Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Der Hirt

26. März 1524
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


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Der hirt.
Wie man die waren christlichen hirten und widrumb
die valschen erkennen, ouch wie man sich mit inen halten sölle, durch
Huldrychen Zuingli beschriben im 1524. jar.
Jacobon Schurtanner, Ceraunelateo, byschoff, das ist:
wechter und hirten zuo Tüffen in Abbtzell, sinem lieben in gott
bruoder, embüt Huldrych Zuingli gnad und fryd von gott dem vatter
und sinem sun, unserem herren Jesu Christo.
Geliebter bruoder! Als doctor Joakim von Wat, der wolkönnend
lyb- und seelenartzet, der nit allein der loblichen statt Sant Gallen
und gantzer Eydgnoschafft, sonder allen Christen zierlich unnd
erlich, zum letsten by mir gewäsen ist, hat er mich von dinetwegen
umb die predge gebätten, die ich uff letst gehalten gspräch uff Simon
und Judastag mit gott zuo den byschoffen, hirten oder wächteren geton
hab. Wiewol nun min fürnemen einer wyl nütz ze schriben,

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sonder dises halb jar gantz inn gegeneinandersehen des hebraischen,
griechischen und latinischen alten testamentes ze verzeren, hab
ich doch weder imm noch dir ützid können abschlahen. Und wiewol
ich später kum, von vil seltzamer winden wegen, die dis jar unversehner
weder gwon ist, inhar vallende, mich ze land faren verhindret,
kum ich doch zum letsten, aber gentzlich nit mit so voller
hand, als ich gern kummen wölt. Denn als du wol weist, wie Hieronymus
von Herma bezügt, daß der in griechischer sprach ein
buoch gemacht, und den "Hirten" genennet, das gar wol by den alten
Christen verwänet sye, also hab ich offt gewünscht, das einer harfürträte
(so doch zuo diser zyt so vil gotzvörchtiger und gelerter menner
sind), der uns denselben abgangnen hirten widrumb mit warer trüw
ersatzte, damit ein yeder rechte hirten vor den valschen erkiesen
möchte. Und so gheiner harfürkomen, bin ich so frävel xin; dann
ich, wiewol unwüßlich, mit Paulo ouch wagen darff 2. Cor. 11.
[2. Cor. 11. 6], und sölichs understanden. Nun ist es schlechtlich geraten,
es wirt aber villicht des me frucht bringen; denn gott hat
ein lust daran, daß er die wysen und hohen ding diser welt mit den
schlechten und blöden überwind [cf. 1. Cor. 1. 27].

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Also wirstu in dem ersten teil die farwen und gstalt eins rechten
hirten finden mit gwüsser gschrifft ußgstrichen. Welche warlich nit
ein lustbarlich reytzung des fleischs ist, sonder ein ewiger, unabläßlicher
stryt mit allem fleisch, mit vatter und muoter etc., mit imm selbs,
mit allem hochmuetigen gwalt, mit allem, das nit mit gott dran ist.
Daran wir wol sehend, daß sölich schwär ampt unbefleckt verwalten
nitt des menschen, sonder götlicher krafft ist.
Im anderen teil wirstu ouch die valschen wolff, die sich under dem
schaaffväl verkouffend [cf. Matth. 7. 15], sehen mit irem gbiß und klawen
stan, die das schaaffväl nit verdecken mag; wirst ouch daby empfinden,
daß ich hierinn nit fast nach fründen diser welt gestellt hab.
Dann wenig sind, die das euangelium mit der zucht und schnuor, mit
der es gelert solt werden, predgend, under die ich mich selbs ouch zell.
Gott welle es beßren! Also werdend sich dieselben ab der strenge
klagen. Aber die andren wolff werdend yetz nit allein kätzer, wie
bißhar, schryen, sonder mörder, dieb, verräter, und was sy grössers
erdencken könnend. Als dann der doctor und thuomher von Costentz,
der imm vordren gspräch in der roten schlappen sas,
schon angehebt mich einen mörder uß verdachtem muotwillen gescholten
hat; sinen namen laß ich ston. Damit er doch nütz anders erlangt,
denn das die strengen, vesten und frommen, so das gehört, sinen vihischen
zorn, als ich hoff, erlernet habend; denn ich aller mördren fygend
ersterben wil, voruß der seelenmördren. Ja, so übel werdend sy mich
schelten, aber mit der warheit werdend mich ouch die porten der
hellen [cf. Matth. 16. 18] nit darzuo mögen machen. Gott sye lob und
danck gseit, daß sy mit dem götlichen wort nütz vermögend und
sich yetz an das lestren keren muessend glych wie die zornigen wyber.
Sy werdend ouch, als ze besorgen, sich darab nit beßren; denn

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Hieroboam beßret sich nit, wiewol im der arm erstabet [cf. 1. Reg.
13. 4]; noch Pharao, wie imm gott durch Mosen seit und zeigt
[cf. 2. Mos. 5. 1 ff.]. Wiewol min einig zyl ist, daruff ich sich, sy ab
irem fürnemen ze fueren. Das ist vormals von vilen mit senffte und
guete understanden, aber so vil hand sy drab geton als die stettigen
rossz, so man inen zuospricht. An denselben muoß man mit sporn,
geißblen, ruoten und sparren, biß man sy zum gang bringt. Also muoß
man ouch denen den gasthuot abziehen, und die warheit bloß harfürlegen,
das, ob sy glych nütz darab tuond, doch das fromm Christenvolck
vor inen sich wüsse ze vergoumen, und inen also mit der zyt
der pracht und mißbruch des gwalts durch den abgang hingenomen
werd. Darzwüschend aber die diener gottes one underlaß engstlich
arbeiten muessend; dann sy mit nüwen künsten die fürsten und regenten
ynseilend, daß inen die iren abgang mit gwalt ynziehind. Die gebietend
yetz, man sölle dem pfarrer zwürend bychten, und mögend
aber die bäpstlichen recht selbs nit me denn zuo einer bicht zwingen.

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Sy gebietend, man sölle opffren; das ist in aller welt fry xin. Man sölle
an unser frowen buw uff der thuomenkilchen geben; ist ouch ye welten
har fry xin. Darzuo dörfftind des die armen lüt baß an ire kilchenbüw
und ander noturfften. Verbotten spyßen essen hand sy umb 6. oder 9.
krützer nachgelassen; ietz verhetzend sy die obren, daß sy es mit gefencknussen
und schwerer buoß straffend. Ja, ich hör von zweyen fürsten, die
habind noch vil unsinniger getobet. Dahin sind sy yetz komen, das sy
das guot böß scheltend, und das böß guot Isa. 5. [Jes. 5. 20]. Hand ouch
daby die torechten fürsten verfuert, die doch das recht ungezwyflet wüssen
soltend, daß sy das guot hassend und das böß lieb habend Michee 3.
[Mich. 3. 2]. Doch so muoß ir boßheit gnuogsamlich erfüllt werden. Ir
ard ist, die welt übereinander zuo irem schirm ze hetzen. Das hand
sy ein lange zyt geton, werdend es wyter thuon, aber ye zum letsten
wirt gott meister werden. Und so inen täglich wirt abgon, daß sy
nit so rychlich ze mieten hand, werdend ouch die fürsten und regenten
lasß werden mit irem gutzelwerck umbzegan. Und wo sölichs
den fürsten und regenten nit mißvallen wirt, so werdend sy irem volck
anheben mißvallen. Und so das beschicht, werdend ouch sy mit
samt den byschoffen veracht werden, obschon nit ergers harnach volget.
Gott blybt in die ewigheit einer art. Er hat gesehen, wie die kinder
Israels in Egypten verhergt warend und hat sy erlößt. So sehend
wir zuo diser zyt das gäch ufftuon und annemen des wortz gottes,
des zuonemen gheiner in so kurtzer zyt verhofft het. Muoß allein die
gschickt gottes sin, der abermals die kestigung sines volcks gsehen
hat und erlösung zuogesendt exod. 3. psalm 110. [2. Mos. 3. 7 f., Ps.
111. 9], damit wir sehind, daß er unser nit vergessen hab; und hat

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sin wort gesendt, und uns gsund gemacht und erlößt von unserem
schaden des umkumens, als er durch den propheten verheissen hat
psal. 106. [Ps. 107. 20]. Was hat dem christenlichen volck jämerlichers
mögen gegnen weder sölche hirten, die umb gelt verkoufft
habend, das sy nit gehabt, und ob sy es glych hettind, sich umb gelt
nit laßt erkouffen. Und hand daby alle conscientzen hungrig und
zwyffelhafft hingelassen; dann sy selbs nit gloubt hand, das sy der
welt fürggeben. Dann hettind sy es gloubt, sy hettind anderst gelebt.
So sich nun das himelisch liecht so häll ufftuot, werdend sy nieman
in die nacht mögen zwingen.
Hierumb, geliebter Jacob, biß manlich! Laß dich nit überwinden,
damit du Israel genennet werdist. Wir muessend mit dem
fygend biß an den morgen fechten, biß, als ouch Petr. redt 2. cap. 1.
[2. Petr. 1. 19], der morgenstern in unseren hertzen ufferstand, und die
diener der finsternus sich in ire nacht verbergind.
Diss red ich nit, daß ich ützid zwyfle, daß du abtretten werdist,
sonder daß ich dir zuosprech, damit du hörest, daß ouch by den glöubigen
menschen din trüwer flyß ein läblicher gschmack ist. Denn
deß ist gott min züg, daß ich wundergroße fröid empfangen hab, als
die red zuo uns komen ist, wie die frommen von Abbtzell das wort
gottes angenomen habind. Wär ouch darzuo engstig gewesen, wie sy
vest gemacht wurdind, wo mir din gloub, trüw und liebe, die du zuo gott
hast, nit erkannt wär, mit denen ich gheinen zwyfel hab, du werdist
das guot werck, das gott by inen angfangen hat, mit gott volenden [cf.
Phil. 1. 6]. Es ist wol ze verhoffen, daß, wie sy under den orten der
loblichen Eydgnoschafft das letst sind, im glouben nit die kleinsten
noch letsten werdind; dann sy nit in der mitte lustbarlicher landen,
da die gefärd eigens nutzes und wollusts aller gröst sind, sonder an
einem ruhen ort ligend, da die fromm einvaltigheit baß mag verhuet
werden. Weliche unschuldige einvaltigheit samt vernünfftiger

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frommgheit ein besundrer sitz unnd ruow des gloubens ist; dann
christenlich ler und läben wirt nienen ringer gepflantzet denn by
den völckeren, die aller wenigost umb die betrognen list diser welt
wüssend. Nit das den frommen Abbtzelleren ützig abgang an
aller vernunfft unnd wyßheit, sondern das ir ungespiegleter wandel
uns noch etwas alteydgnössischs anzeigt, zuo welchen das gotzwort
kumende wunderfromm, gotzvörchtig lüt ziehen wirt one zwyffel, und
den eygnen nutz, den ouch bruoder Claus von Underwalden vorgseit
hat, schädlich werden sin, niderlegen. Denn wo derselb nit
nidergelegt wirt, da mag ghein regiment bestan. Es hat inn Zürich,
statt und gebiet, das verlonet kriegen by frömden herren ghein andre
anfechtung (als aber etlich meinend) nidergelegt denn das einig wort
gottes. Das wirt sich, ob gott wil, erfinden mit für und für zuonemen
im glouben und allem guotem. Darumb hab fürhin wie bißhar sorg
über dine sün, die du geborn hast, und ler sy ab gheinem schmeichlen
der valschen hirten noch tröwen von der gsundmachenden leer gottes
abston. Stand du ouch daby den frässigen wolffen redlich in die zen,
und laß dir die schäfflin nit verzucken. Voruß sich eygenlich uft
das bäpstisch füchßly, das ouch gern, wo es dörfft, fressen wolt wie

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die wolff. Ich hör, er sye geschickt ze hindren und abzewenden. Dem
gang mannlich nach, biß du inn von der irrung, und wo das nit, von
den schaffen bringist. Halt dich mannlich und sye din hertz starck
in gott, deß bystand du sicher bist!
Gruetz mir dine getrüwen mitarbeyter im euangelio Christi, byschoffen
uff Gäss Bernardinen N., und alle, so gott trüw haltend,
als wir von dem merteil üwrer byschoffen hörend, gott sye danck, dero
namen mir unbekandt sind. Gruetz ouch die zwo dochtrenn von
Trogen.
Biß gott bevolhen mit dem gantzen volck zuo Abbtzell.
Geben Zürich 1524. 26 tags mertzens.
Bitt gott für mich mit allem dinem volck.
Der hirt.
Es habend im alten testament die propheten und im nüwen vil
frommer, fürnemer Christen warnungen und ermanungen an die
hirten gethon, als man noch häll in ihren geschrifften sicht, o aller
liebsten in gott brueder unnd mitdiener in dem xind gottes. Darumb
ich hoff ouch mir zimmen ernstlich unnd trülich mit üch von unserem
ampt ze reden, voruß in diser götlichen versamlung, darinn so vil
hundert hirten und hochgelerter menner sampt der grossen schar des
wortgotzdürstigen volcks zesamen kommen sind.
Nun wolan! Got gebe gnad!
Ein hirt und die schaff, die er weydet, tragend ein so clare
glychnus gottes und unser, daß die gschrifft des alten testaments
allenthalb das götlich fürsehen und hußhalten über uns arme menschen
under der bildnus des hirten, darunder gott, unnd der bildnus der
schaffen, darunder wir verstanden werdend, harfürbringt. Ouch hat

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sich unser säligmacher Jesus Christus selbs einen hirten genent
Joan. 10. [Joh. 10. 11], darumb, das er die ware weid und spiß, darzuo
der fuorman oder hirt ist, der uns uß dem finsteren stal der unwüssenheit
und banden der menschlichen leren in das liecht der götlichen
wyßheit und fryheit der sünen ingefuert hat.
Dannen har ouch not ist, das alle, so under sine schaaff zuo
hirten gesendt werdend, ir ampt und empfelch ab gheinem andren
vorbild lernind verwalten, dann ab dem einigen waren gotteswort, das
sich inn dem herren Jesu Christo, warem sun gottes, sichtbarlich
und aller eigentlichest ußgetrukt hat yetzt zuo den letsten zyten, unnd
vor dem im alten testament (doch ringer) in vilen vätteren und
propheten.
Also wöllend wir zum ersten das wort gottes uß dem mund und
that Christi, des waren gottes, besehen, darnach der propheten und
apostlen, und darus erlernen, was unnd wie groß das ampt des hirten,
den wir ein bischoff, pfarrer, lütpriester, propheten, euangelisten oder
predicanten nennend, sye.
Zum anderen teil wöllend wir ouch die falschen propheten ußstrichen,
damit man sy kennen möge, unnd daby ir straff anzeigen,
das sy uß dero erkantnus eintweders gebeßret oder, so das nit, abgesetzt
werdind.
Damit wir aber uns nit lang mit heimlichen verstenden der
menschwerdung und geburt Christi sumind, wöllend wir an den
dingen anheben, die er gewürckt und gelert, nachdem er sich in dise
welt geofnet hat. Als er von Simeon in die arm genommen und
anzeigt, das er das heil der welt were, ward bald durch Simeon zuo
siner muoter geredt Luce. 2. [Luc. 2. 34f.]: Sich, der ist gesetzt zu
eim val und zuo einer urstende viler in Israel und zuo einem widersprochnen
zeichen, und ein schwert wirdt din eygne seel durchgan,
das die gedancken uß viler hertzen geoffnet werdind. Also muoß sich
ein ieder hirt verwegen haben, das uß sinem weiden etlich noch

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erger, etlich aber von sünden ufferstan werdind; ouch das im all
weg von den unglöubigenn widersprochen werde; dann der fleischlich
mensch nimpt das geistlich wort gottes nit an, sonder widerficht es
mit aller macht [1. Cor. 2. 14]. Dannen har der hirt in geverd unnd
ufsatz aller fygenden des gotswortes zuo aller zyt stan muoß. Es
muessend sich ouch dess sin vatter und muoter unnd alle verwandten
verwegen haben, das sy verspottung unnd verwerffen der welt an iren
kinden sehen muessend; denn ie das fleisch lasßt sich nitt so gemeinlich
tüschenn, das es nit ußbrech, unnd sine anschleg nit für die hand
nem. Da werdend denn die verwandten mit kummer und angst in
iren hertzen gepiniget, glych als ouch die jungfrow Maria ir schwert
erlitten hat. Die eltren tragend ouch söliche liebe gegen iren kinden,
das sy nit allein mit inen, so sy grecht, sonder ouch, so sy ungrecht
sind, in irem truebsal mitlyden habend, als David thet über den ungehorsamen
sun Absolon 2. reg. 18. [2. Sam. 18. 33].
Dargegen muoß sich ouch der hirt vatter und muoter verzihen, und,
die unangesehen, in dem werck gottes verharren, als Christus daselbs
bewert Lu. 2. [Luc. 2. 48f.], do inn Joseph und sin muoter nach dem
dritten tag mit schmerzen gsuochten, in mitte der lereren funden, unnd die
muoter inn gestrafft: O sun, wie hast du uns also geton? Ich und din
vatter hand dich mit schmertzen gsuocht, hat er in'n geantwurt: Was ist
es, daß ir mich suochtend? Wüsstend ir nit, das ich in den gschefften,
die minen vatter antreffend, sin muoßt? Also muoß sich ouch der hirt
den schmertzen vatters und muoters nit irren lassen an dem fürfaren
des götlichen wercks, nit kind, nit wyb, nit schwöster, brueder noch
fründ; denn der gehorsam sun Marie, Jesus Christus, hat es
ouch gethon. Darumb spricht er zuo den jüngeren, als er sy ußschicket
ze predgen Mat. 10. [Matth. 10. 37]: Welcher vatter und muoter, den
sun und dochter lieber halt weder mich, der ist min nit wirdig, oder
eygenlicher: der f#;egt mir nit.

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Er muoß imm ouch vatter noch muoter nit lassen ingriffen, das er
das wort nach irem willen maßge oder leyte; denn Christus hat
siner werden muoter gar ein trutzliche antwurt geben, als sy inn wolt
manen, dem volck uff dem hochzyt mit wyn ze helffen: Wyb, was
nimpst dich min an [Joh. 2. 4]? Sich, so stiff muoß der hirt die weyd
fürlegen, das er imm gheines menschen fürwitz, nit des vatters, nit
der muoter lasse ingriffen.
Und so sy das überein thuon wöllend, und sich dem wort gottes
nit ergeben, muoß der hirt ir fygend werden, sy verlassen und hassen.
Denn Christus sendt die jünger Matt. 10. [Matth. 10. 34f.] mit sölichem
bescheid hin: Ir söllend nit meinen, das ich kommen sye,
fryden uff die erd ze senden. Ich bin nit kommen fryden ze senden,
sonder das schwert. Denn ich bin kommen den menschen zuo teilen
wider sinen vatter, und die tochter wider ir muoter etc. Luc. 14.
[Luc. 14. 26]: Ob einer zuo mir kumpt, und haßt nit sinen vatter und
die muoter, das wyb unnd die kind, die brueder und die schwöstren unnd
darzuo sin eygne seel, so mag er nit min junger sin. So eigen muoß
der hirt gottes sin, das er ouch vatter und muoter, die gott sunst heißt
lieb haben und eeren, so sy inn hinderstellig machtind, hassen muoß.
Und sind diese gebott alle nit allein der hirten, sonder aller menschen;
doch fürnemlich unnd zum ersten reichend sy uff den hirten.
Also hand wir gesehen, wie der hirt unverhenckt sin muoß von
vatter und muoter etc., und wie sich die verwegen muessend, das sy
an irem kind irdisch eer nit erleben hoffind; unnd ob sy uß iren anfechtungen
den hirten, iren sun, tüschen wöltind, das er krieg, fyendschafft
und zertrennung mit inen annemen muoß.
Ietzt wöllend wir sehen, wie er witer in im selbs sin muoß.
Christus spricht Matt. 16. [Matth. 16. 24f.], Luc. 9. [Luc. 9. 23f.]:
Welcher mir nach will kommen, der verlöugne sich selbs, und neme
sin krütz täglich uff sich, unnd folge mir nach. Dann welcher sin
seel wil bhalten, der wirdt sy verlieren oder verderben; welcher aber

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sin seel verlieren oder verderben wirt umb minetwillen, der wirt sy
gsund oder behalten machen.
Zum ersten muoß der mensch sich selbs verlöugnen, denn der will
al weg etwas sin, vermögen, können. Hie muoß er glych als ein eigen
man und verpflichter knecht versetzt und verworffen by im selbs sin,
und allein uffsehen, was in gott heisß, nüt uß sinen krefften noch
wüssen thuon, sonder die einigen form, gott, ansehen und sin wort.
So das beschicht, so gat es erst an das crütz. Das muoß er
täglich uff sich nemen. Denn imm wirdt alle tag widerwertigheit zuovallen.
Die muoß er für sich tragen, sich nit ußziehen. Hat ein
mensch sich selbs verlöugnet und sicht allein uff gott, so findt er
täglich vil ein größere zal dero, die sich selbs nit verlöugnet, weder
die sich verlöugnet hand. Zwüschend welchen demnach als gwüsser
strit ist als zwüschend fhür und wasser; denn das fleisch begert all
weg wider den geist, und der geist wider das fleisch Gala. 5.
[Gal. 5. 17]. Das fleisch nimpt sich des waren und rechten ouch an,
wil ouch mitkönnen, ouch redlich darinn sin. Unnd so es sin wäsen
gsicht nun spengelwerck sin gegen dem werck gottes, so wycht
es gott nit, wiewol es vor den menschen ouch wil gotzförchtig gsehen
sin; und mag aber darby nit verborgen bliben vor dem, der recht
verlöugnet sin selbs ist; denn er schmeckt glich, wo sich die eigenträchtige
embört. Und so bald er dem fleisch sin falscheit und
dück anzeygt, so fallt es an sine waffen, und schiltet den, der es
angeruert hatt, fhüret im für und für zuo mit aller macht biß zuo
umbringen dess, der 's angeruert. Darumb lert Christus sich verwegen,
das crütz täglich ze tragen; denn durächtung wachßt, ie
me das götlich wort wachßt; dann ie me das wachßt, ie me das
fleisch erzürnet wirdt. Also irrend, die da meinend, sy werdind bald
ruow überkommen, das sy nitt groß durächtung erlyden muessind umb
des worts gottes willenn. Dann, obglych das volck huffechtig zuo
dem wort gottes tretten, wirdt doch von den hohen dises zyts widerstands
gnuog gethon. Und obglich die ouch nit wärind, so werdend
sich denn erst die falschen lerer, die me wüssens denn liebe hand,

--17--

uffrichten, und umb einer haselnus willen alle blöden und stillen verletzen,
nun das man sehe, das sy ouch glert sygind. Darvon das crütz
aber ser beschwären wirdt, unnd nüwe krafft erfordren; denn verergernus
der blöden gschicht nit on grosse angst der starcken, die
übel von der blöden wegen bekümret werdend. Als ouch Paulus
spricht 2. Corin. 11. [2. Cor. 11. 29]: Wer wirt verergret, daß ich nit
gebrennt werde? Kurtz, all tag ein nüw crütz har; es muoß doch sin.
Christus lügt nit, da er spricht Matt. 6. [Matth. 6. 34]: Der tag
wirdt eigner mueg und arbeit gnuog haben. Welcher sin seel behalten
wil etc. [Matth. 16. 25, Luc. 9. 24]. Hie wirdt die seel nit allein für
das lyplich läben, sonder für das menschlich gmuot, fürsatz oder radtschlag
genommen. Welcher nun umb diss zergenglichen läbens willen
von dem wort gottes wycht, der wirt das läben verlieren. Welcher
aber uff sin wüssen, radtschlag oder gmuet hafftet, damit sich sälig
werden vermeinend, der wirt sin seel verderben. Also muoß der hirt
sin selbs verlöugnen, sin eigentracht hinwerffen, und sich gwüß alle
tag ein nüw crütz ze tragen rüstenn. Also hat im Christus Jesus
selbs geton, all weg sinen willen des vatters willen underworffen,
und alle crütz tragen, biß daß er zuo der eer kommen, das er zuo der
grechten gottes sitzt.
Wenn nun der hirt (oder ein ieder mensch) sölicher gstalt ußgelärt,
so ist das nächst, das er mit gott widrumb gefüllt werde,
das ist: all sin zuoversicht und trost zuo gott habe. Das hat Christus
an sinen jüngeren ußgetruckt, die er versorgt (nachdem sy im anhangtend)
nit allein mit zytlicher narung, das, do er sy fragt, ob inen
etwas gebrosten hette, do er sy on sack und seckel ußgeschickt hatt,
sy im antwurt gabend, inen hette nütz gebrosten [cf. Luc. 22. 35];
sonder hat er sy ouch gheissen on sorg sin, wo sy fürgestelt wurdind,
wie sy antwurt gäbind; dann zur selben stund werde inen gebenn,

--18--

was sy antwurten söllind Matth. 10. [Matth. 10. 19]. Christus hat
sy ouch ankucht, ee und er inen das ampt des predgens bevelhe
Jo. 20. [Joh. 20. 22], hat zuo inen gesprochen: Nemend hin den heyligen
geist, darumb, das gheiner ze weyden komlich ist, er sye dann
in im selbs nit daheimen, sonder gott wone in im und rede uß im.
Wie er nun demnach inen gbot, sich von Hierusalem nit ze wegren,
biß das sy den verheißnen geist empfiengind [cf. Luc. 24. 49, Act. 1. 4];
und als sy den mit vil frolockens und fröuden empfangen, hand sy
von stund angehebt ze predgenn. Also muoß der hirt sine schaaff
in ghein andre weid fuerenn, weder in dero er vorhin geweydet ist, das
ist: in erkantnus unnd vertruwen gottes; so muoß er ie vorhin ouch
got erkennen und all sin trost zuo im haben.
Demnach sol er anheben ze predgen, wie Christus hat angehebt
Mat. 4. [Matth. 4. 17]: Beßrend üch. Der gstalt ouch der vorlöuffer
Joannes angehebt hat [cf. Matth. 3. 2]. Nun beßret sich
gheiner, der nit weißt, wie böß er ist. Darumb muoß hie der prästen
unnd demnach das heil gepredget werden. Und lasß sich hie nieman
irren, das Christus Mat. 10. [Matth. 10. 7], Mar. 16. [Marc.
16. 15] allein heißt das heil oder euangelium predgen; dann ie so uoß
der präst erkent werden, ee einer die artzny anneme. Es nempt
ouch Christus an den orten das wort des heils nach dem teil der
gnaden; denn das euangelium ist die botschafft der sichren gnaden
gottes. Aber die erkantnus der sünd, die ouch not ist, bringt nüt
anders denn verzwyflung an uns selbs, und jagt uns mit gwalt zuo der
erbermd gottes. Dero sind wir aber sicher; denn gott hat sinen
sun für uns ggeben. Und darumb nempt er den handel der erlösung
an den orten der artzny nach. Aber Luce am 24. [Luc. 24. 47]
nempt er den rüwen oder bessrung und die nachlassung mit einander,
also redende: Also hat in sinem (das ist: in Christi) namen
der rüwen oder beßrung unnd nachlassung der sünd muessen gepredget
werden under alle völcker. Sich, hie ist das euangelium und der
rüwen by einander; denn nieman erfröwt sich des euangeliums recht,
der den prästen der sünd vorhin nit recht erkent hat.

--19--

So nun der mensch sin ellend erkennet hat, und nach dem das
heil in Christo Jesu erfunden, so zimpt im nit me in sünden ze
läben. Dann sitmal wir der sünd in Christo abgestorben sind, so
mögend wir nümmen läben in der sünd Ro. 6. [Röm. 6. 2]. Darumb
muoß ouch der hirt eygenlich verhueten, das die gewäschnen schäfflin
nit widrumb in das kat fallind; das ist: nachdem die glöubigen in erkantnus
ires heylands kommen sind und habend der früntlichen gnad
gottes empfunden, söllend sy fürhin ein unschuldig läben fueren, damit
sy in dem tod nümmen wandlind. Glych als ouch Christus, von den
todten ufferstanden, nümmen stirbt, also sy ouch den alten menschen
hingelegt, ein nüwen anlegen söllend [cf. Eph. 4. 22.24], der gott glych
sicht, das ist: den herren Jesum Christum. Denselben anlegen ist
nütz anders denn wandlen, wie er gewandlet hatt. Darumb empfilcht
er den jüngeren Matth. 28. [Matth. 28. 19f.]: Gand hin! Lerend alle
völcker. Touffend sy in dem namen des vatters und des suns und
des heyligen geists. Lerend sy ouch halten alle die ding, die ich üch
gebottenn hab. Dann welcher sin läben nit endret von tag ze tag,
nachdem er in Christo widerbracht ist, der tribt ein spott mitt
dem namen Christi, und macht in verachtlich unnd verschmächt vor
den unglöubigen. Darumb ouch der heilig Petrus 1. Petr. 4. [1. Petr.
4. 1-3] spricht: So nun Christus in dem fleisch für uns gelitten hat,
so söllend ouch ir üch mit glychem fürnemen waffnen. Denn do er im
fleisch gelitten, hat er die sünd gestillet, damit ir die übrigen zyt nit in
menschlichen begirdenn, sonder in dem willen gottes läbind. Dann es
ist gnuog, das wir die vergangnen zyt unsers läbens den muotwillen der
Heyden volbracht hand, in unlutergheit wandlend, in begirden, wynfuechtinen,
fressen, suffen und unzimlichen götzendienst etc. Daran
wir sehend, das es nit allein gnuog ist das heyl anzeygt, sonder ouch
verhueten not ist, das man es nit verschütte noch schmähe.
Darzuo hilfft träffenlich, so der hirt das mit den wercken uebt,
das er mit worten lert, welches Christus gar tür erfordert Mat. 5.
[Matth. 5. 19]: Welcher eins der kleinsten gebotten entlößt, und lert
aber die menschen also, der wirt der kleinst genennet in dem rych
der hymlen. Welcher aber thuon wirt und leren, der wirt groß in dem
rych der hymlen. Denn das ist gwüß: Wo man schon kluog von

--20--

gott redt unnd das läben nach imm nit gestaltet wirdt, daß es nun
ein glychßnery ist. Als ouch Paulus Tit. 1. [Tit. 1. 16] anzeygt:
Sy gebend sich uß, sam sy gott erkennind, aber mit den taten verlöugnend
sy inn; die sind verworffen und ungezem, und söllend
nütz zuo gheinem guotem. Und widrumb Ro. 2. [Röm. 2. 21-24]: Du
lerst ein andren, aber dich selbs lerest nit. Du predgest, man sölle
nit stälen, und stilest aber du. Du redst, man sölle die ee nit brechen,
und brichst du sy. Du verwirffst die götzen, und farst aber du untrülich
in den heiligen dingen. Du ruemest dich in dem gsatz, unnd
enterest aber gott mitt übertretten des gsatzes. Daruß kumpt, das
der nam gottes übel gescholten wirt umb üwertwillen under den
Heyden. Also muoß der hirt eigenlich verhueten, das er mit der tat
nit breche, das er mit worten lert; dann die schwachglöubigen lassend
sich das unglych werck ser von dem wort gottes abwenden.
Hieby ist aber eygenlich ze verhueten, das der hirt nit ein glychsnet
kleyd für das war anlege, also, das er sich mit kappen und
kappenzypflen verhencke, und aber inwendig voll gyts stecke,
als die münch und theologi zum merenteil thuond diser zyt; sich tieff
bucke, und aber ein hochfertig gmuet hab; ein wyß hemd antrag,
und aber unküscher sye denn ein äber; hoch schuoh und huot, und
aber voll nyds und hasses sye; vil psalmen murmle, und das clar wort
gottes verlassen etc.; dann by sölichen wercken lernet das einfaltig
volck ouch nun glyßnery fueren, und aber innwendig blybt es by sinen
anfechtungenn. Darumb muoß der hirt sich nit nach menschlichen erfundnen
leren gestalten, sonder nach dem wort gottes, das er predget;
oder aber er pflantzet nütz anders denn glyßnery. Und so Christus
ein volkommen vorbild ist, so muoß er sehen, das er sich einig
siner form halte. Hat Christus glychßnerwerck nit brucht, so
zimpt sich dero gar nit ze nieten. Denn locus ab autoritate gilt

--21--

negative by gott, darumb, das er ein so volkommens guot, das im
nütz gebrästen mag; also mag ouch nieman ützid erfinden, daß das
götlich bessren oder ersetzen müg. Also muoß er sich in den dingen
ein bildner vortragen, die eim vatter zuostand. Der tribt nit böggenspil,
das er damit sinen kinden abgyle, sonder sicht er, das sy zuo
einem unvermaßgeten läben erzogen werdind, früntlich, unschädlich,
zymlich sygind in allen dingen, unnd alle unmaß fliehind. Darinn
muoß sich ouch der hirt ueben. Darumb wirdt er von Christo ein
hußvatter oder hußhalter genennet [cf. Luc. 12. 42ff.]. Es klagt sich
ouch Paulus gegen den Corinthen 1. Corinth. 4. [1. Cor. 4. 15], das,
ob sy glych unzalberlich lerer, hettind sy doch wenig vätter. Daruß
wir eygenlich vermerckend, das die, so nitt unser vätter sind, ouch
nitt recht lerer sind. Vätter sind mit der that und leer geflissen on
allen vorteil gegen iren kinden ze läben. Also sind die hirten nimmer
grecht, wenn sy nit ein vätterlich gmuot gegen irenn empfolhnen tragend.
Nietend sich nun die lerenden nitt inn den dingen, die sy
lerend, so sind sy nitt recht. Uebend sy sich aber in den dingenn,
die sy uß gott lerend, so lert das läbendig byspil me denn hunderttusend
wort. Lerend sy aber nit das wort gottes sonder menschenleren
und tant, unnd läbend glych demselben nach, so sind sy die
waren falschen propheten, die gott heyßt töden [cf. Jer. 14. 15]. Von
denen harnach kommen wirt. Darumb muoß sich der hirt nit ieder
dingen, die wir guot schetzend, ein vorbild ußtrucken, sonder der
dingen allein, die gott uns lert und erfordret.
Was aber gepredget werden sölle, mag clarlich gnuog verstanden
werden uß dem vordrigen, namlich nütz anders denn das wort gottes.

--22--

Daruß sol der hirt sinen bevolhnen iren prästen ze verstan geben;
und so sy den verstanden, empfindend, das sy uß iren krefften nit
mögend sälig werden, sol er sy an die gnad gottes wysen, das sy sich
vertruwt daran lassind; denn gott habe uns zuo gwüsser versichrung
siner gnaden sinen eingebornen sun ggeben, Jesum Christum, unseren
herren, durch welchen wir in die ewigheit ein gwüssen zuogang zuo gott
hand [cf. Röm. 5. 2]. Und so sy die säligheit unnd versichrung der
gnaden gottes gloubt haben, unnd yetz gottes worden sind, die vor
des fleischs und der verdamnus warend, so sind sy ouch schuldig nach
dem willen gottes fürhin ze läben; denn sy sind ein nüw geschöpft
Galat. 6. [Gal. 6. 15]. Darumb soll der hirt eygenlich verhueten, das
die geartzneten schäflin nit widrumb inn kranckheit fallind. Diss
muoß alles mit dem wort gottes volbracht werden; darumb muoß er desselben
ob allen dingen wol bericht sin. Dasselbig muoß er allein uß
der heiligen biblischen gschrifft erlernen. Unnd ist das erlernen des
buochstaben nütz, gott zyehe im denn das hertz, das er dem wort
glouben gebe, unnd es nit nach sinen anfechtungen ziehe, sonder fry
laße, wie das götlich inblaßen angibt. Diss wirdt kurtzlich in den
worten Pauli alles vergriffen 2. Tim. 3. [2. Tim. 3. 16 f.]: Alle gschrifft,
die von gott ingeblaßen ist, die ist ouch nutzlich zuo leren, zuo straffen,
zuo rechtwysen, zuo der zucht der fromgheit, damit der mensch, der gottes
ist, gantz sye, zuo allem guoten werck ußgmacht und gevolkomnet.
Darumb sol alle weyd des hirten uff diese gattung tringen. Welche
buecher biblisch sygind, welche aber nitt, gibt sich hie nit ze sagen,
denn es wüssend dasselb alle wol, die in den sprachen geuebt sind.
So nun der hirt siner verwandten, sines läbens und der leer halb
(die götlich liebe wirt harnach kommen) fertig ist, so wirdt demnach

--23--

not sin, das er wüsse, wie er sich gegen den andren usserlichen dingen
halten und was lons erhoffen sölle.
Also findend wir, daß der hirt die aller schädlichesten laster zum
ersten unerschrocklichen angriffen muoß, unnd sich da nit lassen
schrecken den uffgeblaßnen gwalt diser welt noch gheinen ufsatz.
Als gott zuo Hieremia redt 1. cap. [Jer. 1. 9 f.]: Nim war! Ich hab
mine wort in dinen mund geton, und hab dich uff den hütigen tag
über die völcker oder Heyden und ryche verordnet, das du ußrütist
und brechist, entledigist und entfuegist, und widrumb buwist und
pflantzist. Darumb muoß der hirt alle gebüw, sy sygind wie hoch sy
wöllind, die sich wider das götlich wort uffgericht hand, angriffen
unnd abbrechen 2. Cor. 10. [2. Cor. 10. 5]. Dess hat Christus ein
war vorbild getragen. Denn als er under dem jüdischen volck gsehen
hat der pfaffen glyßnery unnd gyt ein ursach sin, das alles volck von
gott abtrette, unnd in der pfaffen gyt, satzungen und muotwillen
gfangen gelegt was, do hat er nütz ernstlicher angeruert weder sy,
die glyßnery und gyt. Er hat mit dem verfuerten volck groß erbermd
gehebt, das sy des worts gottes beroubt unnd gheinen vätterlichen
hirten hattend Mat. 9. [Matth. 9. 36]. Er hat es zum meren teil
früntlich gelert. Und so er sy ie muessen schelten, hat er sy doch
nit so ruch angriffen, als die verfuerenden pfaffen; die hat er unwüssend,
blind, hecknatren, tüffelskind, glychsner, gyler, gutzler
und derglychen gescholten; wie dann allenthalb in den euangelisten
geläsen wirt. Kundschafft ist hie nit not.
So nun zuo unseren zyten die glychsnery biß dahin kommen, das
sy so rych unnd starck ist, das sy sich nit me verbergen darff, sonder
sy gdar sich offenlich mit gwaltiger hand schirmen, was meinst du,
o frommer diener gottes, das dir ze thuon sye? Schwygst du, so wirdt
das bluot der umkummenden von dinen henden gesuocht Ezech. 3. [Ez.
3. 18]. Nun sichst du aber, das der Bäpstleren (das ist: das gantz
zöiter dero, die man geystlich nennet, one die das gotzwort luter
verkündend) glychsnery so vil guotes überkomen hat und gwalts, das

--24--

sy sich nümmen verhälen darff, als denocht by den Juden beschach,
sonder gdar sy sich offenlich beschirmen mit miet, gaben, kriegen,
brennen, schleytzen, töden und allerhand übels, also, das die sicilischen
tyrannen unmenschlicher nit köndind wueten. Denn dieselbigen
denocht nit unverhörter sach so bärlich mit ieman gemuotwillet; aber
dise habend den grösten flyß, das sy die regenten allenthalb mit myet
und gaben dahin bringind, das sy meinind, sy tuegind der sach gantz
recht, so sy onverhörter sach die, so das gotzwort verkündend, durächtind.
Wo aber sy selbs gwalt des schwertes hand, wuetend sy
über alle unschuld, wie die tigertier und crocodylen. Und so feer sy
nit entsässind, das mit inen gebrucht wurde, so feer man hinder sy
kä%/m, als ouch sy gebrucht hettind, so wurdind sy an gemeynen
töden nit verguot han, sonder, wie Phalaris thätt, nüw pingungen
unnd töd erdencken über die knecht gottes.
Du sichst ouch, o frommer diener gottes, wie der mer teyl des
gwalts, der das schwert halt, me uß gyt, muotwillen, frävel und
allein zuo höhung unnd wollust, weder uß liebe oder forcht gottes
die grechtigheit zuodienet; ob man 's joch ein grechtigheit billich
nennen darff. Gegen iren underthonen ist es nütz denn bochen,
straffen, schinden, schaben, verzynsen, versetzen, gegen den ußren
nüt anders denn kriegen, rouben, fechten; under inen selbs nütz
denn suffen, spylen, huoren, lestren, dantzen. Sich, so übel stat es
umb die höupter, frommer hirt! Darumb so umbsich dich eygenlich,
wie im ze thuon sye; dann redst du nit, so wirdt das umbkommend
bluot von dir ersuocht, wie obstat. Redst aber, so valst in iren gwalt;

--25--

dann der bäpsttisch huff hat sich under vil der fürsten ingeschirret
mitt versehung irer kinden, dero sy demm ein sun zuo eim cardinal,
eim andren zuo eim bischoff, abbt, commentür, probst, pfläger, verwäser,
coadiutor gemacht, das sy inen nit wenig verpflicht sind; ouch
zuo meren malenn inn dem ablasgelt, von irem armen volck erschunden,
teylhafft gewäsen. Also das, so du die rott der glychsnerenn nach
dem vorbild Christi wilt angryffen, so springend dise harfür als vorschyrmer.
Wilt du aber den schilt und sper hinwerffen und dich
des ampts verzyhen, so wirst under die untrüwen hirten gezelt, die,
so sy den wolff ersehen, die schaaff verlassend und flichend [cf. Joh.
10. 12]. Hie lernet man an eim fürgon, was des gloubens krafft und
adren sygind; denn so der mensch allenthalben in zwyffel gestelt, ist
er glöubig, so weyßt er zuo nyeman andrem weder zuo gott und sinem
wort ze louffen, und daselbst bericht ze nemen, und sich an denselben
demnach ungezwyffelt lassen.
Also kum har zuo Christo, der spricht Jo. 10. [Joh. 10. 11]: Der
guot hirt setzt sin seel für sine schaaff. Darumb, wilt du zuo den guoten
hirten gezelt werden, so muost du din läben für dine schaaff setzen.
Er weckt uns ouch mit andren worten Matt. 10. [Matth. 10. 27 f.]:
Das ich üch in der finsternus sag, das redend am liecht, und das üch
in das or gseyt wirt, das kündend uff den tachen uß. Und förchtend
nit, die den lichnam tödend; dann die seel mögend sy nit töden; sonder
förchtend ee den, der seel und lyb mit ewiger pin verderben mag. Hie
hörend wir heyter, das wir das wort nit verschwygen söllend, sonder
offenlich harfürbrechen one forcht aller dero, die uns schaden mögend.
Dann wie wir schuldig sind wider alle die ze handlen und
reden, die do sündend, als er widerumb durch den propheten spricht
Hiere. 1. [Jer. 1. 7]: Du wirst allenthalben hingan, zuo wem ich dich
schick, und durch Esaiam 58. [Jes. 58. 1]: Schry! Hör nit uff! Erheb
din stimm als ein trumeten und verkünd minem volck ire laster,
also merckend wir wol, das der hirt schuldig ist wider alle fygend

--26--

harfür ze tretten zuo schirm der schaaffen; ouch das er die schaaff uß
dem wuost der sünden hebe; dann wo das nit, so bedörfft man gheins
hirten. Denn all die wyl den schaaffen nütz geprist, so dörffend
sy gheines wechters; sonder dörffend sy des hirten für die gefärd.
Wenn aber der hirt inn der gefärd fliehen wil, so wirt es der schaaffen
halb glych gelten, ob sy schon gheynen hirten hand.
Darumb ist not, das man uff Christum sehe. Der spricht
Joan. 10. [Joh. 10. 11]: Ich setz min seel für mine schaaff. Er hat
das nit allein geredt, sonder mit den wercken erfüllt. Dann als er
gen Hierusalem gieng, seit er den jüngeren sin gefärd offenlich
haruß Mat. 16. [Matth. 16. 21]. Und do inn Petrus abwenden wolt,
sprach er [Matth. 16. 23]: Gang hindersich, satan! Du hinderst
mich; dann du sichst nit an die ding, die gottes sind, sonder die
der menschen. Unnd hat, demnach er gen Hierusalem kommen,
die köuffer und verköuffer uß dem tempel geschlagen, unangesehen
der gytigen pfaffen, glerten unnd gwaltigen ufsatz [cf. Matth. 21. 12 f.,
Marc. 11. 15-18, Luc. 19. 45 f.], ouch inen ire laster des gyts, eerbegird
unnd glychsnery offenlich vor allem volck ruch und hert ufgehebt
Mat. 23. [Matth. 23. 1-33]. Und als die zyt kam, das er sich für uns
alle stellen wolt, und inn die fygend suochtend zuo fahen, ist er
inen entgegen gangen; und das er ze verston gäbe, das ein hirt ouch
die lyplichen schaden siner schaffen verhueten sol, hat er sich nit allein
für uns ggeben, sonder ouch den jüngeren das lyplich läben gefristet,
und mit götlicher krafft geredt [Joh. 18. 8]: Suochend ir mich, so lassen
die darvon kummen; und also sin läben für uns gestreckt. Darumb
ouch ein ieder hirt, so feer er ein hirt under den schaaffen Christi
ist, wider alle, die inn umb gottes unnd umb sines waren wortes und
umb die trüw, die er für sine schaaff hat, durächtend, harfürston
sol, unangesehen, ob er wider den grossen Alexander, Julium,
bapst, künig, fürsten oder gwalt reden mueße; ouch nit allein, so sy
dem wort gottes widerbefftzend, sonder ouch, so sy ir fromm volck

--27--

mit zytlicher beschwerd ze vil unnd über billichs überladend. Diss
wirdt alles mitt byspilen unnd geschrifft harnach kommen.
Do gott die ungemässen beschwärd der kinder Israels under
dem künig Pharaon und dem egyptischen volck gesehen, hat er
Mosen geschickt, sy zuo erledigen und hin zuo fueren; dann er nümmen
lyden wolt die unbyllichen beleydigung synes volcks exod. 3.
[2. Mos. 3. 1-13]. Unnd wiewol sich Moses mit siner schlechte undernam
ußzereden [cf. 2. Mos. 3. 11], hatt er denocht wider den Pharaon
ein so grosse ungehande vile der menschenn hinfuerenn muessen
durch wasser, wueste, fygend, hunger, durst, straffen unnd plagen, das
eim yeden grußen möchte, so er die erlitnen arbeyt nun hört zellen.
Noch hat gott sinen gheyssen unnd worten all weg krafft geben und
Mosem mit den sinen sighafft gemacht. Also sol ouch ein hirt, so
die tyrannen ire bevolhnen so unbyllich unnd ungötlich wider gewonliche
zymlicheyt truckend, sich harfür stellen und den schaaffen
schirm thuon. Dann die regenten sollend guottäter sin, nit beleydiger,
bschinder, bschaber Luc. 22. [Luc. 22. 25]. Es nempt ouch
Seneca "regnum: beneficium", das ist: das rych oder obergheit sye
ein ampt der guotthat. Man weyßt wol, das man der obergheit etwas
schuldig ist Ro. 13. [Röm. 13. 7]. Wir redend aber hie wider die
tyrannischen beleydiger, inn denen ghein forcht gottes und ghein liebe,
ja ansehen des nächsten ist. Meinst du nit, o frommer Christ, das
gott mit besundrem flyß zuo diser süntlichen zyt sin wort so starck
offne, darinn sölcher muotwill und zerstörung der frommgheit, des
rechten, der jungfrowen, der trüw und gloubens, und daby das unverschampt
nemen, rouben, wuochren, wechslen, müntzmindren und
alles, darumb die publicanen etwan by den Römeren verschupfft
sind, by eim grossen teyl der fürsten ufferwachßen ist. So wir nun

--28--

syd dem anhab christens gloubens zuo gheinen zyten befindend, das
sich das wort gottes so starck uffgethon hab an allen endenn als zuo
disen zyten, ist guot ze vermercken, das es uns allen zuo heyl dienen,
und die falsch glychsnery der menschenleren hingenommen werden sol.
Darumb wee dem hirten, der zuo disen zyten, darinn ouch die kinder
und dorechtigen ze reden bericht sind, schwygt, und das liecht under
der mess verstellet [cf. Matth. 5. 15, Marc. 4. 21, Luc. 11. 33], und
das werck gottes traglich thuot, unnd das volck gottes nit hilfft erledigen.
Gott hiesß Saul durch den propheten Samuel die Amalechiten
jungs und alts mit allem veh erschlahen und ir hab gheinen weg
berueren oder begeren. Do vergieng sich Saul und erschluog den
amalechischen küng Agag nit, behielt ouch vil vehs zuo eim opffer
und püt gottes, und was kostlicher kleyderen und kleynoten was.
Dise fürwitz übersach im der prophet Samuel nit, wiewol Saul
der küng und nüwlich syghafft worden was, und trat zuo im und
sprach: Warumb bistu dem wort und stimm gottes nit ghorsam xin,
sonder du hast dich zuo dem roub kert, und übel geton vor dem
herren gott? Verantwurt sich Saul: Er wäre ghorsam xin; dann er
hette die Amalechischen erschlagen und iren küng Agag läbendig
gefangenn; es hette ouch das volck daby etlich hab behalten und
veh, das sy gott uffopffren wöltind. Darumb beschalt inn Samuel
widrumb unnd redt: Meinst du, das gott die gantz gebrennten und
sunst opffer gevellig sygind, und nit me erfordre, das man sinem gheiss
gehorsam sye? Gehorsame ist besser dann die opffer; dann gott widerstreben
ist glych ein sünd wie das zoubren und warsagen, und im nit
gehorsam sin glych als götzen anbätten. Darumb aber du das wort
gottes hingeworffen hast, so hat dich gott ouch verworffen, das du
nümmen der künig sygist etc. 1. reg. 15. [1. Sam. 15. 1-30]. Und
hat demnach den gefangnen künig Agag der prophet Samuel zuo
stucken zerhouwen [1. Sam. 15. 33]. Diss lert uns clar, das der hirt
ouch dem künig, fürsten oder obren nit übersehen sol, sonder, sobald
er den sicht ab dem weg gan, im sin irrtumb anzeygen.

--29--

Darumb ist der prelat, des namen ich umb gottes willen hie verschwyg,
fürwitzig xin. Als der in kurtzen tagen eim priester ein
pfarr gelihen, hat er im ingebunden, er sölle sinen orden mit einem
wort nit schelten; er sölle ouch das euangelium sölicher maß predgen,
daß er darinn nieman schelte. Sich, was wirt der arm pfarrer
predgen? Die gantz welt ligt in boßheit, und er soll sy aber nit beschelten.
Was bedörffend sy denn des hirten? Weyß ich wol, das
der guot herr geredt hat, das euangelium schelte nieman. Lieber herr!
Thuond die ougen baß uff, und besehend Mat. 23., am 3. [Matth.
23. 1-33, 3. 2], Jo. am 8. und 3. [Joh. 8. 1-59, 3. 1-36] und sunst an vil
orten, wie Christus unnd Joannes geredt und gethon habind. Wirt
mir ouch wol wyter antwurt geben: Ja, der pfarrer sölle die puren
schelten, und von lastren ziehen. Denn er hat sich daby geruombt,
er wölle nitt wider das euangelium sin, sonder er sye ouch daran.
Hie ligt der präst. Die hohen diser welt möchtind wol lyden, das
man die warheit predgete, so feer man ir tyranny daran nit lernete
erkennen und sy nit anruerte, ouch daby nütz abgienge. Der hirt
lernet aber hie ein anders, namlich, dem künig, dem regenten nit ze
übersehen, und sprechen: Man muoß gott me gehorsam sin weder den
menschen [Act. 5. 29].
So aber der Bäpstleren rott ire ghorsame ouch mit disen
wortenn bevestet, wöllend wir wyter von iro reden.
Als Saul me nach sinem guoten beduncken hat wöllen handlen
weder nach dem wort gottes, do hat er die höchsten unghorsame begangen.
Darumb spricht Samuel zuo im, das dem nit nachkumen,
das gott gheissen hat, ein götzendienst sye und schädlich und betruglich,
glych als die zoubrer unnd warsager mit erdichten fablen
betriegend. One zwyffel, das, so der mensch uß siner vernunfft etwas
für guot bildet, und aber das recht und guot nit allein von gott und
sinem wort lernet, einen abgott in im selbs uffricht, namlich sinen
eygnen verstand und guotduncken. Welcher abgott schwarlich umbgestossen
wirdt; dann er hebt sich glych ußwendig ouch an mit
zouberwerck, das ist: mit glychsnendem schin vor den menschen, für
war und grecht verkouffen. Und wie ouch der äffinen ire jungen wolgevallend,
also gevallend dem menschen ouch sine erfindungen.

--30--

Glych wie Saul meint, es zymte sich zwar wol, das ein künig den
andren nit töden sonder gefangenn nemen sölte, wäre ouch nit nützlich,
daß die kostlichen kleyder und kleynot verderbt und das veh getödt
wurde; darumb lies er dem volck, was kostlich was, als ob dasselb in
dem gebott des nächstenn liebe ggründt wär, und verordnet ein groß
opffer gott ze thuon uß dem veh, als ob dasselb in dem gebott "du
solt anbätten und eeren den einigen gott [cf. 2. Mos. 20. 3 ff.]" gründt
wär. Uff das spricht Samuel: Ghorsame ist besser denn die opffer.
Welche ghorsame? Nit, die Saul geordnet hat, den küng nit ze töden,
das kostlich dem volck, unnd das veh gott zuo eim opffer ze behalten,
wiewol sy ein hüpsch ansehen hat, sonder die ghorsame, da gott wil,
das man styff sinem wort nachkume, dem ouch Saul geloßet solt
han, und nit sinem anschlag. Also befindend hie die Bäpstler,
münch, pfaffen, nonnen, das dises wort "gehorsame übertrifft die
opffer" nit mit inen, sonder richtig wider sy ist; dann sy lutend dahin,
das der mensch ghein grösserenn gotzdienst nit thuon mag, denn dem
einigenn wort gottes ungeendret nachgan, und sich gheines andren
menschen, ja sin eygen guotduncken lasse verfuoren. So nun die gantz
rott der Bäpstleren uß iren satzungen, leren unnd bedunckenn redt,
welche dem gotzwort ungemäß sind, söllend wir all wegen das wort
gottes inenn entgegenn stellen. Und so sy sprechend: Du solt dem
bapst gehorsam sin, dem abbt, dem prior etc., so sehe man, ob sy
gebietind, das im wort gottes grund habe. Unnd so dem also, so
darff man ires gebottes nit, sonder man sol das wort gottes harfürnemen,
und sich desselbigen halten, und under demselbigen läben,
und es nitt dem menschen zuoschriben. Gebietend sy aber, das nitt
grund hat im wort gottes, und sprechend darzuo: Und ob wir glych
ungötlichs gebuttind, söllend ir uns gehorsam sin; denn gehorsame
ist ob allen dingen, so sol man sprechen: Das du uff die ghorsame
din züchst, das lutet richtig uff gott. Also sol man ee den tod
lyden, ee man wider das wort gottes tueye; denn gott ist nüt gnämers,
denn das man im loße, und sich niemans bedunckenn lasse

--31--

abfueren. So ir nun gebiettend, das im wort nit grund hat, so tuot
man gott den höchsten dienst, das man üch nit ghorsam sye.
Als David dem frommen Uria sin liebe hußfrowen geschwecht
[2. Sam. 11. 4], der doch sin läben darzwüschend für inn gegen gefärd
der fygenden truog, schuoff er erst demnach, das er erschlagen
ward. So schickt gott den propheten Nathan zuo imm, das er im sin
mortliche schalckheit uffhuebe, das er gott also verachtet hat und
sich vor im nit geschempt, so er nun vor den menschen sich verhälen
möcht, und im daby die straff gottes trutzlich verkündt 2. reg. 12.
[2. Sam. 12. 9f.]: Du hast Uriam mit dem schwerdt getödt, und dir
sin wyb zuo einer hußfrowen genommen; darumb wirdt das schwerdt
uß dinem xind nimmer kummen etc. Sich, hie muoß der prophet
dem mannhafften David sinen eebruch und todschlag, ja, untrüwes
mord uffheben. Was tuond nun die blawen hirten, die an der
gwaltigen eebrüch sich täglich stossend und denocht nit werend,
sonder offt darzuo helffend etc.? Was wöllend wir erst von der unsuberen
reynigkeit der Bäpstleren sagen, die wir täglich wuester
denn der hunden vor uns sehend, und ruemend für und für die
glychsneten reinigheit. Und wäre schimpff, wenn es by etlichen
innert der natürlichen schnuor blybe.
Hieroboam, der küng in Israel, was so frävel, daß er zwey
guldine kelber, eins in Bethel, das ander in Dan uffricht; verkart
darzuo das fest der hüttenn, das man inn Juda brucht, damit
das volck nit gen Hierusalem fächte. Was also der erst küng,
der Israel in abgöttery bracht 3. reg. 12. und 13. [1. Reg. 12 u. 13.].
Als nun der tag des opffers kam, und Hieroboam ob dem altar
stuond und rouckt, nymm war, so kumpt ein man gottes, ein prophet,
von Juda und schrey uß das wort gottes, das im bevolht was:

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Altar altar! Das redt der herr: Sich uff. Es wirt ein sun uß dem
geschlecht Davids geborn mit namen Josias; der wirt uff dir die
pfaffen der bergkilchen metzgen oder opffren, die yetz den wyhrouch
uff dir anzündend, und wirt menschenbein uff dir anzünden. Und hat
der prophet darzuo ein zeychen gegeben, sprechende: Nimm war! Der
altar wirt zerspalten und wirt die äschen daruff verschüttet. Uff das
hat der künig sin hand ußgestreckt von dem altar und gesprochenn:
Fahend inn! Unnd ist im von stund an die hand, die er wider den
propheten hat ußgestreckt, erdorret, das er sy nümmen zuo im
ziehen kond, und der altar zerspalten, und die äschen verfallen,
wie der prophet geredt hat. Und nachdem der prophet gott für in
gebätten, ist im die hand widrumb xund worden. Noch hat er sich
von der abgöttery nit gewendet. Sich, was thuot verstopffte.
Hie erlernet der hirt, daß er die schaaff nit sol in abgöttery noch
einigerley unrechts lassen fueren. Und obglych der frävel und muotwillig
Hieroboam söllichs understuende, sol er im inn das angsicht
ston, ob er schon weyßt, das imm nit gevolget wirt. Denn gott wußt
wol, das Hieroboam nit abston ward; noch schickt er sinen propheten
zuo im. Welches wider die hirten ist, die ir schwigen damit
entschuldigend, das sy wüssind, das ir reden nütz helffe. Dann
Christus hat by den unglöubigen Juden darumb nit uffgehört ze
leren, das er wußt, das sy sin leer nit annamend.
Achab ist ouch ein gotloser, frävener küng in Israel xin,
glych als ouch der vordrig, ja, er hatt alle bösen küng übertroffen;
dann er den götzen Baal mit vil pfaffen uffgericht hat zue allen andren
abgöteryen. Darumb verhuob gott 3. jar allen regen. Demnach
schickt er Heliam die pfaffen Baals ze geschendenn unnd das
volck widerumb in erkantnus sin ze fueren. Also kam er zuo dem
grossen gotzböswicht Achab. Der sprach zuo im: Bistu, der Israel
unruewig macht? Antwurt Helias: Ich hab Israel nit unruewig gemacht,
sonder du und das gsind dines vatters. Ir hand verlassen
die gebott gottes und sind den götzen Baalim nachgangen. Und hat

--33--

demnach Helias mit im verdingt, die 450. pfaffen Baals und die
400. pfaffen der waldkilchen uff den berg Carmeli ze versamlenn,
das man da sehe, welches der recht, war gott wäre, wie 3. reg. 18.
[1. Reg. 18. 21] stat, also zuo dem volck redende: Wie lang wöllend ir
zuo beyden syten hincken? Ist der herr üwer gott, so folgend im nach;
ist 's aber der Baal, so folgend dem nach. Und wie er sy mit dem
anzünden des opffers verdingt, hand sy es nit vermögen anzünden;
aber uß anrueffen des waren gottes Israels hat es Helias von stund
anzündt. Was demnach wyter gefolgt, wirdt harnach kumen. Hie
legt sich Helias wider die götzeneer vor dem ungezemten küng
und vor so vil falscher pfaffen, wiewol er ein einiger prophet überbliben
was, als darnach im 19. cap. [1. Reg. 19. 10] stat. Daran der
hirt wol erlernen mag, das er by dem wort gottes manlich ze blyben
schuldig ist, und ob glych die gantz welt wider inn stuende; ouch, das
er sich die grossen menge der Baalspfaffen nit schrecken lasse;
ouch dem volck nit gestatte, daß es zu beyden syten hincke, das ist:
nit in der irrthumb lasse, da es spricht: Ja, ich vertruw inn gott; ich
vertruw aber inn die creaturen ouch, die sälig sind. Gott mag söllich
hincken nitt erlydenn, er wil 's alles allein sin. Das israelisch
volck eeret nüt des minder den waren gott ouch zuo etwas zytenn;
gott wil es aber nit lyden.
Eben der Achab begert an ein frommen man Naboth, er
sölte im sinen wyngarten, der im zuo dem palast wol gelegen wär, ze
kouffen geben [cf. 1. Reg. 21. 1 ff.]. Und do das Naboth nit tuon wolt,
nam er sich des so zuo grosser muey an, daß er kranck ward. Dem
kam aber sin wyb Jezabel mit sölichem weg ze hilff: Sy verschuoff,
das zween falsche zügen über Naboth redetend, er hette gott gelestert,
und hieß in also töden; und hieß do den man uffston und frölich sin,
Naboth wäre tod, und der wyngart dem küng gevallen. Uber diss
lasterlich mord ward Helias aber geschickt und spricht zuo Achab:
Du hast getödt unnd demnach dir geeygnet. An dem ort, da die
hund Naboths bluot geläcket hand, da werdend sy ouch din bluot

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lecken etc. Und von Jezabel redt er also: Die hund werdend Jezabel
im feld Jezrael fressen 3. reg. 21. [1. Reg. 21. 19.23]. Welches
alles darnach beschehen ist. Hie lernet der hirt, das er nit allein
in vertrang des gantzen volcks, sonder eins yeden besondren menschens
harfürtretten sol ouch wider den grösten tyrannen.
Do alle falschen propheten Josaphaten, dem küng Juda und
offtgenantem Achab wysseytend, sy söltind wider den syrischen küng
kriegen [cf.1.Reg.22. 1-54], widerredt der einig prophet Micheas unnd
vorseyt inen alle ding, die inen darnach begegnetend. Unnd wiewol inn
der stoltz prophet Sedechias an den baggen schluog und sich thür ußgab,
der geist gottes hette inn als wol redens bericht als Micheam,
denocht verharret Micheas, do man inn schon gfangen leyt. Also
ward in demselben krieg Josaphat wund unnd Achab erschossen.
Und als man den wagen, daruff er gefaren, wuosch inn der wette zuo
Samaria, läcketend die hund sin bluot darab, wie gott durch Heliam
geredt hat. Hie lernet der hirt, das er sich ouch wider die, so sich
des worts gottes ruemend, und aber nit ist, sonder uß irem guotduncken
oder schmeychlen redend, legen sol. Ob aber einer untrüw bruche
am wort gottes, wirdt mit dem wort selbs kund. Demnach lernet er
ouch, das er das muotwillig kriegen der fürsten schelten und hindren
sol. Wo sind hie die Bäpstler, die hohen bischoff und die gantz
menge der genannten geystlichen? Wie hand sy sich gehalten? Sy
hand innert 15. jaren die grösten und sterckesten völcker wider einandren
zerrütt, das so vil seelen eere, lybs und guots geschleytzt
ist, das es nit ze rechnung kommen mag, und sind ye die letsten
zyt die bösten. Und so offt sy von fryden hand angehept ze
reden, ist dasselbig all weg uff iren vorteyl beschehen, und der krieg
demnach grösser worden, das eim noch hüt bi tag grußen muoß, so
bald er sy hört von fryden reden. Sy habind aber ein aten, das
ist: ein schaden, im sinn under die welt ze schicken. Kurtz: Wer

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fryden wölle han, der neme von stund an das wort gottes an, das
sich zuo diser zyt häll uffthuot, oder aber er wirt frydens nimmer
niessen; die ax stat am boum [cf. Matth. 3. 10, Luc. 3. 9].
Was sol man vil uß den propheten selbs bewären, wie der hirt
allem üblen widerston sol? Läse der hirt die propheten, so wirdt er
nüt anders finden denn ein ewigen kampff mit den gwaltigen und
lastren diser welt. Wie schiltet Isaias die gwaltigen 1. cap. [Jes.
1. 23]
: Dine fürsten sind gotlos, xellen der dieben. Sy hand alle die
gaben lieb, gand gaben und versoldungen nach; richtend dem
weißle nit, und der handel der witwen mag nit für sy komen.
Derglychen Hieremias am 5. [Jer. 5. 4 f.] schriit ouch, das die
gwaltigen die unfrommgheit der gmeind übertroffen hab. Unnd unsere
gwaltigen sprechend, ja sy verknüpffend, man sölle sy nit anruerenn;
unnd kumpt doch aller präst von den gwaltigen und höupteren har.
Wie beschiltet der die falschen propheten? Demnach Ezechiel 34.
[Ez. 34. 2-10], wie trowt er den hirten, die nun sich selbs weidend,
dero aller on zwyffel ein überschwenckliche grosse zal was! Noch
redtend die propheten wider sy. Wie beschiltet Amos die gwaltigen,
sy feyßte k#;eüe nennende, und seyt inen demnach, was grossen jamers
inen begegnen werde. Wie muoß Jonas [Jona 1. 2, 3. 4] in ein
grosse gotlose statt gon predgen, sy werde in 40. tagen undergon.
Wie hand alle, so vor der babylonischen gefencknus predget
hand, vorgseyt und gwarnet; noch hat es alles nüt geholffen.
Der vorlöuffer und töuffer Christi, Joannes, hat wol gesehen,
wie starck und gwaltig Herodes was, das im das volck in sin
schantlich leben nüts hat gdören reden; noch sicht er, das im
darumb nit ze übersehen; und als inn nieman straffet, trit er zuo im
unnd halt im sin laster uff und spricht: Dir zimt nit das eewyb dines
bruoders ze haben [Marc. 6. 18]; das aber Herodes thet. Also ward
er gefangen gelegt unnd tödt Mar. 6. [Marc. 6. 17-28]. Uß dem wirt
erlernet, das der hirt alles, das nieman gdar, anrueren und weren
muoß, nieman ußgenomen, und inn der fürsten, volcks und pfaffen
angsicht ston, unnd sich da nit grösse, stercke, vile, noch gheinerley

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butzenwercks schrecken lassen, und von stund an, so gott heißt uff
sin, und nit nachlassen, biß das sy bekert werdend, als Hierem. 1.
und 15. [Jer. 1. 18f., 15. 20]: Sy söllend zuo dir kert werden, und du
nit zuo inen; und ich wil dich dem volck zuo einer starcken, eerinen
mur geben, und sy werdend wider dich striten, und aber nit überstarchen;
dann ich bin mit dir.
Unnd wie by den Spartanen ephori, by den Römeren tribuni
gewesen, in vil tütschen stettenn noch obreste zunfftmeyster sind,
das sy dem houpt, so es ze vil gwalt brucht, inredind, also hat ouch
gott under sinem volck amptlüt, die hirten, das sy zuo aller zyt wachind;
denn ye so wil gott, das nieman ze überträffenlich sye, das
man im sin mißtat nit gdöre sagen. Unnd ob der gwalt sölichs uß
falscheit oder forcht nit thuon gdar, dem es doch zuostuende, so sol
der prophet doch nimmer schlaffen. Wert der gwalt mit, so mag
man die laster deß mit grösserem friden hintryben; hilfft er nit mit,
so muoß der hirt die hut dran binden und ghein ander hilff noch
entschütten denn von gott hoffenn. Denn kurtz: Es muoß gewachet
und geweret sin; dann gott schickt all weg sine prophetenn zytlich
gnuog, die sündtlichen welt ze warnen, als Hierem. 25. und 29.
Unnd für das die warnung kumpt, so hilfft nütz me denn endren
und bessren; dann bschicht das nit, so ist größers übel an der
tür; und das von tag ze tag, biß daß 's gantz volck verderbt wirt.
Byspil: Sodoma und Ninive, das israelisch volck, das in der
wueste das kalb hat angebättet und begnadet ward; harwidrumb eben
dasselb nach aller warnung ungebessret in die babylonischen gefencknus
gefuert ward.
So nun der hirt wider alle grossen und hohen ding diser welt
ston muoß und mit inen stryten, so ist not, das er wol gewaffnet sye.
Darumb muessend wir inn in die waffenkamer Christi fueren, das er

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sich daselbst wol beware, mit denen waffen er sine jünger ouch angelegt
hat. Er schickt sy Matth. 10. [Matth. 10. 7-25], Mar. 6.
[Marc. 6. 7-13], Lu. 9. und 10. [Luc. 9. 1-11, 10. 2-16]: Als ir nun
hingand, so predgend, sprechende: Das rych gottes ist hie. Die
krancken machend gsund, reynigend die sundersiechen, erweckend die
todten, vertribend die tüffel unnd predgend: Das rych gottes ist hie.
Vergeben hand ir 's empfange, vergeben gebend 's hin. Ir söllend
nit noch gold, noch silber, noch müntz in üwre seckel noch bulgen
bstellen uff den weg, nitt zwen röck, nit schuoch, nit ein stab; denn
der arbeyter ist siner narung wirdig etc. Sich, hie wil Christus
gar nit, das sich der hirt mit einigerley zytlicher narung beware,
denn allein mit dem fürnemen der trüwen arbeit. Dero zwyfflet er
nitt, daß ir etwas noturfft oder narung gebrästen werde. Denn arbeytind
sy trülich, so werdind all weg erfunden, die inen nit mangel
lassind. Darzuo sye er ein spyser und bekleyder der vöglen unnd
bluomen. Wie könde er denn sinen arbeyteren mangel lassen? Er
heyß ouch die gaben, die er fry, unerkoufft inen verlyhen hat ze
würcken vergeben widrumb hingebenn. Der stab, der by Marco
nachgelassenn [Marc. 6. s], ist zuo hilff des wegs - damit sy erkantind,
inen den pracht der wegnen und rütery verbotten sin - nachgelassen.
Hie by Mattheo ist er verbotten [Matth. 10. 10], damit sy
nit mit streychen handlind, ouch das sy erlernind, das sy sich luter
uff das versehen ires herren verlassind und sich nit uffrüstind.
Bald darnach spricht er wyter: Und welcher üch nit uffnimpt
und üwre wort nit annimpt, so gand uß demselben huß oder statt,
und erschüttlend den stoub üwer fuessen [cf. Matth. 10. 14f.]. Warlich
sag ich üch, es wirt dem sodomischen unnd gomorrischen
volck ringer sin am tag des urteils weder derselben statt. Wie er. vor

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geheissen hat die schlüssel des entbindens bruchen, in dem, daß sy
das euangelium verkündind, namlich, das rych gottes sye hie [Matth.
10. 7]
, also heißt er ouch hie widrumb binden, die ir wort nit annemind,
das ist: iren stoub ab den fuessen erschütlen zuo eim zeychen, das die
unglöubigen also in irer ungloubnus gfangen sygind, das die glöubigen
gottes nit iren stoub, der doch ein verworffen ding ist, mit inen gmein
haben söllind. Also hat ouch demnach Paulus act. 18. [Act. 18. 5f.]
die schlüssel des bindens gebrucht: Als die Juden zuo Corintho
Christo
widerredetend und schmachtend, hat er sine kleider erschütlet
und zuo inen geredt: Üwers bluotes schuld sye über üweren
kopff; ich wird reyn von üch mich zuo den Heyden keren. Also sehend
wir hie ouch, das Christus nit wil, mit gwalt ieman zuo dem glouben
bezwungen werden (als aber etlich den Christen fürgebend zimmen,
die doch nüt anders denn uff die zytlichen hab und das irdisch rych,
als ze besorgen, gynend), damit alle krafft und eer gott und sinem
wort heymköme.
Wyter spricht er [Matth. 10. 16-18]: Sich, ich send üch hin als die
schaaff in mittenn der wolffen. Darumb sind fürsichtig als die schlangen
und einfaltig als die tuben. Huetend üch aber vor den menschen; dann
sy werdend üch hingeben für die rädt, und in iren versamlungen werdend
sy üch geyßlen und für die fürsten und küng werdend ir %\gefuert
umb minetwillen inen zuo kundschafft und den Heyden etc. Sich,
wie er inen allen trost diser welt entzücht. Was mag zuo dem fleisch
erschrockenlichers gesprochen werden, denn: Ir werdend für rädt,
fürsten und küng gestellet, und werdend verraten, und ir werdend
geyslet. Es wirt ein bruoder den andren in 'n tod geben, und der vatter
den sun, harwidrumb die sün ire vätter. Und spricht aber daby:
Sy werdind under denen fyenden allen des lybs halb unbewart sin,
glych als die schaaff in mitten under den wolffen. Die habend ghein
erbermd mit den schäfflinenn, wie ein erbermlich, tugendhafft unnd
unschädlich tier es sye. Also werdind ouch die hirten und diener
gottes by den gotlosen menschen ghein erbermd findenn, sonder geachtet
als die schaaff, die zuo der metzg verordnet sind; und ein
yeder, so sy töden, werde meinen, ein gotzdienst begangen haben.

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Dise waffen und noch vil andre, namlich: das sy nit über den
meister sygind, wie nun derselb durächt, als werdind ouch sy durächtet
werdenn [cf. Joh. 15. 20]; das sy die welt hassen werd [Joh.
15. 18]
und verfuerer schelten etc., möchtend verdacht werden, das sy
me ein verhindrung weder ein bewarung wärind, wiewol sy warlich nüt
anderst denn waffen sind. Denn so sich einer dero vor irem anryten
verwegen hat, so ist er gewaffnet, das sy im nit schaden mögend.
Wo nun die dem hirten nit schaden mögend, muoß ye sin, das er ein
starcken harnescht darwider hab. Und wil aber hie nit zellen den
harnescht, der Ephes. 6. [Eph. 6. 11] bestimpt ist, sonder den Christus
mit wenig worten ußricht Mat. 10. [Matth. 10. 26.28]. Glych
nachdem er vil stucken, die über den hirten gan werdend, gezellt
hat, spricht er: Ir söllend sy nit fürchten. Und bald darnach: Ir
söllend die nit fürchten, die den lychnam tödend, aber die seel nit
mögend töden; sonder fürchtend weger den, der lyb unnd seel in
die verdamnus verderben mag. Nit förchten ist der harnesch. So
du nun sprechen wilt: Das wüßt ich on dis wol, ob glych Christus
nit also geredt hette, das, wo ich mir nit förchte, das ich alle ding
dapffer wurd angryffen. Wenn mir ggeben wurde, das ich mir nit
forchte, denn möcht ich bstan, sunst nit, so mir nun gebotten wirdt,
ich sölle mir nit fürchten. Darumb zeygt uns Christus an, wo wir
erlangind, daß wir one forcht sygind Jo. 16. [Joh. 16. 33]: Dise ding
hab ich mit üch geredt, das ir fryden in mir habind. Ir werdend in
der welt angst oder trang habenn; aber sind unerschrocken, ich hab
die welt überwundenn. Hie sehend wir den fürstryter Christum.
Er heißt uns unverworren sin und fürfaren in sinem werck, ob uns
glych hiemit trang wirdt zuogefuegt; die welt thuege im nitt anderst.
Aber hierinn steckt unser gwüsser trost, das er der überwinder der
welt sye. Und so wir sine trüwe diener, werde er dieselben ouch für
uns überwinden. Darumb söllind wir nun frölich sin. Als ouch Moses
zuo den kindren Israels spricht exod. 14. [2. Mos. 14. 14]: Der herr
wirdt für üch stryten, und ir werdend still darzuo sin, schwygen und
ruowen. Also sol der hirt die arbeyt sines herren volbringen, und
demnach inn lassen walten und schirmen.

--40--

So aber der hirt hie inreden möcht: Ja, er schirmt mich, byß das
ich getödt wird, antwurt: Denn hatt er dich recht und warlich geschirmpt;
dann gheiner lydet den tod umb gottes willen, der nit gottes
ist. Hie wirst du die ersten gründ des gloubens und der liebe erlernen,
wie da vor verheissen ist [cf. Matth. 10. 26-28]. Gloubst du, das ein
einiger, allmechtiger gott sye? Ja. Gloubst du ouch, das er din gott,
herr und vatter sye? Ja. Setzest du ouch all din zuoversicht in inn?
Ja. So gloubstu ouch one zwyfel, das er dir nütz verheissen hab, er
werde dir das leisten? Ja. Hast du inn für einen vatter, so wirst
du inn one zwyfel ouch lieb haben, und gevölgig sin in allem, das
er erfordret? Ja. Du wirst ouch fröud haben, so du im gedienenn
kanst? Ja. Also folgt uß dem gloubenn, durch den du inn für den
höchsten gott, für dinen gott, für dinen vatter hast, das du zum ersten
hoffst, zuo im ze kumen, ja du ylst, zuo im ze komen. Denn hast du
inn für dinen vatter, so wirst du inn ouch lieb haben. Hast du inn
lieb, so wirst du nit mögen erlyden, das sinen namen ützid abgang,
das man sinem wort nitt gloubenn geb, das man so schantlich wider
inn leb. Unnd wie du ee den tod weder dins lyplichen vatters
schmach, also vil me für den hymelischen vatter ee den tod weder
sinen nachteil erlyden magst. Gloubst du, das gottes wort nit fälen
mög, so weist du ouch wol, das hie für inn sterbenn die gröste eer
ist, die ein sun sinem himelischen gott unnd vatter kan anthuon.
Unnd ye minder du den tod fürchtest, ie stercker der gloub inn dir
ist. Ye me du den tod fürchtest, ye minder vertruwens und liebe
gottes inn dir ist. Wo der recht gloub unnd götliche liebe ist, da
weyßt der mensch, das umb gottes willenn sterben ein gwün ist,
unnd ein anhab des waren läbens. Er weißt ouch, das nitt der
überwunden wirt, der by stätem verjehen des worts gottes stirbt,
sonder der sich die liebe diß läbens laßt von gott abwenden. Unnd
wirt denn nümmen sprechen: Ja, ich wird daby getödt; das ist ein
stimm des fleischs. Wo aber rechte götliche liebe ist, da mag dieselbenn
ghein ußwendig fhür erlöschen. Damit muoß man die
fygend gottes überwinden. Als Paulus Rom. 8. [Röm. 8. 38f.] anzeygt:
Ich bin gwüsß, das weder tod noch läben, engel noch gwalt etc.
uns von der götlichen liebe scheiden mag etc.

--41--

So nun dem hirten die liebe notwendig ist, muessend wir anzeygen,
warumb und wannen sy imm verlihen werd.
Darumb ist die liebe notwendig, das alle ding nach iro gericht
unnd gemessen werdind. Dann der zimmerman ist so grad mit dem
ougenmess nitt, im ist ouch darzuo das richtschyt not. Also ist alle
dapfergheit, kunst unnd glouben nütz, sy werdind denn nach der liebe
gericht 1. Corinthio. 13. [1. Cor. 13. 4-8]: Die liebe ist duldmuetig,
fründtlich; die liebe vehet nit; die liebe ist nit muelich; wirdt nitt
uffgeblaßen; handlet nitt ungestalt noch uneerlich; suocht nit iren
eignenn nutz; ist nitt gechzornig; rechnet nit das übel zemen; fröwt
sich nitt uff unbill; fröwt sich aber mit der warheyt; treyt alle ding,
vertruwt alle ding, hofft alle ding. Die liebe empfalt oder fälet
nimmer. Sichst du hie an der art der liebe, das sy dem hirtenn für
alle andren götlich tugendenn not ist. Glych als der hirt etliche
schaaff schlecht, etliche mit der hand, etliche mit dem fuoß schübt,
etliche aber mit pfisen tribt, etliche mit dem gleck zöckt, aber
etliche, so sy blöd sind, treit, etliche daheim laßt, biß sy erstarchend,
thuot er doch dis alles sinem herren ze guotem, das im die
schäfflin gemeret, suber und xund werdind. Also der hirt gottes
sol alle ding uß liebe thuon zuo merung und erbuwen der schaaffen
gottes, yetz ruch, denn hert sin, nachdem die schaaff erfordrend
und gott erliden mag. Kurtz: Wo die liebe ist, da trifft es all weg;
da gat man nimmer muessig; man wytret für und für die eer
gottes, und mag man darby alle ding erlyden. Dann on die liebe
fallt der mensch lichtlich in hochmuot. Ja, wo die liebe gottes nit,
da ist es alles nüt denn ein hochmuot.
Wo man aber die liebe gottes überkome, wirt lichtlich in den
worten Christi erlernet Jo. 6. [Joh. 6. 44]: Nieman kumpt zuo mir, es
habe inn denn min vatter gezogen. Also kumpt gott anhangen von
dem selbs zyehenden gott; dann gott selbs ist die liebe 1. Jo. 4.

--42--

[1. Joh. 4. 16]. Welcher nun in der liebe blybt, der blybt in gott, und
gott blibt in im. Also wirdt not sin, das der hirt gott ernstlich anrueffe,
das er inn mit dem fhür siner liebe anzünde. Wie wirdt er
inn aber anrueffen, so er in inn nit vertruwt Rom. 10. [Röm. 10. 14]?
Daruß nun folget, daß das anrueffen uß vertruwen kumpt; denn wir
rueffend den nit an, zuo dem wir uns hilff nit versehend; oder, so wir
uns dero versähind, und er uns aber nit helffen möcht, ruofftind wir
aber nit an. Versehend wir uns nun zuo gott, das er uns so trüw sye,
das er unser not ersetzen wölle, unnd so starck, das er söllichs vermöge,
so ist gott schon in uns; denn unser fleisch erkent gott sölcher
gestallt nit. Ist nun sölcher verstand unnd vertruwen gottes in uns,
so kumpt er nit von uns, sonder von gott. Der macht uns der beyden
dingen, das er mag und wil, bericht und sicher durch sinen sun,
Jesum Christum. Und welcher den annimpt für den sun gottes,
der ist schon sicher, das uns gott mag und helffen wil; denn er hat
sinen eygnen sun für uns ggeben, das joch by eim menschen das
höchst wär. Welcher nun durch Jesum Christum sicher ist, der
ist uß gott geboren, und gott ist in im 1. Joan. 4. [1. Joh. 4. 15].
Dann wir kummend uß unserem vermögen und verstand nit so feer,
das wir Christum also annemind; es muoß nun von gott beschehenn.
Ist nun gott in im, so ist er ouch sicher, das er im geben wirt alles,
darumb er inn anruefft. Uß welchem allem folget, das alle, so sich
der kelte götlicher liebe klagend, und mögind umb gottes willen den
tod nit erlyden, Jesum Christum noch nit angenomen habend. Denn
welcher den angenomen hat, der schemt sich ützid hinderstelligs
ze erdencken, so gott sinen sun so fruotig und fry umb unsertwillen
hat hinggeben. Darumb, welcher die liebe gottes haben wil, der bitte
gott, das er im rechte erkantnus sines suns handel, recht vertruwen
gebe, so ist die liebe schon da. Unnd wirdt demnach gott danck
sagen, so er sinen schnödenn lyb zuo siner eer verbruchen wil. Und
obglych unser fleisch flücht und im fürcht (denn Christus hat ouch
schühen ab dem tod gehebt), denocht wirt es mit dem sterckeren
für des vertruwens und liebe gottes erwecket, das er nachingan
muoß. So not ist die liebe, unnd da findt man sy.

--43--

Also erfindt sich nach allem, das den hirten zuo verlöugnen sin
selbs, ze verlassen vatter und muoter, hin ze gan one sack, seckel und
stab, für die fürsten gezogen, geschlagen, falschlich verklagt und getödt
werden, nütz anders denn götliche liebe bringen mag, welche aber
one das fundament des ungezwyfleten vertruwens nit sin mag.
Ietz muessend wir sehen, was sin lon sye, und ob er umb den
lon trülich dienen werde, also, das inn der lon zuo so grosser arbeit
reitzenn mög. Den bestimpt Christus Marc. 10. [Marc. 10. 28-30].
Als Petrus im namen der jüngeren gefraget: Nim war! Wir hand
alle ding verlassen, und sind dir nachgevolget. Was wirt unser lon
sin [Marc. 10. 28]?, Mat. 19. [Matth. 19. 29] hat im Christus geantwurt:
Warlich, sag ich üch, gheiner ist, der sin huß verlassen hat
oder brueder oder schwöstren oder vatter oder muoter oder sin hußfrowen
oder kind oder äcker von minet- und des euangelis wegen, der
nit hundertvaltigs in disem zyt ynnemen werde hüser, brueder, schwöstren,
muetren, kinder und äcker mit durächtungen, und in der künfftigen
welt ewigs läben. Hie verheißt Christus ein grossen lon, aber
er verbitret denselben seer, das er spricht: derselbig werde mit durächtung
ggeben. Darumb muoß man sehen, wo der hundertvaltig lon
ie geleistet sye, den er hie verheißt. Die durächtung findend wir wol
in disem zyt, aber die hundert hüser, brueder etc. findend wir nit.
Merck: Als Petrus act. 2. [Act. 2. 41] gepredget, wurdend 3. tusent
menschen zuo dem glouben bekert. Hie überkam Petrus eins mals
vil ein grössere zal schwöstren und bruederen, ouch hüser, äcker und
allen radt, denn er vormals ye gehebt, in dem, das er alle, so in
Christum gloubtend, nütz minder lieb dann sine anerbornen brueder
hielt, unnd im die sorg für ir hab nüts minder anlag, denn ob sy
sin eygen wär, namlich, das die nit wider gott ze vil lieb gehalten
noch mißbrucht wurde. Also hand im alle getrüwen hirten thon.
Nun dient diser lon nit dem lychnam, sonder meret dem hirten
die sorg unnd angst für sine empfolhnen. Was sol man erst von
dem verheissen der durächtung reden, die so gwüsß geleistet ist,
das die hirten allenthalb ein lange zyt hin getödt sind. Daran wir
nun wol sehend, das die hirten nit uß ansehen des zytlichen lons gedient

--44--

habend. So aber hieby das ewig läbenn ouch verheissen ist,
muessend wir sehen, ob man umb desselben willen das hirtenampt annem.
Also erfindt sich ouch, daß der hirt, so feer er recht ist, ouch
nit luter umb den ewigen lon dienet. Und wirt hiemit von unserem
verdienst und lon erlernet. Welcher umb den ewigen lon dienet, der
muoß vorhin wüssen, wo im derselb verheissen sye, und wer inn im
verheissen hab; unnd das, der inn im verheissen hab, richtig und unbetrogen
sye. Wenn nun der mensch weißt den verheißnen lon, so
ist im erst not, das er gwüsß sye, das im der verheisser nit fäle.
Hat er die sicherheit, so hat er das recht vertruwen und glouben inn
gott. Wo das ist, da ist nit möglich, es muoß götliche lieb harnach
folgen; denn welcher wolt gott für ein gnädigs, unbetroglichs, höchstes
guot eigenlich halten und inn nit lieb haben, voruß, so er uns so
thür siner gnaden durch Jesum Christum, sinen sun, versichret hat?
Also folgt, daß uff den lon gheiner sehen mag, der ein rechter
hirt ist. Dann truwt er, der lon sye gwüsß, so ist der gloub vorhin
richtig da. Ist der da, so volgt die liebe mit. So nun das vertruwen
und liebe vorhin da sind, so wirt uß denen gearbeitet und nit ußfsehehen
des lons. Die knecht sehend allein uff den lon, aber die sün
sehend nit uff den lon, sonder arbeytend mit trüwen in ires vatters
xind, lassend den lon iren vatter bestimmen, ob und wie er wil.
Nun sind wir sün gottes Galat. 4. [Gal. 4. 7] und miterben Christi
Ro. 8
. [Röm. 8. 17]. Warumb woltend wir denn als die unfryen knecht
nun uff den lon sehen und nit allein uff die eer gottes, unsers vatters,
unnd demnach den uns lassen erben, wie im gevalt?
Welcher hirt zuo sölcher maß der liebe nit kumpt, der wirt offt
schwancken werden in dem fhür der durächtung. Darumb hat
Christus, ee und er die junger hat wöllen lassen zuo predgen ußgon,
sy vorhin mit dem heiligen geist in dem zeichen der fhürinen zungen
und getös eins starcken winds gevestet [cf. Act. 1. 2, 2. 1-13]. Der

--45--

wind kam vorhin, die wällen und ungestueme diser welt anzeygende,
und demnach die fhürinen zungen, die bevestigung gottes durch liebe
sin in unseren hertzen angezündt bedütende.
Ietz volgt von den valschen hirten.
Valsche hirtenn sind nütz anders denn valsche propheten, welche
gott offt mit irer farw ußstricht; noch wöllend wir die nit kennen.
Und stellt sy aber Christus so eigenlich harfür Mat. am 7. [Matth.
7. 15f.]: Huetend üch vor den valschen propheten, die zuo üch komend
inn kleydren der schaaffen, aber innwendig sind sy röubig wolff. Ir
werdend sy an iren früchten erkennen. Samlend sy von den dörnen
truben, oder von den tistlen fygen?
Hie sehend wir ein gemeine form, daran wir alle valschen hirten
und propheten erkennen mögend von der warheit selbs beschriben sin.
Zum ersten kumend sy in einer unwerlichen, unschädlichen gstalt,
glych als ob sy wie die schäfflin nit verletzen könnind, als wir ietz
die Bäpstler mit worten sehend kumen. Dann mit irem ußwendigen
wandel und xind, mit dem sy dahar farend wie die tyrannen etwan
in gantzem küris, zeygend sy wol ouch mit dem gebiss an, das sy
wolff sind. Wo sy befindend das einvaltig wort gottes gesäyet
werden, kumend sy mit sölchen worten an die obergheit: Wir sehend,
das der ungenäyet rock gottes übel zertrennet wirt, und die christlich
kilch, die Christus Jesus im selbs verordnet unnd mit sinem
eignenn roßenfarwen bluot gwunnen und überkomen hat, übel zerrüttet
etc. Welchem glöubigen wellend die ougen nit übergan, so
sy den schmertzlichen tod und bluot Jesu Christi fürhaltend? So
sy aber die red zuo end bringend, so hörstu denn, ob inen umb Christum
oder umb die kysten sye; dann dasselbig lutet all weg vast
sölcher gestalt: Man wil uff der vätter satzungen nütz me halten

--46--

(Daruß hand sy die pfruondlehen, pensionen, ersten frücht, järlich
kilchengelt, banschätz, bann umb zytlich guot, den jämerlichen gwalt
ires rechtens). Man redt, die mess sye nit ein opffer (Daruß hand
sy die grösten huffen irer richtagen zemen gesamlet). Man verwirfft
die bicht (mit dero sy all conscientzen gefangen hand und nit uß
der gefencknus gelassen, biß das inen ein thür loßgelt ggeben ward;
fragend aber daby dem rechten bychten nütz nach, wie der mensch
in rechten rüwen und missvall sin selbs gefuert werde). Man haltet
nüt uff die muoter gottes (darum, das man sy nitt mer mit silber,
gold und edlem gstein umbhencken wil, daran der gytwurm alle jar
ein besundre ärn gehebt hat, sonder man reicht sölichs den armen,
als der arm sun Marie selbs ouch gethon hat). Die münch und
nonnen louffend uß den klöstren (Ja, die gröste vestung der
Bäpstleren ist in den klöstren. Darin hand sy der rychen und
gwaltigen kinder gelöcket, das sy die glych als pfandlüt hettind, das
man sy dess weniger an allen orten angryfen möcht. Das sehend wir
zuo disen zyten. Wo in einem volck wenig klöstren sind, da wirt dem
wort Christi wenig widerfochten). Die pfaffen nemend wyber (das
gott selbs heißt. Hettind sy aber huorenn unnd bezaltind alle jar
einer 4. guldin für ein kind unnd ye ze fünff jaren einen process, oder
järlich die visitation, damit dem bischoff des jars viertusend guldin
wurdind, so wurd es alles quit). Man predget, das zuo uffruoren
dienet (aber das sy die welt in ire verzinsung und eigenschafft gebracht,
des sy doch gheinen grund habend, das wyl sy nit beduncken
zuo uffruoren reichen. Unnd ist doch kund, das alle uffruorenn, die uff

--47--

erdrich ye gewäsen, allein uß übertrang der gwaltigen erwachßen
sind). Und derglychen gebrästen vil fuerend sy zuoletst harin, daran
man sicht, das sy mit erdichtem schin den gnädigen handel Jesu
Christi, unsers herren, iren anfechtungen fürwelbend. Und ob
sy schon disen schwantz zum letsten nit also uffrichtind, so sicht
man doch eigenlich an irem gsind und pracht, ob sy von gottes oder
abgang ires wollusts wegen da sind. Dann Christus hat ghein sölichs
xind me gehebt.
Da sy aber hie christenlichen kilchen harfürziehend, die Christus
mit sinem bittren tod gewunnen, und die er selbs uffgesetzt hat,
da muoß man ye ein ufsehenn han, welches die christenlich kilch
sye. Wo sol man aber dasselbig anderst finden weder by Christo,
das ist: in sinem wort selbs? Erfindt sich nun by Christo, das
der Bäpstleren zemenkuchen die christenliche kilch sye, so sol
man sy billich darfür halten. Wirt sy aber von Christo nit bestimpt,
warumb thuot sy sich denn für die kilchen uß? Sy mögend wol ein
bäpstliche kilch sin oder versamlung, aber die christenliche kilch,
die wir gloubend (das gantz glöubig volck) einen gmahel Jesu Christi
sin, das sind sy als wenig als der Belial gott sye; oder aber unser
gloub von der kilchen stuende uff den betruglichen, hinvelligen menschen,
das aber nit sin mag.
Die kilch wirdt einist, so vil hiehar gehört von iro ze reden,
für alle die genomen, die all ir zuoversicht und sichrung des heils uff
Christum gebuwen hand, wie er Matt. 16. [Matth. 16. 18] redt: Uff
denselben (dannenn er Petro den namenn Peter, das ist: felßer, gab)
wirt ich min kilch buwen, das ist: min volck wird ich darinn mit gott

--48--

vereinbaren, das ich für ir sünd ein bezalend lamm und opffer bin.
Und welcher sich daran laßt, der wirdt heil, unnd ist ein glyd miner
heiligen, das ist: mines volcks unnd miner menge. Also befindt sich
in dem wort Christi, das dise christglöubige kilch alle die sind,
die in Christum vertruwt sind. Denn warlich, welcher uff den felsen
gebuwenn ist, der ist in der kilchen; denn die kilch ist uf den felßen
gebuwen.
Zum andren mal wirt die kilch für ein yede kilchhöre genomen.
Also heißt die kilch zuo Corintho [cf. 1. Cor. 1. 2] den teil der allgemeinenn
kilchenn, der byeinander zuo Corintho was, die sunst all
glyder der kilchenn mit allenn glöubigen menschen warend. Noch
nütz des minder hiessend sy ouch ein kilch, das ist: ein gemeind
oder versamlung. Also heißt die kilch zuo Abbtzell die kilchhöre
zuo Abbtzell; die sind nütz des weniger glyder des gantzen christlichen
volcks, welchs die war kilch ist, von dero wir gloubend. Als
wenig nun die zuo Corintho und die zuo Abbtzell gebott und verbott
über die gantzen Christenheit legen mögend, als wenig mag
die bäpstlich kilch, dann sy nun ein besundre kilch ist (ob sy
den glouben Christi hat!), die sich selbs uffwirfft, andren menschen
satzungen und gebott ufflegen.
Diss alles wirt, mit vil kundschafften der gschrifft bewärt, an
andren orten gnuogsamlich anzeigt; dann hie nit statt ist nach noturfft
davon ze reden. Und darumb, da sich die Bäpstler der zerrüttung
der kilchen klagend, klagend sy sich nun ires abgangs; denn sunst,
ie me menschen in den waren christenglouben trettend, ie grösser die
kilch ist, unnd ob glych ghein bapst noch hoher bischoff uff erden wär.
Noch hat es ein schöne gstalt: Glych als ob inen umb die schaaff
sye, so ist inen umb die wollen und umb die bschärer; denn sy soltend
sunst wol wüssen, das die kilch gottes oder die schaaff gottes
oder das volck gottes, wie due es nennen wilt, mit gheiner andren
weyd weder mit dem wort gottes gespißt werden mag. Und so das
allenthalb rychlich harfürgetragen wirdt, soltend sy nit klagen, wie

--49--

zerrüttung entstuende, sonder frolocken, das die weid des götlichen
wortes allenthalb so träffenlich wuechße.
Es hilfft ouch nit, das sy redend: Ja, wenn man es dartruege
nach der vätter meinung. Dann Christus hat diss wort: "Der mensch
wirt läben in eim yeden wort, das da kumpt von dem mund gottes"
Mat. 4. [Matth. 4. 4] nit in der vätter urteil gsetzt oder mund, sonder
redt er von dem wort, das von sinem mund kumpt. Ouch deut. 8.
[5. Mos. 8. 3].
Kurtz, daß 's ein yeder Christ verstand: Wie ist es umb den
christenglouben gestanden, oder wie hat man den gepredget, ee das
gheiner dero, die sy vätter nennend, geboren ward? Wie habend die
heiligen apostel das wort gottes gepredget? Also erfindt sich, das
sy mit den vätteren nütz denn die einvaltigen brögen wöllend, und
das wort gottes mit inen gefangen legen. Das Christenvolck hat
frommlicher und unschuldiger nie gelebt, denn do ghein menschlicher
zuosatz oder zwang zuo dem einvaltigen wort gottes nie gethon ward.
Also kumend sy zum ersten mit den worten, damit sy den einvaltigen
ein mennle machind. Unnd ist denocht ein gotzdanck,
das sy yetz also anhebend. Sy habend nun dalame 3. oder 4.
mandat lassen ußgon, inn denen sy zum ersten vergessen hand ze
empfelhen, daß man das gotzwort predgen sölle mit allem ernst. Und
kumend erst hindenach, als ihener den nachpuren luod: Gfatter Hans,
kum ee ouch! Wir wöllend, sprechend sy, nüt des minder, das man
das euangelium predge. Ietz ist es so vil wäger worden, das sy das
euangelium zum ersten empfelhend ze predgen, und kumend denn
mit dem harnach, doch nach dem verstand der vätteren und gmeinem

--50--

verstand der glöubigen. Wie ist gott sines worts halb so wol bschehen,
das vätter komen sind; oder aber, man hette im sin wort nit lassen
predgen! Dann setz, ob ghein vatter das wort gottes nie mit
schriben gehandlet hette, wöltind sy es lassen predgen oder nit?
Mag es nun one die vätter rechter, luterer oder clärer gepredget
werden, warumb bindend sy es denn an die vätter, so doch ire eygne
recht 8. und 9. distinct. [Corpus iur. can. Dist. VIII und IX] anzeygend,
das die vätter dem wort gottes, und das wort gottes nit den
vätteren wychen sol. Wannen aber der verstand des götlichenn wortes
kömme, ist in dem buechlin "Von clarheit des gotzwortes" gnuog geseit.
Also erfindt sich, das die, so Jesum Christum, unseren herren,
und gott in irem anwerben fürwendend, und doch sust nütz an inen
habend, daran man sehe, daß sy in Christum gloubind, sölichs allein
thuond, daß sy für hirten werdind angesehen; denn warlich, so du sy
biß uff die fueß besichst, so stechend inen all wegen die wolffsklawen
harfür. Diss reicht nit allein uff die hohen byschoff, sonder uff alle
byschoff oder pfarrer, denen man gar bald anhört, ob sy zuo guotem
den schaaffen lerind, oder zuo guotem irer kuche; welche die bäpstlichen
kilchen bschirmend, ja, was dieselb setze, das gange näbend
dem wort gottes wol hin (,welches doch ein schantliche abgöttery
ist; denn wie kan die creatur näbend den schöpffer gesetzt werden?);
welche das lyden Christi vernütend, so sy sprechend: Der mensch
muoß und mög durch sine werck sälig werden; denn, so dem also, so
wäre doch Christus vergeben gstorben Gal. 2. [Gal. 2. 21]. Sy
redend es aber uff den list. Sy wüssend wol, daß ein yeder mensch
an sinen eignen wercken verzwyfflet. Und so er aber an den wercken
hangt, so luogt er umb hilff der wercken, und kert sich demnach an
das pfaffen- und münchengmürmel der psalmen, an messhalten, an
kilchenzier meren; das bringt als dem valschen hirten milch unnd

--51--

wollen von den schaaffen. Und diss ist inn den nachkomenden worten
Christi ußgetruckt, da er spricht: Ir werdend sy an iren früchten
erkennen [Matth. 7. 16], das ist: ir werdend an dem, das sy suochend,
wol sehen, ob sy uß liebe gottes die schaaff weydend oder uß irem
gyt; und empfilcht sölichs allen Christen. Darumb muessend ouch
die Bäpstler lyden, das man sy bschetze, ja, die aller einvaltigosten
muessend sy sich lassen bschetzen; denn Christus redt diss zuo den
schaaffen oder gmeind. Also muessend sich die vätter mit den bäpsten
und byschoffen lassen bschetzen, ob sy wolff oder hirten sygind. Unnd
erlernet sy die gmeynd wolff und nit hirten sin, so sol sy sich vor
inen hueten, gott geb, was sy bochind.
Wyter volgt in der prob Christi [Matth. 7. 17-20]: Ein yeder
guoter boum bringt guote frucht, aber der ful boum macht böße frucht.
Ein guoter boum mag nit böße frucht bringen, noch der ful boum guote
frucht. Ein yeder boum, der nit guote frucht bringt, der wirt abgehouwen
und in 's fhür gworffen. Darumb so erkennend sy an iren
früchten. Hie ist eigenlich ze mercken, wie vor von dem rechten
hirten geredt ist, das er sich der dingen flysse, die er im gotzwort
findt und lert, und nit eygne glychsnerwerck harfürbringe. Also sol
ouch das volck den hirten nit by menschlich erfundnen wercken
bschetzen, sonder an denen wercken, die gott geheissen hat. Darumb
nun der hirt nit by sölichen wercken beschetzt wirt, so sind vil
der unwüssendenn, die da redend: Sich, man halt nit mess; man
kluegt die bilder nit; man halt nütz uff das gsang imm tempel, nütz
uff den ablas; man gibt den münchen, den nonnen, den pfaffen ghein
gaben noch opffer mer; man gibt nütz an unser frowen gebätt etc.
Wenn sy aber wüsstind, das gott das verlonet messhalten so übel
gefalt; und das man die läbenden bilder gottes, die armen Christen, nit
die hültzinen und steininen götzen zuo der eer gottes bekleiden sol;
und daß in dem geist unnd inn der warheit gott anbätten [cf. Joh. 4. 24]

--52--

im das aller gevelligest gsang ist, nit das mit jolen; das der ablas nüt
anderst denn ein erloubnus aller lastren xin ist (denn uff den hat man
geroubt, gestolen, gewuochret, krieget, verraten, ja alle grossen übel
begangenn); das es so schädlich ist under dem christenen volck so
vil muessiggenger, pfaffen, münchen, nonnen halten; denn sy alles muotwillens
unnd wollusts die träffenlichsten anheber sind; ouch so sy
betrachtetind, das gheines menschen werck dem andren fürgesetzt mag
werden weder des einigen herren Jesu Christi waren gottes und
menschen; ouch das die höchste eer der jungfrowen Marien ist nitt
hohe muren uffrichten und die thuomherren uff schönen rossen reiten,
by hüpschen frowen ätzen, sonder allen denen, die in iren sun
hoffen, sölche hilff anhencken, und das, so an die muren verwendet
wirdt, zuo bewarung der frommgheit armer dochtren unnd frowen, dero
schöne durch armuot inn gefärd gefuert, ußgeben wirt: ja, wenn die
unberichten eigenlich also wüßtind, welches christenliche werck
wärind, so wurdind sy den hirten ouch by denen allein lernen erkennenn.
Sunst, so der hirt gytig, unkünsch, versoffen, ein spiler
ist [cf. Tit. 1. 7], unnd aber daby sich für gotzförchtig mit vil messhalten
und ußwendigem schyn der kleydung und zitten erzöigt, so
wenend die einvaltigen schaaff, er sye ein hirt, so er doch nütz anders
denn ein röubiger wolff ist.
Wie der heilig Paulus ein waren bischoff, das ist: pfarrer, Tit. 1.
[Tit. 1. 5-9] unnd 1. Timo. 3. [1. Tim. 3. 1-7] beschribt, hab ich mit
flyß bis hiebar gespart, damit man näbend dem liecht die finsternus
erkenne, näbend dem rechten hirten den letzen. Ein bischoff oder
pfarrer, spricht Paulus, sol unbehaglich sin, ein eeman eines eewybs,
nuechter, rechtsinnig, wol by im selbs, züchtigs wandels, gern
bherbergen, gschickt ze leren; des kinder glöubig und ghorsam sygind,
denen man nit zuomessen könne, das sy geil oder muotwillig sygind.
Es muoß der byschoff oder pfarrer nit behaglich sin mit lastren; dann

--53--

das zimpt eim hußhalter gottes. Darumb so muoß er nit ungebrochen
oder eigenrichtig sin, nit ein zornwuetiger, nit ein winsuffer, nit ein
schlaher noch spitzler, nit uneerlichs gwüns begirig. Er muoß ouch
widerhäbig oder zäy sin inn der leer des waren gloubens, damit er
trösten und ermanen mög inn rechter, gsunder leer, und die widerbäftzenden
harfürziehen und begriffen. Sich, in disen worten Pauli
erlernet man, an was stuckenn man ein hirten erkiesen sol. Also
muoß ouch volgen, daß, die sölcher maß nit gesitt, valsche hirten
sind und zuo dem ampt untougenlich.
Dise stuck sind ouch alle in der liebe verschlossen, wie vor
gehört ist.
Wenn nun ein hirt verklagt wirdt oder verlogen, schadt nit, so
feer es warlich nit uff inn gebracht werden mag, als leyder ietz zuo
unseren zytenn bschicht, darinn alle menschen so geneigt sind uß
fyendschafft des gotzwortes die predgenden mit unghandem lügen
ze beflecken. So feer er aber ein bärlich laster an im hat, darinn
er behagt werden mag, sol er nit das bischoffampt verwalten. O,
wie wölt ich hie etlichen hohen byschoffen, die mich one die warheyt
grosser lastren zyhend, doch hinderwert, wueste maßen können anzeygen,
wo mich ir närrisch rätschen bekümrete.
Es wirdt ouch ersehen inn den worten Pauli, daß ein ieder
pfarrer, der nit reinlich lebt und aber ghein eewib nimpt, ein valscher
hirt ist; denn er sich der schand nit schempt; ja erst me schanden
dem frommen volck zuofuegt.
Das die füller und prasser valsche hirten sind; man weißt wol,
was zimmliche noturfft ist.
Das er nit ein letzkopff, halb toll und ungemäß in reden und

--54--

andrem sye; dannen har die verlognen rätscher unnd fantasten valsche
hirten sind.
Die einen unzüchtigen wandel mit kleidung und andrem fuerend,
sind nit hirten, sonder wolff.
Die nit ze herberg nemend die armen, sind valsche hirten. Hie
sind die gmeinen hirten zuo diser zyt nit so seer ze schelten; dann die
prelaten fuerend inen die zehenden und frücht hin und lassend die
pfarrer an den klawen sugen. Darumb sol ein yede kilchhöre sehen,
daß inen der pfarrer uß iren zinsen und zehenden zimlich versehen
werd, das er ouch den armen ze hilff kommen mög. Und wo das
beschicht, so wirt alles narrenwerck, damit man zuo opfren gelöckt
hat, hinvallen.
Vor allen dingen sind nit wirdig, daß sy hirten genent werdind,
die nit leren könnend; oder, so sy es köndind, nit zäy sind und den
widerstrebenden mannlich widerstand.
Deß hirten kinder söllend züchtig, glöubig, wol erzogen sin, daran
man sicht, das man nit jung lappen, sonder die yetz ein zyt hußgehalten
und wol erzogne kinder habend, zuo hirten erwöllen sol; es
wäre dann als Timotheus, ein jünger mit den gaben richtig [cf.
1. Tim. 4. 12 ff.]
, die eim byschoff zuoghörend etc.
Die übrigen stuck ermißt ein yeder von imm selbs.
Also sol man nach den worten Christi [cf. Matth. 7. 17-20] den
valschen hirten eigenlich an den früchten lernen erkennen, und daby
wüssen, welches götliche, welches tüfelische frücht sygind, damit man
nit den ratten behalte und den kernen hinwerffe [cf. Matth. 13. 29].
Was der abgehouwen boum, in das fhür geworffen, bedüte, wirt
harnach kumen.
Die sind ouch all valsch hirten, die innwendig nit recht glöubig,
nit liebhaber gottes sind, wie vormals uß dem byspil und worten
Christi clarlich von dem rechten hirten gseit ist; welchen iren unglouben
man heiter an den wercken sicht.

--55--

Im anfang hat man ghört, das der hirt vatter und muoter, schwöster
und brueder etc. umb gottes und sines worts willen verlassen sol
[cf. Matth. 10. 37]. So muessend ye die valsch sin, die ire brueder mit
irem hirtenampt und sich selbs erst rych machend, als wir täglich an
den hohen byschoffen sehend, die ire verwandten zuo grossen richtagen
mit erdichten ablas-, erloubnus- und urteilbrieffen und derglichen unzalbarliches
alefantz bringend. Ja, es hat inen ghein lichtveriger
bachant in irer jugend nie kuplet, er muoß ein korher oder richer pfarrer
werden. So nun, die vormals in der welt arm warend, so sy zuo dem
byschoffampt kumend, rychtag inen selbs und den iren zemenlegend,
ist ein gwüß zeichen, das sy valsch hirten sind. Es gehört den armen;
denen lert uns gott guotes thuon, nitt denen, die es zuo grösserem und
höherem pracht mißbruchend. Christus heißt sy, die uns anghörend,
verlassen, und die valschen hirten umbvahend sy erst.
Wir hand ouch gehört, das sich der hirt verwegen muoß das
krütz Christo täglich nachzetragen. Daran wir sehend, daß die
byschoff valsch hirten sind, die nit allein den tod nit, sonder gheinen
abgang oder nachred umb gotzwillen erlyden mögend. So lieb hand
iro vil ir seel und läben in disem zyt, das sy verruocht hand, ob sy
alle völcker wider einandren verhatztind, damit sy allein by irem
muotwilligen läben geschirmt wurdind. Thuond hie üwre ougen uff ir
alle, die in den regimenten sitzend. Die falschen hirten hand üch
bald zuo grossem wueten und rechen gehetzt; was aber demnach
volge, zeygend vil geschichten zuo unseren zyten an, darinn so schädlich
krieg durch die valsche hirten angereiset, die sy aber demnach
nit hand mögen, ja nit wöllen wenden. Damit ist den fürsten und
völckeren denn die armuot und jamer zuo huß gefuegt unnd lachend sy
durch die fünst.

--56--

Das ouch die valsch hirten sind, die sich in aller wyß und maß
nit haltend, wie die vätter thuond, alles anligen der schaaffen und
angst nit ir eygen anligen lassend sin, sonder nun uff das iro sehend,
sprechende: Ich wil das main haben. Was sol man aber von denen
reden, die mit dem wort nit lerend unnd mit den wercken nütz denn
zerbrechend, und habend aber vor anzeygt uß dem wort Christi,
das die, so wol lerend und nit erfüllend mit den wercken, die aller
kleinsten im rych gottes [cf. Matth. 5. 19], das ist: under den Christen,
sind? So nun die losen lerer under die valschen hirten billich gezellet,
war wellend wir mit denen, die weder lerend noch tuond, und
denocht den namen der hirten, byschoffen und vätteren tragen wellend,
dann sy ye den zytlichen lon der propheten und hirten ynnemend?
Nim dich nütz an, frommer man! Es sind nütz denn röubig
wolff. Wir sehend ouch, daß alle, so sich andrer wercken, denn die gott
geheissen hat, nietend, nütz denn valsch hirten und glychsner sind.
So wir ouch gehört, daß das einig ampt des byschoffs oder hirten
ist predgen und das predgen die laster beschelten unnd weren erfordret,
so ist offenbar, das alle, so nit predgend und den lastren werend, nit
hirten noch byschoff sind. Es ist ouch offembar, das die byschoff, die
alle laster allein umb gelts willen straffend, nütz dann röubig wolff
sind; dann truegend sy schmertzen von der lastrenn wegenn, so möcht
inen derselbig durch das gelt nit hingenomen werden, sonder arbeytetind
sy, den sünder mit götlicher leer abzefueren von den lastren. So
sy das nit thuond, ist gwüß, das sy nun uff den seckel sehend.
Also erkennt man sy an dem früchtsuochen, das sy thuond; und ist
ein jamer, das man sy nun hirten nemmen sol, die doch nütz
anders denn ware wolff sind. So dem rechten hirtenn sin lon mit
durächtung verheissen ist, so ist häll, das, die gheiner durächtung

--57--

warten wellend, nit hirten, sonder flüchtig soldner sind. Mit was
namen sol man aber demnach die nennen, die den waren hirten ufsätzig
sind, sy mit aller macht durächtend, und, wo sy ze kurtz sind,
andren durächteren lon gebend? Dero ich etlich mit iren gaben
wol wüßte zellen. Es ist aber noch nit zyt. Ir boßheit muoß
vor wol erfüllt werden. Demnach wirt sy ouch an den tag kumen;
denn nütz ist so verborgen, das nit geoffenbart werde Marc. 4.
[Marc. 4. 22].
Es sind ouch alle die valsch hirten, die den sündenden küngen
und völckeren nit widerstand, sonder lassend sy mit verergernuß
aller frommen für und für unverschampt sünden. Und wäre das
ein schimpff, wenn sy nun dieselbigenn nit überträffind; ire muotwillen
und heimlichen laster ist nun ein scham ze reden Ephe. 5.
[Eph. 5. 12]. Sölte man ouch ire wend durchgraben und ir heimlicheit
anschowen, wie gott Ezechielen offnet cap. 8. [Ez. 8. 8-18],
so wurde man die unbillichisten abgötery sehen mit spilen, huoren,
seelen verfueren und allerhand lastren, das wir mit Christo wurdind
reden: Warumb hand sy nun das erdrich inn? Noch haltend wir
die wolff hert für hirten. Noch hand sy an dem nit gnuog. Sy
schämend sich ein teil nit, offenlich ze tuon, das sich doch der mensch
vor dem tag, ob sunst vor niemen, schämenn solt. Sölche ougen
heißt uns Christus ußrüten und hinwerffen [cf. Matth. 19. 9], und
wir pflantzend sy für und für.
Es verbüt ouch Christus [cf. Matth. 10. 10], daß die junger one
stab, sack und seckel hingangind ze predgen. So volgt, das, die den
stab habend, das ist: den weltlichen gwalt, mit dem ampt des hirtens,
nit hirten, sonder wolff sind; dann Christus hat alles regieren nach
dem sitten der fürsten diser welt dem hirten verbotten, do er Lu. 22.
[Luc. 22. 26] spricht: Ir söllend aber nit also regieren, und Mat. 20.
[Matth. 20. 25-27]: Ir wüssend, das die fürsten der völckeren sy beherschend
etc.; also wirt es under üch nit sin. Habend sy nun den

--58--

stab, den in 'n Christus verbüt, so sind sy falsch hirten. Habend
sy sack und seckel? Ja warlich, sy hand es alles. Und hette Christus
geredt: Ir söllend sehen, das ir alle hab diser welt üwer eigen
machind, so köndind sy demselben gebott nit flysslicher nachkumen.
Also sind sy geistlich xin, biß sy den besten und grösten teil erobret;
und lassend inen yetz die gantzen welt dienen. Ja, die fürsten selbs
muessen mit lären henden uff sy gynen. Sich, also hand sy sack
und seckel dahinden gelassen: Noch sind sy hert für hirten und nit
für ware, ryssende, röubige, zuckende wolff erkennet; dann sy irem
gyt Christum oder sin muoter oder den gotztöuffer Ioansen oder
einen andren, der die gantzen welt als mist veracht hat, zuo eim deckmantel
fürwendend, sprechende: Es ist gottes, unser frowen, sant
Ioansen. Die muessend erst nach irem tod, so sy dört sälig sind,
hie bettlen, wuochren, landsherren sin, schinden und schaben, die, do
sy uff erden warend, alle ding verliessend und den armen hingabend.
Das hieß recht am narrenseil gfuert.
Man kennt sy ouch daran, das Christus sine hirten gsendt hat
in mittes der tyrannen, glych als da einer schaff in mittes der wolffen
sendt; so sind sy glich als die wolff under den schaaffen; denn was
ryssend sy nit zuo inen, was roubend sy nit, was tödend sy nit, was
zerstörend sy nit? Wirt das euangelium Christi yenen by eim volck
angenomen, und sy sehend, daß inen ir roub entgan wil, so sich
denn du, wie sy ryßsind, allenthalb unfryden und zertreyung
sägind, und doch alle weg ze fordrist imm mund habind: Die
predger gebärend unruow und uffruoren. Und ist aber das arm volck
von gott denocht so vil begnadet, daß imm joch das heil der seel
nit abgeschlagen wirt, ob es glych des lybs halb jämerlich verhergt
ist. Das mögend sy nit erlyden; denn sy erlernend dem nechsten

--59--

ze helffen, und nit, dem verschampten gutzlen der Bäpstleren
zuo muotwillen geben. Das heißt inen unruowen, wenn man inen
nümmen gibt, daß sy die gantzen welt mögend unruewig machen.
Kurtz dennen: Es ist inen lang gnuog ir präst mit glimpff dargethon.
Sy habend ab manen sich nit wellen bekerenn; man muoß anheben
mit der bloßen, ungeferwten warheit sy triben und demnach gott
lassen walten.
Und ist die summ, daran du die valschen hirten erkennen magst:
1. Alle, so nit lerend, sind nütz denn wolff, ob sy schon hirten,
byschoff oder küng genennt werdind. Sich hieby, wie vil sind der
lerenden byschoffen?
2. Welche denn schon lerend, und nit das wort gottes sonder ire
tröum lerend, sind aber wolff.
3. Welche das wort gots lerend, doch nit zuo der eer gottes,
sonder uff sich und ir houpt, den bapst, zuo schirm irs erdichten hohen
stands ziehend, sind schädlich wolff, kumend in den kleyderen der
schaaffen.
4. Welche schon lerend, und lerend ouch mit dem wort gottes,
und aber die grösten verergrer, die höupter, nit anruerend, sonder ir
tyranny wachßen lassend, sind schmeychlend wolff oder verräter des
volcks.
5. Welche nit mit den wercken uebend, das sy mit dem wort
lerend, sind nütz under dem christenen volck, brechend vil me
mit den wercken, denn sy mit wort buwind.
6. Welche der armen nit achtend, sy vertrucken lassend und beschwären,
sind valsch hirten.
7. Welche namen der hirten tragend und aber weltlich herschend,
sind die bösten werwolffen.
8. Welche rychtag zemenlegend, sack, seckel, spycher und keller
füllend, sind ware werwolff. Und entlich, welche anders mit der leer
weder erkantnus, liebe und kintliche forcht gottes under den menschen

--60--

fürnemend ze pflantzen, die sind valsche hirten. Und nun bald mit
inen von den schaaffen, oder aber sy fressend 's gar.
9. Daby ouch lychtlich verstanden wirt, das alle die valsche
hirten sind, die an die creaturen von dem schöpfer fuerend.
So nun der allmechtig gott unser sünd so ein lange zyt mit valschen
hirten, die uns mit sinem wort nit gespißt, und mit den wolffen,
die uns das zytlich gar nach abgezogen, ja uns gar ir eigen gemacht,
gestrafft, und aber yetz widrumb das liecht siner warheit angezündt
hat, daß man sy allenthalb sehen und wol erkennen mag, so sol hierinn
das glöubig volck nit hinderstellig sin, sonder uß der wolffen gefencknus
sich ußueren lassen; dann hie nit der lyplich schad anzesehen
ist, sonder die felschung und mangel des worts gottes; denn
eintweders so hand sy, die valschen hirten, es verschwigen oder aber
gefelscht. Daruff sy noch yetz mit allem ernst, mit gwalt und betrug
tringend, das man eintweders das euangelium nit predge, oder aber
mit der betrüglichen, valschen vermischung und gwalt menschlicher
leren predge. Dann lassend wir uns widrumb hinder das liecht fueren,
so kumpt es allein dahar, daß unsre laster so groß sind, daß wir das
götlich wort nit erliden mögend: der glast der warheit beschwärt
uns. So ist denn unser verdamnus, daß wir ir joch zwyfalt tragind,
billich; denn das liecht ist in die welt komen, und habend die menschen
die finsternuß lieber gehebt weder das liecht Jo. 3. [Joh. 3. 19].
Darumb allen fürsten, regenten und völckeren sölicher widerval ze
verhueten ist; dann schlechtlich so ist der erlößer hie, nun das wir im
nachgangind. Wellend wir rechte kinder gottes sin, so muessend wir
sinem wort allein loßen und sehen, daß wir die nit hörind, die uns
von dem abfueren wellend, ja, dieselben von uns thuegind, nit wonung
by inen habind. Sölichs erfordret ein yeder vatter an sine kind; vil
me der hymelisch vatter an sine sün, die er mit sinem sun imm
selbs zuo eim ußerwelten volck und xind [cf. 1. Petr. 2. 9] hat gemacht.
Darumb wellend wir weg anzeigen, wie man der valschen hirten
abkomen mög.

--61--

Und zum ersten iren lon anzeygen, ob sy villicht uß ansehenn
des lons abstuendind und umb söllichen lon nümmen dienen wöltind.
Gott redt deut. 13. [5. Mos. 13. 1-5]: Ob ein prophet in mitz
under dir ufferston wurde, oder einer, der sich ußgäbe, wie imm im
schlaff ein gsicht oder troum fürkomen sye, und vorseit ein wunder
oder zeichen, und beschähe ouch, das er geredt hette, und spräche
aber zuo dir: Laß uns andren götten nachgon, die aber du nit kennst,
und lasß uns inen dienen, so soltu des propheten oder tröumers wort
nit hören; dann üwer herr gott versuocht üch, damit offembar werde,
ob ir inn uß gantzem hertzen oder seel lieb habind. Dann ir söllend
üwrem herren gott nachgon und inn fürchten, sine gbott halten und
sin stimm hören. Imm söllend ir dienen und imm anhangen. Aber
diser prophet oder troumdichter sol getödt werden; denn er hat geredt,
daß er üch von üwrem herren got abwandte etc. Sich, o frommer
diener gottes, wie gott die glöubigen so starck versuocht, daß er
valsch propheten laßt vorsagen, das ouch kumpt, daran nit allein die
blöden, sonder uch die ußerwelten Mat. 24. [Matth. 24. 24] in verirrung
gefuert werden möchtind; wil aber daby leren, das sinem wort me
gloubens denn den wunderwercken ghalten werden sol, und uns bewären,
ob wir inn recht im hertzen und der seel lieb habind. Daß
aber sölichs versuochen nit zuo grossem uffwachß köme, so heißt er
den propheten töden. Sich, das ist der lon, den man den valschen
hirten geben sol, so sy uns zuo frömbden götten fuerend: ze tod schlahen.
Ob sy aber sprechen wurdind: "Wir lerend nit abgötery", so trifft
ouch das gsatz uns im nüwen testament nit an. Antwurt für das erst:
Alle, so anderswohin hand glert zuoflucht haben weder zuo dem einigen,
waren gott, als die, so zuo den creaturen gewendt, habend zuo frömden
götten gefuert; dann ye, das eins ieden gott ist, zuo dem er sinen trost
und zuoflucht hat. Darzuo hand die Bäpstler vil närrischer uff iren
abgott, den bapst, gefuert, denn ghein ambätter der abgötten; dann dieselben
habend die götzen Iovis, Iunonis, Martis nun als bilder
der waren - als sy vermeintend - götten geeret, und gheinen läbenden

--62--

menschen nie für ein gott gehalten. Ich laß hie ston, das die
schmeichler etlichen als götten uffgeopffert; ist doch dasselb in verhällung
der wysen und frommen nie komen. Aber die Bäpstler
habend iren abgott, den bapst, ein irdischen gott genennet, und inn
mit vil me anbättens geeret denn den waren unseren herren und
gott; ja, die armuot unsers gots und erlösers, Jesu Christi, für ein
spott gehalten und noch hüt bi tag, sam Christus nitt beßers gewüßt;
aber ir gott wüsse, was darzuo ghöre; der bapst habe ein anders
wesen mit der zyt angesehen; darumb werde man nümmen in der
armuot Christi läbenn; Petrus sye ouch ein thor gewäsenn. Merck
hie! Hat der bapst sölich prachtlich läben nach dem wort gottes angesehenn?
Nein. So hat er one zwyffel nüt angesehen weder
sin vernunfft, sine tröum unnd hat von gott abgefuert; darumb inn
das gsatz zuo dem tod verurteilt; dann gott wil söliche tröumer nitt
duldenn. Hierem. 14. [Jer. 14. 13-15] redt der prophet: Ah, ah, ah!
Herr, die propheten sprechend zuo inenn: Ir werdend das schwert nit
sehenn, unnd wirt der hunger nitt under üch sin, sonder wirt üch
warer fryd gebenn an disem ort. (Also wellend ouch zuo unserer süntlichenn
zyt die valschen hirten fryden verheissen, dem sy nie nachgangenn.)
Unnd so sy des gotzworts bericht wärind, wüßtind sy wol,
das dise sündtliche welt eintweders sich endren unnd beßrenn muoß,
oder aber hunger, krieg, pestilentz oder gefencknus erlyden. Aber sy
schriend nach fryden, da er nit ze hoffenn ist. Möcht inenn nun ir
rent unnd yngan blyben, umb den fryden ist inen. Do hat der
herr zuo mir gesprochen: Die propheten redend valsch in minem
namen; ich hab sy nit gesendt; hab inen nütz empfolhen; hab ouch
nüt mit inen geredt. Sy sagend üch verlogen gsichten oder erschinungen
und betrogliche warsagungen und die verfuernüssen ires
hertzens. Darumb redt gott dise ding uff die propheten, die in
minem namen redend, die ich aber nit gesendt hab, die do sprechend:

--63--

Weder schwerdt noch hunger wirdt in disem land sin. Die propheten
werdend mit dem schwert und hunger verzert etc. Sich, hie tröwt
aber gott den valschen propheten das schwert. Daß aber ghein andre
mögind verstanden werden denn die, so menschenleren lerend, als die
Bäpstler thuond, so stricht er sy noch clärer am 23. [cf. Jer. 23. 1-40]
uß: Wee denen hirten, die das chüt miner weyd zerströwend und
zerryssend (Sich, ob er hie nit von den ryssenden wolffen red, die
in vilvaltig irrung menschlicher leer zerströuwend!) und das duncken
ires hertzens redend. Ich sandt sy nit, und sy lüffend; ich red nütz
mit inen, und sy wissagtend. Wie lang wirt das in den hertzen der
propheten, die lüg und verfuerungen irs hertzens lerend, sin? Die
do verschaffen wellend, das min volck mines namens vergess umb
irer tröum willen, die sy iren nächsten sagend. Welcher prophet ein
troum hab, der rede den troum, unnd welcher min wort hat, der rede
min wort. Was hand die sprüwer mit dem weitzen ze tuon? Hie
hett man nun wol gehört, von welchen propheten gott redt, namlich:
von den tröum- und märisageren. Was verheißt er aber inen für
ein lon? Ir weg wirt als ein häle oder schlipff in der finsternus;
sy werdend gestossen, und in imm vallen etc. Ich wird sy mit wermuot
spisen und mit gallen trencken etc. Sich den schlipff, den val
in irer finsternuß der unwüssenheit und die grossen, schwären bittergheit,
die inen täglich wachßt, und nüt des minder ir val kumpt als
der gespaltnen mur Isa. 30. [Ies. 30. 13f.].
Derglychen findend wir vil kundschafft in der gschrifft, daran
man die valschen propheten erkennt. Voruß Ezech. 34. [Ez. 34. 1-10],
da sy zum aller eigenlichisten gemalet sind, aber ze lang hiehar ze
sagen. Und ist doch all weg ir end, das man sy abthuon sölle.
Aber des abthuons halb, ob man sy frävenlich erschlahen sölle,
ist gwüß, das gheinem menschen one recht oder gotzgheiß zimpt ieman
z 'tod schlahen. Darumb die wuetenden, hönen Christen unrecht
daran sind, da sy meinend, man sölle glich nach dem wort deu. 13.

--64--

[5. Mos. 13. 5] in sy schlahen, sonder sol man dasselb gott heimgeben.
Er wirt 's wol angschiren, wenn er 's also habenn wil. Und biß du
darzwüschend frölich und gedenck, was geist's du sygist, und halt
dich des gnädigeren urteils gottes, der also spricht Mat. 7. [Matth.
7. 19]
: Ein yeder boum, der nit guote frucht bringt, der wirt ußgerütet
und in das fhür geworffen. Ist der hirt valsch, so hör inn nit; und
so sin valscheit die gantz kilchhöre erlernet, so thuend inn einhälliklich
hinweg. Mögend ir das nit, so hörend inn alle samen
nit. Lydend ee den tod, ee ir den hirten oder wolff hörind, der
üch von gott ziehen wil. Diss ist alles klar gnuog in den vordrigen
kundschafften der gschrifft. Ouch so heißt uns Christus Matth. 5.
[Matth. 5. 29]: Ob uns glych unser rechtes oug verergre, das wir das
ußgrabind und hinwerffind. Also wellend wir das oug ußgraben und
hinwerffen, das ist: den valschweidenden hirten und den unnützen fulboum
ußgraben und in den herren lassen in 's fhür werffen, so es im
gevalt. So er ab dem ampt des lerens komen ist, wellend wir inn
under das gemein unkrut rechnen, das wir ston lassen söllend biß
zuo der ärn etc. [cf. Matth. 13. 30]. Also redt gott ouch Ezech. 34.
[Ez. 34. 10]: Ich wirt min chüt von irem gwalt oder hand erfordren,
und wird sy schaffen uffhören, daß sy mir mine schaaff nit wyter
weidind, ouch sich selbs nit wyter weidind. Darumb das, so deut. 13.
[5. Mos. 13. 5] stat: Die verwalten söllend, die das schwert tragend,
die werdend wol sehen, wenn sy ze töden sind. Und ob dieselben,
irer farw und masen, sölichs nit thuond, muessend wir uns als in einer
babylonischen gefencknus lyden, biß uns gott mit siner eignen
hand erlößt. Denn das wir darzwüschend erlydend, ist nit ein nachteil,
sonder ein ußbutzen unserer zier und kron. Gott mag vil vorgeben;
denn im mag nieman in die fryheit louffen noch entrünnen
psal. 138. [Ps. 139. 7]. Ouch findend wir nit, das weder Christus

--65--

noch die apostel ye so ruch anggriffen, das bluot harnach ggangen
sye; aber dennen stossen zimpt einer yeden kilchhöre, und gar töden,
so sy nit darvon lassen wurdind, dem gwalt des schwerts. Vermasg
du dine hend hierinn nit; denn gott der fält nit. Er wirt, so feer
die wolff nit mit fryden uß dem land verjagt werdend, das sy nümmen
widerkummind, wol einen Heliam erkicken, der uff einmal
450. baalspfaffen und 400. bergkilchenpfaffen töden wirt [cf. 1. Reg.
18. 40]
. Er fält nit; laß dich nun nit duren. Christus hat das
eebrüchig wyb nit dem tod wellen zuosprechen Jo. 8. [Joh. 8. 3-11], das
doch nach dem gsatz den tod verschuldet hat. Wie hat er aber den
jüdischen pfaffen unnd gantzem volck so jämerlich gethon in der
überwindung Titi? Also söllend ouch wir der duldmuot gottes
nachfolgen. Mögend wir, so söllend wir die wolff nienen lassen an
der statt der hirten sin; mögend wir nit, so muessend wir warten der
erlößung; denn das gnädig byspil Christi vermag by mir me weder
die ruch straff Mosis. Wiewol Christus ouch kumen wirt, so es
im gevalt; wirdt eintweders die regenten oder das volck zuo rach bewaaffnen.
Beschlusß zuo den getrüwen hirten.
Darumb, o ir aller liebsten brueder und mitarbeyter in dem wyngarten
Christi, lassend üch ghein angst noch wällen diser ungestuemen
welt erschrecken, daß üch Christus nit kleinglöubig schelt [cf. Matth.
8. 18.23-27, Marc. 4. 35-41, Luc. 8. 22-25]
; denn er schlafft nit, sunder
bewärt üch, wie mannlich ir sin wellind. Und so es im gevallen
wirt, wirt er den winden gebieten, das sy stillind, und üch uff dem
wasser halten, das ir nit versincken werdend. Er laßt üch nit versuocht
werden me denn ir getragen mögend, sunder zeygt üch all weg den
ußgang eintweders uß dem truebsal oder aber uß der welt [cf. 1. Cor.
10. 13]
, und macht üch über dracken, löwen und basiliscen gwaltig
[cf. Marc. 16. 18], also, daß ir über sy wandlen und trätten mögend

--66--

[cf. Luc. 10. 19]. Ir habend imm trüw und liebe zuogseyt in der antwurt
Petri, do er inn fragt, ob er inn lieb hette, und Petrus sprach:
Herr, du weist, das ich dich lieb hab [Joh. 21. 15-17]; oder aber ir
wärind mit gwalt und andren weg denn durch Christum in den stall
der schaaffen ingangen [cf. Joh. 10. 1]. So lassend nun sehen, welcher
wil der erst sin: der uß liebe sines herren lyden gdör [cf. Matth.
20. 20-28, Marc. 10. 35-45]
? Was nutzes mögend ir im bringen, so ir
imm nun in der schöne arbeitend und das schiff fuerend, und so das
ungewitter kumpt, fliehend? Die fürsten diser welt habend, die für sy
strytend und den tod lydend umb ein klein gelt, und sol ünser himelischer
vatter und herr nieman haben, der umb sinetwillen stryte und
den tod erlyde, der doch nitt hinvelligen lon, sunder ewige fröud gibt,
und üns zevor mit sinem eignen sun entschütt und erlößt hatt? Alldiewyl
ir Christum nun verjehend, diewyl es nach wunsch gat, und,
so es sich umbkert, flühend, wirt üch üwers byspils halb nieman
glouben; denn ein yeder wirt gedencken, so ir by dem wort, das ir
predgend, den tod nit gdörind erwarten, ir gebind im selbs nit glouben.
Darumb, so ir sehend, das sich die getöß und gmürmel der
durächtungen erhebend, so sye veer von üch, das ir der flucht nachsinnind,
sunder gedenckend, das üch gott als arme zuo waaffen uffgeblaßen
hab, und stande uffzesehen, wie mannlich ein yeder sich
halte. Pfuch der schand dem, der hie hinder sich dencken wölte
unnd nit für die schäfflin fürhin an den spitz tringen, so sin herr stat
und zuoficht. Hierumb so ligend gott mit ernstlichem gebätt ob, das
er das weydlich werck, das er mit üch angefangen hat, beveste [cf.
Phil. 1. 16]
; das ir das zuo end bringind, das sin nam und wort widrumb
in erkantnus der armen verfuertenn schäfflinenn gebracht werd und nach
sinem willen gelebt. Denn der wirdt allein heil, der do verharret
hiß in 's end [Matth. 24. 13].
Beschluß zuo den valschen hirten.
Darumb, o ir valschen hirten, ist ein fünckle noch inn üch,
das doch meint, es sye ein gott, ist ein tropff menschlicher

--67--

früntliche in üwren hertzen, so schonend umb gottes und menschlicher
gsellschafft willen des armen volcks, das ir so lange zyt hunger des
worts gottes hand lassen lydenn, unnd aber daby mit ungeschwungnen
burdinen überladen [cf. Luc. 11. 46], voruß ir hohen byschoff, und
lassend es uß gefencknus, und verwirrend nit die gantzen welt umb
üwers gyts und prachts willen. Gloubend ir, das ein gott sye,
ouch, das er ein gemein urteil und gricht halten werde über alle
menschen, wie könnend ir dann immer ruewig sin, so üwer gantzer
stand nüt anderst denn ein unbilliche beschwerd ist der Christenmenschen,
und ir mennend ümerdar für on alle ruow oder miltrung?
Darumb wol schin ist, das ir weder gott noch sin strenges urteil
fürchtend; denn wo forcht ist, da ist ouch bessrung. So nun üwer
gheiner inn den umbillichen beschwerden ützid nachlaßt, ist richtig,
das ir gottes wenig achtend. In welches namen sind ir aber sunst
da? Aber ir tröstend üch inn den rörinen stab uß Egypten [cf.
Jes. 36. 6]
, das ist: in die fürsten und gwalt diser welt. Der stab
wirdt üch in der hand brechen, und die spyssen übel verletzen.
Denn was ist des küngs krafft anderst weder sin volck? Wenn nun
das volck dem küng üch nit hilfft beschirmen, als sich wol ze versehen,
so es allenthalb so huffechtig dem wort gottes anhangt, wo
ist denn üwer heil? Wo ist des küngs krafft? Also werdend ir erläben,
lassend ir nit nach, das üch jamer mit inen ze huß kummen
wirdt. Und ob ir glich darzwüschend üwer eygen brieff und sygel,
glouben und trüw brechen und die frommen verkünder des euangelii
fahen, pingen und töden werdend, werdend ir doch nun den zorn
gottes darmit über üch brueffen. Das euangelium wachßt darab so
lang, biß das gott sin erlösung schicken wirt. Wie das israelisch
volck in Egypto, do man sy anhuob tödenn, namend sy erst träffenlich
zuo exo. 1. [2. Mos. 1. 1-7], biß sy Moses hinfuort. Es hilfft ouch
nit uff concilia uffziehen. Wurde ghein concilium niemer me gehalten,

--68--

denocht söllend ir recht tuon und wider gott sin volck nit beschwären.
Helias hat under dem unbillichen wuetrich Achab 850. baalsunnd
bergpfaffen getödt, ein einiger prophet under eim so grossen
gotzfygend 3. reg. 18. [1. Reg. 18. 40]. Darnach hat Hiehu alle
baalspfaffen mit eim schönen list getödt 4. reg. 10. [2. Reg. 10. 15-28];
Josias, der fromm küng, darnach alle bergpfaffen 4. reg. 23. [2. Reg.
23. 4-15.24]
. Hierumb sind gewarnet! Gott hat üch lang gnuog vorggeben.
Er wirt zum letsten mit der ruoten kumen; denn üwer abgang
wirdt als wenig wider uffgericht, als Lucifer ze himel kumpt.
Darumb setzend üwer hoffnung anderswohin, namlich in gott, den
ruewigmacher aller hertzen. Der welle üch in sin erkantnus ziehen, das
ir üch under die gwaltigen hand und crütz Christi demuetigind, und
mit allen glöubigen sälig werdind.
Amen.