Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Vorschlag wegen der Bilder und der Messe

(Ende Mai 1524)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


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Uff die zwen artickel: einer der billder halb, das die nit söllint
sin; und der annder der meß halb, das darinn vil und mengerley mißbrüch
gebrucht werdint, darumb dann mine herren habent lassen geschrifften
ußgon und versamlungen und gesprech gehallten, und zuoletzst
die sachen bis uff pfingsten nechsthin angestelt, also, daß man erwarten,
wer darzwüschen bericht geben wöllt, das nach handlung miner herren
darinn wurde geirt: - ist für ein meynung geratschlaget also:
[I.] Der billder halb: diewil nit nodt syg, derhalb vil ze disputieren,
angesehen, das man darumb lutere geschrifft hab im alten
und nüwen testament; und wir ouch wüssent, das sölichen bilden mer
ere erbotten syg dann aber sin söllt; und doch wol ze beraten syg,
nachdem söliche bild vil hundert jar und unlang nach den heligen
appostoln [!] und jungern Cristi under den Cristen angefangen syent,
das die mit lieb, on ergerniß und zwytracht, mügint abgestellt werden
- ist also geratschlaget:
[1.] Das sonderpersonen, wo die billder gemacht oder habint
lassen machen und in die kilchen thuon, dieselben bild in acht tagen
wider uß den kilchen söllint nemen und by inen selbs behallten. Und
ob sy die in acht tagen nit uß den kilchen nemint, dann söllint die

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sigristen die uß den kilchen thuon und zuo andren dingen der kilchen
behallten.
[2.] Wo aber billder, tafflen oder derglich uß der kilchen oder
gmeyner kilchgnoßen guot werint gemacht, da söllint kein sonderpersonen,
weder wenig noch vil, heymlich noch offenlich, sölichs
dannen thuon, sonnder an gmeynen kilchgnoßen oder dem merteil
ston, ob sy das wöllint lassen bliben oder nit; und weß sich die
kilchgnoßen also darumb einhelligklich oder der merteil vereinbertt,
darby söll es bliben, so lang und es inen gefalt.
[3.] Und weß sich ye ein kilchhöri desshalb vereinbart, darby
söll es bliben und darumb kein kilchhori noch sonderpersonen den
andren darin nüdtzit reden, sy deßhalb anzühen, schmutzen noch
reitzen weder mit worten noch wercken, keins wegs, sonder fridlich
unnd ruewig sin; und wer das nit tet, den woll man hertigklichen
straffen. - Darzuo soll ouch niemas kein bild me lassen machen, daß
er das in die kilchen wölle thuon, und kein bildhower die machen by
schwerer straff.
[4.] Und ob ein kilchhori sich vereinbarti, das sy ire bilder und
tafflen in der kilchen welldint lassen ston und bliben, söllint sy doch
darvor kein kertzen brennen oder einich zünselwerch da haben und
sölichen billden mit zünßlen noch sunst kein eer anthuon, sonder
sölichs alles bewenden allein uff die ere gottes und unsers erlößers,
Jesu Cristi.
[5.] Und diewyl das crucifix unsers herren kein gottheit bedüt,
besonnder allein die mentscheit [!] und das liden Cristi, und ouch
ein zeichen ist der Cristenlüten und der gantzen Cristenheit,
sölle solich crucifix Cristi allenthalb, in den kilchen und an den
straßen, in den bildstöcken und wo das ist, bliben, und dasselb niemas
frefenlich dannen brechen, zerryßen oder einichen muotwillen
damit bruchen by schwerer straff.
[II.] Der meß halb ist geratschlaget: Diewil das sacrament des
altars ein widergedechtnis des lidens Cristi und sin war fleisch und
bluot syg, damit er uns alle von dem ewigen tod hab erlößd und selig
gemacht, und aber in handlung und wandlung sölichs sacraments, das
man die meß nempt, vil mißbruchs beschehen syg, also, daß die
priester über ir gewidmet pfruonden habint gelt gnomen und verlönt
meß gehalten umb einen oder zwen batzen, deßglich grebt, sybent,

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dryßgist und jarzit gehept, ouch seelzedel, guldenmessen, ouch
messen von den heligen seelen, und für dis und iends anliggen, und
inen dieselben lassen verdingen und verlönen; und dann ouch in sölich
messen syent zogen gepett, gsang, leßen, opffer und derglich wider die
ere gottes und sölichs sacraments; das umb sölichs namens der meß, ob
es ein abschüchlicher, unzimlicher nam syg, deßglich angezöigter mißbrüchen
willen, das hochloblich sacrament des altars, das als wol als
das gmein empfahen desselben sacraments ein widergedechtnis oder
widerdancksagung der guoten gnad des lidens Cristi sig, das man in
aller Cristenheit hallt, nit sölle abgestelt und vernütet werden,
damit nit ergers hernach volge; sonnder solle man in handlung des
sacraments des altars, das man bißhar habe genempt die meß, die
mißbrüch dannen thuon und sölich ampt die priester hinfür lassen
haben mit singen, leßen und gebetten und allem dem, so darzuo gehört,
das allein uff gott, den allmechtigen und Cristum, sinen eingebornen
sun, unsern erlößer, dienet und der glöubigen seelen heyl, uß der
heligen geschrifft, als da ist: das introit, kyrieleyßon, gloria in excelsis,
collecten, epistlen, ewangelien, prefation, canon unnd andrem - und
sust von niemas andrem. Und das die priester mit irer cleidung und
habit solich widergedechtnis habint, wie sy bißhar ob dem altar angethon
meß habint gehept. Und daß zuo sölichem ze haben und darby
ze sind niemas gezwungen syg weder priester, leyg, man noch wib,
dann so vil inn sin andacht darzuo reitzt, wie dann min herren das
vormals ouch also habent nachgelassen. - Doch mine herren hyerinn
vorbehallten, diewil die priester also söllint fryg sin, und aber stifftungen
der pfrunden wyßent uff meß haben, singen, leßen, betten und
gotsdienst, das sy mit sölichen pfruonden mügint handlen nach gestallt
und gelegenheit dero, so die besitzent, und ouch der löuffen und
sachen und irem guoten beduncken, onverhindert mengklichs.

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[III.] Und als dann in ratschlagung beider obgeschribner articklen
ist geredt worden von einem dritten und nüwen artickel, namlich insatzung
und gmeynem bruch des sacraments fleischs und bluots
Cristi, wie man das hinfür söllte hallten - ist geratschlaget, das
derselb artickel dismals sölle ruowen und gebrucht werden wie von
alter har, diewil davon nye nüdtzit ußgeschriben noch disputiert syg,
und deß gar nüdtzit gedacht, sonder nu der zweyer obgeschribnen;
dann diser dritter artickel mer red und disputierens erfordre, als der
on alles mittel den glouben betreffe und keynen mißbruch.
[IV.] Und zuoletzst ist witer davon geredt und geratschlaget, das die
lutpriester in der statt und uff dem land sich hinfur söllint flyßen, das
luter wort gottes nach rechtem götlichem verstand ernstlich ze bredigen,
also, daß sölichs liebe gottes und des nechsten würcke und bringe, und
underwegen lassen reitz- unnd schmützwort und das, so uffruor und
widerwertigkeit müg bringen, es syge den gmeynen man wider ein
oberkeit, oder sust sonderpersonen wider einandren, dardurch man in
erkantnus gottes, siner und des nechsten liebe komen und nach disem
leben das ewig leben besitzen müge. Amen.
Und ob etwas in dem canon stuend, das nit mit der heligen geschrifft
uff die ere gottes und Cristum diente, dasselb sölle man
ouch besseren oder dannen thuon.
Und das dise obgeschriben meynung allein umb der schwachen
willen, und die noch nit in dem wort gottes syent gegründt, werde
an die hand genomen.

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[Vorschlag wegen der Bilder und der Messe.]
[E. II. 341 fol. 3251a.] Fürschlag der dryen: abbtes von
Cappel, propstes von Embrach, commentürs von Küsnach,
und der dryen lütpriesteren.

Im namen gottes. Amen.
Als dann menglichem wol wüssend ist, wie wir ünsere gemeinen
priesterschafft in nechstvergangnem herbst zesamenberuefft, daby andre
ouch früntlich und umb gotz willen gebetten, zuo üns umb erfaren
der gschrifft des götlichen worts komen wöltind, damit die götlich
warheit der mess und bilden halb, darumb dozemal nit kleiner
span, harfür getragen, und wir armen menschen, was hierinn ze tuon,
bericht wurdind. Und als man do under mercklicher zal der gelerten
und gotzvörchtigen menner us krafft des götlichen wortes die missbrüch
der mess und bilden klarlich erlernet, habend wir nüt dess minder der
endrung dero dingen halb üns noch ein zyt verzigen. Und damit
allen menschen [E. II. 341 fol. 3251b] eintweders gnuog beschähe oder
doch gschickte verantwurt gegnete, das weder wir noch die frommen
gelerten, die wir von der dingen wegen verhört, uberdacht möchtind
werden, sam wir als die eigensinnigen das wort gottes gwaltigen

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und nach ünseren köpfen verstan, und demnach strütten und gachen
wöltind, habend wir einen gnuogsamen verzug, namlich lenger denn ein
halb jar, angesehen und dazwüschend die hochwirdigen etc. herren
bischoff zuo Costentz, bischoff zuo Chur und Basel, ouch hohe schuol
daselbst, und ünsere getrüwen, lieben Eydgnossen, ja alle Christenmenschen
umb gottes und der warheit willen gebetten, das sy üns,
wo wir samt ünserer lerenden priesterschafft irrtind, früntlich underwysen
und, als christenlichen bruederen vor allen dingen zimt, nit
irren lassen wöltind, und habend inen sölch zil von Simon- und
Judastag hin bis an den pfingstag gestreckt; darzwüschend alle
tag ünsere glerten gspannen und wir wartende gestanden, ob üns
doch ieman mundlich oder schrifftlich mit dem gotzwort irtums oder
missverstandes underrichte, welchs wir zuo grossem danck [E. II. 341
fol. 3252a]
all weg ufzenemen gerüst xin. Ist in gantz verruckter
zyt niemans erschinen, der üns anders oder wägers berichten understanden
hab, wiewol sich etlich der bischoffen ufgeton, das inen nit
zimme ützid ze endren one ein concilium, mit welchen ouch etlich
hällende vermeinend, ein fürwitz und frävel sin, für sich selbs etwas
ze endren oder widrumb ufrichten. Welch fürnemen doch weder üns
noch ieman, ob gott wil, irren sol; denn das wäre nüt anders, weder
das fry, götlich wort und des menschen conscientz an ein concilium
der menschen binden und irem gwalt und beduncken underwerffen.
Und aber das götlich wort über alle menschen herschen und urteilen,
ouch allen verstand geben und all conscientzen berichten sol. Es
söllend ouch alle menschen hören, was das gotzwort inen sag, und

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das gotzwort nit hören, was imm die menschen sagend. Es söllend
ouch alle menschen, so sy das gotzwort gehört und verstanden, von stund
an ir leben nach demm richten, unangesehen, was vil oder wenig nach
langen zyten darvon halten wellind. So gott spricht [2. Mos. 20. 17]:
"Du solt niemans guot begeren", sol dem wort von stund an gloubt
und gevolget werden, nit gewartet, was menschliche wysheit darzuo
sage; dann die sich wol vergon dörst, vermeinende, der mensch
wäre fromm genuog, wenn er das frömbd [E. II. 341 fol. 3252b] mit
der tat nit an sich zogen hette. Desshalb das gotzwort nit us dem
urteil der menschen, sunder us sinem eignen liecht verstanden werden
sol, also, das alle, so gotzvörchtig sind und begird sines wortes habend,
dasselbig verston werdend, ob sy glych nimmer zuo der menge der
menschen kämind. Darumb ouch wir üns sölch verzühen, ietz um
die achtzig jar fürgehalten und doch nie geleistet, nit habend wellen
hinderstellen lassen, sunder nieman zuo nachteil oder ieman verachtlich
ze fürlouffen, us guotem vertruwen, so wir zuo gott habend, üns dem
hällen wort gottes mit der tat nachzekomen verwegen. Und nachdem
üns nieman, wie vorgemeldt, anderst bericht, habend wir billich gedacht,
wo wir irrtind, möchtind sich die, so sich der götlichen ler
annemend, nit geruochen, sunder muesstind us bruederlicher lieb das
irrig schaff suochen und widrumb heimtragen [cf. Luc. 15. 4-6]. Und
verstand die sach deshalb im besten also, das unser fürnemen dem
gotzwort so eigenlich glychförmig, das die genanten glerten und verwalter
des gotzworts darwider nützid wellind harfürbringen, das doch
inen und allen Christenmenschen nit allein uff dis zil und zyt,
sunder für und für zuo aller zyt gegen üns gentzlich gezimmen söl, wo
wir irrtind, üns [E. II. 341 fol. 3253a] ze warnen und hinder sich
- doch allein mit der stimm ünsers hirten gottes - ze rueffen.

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Und so wir das gotzwort zuo dem end hörend, das wir imm ouch
glouben gebind und nachkomind, ouch der zorn gottes träffenlich über
die beruefft wirt, die sin wort hörend und dem nit glouben gebend
und nachkomend, hoffend wir sicherlich, es werde sich ab ünserem
fürnemen, das nit ünser, sunder gottes gheis und ufsatz ist, nieman
verergren. Dann one zwyfel nit allein einer gantzen statt, sunder eim
ieden besundren menschen zimt, all sin irrtum oder missbrüch täglich,
und so bald inn gott vermanet, nach der form des götlichen wortes
one menglichs ynred endren und verbessren. Hierum habend wir die
sach imm namen gottes allso in die hend genomen.
Von der mess.
Der mess halb ist unser fürnemen nit, das wir das sacrament des
fronlychnams und bluotes Christi einigen weg anrueren wellind abzestellen
oder an sinem ufsatz schwechen. So wir aber sehend, dasselbig
anderst von den pfaffen, anderst von üns leyen gebrucht werden,
und hatt aber Christus, unser heiland, diss sacrament nun einist
und nun [E. II. 341 fol. 3253b] einen weg ufgesetzt, so muos ie
volgen, das eintwederer bruch nit nach dem wort gottes verhandlet
werde oder bed samen; denn einiger form und ynsatzes muos ie nun
ein eigenlicher bruch sin. Uff das sind wir zwungen, als billich, um
des ufsatzes willen das eigen wort gottes ze hören.
Und findend by Mattheo 26. [cf. Matth. 26. 26-29], Marco 14.
[cf. Marc. 14. 22-25], Luca 22. [cf. Luc. 22. 19-20], und Paulo
1. Cor. 11. [cf. 1. Cor. 11. 23-25] mit einandren, das Christus dis
sacrament sölcher gstalt hatt yngesetzt: Der nacht, als er mit den
jungeren das nachtmal gessen - dero nacht er ouch hinggeben ward -,
hat er das brot genomen. Und als er gott gelobt und danck gseit,
hatt er das gebrochen, den jungeren ggeben und gsprochen: Nemend
und essend. Das ist min lychnam, der für üch hinggeben oder gebrochen,

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das ist: tödt, wirt. Tuond das zuo widergedechtnus min. Derglychen
ouch, als sy z'nacht gessen, hatt er das trinckgschirr genomen,
gott gelobt oder danck gseit und gsprochen: Trinckend darus alle.
Das tranck ist das nüw testament oder ee in minem bluot, das für
die menge vergossen wirt zuo nachlassen der sünden. Tuond das, so
offt ir's tuond, zuo widergedechtnus min.
Hie findend wir zum ersten, das er spricht: "Essend's", daran
wir sehend, das der bruch diss sacraments ist: essen, nit: ufheben,
ze bschowen geben, harumb tragen mit kostlichem pracht.
[E. II. 341 fol. 3254a] [Hie findend wir] Zum andren, das der
lychnam Christi für üns hingeben und getödt ist, welchs nüt anders
ist, denn: für üns ufgeopfret. Darus volgt, das gheiner sich für üns
ufopfren mag, ob er glych ouch den tod für üns lidte, er sye denn
los aller sünd, und sye darzuo so volkomen, unentlich und unusgemessen,
das sin unschuld für der gantzen welt schuld bezalen und gnuog tuon
mög, welchs gheinem denn dem einigen gottes sun zimmen mag,
durch welchen wir geschaffen sind [cf. 1. Cor. 8. 6] und one zwyfel ouch
durch nieman andren widrumb lebendig gmacht mögend werden, weder
durch den wir gschaffen sind.
Zum dritten setzt er dis sacrament zuo einer widergedechtnus sin,
das wir, so offt wir dis sacrament bruchind, yngedenck sygind des
todes Jesu Christi. Darus nun volgt, das der bruch dis sacraments
ist, das, nachdem das christenlich volck sich erinneret hatt in dem
fruchtbaren lyden und tod Christi, damit wir lebendig ouch sün
gottes gemacht sind, sich daruf mit disem sacrament des lychnams
und bluots Christi spyse und trencke. Also brucht allein dis sacrament,
der damit gespyset wirt und getrenckt. Das aber etlich redend:
"Mag ich nit das lyden Christi one den bruch des sacramentes ernüwren
in mir?" antwurt: Ja. Es hatt aber denn einer dis sacrament
nit gebrucht, ob [E. II. 341 fol. 3254b] er glych einen andren
sicht sölchs gebrucht haben.
Dis sacrament ist ein innerliche und usserliche vereimbarung der
Christenmenschen, als klarlich erfunden wirt in den worten Pauli
1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 16f.]: Das tranck der dancksagung oder gnaden,

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das wir ruemend, ist das nit ein gmeinsame des bluotes Christi? Und
das brot, das wir bruchend, ist es nit die gmeinsame des lychnams
Christi? Dann wir, die menge, sind ein brot und ein lychnam; denn
wir mitteilend alle von einem brot. Us disen worten Pauli sicht
man eigenlich, das er den bruch dis sacraments also verstanden hatt,
das die Christenmenschen, dero säligheit Christus ist, vor allen
dingen wüssen und vestenklich glouben söllind, das Christus sinen
lychnam und bluot hinggeben habe in den tod für ir sünd. Und alle,
die das vestenklich gloubend, die sind alle kinder gottes und sind ein
lychnam, dero houpt aber Christus ist. Das aber eim ieden ouch
ze wüssen sye, ob ouch sin nechster ein Christ und sin bruoder sye
vom hertzen im glouben, so essind und trinckind wir ein sacrament
des lychnams und bluotes Christi, damit wir üns allen menschen bezügind
einen lychnam und ein bruoderschafft sin. Also mag das lyden
Christi one die uebung des sacraments mit got beschehen. So sich
aber die Christenbrueder einandren ouch uswendig offnen [E. II. 341
fol. 3255a] und mit einandren vereimbaren wellend, muos es mit dem
bruch des heligen sacramentes des lychnams und bluotes Christi beschehen.
Also erfindt sich, das, so man die widergedechtnus ordenlich
nach dem ynsatz Christi bruchen wil, man mit christenlichem
hertzen und bruederlicher vereimbarung harzuokomen und selbs essen
und trincken muos. Denn so bedenckend und ernüwrend wir alle mit
einandren die bruoderschafft, die wir gegen einandren in Christo
habend, innerlich und sichtbarlich. Darzuo hatt Christus dise widergedechtnus
sin ufgesetzt. Darumb nun widrumb Paulus 1. Cor. 11.
[cf. 1. Cor. 11. 28] redt, das sich der mensch erinneren sol, und demnach
von disem brot essen und tranck trincken, das ist: es sol der
mensch sich selbs erforschen, was er uff Christum halte und uff alle,
die Christi sind. Befindt er denn, das dis wort "Christus hatt
den tod um ünser erlösung willen erlitten und mit sinem bluot die
masen unser sünden abgeweschen" sin hertz sichret, das er vest
gloubt, sich durch Christum ein 'n sun gottes gemacht sin, so hatt er
den glouben des euangelii recht für sich selbs. Demnach wil Christus,

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das die synen eins sygind, glych wie er mit dem vatter eins ist; und zuo
sölcher vereinung hatt er üns das sacrament des lychnams und bluotes
Christi ggeben. Also sol, der hinzuogat, sich selbs erinneren, ob er
[E. II. 341 fol. 3255b] mit allen Christen ein glyd welle sin in dem
lychnam Christi. Und befindt er sich selbs also gegen got und dem
nechsten glöubigen, denn so gat er recht hinzuo. Denn das ist die
widergedechtnus, das wir üns erinnerind des lydens Christi, das er
das um unsertwillen erlidten hab, und wir setzind vestenklich alle
zuoversicht ünsers heils darin. Und wie er sich selbs für üns ggeben
hat, also sind ouch wir schuldig, einer sich für den andren ze geben
als für sinen bruoder, ja, als für sin eigen glid. Und zuo urkund essend
wir und trinckend mit einandren das brot und tranck des lychnams
Christi, das wir einhälliklich mit einandren und bruederlich leben
wellind, wie wir ouch in ünseren hertzen mit gott durch den glouben
und vertruwen in Christum Jesum vereimbart sind.
Zum fierden heisst er üns us dem kelch alle trincken. Den
habend aber die menschen verbotten. Nun sol gottes wort für alle
wort fürwegen. Darumb muossend alle menschen den kelch oder
tranck hinzuotuon, ungeacht, was die menschen reden werdind, so gott
so heiter geredt hatt: Trinckend all etc.
[Hie findend wir] Zum fünften, das dis sacrament ein testament
oder gmecht ist. Nun wirt ghein testament volendet, bis das der
gstirbt, der es gemacht hatt. Also hat Christus das testament am
nachtmal gemacht, aber die erlösung ist erst gevolget, do er morndes
am krütz gstarb. Darus zum ersten volget, [E. II. 341 fol. 3256a]
das dis sacrament ein zeichen und versichrung des testaments ist.
Und aber das testament ist ablas der sünden, die Christus Jesus
mit sinem tod am krütz volwürckt, dero wir teilhafft werdend, so wir
das vestenklich gloubend. Und so es der hunger der sel und ernüwrung
der christlichen bruoderschafft erfordret, nemend wir ouch
das zeichen und versichrung des testaments. Zum andren volgt aber,
das gheiner anderst denn Christus dis testament festen und machen
mag; denn es stirbt ghein messhalter; und so er glych sturb, mag er

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mit sinem tod nieman läbendig machen. Darumb die mess halten als
ein werck oder opfer für einen andren nüt anderst denn ein frävel ist;
denn das zimt nieman denn dem unschuldigen, heilsamen sun gottes.
Es ist ouch ze besorgen, das dero vil sigind, die sich des ufhebens
dis sacraments - das ouch von Christo nit gebrucht ist - schwarlich
geruochen werdind; dann sy sich ruemend, so sy hinder der mess
gestanden, sy habind unseren herrgot gesehen. Die söllend sölch
meinung us krafft des worts Christi vallen lassen Jo. 1. [Joh. 1. 18]:
Got hat nie nieman gsehen. Man sicht inn hie mit lyblichen ougen
nit. Es sol ouch der einig got angebettet werden [cf. Matth. 4. 10].
Us disen eignen gründen des gotzwortes hand wir bede brüch der
pfaffen und gemeinen menschen besehen, und erfunden, das der pfaffen
messhalten sich dahin leinet, das sy für andre menschen dis sacrament
bruchind und nemend darumb lon und narung, nit, das sy es
andren reichind, sunder das sy es selbs niessind. Das doch so spötlich
ist, als wenn einer zuo eim gemeinen menschen sprech: "Nimm so
vil oder so vil, und gang für mich zum sacrament des fronlychnams
und bluotes Christi". Aber des gemeinen menschen bruch - so verr
er imm glouben recht bericht ist -, [E II. 341 fol. 3256b] befindend
wir sin, das ein ieder für sich selbs hinzuo gat, den glouben, den er
hatt in den tod und erlösung Jesu Christi, mit disem sigel und
sacrament offenlich ze bezügen nebend sinen christlichen bruederen.
Welchs gheiner für den andren tuon kan. Denn gheiner mag dem
andren mit sinem essen den glouben vesten oder bezügen, so imm
das hertz und glouben des andren unbekannt ist. Er mag ouch nieman
denn sich selbs in die gemeinsame der glydren und lychnams
Christi bringen oder zellen.
Wir hand ouch den namen "mess", als etlich gelerten zuo diser
zyt vermeinend ein opfer heissen, befunden, gheinem menschen gezimmen.

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Denn gheiner ist, des unschuld für der andren schuld gott
möge ufgeopfret werden, usgenomen der einig herr Jesus Christus.
Nun ist der nun einist gestorben, so ist er ouch nun einist ufgeopfret.
Und wie er nümmen sterben, also mag er ouch nümmen ufgeopfret
werden. Denn nieman mag nüt höhers ufopfren weder sich selbs.
Wie möcht es denn sin, das ein mensch gott, den sun, gott, dem
vatter, ufopfrete? Darumb, so man disen namen "mess" für ein opfer
bruchen wölte, ist es unlydenlich. Wo man aber den für die erloubnus
nach der spysung nemen wil, als harwidrumb ouch die gelerten
- und mit mer eigenschafft - redend, bekümrend wir üns
umb den namen nütz, doch das man anderst nütz dardurch verstand
weder die [E. II. 341 fol. 3257 a] spysung mit disem sacrament, das
wir nemend "zuo dem sacrament" oder "zuo unserem herren gan".
Uff das alles, so wir erfindend, den bruch des gemeinen menschen
dem wort gottes aller glychförmigost sin, und ie diss sacrament nun
einen, nit zwen, brüch mag erlyden, werdend wir genötiget, den bruch
des gemeinen menschen, sidmal imm das tranck dis sacraments enzogen,
den zum ersten ersetzen nach dem wort gottes, und demnach
zuo demselbigen bruch vallen, und alles, das hierinn missgebrucht wirt,
ligen lassen, ungeacht, ob wir hierinn frävenlich gescholten werdind.
Denn man muos got me ghorsam sin weder den menschen [cf. Act.
5. 29]. Und sol sich ein Christenmensch schelten vom wort gottes
nit lassen wenden, sunder, so er funden wurd geirret haben. Und
wellend fürohin, damit ein einiger, einvaltiger bruch nach dem wort
Christi gehalten werd, und nit für und für erfundne gbüw abzebrechen
genötigot werdind, im namen gottes alles, so sich hierinn

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von menschen ingetragen hatt, abgeton, nidergebrochen und verlassen
haben, in hoffnung, gott, in des namen es beschicht, werde sine wort
ouch allenthalb also harfürtuon, das inen glycher wys nachkomen werd.
Und so die menschlich sel von [E. II. 341 fol. 3257b] dem wort,
das us dem mund gottes kumt [cf. Matth. 4. 4], aller meist gespyst und
läbendig wirt; ouch, das sich nieman klagen mög, das imm der weg zuo
dem andacht abgeschlagen sye: so wellend wir, das ünsere verkündiger
des gotzwortes täglich an werchtagen zuo guoter zyt ein predge us
heliger biblischer gschrifft haltind uff ein halbe stund zuom wenigosten,
nach welcher zyt denacht ein ieder zuo sinen gschäfften komen mög,
und an den fyrtagen ein stund ongevarlich später. Und so die ein
end genomen, etwar demnach dis sacraments begirig ist, söllend,
die darzuo verordnet werdend, denselbigen spysen und trencken nach
innhalt der formm, imm gotzwort usgetruckt, welche ouch in ünser
sprach verstentlich usgetruckt und gebrucht werden sol.
Von den bilden.
Die bilder verbüt gott ze machen; und wo sy gemacht sind,
heisst er sy dennen tuon; verbütet ouch inen alle erembietung. So
wir nun sehend, das sy uff den altaren geeret werdend - denn, wo
das nit, so stallte man sy nit daruf -, habend wir üns hierinn entschlossen,
die bilder oder götzen an allen orten, wo sy geeret werdend,
hinweg ze tuon; dann sich erfindt, über das sy gott verbüt, das die

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menschen unwüssend in abgöttery vallend. [E. II. 341 fol. 3258 a.]
Denn das man me zuo einem ort loufft gnad zuo erlangen weder zuo
eim andren, bschicht, das die bildnussen oder götzen da sind; und
wo die nit da wärind, so horte alles glöuff uf. Daran eigenlich erkennt
wirt, das wir us dem zorn gottes in den rechten, waren götzendienst
gevallen sind. Darumb ouch not wirt sin, wellend wir der
straff gottes endrünnen, das wir üns ab den götzen gantz und gar zuo
dem läbendigen, waren got kerind - wir werdend ouch hierinn mas
halten, damit nit einer hie ushin, der ander dort ushin, die götzen
rysst -, und besunder lüt bestellen, die damit ordenlich handlen
werdend. Welchs wir wol wüssend ein götlich werck sin; denn
hinfür die gueter, so an sölche zier der götzen gelegt, an die armen,
die ein ware bildnus gottes sind, ob gott wil, verwendt werdend.
Und so nieman den andren zuo dem glouben, ouch nit darvon
tringen mag, ist ünser meinung nit, das wir ünsere lieben fründ, alles
ünsers gebietes undertanen, gwaltiklich zuo sölchen articklen zwingen
wellind. Aber das wellend wir gebotten haben, das alle ünsere bischoff
oder pfarrer das wort gottes in denen und andren christlichen
stucken trülich und ernstlich predgind; und demnach das lassind
würcken, [E. II. 341 p. 3258 b] damit die er und sig des götlichen
wortes, nit des menschlichen gebottes, sye. Das wir aber das wort
gebietend ze predgen, zimt unserem ampt der obergheit. Dann wo
die hirten nit recht mit dem götlichen wort spysend, sol man sy
dennen tuon, ja gar töden nach dem gsatzt Moses. Hierumb halte
sich ein ieder hierinn, das er vertruwe unser straff ze vermyden.
An welchen orten nun das volck wol bericht ist, da sol sich die
kilchhöre samt irem pfarrer versamlen und mit dem von disen beden
articklen wegen handlen, und fur das erst bestimmen, zuo welchen
tagen sy zuo dem gotzwort komen wellind, und demnach, so verr
ieman des sacraments hungerig, gespyst werden; und der bilden halb,
wie sy die zum aller komlichsten hinwegtuon wellind. Und sol das

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mer fürgon und dem nachkomen werden. Wo aber das volck nit
bericht ist (dero wir wenig verhoffend ze sin), da sol der pfarrer für
und für trülich und ernstlich leren mit dem gotteswort, bis sy in die
erkantnus komend, das sy es sich regieren und wysen lassend.
Wir wellend ouch, das zwüschend denen, die sich ietz des gotzwortes
von stund an haltend, und ienen, so noch nit bericht [E. II.
341 p. 3259 a]
sind, alle muotwilligen schmütz- oder tratzwort vermitten
blybind, also, das wellend die berichten den unberichten
verstand geben, sölchs nit mit schelten, sunder mit christlichen,
bruederlichen, früntlichen und geschickten worten fürnemind; harwidrumb,
das die unberichten, so sy von den dingen reden wellend,
sölchs mit verstand der gschrifft tuegind oder aber sich ze reden und
kempffen, ouch scheltens und schmützens verzyhind. Dann wo sich
beder teilen hierinn iemans der gstalt vergon wurde, das darus unrat
entstuende, wöltend wir denselben mit der straff sölcher mas suochen,
das sich die andren daran stossen wurdind. Hierumb sye menglich
gewarnet. Gott hatt üns zum himelischen friden beruefft. Den lassend
üns gegen einander trülich halten, den irrenden nit spötlich verwerffen,
sunder zuo üns ziehen und me und me berichten, bis inn gott ouch
zücht. Ist einer recht und dapfer glöubig, der sage gott danck darumb,
und kere demnach mit ler und tat allen flys an, das er synen bruoder
ouch in das liecht der warheit bringe. Wo sölchs fürnemen ist, da
wirt nüt denn friden und guotes geborn; dann die liebe duldet und tuot
alle ding ufzebuwen, verhuet alles, was brechen mag [cf. 1. Cor. 13. 7].
Sölch fürnemen gryffend wir imm namen gottes an, in hoffnung, er
werde mit siner hand sin schiff selbs fueren. Dem sye lob und danck
in die ewigheit.