Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Von dem Predigtamt

30. Juni 1525
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 4 (Leipzig: Heinsius, 1927) (Corpus Reformatorum 91)


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Von dem predigamt.
Darinn man sicht, wie die selbsgesandten ufruorer - nit apostel,
als sy wöllend gesehen syn - wider gottes wort thuond, das sy
eim yeden getrüwen wächter unnd predger des euangelii under
synem volck predginen ufschlahend one durfft und erloubnus
der gantzen gmeind und wächters.
Durch Huldrychen Zuingli.
Den ersamen, wysen landsradt und gantzer gmeynd
der graaffschafft Doggenburg, synen insunders
lieben herren und landlüten, embüt Huldrych
Zuinglin gnad und frid von gott.
Ich sag gott, dem himmelischen vatter, danck, daß er üch mit dem
liecht sines worts angglentzt und in erkantnus der warheyt so wol
hat yngefuert, das ir so styff in synem veryehen stond, welches
doch alles syner gnaden und erbärmbd ist, nit üwerer kluogheyt. Im
sye lob und eer ewigklich! Er welle ouch üch für und für bewaren,
das ir in allem guotem mee und mee zuonemmind! Amen!
Lieben herren und brueder! Das ir mit züchten den götzendienst
ußrumend, und mit rechtlichem erkennen die pfaffen, die
dem euangelio widersträbend, ab dem barmen entbindend, zeygt
an, das ir zuonemmind in aller götlicher erkantnus unnd dapffergheyt.
Ich verman aber üch hieby, das ir üch wol umbsehind, damit der

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tüfel nit etwan einen underhespling ynzettle, durch den ir in irthumb
fallind, der üch schädlicher wurde syn weder der vordrig [cf. Matth.
12. 45], als da wir alle muntlich sagen wurdind: "Ich bin Christi" [cf.
1. Cor. 1. 12], und aber christenlich läben und friden nit hieltind. Nun
möchte aber üch sölichs, als ich vernimm, gar bald widervaren von denen,
die one alle erloubnus der kilchhörinen, in die sy kummend, usß eigner
bewegnus anhebend ze predgen und ze widertouffen; dero das ein zuo
verwirrung der warheyt dienet, das ander zuo ufruoren. Dann der widertouf
ist umb gheiner anderen ursach willen angehebt, weder das man damit
glimpfflich sich zämenrotten und wider die obergheyt ufrichten könde
(wenn ich von obergheyt red, meyn ich das gantz bapstuomb nit; denn
dasselb sol nit irdisch herschen Matthei 20. [cf. Matth. 20. 25-27]).
Welche doch beyde gantz unnd gar wider Christum sind. Für das
erst, das nieman leeren sol, weder der gesendt wirt; zum andren,
das der widertouff gantz und gar wider gott ist; dann er weder mitt
wort noch byspyl, weder im nüwen noch alten testament anzeigt oder
bedüt ist. Die bschnydung ist nun einist geben, die aber
glych das zeychen gewäsen ist by den alten, das by uns der touf ist.
Ouch ist des nüwen testaments nit mee denn ein touff; den hatt
weder Christus noch die heyligen apostel nie gewidret, noch geleert
gewidret werden. Von welchem wir ein besunder buoch, lenger
und verdrüssiger denn mines gevallens sye, zenächst vor disem
habend lassen ußgon. So aber die fräfenen, die sich selbs zuo
apostelen und predgern ufwerfend, mit irem predgen ouch grössern
zwytracht ynfueren möchtind, wellend wir ouch von dem predigampt
schryben, damit mencklich die lätzköpfingen, hochmuetigen klaprer
vergoumen könne, und das alles mit klarem gotzwort. Dann wo

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man sich vor inen nit verhuet, so kumpt alle tag ein nuewe irrthumb;
als dann ein yeder wol mercken kan. Sölte eim yeden zimmen under
christenem volck ze säyen, was er wölte, und sölte inn die kilch
nit darumb urteilen und verwerfen sin irrthumb, so wurdind die spitzfündigen
all tag junge oder eyer haben, damit man ir hohe wyßheyt
und kunst sähe. Es gadt aber zuo diser zyt glych wie zuo der apostel
zyt. So kamend ouch etlich von Hirusalem [!] in Antiochiam
[cf. Act. 15. 1-24], Corinthen [cf. 1. Cor. 1. 10ff., 2. Cor. 10. u. 11],
Philippen [cf. Phil. 3. 2], Cretam [cf. Tit. 1. 5], zuo den Galaten [cf.
Gal. 1. 7, 5. 7-12], und namend sich leerens an; aber aller irer flyß trang
uff usserliche ding, voruß uff die beschnydung; und wurdend wol angesehen
darumb, das sy von Hierusalem kamend und Israeler
warend. Das sy aber deß grösseren glouben hettind, sprachend sy,
sy hettind christenliche leer von denen erlernet, die sy selbs von
Christo gehört hettind; es mochtend ouch wol iro etlich Christum
Jesum selbs lyplich gesehen haben. Das redtend sy aber aller meyst
den namen Pauli zu verschupfen und inn in verachtung ze bringen
(dann er iren verfuernussen seer widerstuond, ja so starck, das er sy
all wäg mit der warheyt durch syn epistlen überwand), und das sy
inen selbs einen anhang machtind. Damit ward das Christenvolck
zweyet. Nun tatend sy sölichs alles der meinung, das sy
sich mit nüwer leer kostlich machtind, und damit narung ergutzletind.
Do aber Paulus die iro untrüw vermarckt, zücht er sy
allenthalb an 's liecht härfür, doch zum allerhällesten Philipp. 3.
[Phil. 3. 2]: "Sehend uff die hund, sehend uff die bösen arbeyter,
sehend uff die zerschnydung" (diß wort redt Paulus mit schönem
flyß. Sy pflantztend die beschnydung; so nempt er 's ein zerschnydung;
dann sy das nüw glöubig volck mit irem beschnydungkampff
teiltend, glych als wenn einer die widertöuffer yetz ertrencker
nampte, darumb, das sy damit wol machen mögend, das grosse uneinigheyt
entspringe under dem glöubigen volck, und demnach ouch
großer schad und undertrucken des euangelij). "Ja," spricht Paulus
[Phil. 3. 3]: "Sehend uff die zerschnydung; dann wir sind die beschnydung,
die im geyst gott dienend, und vertruwt sind in Christo
Jesu, und nit vertröst sind in das fleysch etc.". Darnach spricht er

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[Phil. 3. 17-19]: "Brueder, volgend mir nach, und sehend uff die, so
wandlend, wie ir dann ein form von uns habend. Dann es wandlend
iro vil, wie ich üch dann vorhyn gewarnet hab, yetz aber ouch mit
weynen sag, das sy fygend des crützes Christi sygind. Dero end
ist verderbnus, dero gott ist ir buch, und ir eer an irer schamm, die
nun uff irdische ding sehend."
Ietz wöllend wir unsere zerschnyder gegen yhenen besehen. Sy
sind von Zürich zum ersten ußgangen und sich zuo den frömbden
gemacht, und die mit gäher gschwindigheyt übertörlet, das sy sich
habend lassen wiedertouffen. Merck aber ein yeder frommer Christ,
wie billich oder trüwlich sy das gethon habind. Zum ersten so sind
sy offenlich und heimlich überwunden, desshalb sy billich ir leer
vom touff für andere kilchen nit soltend gebracht haben, noch mit
irrthumb vermaasgen. Denn sölte es also zuogon, das einer der
unwarheyt widerwyßt wär und nüt des minder demnach andre
kilchen ouch sölte vermaaßgen, so wurde mer zwytrachts under
christenem volck weder under unglöubigen; "und sind aber wir
durch einen geyst in einen lychnam zemengetoufft, das wir eynigkeyt
haltind" 1. Cor. 12. [cf. 1. Cor. 12. 13]. Zum andren so habend sy
die gründ des kindertouffs, die sy zuo Zürich habend anzeygen gesehen,
den einfaltigen nit geoffnet mit irem toufpredigen. Demnach, so
verschruwen gnuog ist, das wir zuo Zürich den kindertouff handhabend
und den widertouff weerend, die obergheyt mit radt und that,
wir predgenden mit gottes wort, so farend sy zuo und redend von
eim ersamen radt so spöttlich, dass 's ze vil ist; unnd die predgenden
(voruß mich) schältend sy so schandtlich, das sy billich allenn
gotzförchtigenn mit irem unmenschlichen schelcken mißfallen
söltind. Es beschicht aber darumb, daß sy iren namen tür verkouffind,

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und denen, die inen ynredend, alle erkantnuß und glouben
entziehind. Sy habend alleyn den geyst gottes; dann sy verschetzend
ye alle, die sich nit lassend touffen oder wider sy sind.
Warumb verschetzend sy nun die? Es muoß eyntweders sin, das sy 's
umb deswillen verschetzend, daß sy nit getoufft sygind; und denn muoß
ouch volgen, daß sy sich selb so vil türer haltind, so vil sy die ungetoufften
verachtend. Oder aber sy verschetzend die andren
Christen, das sy meynend, sy sygind nit glöubig; und denn so volgt
aber, das sy schlechtlich sich selbs überredt habend, das nieman
gottes geyst oder glouben hab weder sy. Der iro lätzen wyß gibt
kundtschafft, das sy so vil wolgelerter, wyser menner, so vil gotzförchtiger,
frommer menschen verstand und warnung verachtet, und
wider alle gründ des göttlichen wortes den widertouff angehebt und
sich selbs für apostel ufgeworffen habend, und in eyn yeder kilchöre,
da glych der bischoff und schaaff glöubig sind, den widertouff
anhebend one verwilligung oder besuochenn der gmeynd. Sind
das nit zerschnyder, wie sy Paulus nempt? Könnend ouch grösser
fygend deß crützes Christi sin weder die, ob sy sich glych mit
grosser demuetigkeyt beschirmend? Wär hat aber secktenn oder rotten
ye one glychste demuetigkeit angehebt? Was ist demuetigers anzesehen
gewäsen weder die Carthüser? Nun habend sy denocht
wenig wellen sagen, darumb sy im Ittinger uflouff kommen
sygind, und habend 12. tusent guldin anzeygt. Sich, da ist inen
kein aker, matten, wyngart, vischetten, väld, wald, gricht, zweng,
benn, etc. nit entfrömbdet. Wie vil mag denn erst des übrigen
sin? Und das ist da überkommen in so kurtzen jaren, das gar
nach mencklich verdenckt, daß noch gheine Karthüser zuo

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Ittingen gewäsen sind. Das hab ich alleyn zuo eim byspil anzeigt,
das die demuetigkeyt übel ußschlecht zum letsten. Es heyßt ouch
Paulus sich vor iro goumen Coloss. 2. [cf. 2. Col 2. 18]; dann warlich
so ist ouch ir buch ir gott [cf. Phil. 3. 19]. Ich weyß wol, was
der gebräst ist an iro etlichen gewäsen. Man verlycht Zürich die
pfruonden nümmen, ußgenommen die pfarren. Noch hettind sich
iro etlich gern yngestrubet, das sy den armen uff dem hals ligende
von inen erhalten wärind, und lartend (aber valsch), es möcht gheiner
das euangelium predgen, der ein pfruond hette; verhofftend, man wurde
die pfarrer verschupffen; und denn wär inen das nächst, daß sy an
iro statt für pfarrer ufgeworffen wurdind. Sprachend offenlich:
Ich begär keyner pfruond. Der 's aber inen yngewunden hett, und
in 'n ermel geschoppet, wie die Barfuosser das gelt vermühend,
wär weyßt? Also habend sy nütz weniger irem buch gedienet,
weder die zuo der zyt Pauli geton habend [cf. Phil. 3. 19]. Es sind
ouch etlich uß inen zuo mir kummen unnd mich umb fürmündung
zuo pfruondenn gebätten, deß sy mit der warheyt nit löugnen könnend.

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Es ist ouch ir rumb nun fleyschlich; denn widergetoufft sin ist
nüts anders weder ein usserlich ding; glych als ouch yene groß
darab warend, das ir scham beschnitten was. Dise widertöuffer
underschiebennd sich ouch glych, als sich yhene underschubend;
hebend die sach vonn gott so hoch an ze redenn, stellend sich so
kläglich dar, als ob sy erst uß eym schiffbruch ußkommen sygind.
Da stadt das eynfaltig volck verwundrende unnd erschrockenn; aber
zum letstenn endet es als uff den widertouff, kindertouff, unnd das
man gheyn obergheyt sölle haben, unnd das alle ding gmeyn söllind
syn, unnd das man weder zinß noch zehenden schuldig sye, von den
beyden wir anderschwo christenlichen bscheyd geben habend.
Unnd bruchend aber den list darby: Offennlich sünfftzend sy tieff,
sprechende: Wee, wee dem, der zinß unnd zehendenn ynnimpt! Nit
darumb, ir söllend 's gebenn. Aber demnach runend sy inn die
orenn: Wenn du den zinß zwentzig jar ggeben hast, so bist du dem
zinsherren nüts mer schuldig. Sehend, frommen, getrüwen herren
und fründ, was darus volge, namlich das, das demnach ouch die, so
dem euangelio nüts nachfragend, sich träffenlicher weder ander
stellend, sy wöllind 's handthaben; und sehend aber daruf, ob es
darzuo käm, das man niemandt nüts umb syn schuld geb. Darzuo
dienet der widertouff und der apostlen, die sich selbs gesendt hand,
leer. Wiewol nun vil gueter mißbrucht werdend, voruß die geystlichen,
söllend sy doch durch den richter, das ist: die obergheyt, entscheyden
werden; und welche mit selbsgwalt eim andren das syn eintwäders
verhaltend oder nemend, sind röuber, nit Christenlüt. Da aber

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die obergheyt nüts thuon wil, da wirdt es gott wol fuegen. Darumb
ist not, das man ein obergheyt hab, und yedermann synen zuosag
und pflicht halte. Denn so man an dem wölt anheben, die obergheyt
dennen thuon, die aber christenlich fart, so wäre es nüts
anders, weder so die schaaff on einen hirten in die wilde gestossen
wurdind.
Hierumb, getrüwen, lieben herren und brueder, hat mich von
üwertwägen sorg angefochten, das üwer einvaltig, fromm volck nit
also in irrthumb durch die fräfnen, ufruerigen lerer verfuert werd; denn
ir mir zuo aller zyt als mine herren und brueder befolhen sind; schetz
mich ouch ewigklich für üwer einen. Denn ir werdend sehen, das,
wo nun das zytlich oder uppig eer wirt angesehen, das da kein
nüwerung bstand haben wirt. Wo aber gotzerkantnuß und forcht ist,
und zuo gottes eer getrungen wirdt, da mag man ouch weder über üch
noch nieman gesigen.
Schryb üch darumb diß buechlin zuo, das ir üch verhueten
könnind vor den hyn- und widerlouffenden schwätzeren und ufruoreren,
die nienen hin kummend ze predgen, weder da vorhin die leer gefuert
ist; da understond sy mit usserlichenn dingenn umbzukeeren,
das vormals erbuwen ist.
Bewar üch gott! Der bestäte das, so er mit üch hat angefangen
[cf. Phil. 1. 6].
Geben zuo Zürich.
Worinn ich üch gedienen kan, heyssend; wil ich alle zyt
gehorsam syn.
Von dem predigampt.
Ich wil nit wyter anzeigen, was mich dissz buechlin ze schryben
ursachet. Es ist vorhyn wol verstanden, das es darumb beschicht,
daß etlich so fräfel sind, daß sy, unbegruetzet eines bischofs und
der kilchhöre, in frömbde pfarrkilchen louffend, lütend, predigend,
das sy wöllend, und widertoufend zuo unradt und ufruoren, und demnach
sprechend, sy thuegind im recht, sy sygind von gott gesendt.
Denen ich mit derselben tadt anzeygen wil, das sy nitt von gott gesandt
sind, und man sölichs in gheyner kilchhöre gestatten sol, es
werde denn mit einhälligheyt der gantzen kilchhöre erloubt.

--390--

Demnach, ob glych das buechlin den titel treyt: "Vom predigampt",
wird ich, ob gott wil, ouch darby von dem leeren überal
sagen, wie es zuo der heyligen apostel zyten gebrucht ist.
Darzuo wellend wir erstlich für uns nemen die wort Pauli
Ephes. 4. [Eph. 4. 11-14], da er also spricht: "Und er (Christus)
hat etlich zuo aposteln gesetzt, etlich zu propheten, etlich zuo euangelisten,
etlich zuo hirten und leereren, daß sy dem werck (gottes)
dienind zuo volkumnus der heiligen und erbuwnus des lychnams
Christi, biß daß wir all engegen louffind in die einigheyt des
gloubens und der erkantnus des suns gottes, damit wir ein volkomner
mann werdind nach dem alter und volkommenheyt Christi, das wir
fürhyn nit kinder sygind, hyn und har gewäyet und geworffen von
dem wind einer yeden leer, mit der arglistigheyt der menschen, mit
böser spitzfündigheyt zuo ynfuerung des irrthumbs." Dise wort Pauli
habend den sinn, das Christus genannte ämpter (von dero wir härnach
von yedem in sunderheyt sagen wellend) in synen lychnam
gesetzt habe, das ist: in die kilchen, damit er, syn lychnam, gevolkomnet
und erbuwen werde in einigheyt des gloubens und in erkantnus
des suns gottes, und ein so volkomner, starcker, wolerwachsner
lyb werdind, wie denn Christus zuo volkomner, lyplicher mansstercke
nach der menschlichen natur und alter kommen, und in mitz aller
syner lybs stercke getödt ist worden, das wir uns nit mengerley wind
der ufgeblasnen leren lassind hyn unnd här werffen, die ussz argem
list unnd spitzfündigheyt ersuocht werdend, damit man zuo anhang und
verfuernus gebracht werde.
Sehend, alle fromme Christen! Sind dise ämpter darumb von
gott ufgesetzt, das man mengerley leeren vergoumte, so mag ye
nit syn, das sich einem yeden zimme für einen offnen leerer ufzewerfen;
denn so vil höupter, so vil sinn, und kan sich der schalck
wol verbergen. Es nimpt 's niemant so lätz ze hand, er gibt im
ein guote gestalt. Der bapst hatt allen sinen huffen der geleerten
damit fürbracht: Ja, sy verhuetind, das ghein irrthumb entstand.
Noch so habend sy zuo unseren zyten offenlich geweert, das die
waarheyt nit harfür käme. Sol aber darumb sich selbs ein yeder
ufwerfen, er sye eyn apostel, leerer oder euangelist? Nein. Darvon
wirt clarlich harnach kummen.

--391--

Nun wöllend wir zum ersten von dem ampt der apostlen sagen;
denn die ämpter habend alle gwüssen underscheyd.
Ein apostel ist nüts anders geredt weder ein bott. Dannenhar
wir Tütschen recht habend geredt, es sygind zwölf botten. Aber
darnach habend wir nit gdören reden: Petrus, der bott, oder:
Jacob der bott. Den namen und ampt hat Christus ufgesetzt.
Luc. 6. [Luc. 6. 13] stadt also: "Jesus hat syne jünger beruefft, und
zwölff ussz inen erwellet, die er ouch botten genennet hat".
Das ist gnuog von dem namen.
Ir ampt aber ist: das euangelium predigen, das ist: die welt
leeren gott und sich selbs erkennen. Wenn nun der mensch sich
selbs erkennt, muoß er in mißval syn selbs kummen. Daruß muoß
denn rüwen und besserung volgen, so veer er gott erkennt. Demnach
kumpt aber erst nüwe verzwyflung. So der mensch sich selbs
so sündtlich findt, das er besserens noturfftig sye, und sich beßret
täglich, noch so findt er ein sölichen gebrästen, versumnus und
unvolkommenheyt, das er zuo gott ze kummen verzwyflet. Da thuot
man im denn das heyl, das uns gott durch sinen sun gnädigklich
geschenckt hatt, uf. Das ist das ampt der botten, und ist das aller
höchst ampt under allen; denn die apostel habend muessen wandlen;
denn sy warend botten; und huobend sy zum ersten an den handel
des heyls in alle welt harumb ze fueren. Das ampt hatt inen
Christus zum ersten, do er sy alleyn im jüdischen land härumb
schickt ze predgen, also empfohlen [Matth. 10. 5-16]: "Gond nit
uff den wäg der Heyden (dann er wolt sich zum ersten sinem volck
offenbaren), und gond nit in die statt der Samariten, sunder gond
ee zuo den schaaffenn, die uß dem huß Iraels umbkommen sind.
Und so ir hingond, so predgend, sprechende, daß das rych der
himmlen kommen sye. Die krancken machend gsund, die sundersiechen
reynigend, die todten erkickend, die tüfel werffend uß,
vergeben habend ir 's empfangen, vergeben gebend 's. Bereytend
oder rüstend uff den wäg weder gold noch silber noch gelt an üwere
gürtlen noch täschen, noch zween röck, noch schuoch, noch stab;
dann der arbeyter ist siner narung wirdig. In welche statt aber
oder marckt ir kummen werdend, so erforschend, wo ein gschickter

--392--

oder erbrer sye, und blybend daselbst, biß das ir dannen ziehend.
So ir aber in das huß gond, so gruetzend es. Und ist das huß oder
gsind wirdig, so köme üwer friden über sy. Ist es aber sin nit
wärdt, so keere sich üwer friden widerumb zuo üch. Und welcher üch
nit annimpt, noch üwre wort hört, so gond uß demselben huß oder
statt, unnd erstoubend üwre fueß. Warlich, sag ich üch: Es wirt
dem land der Sodomiten und Gomorreyen ringer werden am tag
des grichts weder der statt. Nemmend war, ich send üch hin wie
die schaaf in mitz der wolffen", etc. Hie sehend wir des empfelchs
oder handels halb, den sy predget habend, das die apostel das gemeyn
empfelch gehebt habend, das alle die predgen söllend, die umb der
leer willen werdend fürgesetzt. Dannenhar alle, die das euangelium
predgend, der predge halb ghein ander ampt habend weder die
apostel. Aber darinn übertreffend die apostel die propheten, euangelisten
und lerer, das sy den ersten anbruch in der unerkanten,
unglöubigen welt gethan habend, und das gotzwort wyte, gefarliche
reysen harumb gefuert, als wir am heyligenn Paulo wol gesehen
habend. Und hatt inen gott gheyn trost oder rüstung zytlicher
hilff oder noturft erloubt, welches aber demnach denen, die an iro
statt in den kilchen fürgesetzt wurdend, zimpt, wie harnach
kummen wirt.
Zum andren hat inen Christus äbendasselb empfelch ggeben,
aber das ätter wyter gemacht, do er zuo inen am tag der urstende
sprach Jo. 20. [Joh. 20. 21-23]: "Wie mich min vatter gesendt hat,
also send ich üch. Und do er das geredt, bließ er sy an, und sprach
zuo inen: Empfahend den heyligen geyst. Dero sünd ir nachlassen
werdend, denen sind sy nachgelassen; und dero ir verhalten werdend,
denen sind sy verhalten." Welche meynung Marcus 16. [Marc. 16.
15-16] mit disen worten ußtruckt hat: "Predgend das euangelium
aller gschöpft. Welcher gloubt und touft wirt, der wirt heyl.
Welcher aber nit gloubt, der wirdt verdampt." Das ist das binden
unnd entbinden: Welcher gloubt, ist entbunden; welcher nit gloubt,

--393--

ist gebunden. Ist in anderen gschrifften gnuogsam erjagt. Lucas
offnet das empfelch also; 24. [cf. Luc. 24. 45-47]: "Do hat er inen
die gmuet ufgethon, das sy die gschrift verstuendind, und inen gseyt,
das es also geschriben stuend, und Christus also habe muessen lyden
unnd widrumb erston von den todten am dritten tag, und in sinem
namen gepredget werden der rüwen oder besserung und nachlassung
der sünd in alle völcker, und zuo Hierusalem anheben," etc. Ist
glych das vorder empfelch, weder das er sy hie heyßt in alle welt
ußgon, aber vor allein in das jüdisch land, wie dann Mattheus 28.
[Matth. 28. 19, 20] ouch redt: "Gond hin, und leerend alle völcker,
sy touffende in den namen des vatters und suns und heyligen geysts,
lerende sy halten alle die ding, die ich üch empfolhen hab." Also
ist in den dieneren deß worts gheyn underscheyd zwüschend den
apostlen und andren, weder das die apostel durchzewandlenn verordnet
wurdend on alle vorbereytung oder wägrüstung. Darumb ich
all weg gesagt hab, das die, so sich under den Christen ruemend
apostel sin, als die hohen bischoff und prelaten, söltind ouch weder
sack noch seckel fueren. So tuond sy, daß der tüfel selbs nit könde
lätzer tuon. Sy predgend gar nit, wellend aber apostel genempt
werden; und kommend mit eim trossz, damit sy die tyrannen diser
welt überwindend. Ist nit möglich, daß sy apostel oder botten
sygind; dann sy nit alleyn dem wort nit nachwandlend, sunder gar
nit fuerend. Deßhalb ouch die nit apostel sind, die das wort fuerend,
aber säßhafft by iren kilchen blybend und wonend. Von welchen
harnach kummen wirt.
Ietz volgt in den worten Pauli [Eph. 4. 11]: "Etlich zuo prophetenn."
Diß wort "prophet" ist nit hebraisch sunder griechisch,
und kumpt von "vorsagen" har, und heyßt eygentlich: eynen
vorsager, den wir einenn wyßsagen nennend, der künfftige ding, vor

--394--

und sy beschehind, seyt. Das ist nun das ampt der propheten im
alten testament gewäsen, das yetz der euangelisten, bischoffen oder
pfarreren ampt ist. Sy sahend uff die laster der menschen, das sy
die eintweders vergoumtind, oder, wo sy gewachsen warend, ußrutind,
als gott zu Hieremia redt Hiere. 1. [Jer. 1. 9, 10]: "Nimm war, ich
hab mine wort in dinen mund gethon, ich hab dich hütt über die
völcker und rych bestellt, das du ußrupffist, zerbrechist, verderbist
und zerwerffist, ouch buwist und pflantzist." Das ist kurtzlich das
fürnemmist ampt des propheten, das er ußrüte, abbreche und zerstöre
alles, das wider gott ufgericht ist, und widerumb buwe und
pflantze, das gott haben wil. Es sind aber daby zuo der apostel zyten
ouch propheten genennet, die der gschrifft verstand vor der gantzen
kilchen habend ufgethon; dann do ze mal noch gheyne gschrifften
des nüwen testaments warend; unnd lartend die apostel muntlich. Do
nun glych die euangelisten nach etlichen jaren geschribenn hattend,
was doch ir gschrifft vorhin schon gelernet unnd verstanden und
gloubt. Es wurdend ouch die epistlen hin und wider geschriben, den
glouben ze vestnen, den sy vorhin one gschrifft uß dem predgen
gelernet und uß göttlichem ziehen gloubt hattend. Uß dem wir erlernend,
das die ouch propheten genempt wurdend zuo der apostel
zyten, die gschrifft des alten testaments vor der kilchen ußlegtend,
als 1. Cor. 14. [1. Cor. 14. 26-33] wol gemerckt wirt, da Paulus also
spricht: "So ir zemenkummend, so hat üwer yeder den psalmen, die
leer, die zungen, die offenbarung, das dolmetschen. Da söllend alle
ding zuo erbuwnuß beschehen. Kan etlicher zungen oder die
spraachen reden, das beschehe, das zween oder uff das aller meyst
dry nach einandren redind, und einer dolmetsche. Ist eyner nit ein
dolmetsch, so schwyge in der kilchen, und rede mit im selbs und gott.
Aber der propheten redind zween oder dry, und die anderen urteylind.
Ob es aber eim andren, der da sitzt, geoffembart wirt, so schwyge
der erst. Dann ir mögend all einandren nach prophetieren oder
von verstand der gschrift reden, damit sy alle lernind und getröst
werdind oder vermanet; dann die geyst der prophetenn sind den

--395--

propheten gehorsam. Dann gott ist nitt ein gott der ufruoren und
zwytrachts, sunder des fridens." Dissz ist nun der sinn der worten
Pauli: So ir zämenkummend die psalmen oder geschrifft ze hören,
so ist etlicher geleert under üch, etlicher kan die spraachen (voruß
redt er von der hebraischen), etlichem hat gott etwas besunders
geofnet, etlicher kan dolmetschen, hebraische wort zu griechischen
oder derglychen bringen. Da söllend ir die ding also ze
handen nemen, das ir damit buwind. Welche die hebraischen
(damit ich ein byspyl geb; dann dero zugend vil ussz jüdischem
land, für das sy Christen wurdend, under die Heyden, die zum
glouben kamend) spraach könnend, diselben redind oder läsind
züchtigklich ein andren nach das ort der gschrifft vor, davon
die propheten reden werdend. Demnach so keere einer dieselben
wort in die gemeyn spraach. Und welcher nit ein
dolmetsch oder ein spraachgelerter sye, der rede nit vor dem ußlegen
der propheten, sunder schwyge und rede darzwüschend mit im selbs
und mit gott. Wenn nun die gschrift glych in zweyen spraachen
vorgeläsen ist, verstadt man sy denocht gemeinlich nit. Darumb so
hebind denn die propheten an die gschrifft ze verston geben und
den willen gottes daruß ze offnen. Hie muessend ye die propheten
ouch der spraachen geleert gewäsen syn; dann die andren gaaben
alle reychend dahyn, das man zuo dem höchsten, das ist: zuo dem
propheten, das ist: ußlegen, kömme. 1. Cor. 14. [1. Cor. 14. 1]:
"Ifrend den geistlichen gaaben nach, doch aller meist, das ir prophetind,"
das ist: die gschrifft des götlichen worts ußlegind. Wenn
nun die propheten ußlegend, so urteile die gantz kilch, das ist: die
andren all, ob er im recht thuege oder nit. Sich, womit sol die
kilch urteylen oder woruß, so sy erst hört, das sy vormals nie
gehört hatt? Antwurt: Usß dem gott, der in inen wonet. Wo gott
in eim menschen ist, da verstadt er glych, was zuo gottes eer und
friden des nächsten geredt wirt oder nit. Daruß nun an eim fürgon
erlernet wirdt, das der bapst sampt allen synen anhengeren sol von

--396--

der kilchen geurteylet werden, das ist: von denen, denen er prediget;
und er inen nit mag das wort gewaltsamen, sunder sy inn urteylen.
Sich, in welchen abwägen das bapstuomb ist! Sy leerend nit, und
gewaltsamend aber das wort. Wee, wee, wie ist doch denen blinden
lüten immer ze thuon, die das verwirret bapstuomb beschirmend?
Wenn nun die propheten nach einandren ordenlich redend, unnd
darzwüschend eim, der under der gmeind sitzt, von gott der verstand
der gschrifft geoffenbaret wurde, so sol im ouch zimmen, von dem
verstand der gschrifft ze reden, doch mit sölicher ordnung unnd zucht,
das, wenn ein nüwer anhebe reden, das der vordrig schwyge; ouch
ghein nüwer anhebe ze reden, die wyl der vordrig redt; dann es
zimme inen allen nacheinandren von verstand der gschrifft, so die
kilch versamlet ist, ze reden; ja, eim yeden in siner kilchen, und
züchtigklich nach einandren, damit alle menschen getröst werdind
oder die warheyt erlernind. Sich, ob glych allen mannen in der
kilchen zimpt von der geschrifft ze reden, zimpt es doch inen erst
nach den propheten, ouch nun, wenn der prophet den sinn nit verstanden
und härfürgebracht hatt. Dannenhar die, so sich für
apostel oder propheten ufwerffend, nit handlend mit ußlegen der
geschrifft nach dem bruch der apostelen. Sy blybend nit in iren
kilchen, sonder louffend in ander kilchen, und redend daselbst one
die propheten. Und wie sy uß disem ort Pauli bewärend, sy
mögind ouch ynreden von der gschrifft, also wellend sy inen nit
lassen ynreden; denn ob sy glych erloubnuß gebend ze reden, so
lassend sy sich doch nit berichten. Ich wüßte wol byspil ze sagenn,
da wolgelerte propheten an ire predginen kommen sind, do sy uß
dem nüwen testament geläsen habend; und do die propheten erloubnuß
genommen habend ouch darzuo ze redenn, habend sy geantwort:
Es zimme inen darzuo ze reden. Und als sy den eygenlichen sinn
habend anzeygt, habend inn die widertöuffer nit angenommen, wiewol
die übrig kilch inn angenommen hatt. Also kummend sy nit in die
kilchen, das sy lernen wellind, sunder das sy leren wellind und vonn
nyeman gelert sin; ob sy glych mit den wortenn sprechend, sy wellind
sich lassenn leren. Wyter spricht hie Paulus [cf. 1. Cor. 14. 30-33]:
Die propheten werdind gern einandren mit friden uflosen, ouch den

--397--

sitzenden, wenn sy die warheyt an 'n tag bringend; dann der propheten
geyst sygind den propheten underworffen, das ist: sind sy
gottes propheten, so werdend sy gern denen uflosen, die den heymlichen
verstand der gschrifft eroffnend. Und wirt das alles mit
fridenn beschehen; denn gott ist nit eyn gott der ufruoren unnd zwytrachts,
sunder ein gott des fridens. Sich, wie clar wirt hie, was
die widertöuffer für einen geyst habend, wie demuetigklich sy sich
immer stellend! Ire geyst sind den propheten nit undertänig, sunder
sy hebend den ersten zwytracht mit inen an. Byspil: Es hat eyn
ersamer, frommer prophet den sinn Pauli. 1. Cor. 3. [cf. 1. Cor.
3. 13-15], der vorhar uff das fägfhür gezogen was, vor siner kilchen
erberlich ußgelegt, wiewol er vom widertöuffer, der inn begreyff, nit
verstanden ward. Also gieng der widertöuffer, do die predig uß was,
und sprach, er hette gelogen. Sich, wie früntlich hebt der propheten
geyst an ze redenn! Habend sy nun den gott, der uns sin euangelium
zuo diser zyt eroffnet, so habend sy einen gott des fridens
und nit einen gott des zwytrachts. So sy aber zwytracht machend,
so habennd sy ye den gott des fridens nitt, der uns zum ersten das
euangelium so fridsamlich durch sine propheten oder euangelisten
geoffnet hat; da was gheyn zwytracht under den glöubigen; dann
wir alleyn von denen propheten unnd kilchen redend, darinn das
euangelium gepredget wirt. Dieselben kilchen verwirrend sy, und
schmeckend nit under die kilchen der unglöubigen. So sy nun
die verwirrung in die glöubigen kilchenn bringend, darinn vormal
grosser, starcker friden in gott gewäsen ist, und tuond das alleyn
umb der zytlichen üsserlichen dingen willen, so ist offembar, das
sy den gott des fridens nit habend, sunder den gott der ufruoren
und zwytrachts. Glych als die gen Antiochiam kamend und
redtend: "Wenn ir nit beschnitten werdend, werdend ir nit sälig"
Act. 15. [Act. 15. 5]; damit verwirrtend sy das Christenvolck;
also sprechend dise: "Wenn ir nit widergetoufft werdend, werdend ir
nit sälig;" und verwirrend ouch damit das volck.
Also habend wir zween underscheid des ampts der propheten:
Eins ist, wie die propheten im alten testament dem üblen geweert
und das guot pflantzet habend; also ouch die wächter oder pfarrer im

--398--

nüwen testament tuond. Und ist also das prophetenampt, das bischoff-
oder pfarrerampt, das euangelistenampt alles ein ampt.
Das ander ampt der propheten ist, da sy in den grossen kilchen
den verstand der gschrifft harfürbringend, voruß im alten testament,
wenn man die gschrifft ze erlernen zemenkumpt. Welcher stand noch
nit gemeyn ist; wirt aber, ob gott wil, by uns zuo Zürych in gar
kurtzen tagen anheben; dann die bestellung schon angefangen wirt,
wie sy vormals verheyssen ist in verendrung des grossen stiffts. Also
mag, eygenlich ze reden, nit ein prophet sin nach disem anderen
ampt, weder welcher die zungen kan ußlegen.
Demnach redt Paulus von den euangelistenn [Eph. 4. 11]: "Etlich
aber zuo euangelisten". Das euangelistenampt ist keyn ander ampt

--399--

weder ouch das prophetenampt, so verr der prophet für einen
wächter, der ußrütet und pflantzet, genommen wirt. Er ist ouch nüts
anders weder ein bischoff oder pfarrer, wie dann eygenlich ermessen
wirt 2. Tim. 4. [2. Tim. 4. 5], da Paulus zuo Timotheo also schrybt:
"Tuo, wie eim euangelisten zuostadt, und tuo dinem ampt gnuog." Nun
was aber Timotheus ein bischoff. So mueß ye volgen, das euangelist
und bischoff ein ampt sye. Man sicht ouch an den worten
Pauli, die darvor stond, das er einen bischoff unnd euagelisten für
ein ding halt, da er 2. Tim. 4. [2. Tim. 4. 2] also spricht: "Predig
das wort, lig ob senfft, ruch, straff, beschillt, erman, tröst in aller
duldmuot und lere," etc. Was ist das anders weder eyns bischoffs,
eins propheten, eins hirten ampt? Diß ampt ist der leer halb nüts
anders weder ouch das apostelampt; aber darinn ist der underscheyd,
daß die apostel wandler oder reyser warend, so wonet ein yeder
bischoff säßhafft an dem ort, da er bischoff oder pfarrer ist. Die
apostel dorfftend gheyn besitzung habenn, so zimpt den pfarreren
eygens ze habenn, wie aber häll werden muoß, obglych die nydigen,
ufruerigen rotter ein anders leerend by den einualtigen. Paulus
schrybt Tit. 1. [Tit. 1. 5-9]: "Umb des willen hab ich dich in Creta
gelassen, das du die ding, dero noch mangel ist, ufrichtist, und
setzist in allen stetten priester oder alte (hie wirdt "priester" für einen
bischoff oder pfarrer genommen), wie ich dir empfolhen hab. Wo
einer unbehaglich ist, nun ein wyb hat, glöubige kinder hat, die
nit mit unzucht, unmas oder ungehorsame verlümbdet sind; dann
es muoß ein bischoff (sich, den nempt er yetz ein bischoff, den er
erst einen priester genempt hat) unbehaglich syn, wie denn eim
hußhalter gottes zimpt, nit eigenköpfig, nit zornwuetig, nit wynfuecht,
nit schlegig oder lestrig, nit schnödes gewüns begirig, sonder
herberglich, ein guoten mann, züchtig und recht verstendig,
grecht, fromm, gemäß, der zäh sye in der leer des gloubens, damit

--400--

er mit gsunder, heilsamer leer trösten und vermanen mög, und die
widerbeftzenden harfürziehen und straaffen." Usß disen worten
Pauli, die nun talame allen Christen wol erkannt sind, wil ich
allein die melden, die zuo unserem fürnemmen dienend. Für das erst
warend wol apostel in Creta gewäsen, die den glouben prediget
hattend; es warend aber noch nit priester, bischoff, wächter, euangelisten,
pfarrer oder propheten bestellet; dann er spricht [Tit. 1. 5]:
"Umb des willen hab ich dich in Creta gelassen, das du die ding
ufrichtist, dero noch mangel ist." So muoß eines apostels ampt etwas
wyter oder anderst syn weder des euangelisten. Zum andren, so er
redt, das des bischoffs kinder glöubig und wol erzogen söllind sin,
sicht man wol, das er von einem hushaltenden, yngeseßnem, ersamen
mann redt. Wo sind hie die ufruorer, die in die einvaltigen stossend:
"Uwer pfarrer solt ghein eigen huß haben; er sol nun by andren
lüten ze herberg syn," unnd fuerend demnach yn: "So er nun ein
eigen huß hat, so mag er ye die warheit nit sagen"? So Paulus
widerumb 1. Timot. 3. [1. Tim. 3. 4] also spricht ouch von dem
bischoff ampt: "Es sol ein bischoff sinem huß wol und erlich vorsyn
oder meistren."
Und bald darnach [1. Tim. 3. 5]: "Wo aber einer sin eigen
gsind nit regieren kan, wie wirt er zuo der kilchen gottes sorg
haben?" Sich, wie sich der underscheyd der apostlen und bischoffen
so fyn uftuot, damit man den geyst des ufruerigen gottes lernen möge
erkennen. Ich möchte hie wol anzeygen, das in diser wal der gar
armen und verlaßnen weniger möchtind zuo bischoffen erwellet werden
weder der statthafften; dann die gar verlaßnen regierend gemeinlich
ir gsind übel. Dann wo man wol regiert, wirt man ouch
statthafft. Ich wil aber dasselb underlassen, damit ich nieman in
die hand geb sinen gyt ze verdecken. Wir hörend hie entlich,
das ein bischoff daby ouch erkießt wirt, so er syn huß wol regieren
kan. So muoß er ye hußhablich syn. Ja, er meint, welcher ein
unzüchtig, hädrig, sorgloß, verlassen gsind hab, der sye nit

--401--

geschickt für die gantzen gemeynd sorg ze haben. Wie wöllend ir
im hie thuon, ir haderlüt, wenn Titus mitt den Cretischen glych
einen wolhabenden, rychen mann zuo dem bischoffampt erwellet hettind?
Darumb sehend uff geschrifft bas, unnd lassend den zangg ligen.
Das Paulus hie weder rych noch arm anzeygt, aber doch einen, der
ein guoter hußhalter sye, sol nit verstanden werden, das er mit "hußhalten"
rychtag zämenlegen meine; denn er spricht, der bischoff
sölle nitt schnödes gewüns begirig syn. Daran ein gantze kilch wol
hat erlernet, das sy die üppigen, unverschammten gwünler, wuochrer
oder publicanen nit habend söllen zuo bischoffen erwellen. Man sicht
ouch wol an dem flyß, da er den bischoffen fürmündet, wie man
inen ze hilff kommen sölle, das nit allenthalben ryche lüt darzuo erkießet
sind. "Dann es ist schwär, das die rychen zuo himmel
kummind", als Christus spricht Luc. 18. [Luc. 18. 24]. Noch so
habend sy muessen die erwellen, die denocht statthafftlich habend
hußgehalten. Das tuot man aber nit bald mitt dem bättel; dann die
bätler habend weder huß noch gsind; sunder Paulus hat durch den
hußhalter verstanden einen züchtigen mann, der syn gsind sölicher
mas regieren kond, das es nieman schedigot, ersam was, gehorsam
unnd gerechter dingen geflissen. Wo ein sölich gsind und hußhalter
ist, da hat man all wäg sorg, das man ouch zimlich ze läben hab
one beschwärd oder übergutzlen des nächsten. Langet alles allein
dahyn, das die bischoff oder euangelisten nitt antchristisch oder
bäpstisch sind, so sy eigne hüser und gueter habend, so veer doch,
das sy nit schnödlich der zytlichen gueteren begirig sygind. Das aber
Paulus demnach anzeigt, das der bischoff sölle herberglich sin
[cf. Tit. 1. 8], das ist: die armen bhusen und herbergen, zeygt noch
stercker an, das er ein huß muoß han, sol er ze herberg empfahen;
ouch das er etwas hab muoß han, sol er den spyßen, der zuo im
kumpt.

--402--

Hie wöllend wir ableynen die fräfnen schmaach, die den
euangelisten von den zanggeren wirdt zuogelegt, da die sprechend:
welcher ein pfruond hab, der mög die warheyt nitt sagen; man sölle
in ouch für gheynen pfarrer halten. Christus spricht Luc. 10.
[Luc. 10. 7]: "Der arbeiter ist sines lons wirdig", unnd redt aber
daselbs offenlich mit den apostlen, damit sy ghein sorg in iren conscientzen
hettind, das sy one arbeyt by denen ässind, denen sy
predgetind. Wo aber da yeman ynreden wölte: "Christus habe hie
alleyn mit den apostlen geredt", so gedenck derselb, das der heylig
Paulus dise wort ouch von den euangelisten verstadt, das ist: von den
propheten, pfarreren, wächteren, bischoffenn oder wie man sy nempt;
dann er spricht. 1. Cor. 9. [1. Cor. 9. 7-15]: "Wär hat ye krieget
in sym eygnen kosten? Wär pflantzet ein wyngarten und nüßt die
frucht nit darvon? Oder wär hirtet das veh unnd isset nit von der
milch des vehs? Oder meynend ir, daß ich diß alleyn menschlich
oder uß minem kopff rede? Redt nit das gsatzt ouch das? denn es
stadt in Moses gsatzt geschriben (das stadt Deut. 25. [5. Mos.
25. 4]): ,Du wirst dem ochsenn, der das korn ußtritt, sin mul nit
verbindenn'. Hat gott sorg für die ochsen, oder redt er das umb
unsertwillen? als er ouch gentzlich thuot; denn es ist von unsertwägen
geschriben; dann der ackerbuwend sol hoffnung haben in
sinem buwen, und, der ußtrischt in hoffnung, sol des teil haben,
das er hofft. So wir üch geystliche ding gesäyt habennd, dunckt
es üch groß, so wir üwre lybliche gueter schnydend? So andre üwerer
hab teylhafft werdend, vil me zimpt es uns. Noch so habend wir
sölchen gwalt nye gebrucht, sunder wir duldend alle ding, damit wir
dem euangelio Christi keynen anstoß gebind. Wüssend ir nit (das
by den alten ouch Heyden), das die, so die opffer zuorüstend oder
volbringend, von dem opffer essend, und die, so am altar hangend,
des altars teylhafft sind? Also hat ouch der herr verordnet (sich,
wär die ordnung der narung habe yngesetzt) denen, die das euangelium
verkündend, daß sy uß dem euangelio läbind. Ich hab aber dero

--403--

gheines gebrucht. Ich hab 's ouch nit geschriben, das ich 's also
bruche; dann ich wölte lieber sterben, weder das yeman minen rhuom
vernüten sölte," etc. Dise wort Pauli sind so häll, das sy nit ufthuons
bedörffend; denn er mit aller macht dahyn tringt, das man
denen, die das gotzwort verkündend, narung geben sölle, wie wol er
by den Corinthern nüts genommen hab, ouch an andren orten
wenig. Dann er Act. 20 [Act. 20. 34] spricht: "Die hend (zeigt
damit sin hend) habend überkommen, das mir not was, und denen,
die by mir sind gsyn." Noch so zeigt er an, das die, so dem
euangelio dienend, von denen söllend erhalten werden, denen sy das
euangelium zuodienend, als er 1. Thess. 5. [1. Thess. 5. 12, 13] spricht:
"Wir bittend üch, lieben brueder, das ir ansehind die, so under üch arbeitend,
und üch fürgesetzt sind in dem herren, und üch warnend, das ir
sy treffenlich bedenckind in der liebe umb ir arbeit willen; und haltend
üch fridlich mit inen." Ouch Hebreo. 13. [Hebr. 13. 7]: "Sind yngedenck
dero, die üch fürgesetzt sind, die üch das wort gottes prediget habend."
Wir wöllend hie gar nit von denen unnützen büchen reden, die
myn herr pfarrer wöllend syn, es sye gott lieb oder leyd, sunder wir
redend allein von denen, die das euangelium predigend. Darnach
spricht aber Paulus 1. Timo. 5. [1. Tim. 5. 17, 18]: "Die priester,
die fürgesetzt sind und wol waltend, die söllend zwyfalter gaab oder
vereerung wirdig geachtet werden; in sonderheyt die, so in dem wort
arbeytend unnd in der leer. Dann die gschrifft seit: ,Du solt den
ußtrettenden ochsen nit vermulkorben'. Und: ,Der arbeyter ist
wirdig sines lons'." An denen worten Pauli hörend wir häll, das
er die wort Christi: "Der arbeyter ist syns lons wirdig" uff
alle ämpter, die der leer gottes dienend, verstadt; denn er spricht
[1. Tim. 5. 17]: "Voruß, die in dem wort arbeytend und in der leer".
Von den doctoren oder lereren wirdt harnach kummen.
So wir aber hie so offenlich sehend, das die, so uns lerend
und mit züchten vortrettend, von uns enthalten söllend werden,
warumb kummend denn die ufruerigen schwätzer, und redend by den

--404--

einvaltigen Christen: "Welcher ein pfruond hab, der mög das
euangelium nit predigen; und es sye uß dem bapst ein pfruond haben,
so es von gott ist?" es sye denn, daß du mir zwyfalte gaab, oder
vererung und pfruond spaltist, daß es nit ein ding sye. Was ligt
nun daran, du nemmist die narung des fürgesetzten einen lon (sich,
wie geystlich sind wir; Christus nempt 's selb einen lon), ein zwyfalte
gaab, vererung oder pfruond, so es ein erhaltung der fürgesetzten
lereren ist? Ja, sprechend sy: "Es solt gheyn pfruond gestifft sin,
sunder was man eim fry gäb, des solt er geläben." Antwurt: Die
ordnung der usserlichen dingen stadt in der hand der christlichen
gemeind, wie Philip. 3. [cf. Philip. 3. 16] stadt, daß alle ding zuo
friden und eynigheyt reychind, und Paulus gethon hat an dem
nachtmal oder widergedächtnuß Christi. Da was der bruch, daß
man ouch das gantz nachtmal miteinandren aß, wie im ouch Christus
gethon hat. Do aber anhuob mißbruch darinn wachsen, thett
Paulus das nachtmal dennen 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 22]: "Habend
ir nit hüser, darinn ir essind und trinckind?" Und zum letsten
[1. Cor. 11. 34]: "Hungert ein, so esse daheim." Also ouch mit den
pfruonden mögend wir wol ermessen, daß die pfruonden erst entstanden
sind, do der gutzel ze schwär und groß ward. Do nun die pfruonden,
das ist: die bestimmpt narung, yngesetzt ward, beschach es darumb,
das der gutzel nit möcht statt haben, wiewol die armen pfarrer
zumm letsten den gutzel widrumb habend muessen uß armuot
anheben; dann die zehendherren fuortend inen die frücht hin, und
liessend inen die stupfflen. Ich wil eyn byspil sagen: Ich bin oft
gebätten, ich sölte die pfruond übergeben, so wurde ungezwyflet ein
ersamer radt mir zum wenigosten hundert guldin schöpffenn. Wär
mir gar vil me worden weder sust. Gott geb, wie vil mir die verwirrenden
lugner zuoschrybind. Zuo dem habend mir etliche burger
grosse erbieten gethon. Lieber, sagend mir an, wie solt ich im da
tuon? Ich sach wol, hette ich die pfruond hinggeben, das min

--405--

gutzel angieng; dann ich weyß gar wol, was die andächtigen münchspredicanten
oder lässmeyster ergutzlet habend. Mir ward ouch wyt
über hundert guldin von besundren lüten järlich zuogesagt, und hettind
mine herren mir hundert darzuo ggeben, und hette ich mich sust ouch
in den gutzel geschicket, wie vil zuotraglicher wär mir der gewäsen
weder ein pfruond! Was wär aber daruß erwachsen? Daß ouch mine
nachkommen glych den gutzelwäg gangen wärind, wie ouch ich
gethon hette, unnd wär alle dapffergheyt der leer zuo eim schmeychlen
verkert worden. So nun dem gyt nieman ze witzig noch ze starck
ist, glych als wol als anderen anfechtungen, und gott uns in vil wäg
versuocht, hab ich mich eyner eynvaltigenn korherrenpfruond wol
lassenn benuegenn, darumb, das ich sich, das es wyt das best ist,
das man eym pfarrer eyn zimmliche, bestympte narung alle jar geb.
Damitt darff im nyemant heymlich zuozeschiebenn. Denn wär deß
gutzels gewonet, der stellt sich all wäg, als ob er nüts hab,
unnd nimpt damit alles, das im werdenn mag. Wenn er aber ein
gwüsse pfruond hat, so darff nieman erbärmd mit im ze habenn;
denn man weyßt wol, das er ein zimmlich ußkomen hat; und ist der
schädlich gutzel darmit gantz und gar abgestellt. Es söllend ouch
die rotterischen predger nit erschmollen, wie sy früntlich könnend,
das ich dise meynung anzeyg; dann ich inen wol wüßte ze sagen, wie
sy in der sendung, da sy sich selbs geschickt habend, den armen, einvaltigen
lüten das iro abgeessen und truncken; habend doch gold
und gelt by inen in den täschen getragen. So wil ich inen dargegen
anzeygen, wie ich imm all wäg gethon hab, so offt ich uff dem land
gepredget hab; und bin nienen als heylig als sy. Ich hab mit
minem pfennig min narung bezalt. Und wo man mir gelt embotten
hat oder andre schencke, hab ich 's nit genommen, und ist mir
denocht wol embottenn. Schlächts dennen: "Wenn din oug einvaltig
ist, so ist din ganntzer lyb licht", das redt Christus Math. 6.

--406--

[Matth. 6. 22] eygenlich uff die gevar der rychtagen. Bistu nun
ein trüwer diener gottes, so wirstu die pfruond zuo gottes eer bruchen.
Bistu ghein diener gottes, wirdt glych offenbar, so wirstu nach schnödem
gwün unnd gutzel stellen. Sobald das beschicht, so bistu ein verdorben
saltz, das nüts me sol weder hinzewerffenn [cf. Matth. 5. 13].
Es ist aber me dapffergheyt ze wartenn an dem, der uff eyn pfruond
bestädt ist, so verr er recht lere, weder der all stund fürcht, er werde
verstossenn. Ich gib nüts umb die schwetzer, die dahar kummend
unnd sich glychßnend, sam sy uff gheyn guot sehind; unnd sehennd
aber allein daruf. Das sicht man an irem underschlouffen und
ufsetzenn wol. Ich hab sy leyder kum gelernet erkennenn.
Wond mit den einvaltigen, es wär ein geist; nachin waß 's ein
gyt. Darby gevallend mir ouch seer übel die predicanten, denen
man so grosse summen geben muoß, oder aber sy wöllend nit predigen.
Ich weyß nit, ob sy wirdig sind, das man sy predicanten nennen
sölle. Dero weyß ich by uns harumb nit vil; darumb wil ich mich
iro nüts annemmen. Denn das uns zuo Zürich wirt zuogelegt, wie
grosse pfruonden wir habind, stadt also, das ich in vergangnen
15 24. jar nit hette mögen zuo sechtzig guldinen kommen, wo mir nit
probst und capitel hettind sechtzehen stuck zuo vorteyl ggeben.
Die andren habend wenig me, ob sy joch mee habend. Ja, das
sind die drühundert guldin, von denen myne lughafften fygend sagend,
und so vil pfruonden hab ich! Wiewol ich by dem gott, der mich
erzücht und nert, red, das mich wol benuegt; und wo mich bedurete,
wäre es allein umb der armen willen, denen ich so rychlich
nit hab ze helffen als etwan, do ich mee gehebt hab. Ich wölte
ouch vil lieber, so veer ich minem fleisch volgen sölte, mich aller
pfruonden uff erdrich verzyhen, nun, das ich nit predigen mueßte;
so wil 's dise zyt nit erlyden unnd das pfündlin, das mir gott
empfolhen hat [cf. Luc. 19. 13ff.]. So vil zwingend mich die unfridsamen

--407--

predger ze reden von minen dingen wider allen mynen willen! Miner hußfrowen
Anna Reynhartin halb gebend sy allenthalben uß, wie rych sy
sye, die doch nit eines hallers wärt guot mee hat weder vierhundert
guldin, one ir kleinot und kleider. Dero hat sy weder syden gwand
noch ring nimmermee getragen, für das sy mich genommen hat,
sonder wandlet wie ander gmein handwerckslüten eewyber. Das
lybding, das iro ire kind, die Meyer, gebend, bedarff sy wol zuo
irer ufenthaltung; sy ist zuo viertzig jaren, und vallend sy täglich
kind an; darumb ich ouch sy genommen hab. Da blappend sy
von dem grösten guot und kleydung; und weyßt aber mencklich, das
sy iro unrecht tuond. Aber in der veere ist guot lügen; es kumpt

--408--

nitt all wäg der verlogen dar. Ire kind habend rychtag gnuog.
Gott verlych inen, das sy die recht bruchind! Aber von dem guot
allem wirdt iro nit ein haller, ußgenommen ire kleyder unnd kleynot
sampt dem lybding, das ist dryssig guldin. Ich hab ir ouch verwilligot,
ir morgengaab darinn lassen vertädingen, und nimm mich
ires guots nit umb einen haller an. Paulus hat sich ouch offt
entschütt von den ufgetrochnen lügen; dann er damit empfand dem
euangelio einen mercklichen nachteyl erwachsen. Also wölte ich ouch
gern miner entschuldungen embären, wenn die lestrungen nitt zuo
nachteyl des euangelii Christi reichtind.
Ietz wöllend wir mit kundschafft bewären, daß ouch zuo der
apostel zyten söliche säßhafte, versähne pfarrer euangelisten, propheten
oder bischoff gewäsen sind. In Gschichten am 20. cap.
[cf. Act. 20. 17] findend wir häll, das Paulus von Mileto in
Ephesum schickt nach den priesteren, das ist: bischoffen, wächteren,
euangelisten, pfarreren der kilchen. Da nempt er alle glöubigen
zuo Epheso ein kilchen, da doch wol ze gedencken, das darinn me
denn ein bischoff gewäsen ist; denn er spricht nit: "nach dem bischof",
sunder: "nach den bischoffen oder priesteren". Daran sehend wir,
das eintweders schon me denn ein pfarrer verordnet was in Epheso,
oder aber, das der wächteren, propheten und leereren vil was in der
kilchen, die alle wachtend und sorg hattend mit leeren und vergoumen.
Und nach langer red spricht er zum letsten also [Act.
20. 28]: "Darumb so sehend uff üch selb und uff das gantz chütt,
in welchen üch der heilig geyst bischoff (sich, die er zum ersten
priester genempt hat, die nempt er yetz bischoff) gesetzt hat ze
weyden die kilchen gottes, die er überkommen hat mit sinem eignen
bluot." Sehend hie, alle fromme Christen, wie es zuoggangen sye zue
der apostel zyten. Die apostel trungend durch die unglöubigen
welt hyn und predgetend inen das euangelium; und wo sy den glouben
gepflantzet hattend, da verordnetend sy wächter, die das mit für und
für leeren behieltind, daß sy gepflantzet hattend. Die namend sy

--409--

usß den glöubigen, säßhafften lüten, oder, wo die nit warend, namend
sy von denen, die by inen warend, und verordnetend sy zuo bischoffen.
Und fuorend sy demnach wyter. Darumb spricht Paulus Tit. 1.
[Tit. 1. 5]: "Ich hab dich usß der ursach in Creta gelassen, daß
du die ding ufrichtist, die noch gebrästend." Sich, wie er sinen
junger hinder im gelassen hatt. Hie aber beruefft er zuo im die
bischoff, die da gesetzt warend, da er den glouben gepflantzet hatt,
zwar die von der gantzen kilchen usß ynsprechung des heyligen geysts
verordnet warend das christenlich volck ze weyden. Daran sicht
man häll den underscheyd der botten und der euangelisten. Man
sicht ouch, das die ordnung der pfarrherren, bischoffen oder
wächteren von gott yngesetzt ist; dann er spricht [Act. 20. 28]:
"Under welchem chütt üch der heylig geyst verordnet hatt" etc.
Liß die gantzen red Pauli [cf. Act. 20. 18-35], findst selbs, das
ich hie sag.
Aber stadt in den Gschichten 21. [Act. 21. 8, 9]: "Wir
sind gen Cesarien kommen; und als wir ynkeert habend in das huß
Philippi, des euangelisten, der einer usß den sibnen was, sind wir
by im bliben. Aber der Philippus hat vier döchteren, die prophetetend."
Für das erst hörend wir hie wol, das diser Philipus [!]
dero in Cesarea euangelist, wächter oder bischoff gewesen ist, unnd nit
ein apostel genennet wirt, wiewol er der sibnen einer was, die doben
Act. 6. [cf. Act. 6. 5] zuo dieneren erwellet wurdend. Es ist ouch hie
ze mercken, das der heiligen apostel oder botten namen geendret
worden ist, wenn sy sich säßhafft nidergelassen habend an einem ort,
do sy uß ordnung oder alters halb nit me wandletend, und sind
"bischoff" genempt worden. Byspil: Jakob, den wir den jüngeren
(man solt nit sagen "minder"; denn minor heißt an dem ort:
jünger) nennend, ist zuo Hierusalem bischoff gewesen. Also nennet
in Hieronymus und die alten allsamen, darumb, das er da säßhafft
was; dann die apostel, die in andre land zugend, verliessend in,
der vormal ouch harumb zogen was ze predgen, zuo Hierusalem zuo

--410--

eim wächter unnd fuerer des götlichen worts. Derglychenn
Joannes, der euangelist, hat vil erlidten hin unnd wider mit dem
apostelampt. Zum letsten ist er ein bischoff, das ist: wächter, in
Epheso gestorben 68. jar nach der uffart Christi. Sölchen underscheyd
habend die apostel und euangelistenn; wiewol der leer halb
ghein underscheyd ist, sunder ires ampts halb. Zum andren hörend
wir by disem Philippo, das er ein eygen huß hatt gehept; dann
Paulus hat mit einer grossen gsellschaft zuo im ynkert, welches
aber gantz wider die unruewigen predger ist, die, wo sy hin kummend,
das zum aller ersten für sich nemmend, das sy denen bischoffen
oder pfarreren, die so trülich bißhar das euangelium gepredget habend,
glouben entziehind und gegen iren schaaffen verwirrind; und tuond
das also: Sy läsend das 10. capitel Matthei [cf. Matth. 10. 6-42]
vor und sprechend demnach: "Sehend ir, wo sy ze herberg söllend
syn und nüts eigens haben? Darumb mögend die lütpriester oder
die cantzelpredger (also nennend sy 's) die warheyt nit sagen; dann
sy habend pfruonden." Und ligt aber der präst daran, das sy
zwüschend apostlen und euangelisten oder bischoffen nit entscheidend.
Ein sölich übel ist fräfne unwüssenheyt. Und sobald du inen
sölichs fürhaltest, das nüts anders ist weder das clar wort gottes,
das es nit ein ampt ist: bottenampt und bischoffampt, so schryend
sy: gott hat geredt Matth. 11. [cf. Matth. 11. 25], er habe syne
heimlichen ding verborgen vor den wysen und fürsichtigen, und den
einvaltigen geoffnet. Darumb sölle man sich nit an die glerten
keeren. Gott habe synen geyst glych als wol den Tütschen
ggeben als den Latinen und Griechen. Ja, schryend sy: "Biderben
lüt, wir habend 's in den henden; darumb lassend 's uns
nieman daruß nemmen!" Denen wölte ich gern ein schnäppere
antwurt geben, allein darumb, das ir frommer geyst erkennt wurde.
Doch soltu inen antwurten, wie dir zimpt, nitt, wie sy wirdig sind:

--411--

"Ja frilich hat 's gott allein den einvaltigen unnd schlächten geoffnet".
Was heißt aber hie einvaltig oder schlächt? Heißt es torechtig
vom verstand? oder einvaltig unnd gerecht von hertzen, nit alefentzig,
nit vorteylig, nit hinderlistig? So nun ir so gelert sind,
daß ir allenthalb die gschrifft harfürziehend, und sind aber allein mit
läsen und lernen geleert worden, warumb zellend ir üch under die
einvaltigen? Gilt es also ze reden, sobald ich etwas fräfenlich hab
angehebt, des ich nit grund in gottes wort find, sunder man zeygt
mir das widerspyl an, das ich myn irrung damit schirmen mag:
"Du bist glert, man sol mir glouben, ich bin nit gelert, so kan ich
schon die gantzen heyligen geschrifft"? Dann ich wölte reden,
was mich luste; und so man mir ynredte, wölt ich minem
widersächer sagen: Er wär glert, unnd möcht die warheyt nit
wüssen; aber ich wüßte die; dann ich wär nit geleert. So sagend
mir an, bitt ich üch früntlich, sol man der heyligen gschrifft allenthalb
gloubenn, oder nun, wo ir wellend? Ich hoff, ir werdind scham
halb muessenn reden, man muesse iro nit alleyn glouben, wo ir sy zuo
üwerem vorteyl bruchend, sunder allenthalb. Sol man nun iro allenthalb
gloubenn, so gilt ye das als wol uß gottes wort, das die euangelisten
wol gelert söllend sin und nit nüwlich angefengt, und
gschickt andre ze leren, ouch eygne hüser und bestimpte narung mögend
haben, als die apostel one trosß und rüstung sich uff die fart heben
söllend [cf. Matth. 10. 6ff.]. Warumb verleydend ir denn die frommen
euangelisten? Dann ich red nit von den bäpstischen pfarreren, sunder
von den ufrechten, getrüwen dieneren des euangelii. Habend ir den
underscheyd der botten und der euangelisten nit gewüßt, so sind ir
ze frue uß dem näst geflogen, und hat üch üwer geyst noch nit
narung gnuog in den aaser geleyt; und mag nüts anders sin üwer
verleyden weder ein unwüssende vermessenheyt. Habend ir aber
den underscheyd gewüßt, und habend inn aber verschwigen, so ist es
nit on schalckheyt, unnd hat üch gheyn gott gesendt sunder ein
göttin, heißt Eris, zuo tütsch: zangg. Darumb so merck, frommer
Christ, daß, wenn Christus Mat. 11. [cf. Matth. 11. 25] von den
kleynen oder einvaltigen redt, nit die verston wil, die unwüssend sygind -

--412--

ich wölte sust ein hoher doctor sin! -, sunder von denen einvaltigen, die
nit kinder diser zyt sind [cf. Luc. 16. 8], dero oug des gloubens einvaltig
ist [cf. Matth. 6. 22], die nit darumb wyß sind, daß sy in diser welt groß
sygind, sunder die grösse der menschenkinder verachtend, und by gott ire
gmuet wol dörffend ufthuon; dann er hat die aller gelertestenn zuo
jungeren gemacht: Nicodemum, Paulum, Barnabam, Lucam,
Gamalielem, Ananiam, Apollum [!], Agabum, Timotheum,
Titum und andre vil. Aber die alle habend mit irer kunst muessenn
kleyn werdenn, sich selbs verlougnen, den kindlin glych werden etc., in
ir kunst nit hoffen, gottes wort nit nach irem beduncken gwaltigen,
des fleyschs sinn nit über den sinn des geystes [cf. Gal. 5. 17] erheben,
by inen selbs nit groß, sunder demuetige, gehorsame gschirr gottes sin.
Unnd ist die meynung Christi, das die weltwysen den handel des
heyls nit verstandind, sunder, ye verrer sy von menschlicher wyßheyt,
die eyn untrüw ist, sygind, ye klärer sy gottes willen kennind. Da
volgt aber yetz nit, daß darumb waar sye, was ein yeder törpel
sagt, und von gott zuo eim apostel erwellt sye. Ich wölte gern von
üch hörenn, warumb ir üwre doctoren, die mit üch dran sind mit
dem kinder- und widertouff, allenthalb so hoch ruomptind. Nun sind
sy doch ouch alle samen kantzelpredger unnd verpfruendet. Wie
könnend dann dieselben die warheyt sagenn? Ir mögend üwer
untrüw mit der unwüssenheyt nit verantwurten; gott gibt etlichem
zehen pfund [cf. Matth. 25. 14-30, Luc. 19. 11-28], und ist so verr,
das er inn umb der grösse der kunst wegen verschupffe, das er
im erst ouch gwalt gibt über 10. stett [cf. Luc. 19. 17], so verr er
trülich geworben hat. An dem allem sehend ir wol, das die
euangelistenn zuo den zyten der apostlen huß gehalten unnd ze herberg
genommen habend, wie Paulus zuo Tito unnd Thimotheo anzeygt.
Und ligt nüts daran, was die wirrigenn zoili oder hasser sagend:
Wenn sy vonn gott wärind, so köndend sy by inen selbs ein yetlich
ding zum besten vertädingen, das glych schwachen grund hett, und

--413--

wurdind allen menschen alle ding, allein, das wir alle Christum
gwunnind [cf. 1. Cor. 9. 19-22]. So sy aber so reyn sind, das sy nieman anrueren
sol und, was sy redend, muoß geyst sin, so sich ich wol, das ir
prächten eben die meysterschafft haben muoß, die der bapst gehept hat.
Ich wil all weg die gytigen und prachtlichen predicanten gar nit geschirmpt
haben, die sy aber warlich me uff irer part habend in disen
landen weder sust yeman, als sich wol erfinden wirt, wenn sy nun
harfürtrettenn werdend mitt dem touff, als sy ruemend.
Zum andren stadt Act. 21. [Act. 21. 9]: "Der Philippus hatt
vier döchtren, die prophetetend." An welchen wortenn wir noch
klärer merckend, daß diser Philippus hußgehalten unnd nach
ordnung der bischoffen sine kind mit züchten erzogen hat, wie dann
aber in dem erkiesen der bischoffen bestimpt ist. Ich hör, wie
etlich der selbsgesandten apostlen, damit sy alle ding inn das lätz
kerind, anhebind sprechen: "Es wäre wäger, die pfaffenn hettind
nit wyber", unnd sind aber eben die, die vormal uff die ee der
pfaffenn geschruwen habend. Wie wil üch duncken? Wär es nit
ein mal zyt, das man uff den köpffen gienge? Mueyt es üch nüts,
das alle menschen uff den fuessen gadt? Ir kluogen censores oder
Momi, das ist: bschetzer oder schelter, wenn wellend ir einmal
mercken, das üwer kempffen nüts anders ist weder ein kybige,
gällige bittergheyt, und nit ein geyst? Ir widerwertigen adelheyten!
Ich zwyfel nit, es sye eim apostel oder botten komlicher dem
euangelio nach ze reysen, wenn er gheyn wyb hat. Wenn er aber
nit reyn ist, so sol er ouch ein wyb haben und die mit im harumb
fueren, wie im Petrus und andre gethon habend, als Paulus 1. Cor. 9.
[1. Cor. 9. 5] anzeygt. Aber die bischoff söllend nit one eewyber sin,
damit arger won vermitten werd, davon gnuog geredt ist. Dann
arger won ist so gevarlich, und allem fleysch so wenig ze truwenn,
das, wiewol eyner, der yetz wol erzogne kinder hat, on zwyfel guoter

--414--

tagen sin muoß, denocht die apostel wellend, das die bischoff wyber
habind.
Was aber das sye, das dise vier döchtren prophetetend, das
wölt ich gern von den wolgelerten, zerrüttenden botten hören, so doch
eim wyb nit zimpt in offener kilchen ze reden 1. Cor. 14. [1. Cor.
14. 34, 35]. Darumb ist ze vermercken, das diß wort "propheten"
etwan in der gschrifft als vil heyßt als: predig hören oder ußlegung
der gschrift in offner kilchen zuolosen, als 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 5]
eygenlich ermessen wirdt, da Paulus also spricht: "Ein yetlichs
wyb, das bättet oder prophetet mit unverdecktem houpt, das
schmächt ir houpt." Hie merckt man eygenlich an vor- und nachkomenden
worten Pauli, das er nüts anders wil, weder, so ein wyb
in der kilchen bättet, sol sy gestücht sin; derglychen ouch, so sy
zuo hören des gotsworts sitzt, sol sy aber bedeckt sin. Etwan wirt
"propheten" in der gschrifft genommen für: harfürtragen den sinn der
gschrifft, als 1. Cor. 14. [1. Cor. 14. 31] stadt: "Ir mögend all nacheinandren
propheten." Hat den sinn: Wenn die propheten, die zum
ersten von verstand der geschrifft geredt habend, den rechten sinn
noch nit harfürbracht hettind, und aber gott eim andren under den
sitzenden der gschrifft sinn geoffnet hette, so zimpt demselben ouch
ze propheten, das ist: von dem sinn der fürgehaltnen geschrifft ze
reden. Es ist ouch vormal gnuog anzeyget, welche geschrifft man
do ze mal vor der kilchen ußlegt, namlich: die geschrifft des alten
testaments, als wol vermerckt wirdt 1. Corinth. 14. [cf. 1. Cor.
14. 26]: "Ein yeder hat den psalter," etc.; dann do ze mal die
gschrifften des nüwen testaments mee in den hertzen weder buecheren
geschriben warend. Usß welchem allem wir erlernend, das dise vier
dochtren nit prophetet habend als die propheten, ouch nit als ein
gemeiner mann in der kilchen; denn die wyber dorfftend nit in der
kilchen reden [cf. 1. Cor. 14. 34, 35]; darzuo so findend wir nitt, das
sy neyßwas wyßgesagt habind. So muoß ye syn, das Lucas also
wil reden: Der Philippus hatt vier dochtren, die warend der heyligen
geschrifft geleert, unnd lobtend gott nach derselben in psalmen
und andren gesangen; dieselben mochtend die wyber in iren gsinden
wol bruchen. Es ist ouch ein eewige gwonheit by den Juden, das

--415--

ire wyber ouch lernend die gschrifft verston und damit gott loben,
voruß mit den psalmen. Also ist starck gnuog bewärt, das die
ufruerigen selbsbotten den frommen bischoffen gewallt und wider gott
thuond, wenn sy von inen redend, sy mögend nit herberg und bestimpte
narung haben, und, so sy 's habind, die warheyt nit reden.
Ich thuon ouch das gar nit umb minetwillen; dann, wie ich anzeygt
hab, so begärte myn fleysch entledigot sin von allem ampt des predigens,
unnd wurde wol narung überkommen; dann, der mich geschaffen
hat, der wurde mir ouch narung geben; aber eben derselb
wil mich von dem ampt nit lassen. Ich hab vil jar darumb geworben;
so gibt er mir ye lenger ye mee ze thuon in synem wort. Er sye
gelobt! Darumb lasß im die euangelisten stend oder pfruonden nieman
leyden, ob man glych die andren pfruonden eben als vast sol arbeyten
abzethuon, doch mit friden und früntlichem bedencken der besitzeren.
Dann wenn glych die pfarrerpfruonden hütt wärind abgethon, so wurde
uns der täglich präst dieselben widrumb zwingen ufzerichten. Lasse
sich nieman durch die unruewigen lüt in unbedachte ding fueren. Was
inen troumt, das gebend 's für, und sprechend, der geyst gottes

--416--

hab 's inen gesagt. Ich mag wol mit dem heyligen Paulo. 1. Corinthio.
14. [1. Cor. 14. 37] reden: "Bedunckt einen, das er ein prophet
sye oder geystlich, so ermesse, was ich hie schryb, so wirdt er
innen, das ich nüts dann gottes gebott schryb."
Demnach spricht Paulus wyter am 4. zun Ephesiern [Eph.
4. 11]: "Etlich hat er zuo hirten und leereren gesetzt." Von den
hirten ist mencklichem wüssend, das er die verstadt, die da wachend.
Das selbig ampt ist aber vast allenthalb ouch den euangelisten angehenckt;
dann sy sind die waaren bischoff und wächter, zuo denen
Christus spricht Mat. 24. [Matth. 24. 42]: "Wachend; denn ir
wüssend nit, wenn der hußherr kumpt." Und in der person Petri
Jo. 21. [Joh. 21. 15-17]: "Habend ir mich lieb, so hirtend mine
schaaff." Er redt ouch Jo. 10. [cf. Joh. 10. 11-30] von einet von
des hirten ampt; verstadt aber daselbst ein yeder wol, daß es das
bischoffampt ist. Ouch so setzt Petrus. 1. cap. 2. [1. Petr. 2. 25]
den hirten und den bischoff zämen, und spricht: "Ir sind yetz keert
zuo dem hirten und wächter oder bischoff üwerer seelen;" verstadt
Jesum Christum, unseren herren. Davon gnuog gesagt ist. Es
möcht sich aber fuegen, das in grossen kilchen oder pfarren eim
einigen die sorg ze predgen und uff alle gevaar der schaaffen wachen ze
vil wär. Da möchte man wol einem empfelhen ze wachen uff die
wachsenden gevaren und offenen mißtaten, und dem andren das ampt
des worts ze fueren, als namlich by unser kilchen einem alleyn, ja
zweyen und dryen, vil gnuog ist ze wachen. Unnd wiewol wir all
dry das predgen geteylt, habend wir desselben denocht ouch gnuog.
Die doctores oder leerer sol man nit verston die in den roten
hueten, guldinen ringen, sydengwand und vergüldten hembdlinen,
sunder eintweders die, so leerend, die ouch in der andren namm
propheten sind, wie doben ist anzeygt, und leerend aber die gantzen
menge und die, so demnach andre ze leeren angerüst werdend in
den spraachen, oder aber für alle leerenden, apostel und euangelisten.
Also findend wir, das sich Paulus einen doctor oder leerer der

--417--

Heyden nennet 1. Tim. 2. [1. Tim. 2. 7], das ist: einen apostel der
Heyden, als er Galat. 2. [Gal. 2. 2] redt. Aber hie mögend wir
wol an der ordnung erkennen, daß Paulus fürnemlich durch
doctoren die geleerten verstadt, die also lartend, das von inen die
gleert wurdend, die darnach andre ouch lartind, als wir Act. 13.
[Act. 13. 1] wol mercken mögend: "Es warend zuo Antiochia by
der kilchen, die da was, propheten und leerer: Barnabas und Simon,
den man nempt Niger, und Lucius von Cyrenen und Manaen,
der Herodessen, des fierers, mitsöugling was, unnd Saulus."
An welchen worten wir klarlich merckend, das man ouch zuo der
apostel zyten by etlichen grossen kilchen vil gelerter gehebt hatt,
die der geschrifft durlich underricht, dieselbigen ouch andre für und
für gelert habend, damit die geschrifft in gheinen mißverstand kommen
möcht, wie Paulus 1. Cor. 14. [1. Cor. 14. 5] anzeigt: "Ich wil oder
begär, das ir alle der spraachen bericht sygind, doch allermeist, das
ir prophetind," etc. Hie wünscht Paulus, das die Christen alle
der zungen bericht sygind, aber zue dem end, das sy prophetind.
Nun weißt er wol, das nit alle menschen der zungen bericht sind;
er zeygt aber, wie ein nutzlich ding es den Christen sye, die
spraachen, darinn das gotzwort geschriben stadt, können mit dem,
das er's allen menschen wünscht. Er wünscht 's aber zuo dem end,
das man 's zuo nutzbargheyt des prophetens richte, das ist: des
gschrifftußlegens oder predgens. Hie mißhandlend die widertöuffer
träffenlich, so sy die zungen understond niderzelegen, und
sprechend: "Man darff der zungen nüts; wir könnend die geschrifft
wol als wol als die, so vil spraachen könnend; es ligt am geyst und
nit an der kunst." Paulus wünscht aber nitt vergeben, das alle
menschen zungen köndind. Darumb ist also ze mercken: Es ist
waar und gwüß, daß 's menschlich hertz zuo gott nit keert wirdt denn
allein durch den ziehenden gott, gott geb, wie vil der mensch geleert
sye; noch muoß man verstand der geschrifft haben von dero wägen,

--418--

die iro gwalt tuond. Dann der glychßnery ist nüts ze vil. Sy gdar
sich wol darstellen, als ob sy ein geyst sye. So man aber demnach
findt, daß ir red gottes wort nit glychförmig ist, so erkent man,
welches glychßnery ist. Dann by den einvaltigen hat man bald dem
wort gottes großen gwalt gethon; sy verstond sich nit daruf. Aber
denn muoß man ouch die sinn ergründen, ob im also sye. So wirdt
der glöubig mensch wol bericht, ob der recht sinn getroffen sye
oder nitt. Das mag aber gheynen wäg bas ze wägen bracht werden
weder mitt den zungen. Dann wie sich die tütsch spraach vor
uns nit erweeren mag, wenn sy in gschrifft verfasset ist, darumb,
das wir alle so wol tütsch könnend, also, wenn wir so wol hebraisch
könnend als tütsch, so mögend wir ouch das alt testament durchdringen.
Derglychen, wenn wir so wol griechist [!] könnend als
tütsch, so mag sich im nüwen testament ouch nüts vor uns verbergen.
Deßhalb alle glosen und lerer nüts sind gegen dem verstand
der zungen, als wir wol an den worten Pauli mercken
mögend; dann er nit spricht: "Ich wölt, das ir alle die Rabinen
oder glosen wol köndind," sunder: "daß ir alle der zungen bericht
wärind," meynt doch fürderlich die hebraischen. Die kan aber in
disen landen der gemeyn mensch nit erlernen. Darumb ist not, das
man denocht an etlichen ortenn lerer habe, die darinn etlich underrichtind.
Unnd ist das nit ein nüwer anschlag. Wir sehend, das
er zuo der apostel zyten zuo Antiochia hatt angehept unnd ouch
in diesenn landen gebrucht ist. Darumb ir unnd andre land nach
gelegenheyt der sachenn mit gott mögend die unnützen geystlichenn
lassen absterben, unnd ires guots einen teyl an die armen gmeynd
verwenden, den andren daran, das etlich glert üwrem land ze guotem
unnd zuoflucht in den zungen erzogen werdind; denn sust

--419--

stadt grosse gevar by dem lesenn, das zuo diser zyt so gemeyn ist,
da man wol sicht, das vil me dero, die lesend, alleyn gelert und
beschwetzt werdend weder fromm und gotzvörchtig. Dieselben
varend demnach mit eim yeden fräfel harfür, der doch in ursprünglicher
spraach und sinn nit grund hat; die kan man demnach ouch
mit dem rechten verstand überwinden.
Wir söllend nit all predger sin, als Paulus anzeygt 1. Corinth. 12.
[1. Cor. 12. 29]: "Sind wir all apostel? Sind wir all propheten? Sind wir
all lerer?" etc., als ob er spräch: Neyn. Darumb eyn grosse vermessenheyt
ist an die selbsgesandten predger, das sy inenn selbs alle ämpter
zuolegend, und was sy nit könnend, verachtend. Ich wil aber zwey
byspil anzeygen, daran mencklich sehen mag, wie sy mit der zyt
übel verfueren wurdind, wo man die zungenn verachten wurde. Ich
möcht iro vil anzeygen, aber wofür? Es sicht ein yeder, der sy
hört, das es eyn vermessenheyt ist. Zuo Hierusalem warend vil
tusend glöubiger, warennd aber wenig me denn zwölff bottenn.
Hie sind sy all bottenn. Ich meyn ouch, es sygind iro me, weder
iro sye. Welcher in eyn tütsche schuol gangen ist, das er 's
buochstabenn kan, der stellt sich dar unnd buochstabt 's der
gemeynd. Ich sag gheyn gassennmär; ich weyß ort, da sy die

--420--

geschrifft nitt habend können läsen, sy habend daran gaggset, das
man vermerckt hat, das sy 's erst lernetend.
Das ein stuck ist: Es hat ein wäber an eim ort (ich wil noch
für und für schonen und nieman nennen, ob sy sich selbs lernetind
erkennen), da ein frommer, weydlicher euangelist oder bischoff ist,
an eim suntag die cantzel uß eygnem frävel yngenommen, unnd do
der pfarrer kam, sprach der wäber: "Ich wil predigen." Ließ der pfarrer
nach, damit gheyn zerrüttung wurd. Also huob der wäber an
ze läsen in 1. Tim. 4. capitel, das die biderbenn lüt vormal von
irem elichenn hirten offt klarlich gehört hattend, unnd huobend an
ze murren ab dem fräfel des wäbers. Bald kam er an das ort
[1. Tim. 4. 2]: "Sy habennd eyn malgebrennte conscientz." Do
sprach er: "Das kan ich nit verston." Do redt der pfarrer: "So
halt still, ich wil dir das ußlegen." Do das beschach, schruwend
die biderbenn lüt: "Heyssend in abhar gon." Antwurt der pfarrer:
"Sölt ich in von mir selbs gheissen han harab gon, wer mir verdachtlich
gewäsen, darumb heyssend ir in harabgon." Also ist er
harabkommen nach langem. Sehind hie alle Christen dem geyst
zuo. Für das erst erhebt er sich selbs, onangesehen die gantzen
kilchenn. Zum andren verkoufft er sich für einen götlichen geyst,
und verstond aber nit, das sy glych läsen könnend. So underricht
aber der götlich geyst ouch die unkönnenden siner meinung und
verstands. Daran man wol sicht, das es nit ein götlich sendenn
ist, sundern ein erbuochstabet läsen und ein ufblasende kunst.
Das ander stuck ist: Wo sy den widertouff lerend, nemmend
sy das 3. capitel Matthei für sich. Da ist unter anderem im selben
capitel ein summ der predig Joannis [cf. Matth. 3. 7-12], das er
die Phariseyen und Sadduceyen gescholten hab: "Ir naatergschlächt,
etc." Hie sprechennd iro etlich vor den einvaltigenn:
"Sehend ir, also übel schiltet der heylig Joannes die Phariseyer,
das sy sich nit woltend touffen lassen." Denn stond die einvaltigen graget

--421--

und wüssend nit, woran sy sind. Und ist aber diß nit der sinn der
worten Matthei, sunder er wil in eyner summ die ruchenn straaffreden
Joansen anzeygen, das er die Phariseyer innwendig erkennt
hab nit guoter meynung zum touff kommen. Darumb hab er sy übel
gescholten, wiewol mit me leer und worten. Denn wär möchte
ervolgen alles leren, das Joannes für unnd für gethon hat? So
wir nun sölcher gevar erwarten muessennd von denen, die nüts denn
den blossen buochstaben könnend, so ist nöter weder vormals ye, das
wir etlich habend, die den eygenlichen sinn ouch uß dem buochstabenn
wol mögind beschirmen, oder aber, so es im anfang so vil seltzamer
meynungen gibt, wie wurd im erst nach der zyt werden? So nun
mencklich sicht, das sy so offenlich an dem buochstaben fälend,
und aber ir meynung für einen geyst verkouffend, so kan ein yeder
mercken, was es für ein geyst ist: Es ist ein sölcher geyst, der nit
hören wil, was im wider ist; der sich mit der menge der widergetouften
aller ghorsame und schuld entziehen wil. Ich red waar;
es erfindt sich an iro etlicher reden unnd geschrifftenn; doch wirt
der recht richter, gott, alle ding zuo siner zyt offnen.
Diser ämpteren aller samenn hat sich nye gheyn frommer Christ
für sich selbs angenommen, sunder erst, so er von gott gesandt ist
worden oder von den kilchen oder apostlen erwellet, das ouch nüts
anders ist denn ein berueffung und sendung.
Diß wellend wir mit dem herrn Christo Jesu, mit Joannsen,
mit den apostlen und irer gschrifft, ouch uß dem alten testament
offembar machen.
Uß dem alten testament wellend wir nit me denn die eynigen
gschicht Numeri 16. anzeygen; dann die wal sust offembar gnuog
ist, das sich nieman im alten testament ufwarff zuo eim propheten one
gottes berueffung, wunderzeychen oder vorsag, die sich mit der warheyt
erfand (als Deut. 13. [5. Mos. 13. 1]), noch zuo eym pfaffen; denn
darzuo was allein das gschlecht Levi verordnet. Die gschicht ist in
der summ also [cf. 4. Mos. 16. 1-50]: Als Moses uß gottes gheyß
Aaron, sinen bruoder, zuo eim obresten priester gemacht hat, stuondend
wider sy bed uf Chore, Dathan, Abiron und Hon uß dem
gschlecht Ruben und sprachend: "Lassend darvon; dann die gantz

--422--

gemeynd ist heylig, und ist gott under inen. Warumb erhebend ir
üch über das volck gottes?" Do das Moyses gehört, hatt er zuo
Chore und der gantzen menge geredt: "Morn wirt der herr offembar
machen, welche zuo im gehörind; und wirt die heyligen im zuofuegen;
und welche er wirt erwellen, die werden zue im nahen. Darumb
thuond im also: Nem ein yeder dero, die ouch wellend obrestre[!]
pfaffen syn, ein rouchfass, du, Chore, und die gantz menge, unnd
fassend fhür daryn, und legend geröuck daruf." Nun was iro 250.
Es habe ouch Aaron syn rouchfass. Do nun gott sin wunder
gewürckt, hatt er geheyssen, das sich die gantz menge von den
ufruerigen entschyede, und demnach das ertrich ufgethon, und ire
zelten und all ir hab verschluckt. Sind also läbendig ze hell
gefaren, und hat sy der boden gedeckt. Also hatt gott die im alten
testament gestraafft, die sich ufruerisch usß eigner bewegnus erlupftend
one die ordnung gottes unnd Moseos zuo dem opfrenden pfaffenthuomb,
darinn vil minder gevaar was weder in der leer.
Unser erlöser Christus Jesus ist vom vatter vom himmel härab
ußgeschruwen, daß er der waar heiland ist, den er zuo uns gesendt
hat, den wir hören söllend, sprechende: "Das ist myn lieber sun,
in dem ich ein wolgevallen hab oder zefriden bin, den hörend"
Matth. 3. unnd 17. [Matth. 3. 17, 17. 5]. Welches demnach der
heylig Joannes vor allen menschen geoffnet hat, das er inen anzeygte,
das unser herr Jesus Christus von gott, dem himmelischen
vatter, gesandt ist, Joan. 1. [Joh. 1. 32-34]: "Und Joannes hatt
kundschafft ggeben, sprechende: Ich hab den geyst einer tuben glych
gesehen härabkummen vom himmel, und hat uff im geharret. Und
ich kannt inn nit. Aber der mich gesendt hat mit dem wasser ze
touffen, der hat zuo mir geredt: Uff welchen du sehen wirst den
geyst abhär kummen unnd uff im harren, der ist, der im heyligen
geyst toufft. Und ich hab 's gesehen und verzügt, das er der sun
gottes ist." Sich, wie eigenlich bewärt der heylig Joannes die
sendung Jesu Christi, unsers erlösers.
Das aber dise wort uff die wal und sendung Christi grundtlich
reychind, das erfindt sich bym heyligen Paulo Hebreo. 5.
[Hebr. 5. 4, 5] "Es nimpt nieman selbs sich der eer an, sunder

--423--

erst, so er von gott beruefft ist wie Aaron. Also hatt ouch Christus
nitt sich selbs der eeren angenommen, das er ein obrester priester
wäre, sunder der hat inn darzuo verordnet, der zuo imm geredt hatt:
,Du bist min sun, ich hab dich hütt geboren'," etc. Unser herr
Christus Jesus selbs bewärt den Juden mit langer red, das er
vom vatter gesendet sye, Joan. 8. [Joh. 8. 12-58]. Spricht Joan. 6.
[Joh. 6. 57]: "Wie mich der vatter gesendet hat," etc. Joan. 17.
[Joh. 17. 18]: Wie du mich hast in die welt gesandt, also hab ich
ouch sy gesandt." Joan. 20. [Joh. 20. 21]: "Wie mich der vatter
gesendt hat, also send ich üch." Gala. 4. [Gal. 4. 4]: "Gott hatt
synen sun in die wält gesendt," etc. Usß welchen kundtschafften
allen wir sehend, das die sendung so not ist, ee und sich einer
offenlich predgens annemme, das ouch Christus Jesus den gewalt
syner sendung in vil wäg offnet, selbs und durch anderer kundtschafft.
Die sendung des töuffers Joansen hat gott durch den propheten
Malach. 3. [Mal. 3. 1] anzeygt, als du findst Marci 1.
[Marc. 1. 2]. Ouch zeygt sy Joannes euangelist offenlich an Jo. 1.
[Joh. 1. 6]: "Es ist ein mensch von gott gesandt, des nam Joannes."
Joannes töuffer selbs Jo. 1, [Joh. 1. 33], wie erst gehört ist: "Der
mich gesendt hat, etc., der hat zuo mir gesprochen," zeygt aber syn
sendung an. Jo. 3. [Joh. 3. 27]: "Der mensch mag sich nüts annemmen,
es sye imm denn von himmel ggeben". Sind ouch wort
Joansen, mitt denen er anzeygen wil, es vermöge in dem wort des
heyls nieman nüts, denn welchem es von gott ggeben sye. Jo. 3.
[Joh. 3. 28] spricht er widrumb: "Ir muessend mir selbs kundtschafft
geben, das ich üch gseyt hab: ,Ich bin nit Christus, sunder daß
ich vor im hyngesandt sye'." Zeygt aber die sendung an.
Von der apostel sendung habend wir glych erst zwo kundtschafften
usß Jo. 17. [Joh. 17. 18] unnd Jo. 20. [Joh. 20. 21] anzeygt,
das Christus spricht: "Wie mich min vatter gesendt hatt, also send
ich üch." Mat. 10. [Matth. 10. 16] spricht er: "Sich, ich send üch
wie die schaaff in mitz under die wolff." Matt. 28. [Matth. 28. 19, 20]
spricht er: "Gond hyn, leerend alle völcker." Marc. 16. [Marc.
16. 15]: "Gond hyn in die gantzen welt und predgend," etc. Sind

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alles wort der sendung. Die sendung hat er ouch bewärt Mat. 25.
[Matth. 25. 14-30] mit dem ußteylen der pfunden und Luc. 19. [Luc.
19. 12-28]; denn sendung und empfelch ist an disem ort ein ding.
Das habend sy demnach so styff gehalten, das sy niemans liessend
sich selbs ufwerffen. Do Judas sich selbs henckende usß dem
läben und der apostlen geselschafft bracht, understuond gheiner usß
eigner bewegnus sich an syn statt ze lupfen, sunder die gantz gmeind
thett das Act. 1. [Act. 1. 15-26]. Item als ouch mangel was an
dieneren, stuond nitt ein yeder für sich selbs dar und machet sich
zuo eim diener, welches doch eim hette zuo guotem mögen gerechnet
werden, sunder die gantz menge erwallt die siben diener, wie Act. 6.
[cf. Act. 6. 1-6] stadt, und was das allein umb lyplichs diensts willen
ze thuon. Demnach, als die apostel vernamend, das Samaria das
wort gottes annam usß dem predgen Philippi, lüff nit ein yeder
dem ze hilff, sunder die zween, Petrum und Joansen, sandtend sy
Act. 8. [cf. Act. 8. 14]. Do gen Antiochiam selbsgesandte brueder
kamend, die das glöubig volck verwirrtend mit der beschnydung (glych
als yetz die widertöuffer tuond), do lüff gheyner von im selbs gen
Hierusalem, sunder sy ordnetend Paulum und Barnabam mitt
andren mee gen Hierusalem Act. 15. [Act. 15. 1-21]. Derglychen
ouch, als sy widrumb geschickt wurdend, giengend ouch allein die
mit inen, die verordnet wurdend.
Paulus hat sin sendung an allen orten so starck dargethon,
das man wol sicht, das man inn durächtet hat umb der sendung
willen, sam er sich selbs ufgeworffen hette Gal. 1. [Gal. 1. 1]: "Ich,
Paulus, der ein apostel oder bott bin, nit von den menschen noch
durch die menschen, sunder durch Jesum Christum" etc. Wil
damitt anzeygen die berueffung von himmel härab, die Act. 9. [cf.
Act. 9. 3-31] stadt, und demnach widerumb erzellt wirdt von im
selbs Act. 22. [Act. 22. 1-21] und 26. [Act. 26. 9-18]. Item
1. Corin. 1. [1. Cor. 1. 17]: "Christus hat mich nit gesendt ze
touffen, sunder das euangelium ze verkünden" zeygt die sendung an.
Item 1. Corin. 9. [1. Cor. 9. 1. 2] spricht er: "Bin ich nit fry? Bin
ich nit ein apostel? Hab ich nit Christum Jesum, unseren herren,

--425--

gesehen? Sind nit ir myn arbeyt im herren? Bin ich glych andren
nit ein apostel, so byn ich doch üwer apostel; dann ir sind das sigel
mines apostelampts." An welchen worten wir eigenlich sehend, daß
die ceremonischen predger inn antastetend, sam er nitt ein apostel
wäre; dann er nit gesandt wäre wie andre, die by Christo lyplich
gewäsen und von im gesandt wärind. Welches er ouch 2. Cor. 12.
[2. Cor. 12. 11] anzeigt, da er spricht: "Ich hab nüts minder gethon
denn ouch die träffenlichen apostel." Unnd 1. Cor. 15. [1. Cor. 15. 10]:
"Ich hab me gearbeytet weder dero gheiner." Item zun Galaten
widerumb im 1. und 2. capitel thuot er nüts denn anzeigen syn
sendung, wie er nit ein ungesandter sye, ob er glych nit der apostlen
einer sye, die mit Christo lyplich bygewonet habind. Noch so
hab er sich umb dero willen, die er lart, zuo denselben gefuegt, aber
er habe wenig nutzes von inen gebracht; denn alleyn, do sy gesehen
habind, das im gott das euangelium empfolhet hab under den
Heyden ze predgen, habind sy imm und Barnaba die hand gebotten
als iren mitgsellen. Welchs alles dahin reycht, das er sin
sendung also bewären wil: Ob glych sine widersecher redind, er sye
nit gesandt, welle er ouch mit den apostlen selbs fürbringen, das er
gesandt sye, etc.
Diser Paulus redt in der gmeynd von allen fuereren des
worts Ro. 10. [Röm. 10. 15]: "Wie werdend sy predgen, sy werdind
denn gesandt?" An welchen worten wir offenlich sehend, das sich
niemans predgens annemen sol, er sye denn gesandt; dann sich
selbs nye gheyner ufgeworffen hat zuo der apostel zyten; ouch all
weg für kätzer, das ist: anhenger, geachtet sind, die sich selbs
ufgeworffen habend. Er zeygt ouch an andren orten an, Paulus,
vonn denen, die in dem wort fürgesetzt sind, 1. Thess. 5. [1. Thess.
5. 12, 13] unnd Hebr. 13. [Hebr. 13. 17] unnd 1. Tim. 5. [1. Tim. 5. 17],
da er spricht: Die priester oder bischoff, die sich wol haltend in
irem fürgesetztenampt, söllend zwyfalter erung wirdig geacht werden,
wie doben gnuog ist anzeygt. An welchenn kundtschafften allen
klärer wirt denn das liecht ist, das sich des bischoffampts nieman
annemen sol, weder der gesendt und darzuo erwelt ist.

--426--

Darumb ist ouch not, das wir von der sendung oder erwellung
redind. Die ist guot ze erlernen uß allen vordrigen kundschafftenn.
Das ist gewüß uß dem wort Christi [Joh. 20. 21]: "Wie mich min
vatter gesendt hat, also send ich üch," das alle, die sich predgens
annemen wellennd, von gott muessend gesandt sin, oder aber es sind
die boßhafften arbeyter, von denen Paulus 3. Philip. [Phil. 3. 2]
seyt. Noch so wirdt, der von gott gesandt wirt, ouch mit usserlicher
kundschafft verzeychnet, eyntweders mitt wunderzeychen oder
mit offener wal. Byspil: Gott hat Paulum nit allein im hertzen
beruefft zuo sinem botten, sunder ouch mit der wunderbarlichenn bekerung
verzeychnet, Matthian aber mit der wal des loses von der
gantzen gmeynd der Christen Act. 1. [Act. 1. 26]. Also durch den
banck hinweg von der apostel zyten har biß uff unsere zyt sich
nieman für einen bischoff hat ufgeworffen, ee und er erwellt ist (ich
red allein von den rechten predgenden bischoffen oder pfarreren.
Und von den anderen tyrannen, dero etlich so groß bluotvergiessenn
zuorüstend, red ich nit; dieselben gdörend wol mit einanderen kriegen
umb die wal der bistumb).
Aber die wal ist in dry wäg beschehen: Etwan von der
gantzen gemeynd, als doben ist von Matthian anzeygt; etwan
von den apostlen unnd nit von der gantzen gmeynd, als Act. 8.
[Act. 8. 14], do Petrus unnd Joannes gen Samarien gesendt
wurdend von den apostlen; zum drittenn von einem eynigen apostel,
wie Paulus Titum inn Cretam verordnet unnd erwellt hat Tit. 1.
[Tit. 1. 5]. An welchem ort ze vermercken ist, das gar nach by
allen Christen die wal uß des bapsts krafft in eynen gewalt und
tyranny verkert ist gewesenn; dann eyntweders die hohen bischoff,
aebt, lehenherren wider das gefallenn der gmeynd pfarrer gemacht
habend uß irenn stallknechten, köchen unnd kupleren, oder aber, so
die gemeynd hatt die wal gehept, hat sy one radtschlag der frommen,

--427--

gelerten glöubigen me eynen bischoff erwellt uß gunst weder uß ansehen
der stucken und zierden, die Paulus bestimpt. Darumb so
ist der wal halb kein götlichers, weder das die gantz gemeynd mit
radt etlicher frommen, wolverstendigen bischoffen oder Christen
einen pfarrer ußkiesind, als wir wol mercken mögend Titum gethon
haben. Obglych Paulus spricht [Tit. 1. 5]: "Das du ordnest",
hat er denocht nit allein verordnet, als aber die tyrannischen bischoff
verston wellend. Ursach: So das urteyl des bannes, ouch der leer,
überal der gmeynd ist, vil me das erkiesen umb einen lerer nit eins
frömbden bochbischoffs oder abts sin sol, sunder der kilchenn, die
radts wyser christenlicher propheten und euangelisten pfligt;
dann es schlechtlich ouch der lutren, einvaltigen gmeynd allein nitt
zuoston wil, als klarlich uß der leer Pauli von bruch des worts
1. Cor. 14. ermessen wirdt, ouch uß den vordrigen byspilen; dann
die leer der gschrift daselbst nit der einfalten gemeynd empfolhen
wirt, sunder den propheten, dolmetschen und zungengelerten, wiewol
der gemeind ouch wirt erloubt darzue ze reden.
Ietz wellend wir von yeder sendung anzeygen, ob dise selbsgesandten
botten mögind erfunden werdenn von gott gesandt sin, und
zum ersten die inneren sendung besehen.
Christus spricht [Joh. 20. 21]: "Wie mich min vatter gesendt
hat, also send ich üch." Hat nun Christus geufruoret umb zytlicher
gueteren willen, so zimpt inen ouch umb zinsen und zehenden
willen ufruoren. So aber das keynen wäg erfunden wirt, so ist
offembar, das sy von gott nit gesendt sind.
Gottes wort heyßt der obergheyt ghorsam sin, sy sye glöubig oder nit
[cf. Röm. 13. 1]. So lerend die, es mög ghein Christ ein obrer sin, da
sich doch das widerspil erfindt 1. Tim. 6. [1. Tim. 6. 2] und 1. Petri 2.
[1. Petr. 2. 13-18], Ephes. 6 [Ephes. 6. 5-9]. Daran man sicht,
das sy mit der leer unnd mit dem widertouff wider gott unnd
christlichen friden reychend. Unnd wenn sy glych tusend eyd
darwider schwuorind, denocht wurd es offembar. Sobald der getoufftenn
menge so groß wär, das sy sich hofftind ze erretten, wurdind
sy sich wider alle obergheyt legen und dem keyser, das ist: obren,
nit geben, das sy im schuldig wärind [cf. Matth. 22. 21].

--428--

Die dritt prob, da man an der ard der leer sicht, das sy nit
von gott gesendt sind, ist eim yeden einfaltigen die richtigost und die
offembarest. Paulus spricht 1. Cor. 14. [1. Cor. 14. 33]: "Gott ist
nit ein gott des zwytrachts, sunder des fridens," wie denn in allen
kilchen der Christen gesehen wirdt. So nun ir touffen und predgen
allein zuo zwytracht reycht, so habend sy ye nit den gott des fridens.
Ist doben ouch anzeygt. Da sprechend sy: "Christus hat geredt
[Matth. 10. 34]: ,Ich bin nit komen friden ze senden, sunder das
schwerdt'." Antwurt: Das schwerdt, von dem hie Christus redt,
sol nit under den glöubigen sin, sunder Christus meynt, das
zwüschend den glöubigen und unglöubigen das schwerdt sin werd.
Nun machend sy ye nun die glöubigen umb usserlichen dingen willen
zwytrachtig, glych wie ouch zuo der apostel zyten, als doben ghört ist.
Ietz ist es an den usserlichen zeychen, ob wir an denenn sehind,
das sy vonn gott gesandt sygind oder nit.
Sind sy von gott gesandt, so hat gott den menschen das geoffnet
eintweders mit wunderzeychenn oder aber mit häller wal,
wider die nieman kan. So sy nun weder wunderzeychen tuond, noch
von gheyner kilchenn ordenlich nienen erwellt sind, so habend sy
das usser verzeychnen des botten- oder bischoffampts nit. Deßhalb
sy gwüß nit von gott gesandt sind. Ist alles in voranzogner geschrifft
kund gnuog.
Demnach wellend wir an den ämpteren sehenn, ob sy sich nach
innhalt irer ämpteren, die sy inen selbs zuolegend, wandlind; unnd
abermalen findenn, das sy von gott nit gesandt sind. Sind sy
bottenn, so ist ir ampt, für und für under die unglöubigen ze wandlen
und zum glouben bekeren, wie doben ghört ist, das der apostel und
bischoff eyn leer fuerend. Das ist aber underscheyd zwüschend inen,
das der apostel wandlet under die unglöubigen, aber der bischoff
blybt säßhafft by sinen empfolhnen. So sy aber nit under die unglöubigen
wandlend, sunder sich alleyn under die glöubigen flickend,
und verwirrend, das vormals einmuetig und fridsam was, sind sy gwüß
nit apostel.
Bischoff sind sy nitt; dann sy sind von gheyner kilchhöre
sampt andren träffenlichen, wolberichten, glöubigen bischoffenn darzuo

--429--

erwellt. Noch weniger sind sy propheten und lerer. Deßhalb offenlich
volgt, das sy nüts anders denn ufruorer sind.
Hie tuond sy aber zween gegenwürff.
Der eyn ist: Nun spricht doch Paulus. 1. Cor. 14. [1. Cor.
14. 31]: "Ir mögend all nacheinandren prophetieren," das ist: von
verstand der gschrifft reden, und das vor offner kilchen. Antwurt:
Das prophetieren ist noch in gheyner kilchen brüchig, weder yetz
wirdt es by uns angehept. Welcher aber glych daselbst redenn
mag, volgt darumb nit, das er sich uß eygner bewegnuß mög zuo
apostel- oder bischoffampt lupffen. Es volgt ouch nit, das er vor
der kilchen für sich selbs sölle anheben reden, sunder imm ist
alleyn erloubt darzuo ze reden, wenn die dolmetschen, zungengelerten
und propheten geredt habend. Darumb Paulus daselbst ernstlich
manet, daß man alle ding mit ordnung thuege. Darumb sol imm selbs
das apostel- oder euangelistenampt schlächts gheyner zuoeygnen,
denn der von gott innerlich unnd usserlich beruefft unnd verzeichnet
wirdt. Es ist einer nit von stund an ein bischoff, der glych in
ußlegen der gschrifft vor der kilchen geredt hatt, oder aber Paulus
hette des vilvaltigen underscheyds der ämpteren nit dörffen, den er
aber nit alleyn hie Ephes. 4. [Eph. 4. 11], sunder ouch 1. Cor. 12.
[1. Cor. 12. 28] und Roma 12. [Röm. 12. 7, 8] anzeygt.
Der ander gegenwurff ist: Joannes spricht Joan. 3. [Joh. 3. 34]:
"Der, den gott gesendt hat, der redt die wort gottes". Welcher nun das
wort gottes redt, den hat gott gesendt. Antwurt: An dem einigen
wort mögend alle Christen ermessen, daß sy nit usß gottes geist geboren
sind [cf. Joh. 3. 6]. Dann für das erst so lutend dise wort eigenlich
uff Christum; so zühend sy 's uff sich selbs. Wiewol es aber
demnach ouch uff die gesandten lutet, betrift es doch die nit an,
die nit gesandt sind. Denn es ist nit ein ding: von gott reden, und:
gesandt syn als ein apostel oder bischoff. Von dem bald härnach
kummen wirt. Zum anderen volget es nit uff einandren: "Welchen gott
gesendet hat, der redt die wort gottes", unnd: "Welcher das wort gottes
redt, der ist gesendt zuo dem apostel- oder bischoffampt." Denn kurtz: Wir
söllend uns nitt fräfenlich zuo meystren ufwerffen [cf. Matth. 23. 8-10];

--430--

unnd muoß aber ein yede kilch einen wächter oder ufsäher haben,
damitt die fräfnen, muotwilligen böck gemeystret werdind, nitt mitt
des wächters, sunder mit der kilchen gewalt. Dann sölte das wächter-,
das ist: bischoff- oder pfarrerampt, also verlassen und für die hund
geschlagen syn, das sich ein yeder sölte für einen bischoff ufwerffen,
wenn er wölte, so wurde ouch in kurtzer zyt grosser zwytracht under
denen, die sich yetz ze predgen darstellend. Denn glych, wie sy sich
yetz hynfürstellend unnd wöllend leerer oder apostel gesehen syn,
also wurde übermorn aber ein rott kummen, die wölte sich leerens
glych als wol annemmen als der yetzig huf, unnd nach dero
ein andre; und wurde demnach aber grosser zwytracht; dann yeder
wurde syn rott an sich hencken. Ja: So menger lätzkopff, so
menge sect und unruow. Ich red ouch alleyn von dem offnen leeren
in der kilchen. Weiß wol, das eim yeden zimpt, mit yedem von gott
ze reden, sich mit imm ze erinneren. Aber das sich eim yeden
zimme in einem winckel anzeheben, was er wil, one verwilligung
und bescheyd der kilchen, die inn unnd syn fürnemmen urteylen
sol, oder eim yeden zimme sich ufzewerffen für einen lerer oder
pfarrer, der in einer glöubigen kilchen ("glöubig" nenn ich nit alle,
die sich für christglöubig ußgebend, sunder die dem euangelio trüwlich
gloubend, unnd das fry predigen lassend) usß eygner bewegnus
dar möge ston unnd sagen, was er wölle, das red ich nitt allein
fräfen und böß, sunder antchristisch sin. Dann nit weniger irrthumb
daruß entston wurdind, weder so in einer statt ein yeder wölte
burgermeister sin, der ein burger wär. Es fuegt ouch nit, daß sy
hie ynredend uß 1. Pet. 2. [cf. 1. Petr. 2. 5. 9]: "Wir sind all
priester;" dann ich red hie nit von gewycht syn oder nit, sunder
von dem ampt des lerenden. Es ist waar, wir sind all gewycht
gnuog zuo der pfaffheyt, die im nüwen testament opffret; dann die ist
nüts anders, weder da ein yeder sich selbs opfret Rom. 12. [cf.
Röm. 12. 1]. Aber wir sind ye nit all apostel und bischoff

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1. Cor. 12. [cf. 1. Cor. 12. 29]. Und ob einer glych ein bischoff ist,
zimpt im nit eim andren in sin chütt schaaffen oder bistumb ze
faren, wie er wil. Ro. 15. [Röm. 15. 20] spricht Paulus: "Ich hab
so yferlich das euangelium gepredget, da Christus nie genempt
ist, damit ich nit uff ein frömbd fundament buwte." So zimpt ye nit
eim andren under sine schaaff ze farenn. Ich red ewigklich nun
von denen hirten oder euangelisten, die ir ampt götlich und zimmlich
versehend, das ouch denselben nit zimpt einandren one gunst under
ire kilchen ze louffen und über einander hetzen. Hierumb wil ich
umb gottes und christenlichs fridens willen alle die ermanen, die
so unruewig sind ze predgen, sy wellind ernstlich betrachten die wort
Jacobs. 3. [Jac. 3. 1], da er also spricht: "Mine brueder! Es söllend
üwer nit vil wellen lerer werden, so ir wüssend, das wir lerer ein
grösser urteyl empfahen werdend." Sich, der fromm, heylig
apostel weert, daß wir 's nit so lychtverig schätzend ein lerer sin, daß
wir ungestriglet und ungerüst wellind uns selbs ufwerffen. Und sind
aber dero vil, die eintweders uß begird der eeren oder uß hass ald
liebe der narung sich schlechtlich für lerer tragen wellend, da
sich doch offenlich erfindt, daß sy nüts fürnemmend weder zwytracht
und ungnad. Ach gott! Wellend sy wänen, das ir geyst oder
fürnemen nieman bekant sye, so doch ein yeder glöubiger geystlicher
alle ding erkennt und urteylt [cf. 1. Cor. 2. 15]? Wir wellend
gar nit, das yeman der wyhe oder person halb sölle das predgen
abgeschlagen werden, so verr er gesandt ist, das ist: ordenlich fürgesetzt
als ein bischoff oder gesandt als ein bott. Denn wirt er
aber under die unglöubigen fächten und nit die glöubigen verwirren.
Aber das selbsufwerffen und verwirren, das anheben nüwer, usserlicher
dingen one fürtrag der christlichen gmeind kan guotes
nimmer mee gebären; denn es ist nit usß gott. Der gott des fridens
nimpt ein yetlich ding wol andre wäg in d' hand; ist nit so ungnädig,
nit so bitter, so zwiträchtig, als aber dero leer überal nun
vil gesehen werden. Es erfindt sich ouch, das ir werck, das ist:
die irem wort losend, nüts denn zwyträchtig lüt und begirig
zytlicher dingen, ouch richlich werdend, die vormals ruewig, gotzvörchtig

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und fridsam warend. Daran man sicht, das es ein anfächtung
ist, nit ein geyst. Und kumpt aber der tüfel so verborgenlich in einer
so liechten gestallt [cf. 2. Cor. 11. 14], das die einvaltigen wänend, es sye
ein geyst. Aber iro vil hebend an ze sehen, daß es ein selbswolgevallen
ist. Gott wölle uns allen näbel und betrug von unseren
ougen nemmen, damit wir klarlich sinen willen lernind und thuegind.
Ich wil ouch die arbeyter im euangelio Christi glych als ernstlich
ermanet haben mit dem wort Pauli Colos. 4. [Col. 4. 17]:
"Sehend uff üwer ampt, das ir in dem herren empfangen habend,
das ir dem gnuog thuegind." Gott hat üch zuo wächteren in den
kilchen gesetzt und hirten. Wachend und goumend, das nit die
wolff zerryssind, noch zwytracht under den schaaffen Christi
werde. Der zwytracht sol under den glöubigen nit syn, obglych
zwüschend den glöubigen und unglöubigen eewiger krieg ist. Das
aber darby die ufruerigen töuffer und predger üch unnd alle, die nit iren
wäg gond, unglöubig scheltend, lassend üch nit bekümmeren; dann üwer
yeder weyßt wol, wie er in gott verhofft. Wo sy nun üwer einen,
der ungezwyflet in gott vertruwt, gotloß scheltend, so sehend ir ye
offenlich, das ir geyst usß dem vatter der lugenen ist [cf. Joh. 8. 44].
Lassend üch ouch nit mit den doctoren, die sy hoch ruemend, wie
sy uff ir syten standind, erschrecken (Wir wüssend wol, was dieselben
vermögend und was geysts sy sind), sunder gedenckend, das der
widertouf nimmer me nüts anders werden mag weder ein sect,
und das fräfen predgen nüts anders weder unruow, unordnung unnd
zwytracht. Dann der widertouff wirt all wäg dem meren teil der
frommen, ruewigen Christen nit gevallen usß der ursach, das die
widertöuffer glych erlernet werdend, daß sy uff die gmeind und
hynwerffen der regimentenn reichend. Deshalb es nüts anders
werden mag weder ein sect, die gott wären laßt, biß daß die ußerwelten
und vesten geoffenbaret werdend. Sehend uf, daß üwere
schaaff suber von eebruch, unkünscheyt, trunckenheyt, hoffart,
lestren und aller unmaß ligind und wandlind. Buwend den glouben,
gotzvorcht und liebe des nächsten. Leerend, das gheyn grösserer
gotzdienst sye, weder so man inn mit unschuld eeret. Leerend,

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das man das eewig mitt dem zytlichen nit verliere. Deß habend ir offne
gründ in der gschrifft. Arbeitend nit lasß in den dingen [cf. Gal. 6. 9];
dann wir habend wol erlernet, was arbeyt es kostet, wo man iro
schonet, als wir gethon habend; und redend sy denocht von so vil
ungnaden. Sölte man aber inen nun nach iren fräfenen, lugenhafften
reden gelonet haben, die sy gefuert habend unnd noch thuend, so ist
nit zwyfel, man wäre der unruow embrosten. Darumb strytend als
die weydlichen reyser; verlassend üwer ort unnd ampt nitt.
Der herr kumpt bald [cf. Phil. 4. 5], er ist nach, daß er uns nit
schlaaffend find [cf. Marc. 13. 35f.]. Darumb sind wacker, hoffend
wol, so werdend ir überwinden ungezwyflet. Gott gebe gnad!
Amen.
Im buechlin vom touff ist mit einem wort der gantz sinn verkeert:
im. M. am andren blat am vordren teyl an der 13. lynien sol man
läsen: Das dieselben vormals nit wassergetoufft sind. - Ich hab vor
unmuoß das buechlin nit mögen widerläsen; ist mir von andren anzeygt.
Es mögend noch viel mee fäler darinn syn. Luog yeder
all wäg eigenlich uff den sinn.