Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Ratschläge der Leutpriester auf die Beschwerden der Grafschaft Kyburg und Genossen

(Mai 1525)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 4 (Leipzig: Heinsius, 1927) (Corpus Reformatorum 91)


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[Ratschläge der Leutpriester auf die Beschwerden
der Grafschaft Kyburg und Genossen.]
A.
[A. pag. 1.] Uff den ersten artikel:
das unsere herren nüt dorwyder könnend, sunder, so ferr im gelebt
würt, ein groß wolgefallen doran hand, das die iren, so fyl in
erkantnuß des eynigen, waaren gottes kommen sind, das sy dess wort
und herrschafft ob allen dingen habind; sind ouch gentzlich der meynung,
sy werdind uß erkantnuß des götlichen worts eygentlich bericht,
das sy uns ouch gehorsam sin söllind in allen zymlichen, weltlichen
hendlen, so unser oberkeit antryfft. Deshalb es dess artikels
nüt bedörft hätty; dann syind sy gott gehorsam, so syind sy ouch
unseren herren, als iren obren, gehorsam, die sy in allen dingen all
weg früntlich und christenlich bedacht hand; dann gott heyßt der
weltlichen oberkeit gehorsam sin [cf. Röm. 13. 1, Tit. 3. 1].
B.
Uff den andren:
[1.] Der lybeygentschafft halb habend unsre herren das höchst
angesähen, das wir alle kinder gottes sind und bruederlich gegeneinander
leben sollind. Darumb ist geradschlaget, das wir unsere

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lybeygen lüt sölicher eygentschafft fry sagend, und der fälen, gelässen
und ungnossamy, so von lybeygenschafft harreychend, erlassen
wöllind, in hoffnung, unsre byderben lüt werdind sölichs gegen
gott und uns mit trüwen in ander wäg ersetzen. So wir aber niemand
gern das sin hingebend, wöllend wir mit andren herren, so
eygen lüt in unseren gebieten hand, fürderlich reden, ob sy sölichs
ouch glicher form nochlossind.
[2.] Von der roubstür wägen solle man besähen, wie groß die
sye, und darinn nach gelegenheit handlen.
[3.] Der zähenden halben weyßt mengklich, das im grossen
zähenden korn, rocken, weytzen, gersten, habren, win, ouch das höw

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(wo gewonheit ist hew ze geben) begriffen sind. So ferr nun unsre
byderben lüt die und andre stuck, so in 'n grossen zähenden gehörend,
trüwlich one mynderung und unverzogenlich geben wurdind, also, das
wir darinn keinen abgang spürtind [A. pag. 2.], wöltind wir die, so in
unseren gebieten sytzend und kleine zähenden habend, früntlich anlangen,
das sy zuom ersten denselbigen guetlich nachlassen wöltind, und
demnach die, so usserthalb unseren gebieten sytzend, glicherwiß ouch
anlangen, in hoffnung, wo im grossen zähenden ungefarlich gefaren,
wurde der klein alsdann guetlich nachgelassen. Wo aber das nit,
wöltend wir gern noch losung helfen wärben.
Ob aber ein kilchhöry den zähenden gern wölty zuo iren handen
lösen, wöllend unsere herren darumb tag geben, was gwarsamy
ein yeder darumb habe, ze verhören, und darinn geburlich handlen.
[4.] Der nyderen gerichten halb. So yeder frommer wol verston
mag, das sy von nöten sind und man in aller welt nit one sy

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geläben kan, lossend unsere herren die noch innhalt der sprüchen
und altem harkommen blyben. Soferr aber yeman von den nideren
gerichtsherren unzymlich geträngt wurde, mag der gedrengt sölichs
für sy bringen; wöllend sy gebürlich darinn handlen und alle unmaß
und muotwil verhueten.
C.
Uff den sechßten artikel,
der geystlichen gueteren halb ist unserer herren meynung nie gewäsen,
dieselbigen überal inen zuzeeygnen, sunder für das erst: eynem
yeden sin ius patronatus (das ist: sin vätterlich erblehen), so vil das
von den synen gestifft sye, unangeruert ze lossen, zuom anderen: wöllend
unsere herren fürderlich in alle kilchhörynen wolbericht,
bescheyden lüt schicken; die werdend sampt dänen, so von eyner
kylchhöry zuo inen verordnet, die gueter, so von iren byderben lüten
an die gotshüser kommen sind, wohin man sy verordnen sölle, bescheyden
D.
[A. pag. 3.] Uff den dryzehenden artikel.
Nachdem unsere herren erwägen hand, das in fry hinggebnen
gueteren, darumb versichrungen, urber, jarzytbuecher und bewärte

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rodel sind, vast unrichtig wurdy, einem yetlichen das sin wyderzegeben,
on das söliche fry hinggebne gueter von götlichem recht den
armen gehörend; dorumb wöllend sy mit iren gesandten darinn handlen,
wie da oben im sechsten artikel bestympt ist. Doch das, so
unsere herren danntzuomal den kilchhörinen von sölichen gueteren gönnen
wurdind, sol den armen in der kilchhöry dienen, oder zuo gemeynem
nutz der gantzen kilchhöry warten und behalten werden;
soll ouch von sölichem järlich einem obervogt rechnung beschähen.
E.
Der fünfzehend artikel:
es sol by den sprüchen blyben; dann unsere herren mitt gott
von den sprüchen an dem ort nit gan mögend; dann die nit allein
göttlicher, sunder ouch nützlicher und gemeyner sind dann ir anbringen.
F.
Uff den 16. artikel
soll der lütpriester meynung, so sy von den zynsen ingelegt haben,
vor eynem raat verlesen werden.