Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Gebetslied in der Pest

(Ende 1519)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 1 (Berlin: Schwetschke, 1905) (Corpus Reformatorum 88)


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Ein christenlich gsang gestelt
durch H. Z., als er mit pestilentz
angriffen ward.
[1.] Im anfang der kranckheit.
Hilff, herr gott, hilff
in diser not!
Ich mein, der tod
sey an der thür.
Stand, Christe, für,
dann du in überwunden hast!
Zuo dir ich gilff:
Ist es dein will,
züch uß den pfyl,
der mich verwundt!
Nit laßt ein stund
mich haben weder ruow noch rast!
Wilt du dann glych
tod haben mich
in mitz der tagen min,
so sol es willig sin.
Thuo, wie du wilt;
mich nüt befilt.
Din haf bin ich.
Mach gantz ald brich;

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dann, nimpst du hin
den geiste min
von diser erd,
thuost du 's, daß er nit böser werd
ald andren nit
befleck ir läben fromm und sit.
[2.] In mitten der kranckheit.
Tröst, herr gott, tröst!
Die kranckheit wachßt,
wee und angst faßt
min seel und lyb.
Darumb dich schyb
gen mir, einiger trost, mit gnad,
die gwüß erlößt
ein yeden, der
sin hertzlich bgär
und hoffnung setzt
in dich, verschetzt
darzuo diß zyt all nutz und schad.
Nun ist es umm.
Min zung ist stumm,
mag sprechen nit ein wort.
Min sinn sind all verdort.
Darumb ist zyt,
das du min stryt
fuerist fürhin,
so ich nit bin
so starck, daß ich
mög dapfferlich
thuen widerstand
deß tüfels facht unnd fräffner hand.

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Doch wirt min gmuet
stät blyben dir, wie er ioch wuet.
[3.] In der besserung.
Gsund, herr gott, gsund!
Ich mein, ich ker
schon widrumb her.
Ja, wenn dich dunckt,
der sünden funck
werd nit mer bherrschen mich uff erd,
so muoß min mund
din lob unnd leer
ußsprechen mer
dann vormals ye,
wie es ioch gen,
einfaltigklich on alle gferd.
Wiewol ich muoß
deß todes buoß
erleyden zwar ein mal
vilicht mit grösserm qual,
dann yetzund wer
geschähen, her,
so ich sunst bin
nach gfaren hin;
so wil ich doch
den trutz und boch
in diser wält
tragen frölich umb widergelt
mit hilffe din,
on den nüt mag vollkummen sin.