. 97v] Instruction uff herren Petern Im Hag und Jacoben Wagner, was sy uff
dem tag zuo Bremgarten uß bevelch m[iner] h[erren] räten und burgern handlen söllend.
Anfangs söllend ir den schidpotten anzöugen und trungenlich fürhallten, wie min
herren höchst befrömbdens haben ab dem angehenckten 6ten artickel, dann derselbig
den übrigen ganntz widerwertig, ouch dem landsfriden nachteillig und künfftigklich
vyl mer irrungen, spänn und zwyträcht daruß erwachsen wurden dan vorhar, ir deßhalb
min herren denselben 6ten artickell dheins wegs annemmen könnend noch wellend,
sonders die schidpotten zum aller fruntlichesten und ernstlichesten gepätten und
vermant wellen habenn, minen herren und iren mitthafften nützit wyter anzemuoten, sy
by den ersten artickeln, die sy uff ir pitt von friden und ruowen wegen angenommen haben,
belyben ze lassen in betrachtung, das sy, gedacht min herren, und ir, diser sach
verwandte, mer dann gnuog gethan und von gemeiner loblycher Eydgnosschafft
[fol. 99v] wolfart, lob, nutz und eer willen die gestellten artickell angenommen haben,
daby sy unverruckt blyben werden und damit gott wallten lassen, dann sollte der 6. zuogeschoben

--251--

artickel zuogelassenn werden, die letste irrung vyl grosser und gefarlicher
sin dann die erste und damit wenig und kleinfueg geachtet, das min herren und ir mitthafften
sich allwegen aller billicheit beflissen, und wiewoll irer eeren schwärlich gefaren,
söllichs doch unangesächen das best gethan, deßhalb sy, die schidpotten, sollichs
alls die hochverstänndigen woll betrachten und die erst gestelten artickell unbeschwecht
lassen und darin nützit grüblen, dann min herren (wie obgesagt ist) gestrags
daby blyben und den zuoschub dheins wegs annemmen werden uß nachvollgenden ursachen:
Erstlich dwyl anfangs der christenheit alle ketzerien und irtumb dahar geflossen,
das ettlich uff den blosen buochstaben der heilligen schrifft gehafftet, alls [fol. 100r]
dann diser zyt die widertöuffer ouch thuond, so mag uß dick angezognem 6ten artickell
nützit anders vollgen, ist ouch dheins wegs ze verhoffen, das damit, wo er zuogelassen
wurd, einiche bessrung, ruow, einigkeitt noch frid gefürdert, sonders vyl mer zwitracht,
durchächtung, unruow, unfrid, zanck und widerwertigkeitt erwachsen.
[fol. 101v] Zum andernn möcht göttliche geschrifft niemand dienstlich unnd zuo underwyßung,
trost und heill der seelen fruchtbar sin, dann je der rouw buochstaben so
unverständig und streng, das er on sinen geist vermögen krafft und eigentlichenn inhallt
allen christenn mer zuo abfall und fluochen reichen wurde alls die blossenn wortt:
wen dich din recht oug eergertt, so riß es uß [Mk 9,47], der vatter ist grösser dann ich
[Joh 14, 28], ich bin ein ware winräben [Joh 15,1], ein jetlicher mentsch muoss mit für gesaltzen
werdenn [Mk 9,49] und derglichen vil, mitt denen niemand zuo gotts eer und
ewigen heill gehollffen, sunders vil mer verwirtt unnd verzagt gemacht, da aber alle
gschrifft unns zuo trost, strafft [!] unnd underwyßung gegeben, deßglichenn alls die geschrifft
an vill ortten sich last ansechenn nach lossem buochstabenn, als iren selbs widerwertig,
damitt sy argwönig verduncklet unnd inn zwyffell gestelt, wo nit der geist,
sinn und warheitt nach dem richtschitt des gloubens unnd der liebe, ouch den articklen
unnsers alten gloubens inhalt der 12 artickellen abgemässenn sollte werdenn, dann je
ann einem ortt gschrifft bezügett [fol. 102r] einen einegen gott, an dem andern Moßes
ein gott pharaonis nach heitterm buochstaben genempt wirtt, der glichen ann vill orttenn
der geschrifft gefunden wirtt, brächty deßhalb de blosse buochstab ein ingang aller irtumb,
kätzerien, unglichen meinungen meer dann von jewellt an sind gsin. [Dieser Abschnitt
ist von anderer Hand beigefügt.]
[fol. 100r] Harumb vylgemeldt min herren, rät und burger, sich des entlich entslossen
(wie ob dick gesagt), by den ersten artickeln ze belyben, ob aber dem gegenteyll
sollichs nit anmuetig sin wurde, alldan abstrickung der profand so lang ze beharren,
untzit der landsfriden baß dann bißhar ann imm gehallten, ir gloub fürter ungestrafft
und ungevecht und die schantlichen zuoreder nach irem verdienen gestrafft werdind.
Unnd ob sich fuegte, das die 5 Ort den bericht nit wurden annemmen, alldann sollend
ir wie vor die manung thuon, wo sy, die 5 Ort, daruber ützit unfrüntlichs anfachen,
ein getrüw uffsechen ze haben und namlich in gestallten die manung thuon, wie ze Fryburg
und Soloturn beschechen.
[fol. 100v] Ir hand ouch hieby den versygleten spruch, zuo Baden über den landfriden
uffgericht, den sollend ir den schidluten, wo es die nodturfft ervordert, anzöugen, das
abzeleinen, das gesagt wirt, der landsfriden vermöge nit, das die 6 stett die profand den
5 Orten anders dann von des costen wegen abslachen mogind.
Unnd alls unnser eydgnossen und christenlich mittburger von Zurich minen herren
geschriben des buechlis halb, so sy wellten trucken lassen, desglichen dero von Baden
halb ouch Luckern [Leuggern], Clingnouw und Kobeltz [Koblenz] ze besetzen, will min
herren von unnöten ze sin beduncken, diser zyt sollichs fürzenemmen, sonders allso
lassen anstan, biß man sicht, wie sich die sachen schicken wellend, und ob sich nützit

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anders dann kriegs ze versechen, hand ir gwallt mit den potten von Zürich und Glarus
obbemeldt dry bletz ze besetzen und die far ze verleggen.
[fol. 101r] Dero von Baden halb, inen die profand abzuslachen, will min herren nit
thuonlich ze sin beduncken, es wäre ouch wider den landsfriden, der da zuogibt, das man
niemands predicanten uffstellen soll, wo das mer des nit begärt etc.
Glicher wyß stellen min herren diser zyt in ruowen den truck, bis man sicht, wie es
ein gstallt gewinnt umb den houpthandell, alldann demnach darüber sitzen etc.
Oberlutert meynung sollend ir den potten von Zürich anzöugen, dan min herren
inen geschriben hand, wie ir, ir potten, uff disen tag miner herren entsluß endecken
werdend.
Alls aber die von Zürich sich in irem schriben mercken lassen, wo die 5 Ort die ersten
artickell nit wellen annemmen, das sy allsdan verryten und keinen tag mer
besuochen, söllend ir inen das ußreden und darvor sin, das sy nit allso gäch syend.
[fol. 101v] Uch, her Wagner, ist bevolchen, ins Thurgöuw ze ryten mit andern potten,
die closter vogt ze setzen etc., die sach werde gricht oder nit.
[fol. 98r] Üch ist ouch bevolchen Wellti Gerbers von Brientz handell, der im zug begegnet,
truwlich und dapferlich darzethuond und den schidluten trungenlich anzezöugen,
wie er selber woll reden kan, mit pitt, begär und vermanen, ime ersatzung und ergetzung
siner schweren gefangenschafft, pinlicher gichtung und straff, ouch verlursts
ze thuond.
Es haben ouch min herren für guott angesechen, dwyl der tyrann von Müss den see
verlassen und in beden plätzen legg und im sloss Müss ingezilet, zuo dem das der herzog
von Meyland die anzal Eydgnossen, namlich 1200, die er versollden sollt vermog uffgerichten
verstands, nit mer hatt dann allein 500, darumb ouch nit von nödten, das so vyl
Eydgnossen zuo Dung [Dongo] belibend etc., das ir dise meynung doch in gheimbd den
potten von den 8 orten, pundtern und meylandischen anzöugend mit fürhallt, das min
herren fur disen manot hin nit mer dann 100 [fol. 98v] man, nit mer Berner sind ouch
noch da ze Dung, verlifern werdend, dann es inen ze schwär, die 100 und 12 man lännger
ze versöllden etc.
Uff üwerm haruffrytenn sollend ir Jacobs im Graben von Arouw entslachnuß vertigen,
wie min herren gan Arouw geschriben und die widerrüff, in geschrifft gstellt, wyst;
ob er aber vyl lieber des vechten erwarten, wellends min herren beschechen lassen.
Des Franzosen halb ime ze urlouben, in Franckenrych ze ryten etc., lassends min
herren by vordriger antwurt belyben, und das gmein eydgnossen dem kung früntlichen
schriben, uß was ursachen sy im nit urlouben wellend etc.
[fol. 99r] Junker Hannß von Perroman von Fryburg berürend, dwyl min herren sich
der pensionen entslagen, können sy sich des nützit beladen noch darumb raten.
Sodenne belangend den von Louwis söllend ir mit den französischen anwällten reden,
das sy die 400 kronen dem Louwisser gebind, dan es min herren billich beduncke,
wo sys aber nit thuon wellend, alldann inen sagen, das ime recht gehallten werde lut des
fridens.
[fol. 101v] Actum 20.augusti 1531.
Stattschriber

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Beilage III
Bern an seine Boten zu Bremgarten, 21. August 1531.
Staatsarchiv Bern, Deutsch Missiven-Buch T, A III 22, fol. 54.
Druck: ABernerRef II, Nr. 3070.
Ergänzung der Instruktion (oben Beilage II).
Unnsern früntlichen gruoß und alles guott zuovor; frommen, ersammen, wysen, getrüwen
lieben miträt.
Demnach ir verritten, haben wir bedacht, ob gott fügte, das unnser Eydgnossen von
den 5 Orten die 5 artickell annemmen wurden, das dann von nödten, inen die profand
und veillen kouff ze eroffnen; des wir üch volligen gewallt geben allso, wo sy die artickell
annemmen lut üwer instruction und darumb versiglet abscheid uffgericht und
demnach die rechten [?] houptbrieff fürderlich bester form under der schidpotten siglen
uffzerichten zuogesagt werd, das ir alldann die straff und abstrickung der profand
uffzethuond gwallt habind; das haben wir üch in yl nachschriben wellen, wonach wüssen
ze hallten.
Datum mentag 21.augusti anno etc. 31.
Sch.u.R.z.B. [Schultheiß und Rat zu Bern]
H. St.