Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Christliche Antwort Burgermeisters und Rats zu Zürich an Bischof Hugo

(18. August 1524)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


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Christenlich antwurt burgermeisters und radtes
zuo Zürich, dem hochwirdigen etc. herren Hugen,
byschoffe zuo Costantz, über die underricht
beyder articklen: der bilder und mesß, inen zuogeschickt.
Also in götlicher warheit gründt,
das mencklich ersehen mag, was davon under
christenem volck billich sölle gehalten werden.
Dem hochwirdigen fürsten und herren, hern Hugo,
bischoff zuo Costantz, unserem gnädigen, lieben
herren und pundtgnossen enbütend wir, burgermeyster,
radt und der groß radt, so man nempt die zweyhundert
der statt Zürich, unser früntlich, willig dienst, und
was wir eeren, liebs unnd guotes vermögend, zuovor etc.
Unnd als wir zuo uwer gnaden zuo merem mal umb underricht der
götlichen warheyt, so veer wir daran irrsälig, geschriben, das die
uns muntlich oder mit gschrifft widerumb brächte, welches doch alles
so vil geholffen, das uwer gnaden geschrifft und sandtbotten vorhar
all weg tür bezüget, wie dero gheines wegs disputieren (welches ouch
wir nit gebrucht, sunder die gschrifft gegen einandren eigenlich verhört
habend) zimme: ietz zuoletst hat sich die mit einer langen underrichtung
von der beyden articklen der bildnussen und mesß halb rychlich
irer meinung lassen mercken unnd gegen uns uffgethon, darumb
wir dero vil danckes wüssend. One zwyffel, wo man ye und ye in allen
dingen fragen und zwyfflen me antwurt geben hette usß götlicher
gschrifft weder usß beduncken und etwan usßs gwalt, ouch harwiderumb
die missverstend dero, die die geschrifft nach iren anfechtungen und

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etwan den gewaltigen wol ze gefallen truckend, hette lassen harfürziehen
und an 'n tag legen, es wärind die irrsäl, missbrüch, valscher
geyst, böße sitten zuo sölichem uffwachs nie kommen.
Und habend von einet sölch geschrifft, die sich in die fünfftzig
bogen zücht, zweymal verläsen: einist vor nün der geistlichen prelaten,
lütpriestren unnd gelerten, daby ouch 4 unsers radtes und 4
der burgeren gesessen, andrest vor gantzem gesesßnem radt der zweyhundertenn.
So nun uwer gnaden ire an uns überschickte bericht
durch den truck - deß wir nitt wartend warend - hat lassenn
ußgan, werdend ouch wir genötiget, diß unser antwurt glycherwyß
ußkündig und allen Christen gemein ze machen, wiewol wir uns
vormals deß nit erwegen hattend, sunder lychtlich sich gefuegt, das
wir die allein schrifftlich uwer gnaden zuogesandt hettind. Unnd sidmal
uwer gnad zuo besundrem ansehen verzeigt, sölche meinung vor
etlichen hohen schuolenn verhört sin, welche doch wir samt unseren
eebestimpten prelaten und gelerten widerwysen wellend, das sy an
vil orten und besunder, da die häfft sind, mißverstandenn, die
gschrifft truckt und geirrt habend, ist unser verding hie, das uwer
gnaden die red verstande uff sölche gelerten reychen, nit uff sich,
die wir all weg irer geburt, als uß unserem land unnd gebiet, unnd
ampts halb, unversert wöllend haben, unnd gegen dero, als sich getrüwenn
puntzgenossen und nachpuren zimt, all weg gepürlich halten.
Wir sind ouch samt unseren lerenden erbüttig, sölchen schuolen,
ob sy sich namlich offnen wellend, nach diser unser widerschrifft

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wyter bericht ze geben, schrifft umb schrifft, doch alles mit früntlichem,
senfftmuetigem geist, biß das sy ersehend, uff was grund wir
gebuwen und vertröst sind, in hoffnung, es werdind alle christliche
hertzen offenlich bekennen, das wir anders nützid denn die waren
gottes eer, fürdrung sines worts und verbeßrung unser armen conscientzen
fürnemmind, und das nit mit unserem sinn, vernunft oder
gwalt, sunder mit dem hällen, ewigblybenden gotzwort, an dem in die
ewigheit aller gwalt, vernunfft und kluogheit brechen und abgon muessend.
Hierumb nemme dise unser widerantwurt uwer gnaden imm besten
und früntlichsten an; dann sy uß früntlicher, christlicher meinung
beschicht. Und ist uff sölche gstalt gemässiget, das wir nach ordnung
der puncten, was in denen mißverstanden wirt, allein das aller
notwendigost anzeigen, und besunders arguierens oder uß menschlichen
handlungen zanggens, verzyhen wellend. Dann in aller diser uwer
gnaden glerten gschrifft nüts häfftigs harin gezogen wirt, des gsuoch
unnd erduren vormal by uns nit beschehen sye.
Sye die uwer gnaden gott bevolhen mit erbietung aller früntschafft
und liebe.
Geben unnd verlesen Zürich etc. 18. tags augusti nach der unbeflecktenn
geburt unsers heilands Jesu Christi 1524. jar.
Cristenlich antwurt burgermeysters und radtes
zuo Zürich, dem hochwirdigen etc. herren Hugen,
byschoffe zuo Costantz, über die underricht
beder articklen: der bilder und mesß, inen zuogeschickt.
Also in götlicher warheyt gründt,
das mencklich ersehen mag, was davon under
christenem volck billich sölle gehalten werden.
Fur den
ersten artickel,
den uwer gnaden gelerten in 7 puncten gesetzt, wirdt fürnemlich gefraget,
"ob die bildnussen - hie lassend wir uß das, so zuo vorteyl

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dienet - wider die heiligen geschrifft des nüwen und alten testaments
und deßhalb abzetuon syendt". Und zuo ufflösung diser frag
für den ersten puncten habend sy fürgenommen, wofür idola und
simulacra by Juden und Heyden genommen sygind, und gebend
inen selbs antwurt
uwer gnaden gelerten:
"Diewyl nun das wörtlin "simulacra" etc. . . . vertütschen wir
also: Die götter oder abgötter der Heyden, nit, wie etlich fürgeben
"simulacra": die bildnussen, welches tütsch das latinisch wörtlin
wol zuogeb, wo es allein on zuosatz stuende".
Unser antwurt:
Unsere gelerten verwundrend sich ser, wannen denen gelerten
die kunst kömme, das inen in diser materi "simulacra" götte oder abgötte
heisse, und bekennend doch hieby, das die art des latinischen
wortes "simulacra" heysse: bildnussen. Vermeinend, wo es also gelte
antwurt ze geben, so werde ein yeder sprechen, warumb er gefragt
wirdt: Das wort heißt wol von imm selbs also, aber ann dem ort, da
es inn betrifft, heisset es nit also. Und bewärend das schön mit irem
duncken, sprechende unlang vor disen worten: Wie wir dann gloubend
etc. Ist ein argument, sam einer spräch: Es ist war, der
brieff, den du uff min huß und hoff hast, der ußtruckt hundert
guldin, aber hie heißt "guldin" nun: frowenguldin oder rechenpfennig.

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Also wurd es dahyn kommen, das ein yeder alle fragen und zwyffel
könde ufflösen; dann warumb der hafft des götlichen wortes wäre,
wurde er sprechen: Es bedüt hie nit also. Da Christus sinen
apostlen verbüt, sy söllind nitt herschen nach gewonheit der weltlichen
fürsten, Matt. 20. [cf. Matth. 20. 25-27], sprechende: Aber under üch
wirt es nit also sin [Matth. 20. 26], möchte einer reden: Diß wort
"üch" bedüt hie nit: "üch, die apostel", sunder es heisset an disem
ort "gens", unnd ist die meinung: Die gens söllend nitt herschen
wie die fürsten etc.
Wie hand sy der regel so gar vergessen, die von theologis und
juristen gebrucht wirt: Termini significant idem, ubicunquę ponantur,
sed non eodem modo; das ist: Die wort heissend all weg ein ding,
got geb, wo sy standind, aber nit glycher maß. Also muessend "simulacra"
all weg götzen oder bildnussen, eigenlich ze reden, heyssen,
und wo sy für die abgött genommen, werdend sy gezogen von ir
eigenschafft. Als ouch by uns beschicht, da wir den götzen sanct
Petern, ja unsern herrgott nennend, der doch nütz denn ein götz
ist, unnd habend wir imm den namen ggeben, nit one schmach unsers
herren gottes.
So nun exodi am 20. [2. Mos. 20. 1-5] im ersten gebott gottes
so eigenlich der waare got sich selbs harfürtuot, die frömbden gött
verbüt mit besundren worten, darnach die bildnussen und glychnussen
ouch mit besundren worten, wie könnend sy reden, das "symulacra"
in diser materi "frömbd gött" oder "abgött" söllind vertütscht werden?
Wüssend sy nit uß ires rechten reglen, das die wort vorus in dem
gesatzt söllend nach irer natürlichen eygenschafft genommen werden?
so tütschind dise wort exodi 20. [2. Mos. 20. 3f.]: Non habebis deos
alienos coram me. Non facies tibi sculptile etc. ("sculptile" nemmend
sy hie on zwyfel pro symulacro, speciem pro genere - oder sy möch

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tind erst gar nit antwurt geben - und diß umb verstands willen).
So werdend sy es nach irer meinung also muessen tütschen: Du wirst
nit frömbd oder abgött vor mir haben. Du wirst dir nit frömbd
oder abgött machen etc. Also wurde under andren und andren
worten ein ding uff einandren zweymal geredt. Und da hie möchte
geredt werden "haben" und "machen" ist zweyerley, hilfft nit;
denn also hettind ouch die Juden mögen reden: Wir machend nit
gött, sunder bilder. Daruß vermerckt, daß die bilder hie, nit gött
verbotten sind ze machen. Aber damit wir nit in den siechtag des
wortkampfs so kintlich vallind, darus nit frucht, sunder nyd, zangg,
schmach, argwön, unnützer tand verkerter menschen kummt, wellend
wir das häll wort gottes exod. 20. [2. Mos. 20. 1-7] und deut. 5.
[5. Mos. 5. 6-11] verhören, welchs doch die uwer gnaden gelerten all
weg überschritten, und das am nötigosten was anzezöygen, wie doch
dem wäre, daß das götzenverbott im ersten gotzgebott stat, unnd aber
veracht wirt, ußgelassen habend.
Also stat exodi 20. [2. Mos. 20. 1-7]: Der herr hatt alle dise
wort geredt: Ich bin der herr, din gott, der dich uß Egypten gefuert
hat, uß dem huß der knechtschafft. Du wirst nit andre gött vor mir
habenn. Du wirst dir ghein geschnitzlet bild machenn, noch einigerley
glychnuß, die oberhalb am himmel sye oder underhalb uff dem erdtrich,
noch der dingen, die in dem wasser sind under der erden. Du
wirst sy nit anbätten noch eeren. Ich bin din herr gott, der starck
yffrer, der da uffsicht oder heimsuocht die boßheyt der vätteren biß in
die sün in das dritt und vierde gschlecht dero, die mich hassend, und
harwiderumb barmhertzigheyt tuon in tusent, die mich liebhand unnd
mine gebott haltend. Du wirst den namen dines herren gottes nit
üppenklich nemmen etc. Und darnach die 10 gebott.
Hie stat für das erst: Der herr hat alle dise wort oder gebott
geredt. Wer wil nun darwider, denn allein der unglöubig, der dem
gotzwort nitt gehällen wil?
Zum andren stellt sich gott harfür, das er unser herr und gott sye.

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Zum dritten verbüt er in einer gmeind alle gött, sy werdind verbildet
oder nit.
Zum 4. verbüt er eigenlich alle geschnitzten bild und glychnussen,
ouch, daß man inen gheinerley eer embiete. Welches alles
in den hebraischen, griechischen und latinischen worten mit
eygenschafft der puncten, sinn und worten underscheyden ist: ander
gött, geschnitzte bild und glychnussen. Ouch heyßt diß wort "schahah"
[‎‏שָׁחָה‏‎]: eer embieten mit neygen, kniebucken und derglychen, das alles
verbotten ist.
Zum 5. tröwet er übels denen, so sin gebot übertrettend, und
verheißt gnad denen, die sy haltend. So nun die vorgezelten wort
alle der tenor und innhalt des ersten gotzgebottes under den zehnen
sind, darfür wir sy vestenklich haltend, soltend sy billich nie ußgelassen
sin; oder uwer gnaden gelerten soltend sy nit überschritten
sunder anzeygt haben, uß was ursach man dise wort dahinden gelassen
hette. Dann ye geltend die 10 gebott by uns, und wirdt nit ein
buochstab vom gsatz hinvallen, der nit erfüllt werde [cf. Matth. 5. 18].
So sind ware fygend gottes, die sin wort nit hörend, mindrend, abschnidend
oder velschend. Denn die 10 gebott werdend in der heyligen
sprach "die 10 wort" genennet. Und redt aber die gschrifft
hie, das gott dise wort, das ist: gebott, alle ggeben hab; so söllend
sy ouch alle gehalten und gheinen weg underlassen werden.
Es hilfft ouch die ynred hie nit: Es sygind ceremonische ding,
die im nüwen testament nit geltend; dann die götzen ouch im nüwen
testament verbotten sind, das sy, wie hie unnd me harnach gehört
wirdt, zuo schmach gottes reychend.

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Nun stat gar nach der gantz stryt, den dise gelerten tuond, in
disem fundament, das "simulacra" hie abgött heyssind. Unnd wellend
doch harnach in iren eygnen worten anzeygen, das sy sprechend, die
Heyden unnd Juden habind ire bilder für gött gehalten. Wie sy
usß dem 113. psalmen [Psalm 115. 4-8] anzeygend. Hand sy nun
die bilder für gött gehebt, da doch simulacra stond, was bedörffend
sy denn hie der flucht, simulacra heyssend nitt bilder, sunder abgött,
so sy selbs mit vil worten erfechten meinend, die bilder sygind der
Heyden und Juden gött xin? Denn hieby all weg blybt, das die
bilder verbotten sygind, gott geb, wofür sy die Heyden gehebt
habind. Dahyn kumpt einer, der wider die warheyt ficht, das er
sich mit vil red verfuert, unnd sich selbs abrennt. So wirdt usß iren
eygnen worten erfunden, das simulacra fürnemlich bilder heyssind;
dann sy dahyn flühend, die Juden und Heyden habind die bildnussen
nussen für gött gehalten. Sunst mueßtind sy nach disem vertütschen
- simulacra: abgött - sprechen: Sy hand ire simulacra, das ist:
abgött, für abgött gehalten, als eygenlich harnach kummen wirdt.
Unnd denn so vallt der underscheyd hyn, da sy sprechend: Sy habind
die bilder für ire abgött gehebt. Da hilfft nit vast louffen, wenn
einer ab dem wäg kommen ist. Ye verrer er loufft, ye me er vonn
dem weg kumpt.
Also wäre mitt disen wenigen worten gottes die meynung, die
bilder abzethuon sin, starck gnuog, unnd dörffte nitt wyter arbeyt.
Denn welche glöubig sin wellend, die werdend den gotzgebotten
losen. So findend sy häll darinn, daß sy, die götzen, als wol als
schweeren ja zevor verbotten sind. Noch wellend wir etlichen
ynzügen, die sy vermeinend hefften, antwurt geben, damit ouch
den schwachen gnuog beschehe.
Zum anderen mal werdend "die bilder" oder "götzen" offt für
"die abgött" genommen; aber denn ist das wort "simulacrum" uneigenlich
genommen, unnd ist der nam des verglychten der glychnus

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und bildnus ggeben, als da man die contrafactur oder stud des
künigs einen künig nennet; nun ist sy nitt der künig, noch nempt
man sy den künig. Also habend die Heyden die bildnus Jupiters
nit für den Jupiter gehalten, sunder sy habend den Jupiter und
andre gött vermeint in dem himel wonen. Als Homerus "Illiados α"
hat, da Chryses also spricht [Il. I 18 f.]: "Die gött, die in den hymelischen
höffen wonend, gebind üch, das ir Troy gewünnind". Mag
nitt uff bilder verstanden werden; dann die wonend nit in den hymlen.
Wie offt spricht Cicero: Dii immortales, die ewigen, untötlichen
gött! Und alle gelerten Heyden sind des voll. Usß dem clarlich
ersehen wirdt, das sy ire götzen glychermaß mit den namen irer
götten genennet habend, als ouch wir tuond: nennend ein bild sant
Petern, das ander sant Gerdruten etc., nit, daß sy das holtz für
Martem und Saturnum hieltind, sunder namtend die bildnus nach
dem namen desß ires gottes, den sy vermeintend in dem hymel wonen.
Wie wir ouch alle wüssend, das der götz nit sant Peter, nit ein
herrgott ist. Welches alles dahin reycht, das dise gelerten sehind,
wie sy die unwarheyt fürgebind, unnd umbsunst aller ir buw uffgericht
sye; dann diß alles nitt hilfft. Die bilder sind für und für mit dem
hällen gotzwort verbotten, wie man sich joch winde.
Ouch daß sy zuo vestung diser meinung die wort Pauli Roma. 1.
[Röm. 1. 22-24] harfürzühend, ist schnuorrichtig wider sy. Paulus
spricht also: Do sy gemeint hand wyß ze sin, sind sy zuo narren worden
den unnd habend die eer oder clarheyt des unzerbrüchlichen - das
ist: ewigen - gottes verwandlet mit der glychnus des bildes eins
tödtlichen oder zerbrüchlichen menschen, und - mit bildnus - der
voglen etc.; darumb sy gott hingeben hatt etc. Hie verwirfft der
heilig Paulus der Heyden wyßheyt, die dennocht etwas habe gehebt
gott zuo eeren, und habind inn angehebt ze verbilden und
glychen. Etlicher habe inn mit einer menschengstalt verbildet, etlicher
mit eines vogels oder vierfuessigen thieres, daruß sy sich selbs wyß
geschetzt und vermeint, sy habind 's ja wol troffen; sygind doch so
verr von wyßheit gewesen, daß sy damitt zuo narren sygind worden.
Dann er glych darvor spricht [Röm. 1. 21]: Sy habend gott erkennt;
sy habend inn aber nit geeret als einen gott, noch danckbar xin etc.,

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sunder habind inn nach irer torheyt verbildet. Usß welchen worten
am tag ligt, das Paulus hie ir thorheit darumb schiltet, das sy gott
mitt bildnussen verglychet habend. Was wurd er zuo unseren zyten
reden, da wir me denn hundert mal me götzendienstes gehebt hand
denn gheine Heyden?
Zuo wegerem verstand werdend wir von den gestirnkünstleren
bericht, das die erkantnus des gestirns also habe angehebt, das ein
yetlich land die gstirn, die imm aller sichtbarest xin, eygenlich ersehen
und behalten; habe ouch demnach demselben imm gelegnen
gstirn einen namen geben nach der gestalt, die sy dem gestirn meint
glych sin. Usß dem darnach gevolget, das sy dasselbig gestirn für
einen gott geeret und ein bildnus nach dem namen und gstalt des
gestirns uffgericht unnd den gott, den sy vermeintend sölich gstirn
verwalten, an demselben vereeret. Byspyl: Die Aegypter wonend
under dem stier; den habend sy für andre gstirn erfaren. Und sidmal
ir land für alle land fruchtbar ist, habend sy einen stier für
einen gott gehebt, und in einer gestalt eines stieres den iren gnädigen
gott vereeret, und Apis genennet, nit daß der Apis oder ein
ander stiersbild ir gott wär; dann sy die fruchtbargheyt irs landes nitt
von gheinem bild, sunder von dem gstirn har oder von dem gott, der
des gstirns gwaltig wäre, erkantend. Aber zuo vereerung woltend sy
denselben gott demnach ouch verbildet haben. Daruff schmützt sy
nun Paulus, daß sy ye dahinkommen sygind, das sy der götlichen
krafft unnd würckung sygind innen worden, sygind aber demnach in
die thorheit gevallen, das sy die mit bildnussen verglycht habind.
Daruß aber häll gemerckt, das sy die bilder nit für gött, sonder
für gstalten, denen die gött glych sähind, hieltind. Das nütz
anders denn ein ware thorheit ist; denn wer hat gott ye gesehen
[cf. Joh. 1. 18]? Und volgt also häll, das frömbd gött verbotten sind.
Es sind ouch die bilder und glychnussen verbotten in sunderheyt.

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Deßhalb disß comment und flucht, simulacra und idola heyssend abgött,
unkrefftig und wider alle eigenschafft der worten und sinnes erdicht ist.
Noch wellend wir hie ein hälle kundschafft usß der heiligen
gschrifft anzeygen, daran man häll ersicht, daß die Heiden ire
götzen nit für gött, sunder für bildnussen der himelischen - als sy
wondend - götten gehalten habend. Als Helias den opferkampf tet
mit den baalischen und waldpfaffen, 3. reg. 18. [1. Reg. 18. 24-27],
beschach der uff dem berg Carmel, unnd hieß sy Helias irem gott
Baal rueffen. Das tatend sy, r#;effende: Baal erhör uns! Und als sy
das getribend biß zuo mittem tag, verspottet sy Helias, sprechende:
Schryend vester; denn er ist üwer gott, und hat villicht ze reden,
oder ist an der herberg oder uff dem weg, oder er schlafft, so wirt
er erwachen. Hie erfindt sich, das ouch die Baalspfaffenn, die
sust sin bildnus an vil enden hattend, das bild nit anruofftend,
sunder den Baal, den sy einen himelischen gott vermeintend sin. Es
erfindt sich ouch an den worten Helie, das er selbs die Heiden nit
darfür gehept, daß sy den götzen für einen gott habind angeruefft;
sunst hette er verdingt, das sy da söltind den baalsgötzen haben;
und hette demnach nitt geredt, wie er villicht verr wäre; und hette
gheins stimmerhebens dörffen etc.; denn der götz wäre gegenwürtig
xin. Das aber die götzen ouch harwidrumb gött genemmt werdind
von gott, bewärt nit, daß man an disem ort des gsatztes "simulacra"
gött sölle vertütschen; dann man muos die wort des gsatztes nach ir
eigenschafft bruchen. Von dem wirdt harnach kummen.
So vil von dem ersten puncten, der wol eben lang, aber zuo kürtze
der nachkommenden dienen wirdt.
Der 2. punct.
Uwer gnaden gelerten:
Ietz für den andren puncten wellen wir uss der geschrifft erfaren,
wie und in was gestalt sy söliche götter vereret habend etc.

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Zum ersten: sy habend inen dient.
Zum andren habend sy hoffnung und vertruwen in sy gesetzt.
Zum dritten habend sy die geschnitzleten götzen umb künftige
oder verborgne ding radts gfragt und uß inen wyßgesagt.
Zum vierden habend sy die steinen und hültzinen götzen anbättet.
Zum fünfften habend sy inen geopfert etc.
Antwurt:
Uff disen puncten dörfftind wir gar ghein antwurt geben; denn
er ist also an imm selbs: dass die Juden unnd Heydenn sölcher
gstalt ire abgött vereret habend. Was dienet aber das hiehar, da
wir von der götzen wegenn handlend, nitt von der abgött wegenn?
Wiewol hie vil bestimpt ist, das wir glychermas den götzenn embietend,
wie ouch die Heydenn iren götten geton habend, welchs aber im
fünfften und sechßten puncten widrumb kommen wirt. Darumb muoß
man sehen, das der gschrifft nit gwalt beschech. Hie habend sy den
gebrästen, das sy nit sehend, das die frömbden gött ein besunder
verbott habend; ouch das die bildnussen ein besunder verbott habend.
Ouch wellend sy nit sehen, das die götzen nit vor den götten oder
erstlich zuo götten gemacht sind, sunder, für daß ein volck vermeint
hatt, sich einen gott erfunden haben, der imm helffe oder nutzlich
sye; denn hat es erst demselben gott ein bildnuß ufgericht. Und ist
also der götz umb des gottes willen gemacht, unnd ghein götz, der
gott gsin, den sy vermeint. Habend ouch den götzen nitt für den iren
gott gehebt, sunder iren gott in imm vereret. Diß wirt ietz für und

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für mit kundschafft offenbar. Exo. 20. [2. Mos. 20. 3-5], da diß gsatzt
von abgötten und götzen gruntlich stat, verbütet gott frömbde gött
mit einem eignen namen: elohim aharim: [2. Mos. 20. 3: ‎‏אֱלֹהִימ אֲחֵרִימ‏‎].
Und darnach verbütet er mit eignen worten und mitt underscheyd der
reden unnd sinnen die bildnussen und glychnussen mit besundren
puncten eins nüwen gebottes: Nit mach dir ein geschnitzt bild
noch einigerley glychnus etc.: Paesel und themunah [2. Mos. 20. 4:
‎‏פֶסֶל־וְכָל־תְמוּנָה‏‎]
.
Als sy nun die kundschafften usß Iudicum 2. [Richter 2. 11 f.]
harinziehend: Sy habend gedient dem abgott Baalim und habend
verlassen iren herren etc., lutet alles dahin, das sy den Baal für ein
gott gehalten und imm gedient habend. Ist wol für uns; denn man
gheinem anderst weder dem einigen, waren gott dienen sol. Wie
wellend sy aber hieruß bewären, daß sy den götzen für den gott gehebt
habind, als sy in dem vorigen artickel und me werden fürnemmen,
es sye dann, das sy sagen wellind diß wort: Abgott Baalim
heißt: einen götzen. Unnd wenn es also sol gelten, so wirt -
wie vor im ersten puncten gemeldet - ein yeder können alle ding
verantwurten mit einem wort; denn ein wort wirt im alle ding heyssen,
wie er wil. Wirt ouch guot sin, sprachen ze lernen. Wenn einer ein
wort kan, wirt er sprechen, es heisse alle ding. Als wenn man sy hie
fragt: Was heißt simulacrum, werdend sy antwurten: es heißt ein bildnuß.
Und so man spricht: So nun gott bildnussen verbotten hat, sol
man sy nit haben? so werdend sy reden: Simulacra heißt daselbst nit
bildnussen, es heißt: abgött. Und so man hie spricht: Sy hand dem
abgott Baalim gedienet (hie seyt er nit von eim götzen oder bild,
sunder von eim abgott; und redend aber ir, sy habind die bilder für
abgött gehebt), so muessend ir ye redenn: abgott Baalim heisse ein
bildnuß. Was ist aber denn das für ein schwancken und walen, so
man anderst findt weder ir fürgebend, das ir denn den worten ein
andre bedütnus ufsetzend? Sol man also mit gottes wort umgon?

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Hierumb wellend wir das wort gottes durch Mosen Deut. 32.
[5. Mos. 32. 16 f.] hören: Sy hand inn - gott - gereitzt mit frömbden
götten, und mit iren grüwen zuo zorn bewegt. Sy habend den
tüflen ufgeopfret und nit gott; den götten, die sy nit kandtend etc.
Hie hört man für das erst, das sy - die kinder Israels - gott
gereitzt hand mit frömbden götten. Zum andren, das sy den tüfflen
uffgeopfret hand. Wie bestat aber hie, das dise gelertenn sagend, sy
habind die götzen für gött gehebt, so er hie spricht, sy habend den
tüflen ufgeopfret? Heyßt ouch tüfel und götz ein ding? Oder hand
sy gewüßt, das es tüfel sind xin? So wäre ye ein torheit xin, daß
sy inen uffgeopffret hettind, so sy gewüßt, das es tüfel wärind. Darumb
eygenlich ufzesehenn ist, das uns nitt unser gsuech von der warheit
abfuere. Die abgötterer hand sich nit fürsehen, das sy dem tüfel
uffopfretind; sunder sy hand den, dem sy opfretend, für einen gott
gehebt. Noch sind sy aber irrgangen; denn der tüfel hatt sy in irrsäligem
won gelassen, ja, mit aller krafft darinn gehalten, inen uß
den bilden, die sy irem verwänten gott zuoeren ufgericht hattend,
antwurt geben, glych als ob es von dem gott käme, den sy eretend.
Gott aber hat inen offt sölche irrtumb, und wie sy der tüfel betrog,
anzeigt durch die propheten, denen sy aber nit glouben ggeben. Das
alles zuo verstan gibt, das sy ire gött nit tüfel, nit den götzen habend
vermeint ze sin, sunder einen gott, der inen unbekant was. Der was
aber nütz, denn das sy der tüffel blandt. Das erkandt gott und
schalt offt ire gött tüfel. Glycherwyß nempt das götlich wort offt
den götzenn einen gott, nit daß das gemein volck den götzen für ein
gott hielte, sunder das es sinen gott under des götzen gstalt vereret.
Aber by gott und sinen glöubigen was es sicher, daß der got, den
abgötter eretend, nütz was; denn sy wußtend wol, daß nun ein
gott ist. Deßhalb sy demnach ire abgöttery verspotetend, das sy
nütz anders eretind weder den götzen. Denn der gott, deß der
götz was, der wäre nüt. Das wüßtend aber die abgötler nit, sunder
ruofftend ire ewigen, himelischen gött an, die sy doch nit hortend;
denn sy warend nüts. Und wo inen trost oder antwurt geben ward,
beschach es durch den tüfel. Dannenhar kommen ist, das gottes
wort offt redt, sy opfretind den tüflen, und sy hieltind die götzen

--167--

für gött, darumb, das by got offenbar was, das ghein gott was weder
er, unnd die antwurten vom tüfel kamend. Diß wirdt alles klar in
den worten Pauli 1. Cor. 8. [1. Cor. 8. 4], da er in der person der
wolwüssenden, die sich vermeintend one verletzung vom götzenopffer
essen, redt also: Wir wüssend, das der götz in aller welt nüts ist,
und das ghein got ist weder der einig. Hatt die meinung: Ich weyß
glych als wol als ir vilwüssenden unnd glerten (redt aber zuo den
Christen, die gelert warend und meintend, sy möchtind one schaden
irer conscientz mitessen imm götzennopffer; dann sy wüßtind wol, das
nun ein gott wäre, deßhalb die abgött nützid denn das bloß bild;
darfür aber die abgöttler den abgott nit hieltend, das er nun der
götz wär), ja ich weiß glych als wol, daß der götz nüt ist, das ist:
daß der ghein gott ist, dem der götz gemacht ist; denn es ist nun
ein gott etc. Und demnach volget im 10. cap. [1. Cor. 10. 20]: Darumb,
das die Heiden opfrend, das tuond sy den tüflen und nit gott.
Sy meintend aber, es wärind gött. Darumb ruofftend sy die an als
gött, nammtend sy gött, und nit tüfel. Hie wirt yetz die gantze
summ dises misßverstands erklärt. Ja, sprechend sy, gott nempt
selbs die götzen gött, aber die abgötler hieltend die götzen nit darfür.
Gott nempt sy tüfel; aber die abgötler hieltend sy nit für tüfel sunder
für gött. Noch ist all weg nit umbgestossen, das die bilder nit verbotten
sygind. Zum dritten spricht er [cf. 5. Mos. 32. 17]: Sy opfretend
den götten, die sy nit kantend. Diß ist der grund der gantzen meinung.
Hettind sy die bilder für gött gehebt, so hettind sy die bilder
wol erkennt. Aber die bilder warend unerkannter götten, die aber
nüts warend, sunder daß der tüfel sich in inen an statt irer verwänten
götten offnet; denn wondend sy, Jupiter, Apollo, Apis oder Esculapius
hette mit inen durch das bild geredt.
Darumb nun häll gnuog, daß diser punct nit bewären mag, das
man die bilder haben mög; denn er nüt anderst lert, denn wie die
abgötler ire gött vereret habind, die aber von gott yetz frömbde gött,
denn zuo verspottung götzen, bald aber tüfel genempt werdend.
Noch sind bede, frömbd gött und götzen, verbotten.

--168--

Der 3. punct.
Für den dritten puncten zeigend üwre gelerten ursachen an,
warumb die christenlich kilch die bilder habe zuogelassen und verordnet
etc..
Antwurt:
Das ist die christenlich kilch, die gottes wort einigen loset,
und sich das allein fueren und wysen laßt, als Christus Jo. 10.
[Joh. 10. 1-16] eigenlich lert under der glychnuß des hirten unnd
der schaffen: das die schaff den frömbden nit nachvolgend, ouch ir
stimm nit erkennend, sunder allein dem rechten hirten. Nun hat die
stimm des rechten hirten gottes also gehället [2. Mos. 20. 4]: Du solt
dir kein gschnitzt bild machen, noch einigerley glychnuß etc. Also
volgt, das sin kilch die bilder nit haben wirt. Es volgt ouch demnach,
daß die kilch, die der widerstimm loset, nit ein kilch Christi
ist; denn sy hatt der frömbden stimmen gloset. So gott redt: Du
solt sy nit haben, und die frömbden hand geredt: Du solt sy haben,

--169--

uff das hand sy den frömbden geloset, so sind sy nit der schaffen
Christi; denn dieselben losend deu frömbden nit. Hierumb lassend
wir uns die kilchen, die hie wirt fürgewendt, nit irren; dann die
kilch gottes setzt nütz yn, das wider gott ist. Heysse hie üwer
gnaden ire gelerten den vorigen sylogismum und das consequens ufftuon,
so werdend sy sehen, ob sy 's ouch verstandind, wenn sy von der
kilchen redend. Darumb hilfft gheines leerers zügnus me, so wir
gottes wort habend.
Das sy von dem concili zuo Constantinopel, das 700. jar nach
Christo xin, harynzühend, thuond sy uns ein treffenlichen dienst;
dann man daran sicht, daß die vorigen Christen, die mit aller unschuld
und warheyt uns wyt übertroffen habend, noch nie erkennt
hattend, das man die bilder sölte haben, one zwyffel, das sy wol im
götlichen wort - demm sy styffer anhangtend weder wir - sahend,
das man sy nit halten solt.
Üwer gnaden gelerten.
Die bilder ermanend uns, wie die lieben heiligen geläbt habind,
reytzend zuo andacht, meerend den glouben, fuerend über sich, entzündend
uns, sterckend uns in widerwertigheyt und in lyden, reytzend
uns zuo verachtung der wellt.

--170--

Antwurt:
Wiewol wir hierüber ghein antwurt als über menschentant geben
dörfftind, noch, so etlich schwachen glych sölichermaß ynredend, so
vermerckend, lieben gelerten: Wenn imm also wär, als ir anzeigend,
so hette Christus übel versumet, das er nit bevolhen hette, bilder
ze machen, wo sölicher nutz darinn steckte. Aber ir nemmend 's
hinder sich an 'n d' hand. Man muoß von dem wort gottes gelert
werden und nit von den bilden. Nemmend ein kind - als etlich
redend: Womit sol man die kinder leeren? - und stellend es für ein
bild, unnd leerend es nit ein wort vomm bild und lassend sehen, ob
es ab dem bild welle erlernen, das Christus den tod für es gelitten
hab. Sprechend ir: "Ja, man muoß es darzuo leeren mitt dem wort",
so hört man wol, das es vom wort muoß gelert werden, und nit vom
bild. Ietz sehend ir, was ir thuond: Ir fuerend ab dem wort, das vor
recht im hertzen gelert hat, erst hinuß an die bild, von dem inneren
menschen zuo dem usserlichen. Das wort muoß uns leeren: nit des
menschen, wiewol er 's redt zuo sinem bruoder, sunder das wort, das
gott mitt sinem geyst in unseren hertzen ufftuot und ze verstan gibt,
das wir es bekennend und imm anhangind. Die ding, die wir empfindend
und sehend, die zühend uns widerumb darvon. Und da gesprochen
wirt: "Das ist war, aber man hat die bildnussen zuo gedächtnus
des wortes!" antwurt: Sich, also valt des menschen wort hyn
und har. Erst muoßtend die bilder leeren; yetz ist 's dahynkommen,
das sy nun yngedenck machend. Aber also sol imm geschehen.

--171--

Gott hat sy verbotten; darumb sol man sy nit haben. Man sol aber
an ir statt ernstlich das wort gottes und on underlaß fueren. Wir
sehend leyder selbs wol, das die fulen pfaffen das lyden Christi
ringer an die wend habend lassen malen - daran man nütz weder
die geschict erinneret -, weder das sy von einet unsern prästen,
den alten, schalckhafften Adam, uns vor den ougen anzeygtind; und
demnach die gnad gottes, die er uns ze hilff in zuosenden sins eygnen
suns erzeygt hat, lartind. Heysse man sy das wort allenthalb trülich
fueren, und offter denn vormals, so wirt man sehen, das die bilder
allenthalb hyngenommen werdend; denn man darff ires manens nüt,
da man stäts - als man sol - mit dem wort manet.
Der 4. punct.
In dem wirt anzeygt, wie lang die bilder gewäret habind.
Hie söllend dise gelerten all weg dencken, daß, wie nach sy
sich ruemend hynzuo biß zuo der apostel zyt ze reychen, das es all weg
ze wenig ist, so es gott nit geredt hat. Christus hat zuo den jüngern
gesprochen [Joh. 16. 13]: Der geyst der warheyt wirt üch alle warheyt
leren. So sy nun alle warheyt geleert sind, wie hand sy denn die
bilder verbotten, so ir meinend, man möge sy haben? Es muoß ein
teil unwor sin, üwer fürnemmen oder aber der götlich geyst, der sy
söllichs gelert hat. Nun mag der nit brechen; so muessend ir, und
alle, die üwer meinung sind, brechen.
Das demnach üwer gnaden gelerten anzeygend, wie - one zwyffel
der fromm - keyser Philippinus nach der gepurt Christi sibenhundert
jar, und nach imm der mannlich keyser Leo sibenhundert
und 21 jar, und uff den sin sun Constantinus mitt eim concilio 300
unnd 30 byschoffen, und nach dem Leo sin sun, und nach denen
ouch Nicephorus Scauratius, Michael und Leo Armenicus die
bilder habind abgethon, zeygt uns an, das gott all weg sin wort

--172--

offnet unnd laßt das herschen; dann sy selbs erkennend, es habe das
verwerffen der bilder bis in die 100 jar gewäret. Aber wir sehend
ouch hierinn, wie starck sich der tüffel ynlegt. Darumb habend die
römischen bäpst so lang getusset, bis sy die bilder widerumb yngebracht
habend. Ist ein verhengnus gottes über die, so das liecht
sehend und nit annemmen wellend. Hettind aber die römischen
keyser den römischen byschoff von der siner grossen macht ußgezogen,
so wäre die gevärd der bilden nit widrumb bracht. Daran
wir nun wol erlernend, wil man das gotzwort für und für in eeren
unnd in den schrancken behalten, das man die widerbefftzenden
pfaffheyt muoß ab lassen sterben unersetzt, denn allein so vil iro zuo
dem ampt des wortes not ist; oder aber, sy wurdind aber als lang
grynen unnd gutzlen, biß etwan ein Hyrene käm, ein närrisch wyb,
das inen widerumb hulffe.

--173--

Wir erlernend ouch hie, was grossen gwalts glych by acht hundert
jaren har der bapst von Rom gebrucht hat. Denn als der keyser
Constantinus dryhundert und 30 byschoff in eim concilio gehebt,
hat der bapst dem concilio nit gevolget. Aber als die Hyrene,
die keyserin, ouch ein concilium hielt, das imm geviel, das hielt
er. Warumb galt des keysers concilium nit als wol als der keyserinen?
Darumb, das es dem bapst nit geviel. Nun was doch yenes
ein man und diß ein wyb. Und hilfft nit reden: Ja, der bapst sol
ein concilium berueffen, nitt der keyser; denn der bapst hat darnach
das wyb lassen ein concilium berueffen, und dem gevolget. Usß dem
erlernet wirt, daß dozemal die weltlichen obren die concilia beruefft
habend.
Es habend ouch dozemal etlich keyser - als die gelerten anzeygend
- die an irem läben gestrafft, die sich die bilder hinzethuon
gewidret habend. Aber yetz tödt man, die sy dennen thuond. Hie
muoß die ein that wider gott sin. Wer wil aber darinn richten? Nieman
denn das göttlich wort. Das heyßt sy aber dennenn thuon.
Darumb luogind die, so die brecher tödend, usß was gruond sy das
thuegind.

--174--

Der 5. punct.
Hie redend üwer gnaden gelerten also: "In disem fünften puncten
wellend wir sehenn, was grossen underscheyds syge zwüschen unseren
unnd iren bildnussen der bedütung halb".
Antwurt:
Hie ist nit not über disen puncten antwurt ze geben; denn er gar
nütz begryfft weder menschlich beduncken. Und habend aber wir
das göttlich verbott [2. Mos. 20. 4]: Du solt dir kein gschnitztes machen
noch einigerley glychnuß etc. Es verfuerend sich ouch selbs hie üwer
gnaden
gelerten, also, das sy wider sich selbs redend mit offnen,
hällen worten. Denn im ersten puncten habend sy gestritten, simulacra
und idola söllind in diser materi vertütschet werden "abgött";
denn die abgötler habind ire bilder für abgött gehalten; das tuegind
wir Christen nit. Hie aber sprechend sy, diß sye ein underscheyd
zwüschend irenn und unseren bildnussen, das ire bilder abgött bedüt
habind, aber unsere nit; dann ire bilder habind den Jupiter, Saturnum
etc., ander gött, die sündige menschen gewesen, bedütet.

--175--

Uß welchem eigenlich erhört wirt, das sy die bilder nit für gött,
sunder für bilder und gedechtnussen der menschenn, die etwan geläbt
hattend, oder der dingen, die sy im himel meintend läben, gehebt
habend; das doch gantz und gar wider iren ersten puncten ist, wie
yetz gehört. Doch wellend wir ir eigne wort hieharsetzen, damit sy
sehend, wie wol sy die sach besehen habind.
Glych im anfang diß punctens redend sy also:
"Was Saturnus, Jupiter, Appollo, Mars, Mercurius, Hercules,
Venus, Lupa, Flora und derglychen für ein unverschempt,
schentlich, sündig läbenn habend gefuert, diewyl sy menschen warend
uff erdrich, zeygend alle geschichtschryber, Christen und Heyden,
offennlich an. Sölche menschen nach irem absterbenn habend die
Heiden für ire götter uffgeworffen, dero bildnussen uffgericht, sy anbättet
und in mancherley weg vereret. Und ob sy schon die allein
für bilder hettend gehebt - als nit ist -, was nutz oder frucht hat
der mensch mögen empfahen, so er sy angesehen hatt etc.?"
"Sunst hand sy die iren - verstand: bilder - für götter gehalten
etc.".
Sehe man, wie dise wort zemenstandind! Vor bekennend sy,
das die Heyden den götten zuo gedächtnus habind bilder gemacht etc.
Hie sprechend sy widerumb - in einem puncten - sy habind die
bilder für gött gehebt. Also sol es zuogon, wo man wider die warheit
strytet.
Das übrig, das in disem puncten möchte ein ansehen han,
kumpt im nächsten.

--176--

Der 6. punct.
Üwer gnaden gelerten.
"Wir wöllend in disem puncten besehen, was underscheids unsere
bild in dem val gegen iren götzen haben" etc.
Bald darnach von unseren bilden redend sy also:
"Wir dienen inen nit; wir setzend ghein vertruwen inn sy; wir
fragend sy nit radts umb verborgne ding; wir opfrend ouch inen
nit" etc.
Antwurt:
Bishar habend wir gespart, das wir im 2. puncten uffgehenckt
hattend, namlich das verglychen der Heyden, Juden und unserer
bildnussen. Doch muessend wir abermals üwer gnaden gelerten vormanen,
das sy im nechsten puncten selbs und vormal ouch offt verjehen
habend, das die Heyden ire abgött in den bildnussen geeret
habend, und die bildnussen nit für die abgött selbs gehaltenn, wie
dann gnuogsam über den ersten und andern puncten geredt ist. Nun
halten wir die bildnus glycherwyß nit für den, deß sy ist, ob wir 's
glych also nennend: den götzen sant Christoffel, disen sant
Klaren etc. Aber wir bruchend vor den götzen, glych als ouch
die Heyden gethon habend, und suochend by denen, dero die bildnussen
sind, glych söliche hilff, als ouch die Heyden by den götten
gesuocht habend, dero die bildnussen warend.
Da sy sprechend: "Wir dienend inen nitt": Wellend sy "inen"
verston: die säligen, so redend sy nit recht; denn wir dienend inen
mit offnem gsang und worten in den templen. Also hand ouch die
Heyden dem Jupiter, den sy im hymel vermeintend sin, gedienet.
Aber das volck gottes hat es im alten testament und im nüwen by
den alten Christen nit geton. Wellend sy aber "inen" verston: den
götzen, so dienend wir inen glycherwyß, als ouch die abgötler. Wir
legend kosten an ir uffrichten; nennend die tempel unnd altar nach
inen; richtend inen veld-, wald- und bergkilchen uff; unnd wo die
bild an denen orten nitt wärind, lüffe nieman dar. Unnd kan man

--177--

sölichs nit in den misßbruch des gemeinen menschen schryben; dann
bäpst, byschoff und cardinäl gebend ablas darzuo. Unnd redt aber
gott [Matth. 4. 10]: Dinen herren gott wirstu anbätten, und dem allein
dienen. Er spricht: Allein.
Witer sprechend sy: "Wir setzend ghein vertruwen in sy". Das
ist aber der warheit gantz unglych, der säligen halb; dann wie menger
ist, der sin vertruwen, sälig ze werden, in ein creatur setzt, der in
sant Katrinen, diser in sant Iacoben, sant Barbaren etc.
Und spricht aber gott [Jer. 17. 5]: Verfluecht sye der mensch, der in
den menschen vertruwt, und der das fleisch sinen arm oder stercke
macht. Und harwiderumb deut. 10. [5. Mos. 10. 20]: Dinen herren
gott wirstu fürchten, und im allein dienen, imm anhangen etc. Es
hat ouch ein yeder gebräst sinen heiligen, den die pfaffen offenlich
leerend anrueffen: Sant Apollonien für das zanwee, sant Erasmus
für 's buchwee, sant Antonien für das wuetend fhür, sant
Valentin für den vallenden siechtag, sant Vindelin - one zwyfel
ein erdichter nam, oder aber von den Heyden in uns geflossen -
etwas wider ze finden, sant Notpurt, daß sy helffe gebären. Daran
man ersicht, das wir ouch wie die Heyden die gebrästen geeret
habend; dann wo ist ein sölicher Vindelin ye gewesen, oder dise
Notpurt? Es sind erdicht namen, damit man gelt ervoglet hat.
Also habend die Heyden das fiber, das fartzen und andere gebrästen
geeret, das sy inen nit schaden möchtind.
Der götzen halb habend ouch die Heyden nitt in die götzen vertruwt,
sunder in die, dero sy warend, wiewol dieselbigen nüts warend,
wie gehört ist. Das gloubtend aber sy nit. Es sind ouch die einvaltigen
Christen dahyn gevallen, das sy in die bilder vertruwt hand, und sy
heilig geschetzt, und etwas vermögens zuoggeben mit sölichen worten:

--178--

Es ist ein gnadrych bild. Und sind dahin gefuert von den pfaffen, die
inen die bilder groß gemacht hand in iren ougen mit besundrem
pracht, gsang, zyt und sydentuecher, mit besundren ceremonien, neigen,
grueßt und andrer zoubery harfürgestellt, und schwarlich lassen
sehen, ouch nit on besundre versoldung. Was söltend die einvaltigenn
thuon, do sy also gefuert werdend, unnd inen aber das götlich
wort vom götzenverbott nitt fürgehalten, aber daby die götzen mit
sölichem flyß und gespenst fürgestellt? Sy habend mit gwalt muessen
in den götzendienst vallen. Es ist in zwentzig jaren vil zuolouffs zuo
sant Annen bild gewesen. Hie ist gar nach ghein capell oder tempel
gewesen; man hatt ein altar und bild in sant Annen eer ufgericht.
Und ist demnach der pfaff oder münch dargstanden: Ir louffend sant
Anna nach in verre land; nun habend doch wir hie ein eigne sant
Anna etc. Wär was aber die sant Anna anders, weder der götz;
denn die waar ist im himel? Sehe der man zuo, ob nit das in den
rechten, waren götzendienst yngefuert sye. Sy, die geistlichen, habend
die götzen ouch nit lassen anrueren, damit der einvaltig dester me in
ir eer gezogen wurde, sidmal sy so tür wärind.
Demnach sprechend sy: "Wir fragend sy nit radts umb verborgne
ding". Wie vil sagt man fablen, daß ouch die bilder geredt, geweint
und diß oder iens geheissen habind? Wir wellend gschwygen, das
gar nach ein yeder zuo sinem patronen sich also versehen hatt, das,
wo imm in zwyfel oder gevar ein komlicher radtschlag yngevallen,
gesprochen hatt: "Do gab mir der lieb helg in 'n sinn"; und ob wir
glych nit wie die abgötler die verfuerischen und duncklen antwurten
gsuocht habend.
Für das letst sprechend sy: "Wir opfrend ouch inen nit"; da
wir doch vor ougen sehend, das inen so vil zuogetragen ist, das gheine
unglöubigen iren abgötten so vil ie zemengelegt habend, oder das so
vil guotes in irem dienst verzert sye. Wir henckend an sy gold, silber,
edelgstein, so vil, das, so man allein die schätz der kleydern und
kleinoten ansicht, wir inen me habend anghenckt, denn alle spitäl
der armen vermögend, denen doch gott heißt ze hilff kommen. Sicht

--179--

man aber den andren schatz und hab an, so ist nit allein alle barschafft,
sunder der boden selbs über das halb hinuß der geistlichen,
unnd aber alles under dem namen der götzen: Das ist sant Peters
erb, disß unser lieben frowen, ein anders eins andren götzen. Und
sprechend denn: Der lieb helg ist arm! Tragend harzuo! Meinend
sy den im hymel? Wie kan er denn arm geschetzt werden? Also
ist kundbar, das sy nun von dem götzen redend; denn wie kan die
hochwirdig jungfrow Maria arm sin, die ietz in dem himel ist? Es
hilfft ouch hieby nit ynreden: Wir henckend sölich guot nit an die
götzen, sunder den lieben heiligen, die im hymel sind, zuo eeren. Dann
so man inen mitt zytlichem guot wil eer anthuon, sol man es an die
ort geben, da gott geheyssen hat, und die lieben heyligen ouch gethon
habend: den armen. Nitt denen, die mit irem gutzlen die hüser
der armen witwen fressend [cf. Matth. 23. 14], und redend: bim gold
des tempels und bim opfer des altars sye böser schweeren weder bim
tempel oder altar [Matth. 23. 16]. Ouch nit denen, die das gebott
[2. Mos. 20. 12]: "Du solt vatter und muoter eeren", also brechend, das
sy zuo den kinden sprechend: Gib uns! unnd so der vatter usß mangel
höuschen wirt, so sprich: Ich hab 's in dinem namen in tempelschatz
gelegt etc. [cf. Marc. 7. 10f.]. Also ist kundbar, das die geystlichen
zuo dem götzenopfer - denn die säligenn im hymel dörfftend
gheins opfers des zytlichen guots - gereytzet habend umb ires nutzes
willen, biß sy damit me guotes überkommen, denn gheine abgött oder
götzen ye gehebt habend, aber mit dem namen: "Es ist nit min, es
ist sant Peters, sant Othmars" - nit dero im himel; denn die bedörffend
unnd wellend sin nüts, sunder das es den armen ggeben
werd; also volgt, daß 's dem götzen sant Peters oder Othmars
zuogeschriben wirt - habend sy die unsaglichen rychtag zemenzogen,
und sprechend demnach: Wir opfrind den götzen nitt. Wir wellend
ouch hie gschwygen der läbenden opferen, die inen gebracht: wachs,
werck, korn, silber, gold, kleinot etc., die für sy gehenckt werdend.
Welchs aber alles zuo nachteil der eer gottes reicht, welche denn vereret
wirt, so man inn in den armen eeret; und ist die welt allenthalb
sölcher gstalt erermt worden.

--180--

Das sy hieby redend: "wiewol dero vil sygind, die das gotzwort
velschind, zwingind und biegind, den gemeinen man betriegind, umb
gwüns oder nydts willen predgind, zuo rechen und unghorsame ziehind,
sölle darumb das gotzwort nit underlassen werden", erfröwt uns seer;
dann etlich uns umb deßwillen scheltend, daß wir es styff lassend by
uns fueren; die doch nüts darwider könnend, noch zuogegen kommen
gdörend; denen ouch dise gelerten nit unglych sind, die einist
sprechend: simulacrum sölle in diser materi ein abgott vertütschet
werden; denn die Heiden habind die götzen für gött gehebt. Bald
demnach redend sy: Die bilder sygind dem Jupiter, Saturno, andrem
gstirn gemacht. So sy nun den worten gottes andre bedütung
zuolegend, weder sy von eigenschafft hand, oder sy uß heliger gschrifft
bewären mögend, und meinend aber, von unserem fürnemmen uns damit
abzefueren, danckend wir üwer gnaden hoch, das uns die zuo standhaffte
ermanet.
Demnach zeigend sy an, daß der misßbruch der bilden dahar
kömme, das der tüfel die einvaltigen menschen damit von der rechten,
ynwendigen vererung abzücht, damit aller andacht, gloub und vertruwen
in die bildnus zogen werde. Diß achtend wir das warest, das sy

--181--

under aller irer leer geredt habend. Darumb hatt sy ouch gott verbotten,
das er wol weißt, das abgöttery all weg daruß entspringt.
Darumb sol man sy ouch dennen tuon. Ouch dahar, das die hinlessig
sind, die das gotzwort fueren soltend. Ist ouch war; denn
hettend sy das erst gebott gottes all weg verkündt, wie es exo. am
20. [2. Mos. 20. 3-5] stat, wär ghein götz under christenem volck
nie worden. Aber zeygend sy den gyt an. Ist ouch war und unlang
davor von uns selbs anzeygt, das der gyt dargstanden ist, und das
er an die bilder und an sinen nutz ergutzlet, hatt er uff die säligen
gelegt. Demnach zeigend sy der abgöttery der bilden aber ein ursach
an: die ungehorsame deß gemeinen menschen, die inen die walfert
nit weeren lassind und unordenliche eer der bilden. Das wir
nit zuolassend; denn hett man sy ye mit dem wort recht gefuert, so
wärend sy in sölche eigenrichtige nie kommen. Das sicht man an
dem, daß sy yetz, so bald sy der waren leer gottes bericht werdend,
die ersten sind, die verfuerung der bildnussen abzetuon. Darumb sind
des vals im volck ursach die bösen pfaffen, als die geschrifft redt.
Die üppigheit, die an die bilder glegt, wirt ouch nit schaden mögen,
so man die bilder überal nit haben wirt. Die man aber billich
dennen thuon sol, so sölch groß geverd der abgöttery - als dise
gelerten selber verjehend - an inen stat; denn abgöttery ist die
gröste sünd. Und mögend die nutzbargheiten, die sy in den bilden
anzeigend, die schwäre diser sünd nit abwegen. Darumb hörend
ouch ir, o lieben gelerten, das gotzwort. Das ist nit liederlich, nimpt

--182--

nit kindenspil für sich, sunder gwüsse ding. Und sidmal gwüß ist,
daß der götzendienst so schwär, ouch so gwüß volget, wo man die
bilder hat, darumb verbütet es die. Denn on zwyfel alle die volgen
söllend, die sich Christen und glöubig ruemend.
Der 7. punct.
Imm sybenden puncten werend sy sich vor den gschrifften, die
bildnussen so häll und starck verwerffend, doch mit gheiner anderen
widerwer, denn das sy sprechend: Wo bilder verbotten werdend, es
werdind nun die abgött verbotten; und sehend doch, das vil geschrifften
dargeton sind, die allein die abgött verbietend, welches das
fürnemest ist. Das doch sy schupfend unnd sprechend all weg an
denselben orten: Hie wirt der bilden nit gedacht. Sind nun bilder
und abgött ein ding, warumb schupffend sy dann die gschrifft, die
allein von abgötten lutet? Sy sehend ouch, das noch me gschrifften
dargeton sind, die bilder verbütend, damit man sehe, daß yetweders
in sonderheyt verbotten sye. Wiewol das war ist, daß gott, der wol

--183--

weißt, das ghein abgott nüts ist, ire abgött nun stummend götzen
nennet, so wüßtend doch sölichs die unglöubigen nit, und vermeintend,
der abgott wäre etwas wyter weder nun ein hültzin oder steinin
bild. Deßhalb sy sich nit eines ortes, usß dem gotzwort harfürgezogen,
hand mögen erweeren. Denn ouch das wort des heiligen Johansen
1. capit. 5. [1. Joh. 5. 21]: "Ir sün, huetend üch vor den bildnussen
oder götzen" nit in anhang der vordrigen meinung geredt wirdt, sunder
ist es by den griechischen biblinen, und alten latinischen ein abgesündrete
red, die er zum letsten als ein grosse, starcke, nutzliche
meinung geredt hat, von dero er nit wyter wölt reden, denn das sy
sich kurtz darvon vergoumen söltind.
Beschlusßred.
Hierumb, gnädiger herr, onangesehen, was diser oder iener schynlichen
fürgeb, wie die bilder uns glycherwyß als die gschrifft lerend; dann
ghein gschrifft das menschlich hertz erleren mag, es werde denn innwendig
von dem götlichen liecht erlüchtet und gezogen, noch vil weniger
die bilder; dann der sun gottes, Jesus Christus, heißt uns die gschrifft
erfaren [cf. Joh. 5. 39], ouch Mosen und propheten läsen [Luc. 16. 29],
aber zuo gheinem mal spricht er: Machend bilder oder ersuochend

--184--

die bilder. Deßhalb es üwer gnaden gelertenn fürsorg ouch nüt bedarff,
da sy meinend (darumb, das sy die bilder gschrifft nennend):
tuege man die bilder hin, so werde man ouch die gschrifft des göttlichenn
wortes understan abzetuon; denn geschrifft ist uns gebottenn ze
erfaren, unnd die bilder verbotten ze haben; sunder angesehen, daß
götlich wort unbetrogenlich, ein liecht unnd trost des glöubigenn
menschen ist; harwidrumb, so es veracht und übersehen wirdt, ein
gwüsse ursach des gröstenn üblenn ist; ouch angesehenn, das es in die
ewigheit stät blybt, unnd es ghein creatur mag dennen thuon, sunder
das alle, so sich deß undernemmend, zuo spott komend; daruß wir
ouch gevolget sehend, das die verlaßne im götlichen wort ze hundert
malen me götzen under den Christen geborn hat, weder under den
Heyden ie gewesen sye; damit den armen nit zuogangen, als aber
gebürt hette under christenem volck; unnd dargegen die hochfart
und gspenst in den templen mit schilten und zeychen so unverschampt
ufgangen, das es ein spott ist: so habend wir uns im
namen gottes erwägen, und die bilder in den templen, unnd wo sy
zuo abgöttery - die nitt allein ist, so man götzen anbättet, sunder
so offt man anderswo trost und hilff suocht, weder by dem einigen
gott, unserem herren - unnd von dem schöpfer zuo der gschöpft
habend mögen reytzen oder ziehen, mit ußgeschoßnen bescheidnen
unser statt burgeren verschafft hingeton werden one geschrey und
muotwillen, damit wir gheinen schwachenn verergerlich wärind, gwüsser
hoffnung, wir gott daran gedienet habind, und obglych ghein anders,
das doch dises guot hinfür darus volgenn werd, das der kost, so
bißhar an den götzendienst gelegt, fürhin den armen zuofliessen wirt,
welches ein ungezwyfleter gotzdienst ist. Habend ouch nüt mindre
zuoversicht zuo siner erbermbd unnd krafft, er werde das, so er angefengt,
vesten und bewaren; dann er, die in inn verhoffend, gheinen
weg verlaßt.
Verstande üwer gnaden alle ding im besten.

--185--

Von der mesß.
Von des anderen artickels, der mesß wegen, fragend üwere gelerten
also:
"Ob unsere muoter, die heylig kirch, im sacrament des altars
durch ire diener, die priester, etwas ufopfere gott, dem hymelischen
vatter".

--186--

Unsere frag ist vormals nit also fürgehebt, sunder also: ob die
mesß ein opfer sye; ouch das die mesß, als sy ein lange zyt gebrucht,
grosse mißbrüch hab. Aber wir sehend wol, das sy mitt sölichem
uffrüsten der frag diß anrichtend, das sy die kilchen zuo opfren
bringind, und den pfaffen. Doch wie sy ir fürnemmen fuerend, kommend
sy zum letsten dahyn, das sy sprechend: Christus sye, der
sich selbs da ufopfere. Warumb hand sy denn die frag nit also gestelt:
Ob Christus sich selbs ufopfere, wenn die kilch unnd der
priester ufopfre? Dise frag sähe irem fürnemmen glych. Aber sydmal
sy ires fürnemmens gheinen heytren grund habend, habend sy
söliche renck der senften, suessen worten gesuocht, und ein söliche
lange red gefuert, das die lenge billich by eim yeden argwönig werden
muoß. Dann hettind sy ein häll wort gottes, so bedörfft es nit vil
kluegens. Doch damit üwer gnad nit gedencken möchte, uns me usß
unberichte der sach schwygenn, weder usß schlechtachtung dero irer
vilfaltigen anfechtungen, wellend wir iren missunderstenden gern antwurt
geben, damit die warheyt für und für zuo der eer gottes harfür
bracht werde, und die finsternus sampt der unwarheyt verjagt. Unnd
wiewol alles, das hierinn hafften möchte - so verr es krefftig wer,
als es gsehen wil sin -, vormals ouch in den gesprächen eigenlich
gehört und verantwurt ist, wellend wir nüt des minder uns nit beduren
lassen, was notwendig unnd fruchtbar sin mag, widerumb ze
handlen, damitt das liecht deß baß erkent werde.

--187--

[Die 1. zügnus.]
Und so alle gschrifften im nüwen testament heyter gnuog sind, das
sy diß sacrament ghein opfer, sunder ein widergedächtnus und gemeine
vereinung nennend, so keerend sy sich zuo dem schatten des alten testaments
[cf. Hebr. 10. 1], unnd wellend mitt dem etwas bewären in dem
liecht, das wir aber in dem liecht nit findend. Zühend also genn. am 14.
[1. Mos. 14. 17-24] den handel Melchizedeks und die straffred des
propheten Malachie am 1. [Mal. 1. 6-14] harfür. Darumb wellend
wir in denen gruntlich ersehen, was ir natürlicher sinn sye, und demnach
disen gelerten gnuogthan haben; denn hierinn all ir gebüw gründt
ist. Wir wellend ouch die grossen verdrüsß, die wir wol gedencken
mögend mit besundrem flyß yngefuert sin, gern durch d 'hand louffen
lassen, als mit dem proferens und offerens, das die unseren uff dem
gespräch nit uf die ban gebracht habend, sunder die, so usß der
mesß ein opfer wellend machen; ouch daß cohen nit allein ein
priester, sunder ouch ein obresten, herren, oder fürgesetzten heysse;
dann sy sölichs nit usß inen, sunder usß dem Capnione habend,
und derglychen vil. Ouch wellend wir unser red, wie im ersten artickel
der bilden halb anzeygt ist, gegen disen gelerten gericht haben,
und üwer gnaden darzwüschend gern sehen zuolosen.
Der ursprünglich, das ist: der hebraisch, text hat genne. am 24.
[1. Mos. 14. 18-20] also: Und Melchizedek, ein künig zuo Schalem,
hat hinußgeschafft kommen brot und win. Der was ouch ein priester
des hohen gottes. Und er hat inn, den Abraham, gebenedyet -
das ist: gottlobet, als wir sprechend - und hat geredt: Gebenedyet
- das ist: hochgelobt - ist Abraham dem hohen gott, schöpfer
der himlen und erden, und gebenedyet - das ist: hochgelobt - sye
der hohe gott, der dine fygend in din hand ggeben hat. Und er -
Abraham, als Hebr. 7. [Hebr. 7. 4] - hat imm den zehenden ggeben
von allem.

--188--

Hie wellend wir für das erst üwer gsuech der umbstenden mit
dem claren text umbkeren, und demnach anzeigen, was Melchizedek
in Christo bedüt hab, nit usß uns, sunder usß gottes wort. Die
gschicht ist hie clar, das, nachdem Abraham über die künig gesiget,
widerumb heimkeert, und als er für Schalem hyngezogen, hat
Melchizedek verschaft hinußkommen brot und win. Da sprechend
aber ir: Abraham hat sin spys noch so bald nitt verzert, darumb
er Melchizedeks spyß nit dorfft. Daruß nun vermerckt wirt, das
disß nit ein handreychung, sunder ein opfer gewesen ist. Antwurt:
Stat ouch an einigem ort, das Abraham spyß habe mit imm zuo der
reyß genommen? Unnd diß sagend wir nun darumb, das ir erkennind,
wie ir die umbstend der geschrifft so schelb ansehind. Das
aber Abraham dem künig von Sodoma by gott schweert, er welle
alles des synen nüts nemmen etc., ußgenommen, das die jugend geessen
hette, hat nit die meinung, das Abraham welle sagen: Wir
hand die spyß, die du zuo reyß gerüstet hattest, wider gewunnen und
darvon geessen; die könnend wir dir nit widergeben. Denn das wäre
unfry an Abrahamen gewäsen, das er den künig von Sodoma so
nachgültig hette geschätzt, als ob er sölichem nun sölte nachfragen,
sunder die meinung Abrahams ist, er welle hievon nützid nemmen,
ußgenommen, das die synen in spyß verzeert habind. Wofür ist aber
diser kintlicher umbstand, gott geb, wie man 's von der spyß verstande?
Warlich nienen für, denn das man lang, unnütz reden spinne.
Sehend hiehar, das man ouch den aller grösten unnd rychsten herren
win und brot schenckt, so sy in reysen oder sunst fürwandlend, ob
sy glych dero ghein mangel hand. Also hat im ouch Melchizedek
geton. Als er des siges Abrahams innen worden, hat er inn mit
schenckung wellen vereeren. Und die pfligt man noch hüt by tag
in aller welt gegen den reysenden mit win und brot und anderer spyß
fürhar tragen. Was wellend ir des knopffs hie, da es so heyter ist?
Darzuo mocht Melchizedek nitt wüssen, wie wol Abraham gevasset
wär mit win und brot. Dise meinung zeygt das einig wörtly hozi

--189--

[‎‏הוֹצִיא‏‎] an - den Griechen ἐξήνεγκε -; das rymt sich by den Hebreieren
ouch Griechen gar nit zuo gheinem opfren, da sy zabah
[‎‏זָבַח ‏‎] oder karab [‎‏קָרַב‏‎] bruchend, sunder heyßt es eigenlich: hat gemacht
oder geschafft hynußkommen, hatt hinußgetragen; doch ist das
erst das eigenlicher. Ist clar, das hieruß das opferen nit mag gezogen
werden, das Melchizedek Abrahamen geopferet hab.
Darnach zühend ir haryn, es werde hie nit verstanden, das
Abraham von dem win und brot genossen hab. Ach, lieben gelerten,
warumb zühend ir doch diß wort so unfürsehenlich harfür? dann
daruß volgete, das, wie Abraham davon nitt geessen hette, also
wir das sacrament des altars ouch nitt essen söltind, das ghein
Christenman reden sol? Man muoß doch sehen, das ir dahyn gericht
sind, nun das ir redind, gott geb, was ir redind.
Demnach strytend ir starck, das in der latinischen sprach
"enim" stande, sye ein causalis. Was liegt daran? Die Hebreier
habend sy aber nit. Ouch so hand sy die Griechen nit. Die
wäre inen γάρ; so habend sy δέ. Moses hatt hie den Melchizedeck
wellen von aller siner wirde beschryben: daß er ein künig und priester
sye. Und ist descriptio personae, beschrybung sines wesens von
den empteren har. Darzuo so ist er ein priester des hohen, das ist:
des obresten, waren gottes gewesen, deßhalb er gheiner creatur hatt
gmögen ufopfren. Wie hette er dem Abrahamen ufgeopfret, oder
wie hette Abraham das gelitten, der wol wüßt, das allein dem
höchstenn gott sol ufgeopfret werden? Oder wie wäre Melchizedeck
ein fygur Christi gewesen, so er eim menschen - welches abgöttisch
ist - unnd aber Christus dem einigen gott sich selbs ufgeopfret?
Uß dem ir wol merckend, das Melchizedeck ein bedütung Christi
des opfrens halb gewesen ist, darumb, das er dem höchsten gott geopfret
hatt, nit darumb, das er Abrahamen geopffret hab. Denn
das wäre nit ein priester deß höchsten gottes, sunder der creatur.
Und ob ir glych demnach offt also arguierend: Melchizedeck hatt
Abrahamen win und brot ufgeopfret, ergo, darumb so ist das sacrament

--190--

des altars ein opfer, so ist doch unwüssender, ungegründter,
ungevölgiger argument nie gehört oder gemacht. Denn zuo eim teil
ist das adsumptum oder antecedens, das ist: das fürgenommen, valsch;
denn das götlich wort, das war sin muoß, das da spricht: Melchizedeck
sye ein priester des höchsten gottes xin, mag nit erlyden, das er
Abrahamen ufgeopfret hab. Also muoß demnach alles das valsch
sin, das daruf gebuwenn wirt. Zum andren so zeygend an, wo dise
consequentz oder volg grund hab. Melchizedeck hatt Abrahamen
wyn und brot ufgeopfret. Ergo: so volgt: Das sacrament deß wyns
und brots ist ein opfer. Wo ist hie üwere logica? Ir hand ir wuest
vergessen. Noch so trybend ir dise ungründte consequentz durch die
gantzenn geschrifft us und us, bruchend das kunststuck der redneren,
die, das sy nit bewären mögend, stäts onverschamt redend, damit
der, so gegenredt, zum letsten sölchs onverantwurt lasse, daß der
richter etlichen weg in vergessen kömme, und denn wäne, es sye
onverantwurt. Also trybend ir dise ungründte, unvolgende consequentz,
glych als ob ir 's mit vile des klaprens erobren söllind. Und verglych
uns übel mit den consequentzen umbzegan. So aber üwer flyß
aller nüts denn consequentzen unnd ghein häll, göttlich wort hatt,
muessend wir wider unseren willen sölchem tant antwurt geben. So
ir aber ye überein guot, gevölgig consequentzen wellend haben, so
muessend ir mitt Melchizedek, des opfrens halb, also umbgan. Unnd
zürnend nit, das wir üch lerend. Für das erst gstand wir zuo beden
teylen einandren - denn es ist das göttlich wort -, das Melchizedeck
ein priester des höchsten gottes gsin ist. Zum andrenn, das
er ein fygur Christi ist. So nemmend 's yetz also in d 'hand:
Eins yeden priesters ampt ist opffrenn (hie redend wir von dem einen
teyl deß priesterlichenn ampts, namlich: opffrenn; dann von deß lerens
wegen ist hie nüt uff der ban. Unnd im nüwen testament ist ghein
opfrender priester denn der einig Christus). Melchizedeck ist ein
priester. Ietz volgt: So muos er ouch opfren. Uff disen syllogismum
volgt: Christus ist ein priester nach der ordnung Melchizedeck.
So muoß er ouch opfren. Aber diß volgt nit: Melchizedeck hatt

--191--

Abrahamen wyn und brot geopfret. So muoß ouch Christus wyn
und brot opfren. Denn das erst ist nit war, daß Melchizedeck
Abrahamen wyn und brot geopfret hab, als der nachgend syllogismus
bewären wirt. Denn die gschrift underlassend wir hie darumb,
das ir sehind, das ouch nach üwrem rechnen nit erlitten werden
mag, daß Melchizedeck Abrahamenn geopfret hab, also: Ein yeder
priester des obresten gottes wirt darumb also genempt, das er dem
obresten gott ufopfret. Melchizedeck ist ein priester des obresten
gottes. Ietzt volgt: Melchizedeck opfret dem obresten gotte. Von
Christo minor also: Christus ist ein priester des obresten gottes:
so opfret er ouch dem obresten gott. Das hatt er einist am crütz
gethon. Aber von Melchizedeck volgt, das er Abrahamen nit
hatt mögen opfren, oder aber er hett nitt ein priester des höchsten
gottes mögen genennet werden, sunder ein priester Abrahams. Denn
es mag einander als wenig erlyden als glöubig unnd unglöubig sin,
gottes priester sin unnd Abrahams priester sin; denn alle, so der
creatur opfrend, sind nit priester des schöpffers. Uß welchem allem
erjagt wirt, das ir ouch mit üweren consequentzen wychen muessend
und nachlassen, daß 's herfürtragen Melchizedecks nit ein opfer
gwesen ist. Darumb alles gebüw, das ir demnach daruf buwend,
hinvallen muoß, wiewol ir so dick redend: Melchizedeck hatt wyn
und brot ufgeopffret; so opffret ouch Christus täglich sich selbs im
wyn und brot uf.
Ouch zeygend ir üwer kunst der zungen und sprachen kluog an,
da ir in der fierden bewärnuß, daß Melchizedeck als ein priester
wyn und brot harfürgetragen hab, also redend: Das Melchizedeck
als ein priester brot unnd wyn hab herfürtragen, den zehenden empfangen
etc. nit als ein vogt, verweser oder weltlicher amptman, zeiget
uns das nüw testament luter und clar an, in kurtzen jaren erst uß

--192--

dem hebraischen und griechischen vertolmetschet und ernüwret
etc.". Man hört wol, das ir die schinbein übel im hebraischen
nüwen testament zerstossend. Wo habend ir 's ye gelesen in hebraischer
sprach gschriben sin? Und obglych das euangelium
Matthei in hebraischer sprach erstlich geschriben wär, als etlich
Hieronymo wellend bewären, so ist es doch in gheinen tusend
jaren in hebraisch nie ersehen worden, derglychenn ouch die epistel
zu den Hebreieren.
Doch redend ir im fünften puncten daselbst: "Das Christus,
nachdem als Melchizedeck ein küng sye, nit ein priester nach siner
ordnung sye, sunder nachdem als Melchizedeck ein priester sye;
dann Christus rych sye nit hie dannen". Warumb lerend ir sölchs
nit die, so sich vicarien und statthalter Christi ruemend, das sy nit
herschind, als die regenter diser welt? Sind sy statthalter, warumb
tuond sy denn, das inen Christus nit bevolhen, ja, das er inen verbotten
hat?

--193--

Das aber David im 109. psalmen [Ps. 110. 4] spricht uff den
herren Christum: "Der herr hat geschworn, unnd wirt inn nit rüwen".
- Was hat er geschworn? - "Du bist ein priester in die ewigheit
nach der ordnung Melchizedeck", nemmend ir also in d 'hend mit
vil worten: Christus ist ein priester nach der ordnung Melchizedeck.
Melchizedeck hatt wyn und brot geopfret. Ietz volget:
Christus opfret under wyn unnd brot sich selbs ewigklich. Hie ist
die mittelred gantz und gar prästhafft. Zum ersten, das sy nitt waar
sin mag; deßhalb ghein wares usß iro kommen mag. Zum andren,
so sy glych waar wäre, als aber nit möglich ist, so mueßte sy also
ston: "Melchizedeck hat win unnd brot in die ewigheyt ufgeopferet",
wenn daruß volgen sölte, das Christus sich selbs ewigklich under
win unnd brot mueßte uffopferen. Wie aber Christus ein priester sye
nach der ordnung Melchizedeck, darff nieman in üweren consequentzen
erlernen; er findt es wol bim Paulo zuo den Hebreieren [cf. Hebr.
5. 6]. Wirdt bald harnach kommen, da wir ein summ usß derselben
epistel, dise materi betreffend, von einet anzeygen wellend.
Ir söllend ouch zuo mererem verstand von uns in guotem uffnemmen,
das gheiner in der nacht imm ützid laßt zeigen, daß er
dem gloube, so er 's im liecht nit findt: Ob einer etwas möschiner
oder küpffriner pfennigen für guldin by der nacht wölte hingeben,
nimt man es nit an, man finde denn im liecht, daß sy guldin sygind.
Also hat das gsatz ein schatten gehebt der dingen, die in Christo
erfüllt sind Hebr. 10. [Hebr. 10. 1]. Was sy aber bedüt habind, muoß
man allein im liecht, das ist: in Christo, sehen. Findt man es im
liecht nit, so hat es nit dahyn gereycht, da wir gemeint habend.
Also: Der eerin schlang hat Christum, am crütz erhöcht, bedütet.
Wär hat aber das ye gewüßt, ee Christus dasselb anzeygte, unnd
mit der that erfüllete? Also wyßt Christus die Juden über die
gschrifft und zeygt inen an, das sy kundschafft von imm darinn finden
werdind, sölicher meinung, das, wie er leere und würcke, werdind sy
bedütung davon in der gschrifft finden. So wirdt offembar, das die
figuren so vil bewärend, so vil wir im liecht, das ist: in Christo,
sehend wäsenlich verwürckt sin. Dann Christus ist das wäsenlich,

--194--

unnd yens sind allein schatten xin Coloss. 2. [Col. 2. 17]. Und so
Christus ein ding nit verwürcket hat, so ist gwüsß, das die bedütung
das nit bedüt hat, das wir in dem schatten meinend bedüt sin. Wirt
alles mitt häller gschrifft kund. Das Abrahams zwen sün, Ismael
und Isaac, bedüt habind (Gala. 4. [Gal. 4. 22-24]) das alt und das
nüw testament, hat nieman gewüßt, biß das wir sehend Christum
das alt testament hyngelegt haben. Deßglychen, das Jacob usß
Mesopotamia zwey wyber, Lyan unnd Rahel, mitt vil kinden und
hab, heymgebracht hat, ist ein bedütung gewäsen deß, das Christus
sin kilchen, das ist: sin volck, usß den Juden, die durch Lyan bedüt
sind, und usß den Heyden, die durch Rahel bedüt sind, zemengebracht
hat. Wär hat aber das gewüßt, biß daß wir am tag und
liecht sehend, daß Christus beyde völcker in einen schaffstal zemengebracht
hat? Jo. 10. [Joh. 10. 16]. Harwiderumb, was im alten
testament ein dunckle oder schattechte form hat nach unserem beduncken,
und aber in Christo ghein ußgetrucktes mit wort oder that
darumb erfunden wirt, das mag im liecht, das ist: im nüwen testament,
nützid bewären. Als wenn einer welte reden, es zimte nieman
zum gebenedyeten brot des altars ze gon denn allein dem künig mitt
sinem xind, darumb, das David 1. reg. im ein und zwentzgosten
[1. Sam. 21. 4-6] mit sinen dieneren von den fürgelegten heiligen
broten geessen hat, und aber das ander gemein volck nitt, so gilt sin
red nüt; dann wir findend sölichs in Christo nitt ußgetruckt, sunder
das widerspyl, das Christus spricht: Trinckend darvon alle. Also
hie in der geschicht Melchizedecks. Obglych erlittenn möchte
werdenn, das Melchizedeck Abrahamen win unnd brot hette ufgeopferet,
und das Abraham so unbericht des opfrens gewesen wär,
das er imm sölichs hette lassen antuon, dennocht, so möchte das bedüten
imm alten testament nimmer erkennt werden denn in dem
liecht. Ja, wenn Christus das sacrament deß altars hette für ein
opfer yngesetzt, denn sehe man erst, das Melchizedecks tat ein
bedütnuß der tat Christi wär gewäsen, und wo das nit, so möchte
man alle ceremonische werck des alten testamentes widrumb ynfueren.
Es mag 's ouch das wort Christi nit erlyden, da er spricht: Ich
bin das liecht [Joh. 8. 12]. Ist er das liecht, so muos man die warheit

--195--

allein in imm ersehenn. Und findt man in imm, als im liecht, ein
ding nit ußgetruckt, so mag man 's ye in der finsternuß nit finden;
denn sin liecht erlüchtet die schatten des alten testamentes. Aber
die schattenn im alten testament mögend nüts in imm bewären, das
wir in im selbs nitt erfindend, oder aber das liecht, Christus, näme
clarheit von den schatten des alten testamentes. Ein kintlicher byspil:
Die astrologi sagend offt seltzame ding künfftig. Wer ist aber
so torecht, das, nachdem er sicht nit gevolget sin ir vorsagen, er
denocht stryte, es sye ja gevolget; denn der astrologus habe es vorgesagt.
Also, ob Melchizedecks tat glych ein opfer wäre xin, mag
es darumb gheinen weg bewären, daß s sacrament des lychnams und
bluotes Christi ein opffer sye. Denn Christus truckt es weder mit
wort noch wyß uß, das es ein opfer, sunder das es ein spyß der
glöubigen sye; dann er spricht nit: Opfrend 's, oder: ich opfers, sunder
spricht er: Essend 's.
Das ir aber hie überein vermeinend ein bedütung diß sacraments
beschehen sin, derglychen ouch die mengerley kuochenn im alten
testament diß sacrament bedüt haben, volgend ir selbs den alten
lereren nit, die durch das ungeheblet brot nit opfren des gebenedyeten
brots im nüwen testament verstond, sunder sy verstond die
unvermaßgeten menscheit unsers erlösers Jesu Christi, das die rein
von der ewig reynen magt Maria on allen menschlichen oder sündtlichen
hebel geborn, und er nach dero am crütz gestorben ein unvermaßget
opfer für unser sünd sye. Ir findend ouch by den altenn
lereren allenthalb, das alle opfer im alten testament ein bedütnus
gewesen sind des einigen opfers, das Christus sich selbs für uns
geopfret hat.
Die 2. zügnus.'
Die andren zügnuß zühend ir, lieben gelerten, - dann wir yetz
mit üch redend - uß dem propheten Malachi 1. [Mal. 1. 10ff.], da er
also spricht: (Uwer eigen tollmetschung, von wort zuo wort:)
"Ich hab ghein willenn oder gefallens gegen üch, spricht der
herr der heerzügen, und die gab oder das opfer wird ich nit nemmen
von üwren henden; denn von ufgang biß zuo nidergang der sonnen ist

--196--

groß min namm by den Heyden, und an allen orten oder stetten
wirt sacrificiert und geopfret minem namen ein rein opfer etc.".
Hie sprechend ir für das erst, das diß ort des propheten von
gheinen christlichen lereren anderst verstanden sye, weder das der
prophet habe vorgesagt, das es darzuo kommen werd, das man Christum
in aller welt under dem sacrament des wins und brotes werde
ufopfren; und zeigend sölchs zum dritten mal an, daß nie gheiner
andrest verstanden hab; und zühend doch gheinen harin, der sölchs
geschriben hab; denn Augustinus, den ir harinzühend, ist häll nit
mit üch. Doch lassend ir inn unbetrachtet stan, da ir sin meinung
vest möchtind sehen. Als Augustinus lib. 18. "De civitate dei"
cap. 35 dise wort des propheten harinzücht, wil er erfechten, das
die opfer im alten testament hinvallen muessind; denn es werde an
allen orten sinem namenn ein rein opfer, Christus, ufgeopfret. Hie

--197--

verstadt Augustinus Christum dasselbig opffer sin. Ist war, aber
nit sölcher meinung, das er allenthalb wesenlich ufgeopfret werd,
sunder daß er an einem ort, namlich zuo Hierusalem, einist wesenlich
ufgeopfret, an allen orten, das ist: in der gantzen welt, fruchtbar
und tür gnuog sye, aller menschen sünd zuo bezalenn. Denn er
spricht also: Sy mögend nit löugnenn das opfer der Juden, zuo denen
geredt ist: Ich hab min willenn nit zuo üch, und wird ouch von üwren
henden ghein gab nemmen, ufgehört haben. Was wartend sy nun uff
einen andren Christum, so das, so vorgesagt ist, das sy lesend und
sehend erfüllet sin, nit hat mögen erfüllet werden weder durch inn
(verstat hie: Christum)? Dise wort zeigend heiter an, das Augustinus
vonn dem opfer, das Christus am crütz geton hatt, redt; denn
er spricht: Sy sehind es erfüllet sin. Nun ist das opfer des altars,
als ir redend, nit erfüllt noch volendet. Denn so es volendet wär,
mueßte man es nitt für und für ufopfren. Aber diß ist alles unkrefftig;
denn Augustinus redt hie von dem einigen opfer, das Christus
einist am crütz geton hab, das aber so tür unnd wytpräch, das es
in allen endenn der welt fruchtbar sye. Und gedenckt Augustinus
an disem ort deß sacraments des altars nit mitt eim wort. Derglychen
redt er ouch "Adversus Iudeos" cap. 9.; gedenckt ouch diß

--198--

sacramentes nit mit einem wort, sunder deß einig geopfreten Christi,
der aber in die ewigheit wär und bezaler für unser sünd ist, als in
den kurtzen worten daselbst gemerckt wirt, da er spricht: Aarons
priesterschafft ist yetz in gheinem tempel nütz. Aber die priesterschafft
Christi wäret ewigklich im himmel, das ist: das er vor gott
in die ewigheit für aller welt sünd bezalt 1. Johan. 2. [1. Joh. 2. 2].
Hie suochend ir aber ein flucht unnd sprechend: Christus opfret
sich selbs uff unnd der priester nitt: Es sölle ouch ghein priester so
vermessen sin, das er meine, das er Christum uffopffre, sunder
Christus opfre sich selbs. Sagend hie an: Uß was grund der göttlichen
gschrifft redend ir, daß sich Christus selbs ufopfre, so der
priester ufopfret? Oder, wir wellend der helgen gschrifft schwygen,
zeygend uns üwer eygnen lerer darumb an oder üwere bäpstliche recht.
Das mögend ir aber nitt. So sehend ietz zuo! Welcher sölches ye
geredt hette, was hettind ir von imm gehalten? Wofür hettind ir inn
usgeben? Augustinus redt hie nit: Er opffret all weg imm himel
- wie es nüts bewärte, ob er glych sölchs redte; denn es hatt nit grund
in gottes wort -, sunder: Christus priesterschafft wäret ewigklich im
himel, das ist: das er einist getödt und einist ufgeopfret, in die ewigheit
vor gott wäret, unser sünd zuo bezalen, nit das er sich für und für ufopfre,
das wider sin eigen wort ist und wider die offnen wort Pauli
zuo den Hebreirn [cf. Hebr. 5. 6]. Darumb umsehend üch wol mit
dem wort; denn, wo wir hie unsers gnädigen herren eren nit hettind
wellen verschont und mit üch früntlich und bruederlich geredt haben,
so hettind üch unsere gelerten gröber angriffen über das wort, da ir
sprechend: So der priester opfre, so opfre er nit, sunder Christus
opfre denn sich selbs. Doch so wirt die valsch farw diser meinung
eigenlich offembar, so wir die gründ dises opfers, das Christus ist,
uß der epistel zun 'n Hebreieren anzeigen werdind. Sagend ouch
an, warumb hand ir die erstlichen frag also gestelt "ob unser muoter,
die heilig kirch, im sacrament des altars durch ire diener, die priester,
etwas ufopfre gott, dem hymelischen vatter", so die priester nach
üwer leer nüts ufopfrend? So kummend ir aber mitt einem comment

--199--

oder fund, und sprechend: Christus opferet sich selbs fürnemlich.
Zum anderen mal opferet die gmein kirch Christum, ir houpt. Zum
dritten opferend die priester als diener. Wo wir hie üwer nit verschontind,
wöltind wir gern fragen, was der sygrist tät. Das gott
erbarm, das ir mit sölichen fablen umbgond one grund der gschrifft,
ouch one hilff üwer eignen lereren in einer so ernstlichen sach. Ietz
sprechend ir: "Christus wirt von sinem priesterthuomb ufgeopfret"
und verstand aber durch das priesterthuomb die gesalbeten pfaffen.
Bald fliehend ir hie dannen, unnd sprechend: "Die kilch opfre", als
die gestalt üwer frag innhalt. Und zum letsten endrünnend ir dahyn,
da ir dem lyden und wort Christi die aller grösten schmach
anthuond, so ir sprechend: Christus opfret sich selbs, so offt er von
dem priester wirdt ufgeopfret. Denn sin lyden, einist gelitten, und
für uns ufgeopfret, bezalt der gantzen welt sünd in die ewigheit. Das
bezügt sin eygen wort Johan. 12. [Joh. 12. 32]: So ich von der erd
erhöcht wird - verstand hie "erhöcht" für: an das crütz gehenckt
werden, wie Ioan. 3. [Joh. 3. 14] -, so wird ich alle menschen zuo
mir ziehen. Sehend ir, das er do für alle menschen bezalt hat, do
er an 's crütz erhöcht ward. Warumb stellend ir inn denn erst für
unnd für an ze opfren? Doch von dem wirdt me harnach kummen.
Ietz wellend wir widrumb an den weg, von dem wir abgangen
sind. Ja, ir habend zum dritten mal geredt, die wort Malachi
[Mal. 1. 10 f.] habe ghein christlicher lerer anderst verstanden, weder
das sy vorgesagt habind, wie das sacrament deß lychnams und bluotes
Christi ein opfer werde sin, und zühend doch gheinen harin, der
kundtschafft darumb sag, denn Augustinum, der diß sacrament mit
einem wort, an den orten ir inn anzeigend, nit anruert. Wir wellend
aber üch noch me lerer anzeigen, die es anderst verstond, weder ir
fürgebend. Und sehend ir demnach uff üwer red, wie ir by dero
beston werdind.
Tertullianus redt libro 3. "Adversus Marcionem" also von
disen worten [Mal. 1. 10 f.]: Ich wird üwre opfer nit nemmen; dann
von ufgang der sunnen biß zue nidergang ist min nam vereret in den
nationen der Heyden, und an allen orten wirt ein rein opfer minem

--200--

namen ufgeopfret, das ist: Verkündung miner eren, brysen, lob und
danck. Sehend ir hie, daß Tertullianus den propheten dahyn verstat,
das es darzuo kommen werde, das man für die vihischen opfer,
dero man im alten testament gepflegen hatt, innerliche opfer deß
geistes gott werde ufopfren, gott in dem geyst und warheit anbätten
[cf. Joh. 4. 24], sinen namen brysen, loben unnd imm danck sagen,
welchs opfer der helig Paulus Ro. 12. [Röm. 12. 1] anzeigt.
Aber spricht Tertullianus libro 4 "Contra Marcionem":
Und man opfret minem namen allenthalb ein opfer, und ein rein opfer
[Mal. 1. 11], das ist: das einvaltig gebätt uß reiner oder grechten conscientz.
Hieronimus schrybt über dise wort des propheten also: Unnd
darumb gschicht die red deß herren yetz eigenlich zuo den priesteren
der Juden, die blinds, lams und blöds bringend ufzeopfren, damit sy
wüssind, das den fleischlichen opfren geistliche opfer nachkummen
werdend, unnd das man gheinen weg rinder und boksbluot opfren wirt,
sunder das angezündt geröuck, welchs da sind der Christglöubigen
gebätt, wirt man ufopfren, und dasselb nit in eim einigen land der
welt, im jüdischen land, noch in der einigen jüdischen statt zuo

--201--

Hierusalem, sunder allenthalb. Dise wort Hieronymi habend ir
one zwyfel vor allen andren gelesen; denn wir gheinen andren der
alten habend, der von einet über die propheten geschriben hab;
darumb ir üch mit gwalt habend muessen daran stossen, und ob ir sy
glych nit hettind gsuocht. Und so eigenlich ze vermessen ist, das ir dise
wort Hieronymi gsehen habind, wie hand ir 's doch dören gwagen,
das ir in namen unsers gnädigen herren sprächind: es hette ghein
lerer die wort des propheten nie anderst verstanden, denn das sy
dahyn reychtind, das sacrament des lychnams und bluotes Christi ein
opfer sye? Und zühend aber nit einen harfür der alten, der mit üch
mit einem wort hälle. Und so ir treffenlich schmützend, wie gelert
die alten gegen den yetzigen sygind, ouch das man nit eins yeden
kopff sölle volgen, sunder dem ußlegen der alten lereren, warumb
verschwygend ir denn hie, da es gelten sol, die wort Tertulliani
und Hieronymi, da nitt zwen ander in den zungen under latinischer
kilchen gelerter gewesen sind?
Und diß alles habend wir nitt harfürtragen, das wir vermeinind,
die wort Malachi zuo verston sin, als sy joch die treffenlichen lerer
ze verston gebend - denn die heytren wort des propheten mögend
disen verstand nit erlyden -, sunder das wir anzeygind, das üwer ußlegen
des propheten nit grecht, und dasselb eintweders usß unwüssenheyt
oder uß flyß die warheit ze vermantlen, beschehen sye. Dann
ir sunst ouch wol wüssend, das die lerer so vil gloubens by uns haben
söllend, so vil sy dem heiligen gotteswort glychförmig redend, als
üwere eygne recht dis. 9. c. "ego solis" anzeygend. Darumb muoß
man allein das wort in dem wort erlernen. "Dies diei eructat verbum".
Deßhalb uff dem gespräch der sinn diser worten Malachi 1.
[Mal. 1. 8] recht und warlich ist harfürtragen: das gott durch den

--202--

propheten die jüdischen pfaffen beschillt (so vil hiehar not ist), das
sy das brästhafft, blinds, laams, blöds opfretind, welches ein irdischer
fürst nit von inen näme etc. Und darumb so gefallind sy im nit, und
spricht: Min will oder gefallen ist nit in üch, und wird von üwer
hand die gab nit nemmen; dann min nam ist under den Heyden
groß von uffgang biß zuo nidergang der sonnen; und an allen orten
wirt ein rein opfer minem namen ufgeopfert; dann min nam ist groß
under den Heyden, spricht der herr der heerzügen. Hie verstossend
ir üch an dem wort "rein", das den Hebreieren ist tahorah [‎‏טָהֳרָה‏‎],
und heißt: suber, unbefleckt und ganghellig. Und so bald man mit
üch uß hebraischer sprach redt, so wellend ir die latinischen
dolmetschung haben. Wolan, so findend ir exodi am 25. [2. Mos.
25. 11]: Du wirst die arch mit aller reinistem gold überziehen. Sehend
ir hie, daß "rein" an disem ort nit heyßt: one sünd (denn das gold
kan nit sünden), sunder heyßt hie "rein": suber, uuvermischt, unbefleckt,
luter, da ouch die Hebreier habend tahor [‎‏טָהוֹר‏‎]. Hierumb
so redt gott: man opfre im under den Heyden suber, gantz, unbefleckt
opfer. Hie verletzt aber üch, daß dem waaren gott under
den Heyden geopfret wurde, ouch, daß sin nam groß sye under den
Heyden. Was könnend aber wir für üwer verletzung? Gott redt
also; so mag er ouch nit liegen. Darumb muessend ir üwere verstentnus
gott zuo gefangen geben. Aber damit üch gnuog gschehe, so
merckend, das gott ouch durch andre propheten bezügt hat, daß sin
nam groß sye under den Heydenn psal. 8. [Ps. 8. 2]: O herre, unser
herr! Wie ist din nam so wunderbar in dem gantzen umbkreyß der
welt. Und im 47. [Ps. 48. 11]: O gott! Din lob streckt sich in die
ende der welt nach dinem namen etc. Wir merckend ouch, das ir
nit verstond, das der nam gottes offt in der gschrifft genommen wirdt
für: die krafft, gwalt unnd maiestat, als hie unnd Marc. 16. [Marc.
16. 17]: In minem namen, das ist: in miner krafft, werdend sy die
tüfel ußtryben. Unnd act. 4. [Act. 4. 12]: Es ist ghein nam under
der sonnen, in dem man sälig werden mög, weder im namen Jesu.
Hie heyßt ouch "nam": krafft. Denn die silben "Jesus" machend
nieman sälig, sunder die krafft Jesu, des suns gottes.
Das aber ouch die Heyden allenthalb gott habind uffgeopfferet,
ist synekdochikos geredt, als wenn man spricht: Es ist yetz alle wellt

--203--

rych, unnd ist aber der kleiner teyl rych. Also hat man ouch vor
Christus zuokunfft an vil orten dem waren gott uffgeopferet. Josephus
zeygt an, das der groß Alexander, ouch der groß Pompeius,
yeder zuo siner zyt dem waaren gott ze opfren, gen Hierusalem
kommen sygind. Die küngin von Saba, die kommen ist ze hören die
wyßheyt Salomons, hat ouch sinen gott erkennet 3. reg. 10. [1. Reg.
10. 1-13]. Und das aller krefftigost ist, so hat Melchizedeck me denn
tusent jar vor disem propheten dem höchstenn gott ufgeopferet [cf.
1. Mos. 14. 18], wiewol er von dem stammenn der Juden nit was;
denn Judas was noch nit geborn. Es habend ouch die Chananeier
und Samariten vil gemeinsame gottes halb mit den Juden
gehebt, wiewol sy von den all weg verachtet wurdend. Es habend
ouch die heydischen wysen erkennet, das nun ein gott sin muoßt,
und ouch den vereeret, als in den gschichten 17. [Act. 17. 28] stat
und Origenes "Contra Celsum" anzeygt. Und ob glych die
Heyden iren abgötten ufgeopfret, habend sy doch die ding geopfret,
die gottes warend, als er spricht psal. 49. [Ps. 50. 10]: Die gwild der
welderen sind alle min, und das veh in dem gebirg und die rinder;
und wenn sy geopfret, habend sy das best genommen, als offt im
Homero und andren gsehen wirt. Es ist ouch ze vermercken, das
die einvaltigen der Heyden die götliche krafft geteylt habend, und
nit können erkennen, das alle krafft des höchsten guotes allein was;
sunder habend dieselben krafft vermeint viler sin, und demnach die
götlichen krafft, wiewol abgöttisch, in vilen vereeret. Iedoch so redt
gott hie mit gegenwürtigen, emsigen worten, die sich me uff verganges
zühend weder uff künftigs: müktar mueggasch [‎‏מֻקְטָר מֻגָּשׁ‏‎], an allen orten
ist minem namen angezündt und geopfret etc. [Mal. 1. 11]. Das aber
sölichs die meinung gottes sye, zeygend die widergeredten worten an,

--204--

die härnach kummend, die ir aber hand ußgelassen. Als er einist
gesprochen hat: Min nam ist groß under den Heyden von ufgang
biß zuo nidergang der sonnen [Mal. 1. 11], unnd demnach geredt: Und
an allen orten wirt minem namen ein reyn, das ist: unbefleckt, opffer
ufgeopfret [Mal. 1. 11], hat die götliche wyßheyt wol gewüßt, das sich
das israelisch volck darab verwunderen ward, das ouch die Heyden
imm opffretind. Unnd darumb legt sy widerumb zuo eim gewüssen
knopff daruff, und spricht: Dann min nam ist groß under den
Heyden [Mal. 1. 11], sam sy spräch: Ir verwunderend üch, das man
mir ouch under den Heyden sölle ufopfren. Das wunder lassend
sin; dann min nam, das ist: min gwalt, krafft und höhe, ist ouch groß,
das ist: wol erkannt under den Heyden. Und wirt hie gar nüts
in künfftigem geredt. Darzuo wirt vil in der geschrifft δυνητικῶς, id
est: potentialiter, geredt, als ouch dise red ein besundere guote
gstalt hat.
Das aber die leerer dise wort des propheten [sc. Mal. 1. 8ff.] geteilt
habend, unnd die vordrigen wort, als Hieronimus anzeygt, uff
die pfaffen des alten testaments verstanden biß uf die "von ufgang
biß zuo nidergang [Mal. 1. 11]" etc. und demnach die person und zyt
verwandlet one hilff der geschrifft, dafür könnend wir nit, noch so
ertragend die wort des propheten sölichs nit. Sy habend geton, als
- mit erloubnus - ouch ir geton habend: Sy hand diß wort "an
allen orten wirt minem namen ein rein opfer ufgeopfret [Mal. 1. 11]"
kert in künfftigs: "Es wirt minem namen ein rein opfer allenthalb ufgeopfret
werden", das doch die wort nit ertrgend. Unnd habend
mit eim teil gereicht uff Christum: Der werde das rein opfer sin,
das für alle stett, ort unnd wellt ufgeopfret werd am krütz, als Augustinus.
Der ander teil hatt uff die opfer der conscientz gereicht:
Es werde darzuo kommen, daß man die vihischen opfer underlassen unnd
opfer deß inneren, andächtigen menschens: gotzvorcht, lob und danck,
ufopfren werde, als Tertullianus und Hyeronymus [!] bedütend.
Also kummend ir yetz zum letsten, und redend ouch uß üwren köpfen:

--205--

Es heiße "offeretur", das ist: es wirt ufgeopfret werden; das ist, als
ir redend: das sacrament deß altars ist ein opfer; und thuond das on
alle gschrifft, ouch on allen bystand üwer vätter. Und so man üch
in üwre meinung redt, so wellend ir die, so mit der gschrifft könnend
umbgan, mit anrueren üwer worten, verdacht machen, sam sy jüdelind.
Und heyssend doch üwer eigne recht zuo den Hebreieren zuoflucht
flucht haben, so verr etwas im alten testament unheiter sye. Di.
9. c. "ut veterum" [Corpus iur. can. c. 6. Dist. IX]. Und wiewol
Augustinus und Tertullianus mit disem wort Malachi wider die
Juden gestritten, habend sy es doch gantz und gar nit eigenlich gebrucht,
und deßhalb deß weniger wider die Juden geschafft, die wol
gesehen hand, daß der gschrifft an dem ort ir natürlicher sinn genommen
ward. Und bedarff aber gottes wort unsers ferwens nit, als
ouch üwre recht heiter anzeigen di. 9. c. "ad scripturas" [Corpus iur.
can. c. 7. Dist. IX]. Darumb muoß man die rechten waaffen in die
hend nemmen, wenn man mit den Juden kempfen wil, dero man
überflüssig hat, also, das man inen nit muoß fürhalten, daß sy ußschlahen
und abwenden könnend. Als genn. 3. [1. Mos. 3. 15]: Der
som wirt dir den kopff zerknisten, und: In dinem somen werdend
alle gschlecht der erden gebenedyet. Genn. 22. [1. Mos. 22. 18]. Und
Isa. 53. [Jes. 53. 7]: Er ist ufgeopfret darumb, daß er es gewellen
hat. Und Hiere. 23. [Jer. 23. 5 f.] und 33. [Jer. 33. 14-16], Ezech.
34. [Ez. 34. 23-25] und 37. [Ez. 37. 24], psa. 109. [Ps. 110. 1-7], welche
ort so heiter uff Christum reichend, das sy darwider nit könnend.
Aber die ding, so mit Christo in sinem lyden verhandlet, sind
nienen clärer denn in den psalmen allenthalb und in Isaia ußgetruckt,
also, das man dem götlichen wort gheinen andren huot darff
ufsetzen, sunder es blyben lassen sol by sinem rechten, natürlichen

--206--

sinn. Und wär den ergryft, der hat den sinn des geistes ergriffen;
dann das götlich wort kumpt nit von menschen har, sunder die, so
es geredt habend, sind von gott underricht. Darumb niemen so glert
noch helig ye ward, daß demselbigen sölle gloubt werden, so verr er
usß siner kunnst unnd vernunfft redt, sunder so vil er das wort gottes
redt. Hierumb werdend wir uns an üwer ußlegen, das ir über deß
propheten wort geton, nitt keren; dann ir den hällen sinn teylend, der
doch nun uff ein meinung reicht. Und nachdem ir inn geteilt, habend
ir den vätteren nitt gevolget, nit, das uns dieselbigen vil irrend, wo
sy wider den natürlichen sinn deß götlichen geistes subtylich redend,
sunder das üch für üwer angesicht gelegt werd, das ir sehend, das ir
selbs nit haltend, das ir allen menschen wellend zuogemuotet haben.
So vil von den beden kundschafften uß dem alten testament,
darüber wir me, denn uns lieb sye, antwurt geben zwungen worden sind.
Das ir demnach vom osterlamb harin zühend, dasselbig sye ouch
ufgeopfret und sye järlich widernommen, das ist: widergebrucht,
kumpt alles dahar, das ir die epistel zuo den Hebreieren mit flyß
nit gelesen habend, sunst hettind ir eigenlich darinn funden, wie
harnach kommen wirt, das die opfer im alten testament darumb järlich
widernommen sind, das sy so unkrefftig warend. Darumb wirt
aber Christus nit gewidret, das er, einist ufgeopfret, in die ewigheit
starck und tür gnuog ist. Und darumb, wär inn wider meint ufzeopfren,
der glycht inn ye den opfren im alten testament, unnd
schmächt inn, das er inn nitt anderst krefftig schetzt, denn so er inn
gewidret hab, als heyter harnach kummen wirt.
Es hillfft ouch nit, das ir aber ein geferwt wort harinfuerend,
sprechende: Wir opfrend inn in misteriis, und zühend das wort
Pauli 1. Cor. 4. [1. Cor. 4. 1] harin, da er spricht: Der mensch sol
uns achtenn als diener Christi und ußteiler oder hußhalter der
heimlicheiten gottes. Da sprechend ir für und für: Wir opfrend inn

--207--

in misteriis. Was ist "in mysteriis"? Also understond ir uns
schlechten mit den worten ze blenden. Paulus redt hie nit von
heimlicheit der sacramenten, sunder von der heimlicheit des euangelii
oder heils, das der menschlichen wyßheit verborgen und unverstentlich
ist. In dero bezügt er sich ein harfürtrager, hußhalter und ußteiler
sin. Warumb hand ir nit bas davor besehen 1. Cor. 2. [1. Cor.
2. 7]? So hettend ir gsehen, wofür er diß wort "mysteria" brucht,
da er also sich selbs clar macht: Wir redend die wyßheit gottes in
mysterio - das ist: die wyßheit, die zuo siner zyt verborgen gewesen
und zuo siner zyt harfürgetragen sol werdenn, das heißt eigenlich mysterium
-, die verborgen gewesen ist etc. Hie sehend ir, das Paulus
und andre, darzuo verordnet, söllend die verborgnen wyßheit des
euangelii unnd göttlichen wortes uftuon, das ist "dispensatores mysteriorum
dei" sin, welches wort ouch die alten lerer, insunders
Ambrosius und Athanasius, die von einet in die epistlen
Pauli geschriben habend, nit anderst, denn wie wir anzeygen, verstond,
und gedenckend des opfrens in mysteriis nit mit einem wort.
Warumb legend ir die gschrifft nit us nach dem verstand der vätteren,
so ir doch das wellend von allen menschen gehebt han?

--208--

Darnach zühend ir die nüwen interpretation act. 13. [Act.
13. 1-3] an; die habe "sacrificantes", das ist: opfrende, da Lucas
also redt: In den kilchen zuo Antiochia warend etc., do sy aber
opfretend dem herren und fastetend. Hie sprechend ir mit vil umbstenden:
Sy habind nütz können opfren weder das sacrament des

--209--

altars. Darüber muessend wir üch efordrenn, das ir nach weltlichem
rechten einem burger richtind wie dem andren. So habend ir imm
also geton: Wo ir gsehenn hand, etliche gründ uß hebraischer
und griechischer sprach harfürgezogen werden, hand ir geredt: Die
alten lerer sygind wol bas gelert gewesen in den sprachen, dann die
zuo diser zyt damitt umgangind, oder sölcher glychen. Hierumb so
blybind ir by irer interpretation oder dollmetschung. Also habend
ir gericht. So tuond im ietz aber also, unnd sprechend: die alt dollmetschung
habe also: "Do sy aber dem herren dientend und fastetend";
oder aber ir werdend der unbill billich gescholten. Aber das alles
hindan gesetzt, ligt nüt an der nüwen dollmetschung. Wir wellend
den brunnen des griechischen wörtlins λειτουργούντων besehen, so
findend wir bim Suida, daß λειτουργία heisse: ein offenlich ampt
oder dienst. Deßhalb dise wort also möchtind vertütschet werden:
Als sy aber das ampt - das was: predgen - des herren verwieltend.
Darumb spricht der alt interpres: Do sy aber dem herren dientend.
Hesychius spricht wol: litores, hieriae, das ist: pfaffen. Er spricht
aber darnach: λειτουργεῖν, μοχθεῖν, δουλεύειν, das ist: λειτουργεῖν
heißt: übel zyt haben, oder dienen. Deßhalb diß ort wol hett also
mögen vertütscht werden: Do sy aber mit vil arbeyt dem herren
dientend. Darumb der alt dollmetsch aber nit unrecht hat gesprochen:
ministrantibus. "᾿Ετυμολογικόν" hat also λειτουργεῖν τὸ ὑπερατεῖν [!],
das ist: λειτουργεῖν heyßt: dienen. Deßhalb aber der alt dollmetsch
recht geredt hat: Do sy dientend, ministrantibus etc.; dann wir findend
des gheinen gstand in allem nüwen testament, daß diß sacrament
ienen für ein opfer genennet werd. Ir findend ouch diß wort

--210--

λειτουργία eben in derselben nüwen interpretation nit für ein opfer
gedolmetschet, 2. Corin. 9. [2. Cor. 9. 12], Hebreo 1. [Hebr. 1. 14],
und im alten offt Josue 1. [Jos. 1. 8] etc. Das ir aber hie von "lito"
als eim griechischen wort redend, stat üch glych an, als do ir von
dem hebraischen coniunctivo redend, glich als ob sy dero vil habind.
Die recht, natürlich meinung diß ortes ist das: do die gezelten
menner ernstlich ir ampt zuodienetend mitt abbruch und zimmliche etc.
Gat das nütz an, das die mesß ein opfer sye.
Ietz volgt der vergriff der epistel zuo den Hebreieren, so vil
dise materi antrifft, darinn man eigenlich ersehen mag, was doch die
krafft des lydens Christi sye, und demnach ermessen, daß es ein spott
und schmach Christi ist, so man inn wyter ze opfren understat.
Paulus wil in diser epistel den Juden Christum ze erkennen
geben, das er der einig heyland sye, darumb sy sich mit unglouben
nit söllend in ungnad gottes werffen; denn gott habe sin sun darumb
lassen mensch werden, das er unsere prästen erkante, unnd so er die
straffen der sünden an im selbs umb unsertwillen getragen habe, sye
er one zwyfel der einig priester, der für der welt sünde gnuog tuege
und bezale. Und bewärt zum ersten, das er der sun gottes sye; darnach,
das er ein ewiger priester sye, alles usß dem wort gottes. Und
hebt die bewärnus im 5. capit. [Hebr. 5. 1-10] an, in welchem er zum
ersten ein glychnus nimpt vonn dem obresten priester des alten testaments,
und zeigt demnach an, worinn imm Christus glych sye und
worinn unglych.
Das erst ist, das er spricht [cf. Hebr. 5. 1-10]: Ein yeder obrester
priester, der usß den menschen angenommen wirt, der wirt für die
menschen gesetzt in den dingen, die sy gegen gott antreffend.

--211--

Also sye ouch Christus ein obrester priester; denn er stande für
unser sünd ze bezalen cap. 7. [Hebr. 7. 25], da er also spricht: Dannenhar
er ouch in die ewigheyt heil machen mag die, so durch inn zuo
gott gond. Er ist all weg läbend, das er für sy stand oder fürmünde.
Zum andren: so werde ein obrester priester ußerkießt under den
menschen. Also sye der ewig priester Christus von dem himelischen
vatter ußerwelt, do er gesprochen hat: Du bist min sun; ich hab dich
hütt geborn psal. 2. und 109. psal. [Ps. 2. 7, Ps. 110. 4].
Zum 3.: so werde der obrest priester des alten testaments uß
dem gschlecht Levi und nach der ordnung Aarons erwelt. Aber
Christus sye usß eim andren geschlecht, welches das priesterampt
nüt angieng, namlich usß dem gschlecht Juda. Daran ersehen wurde,
daß, sydmal das priesterthuomb verwandlet wurde, daß ouch das testament
und gsatzt verwandlet wurde; denn das volck nam verstand des
gsatztes usß dem mund des priesters. Also redt er davon im 7. cap.
[Hebr. 7. 11]. Darzuo so sye Christus nitt ein priester nach der ordnung
Aarons, sunder nach der ordnung Melchizedecks, wie durch
den propheten vor im 109. psalmen geseyt ist [Ps. 110. 4]: Der herr
hat geschworn, und das wirt inn nit gerüwen: Du bist ein priester in
die ewigheyt nach der ordnung Melchizedecks. Welcher Melchizedeck
lang vor gewäsen ist, ee Levi geborn ward. Wie aber
Christus Melchizedeck nachschlahe, zeygt er im 7. cap. [Hebr. 7. 2]
an: Zum ersten, so heysse er Melchizedeck, das ist: ein künig der
gerechtigheyt; demnach so sye er ein "melech", das ist: künig, zuo
Salem, das ist: ein künig des frydens. Also sye ouch Christus der
künig der gerechtigheit; dann er ist die gerechtigheit, unnd ist unsere
gerechtigheit 1. Cor. 1. [1. Cor. 1. 30]. Er sye ouch ein künig des
frydens; denn er hat zwüschend gott und uns gefrydet mit sinem
eygnen bluot und tod Col. 1. [Col. 1. 20]. Das aber ir gelerten haryn
werffend: Melchizedeck habe win unnd brot Abrahamen uffgeopferet,
darumb muesse ouch Christus win und brot uffopfren, ist
vor gnuog verantwurt. Daß ir aber demnach sprechend: Sunst läsend
wir nit, das Melchizedeck ützid ufgeopferet hab, ist kindisch; denn
Moses hat hie gnuog gehebt, daß er anzeigt, daß er ein priester des

--212--

höchsten gottes wär. Daruß demnach wol vermerckt ward, das er
die hostien, die andre Heyden iren abgötten ufopfretend, dem höchsten
gott ufopfret; denn Melchizedeck was ein priester des obresten
gottes, ee und er Abrahamen win und brot schanckt. Darumb so
ir sprechend: Melchizedeck ist ein priester des obresten gottes xin,
so sprechend wir: Das ist ouch Christus. Melchizedeck hat etwas
ufgeopfret; das hat ouch Christus: sich selbs ufgeopfret. Darnach
ist Melchizedecks gschlecht nitt erkannt gewesen, ouch sin tod
verborgen. Also ist ouch Christus götliche geburt nit zuo ermessen
Isa. 53. [Jes. 53. 8], unnd die menschlich über alle krafft der natur
und über allen verstand der menschen. Daruß nun die ewig priesterschafft
Christi ermessen wirdt; ouch, das die priesterschafft nach der
ordnung Aarons abgethon werde, so gott die ewigheyt der priesterschafft
Christi nach der ordnung Melchizedecks geschworen hab
und nit nach der ordnung Aarons.
Zum vierden zeygt er an, das der priester des alten testaments
darumb usß den mentschen ußerläßen werde, das er möge mitlyden
tragen mit den irrenden und unwüssenden; deßhalb er ouch mit blödigheit
umbgeben sye, ca. 5. [Hebr. 5. 2]. Also habe ouch Christus
unsere blödigheyt an sich genommen, damit er uns verglycht wurde
und in allem truebsal angefochten, das er mitlyden mit uns truege, und
ein getrüwer obrester priester für uns die sünd bezalte, im 2. und
4. cap. [Hebr. 2. 17, 4. 15].
Zum fünften. Der andren, das ist: der obresten pfaffen des alten
testamentes, sygind vil gemacht, darumb, das sy tods halb nit harren
möchtend, dasß nun einer bliben wär. Aber Christus, darumb, das
er ewigklich wäret, ist ouch sin priesterschafft ewig ca. 7. [Hebr. 7. 24].
Sehend ir, wie es umb Christus priesterthuom stat? Das ghein anders
opfrends priesterthuom ist denn Christus selbs. Von der lerenden
priesterschafft habend wir kein zwyfel; denn Christus hat dieselben
selbs verordnet und yngesetzt; aber ghein opfrender priester mag
nümmer me sin. Denn die preisterschafft Christi ist damit underscheyden
zwüschend der priesterschafft des alten testamentes, das yene
für unnd für umb des abgangs willen widersetzt muoßtend werden.
Aber Christus, der all weg blybt - denn er ist ein ewiger gott -,
mag ersetzen nit erlyden; denn er nit abgenglich ist. Darumb zuo

--213--

schmach Christi reicht, wo man opfrendt priester hat, die sich an
statt Christi opfren vermessend. Ist denn Christus gstorben, das
man inn ersetzen muesse? Oder wo hatt er die opfrenden priesterschafft
yngsetzt? Also erfindt sich, das die opfrenden priester Christum
weder als ein ewigen priester kennend, noch als ein ewig opfer.
Zum sechßten: So sygind die obresten pfaffen - durch den
obresten sol man die gantzen pfaffheit des alten testamentes verston;
denn von dem obresten kamend die andren all, und was dem obresten
abgschlagen wirt, das ist noch vil ee dem undren abgeschlagen; denn
Paulus nennet offt in diser epistel on underscheid ἱερεῖς und ἀρχιερεῖς
- ja, die pfaffen des alten testamentes sygind alle sünder gewesen,
deßhalb sy zum erstenn für sich selbs hand muessen opfren,
unnd darnach erst für das volck im 5. unnd 7. cap. [Hebr. 5. 3, 7. 27].
Aber Christus hatt ghein masen der sünd an imm gehebt. Darumb
er für sich selbs kein opfer hat muessen tuon, sunder alles, so er
geopfret hat, ist allein unser, 7. capi. [Hebr. 7. 27]. Darus nun clarlich
volgt, das wir gheinen andren opfferpriester mögend haben, denn
der one sünd ist. Der ist aber der einig Christus. Und welche die
süntlichen opferpfaffen setzend, die jüdelend und fuerend das Aaronisch
priestertuomb wider harin, welchs one schmach Christi nit
sin mag.
Zum sybenden: Die pfaffheit des alten testamentes ist täglich in
den gemeinen vordren tempel ggangen und daselbst ufgeopfret. Aber
in das inner heligost ort ist ghein andrer denn der obrest hinyn
ggangen, und das im jar nun einist, und gar nit one bluot. Welches
bedüt hat, daß der einig Christus mit sinem eignen bluot uns in dem
aller heligosten ort, das ist: in dem himel, mit sinem vatter versuenet
hat. Dann wie nieman zuo dem vatter kommen mag, denn der sun,
der all weg by imm ist - unnd die durch inn hinyngond Jo. 14.
[Joh. 14. 6] -, also mag ouch nieman ein opferpriester sin für unser
sünd, denn der einig sun gottes. Unnd das lert Paulus mit grossem
ernst und hohen sinnen im 9. capitel [Hebr. 9. 1-28].
Uß denen orten diser epistel erlernet man heiter, wie alle
opfrende pfaffheit umb ir prästhafftige willen hat muessen tod und

--214--

ab sin, do der ewigwärend priester Christus kommen ist; ouch daß
ghein opferpriester nimmer me sin mag, denn der einist opfrende
unnd geopfret Christus. Und also habend wir den ewigen priester,
in dem ir gelerten mit uns einhällig sind, mit worten bekennende,
das er ein ewiger priester sye, wiewol ir mit der tat ein anders beschirmend
und bruchend. Und ist diser obrester priester nit in eim
zytlichen, zergenglichenn tempel ein priester, sunder an der grechten
deß himelischen, allmechtigen vatters, dannen er gewalt hat über alle
gschöpften Hebr. 8. [Hebr. 8. 1].
Des opfers halb wellend wir yetz ouch sehen.
Vom opfer.
Zum ersten ist das fürnemst ampt des priesters, das er opfre; dann
wir hie allein von der alten, opfrenden pfaffheit redend, die aber
alle in Christo ufghört hat. Darumb ist ouch not, das Christus
ufopfre Hebr. 8. [Hebr. 8. 3]. Also opfret Christus sich selbs. Unnd
wie er ein ewiger priester, unabgenglich, unersetzt ist, also ist ouch
sin opfer unabgenglich und unersetzt, also, das man es nit widren
oder ernüwren muoß. Denn das nüw testament, das in dem opfer
sines lydens stat, ist ewig; dann es nimmer me mag abgethon werden
wie das alt, das schon hingenommen ist Hebr. 8., Hiere. 31. [Hebr.
8. 6-12, Jer. 31. 31-34]
. Darumb muoß ouch das opfer ewig sin.
Zum andren: Die sünd wirt nit verzigen on bluotvergiessen
Heb. 9. [Hebr. 9. 22]. Nun werdend aber uns taglich unser sünd
verzigen durch das bluot, das ist: opfer, Christi 1. Jo. 1. und 2.
[1. Joh. 1. 7, 2. 2] und Hebr. 10. [Hebr. 10. 12]. Und wirt aber sin
bluot nit täglich vergossen. So volgt, das sin bluot, einist vergossen,
in die ewigheit aller welt sünd bezalt. Es volgt ouch, das es nit gewidret
werden mag, oder aber, das testament wäre nit ewig, das er
einist mit sinem bluot ufgericht hat Hebr. 9. [Hebr. 9. 12]. Christus
ist einist mit sim eignen bluot in das aller heligost yngangen unnd
hat da ewige erlösung oder bezalung erobret. Behaltend uns hie die
zwey wort "einist" und "ewige erlösung", so werdend ir denn üwer
"in mysteriis opfren" dahinden lassen.

--215--

Zum dritten: Ist clar, das, wo man in der gschrifft von dem
opfren Christi redt, daß man da nützid überal verstat weder sin
sterben. Und harwidrumb: Wo man von sinem bluotvergiessen, sterben
unnd lyden redt, verstat man all weg, das er damit für uns ufgeopfret
ist, und für unser sünd bezalt hat. Heb. am 9. capitel [Hebr. 9. 24-26]
spricht Paulus also: Christus ist selbs in den hymel hinyn gangen,
das er da erschine dem angischt gottes für uns, und nit, das er sich
selbs offt opfre etc., oder aber, er hette von anhab der welt offt
muessen lyden. Nun aber ist er in der letsten zyt einist erschinenn,
die sünd durch sin opfer abzestellen. - Zum ersten hörend ir hie
[cf. Hebr. 9. 24 f.], daß Christus vor dem angsicht gottes für uns erschynt;
nit sich selbs da täglich opfret, als ir on grund redend; sunder
ist er einist gestorbenn für uns, ein so tür pfand für unser sünd, daß
gott umb sinetwillenn uns ewigklich unser sünd vergibt; also erschynt
er für unns. - Zum andren hörend ir häll, das er spricht [cf. Hebr.
9. 25]
: Nit das er sich selbs offt opfre: So volgt, daß üwer "in mysteriis"
von üch selbs erdichtet ist. - Zum dritten sehend ir, das
"Christum ufgeopfret werden" nüt anderst ist weder "Christum
sterben", so er spricht [cf. Hebr. 9. 25]: Oder aber er hette offt
muessen sterben. So volgt, das Christus nitt mag uffgeopfret werden,
denn wo er stirbt. Nun stirbt er nun einist Rom. 6. [Röm. 6. 10];
so ist er ouch nun einist ufgeopfret. - Zum 4. sehend ir, das, wie
er in dem letsten zyt, das ist: im nüwen testament oder in der
letstenn welt, nun einist kommen ist [cf. Hebr. 9. 26], also hat er in
derselben einigen fart die sünd abgestellt. 1. Petri 2. [1. Petr. 2. 21.24]
stat also: Christus ist für uns gstorben. Ist er nun für uns gestorben,
und ist für uns ufgeopfret, und hat mit sinem opfer die sünd abgestelt,
und hat sy mit sinem sterben abgestelt, so muoß "sterben"
und "opfren" ein ding sin. Also erlernend: Wo Christus stirbt, das
er da ufgeopfret wirt, sunst nienen. Ro. 6. [Röm. 6. 9 f.]: Christus,
der ufferstanden ist vonn den todten, stirbt fürer nit; der tod beherschet
inn fürer nit. Dann, das er umb der sünden willen gstorben
ist, das ist einist bschehen. Hie sehend ir, das er einist von der
sünd wegen gstorben, iro ir krafft genommen hat. Warumb wellend

--216--

ir denn inn fürer machen sterben, so er nit geopfret wirdt, denn wo
es stirbt?
Zum vierden sind die opfer des alten testamentes darumb widergenommen,
das es unmöglich was, das die conscientz durch sy gereiniget
unnd ruewig wurde, Hebre. 10. [Hebr. 10. 1-18]. So aber
Christus, für uns gestorben, unser conscientzen rein und des ewigen
heils gewüsß macht, als er spricht Ioan. 6. [Joh. 6. 35]: Welcher zuo
mir kumpt - das ist: welcher mich ergryfft zuo sinem heyland -,
den wirt nitt hungeren, unnd welcher in mich vertruwt, den wirdt in
die ewigheyt nit dürsten, so volgt, das er nit me denn einist sol oder
mag ufgeopferet werdenn, oder aber er wurde den prästhafften hostien
verglychet, die man im alten testament widren muoßt.
Zum fünfften: So kumpt die türe des einist erlitnen todes
Christi dahar, daß der priester Christus ein ewiger, unabgender
priester ist; dann er ist der ewig gott mit dem vatter und heiligen
geyst. Von dem gnuog vorgeseyt ist in siner priesterschafft. Darnach
ouch, daß das opfer eben derselb ewig gottes und Marie, der ewigen
jungfrouwen, sun ist. So nun der für uns geopferet der ewig gott ist,
so ist ouch die krafft sines opfers ewig. Denn glych durch den alle
menschen geschaffen sind, durch denselben sind wir ouch alle widerumb
zuo kindren gottes gemacht. Das bedüt Paulus Hebr. 9. [Hebr.
9. 13 f.]
: So das bluot der stieren und böcken und die äschen der kuo
angesprengt die vermaßgeten sübret oder heiliget zuo reinigung des
fleischs, wie vil me wirt das bluot Christi, der sich selbs unbefleckten
durch den ewigen geyst gott ufgeopferet hat, unsere gewüßne reinigen
von den todten wercken, etc. Der ewig geist, von dem hie stat, ist
kein andrer denn er selbs, der ewig gott. Durch den ist Christus,
das ist: durch sich selbs, ufgeopfret. So ist ouch das opfer ewig
wärend. Denn er hat, als am 10. capitel [Hebr. 10. 14] stat, mit einem
opfer die frommen glöubigen in die ewigheit ußgemacht unnd gevolkomnet,
als glych davor stat [Hebr. 10. 10]: Wir sind in sinem
willen geheliget durch das opfer deß lychnams Christi, der einist
ufgeopfret ist. Ouch stat im 7. capitel [Hebr. 7. 26 f.] also: Uns ghört

--217--

ein sölicher obrester priester, der helig, one alles übel, unvermaßget
und von den sünderen abgescheiden was, und höher dann die himel,
der nit täglich mueßte, wie die obresten priester, zum ersten für sine
sünd, und demnach für deß volckes, opfer ufopfren; denn er hatt das
einist geton: sich selbs ufgeopfret.
Sehend, ir lieben glerten, was wellend ir hällers hören?
Summa.
Das nüw testament, das ewig ist, muoß mit dem ewigen bluet
Christi gemacht und ufgericht werden.
1. Das bluot Christi nimpt unser sünd hin; dann die sünd wirdt
nit on bluot hyngenommen.
2. Nun wirt das bluot Christi nitt me denn einist ufgeopferet;
denn es ist ein ewig bluot.
3. So volgt, das das einist ufgeopferet bluot Christi in die
ewigheyt wäret unser sünd ze bezalen.
Zum andren:
1. Christus wirdt allein ufgeopfret, da er stirbt, lydet, sin bluot
vergüßt. Ist alles eins.
2. Christus mag nümmen sterben, lyden, sin bluot vergiessen.
3. So volgt, das Christus nümmer me mag ufgeopferet werdenn,
sunder er wäret, einist ufgeopferet, in die ewigheit, aller mentschen
sünd zuo bezalen.
Ist alles vormals rychlich bewäret.
Diß sind die gründ des lydens und opfers Christi, die Paulus
in diser epistel ußgestrychen hat. Da aber ir alles, das uff die
opfrenden pfaffheit des alten testamentes geredt wirt, uff die yetzigen
irrigen pfaffheit ziehend, unnd da ir so starck sehend zum fierden
mal ston, das Christus nun einist ufgeopferet sye, und nit me denn
einist hab mögen ufgeopfret werden, da erdenckend ir andre wort und
meinungen, sprechende: Wir opfrend inn "in mysteriis". Wo hand
ir des grund im götlichen wort? So vallend ir denn an üwer kilchen:
Ja, dieselbig halte es also. Und merckend für und für nit, das die
kilch, das ist: volck gottes, ist, die dem gotzwort loßet, und nit, die
ein wort uß ir selbs machet, und demnach dasselb für gottes wort
verkoufft. Denn das gotzwort macht die kilchen, und die kilch mag

--218--

nit das gotzwort machen. Ouch sprechend ir einist: Die kilch
opferet; andrest: der priester opfret; und zum letsten vallend ir dahyn,
das Christus sich selbs ufopfere. So mueßte er vil unmuoß haben,
so er sich alle mal im himel ufopfrete, wenn er hie von den priesterenn,
als sy vermeinend, geopfret wurd, joch nach üwren worten "in mysteriis".
Und tuond sölchs one grund des götlichen wortes, ouch one
grund üwerer lereren.
Das ir demnach für den letsten puncten die leerer harynziehend,
die es für ein opfer gehebt habind, ist zum ersten nit unser meinung,
ützid von dero wegen ze antwurten, als ob sy etwas da geltind, da
sy wider das häll wort gottes sind - als ouch üwere recht anzeygend
-, sunder das anzezeygen, das etlich under inen diß sacrament
ein opfer nennend, glych wie wir noch hütt by tag den tag der
urstende und uffart und andre nennend, nit, das Christus me
ufferstande und uffare. Das wirt offt in Augustino erfunden. Demnach
wellend wir üch ouch anzeigen, das ir etlichen zuogeschriben
hand, das sich mit einem wort nit erfindt.

--219--

Von Dionysio wüssend ir wol, ob er der sye, den Paulus zuo
Athen hat zum glouben kert, usß den "Annotationen Erasmi". Aber

--220--

one den so lesend den Suidam in "Dionysio" und Hieronymum
"De viris illustribus, so werdend ir in erkantnuß deß Dyonysii yngefuert.
Von Hyreneo sagend ir, aber ir zühend sine wort nit harfür.
Tertulliano tuond ir gwalt in allen dry buecheren. 1. "De
corona militis". (Warumb hand ir in disem buoch nit besehen, was
er von den götzenn oder bilden haltet, do ir doch die lerer habend
haringezogen?) 2. "De velandis virginibus" und 3. "Ad uxorem"
libro 2.. Denn als wenig als der tag die nacht ist, nennet er diß
sacrament yenen ein opfer. Wie habend ir dann sölchs ye gdören
fürgeben in namen eins herrenn bischoffs zuo Costentz? Lesend aber
Augustinum in der vorred deß 3. psal., in 26. tractatu in

--221--

Ioannem und darnach im 48. unnd Tertullianum "Adversus Marcionem"
libro 1., Origenem in Mattheum homel. 36., Chrisostomum
homel. 17. ad Hebr., so werdend ir erlernen, was verstands
sy von disem sacrament habend, ungeacht, was sy an andren
orten schrybind.
Bsehend ouch, wie wol ir daruf gsehen habind in dem bapst
Gelasio, sprechende: Diser bapst hatt den canonem in ein ordnung
gsetzt, die wir noch bruchend, so doch Gregorius, nach imm gewesen,
das "dies nostros" gemacht, und das "pater noster" an das ort,
da es ietz gebrucht wirt, geordnet. Und Gregorius secundus,
"intra quorum nos consortium", und Sergius das "agnus dei" hinzuogeton
habend, joch nach üwer schryberen anzeigen.

--223--

Die letsten understend, die ir aber tuond mit den worten Christi,
daß er verheissen hat by uns ze blyben biß zuo end der welt etc. [cf.
Matth. 28. 20], und demnach darus strytend: hette man geirret, so ist
nit ze glouben, daß gott sölche irrung so lang geduldet hette, sind vor
langest verantwurt. Dann Christus hat sin kilchen nie verlassen; er
hat ouch die irrung in sin kilchen nie lassen kummen. Welchs ist
aber sin kilch? Die sin wort hört. Dieselbig hat diß sacrament nie
für kein opfer gehebt, als ir eigenlich in den vorzeigten lereren finden
werdend und in der gantzen gmein des christenlichen volcks, daß
sich nie darfür gehebt hat, so es diß sacrament brucht, daß es ützid
ufopfre. Die also uß wunderbarlichem urteil gottes verhuet sind, daß
sy hierinn keinen nutz oder wuocher gsuocht; als aber die geistlichen geton
habend, darumb, als zuo besorgen, zuo eim opffer gemacht, das es
inen umb lon verdingt wurde ze opfren. Und tuond uns schlechten
leyen nit me denn so vil ze guotem, das ir uns anzeigind, ob doch
Christus diß sacrament zwürend habe yngesetzt, einest den leyen
und andrest den pfaffen. So üch aber das nit möglich ist, warumb
bruchend ir 's dann andrest, denn Christus hat yngesetzt? Also sind
one zwyfel und sorg! Christus verlaßt sin volck, sin kilchen, sine
schaff nit; wirt sy ewigklich wysen, fürbringen und syghafft machen,
und ob glych aller gwalt der hellen wider sy stan wirdt [cf. Matth.
16. 18]. Das zeygt er zuo unseren zyten wol an, da er sin wort so clar
und unüberwintlich offenbart.
Der hebraischen leer halb ist by uns nieman, der von den
Juden lerne. Doch ist üch wol ze wüssen, daß üwre eigne recht
zuogebend, daß man umb der zwyspalten willen, so sich im alten testament

--224--

begäbind, den Hebraischen zuolouffen sol, wie vor anzeigt ist.
Das hatt ouch der helig Hieronymus geton, selbs von den Juden
gelernet und ander mer; nit daß die unseren ützid von inen erlernind;
dann by uns in keiner nähe gheine Juden sind, die ützid fürnems
vermögind in hebraischer sprach.
Der lereren halb, die die kätzer überwunden hand, sind ir angsthafft,
daß, wo man denen in disem stuck, das die mesß ein opfer sye,
nit gloube, so werde das ouch brechen, daß sy wider die kätzer erobret
hand etc. Sind one sorg! Alle kätzer, die ie überwunden,
sind mit dem gotzwort überwunden, nit mit den worten der menschen,
wie glert sy joch gewesen sygind. Und habend sy die kätzer mit
dem gotzwort nit überwunden, so ist ir syg valsch; denn gott ist, der
uns allenthalb syghafft macht inn Christo 2. Cor. 2. [2. Cor. 2. 14].
Nun, habend wir das gotzwort all weg, so mögend wir ouch dasselb
all weg bruchen unnd mit imm alle gotzfyend bestryten, nit mit
menschen leer.

--225--

Beschlusß.
Demnach, hochwirdiger, gnädiger herr, wellend wir üwer gnaden
unsers gloubens rechnung gern und guotwilliklich geben: Das wir das
götlich wort über alle wort haltend; denn dasselb allein helig, styff,
ewig, on alles välen ist. Darus nun volget, daß alle die, so aller
unbetrogenlichest faren wellend, dem allein anhangen söllend; so mögend
sy nit verfuert werden. Wir sind ouch gwüß, das der verstand
deß götlichen willens und wortes nit vom menschen kumpt, sunder
von dem götlichen geist har; dann das götlich wort nit vom menschen
hargebracht ist, sunder von gott, in deß gwalt man alle verstentnuß
ergeben unnd gefangen legen muoß, und in rechtem, warem glouben
in inn vertruwen. Denn als der prophet spricht: Ir werdend nit verston,
ir gloubind, denn [Jes. 7. 9], so ist offembar, das der verstand
des götlichen wortes nit von wyßheit der menschlichen vernunfft
kumpt, wirt ouch von den wysen diser welt nit ergründt, als unser
lieber herr Jesus Christus selber geredt hat [cf. Matth. 11. 25].
Darumb wir aller lereren wort dem götlichen wort underwerffend,
und das götlich wort nit uß unseren köpfen ermessend, sunder deß
verstand uß im selbs erlernend mit glöubigen, forchtsamen hertzen.
Denn gott redt selbs: Alles, das ir bittende begeren werdend, so vertruwend,
so werdend ir 's empfahen [Matth. 21. 22]. Und Jacob heißt
uns in vertruwen one zwyfel bitten [cf. Jac. 1. 6]. Uff das bittend wir
in allen predigen gemeinlich miteinander, das gott sin helig, ewig wort
uns armen menschen offnen und die irrenden widrumb an den rechten
weg wysen welle. Aber bißhar hatt uns nieman sölcher gestalt underricht,

--226--

das wir nit eigenlich sehind imm götlichenn wort vil einen
höheren, heligeren sinn erschinnen, denn alle menschliche wyßheit
fürgebe, die sye, wie kluog sy welle. Der unsichtbar gott wil nit
verbildet sin; die menschliche wyßheit beredt sich selbs, sy nemme
andacht von eyner sichtbarenn bildnuß, so doch göttlich erkantnuß
und liebe allein von gott kumpt, unnd die höchsten fründ gottes nit
ab gemälden oder bilden, sunder ab dem wort glert und bericht
worden sind; nit ab dem wort, das in den orenn ertönet, sunder ab
dem, das in dem hertzen sich kundbar macht und es besitzt, das all
weg nach ist im hertzen unnd mund, als gott spricht [cf. Jes. 51. 16].
Darumb muoß alle menschenvernunfft hie abston und wychen; dann
gott wil unverbildet sin und uns die götzen nit gestatten; dann sy
ein weg sind, von gott an die creatur ze fueren. Das ist clar und
richtig, gott geb, was der mensch sag.
Also ouch von dem sacrament oder testament des lydens Christi.
Das hat gott nit für ein opfer yngesetzt - denn er ist erst do geopfret,
do er starb, und ist aber diß sacrament am nachtmal vor
sinem tod ufgesetzt -, sunder für ein ewig testament, daß alle, die
gloubtind, daß Christus Jesus für sy den tod am crütz erlitten
hette, sich under einander für brueder hieltind und für ein lychnam
Christi, des houpt er selbs ist; und zuo erkantnuß sölcher einigheit
sich ouch mit eim sacrament, testament oder sichrung mit einandren
vereinbartind. Also hat diß testament der heilig Paulus verstanden
1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 16f.]: Ist das tranck der benedyung, das wir
benedyend, nit die gemeinsame des bluotes Christi? und das brot,
das wir brechend, nit die gemeinsame des lychnams Christi? Dann
wir, die menge, sind ein brot, ein lychnam; dann wir mitteilend all
von einem brot. In welchen worten er sagen wil, daß alle, so sich
mit dem bluot Christi abgeweschen sin gloubend, ein gmeinsame des
gloubens halb sygind. Desglychen ouch, so sy glycher meinung sygind,
daß Christus für sy den tod erlitten hab, so sygind sy die
gmeind, die des lychnams und tods Christi teilhafft sye. Und darumb
sygind sy ein brot und ein lychnam; dann sy mitteilind mit einandren
von einem brot und wyn. Sind wort Pauli. So kumpt hiegegen der
mensch und spricht: es sye ein opfer, glych als ob Christus Jesus,
einist gestorben und geopfret, nit in die ewigheit hoch, tür und wärd

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gnuog sye, für aller mentschen sünd ze bezalen in die ewigheit, der
doch der ewig gott ist. Uß welchem gevolget ist, das alle houptlaster:
wuocher, eebruch, todschlag, verrätery etc., sich vertröst habend,
in disem opfer heil und versuenung ze finden, dardurch sy demnach
den opferpfaffen einen teil ires roubs und nam mitgeteilt, biß das die
rychtag der geistlichen alle rychtag, die uff erden ie gewesen sind,
übertroffen habend. Und sind die sünder nüt des minder by iren anfechtungen
und sünden bliben, glych sam sy fürhin zimmlich sygind.
Aber das götlich wort halt sölchs nit inn, sunder vil ein höhers und
heligers, welches ouch die glöubigen conscientzen vil me verbessret
und nach gott gestaltet. Christus hat alle sinen vertruwten oder
glöubigen nit allein mit imm selbs, sunder ouch sy under einandren
wellen vereinigen, daß sy nun einen geist, liebe und gmuet zesamen
hettind, als er spricht Jo. 17. [Joh. 17. 11]: O heliger vatter! Behalt
sy, die du mir geben hast, in dinem namen, daß sy eins sygind wie
wir. Und bald darnach [Joh. 17. 20f.]: Ich bitt ouch nit allein für
sy - das ist: für die jünger, die do z' mal by imm warend -, sunder
ouch für die, so durch ir wort in mich glouben werdend, daß sy alle
ein ding sygind, wie du, vatter, in mir, und ich in dir, daß ouch sy in
uns eyns sygind. Hie sehend wir die einigheit, die Christus wil
zwüschend uns under einandren und in imm sin, daß, wie alle sine
glöubigen mit sinem tod erkoufft und erlößt sind, sy ouch dannethin
glych als ein lychnam, der aber alle glider einhälligklich begryfft,
einhällig wärind, und yeder des andren bruoder, darumb, das die himelisch
geburt, da uns Christus sün gottes gemacht hat, uns vil türer
und herter zemenbunde, dann die lyplich. Und sölche einigheit under
den Christglöubigen zuo bestäten, hat er ee und er in 'n tod gieng,
ein gmächt oder sacrament ufgericht, damit wir Christen uns ewigklich
zesamen pflichtind gegen einandren, glych wie uns Christus mit
gott verpflicht hat, das alle die, so sich erkantend mit dem lychnam
und tod Christi erlößt sin, und mit sinem bluot abgeweschen, sich zuo

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urkund sölcher tat und widergedächtnus, ouch zuo einer pflicht, das sy
ein lychnam und gemeine bruoderschafft sin wellind, in disem sacrament
mit einandren vereinbarind, daß, wie Christus sich für uns
geben hat, sich ouch ein yeder für sinen bruoder, als für sin glid an
einem lychnam, hingeb, fürstande, erlöse. Diß ist alles gründt in den
worten Christi und Pauli 1. Cor. 10 und 11. Wo nun diß sacrament
by allen Christen zuo sölchem fürnemmen für und für gebrucht,
wäre eim yeden glyd oder bruoder ein grüwen xin, sinen bruoder ze
überniessen, sinen gemahel ze eebrechen, inn ze tod schlahen oder
verraten, so er in dem pflicht, das Christus yngesetzt hat, sich
offenlich mit imm verbunden hette. Und wo er sölchs übertretten,
hette er das sacrament, das ein stät verjehen ist, das Christus für
uns gestorben ist, zuo einer verdamnus geessen und truncken. Dann
welcher diß sacrament nüsset, der kündt us, das er gloube, daß
Christus Jesus den tod für inn erlitten hab. Und so er das mit
sinem bruoder ißt, und der bruoder mit imm, verzügend sy bed, daß
sy erlößte kinder gottes sind, und deßhalb kintlich und bruederlich
mit einandren söllind läben. Darumb es Paulus koenoniam nennet,
das ist: ein gemeine vereinbarung. Und welcher diß sacrament sölcher
gstalt nit brucht, der ißt und trinckt imm selbs ein verdamnus. Ja,
so wir diß sacrament in sölcher meinung hettind gefuert, wärind alle
laster minder under den Christen ufgangen, weder so man es für ein
opfer ußgeben, daran die laster einen schirm gesuocht habend. Denn
es gar argwönig ist, die pfaffheit sye, wie glert und helig sy welle,
gewesen, daß sy es für ein opfer ußgeben, und aber daby sich selbs
für den opfrer dargestelt, und zytlichen gnuß darumb genommen, und
aber darnebend des gemeinen Christen bruch nit für ein opfer, wiewol
es nun einer ordnung yngesetzt ist, gehebt hat.
Hierumb, gnädiger herr, sye üwer arbeit gedancket, dero wir,
sidmal sy nit stercker im götlichen wort ggründt, wol hettind mögen
geruochen; denn, hettind wir wider das wort gottes wellen menschenleren
hören, wäre uns der meinung üwers gantzen buochs ghein mangel
gewesen; dann wir ye der meinung sind, dem hällen wort gottes unabgelassen
nachzekommen, so vil gott gibt, und alles, so sich darwider

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ufgericht hat, mit gottes hilff widrumb abzebrechen, nit uß
unseren, sunder uß gottes radt und krefften. Zuo dem wir uns gwüßlich
versehend, er werde, das er angefangen hat, zuo eer und lob sines
namens volenden [cf. Phil. 1. 6]. Imm sye lob und danck in die
ewigheit gesagt. Amen!
Üwer gnaden sye ouch hie samt iren glerten gebätten, daß ir
nützid anderst von uns hoffen wellind; denn, zuo welcher stund man
uns mit dem götlichen wort erwyßt unrecht verstan, das wir uns vom
irtumb gern wellend lassen wysen. Daß wir aber menschenleren annemmen
wellind, die richtig mit dem gotzwort strytend, meinend wir nit
allein uns, sunder allen Christenmenschen keins wegs gezimmen.
Vernem üwer gnaden alles im besten.
Deßglychen ouch ir gelerten, mit denen wir offt in sunderheit
geredt habend. Und wo ir meinend üch unbillich geschehen sin,
zeigend das mit offnung üwer namen, wellend wir gebürlich antwort
geben.
Sygind hiemit samt unserem genädigen herrenn bevor gott bevolhen.
Gäben Zürich etc. 18. tags augusti nach der unbefleckten geburt
unsers heilandes Jesu Christi 1524. jar.