Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Antwort auf Johannes Ecks Missiv und Entbieten

31. August 1524
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


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[Johannes Ecks Missiv.]
Ioannis Ecken
missive und embieten, den frommen,
vesten, ersamen, wysen etc. gmeyner
Eydgnossen botten, zuo Baden imm
ougsten versamlet, überschickt.
Edel, gestreng, vest, fürsichtig, ersam, wyß, günstig, lieb herren und fründ!
Euch seyend mein gantz willig und früntlich dienst mitt flyß bereyt zuovor.
Ich hab yetz offtermals mitt freuden vernomen, wie ir euch als bestendig
glider der heiligen christenlichen kirchen wider die irrung nüw verfuerisch
luterisch leeren und kätzeryen tröstlichen gebrauchen und widerstanden, des
der almechtig in ewigkeit gelobt sey, der ouch üch in demselben üweren christlichen
fürnemen und mit seinen götlichen gnaden weiter stercken unnd behertzigen
welle. Dann on allen zwyfel der almechtig sein christenlichen
glouben nit verlaßt, sonder al weg durch sein götlich gnad etlich, die sein glory,
eer und glouben erhalten, schützen und schirmen, ußerwelt. Darumb sollend ir
üch als eerlich, loblich, beständig Christen von ewerm guoten, christenlichen
fürnemen nit abwenden, noch euch Ulrichen Zwinglis, predicanten zuo Zürich,
verfuerisch, lästerlich schriben davon bewegen lassen. Dann derselb Zwingli
in seiner gschrifft manigfaltig irrung infuert, den glouben befleckt, das wort gottes
und die heiligen geschrifft kätzerisch verwaltiget, zerryßt und in einen mißverstand
ergerlich zücht. Des ich mich hiemit erbüt und erbotten haben wil,
wo unnd wenn es üch gefellig und gelegen sein wil, sölichs mit disputieren gegen
gemelten Zwingli ußzefueren, doch der gstalt, das der Zwingli nach unser beyden
verhörten disputation by deren, so ir dazuo verordnen würden, erkennen und urtheilen
vest und ungewegert bleiben wölle und nit thuege, wie Martinus Luther
gethan, darinn die von Paryß als richter von des durchleuchtigen, hochgebornen,
christenlichen fürsten und herren, hernn Georgen, hertzogen zuo Sachsen etc.,
verordneten räten versprochen hett. Als aber die von Paryß wider in, Luther,
declariert und erkent, wolte er irem urteyl nit anhengig sein etc. Unnd bin also
mit hilff des almechtigen und gnaden des heiligen geysts tröstlicher hoffnung,
unsern alten, waren, christenlichen glouben und gebrauch, das der der heiligen
gschrifft gemäß und nit wider, gegen dem Zwingli, leichtlich erhalten; ouch
herwiderumb, das sein, Zwinglis, neüw verfuerisch fürnemen der heiligen geschrifft
gantz widerwertig und untougig sey, anzuozeigen etc., erbietende, womit
ich euch in sachen und handlungen, unsern heiligen glauben belangende, dienen,

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ouch sunst dienstlichen und früntlichen willen bewysen kan und mag, das ir
mich darinnen willig, ungespart und geflissen haben und befinden sollend.
Der allmechtig wölle euch mitt sein götlichen gnaden befolhen haben.
Datum in yl zuo Ingolstatt am 13. tag augusti anno etc. 1524.
Ewer williger Johann von Eck, sacrosancte theologie doctor und vice-cancellarius
der universithet zuo Ingolstatt inn Peyern.
Denn edlen, gestrengen, vesten, fürsichtigen, ersamen und weysen, den
herren unnd verwandten des alten pundts der Eydtgnossen, meinen günstigen
lieben herren und fründen.
[Zwinglis Antwort auf Ecks Missiv.]
Uber Johanns Eggen
missive und embieten, den frommen,
vesten, ersamen, wysen etc. gemeiner
Eydgnossen botten zuo Baden im
ougsten versamlet, überschicket,
Huldrichen Zwinglis, so viel er darinn
angeruert, christenlich unnd zimmlich
verantwurt.
Isa. 57. [Jes. 57. 20 f.]: Impii autem quasi mare fervens, quod
quiescere non potest, et redundant fluctus eius in conculcationem et
lutum. Non est pax impiis, dicit dominus.
Gnad und frid von gott, dem vatter, und sinem sun, unserem
herren Jesu Christo, den ich in der warheit anrueff, daß er dir din
blindheit ze verston geb, lieber Johanns Egg, damit du nitt - glych
als die verdorbnen koufflüt, die in der verre versuren, rumpis oder

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werinen machend - für unnd für durch heymlich hindergon in
verrenn landen sinem - gottes - namen unnd eer so unverschamt
widerstandist, und aber sinen heiligen namen allein zuo schirm des,
der wider gott ist, und aller verfuoreren der conscientzen in mund
nimst, damit das Christenvolck diner verfuernus und diner verwirrten
zoubry, die du dem heiligen gotzwort anthuost, änig werd und beschech
hierinn der will gottes. Dann nach minem beduncken so
wirt dich gott din verfuernus vollziehen lassen, biß das er dir einen
felser uff den halls schicken und din unwiß fürnemen an tag bringen
wirt, glych als er dem zoubrer Simon in Samaria durch Petrum
gethon hatt, welchem zoubrer du nit unglych bist mit dinem hohen
ruemen [cf. Act. 8. 9-24].
Als du in kurtz verruckten tagen zuo den strengen, vesten, frommen,
wysen herren gemeiner Eydgnoschafft botten zuo Baden ein
missive überschickt, darinn du mich hinderwert also lasterlich,
kätzerisch, verfuerisch schiltest gelert haben, und dich daby embotten
hast - doch alles hinder mir - ein disputation mit mir ze halten,
wil mir gheins wegs gezimmen, dir dinen alenfantz hinlassen gan,
sunder zwingt mich die sach, dir gebürlich antworten, nit nach dinem
verdienst, sunder wie mir gebürdt.
Für das erst sag an, wie gdarstu dich harfürstellen, sam du
uß liebe oder ansehen gottes zuo einer frommen Eydgnoschafft
schribist, so doch sich erfindt, als din leben und ler antzeigt, das du
nit gloubst, das ein gott sye. Denn gloubtistu, daß der ein gott wär,
den wir Christen für unseren gott haltend, so widerstuendist nit sinem
wort, demm du aber ietz etliche jar so frävenlich unnd torlich widerstanden
bist, das alle Christenmenschen dich als einen waren

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gotzfyend gehalten und empfunden habend; ja, ouch die, so diner part
sind, nit sölchen trost in dich gesetzt, als aber du verhofft hattest.
Zuo merem urkund, daß ghein gotzgedanck, vorcht noch huld in dir
sye, so soltestu mich, so verr ich ein sölcher verfuerer wer, so lasterlich
schrib, die heiligen geschrifft kätzerisch vergwaltigote und zerriß,
früntlich zum ersten angeredt haben; denn gott manet die sünder al
weg zum ersten früntlich. Und so verr du ein diener gottes werest und
ein gneist des götlichen geistes hettest, hettest imm geton, wie gott
lert [Matth. 18. 15]: Du solt dinen bruoder, so er sündet, zwüschend
dir und imm allein straffen. So varstu zuo, und schrybst zuo einer
frommen Eydgnoschafft hinder mir ein so stoltze missive, das sy
hochmuetiger nit sin kan, wiewol sy ouch nach tütscher art incongrua,
ungeschickt, ist. Sich, was bösen artzetz hettist geben. Da einem
am houbt wee wäre xin, hettist imm das pflaster über die knüw
gelegt. Was ich ein so verdorben, lasterlich glyd, soltestu zuo mir
geschriben haben, mich ermandt, gelert und von üblem gezogen. So
du nun so unbruederlich - ich wil nit reden: uneerlich - hinder mir
für getichen bist, wirt offembar, daß ghein gotz huld noch forcht in
dir ist; denn die, so gottes sind, habend grossen schmertzen mit iren
glidern, die so ser, als du mir zuogibst, versiechet sind.
Für das ander: Wannen kumpt dir das nüw gmuet, das du ouch
zuo den frommen Eydgnossen schriben gedarst, der aber inen -
ist 's, als man sagt - zuo Fryburg so ring hast mögen übelreden?
deßglychen zuo Rom, also, das dich die unseren, des bapsts guardeknecht,
geroufft habend umb der schnöden wort willen, so du

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den frommen Eydgnossen zuogeredt hast. Weist zuo Rom zur
Gloggen?
Zum dritten: Warumb hastu nit zuo den ersamen burgermeister
und radt zuo Zürich geschriben, da ich offenlich predgen? Was
habend die frommen andern Eydgnossen dinen frävenen, unbekanten
zuoschribens bedörffen? Oder wie möcht mich das verbessren, so du
mich des mit einem wort nitt bericht hast?
Zum vierden: Was bedarffstu ze schriben, daß man dir zyt und
statt setze mit mir ze disputieren? Bistu so voll disputierens? Nun
stat dir doch all weg das tor zuo Zürich offen, unnd ston ich dir
all weg gespannen, unnd habend die frommen, ersamen etc. burgermeyster
unnd radt so offt gebetten, daß, wer sy oder ire lerenden des
unrechten mit gottes wort wüsse ze bewysen, das er das umb gottes
willen thuon welle. Also kumm, wenn du wilt; und entsitzest dir
einigen weg, wellend wir alle, so zuo Zürch predgend, die erst genanten
herren, als wir hoffend, nitt allein umb gleit - das für sich
selbs all weg den ynredenden ggeben und gehalten ist -, sunder
ouch umb besundern schirm erbitten. Und biß du nun der man
und kum! So aber dir sölche wal all weg offen gewesen ist, unnd
aber du hieby weder gegen Zürich noch gegen mir, weder mit mund
noch gschrifft, ützyd gehandlet, sunder gegen gmeinen, frommen
Eydgnossen, ist nit dunckel, was du fürnemist, oder uß welchem
vasß diser radtschlag geflossen sye, oder wohin er reych. Warumb
hastu nit offenlich wider mich geschriben, hab ich unrecht gelert? oder
die frommen von Zürich schrifftlich miner irrthumb, so verr sy irrthumb
wärind, underricht? Hab ich ze Zürich mit predgen verfuert,
so soll ich byllich daselbs die verfuerten schaff widrumb an den rechten

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weg fueren, und mich verfuerisch erkennen. Hab ich aber mitt schryben
verfuert, so soltu sölichs billich mitt gschrifft anzeigen; denn gschrifft
wäret gar lang weder das wort, das allein geredt wirt.
Zum fünfften: Das du by gmeinen, frommen Eydgnossen richter
wilt über die geschrifft lassen setzen, wie gdarstu das thuon? Weistu
nit, das nach bäpstlichem rechten nieman die gschrifft sol ußlegen,
richten, noch ze verston geben weder allein der bapst? Ich sich
wol, das du einen wyseren weyst weder gott ist, den du zuo eim richter
über sin wort setzen wilt. Dann es nit hilfft, den gemeinen tant
ynwerffen: Man verstat das gotzwort nitt glych; darumb muoß man ein
richter darüber han. Denn also stuende das gotzwort an des menschlichen
verstands urteil. Sunder das gotzwort sol dich und mich und
alle menschen urteilen. Und da du etwan an einem ort sprichst: "ich
verstand 's nit allso", da muoß man nit des urteil des menschen warten,
sunder an ein ander ort des götlichen wortes louffen und dasselbig
als ein liecht hinzuoheben zuo dem duncklen wort, so wirt es denn uß
dem gotzwort selb häll und clar. Denn der tag offnet dem tag das
liecht [Ps. 19. 3], und ist ein rad in dem andern. Und heißt uns
Christus die geschrifft erfaren [cf. Joh. 5. 39] und Mosen und propheten
lesen [cf. Luc. 16. 29]; aber nienen heyßt er richter über sin

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wort setzen. Hierumb sye dir diß verding embotten: Wenn du wilt
- denn ich mich sicher versich, mine herren von Zürich werdind
hierinn nützid brechen -, so kum gen Zürich, die heligen gschrifft
umb min leer ze hören - du wilt nun disputieren, bist unnützes
klapprens all din tag voll gewesen - und mit mir die geschrifft ze
erduren. Und welcher zum ersten von gottes wort abtritt, der soll
dannethin an lyb oder läben von den ersamen etc. burgermeister
unnd radt gestrafft werden nach irem beduncken. Darzuo, welcher
zum ersten ettwas harinfuort, des er nit grund anzeigen kan imm götlichen
wort nüws und alts testaments, sol glycherwyß am ersamen radt
stan. Und wiltu gern die frommen Eydgnossen daby haben, wil
ich dir wol gunnen, aber gheinen richter weder dir noch mir des
gotzworts halb uffsetzen weder das götlich wort; und welcher zum
ersten one dasselb, wie obstat, redt, soll vervallen sin. Ich wil
dir ouch haben angedinget, das, wie ich dir minen verstand allein
uß dem gotzwort bewären wil, du glycherwiß tuogist, voruß wo zwyfel
ist, oder aber widrumb ietwedrer vellig sye. Denn so wir vom
götlichen wort nicht abtretten, werdend wir sicher der sach eins; aber
uß urteil der menschen werdend wir nit eins. Welchs aber du noch
nit erlernet; dann du bißhar der menschen wort höher weder gottes
geachtet hast, und das göttlich mitt des menschen wort geurteilt, und
sichst doch in geschribnen rechten, das man dieselben uß inen selbs
ermessen, und nit nach eins ieden beduncken verston muoß etc. Ist
alles in den zwey puncten begryffen: Ich sol unnd mag nienen
anderst geurteilt werden, ob ich dem gotzwort recht tuege oder nitt,
weder vor der kilchen, der hirt ich bin. Und sol und mag dieselb
min wort nit verwerffen, es sye denn nit gottes wort. Und mag nieman
das gotzwort erkennen denn die schaff gottes. Wo nun die

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zesamenkomen zuo der eer gottes sin wort ze verhören, und mich min
kilch dahin verordnet, wird ich willig sin. Sich, also stat es, lieber
Egg, zwüschend mir und dinem alefantz.
Zum 6.: Bistu zuo dem heiligen geist also vertröst, daß du gheinen
zwyfel hast, du werdist den alten, waren, christlichen glouben gegen
mir erhalten? Sag an, welches heißt dir der allte gloub? Hastu einen
elteren weder der in den waren got, schöpfern himels und der erden,
und Jesum Christum und heiligen geyst stat? Oder weistu mir
desselbigen gloubens eltere underricht ze geben weder uß dem eignen
gotteswort, das er selbs und durch Mosen und die propheten und
zur letsten zyt durch sinen eingebornen sun [cf. Hebr. 1. 1] und die
heiligen apostel geredt hatt? Es könd ein schoff mercken, welchs dir
der alt gloub hieß! Der alt gloub heißt aber mir, der dahyn reicht,
wie erst bestimpt ist, und die alt leer, die got selber ufgethon hatt;
die sind bede vil elter denn dine vätter und brüch, dero du dich
mercken last.
Darumb var frölich har gen Zürich. Es ist zyt, daß ich ufhöre,
wo ich unrecht gelert hette; und noch vil zyter, das du mit dinen
argen listen das arm Christenvolck nit me hindergangist, noch
hinder gheinem frommen diener gottes sölch practicken me undernemist,
und das die spyeß glych lang sygind. Wenn ich dich diner
leer velschen will, wil ich das vor diner kilchen thuon oder mit offener
gschrifft, unnd wil dich gegen gheinem herren nienen verräterisch
hindergon, und mein, sölchs sye redlich und christenlich. Und
wil mich ouch glicherwyß gegen dir versehen, oder aber din

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unerbergheit allem christenem volck offnen, daß man sich vor dir
hueten könn.
Erbarm sich gott über dich, und nemm dir din steinny hertz,
und geb dir so ein lindes [cf. Ez. 11. 19], das sich mit gottes wort
schryben laß.
Geben zuo Zürich etc. letsten tags ougstens 1524.