Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Predigt wider die Pensionen

12. März 1525
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 3 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 90)


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Zwinglis predig wider pensionen und pensiöner.
Zwingli stuond am sontag nach Fridolini imm mertzen an die kantze
und prediget vom allten stand der Eydgnoschafft, wie einfallte und fromme
lüth vor zyten gewesen, die grosse syg und träffliche gnad von gott gehept.
Ietzund habe sich das volck verkert; darumb straffe uns gott so ernstlich. Und
uns werde nitt mögen gehulffen werden, wir nämind dann widerumb an unser
fordern frommkeit, unschuld und einfelltikeit. Sunst werdint wir für und für
rysen, fallen und zuoletzt gar zerfallen, ja zerschmëtteren. Gott werde den übermuot
nitt lyden.
Er zeigt an, wie zweyerley adels were in der Eydgnoschafft, welche vil
me schadens thätind, denn der allt adel vor allten zyten ye gethan hätte. Denn
dise wërind in mitz in den unsern, und wërind der unseren. - Der erst adel
syend die pensioner, die er "byrenbratter" nempt, dorum, das die daheym
sässind hinder dem offen, nitt hinus kämind, und doch allen herren hinder ire
schätz kämind. Sagtind den herren grosse ding zuo uff biderber lüthen kinder,
mitt denen sy diß und das wöltind zuo wägen bringen, darvon man doch nüt
weder den vätteren noch kinden sage, und merkte nüt des minder umb sy.
Und thuegind sömliche vil grösseren schaden under uns dann keine frömbde
herren. - Der ander adel syend die houptlüth. Die trättind so kostlich in
syden, silber, gold und edelgesteinen, mitt ringen und kettinen heryn, daß es
vor sonn und mon ein schand sye, geschwigen vor gott und menschen. Einer
sye oben guldin und underthalb sydin, der ander underthalb guldin und oben
sammetin oder dammastin; und das alles sye also mitt so vil löcheren verfensteret,
das es ein spott sye, daß man sy also nun lasse vor den ougen
offentlich herumbprachten.
Ir wüssend wol, biderben lüth, wie wol es mir zuogelegt, daß ich gestrafft,
und dise lüth genempt "bluotsuger" und "bluotäglen", und das ich aber nitt

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gethan hab. Aber yedoch muoß ich ietzund sagen und offentlich üch anzeigen,
wemm doch die houptlüth glych syend; und gillt mir gar glych, ob ettlich lüth
daran ein beduren haben wurdent; dann das byspil ist an imm selbs nitt alls
bös, alls die sind, von denen ich reden. Sy sind den metzgeren glych, die das
väch gen Constantz trybend. Die trybend das vach hinuß, und nämend das
gällt darumb, und kummend one das vach wider heim. Farend dann widerumb
uß und thuond imm also für und für. Also thuond die pensioner und houptlüth.
Denen hat es - ußgenommen ein fart - all wäg gelungen, das sy uß den
schlachten und geschütz - nitt weiß ich, wohin sy sich stellend - widerum
heym kummend, und bringend die wättschger voll gällts, und habend biderber
lüthen kinder vertriben; und von stund an widerumb uff, und bringend einen
anderen huffen; den vertrybend sy ouch; darus werdent sy rych. Nun luogend,
ob man die bluotverkramer thürer gnuog könne schällten. Sähend ouch, wie das
vil ein untraglicher adel ist dann der vorig.
Ir wüssend, daß ich üch imm anfang min halß daran gesetzt hab, die vereynigung
mitt dem könig werde die Eydgnoschafft bringen in groß lyden.

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Also sag ich ietzt uff ein nüws, daß es noch nitt uß ist und noch wirrß gan
muoß. Daran setz ich üch lib und läben. Es sye denn, das man sich ëndere.
Dann die pensioner sitzend allenthalben an regimenten, wöllend der pensionen
nitt manglen und dorumb das kriegen nitt verbieten. Und die houptlüth verfuerind
glich, wie vil schiff sy wöllend, so zücht man die huetli vor inen ab,
Wenn ein wolff ein schaff oder ganß hinwäg treyt, so ist man uff und stürmpt
man. Dise verfuerend so manchen stoltzen man, und dartzuo thuot nieman
nüt. Dann damitt wirt es alles verkleipt: Es muoß doch nieman louffen,
denn der gern wil. Und darff aber kein oberkeit in der vereynigung, noch kein
vatter sinen kinden verbieten zuo louffen. Ist das ein göttliche vereynigung und
nütz einer Eydgnoschafft? Ich sag üch: Hilfft man nitt, daß sömlichs abgestellt
wirt, so wirt gottes rach vilfalltig volgen; dann gott last sömlichen muotwillen
und hindergan des armen, schlächten, gemeinen mans nitt ungerochen.
Gott redt [cf. 5. Mos. 17. 22, 22. 21 f.]: Thuo den bösen in mitz under dir dannen.
Dorum, wil man zuo ruowen kummen, muoß man das schlächtlich und kurtzumb
thuon. Doch bekere sich yemandts und zeigt ein gwüssen rüwen siner
mißthaad, möge man sin hab und guot, das er also gewunnen, den wittwen und
weyßen, an denen sy schuldig, ußteylen. Dann kurtzumb mueße man die
rychtag, mitt pensionen und houptmansgällt zamengelegt, zerträchen wie die
schärhuffen uff den matten. Wo das nitt, sölle man das rüher an die hand

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nemmen, und die machlüth dermassen straaffen, daß sy andern ein byspil
werdint.
Zum letzten vermanet er das volck zuo empsigem gebätt, daß uns gott ein
rächten verstand verlihe, damitt uns das rächt wol gefalle, und das thuegind, das
gott gefallt etc.