Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

47

<< Nr. 46 | Index | Nr. 48 >> 

Gutachten im Ittinger Handel

(Zwischen 28. September 1524 und Anfang Februar 1525)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


Jump to page 524 525 526 527 528 529 530 531 532 533 534 535 536 537 538




--524--

[E. II. 341, fol. 3261 a.] Hanndlung der von Stammen.
Darinn ouch von den bilderen unnd dem sacrament.
[E. II. 341, fol. 3262a.] Obman Bartlome Mey
von Bern oder Jacob Meyer, zunftmeister von Basel,
zum schwartzen sternen in der huotgassen, oder
burgermeister Ziegler von Schaffhusen, oder
her Fritz von Anwyl.
Für das erst muoss man da%\rumb rechten, das ünseren Eydgnossen
nit zimme ghein maleficz zuo Stammen noch anderswo erkennen, da
die nidren gricht und manschafft miner herren ist.
Die erste ursach: Das sölche teilung der hohen und nidren
grichten dahar komen ist, das die herren oder edellüt, so sich nit
gern habend von des kostens und ouch gevar wegen mit dem maleficz
beladen, sich mit den lantrichteren vereimbaret hand, das sy inen ire
übeltäter zuoschicktend und demnach die lantrichter mit inen nach verdienst
handletind. Das erfindt sich mit Altstetten, Winingen,
Wylen und allenthalb. Also erfindt sich an dem harkomen der

--525--

teilung, das die lantrichter nútz für maleficzisch habend angriffen,
sunder, was inen überschickt ist, habend sy allein angenomen.
Und dis hatt zwo gwüss rechnungen.
Die erst: Das, wo imm also wer, das die lantrichter einem herren
oder edelman in sine gricht hinin nach irem guotduncken ein maleficz
gwalt hettind zuo erkennen, so wäre damit den herren und edellüten ir
stab gantz und gar ze ruggen geworffen. Denn als dem gwalt nútz
ze vil ist, hette ein ieder lantrichter alles, das er gewellt hette, für
maleficzisch erkennt, bis das er alle buossen und frävel zuo maleficzen
gemacht und deshalb zuo sinem nutz gebracht hette. Darumb volgen
muos, das die herren und edellút das maleficz sölcher gstallt den lantrichteren
habend angehenckt, das sy sich dess nit underwunden habend,
bis inen sölchs zuobekennt ist vor der herren oder edellüten stab.
Sölcher gstallt wirt es noch hüt by tag gebrucht in allen landen, die
eigne gricht habend.
Die ander rechnung ist, das, wo die manschafft und nidre gricht
by einander under einem herren sind, nit möglich ist, das der maleficzisch
richter gwalt habe, maleficz dahinyn zuo erkennen, sunder allein
die erkanten anzenemen. Denn, möcht er maleficz hinin erkennen,
so wurde ouch die manschafft sin eigen muessen werden. Denn wo
sich begeb, das krieg zwüschend dem herren und lantrichter entstuende,

--526--

wurde der lantrichter billich für maleficzisch erkennen, welcher wider
inn zuge, und deshalb wurdind dem herren sin eignen lüt und manschafft
entzogen. Beseh einer ietz dargegen: Söltind ünser Eydgnossen
das maleficz gen [E. II. 341, fol. 3262b] Stammen mögen
erkennen, so wurdind sy es ouch für maleficzisch haben, so sy by üns
wider sy stuendind. Sy wurdind es ouch für maleficzisch erkennen, das
sy mit unseren herren im bapstzug gewesen sind. Ja, hüt eins, morn
ein anders für maleficzisch erkennen, bis es als maleficz wär. Darus
nun wol ermessen wirt, das die herren oder edellüt sölcher gstallt das
maleficz nit us irem gricht habend gelassen, das ein lantrichter sölchs,
wie er wölte, erkannte, sunder das er 's hatt angenomen, wenn es vor
darfür erkennt ist.
Zum andren ist sölchs ze vermercken, das unser Eydgnossen
gen Stammen nit habend das maleficz ze erkennen an dem, das sy
es vormals nie gebrucht habend, welchs sy doch nit underlassen, wo
sy darzuo recht hettind gehebt. Ermane man hie ouch by den pündten
ze blyben. Die lassend ein ietlich ort by sinen harkomen, brüchen
und grechtigheiten blyben; ja, sy handthabends. Das aber hie engegen
möcht yngeworffen werden: "wo man aber nit straffen wurde oder die
maleficz lichtlich lassen hingan, da muesse der maleficzisch stab
sinen gwalt bruchen", antwurt: Mag ein herr erlyden, das sine
undertanen so gross schälck sygind, und darumb nit gestrafft werdind,
so muos es der maleficzisch stab erlyden; denn er sol ye nútz
annemen, weder was imm zuobekennt wirt. Das mag aber ghein herr
erlyden. Denn wenn er sölchs möchte erlyden, so hette er gheinen
vertrag dörffen mit dem maleficzischen stab ze machen. Demnach
mag ouch der vertrag ze Stanns nút bewären wider min herren,
darumb, das die von Stammen ufgelouffen sind (roub und brand

--527--

lassend wir stan. Dasselb sind mine herren erbüttig ze straffen verhellffen);
dann sy sind gheiner andren meinung ufgelouffen, weder
das sy einandren vor gwallt beschirmtind.
Ietz rysst der handel von meister Hansen Öchslin haryn.
Den habend sy by nacht und nebel us dem synen und üwren grichten
hingefuert, darus aller uflouff entsprungen ist. Da sy nun sprechend
"wir hand daselbst die hohen gricht", was ist das? Trifft es darumb
die hohen gricht an, das einer unschuldig ist und nútz geton hatt?
als sich mit dem Oechslin erfindt. Dann er usgelassen ist, das
sich nit erfunden hatt, das man uff inn angegeben. Darzuo solt man
die kundschafft siner misshandlung verhört und yngenomen haben,
ee man hand hette an inn gelegt. So hatt der landtvogt das widerspil
gebrucht, das aber wider alle recht und fry [E. II. 341, fol. 3263a]
heit aller menschen ist. Man sol all weg, ee man hand anleg, kundschafft
haben. Die ist so wenig da gewesen, das, do der Öchslin
schon gen Lucern komen ist, man erst hatt muessen empfelhen
kundschafft ynzenemen. Sölt es also zuogon, das man ein yeden fienge
und demnach erst die kundschafft über yn neme, oder mit voltren sölte
us imm gichten, so wärind alle fryheiten aller stetten und landen hin.
Die lutend alle dahin, das mit nieman gahet werd uff eins ieden sag etc.
Es mag ouch ünser Eydgnossen nit beschirmen, ob Öchsle glych
ze vahen xin wäre, das sy darumb inn by nacht und nebel söltind
hinfueren us 2 ursachen.
Die erst: Woltend sy an dem ort recht haben ze vahen, da bishar
mine herren vermeint habend allein recht ze haben, so söltind sy billich
vorhin mine herren erfordret haben: "Ir von Zürich bruchend da,
dess ir nit gwalt habend". Und wo sich mine herren demnach nit hettind
lassen wysen, denn so soltend sy das recht prucht haben.
Die ander ursach: Das mine herren zuo sölchem radtschlag nie
beruefft sind und habend doch als vil am Türgöw als ein yedes ort,

--528--

und an dem ort, da Öchsly ist, me denn ghein ort. Es hatt aber
muessen geufruoret sin. Nun ist die ufruor ye, als nieman lougnen mag,
us dem fahen Öchslins entsprungen, und ist Öchslin in warer unschuld
gfangen, als sich erfunden hatt. Also volgt, das der diser ufruor
schuldig ist, der den Öchslin gefangen hatt. Ist der landvogt im
Turgöw. Sol man nun die secher vor allen straffen, so sol man
billich den landvogt straffen; denn er us eigner bewegnus by nacht
und nebel in andre gricht gevallen und einen unschuldigen man, als
sich erfunden hatt - denn der landvogt hatt demnach selbs sin unschuld
durch kundschafft erfunden -, darus gefuert hatt. Wider
welchen gwalt nit allein minen herren von Zürich zimt ze tuon, sunder
ouch eim yedem zimt gwallt mit gwallt ze vertryben.
Hieby ist ouch uszetrucken, das man allein von dero von
Stammen wegen handle.
Dero von Altstetten und Wyningen halb sye man hie unvergriffen;
denn daselbend habe man usgetruckte brieff umb, ouch
harkomne brüch, das der lantrichter oder maleficzisch stab nútz
angryfft, denn das imm mit urteil und recht erkennet wirt. Darby
erfare man, wie es ze Wylen ob Bremgarten gebrucht werde, da
ouch mine herren die hohen und unsere Eydgnossen die nidren
gricht habend. Ouch ist daselbend gar nit dahinden ze lassen, das
ünsere Eydgnossen daselbst ouch habend ir mandat hingschickt und
verbotten, das sy für maleficzisch erkennend, das doch inen irer wys,
die sy im Turgöw bru [E. II. 341, fol. 3263b] chen understand,
gentzlich nit gezimmen mag. Das mandat findt man wol by denen
ze Wyl. Man sol ouch ernstlich by den frommen lüten zuo Stammen
alle ding, brüch, harkomen und fryheiten erfaren; ouch die kouffbrieff,
wie sy an mine herren kommen sygind, erlesen.

--529--

Ob aber demnach mine herren glych das verlurind, das den
Eydgnossen zimmen sölte, das maleficz selbs anzegryffen, noch so
söllend sy das nit one bysin miner herren anzegryffen erkennen, als
dero, die für ein ort als vil da ze handlen habend, als ein iedes
anders in sunderheit.
Zum andren zimt inen nit alles ze maleficzisch erkennen, das sy
wellend. Denn wo dem also, so wurdind sy hüt ein stuck für maleficzisch
erkennen, morn ein anders, bis das es als maleficzisch wurd,
und damit die frommen lüt one allen schirm in lutre geverd und
gwalt gesetzt.
Zum dritten: Ob es aber ie so lätz gon wurd, so muessend sich
mine herren verwegen han, alle tag mit ünseren Eydgnossen ze
rechten. Denn kurtz, so werdend sy es nit guot lassen sin, ob sy
schon einist oder andrest gesiget hettind, sunder all tag ein nüws
bringen. Also m#;e%..usste man, so das vordrig verlorn wurde - davor
gott sye! - erst anheben ze rechten, ob bilder hintuon unrecht
sye.
[Von den bildern.]
Grund der meinung, das man die bilder nit haben, und, wo sy
sind, hinweg tuon sölle.
Exodi (ist das ander buoch Moses) am 20. [2. Mos. 20. 4]. Da
ist das verbott der bilden in dem ersten gebott gottes der zehnen
also ingeschlossen, das es, ob gott wil, gheiner daruss ryssen oder
scheiden sol. Ob aber sölchs understanden wurde, so sol der mensch
ee den tod lyden, ee er sich lasse zwingen ze eren das, so gott verbotten
hatt. Aber die 10. gebott habend die Bäpstler zerrissen und
sy nie luter und nach dem buochstaben fürgehalten, als sy gott gebotten
hatt, wie es sich häll erfindt Exo. 20. [2. Mos. 20. 2-17].

--530--

Glych dieselben meinung findt man Deuteronomii, ist das
5. buoch Moses, am 5. cap. [5. Mos. 5. 6-21].
Hie sol man zegegen haben das buechly, darinn die kundschafften
us dem götlichen wort stond, die d'bilder verbütend. Ludwig Hätzer
hat's zemengelesen.
Hie ist aber der gröst gegenwurff: Was imm alten testament darvon
verbotten sye, das gange üns nútz an; es sye imm nüwen testament
bilder haben nit verbotten. Antwurt: Diss ist die gröste torheit,
damit die gelerten zuo diser zyt den Bäpstleren hoffnung machend,
ir antchristisch rych wider ufzebringen, die doch sust mit aller krafft
dem bapst widerstand. Aber daby irrend sy närrisch und schädlich
us zweyen ursachen. Die erst ist, [E. II. 341, fol. 3264a] das sy,
wie vor gemeldt, wol sehend, das das götzenverbott imm ersten gebott
gottes also verschlossen ist, das, wer es darvon scheidet, die
zehen gotzgebott stümmelet, teilt und mindret. Was wellend sy demnach
dem bapst in sin gschrifftbrechen reden, %.so sy es selbs tuond?
Dann es nit hillfft ynreden: die bilder sye ein uswendig ding; man mög
sy wol recht bruchen. Denn das ist war: Man mag sy recht bruchen,
wenn man inen ghein er embüt, noch an gheinem ort hatt, da man
inen er embüten kan. Aber in den kilchen oder templen embüt man
inen er. Man neigt sich vor inen; man brennt und opfret inen; man
güldet sy, ja, macht sy gantz guldin oder silbrin. Welchs alles den
armen entzogen wirt und an die götzen gehenckt, ja, den diebischen
geistlichen zuo eim schatz zemengelegt wirt. Damit wirt gott enteret
und das holtz geeret. Denn, sol ein ieder mensch rechnung geben
umb die gueter, die er an sinen lyb vermissbrucht hatt, darumb, das
er sölche nit an die armen verwendt, wie vil me muos man rechnung
geben dero gueteren, die man an die bild (die von gott in sich gezogen
habend) mit nachteil der armen, die man darzwüschend nackend,
hungrig und ellend hatt lassen harumgon, verwendet hatt? Darumb
ouch ünser erkantnus allein ab denen orten heisst bilder hinwegtuon,

--531--

das sy geeret worden sind. Denn wir sagind all, was wir wellind,
so sind die bilder von üns nit schlecht geachtet gewesen, und habend
inen zuogelegt, sy habind gnad, das doch ein hälle schmach gottes
ist, von dem wir alle gnad verhoffen söllend. Kurtz: Wir wellend den
man gern sehen, der mit siner kluogheit das bilderverbott welle us den
zehen gebotten ryssen, darumb, das es ein usserlich ding sye. Wer
hatt das ye geredt: Das ist ein usserlich ding; darumb betrifft es üns
imm nüwen testament nit? Dann almuosen geben ist ouch ein usserlich
ding. Sol man aber darumb darzuo nit verbunden sin? Das almuosen
ist ein usserlich werck und hatt grund in der liebe des nechsten.
Götzen hinwegtuon ist ouch usserlich und hatt grund imm ersten gebott,
das ist: in erkantnus, liebe und er des waren, läbendigen gottes.
Dann ye die bilder sind ein schmach gottes, der sy verbotten hatt
und so manigvaltig verspottet und verachtet. Also möchte man ouch
vom eebruch, todschlag und andren dingen reden: es sygind usserliche
werck; darumb sye man an dieselben gebott nit bunden. Sprichst:
Ja, dieselben komend von innen harus. Antwurt: Also ouch der
götzendienst. Wannenhar kumt anderswo hillff suochen weder by dem
läbendigen gott, und götzen ufrichten weder us mangel des gloubens?
Wo der [E. II. 341, fol. 3264b] gloub gantz ist, da mag man ghein
hillff noch trost ienen suochen weder by dem einigen schatz, darin wir
vertruwend: gott. Ouch wo der gantz und grecht ist, da lernet man
inn nit ab den wenden. Darus volgt, das alle, so sich der bilden
klagend, recht war vertruwen und rechte erkantnus gottes nit habend;
denn alle, die rechte erkantnus gottes habend, die wüssend, das sy
inen nit von ussen hinyn komen ist, sunder von gott in die hertzen
ggeben. Darumb der unglöubig ist, der die bilder schirmt, er sye,
wie hochgeböumt er welle. Alles, das wir sehend und empfindend,
zücht von dem inneren rechtglöubigen menschen. Diss reicht allein
dahin, das bilderverbott nit ein ceremonisch ding gewesen ist, sunder
ein recht gebott, das die mindrung des gloubens und er gottes verhuetet
hatt.
Die ander ursach, darumb sy irrend, ist, das sy sprechend: bilder
sygind imm nüwen testament nit verworffen. Diss ist ein offner lug.

--532--

Denn sy wol mögend ermessen, das Paulus imm nüwen testament
die Christen von den bilden gar abgewendt hatt. 1. Cor. 12.
[1. Cor. 12. 1f.] spricht er also: Brueder, ich wil, das ir von den geistlichen
dingen nit unwüssend sygind. Ir wüssend wol, das ir Heiden
gewesen sind und mengerley weg zuo den stummenden bilden gefuert.
Sehend, hie wil er von geistlichen dingen reden, namlich: wannen
die gnaden und gaben den menschen kumind. Demnach seyt er, das
sy zuo den götzen sich habind lassen fueren, diewyl sy noch Heiden
warend. So volgt ye, das den Christen nit zimt götzen ze haben,
sunder, welche sy habend, sind Heiden; dann er spricht: Do ir
Heiden warend, wurdend ir an die götzen gefuert.
Item 1. Thess. 1. [1. Thess. 1. 8f.] spricht er also: Die in Macedonia
etc. wüssend wol, wie ir zuo gott kert hand von den götzen. Hie
wirt aber klar, das die apostel habend von den bilden abgefuert. Da
man aber ynredt: "Sy sind allein darvon abgefuert, das sy ir hoffnung
nit darin satztind", sind fablen. Es habend gheine abgötter nie den
götzen für einen gott gehebt. Lese man üwer antwort, dem bischoff
von Costentz geben. Darzuo ist das mit dem eren ein menschlich
gsuech. Paulus redt von bilden; er spricht nit von abgötten oder
bild eren. Ouch so eret man sy in all wys und mas, wie sy die
Heiden geeret hand.
Item so redt der helig Johannes 1. capitel 5. [1. Joh. 5. 21]:
Ir sün, huetend üch vor den bilden. Dis wort ist so kurtz und hell,
das man billich alle die, so bilder ze haben vermeinend zimmen, mit
iren glosen verachten und verwerffen sol.
Ouch so sind so vil keiseren und bischoffen xin, die wol hundert
jar die bilder erwert habend. Statt in miner herren antwurt: So
nun die bilder mit einhäller merer hand sind hingeton, so ist nút
anders [E. II. 341, fol. 3265a] beschehen, weder das gott geheissen
hatt. Diss gatt weder die Eydgnossen noch mine herren an ze
hindren oder straffen; denn, so verr als ieman hierinn ufruoren

--533--

wölte und muotwillig verergren, darin werdend mine herren wol sehen,
wo sy gwaltt habend.
Von der mess.
In der mess understat sich nieman das hochwirdig sacrament dess
fronlychnams und bluotes Christi abzetuon oder ze underlassen, sunder
dasselb allein ze bruchen nach dem ynsatz Christi. Nun hatt Christus
diss sacrament yngesetzt zuo einer gemeinen vereimbarung der
glöubigen und zuo einer widergedechtnus sines lydens. Die vereimbarung
bestimt Paulus 1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 16f.] also: Das gebenedyet
trinckgschirr - das ist: tranck -, das wir hoch lobend, ist nit
ein gemeine vereimbarung des bluotes Christi? Und das brot, das wir
brechend, ist es nit ein gemeine vereimbarung des lychnams Christi?
Dann wir, die menge, sind ein brot und ein lychnam; dann wir teilend
all mit einandren von einem brot. Dise wort Pauli sind häll, das
alle, die von dem tranck trinckend und des brotes mit einandren
essend, ein lychnam und ein brot - das ist: ein volck gottes -
mit einandren werdind. Die widergedechtnus bestimt Christus
Luc. 22. [Luc. 22. 19]: Tuond das zuo widergedechtnus min. Also wirt
eigenlich vermerckt, das, wenn das christenlich volck sich mit dem
sacrament vereimbart, das sy da den tod des herren Jesu Christi
widergedencken söllend, als aber Paulus 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 26]
spricht: So offt ir das brot essen werdend und das tranck trincken,
söllend ir den tod des herren verkünden, bis das er kumen wirt. Das
ist: das es also sol gebrucht werden bis an den jüngsten tag, das alle,
so sich für Christen usgebend, offenlich mit einandren söllend diss
sacrament essen und trincken, damit sy zemengefuegt werdind in einen
lychnam [cf. 1. Cor. 10. 17], glych wie sy ouch gemeinlich verjehend,
das sy von Christo erlösst sygind. Sind sy nun mit einem lyden erlösst
und mit einem bluot abgeweschen, so sind sy ie in gott zemengefuegt.

--534--

gefuegt. So söllend sy ouch sin wie ein lychnam und sich mit disem
sacrament einandren offnen, das sy den glouben habind, das sy durch
tod und bluotvergiessen Christi erlösst und kinder gottes gemacht
sygind; und söllend das, so offt es einer yeden kilchhöre oder gemeind
gevallen wil, tuon mit lob- und dancksagen dem herren, das er
üns durch sinen sun Jesum Christum erlösst hatt. Das ist den tod
dess herren verkünden: erkennen, das er üns erlösst hatt, und imm
darum lob und danck sagen. Glych als gemein Eydgnossen alle jar
uff der 10 tusend ritter tag gott lob und danck sagend umb den sig,
den er den ünseren ze Murten [E. II. 341, fol. 3265b] verlihen hatt,
also sol man ouch in disem sacrament gott lob und danck sagen, das
er üns durch den tod sines eignen suns sälig gemacht und vom fygend
erlösst hatt. Das ist den tod des herren uskünden.
Nun ist aber die mess des priesters gantz gheiner gstallt, wie
Christus diss sacrament hatt yngesetzt.
Zum ersten, das es ein mittessen ist; denn er spricht zuo den
jungeren (in denen alle menschen, die gloubend, verstanden werdend):
Nemend und essend. Und spricht nit: Stand üwer einer dar und
esse für die andren all. Ouch so spricht er zuo dem tranck: Trinckend
darvon all (verstand: alle glöubigen). Verstast hie 2 ding: Eins, das
wir all darvon trincken söllend, nit zuoluogen. Das ander, das das
tranck nieman sol abgeschlagen werden. Hillft nit sprechen: diss wort
"all" bedüt allein die apostel; denn also wäre diss sacrament allein
den apostlen geben. Es sol aber also gebrucht werden bis zuo end
der welt. So aber die apostel nit in disem lychnam lebend bis zuo
end der welt, ist gwüss, das in der apostel person und in disem
wortlin "all" alle menschen verstanden werdend.
Zum andren, das es ein vereimbarung in dem mitessen ist. So
vereimbart sich der priester mit dem Christen nit; denn sy essend
nit mit imm, sunder er isst allein. Sprichst: Er vereimbart sich wol
mit dem gebett und mit dem gmuet. Antwurt: Wir redend hie nit
von der innerlichen vereimbarung allein. Wenn dieselb uff ban kumt,

--535--

weisst man wol, das sich ein ieder Christ mit Christenmenschen
vereimbart, so er gott für sy bitt, inen hillfft, radt und sy für sine
glider hallt. Die mess darff man dem priester nit allein empfelhen,
sunder es söllend sy alle menschen haben. Sy ghört ouch nit allein
dem priester, sunder allen menschen zuo. Aber diss ist ein usserliche
verbindung und verzeichnen, da der mensch durch diss sacrament
sich sinem bruoder verzeichnet, verbindt und zuo imm schwert, das er
sines christenlichen bruoders christenlicher bruoder sin und christenlich
mit imm leben welle, darumb, das er mit imm und iener
mit disem verjehend und erkennend, das sy durch den tod Christi
zuo kindren gottes und deshalb zuo bruedren in gott gemacht sygind.
Ein glychnus: Gemein Eydgnossen habend ein pundt mit einandren.
Den sind sy einandren schuldig ze halten, und wenn sy den haltend,
so sind sy Eydgnossen. Wenn sy den nit haltend, so sind sy nit
Eydgnossen, ob sy glych den namen tragend. Noch so muos man
ye ze fünf jaren den pund und eyd ernüwren, damit alle ort eigenlich
ir pflicht und schuld gegen einandren vernemind und sich widrumb
einandren offnind. Also in disem sacrament [E. II. 341, fol. 3266a]
verbindt sich der mensch mit allen glöubigen offenlich. Und lebt er
aber nit christenlich gegen den Christen so isst er imm selbs ein
verdamnus daran 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 29]. Und ob er sich glych
einen Christen ruemt, so ist er's doch nit.
Zum dritten, das es ein dancksagung und ein lob gottes ist,
darumb, das er sinen sun hatt für üns in den tod ggeben. Nun sol
der pfaff nit allein dancksagen, sunder wir alle mit einandren. Denn
die höchste dancksagung gottes ist, da wir aller eigenlichest lebend,
wie sin sun uff erden gelebt hatt. Nun ist diss sacrament ein offner
eyd und pflicht, das sich der mensch für einen Christen hierinn
usgibt und offnet. So volgt, das ein ieder selbs essen sol, wil er
den eyd und offnung ordenlich tuon.

--536--

Zum vierten, so ist diss sacrament sichtbarlich niessen nit ein
abweschung der sünd - denn der tod Christi ist ein einige abweschung
ünser sünd -, sunder es ist allein ein verzeichnung und
endecken, das einer ouch dero menschen sye, die gwüsslich verhoffend
und vertruwend in die rychtum und reinigung dess lydens
Christi. So sol ye ein ieder selbs sölch verzeichnung volenden.
Desshalb die pfaffenmess aber nit ordenlich gebrucht wirt; denn diss
ist ein mal, da alle die söllend mit einandren essen, die in einem
glouben vereimbart sind innwendig imm hertzen.
Zum fünften, so muos ouch valsch sin, das sich die pfaffenmess
verkoufft, sam sy ein opfer für andrer menschen sünd sye; denn das
abweschen der sünden hatt allein krafft imm lyden Christi. Nun ist
aber diss sacrament nit das lyden Christi, sunder es ist yngesetzt
ee und Christus gelitten hatt, das man es demnach bis zuo end der
welt zuo yngedechtnus bruchte, das der herr den tod habe für üns
erlidten.
Zum sechsten, so hatt Christus diss sacrament nun in einiger
ordnung aber allen menschen, die gloubend, yngesetzt. So nun die
pfaffen ein andre ordnung bruchend weder gott hatt yngesetzt, so
muessend sy ye bekennen, das ir bruch nit nach der ordnung gottes
ist, und desshalb verlassen werden sol. Denn der einig bruch, von
Christo yngesetzt, sol billich von allen menschen allein gebrucht
werden. Der dient zuo einigheit. Hette gott das verlonet messhalten
der pfaffen gevallen, er hette es wol konnen ynsetzen.
Zum sibenden, so ist diss sacrament ein verzeichnung wie der
touff. Wie nun gheiner für den andren getoufft wirt, also kan gheiner
für den andren zuo ünserem herren gon.
Zum achten, so nimpt gheiner lon, das er darumb getoufft werd
oder darumb zumm sacrament gang. Wie lasterlich ist es denn, das
die pfaffen umb lon diss sacrament bruchend? Was sind aber alle
pfruonden weder lön des messhaltens und des messhaltens, das die

--537--

pfaffen selbs erdacht habend, und demnach erst grossen lon ergutzlet?
[E. II. 341, fol. 3266b]. Also erfindt sich, wo man die gytigen
mess der pfaffen underlasst, das man nútz verlasst, das gott hatt
yngesetzt, sunder einen lötigen, offnen bschiss und betrug. Es solt
doch üns etwan in sinn komen, so die pfaffen so ernstlich die mess
handhabend, und aber nun ires messhalten gilt und ünser niessen
nútz, als sy sagend, das die sach argwönig ist. Dargegen erfindt
sich ouch, das die recht tuond, die diss sacrament nach dem ufsatz
Christi bruchend und den bösen gyt der pfaffen vertrybend, damit
die gueter, so bishar zuo aller uppgheit gedienet habind, mit der zyt
den armen zuokert werdind. Doch bruchend hierinn mine herren zimmliche
geduldt.
Ungebichtet zum sacrament gan
ist nit maleficzisch; dann die heimliche bicht ist von gott nit gebotten;
denn die götlich fürsichtigheit weisst wol, das die heimlicheit
des menschlichen hertzens so frävel ist, das sy sich nit allein vor
den menschen, sunder ouch vor gott understat ze verbergen. Desshalb
ouch die, so die bicht von allen menschen erfordret, ouch nach
gemeinem sprüchwort gebichtet habend, was sy gelust hatt, und die
grösten stöck lassen ligen. Aber hie habend die Bäpstler ir regiment
inn gegrünndt, doch alles mit valsch. Sy habend diss wort
"confiteri" für "heimlich bichten" getütschet und heisst aber nit "heimlich
bichten", sunder "erkennen, verjehen, er geben, loben", und
wirt in der gschrifft gebrucht für: got loben und erkennen die guottat,
die er üns bewysst, ouch: sich ergeben als den überwundnen.
Das ist ein ieder mensch pflichtig ze tuon, oder aber er mag nit sälig
werden. Gott, der allein die hertzen erkennt [cf. Ps. 44. 22], vergibt
allein die sünd. Der pfaff erkennt nit die hertzen; darumb kan er die
sünd nit verzyhen. Er mag aber wol gott für einen bitten. Antwurt:
Das sol er tuon, ob imm schon nimmer gebichtet wurd, wie ouch ein

--538--

andrer mensch. Das Jacob spricht 5. capitel [Jac. 5. 16]: "Verjehend
einandren üwer sünd", tütschend sy: "Bichtend de pfaffen". Sich,
wie das getolmetschet ist! Jacob wil, das ie ein Christenman sinem
bruoder die kümber und heimlichen presten siner sündtlichen conscientz
offne, damit er ouch gott für inn bitte. So machend sy ein
bicht darus. Und spricht aber er: "Verjehend ie einer dem andren",
nit: dem pfaffen.
Die christenlich kilch hatt dise ding gsetzt. Antwurt: Es ist
ghein christenliche kilch, denn die dem wort Christi volget. So
nun die bäpst, bischoff etc. nit allein dem nit volgend, das gott redt,
sunder ouch darwider strebend, und uffrichtend ding, die das gotzwort
nit erlyden mag, so sind sy des tüfels kilch [cf. Apoc. 2. 9], nit
Christi. Grund Johannes 10. [Joh. 10. 11-30] under der glychnus
des hirten und der schaaffen.
Gott walt der sinen!
Amen!
End.