Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Eine treue und ernstliche Vermahnung an die Eidgenossen

2. Mai 1524
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


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Ein trüw und ernstlich vermanung an die frommen
Eydgnossen, das sy sich nach irer vordren bruch
und gestallt leytind, damit sy die untrüw und gevärd
irer fygenden nitt beleydigen mög.
Beschriben von einem Eydgnossen, yetz ußlendisch,
der aber von hertzen gern irer eeren und
guotens zuonemen sehe.
Ersamen, wysen, gnädigen, insonders günstigen, lieben herren
und guote fründ, getrüwen Eydgnossen! Ir wellind für das erst
ghein verwundren tragen, das ich on minen namen zuo üch schryb;
dann es mee uß demuot weder uß ufsatz beschicht. Unnd obglych
zuo mir harwidrumb möchte geredt werden: Warumb ersparstu denn
din schriben nit; was bedörffend wir desß? zwingt mich besundre liebe
und gunst, die nit ich allein, sunder alle menschen zuo irem vatterland
habend, daß ich nit lassen mag; ich muoß in üwerer gefarlicheyt mitt
üch reden. Dann ob ich schon yetz in minem vatterland nit won,
so ist mir doch ein lobliche Eydgnosschafft uß minem hertzen nie
kommen, sunder ir glück mich all weg seer gefröwt und ir unfal seer
beleydiget hat. Darumb ir, als ich hoff, min schlecht, einvaltig
schriben nitt uß kluogheit der worten oder wyßheit, sunder uß trüw
mines gemuets ermessen und für guot annemmen werdend.
Nun weyßt uwer wyßheyt für das erst wol, was der fromm bruoder
Claus von Underwalden ernstlich geredt hat von einer Eydgnosschafft
wegen: das die ghein herr noch gwalt gewünnen mög denn
der eygen nutz. Derglychen ouch Philippus, des grossen Alexanders
vatter, sprach: es wäre ghein statt noch schlosß so vest, wenn ein esel
mitt gold geladen darin kommen möcht, so wurd 's gwunnen. Der

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allmechtig gott hat unseren vordren so vil gunsts und gnaden geben,
das sy sich von dem muotwilligen adel entschütt hand, und demnach
so bruederlich mit einandren gelebt, daß inen treffenlich an eer und
guot uffgangen ist; ouch so redlich gricht und recht gehalten, das alle,
so in veeren landenn wider billichs getrengt, zuo inen ein zuoflucht
hattend, wurdend ouch erredt und offt zuo dem iren widrumb gebracht,
darab die muotwilligenn fürsten ein grossen schrecken all weg gehebt;
und ob sy glych etwan von inen selbs nitt hettind wellen recht thuon
noch halten, hand sy üweren tratzlichen bystand des rechten muessen
entsitzen. Daran man wol vermercken kan, das üwere fryheit von
gott nit allein üch, sunder ouch den frömbden zuo guotem angesehen
ist, das sy under üwerem schirm glych als in einer fryheit zuoflucht
und frist hettind.
Demnach als die fürsten gsehen, daß gott so starck uf üwer
sitten, daß sy üch nütz hand mögen angwünnen, hand sy üch - glych
als die Moabiten die kinder Israels mit iren schönen
frowen reitztend [cf. 4. Mos. 25. 1] - mit dem kärder der gaben
gelöcket, das sy üch in den eygnen nutz brächtind. Hand wol
ermessen, daß, wo einer sinen fründ oder nachburen sähe bald und
unversehenlich on besunderen gwün und gwerb rych worden sin, und
uß richtag muessig gon, schön bekleidt sin, mit spilen, prassen, muotwillen,
er demnach ouch gereytzt wurde sölicher gestalt nach rychtag
ze stellen - denn alle menschen neygend sich von der arbeyt
zuo dem muotwillen -; und wo im sölich rychtag nit begegnen
wurde by dem, der sinen nachburen hat rych gemacht, so wurde er
sich zuo desselben wyderparthy fuegen. Daruß wurde denn der zwytracht
erwachßen, also, das vatter und sun, bruoder wider bruoder,

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und gsellen und nachburen wider einandren verhetzt wurdind: Demnach,
als gott redt, möcht das rych, das in imm selbs zwyträchtig ist,
nitt beston [cf. Matth. 12. 25], und wurde ein Eydgnosschafft ouch
muessen zergon.
Getrüwen, lieben herren! Sehend ir nit, daß diser ratschlag zuo
eim teyl für sich gangen ist? Der eygen nutz ist under üch gesäyet
und der zwytracht ouch hernach gevolgt. Nun ist es am zergan, es
sye dann, daß ir den eygen nutz mit sampt dem zwytracht abstellind;
denn ist noch gewüsse hoffnung by gott. Ich weyß aber wol, das
dero vil sind, die do sprechend: Ob mich glych die herren rych
gemacht, hab ich nüt dest minder on anrueren mines eyds und
gwüßne alles gethon, das zuo guotem und eeren eyner frommen Eydgnosschafft
dient. Es hat aber diß ußred nit krafft; denn obglich
du und noch ein andrer so standvest wärind, das ir üch gheine gaben
neygen liessind, so sind doch demnach hundert, die umb gaben willen
all schantzen gdörend halten. Darumb du ouch die gaben myden
solt, das nit die grösser menge uß dinem bispyl umb gaben willen ein
Eydgnosschafft in gevärd fuere; dann du dich ye ruemst alles thuon
wöllen, das zuo guotem eyner Eydgnosschafft diene. Darumb sölcher
ußzug vil ringer geredt wurt denn gehalten. Gott, der alle hertzen
der menschen erkennt [cf. Ps. 44. 22, 139. 2], und eygenlich vorhin
weyßt, war wir uns werdend hencken, der büt allen richteren,
das ist: allen fürnemmen und gwaltigen, sy söllend ghein gaben nemmen;
dann die gaben verblendind ouch die ougen der wysen, und
verkerind die wort der frommen [2. Mos. 23. 8, 5. Mos. 16. 19]. Nun
lügt gott nitt [cf. 4. Mos. 23. 19, Hebr. 6. 18]; er irret ouch nit. So
muoß es ye sin, das man die gaben verhuete, wo man uffrecht
varen wil.
Deßhalb wol ze ermessen ist, das die, so sich so unverruckt
wellen geachtet sin, dennocht dem argwon nit mögend entdrünnen.
Denn so man die sach und that an ir selbs besicht, so hat üch der
eigen nutz gar vil in ein ander wäsen gefuert, dann üwre vordren geuebt
hand:

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I. Die hand den muotwilligen adel vertriben
II. und sich mit surer arbeyt ernert
III. und mit herten streychen und gevärd vor der herschafft erredt.
I. Aber under üch sehend ir etlich ufferwachßen, die nütz minder
muotwillend denn der adel gethon hat, ja, mit spilen, suffen,
hochfart und huory so unzimlich varen, das sölichs unsere fordren
nit hettind an andren lüten mögen ansehen; und zühend widrumb
den frävenen, muotwilligen adel, den unsere vordren nit hand mögen
erlyden.
II. Mitt arbeyt wil sich niemans mee nerenn. Man laßt die
gueter verstuden an vil orten und wuest ligen, das man nit arbeyter
hat, wiewol man volcks gnuog hette, darzuo ein guot erdrych, das üch
rychlig erziehen mag. Treyt es ouch nit zymmet, ymber, malvasy,
nägelin, pomerantzen, syden und söliche wyberschleck, so
treyt es ancken, astrentzen, milch, pferd, schaaff, veh, landtuoch,
wyn und korn überflüssig, das ir darby schöne, starcke lüt
erziehen, und, was ir in üweren landen nit habend, ring mit dem
üwrem, desß andre menschen manglend, ertuschend und kouffen
mögend. Das ir üch aber des nit haltend, kumpt uß dem eygnen
nutz. Den hat man under üch gebracht. Der fuert üch von der
arbeit zuo dem muessig sitzen. Und ist doch die arbeyt so ein guot,
götlich ding; verhuet vor muotwillen und lastren; gibt guote frucht, das
der mensch one sorg sinen lyb reinklich spysen mag, nit entsitzen
muoß, daß er sich mit dem bluot der unschuldigen spyse und vermasge;
sy macht ouch den lychnam fruotig und starck, und verzert die

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kranckheyten, so uß dem muessiggon erwachßend; unnd, das das aller
lustigest ist, volget der hand des arbeytenden frücht und gwechs
harnach, glych als der hand gottes in anfang der gschöpfft alle ding
nach läbendig wurdend, das der arbeyter in ußwendigen dingenn gott
glycher ist denn ützid in der welt.
III. Für das dritt hat üch der eygen nutz dahin gebracht, daß
all üwer krefft und stercke, die man allein zuo schirm des vatterlands
bruchen solt, von frömbden herren hingefuert und verbrucht wirt.
Sehend, wie unglich das unseren vordren ist. Die woltend die frömbden
herren in unseren landen nit lyden; und yetz geleytend wir sy
darin, so veer sy vil gelts hand; und teylend die sach also, das
etlich das gelt, etlich aber die streych uffläsen muessend. Und wo
ein frommer man ein redlichen sun erzogen hat, leytend imm den
die houptlüt, das er in die aller grösten gevärd hungers, töden,
kranckheyten, schützen und schlachten gefuert wirdt. Und so er sin
erübriget gelt rechnet, hett er daheym mit tröschen alle tag umb
4. pfennig und spyß mee fürgeschlagen; gienge es imm joch so
wol, das er vor der rechnung nit erstochen und erschlagen wurd.
Unnd demnach erst sin armer, alter vatter, den er mit siner arbeyt
solt erzogen han, ouch in 'n bettel wirt gericht. Aber denen, die
das gelt secklend, denen manglet daby nütz. Ich hoff aber zuo
gott, der erlüchte sy, das inen offenbar werde, wie thür sy sölich gelt
ankumme, das sy gar ring schetzend. Sy fuerend üch wol in vereinungen,
aber mit grossem gelt muoß man sy vorhyn vermieten.
So es nun an die streych gat, so stellend sy dir dinen, eim andren
sinen sun dar. Unnd ob sy glych vereinungen machend, das man
nyeman zwingen sol, so laßt man doch die uffweybler mitt dem
gelt yedem zuo sinem sun kommen. So ist guot ze mercken, was ein
jung bluot thuot. Deßhalb sölch fürwort nun ein farw ist, glich
als ob einer an siner verfuerten tochter meinte unschuldig sin, drumb,
daß er die tochter nit hette gheissen under den schwecher ligen; und

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hette aber mit im ein pundt gmacht, daß er in mueßte all weg, so
offt er wölte, zuo iren fry gon lassen unnd werben.
Daruß darnach für und für gevolgt ist, das ir üch gantze rych
understanden haben in üweren schirm ze nemmen, und alle streich
aller völckeren ze überstarcken. Das thuot alles der eygen nutz. Der
überredt zum letsten den menschen, es werde alles glücklich gon, wie
er es joch ansehe. Und so im darin regnet, so wuetet er denn und
gibt disem und ihenem die schuld. Glych als wenn einer siner stercke
ze vil vertruwt, und überladet sich mit einer ze schwärden burde; so
inn die nidertruckt, spricht er nit: Ich hab ze vil uff mich gnommen,
sunder: Ich bin geschlipfft, oder: Ich hab sy nit recht uff mich genommen,
oder: nit recht zemen gebunden; und ist doch die schuld
niemans dann desß, der sich übernommen hatt.
Es ist ouch in dem vergelten der herren das zuo bedencken, das
die, die die aller grösten gaben empfahend, sölichs nit offnen. Und so
sy aber sich täglich höher und kostlicher ziehend, so wirt ye der
nächst, der nüt minder sin vermeint, angezündt, glych so kostlich
ze varen. Und so er sölichs nit wol vermag, so muoß er an die
gnad des gabennemmers kummen; und zuoletst so besetzt er im sin
acker, wingarten und matten. Denn hilfft er im umb ein kleins pensiönlin.
Daruff verzert er viermal als vil. Und nachdem er gar
nütz mee hat, loufft er denn umb ein söldlin oder drü in ein krieg,
schlacht und sturm. Damit kömmend ir umb üwere redlichen lüt
und verbruchend die in frömbder herren dienst um das schnöd gelt,
und werden wenig rych darby. Aber dieselben werdend ouch so rych
daby, das sy üch die übrigen bald werdend mögen ußkouffen. Doch
welle gott, daß ich vergebne sorg hab. Wo es aber gschicht, werdend
ir nit denn ein schwären adel han, so hab ich unrecht geredt.
Aber thuond die ougen uff und umbsehend üch, das üch das
übel nit behage. Nemmend war! Üwere knecht sind yetz in Meyland,
lydend hunger, durst und krackheyten, werdend ouch offt
uff den scharmutzen erstochen. Nun hand sy heym gewellen, und
ist 's, als man sagt, hand üwere gwaltigen inen by irem läben gebotten
ze blyben. So sy nun, als uff dem weg ist, belägeret, und

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mit erhüngeren söltend angefochten werden, wie wöltind ir es verantwurten,
das ir sy geheyssen hand blyben, daß die vereinung nit
zwingen mag? Und nachdem ir sy nit entschütten möchtind, wurd
ie der knechten schuld uff üch ligen; dann ir sy hand gheyssen blyben.
Und so sy erst überwunden söltind werden unnd erschlagen, da gott
vor sye, was meynend ir, das die byderben lüt darzuo reden wurdind,
denen ire sün, brueder und verwanten umbkommen wärind? Und so
sy üch, die vermieten, der gstalt antaschen wurdind, was möchte
anders daruß werden, weder grosse uffruoren und unruow? Denn on
zwyffel so gedächte ein yeder biderman: Schenckt man inen das, so
hebend sy noch ein grössers an. Sehend, in sölich gevärd fuert üch
der eygen nutz, der alle frävel gdar underston und inen ein guote
gstalt geben.
Es ist ouch das ze bedencken, das ein ieder in der letsten not
im selbs ze hilff kumpt, wie er mag. So nun die anfenger sölcher
gevarlichen dingen sehen wurdind, das man sy vehen wolt und
suochen, so wurdend sy, wo sy möchtind ein nüwen krieg anheben
umb licht ursachen, nun, das sy der welt ungnad anderswohin verwandtind,
und iro darmit vergessen wurd. Deß sich etlich schon
hand lassen vermercken, ist es, als man sagt: die sygind heim
kummen, habend ir bälmlin geschossen, und hab sy nieman gemögen
widrumb hinder sich zuo denen knechten bringen, die sy vormal habend
hinweg gefuert; sunder sy habind daheimen angehebt das predgen
recht ze legen, und etlich ort wider ein ander richten umb des gots
wortes willen, uff welches sy sich one zwyffel wenig verstond. Und
gienge inen ir ratschlag für, so wäre ein Eydgnosschafft schon
zerstört. Denn es iro sicher wurde gon wie der muß und dem
fröschen. Die kampfftend mit einander so ernstlich, das sy des wyen
nit gewar wurdend: Der fuor zuo, roubt und fraß sy beyde. Meynend

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ir nit, üwere fyend wachend? Und so sy üch schaden möchtind,
wurdind sy es nit sparen. Darumb lyden ee alles übel mit einander,
ee ir üch wider einander lassind verhetzen; denn dasselbig üwer
gwüsse verderbnus wurd sin. Lassend üwere pfaffen mit einandren
umb des gloubens und sacramenten willen kempffen, wie vast sy
wellend, und nemmend ir üch der sach zuo gheynem zwytracht an,
sunder hangend dem alten, waren gott an, der üweren vordren all
weg glück und heil ggeben hat, diewyl sy in sinem willen läbtend.
Lert etwar unrecht, es wirt sich mit der zyt wol erfinden. Denn,
ist die leer von gott, so mag sy nieman hindren; ist sy nitt uß gott,
so wirdt sy sich selbs zerbrechenn [cf. Act. 5. 38 f.]. Es sind offt irrthumb
entstanden, sy habend aber nitt fürgebrochen. Ist nun die
man nennet "die nüwen leer" ein irrthumb, so wirdt sy wol nidergelegt;
ist sy aber gerecht (als gar nach die aller gelertesten alle mit
einander redend; dann ich im ze schlecht bin. Gott erlüchte mich
baß!), warumb wolt sich denn yeman den bapst oder byschoffe lassen
wider die warheyt verhetzen? Luogend umb üch, frummen Eydgnossen!
Hand üch die bäpst und byschoff und legaten und cardinal
nit arbeit gnuog zuogerüst? Denckend hinder sich!
Darumb, eerenvesten, frommen etc., getrüwen, lieben Eydgnossen,
legend söliche bläst und begirden nider, voruß den eygnen
nutz, üwren grösten fyend, und gedenckend, als ouch die Heyden
geredt hand, daß mit einhellikeyt kleine regiment groß uffgewachsen
sind und mit zwytracht widrumb zergangen. Haltend üch zesamen,
unnd lassend die frömbden herren sich mitt e%/inandren rouffen, und
sehend ouch einmal zuo, unnd verdingend üch nit, das ir inen all ire
streych wellind uffläsen; dann es warlich, warlich mit der zyt üch
ze sur wurd. Ob aber ettlich so ungewunnen gytig sind, das sy
nieman von irem fürnemmen bringenn mag, also, das sy für unnd
für mit frömbden herren machen, das gelt nemmen, unnd der

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frommen kind die streych ze lösen schickenn wöltind, so mögend ir
wol dencken, was üch gott unnd die noturfft mitt inen wurde heyssen
handlen, desß ich mich gegen üch nitt annimm oder leer. Aber gott
hatt all weg die ouch gestrafft, die den sündenden nitt widerstanden
sind. So nun ettlich so bärlich mit sölchen händlen umbgand, muoß
man ie dieselbigen abstellen oder warten, das gott sin schwert über
das gantz volck zuck und bruche. Ir söllend ouch wüssen, daß ich
gar nit der meynung bin als etlich, die sich üwers unfals fröwend.
Die meynend, es sye umb üch geschehen; ein Eydgnosschafft
werde kurtzlich zergon; denn die hab sich an den küng von Franckrych
gehenckt; der sye yetz verdorben, und sye ein Eydgnosschafft
in ir selbs zwyträchtig. Ja, dero meynung bin ich nitt;
denn ich wol weyß, das gott sin gnad denen, die sich beßrend, nimmer
entzücht [cf. Jes. Sir. 17. 18]. So han ich von unseren vordren
all weg gehört, es sölle sich zwüschend der Eydgnossen blast
nieman legen, oder aber er werde wol als übel klempt als zwüschend
bruederen. Dannen her ist mir eygenlich vor, gott habe der
frommen in einer Eydgnosschafft, die mitt sölicher mißhandlung
nütz ze thuon hand, noch nit vergessen; werd sy ouch etlicher gevärd
nit lassen entgelten. Ich hoff ouch darby, es werdind sich die pensiöner
und vermieten, ouch die kriegsknecht erinneren, was grossen
übels das sye, das einer gelt nimpt, und über einen frommen man
zücht, der im laster noch leyd nie gethon hat, und nimpt im das
sin, und schlecht in erst by wib und kind ze tod, unnd verbrent
inen demnach ir herberg, verderpt inenn iren bodenn, das sy erst darnach
schier hungers sterben muessen. O gott, erlücht die blinden
hertzen! Und nachdem sy sich empfindind unrecht gethon haben,
werdind sy zuo gott umb gnad werben und sölcher mißhandlung sich
verzihen und abston, damit ir widrumb in einträchtikeyt kummind.
Und wo die mit gott under üch ist, so wil ich üwer vor der gantzen
welt nit fürchten, so rych sind ir an manhafften lüten. Unnd wo ir
inner üwren zylen blybend, so muessend ir sölche gschütz, schantzen

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und vorteyl nit entsitzen als in frömbden landen. Ir sehend wol,
man laßt üch nümmen ze schlahen kummen, sunder ficht man üch
mit ufsatz, gschütz, schantzen und vorteyl und listen den hals ab.
Sind witziger, weder das ir umb des schnöden gelts willen üwere
lyb und seelen in andrer herren dienst verderbind, und üwer vatterland
widrumb in gevar der tyrannen kummen lassind. Denn glych
wie der, der ein dochter zuo uneren buolt, ir aller gröster fyend ist,
also sind üwre grösten fyend; die üch nun zuo irem muotwillen und
schirm bruchend: Wänend aber ir, darumb sy üch gelt gebind, sy
syend üwer fründ? Und ist aber ein schnöder pfennig, der sinen
herren umbbringt.
Ob aber etwar sprechen wurd: Wie söllend wir widrumb in
einträchtigheyt kommen? sol deß antwurt sin: Mit hinlegen des
eygnen nutzes; dann wo der nit wär, so wär ein Eydgnosschafft
für und für mee ein bruoderschafft weder bündtnus ze nennen gewesen.
Spricht einer widrumb: Eygner nutz ligt in iedes hertzen. Daruß
mögend wir inn nit bringen; denn gott mag allein die hertzen erkennen
und meystren. Ein andre antwurt: So thuond ir ernstlich, das üch
zuostat. Wo ir den ußwendig findend frävenlich übel gethon han,
so straffend den; lassen inn nit wachßen. Und das er in den hertzenn
der mentschen ußgelöscht werd, so verschaffend, daß das götlich
wort trülich by üch gepredget werde. Denn wo gott in des mentschen
hertz nit ist, da ist nütz denn der mentsch selbs. Wo nüts denn
der mensch selbs ist, da gedenckt er nütz anderst, denn das zuo sinem
nutz und wollust dienet. Dannen volgt darnach, das man so untrülich
hindren einandren fürgat. Wo aber gott des menschen hertz
besitzt, da bedenckt der mensch nun, was gott gevalt, suocht gottes
eer und des nächsten nutz. Nun mag gottes erkantnus nienen har
klärer kommen weder uß sinem eygnen wort. Wöllend ir nun gottes
erkantnus under üch haben, damit ir frydlich und gotsvörchtlich läbind,
so stellend allein darnach, das üch das gotswort eygenlich nach
sinem natürlichen sinn gepredget, one zwang und gwalt aller menschlichen
wyßheit klarlich und verstentlich an tag gelegt werde. Denn

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werdend ir sehen, das die üwren von inen selbs unguoter stucken
abston werdend, als denn by uns offenlich von etlichen orten geredt
wirdt, das sy frömbdes kriegens abgestanden syend, allein uß underrichts
des gots worts.
Lassend üch nit an die pfaffen, die zuo üch weinend kummend:
es gang inen an irem opffer und pracht ab, und schryend: Das ist
ketzerisch, das ist lutersch; sunder sehend, was man mit dem wort
gottes fürnämm: ob man allein zuo der eer gottes und guotem der
conscientzen tringt, oder uff den harkommen gwalt und pracht der
pfaffen. Und so ir das sehend allein zuo der eer gottes und seelen
heyl reychen, so fürdrend es, gott geb, was ihener und diser sag.
Denn das wirt üch fromm, gotzvörchtig lüt ziehen. Damit werdend
ir üwer vatterland behalten und ob 's glych dem tüffel leyd wer.
Denn wo gotsvorcht ist, da ist die hilff gottes. Wo die nit ist, da
ist die hell und alles jamer und unrechtes.
Darumb losend dem gotzwort; denn das wirt üch allein widerumb
ze recht bringen. Und nemmend disß min hertzlich unnd früntlich
warnen im besten an. Dann vil - als ze besorgen ist - zuo
üwerem unfal wol lachen möchtind, und üch den mit vil schmächlichen
geschrifften ussbreyten. Denen geben nit stat umb gotz willen. Der
welle üch in sin huld nemmen und behueten. Amen.
Uff mentag nach dem meytag im 1524. jar.