Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Antwort über Balthasar Hubmaiers Taufbüchlein

5. November 1525
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 4 (Leipzig: Heinsius, 1927) (Corpus Reformatorum 91)


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--585--

Ueber doctor Balthazars touffbuechlin waarhaffte,
gründte antwurt durch Huldrychen Zuinglin.
Balthazarnn Hübmer, doctorn zuo Waldshuot,
enbüt Huldrych Zuingli gnad und frid von gott.
Lieber Balthazar! Du solt dich gentzlich zuo mir versehenn, das
ich dyn schryben hette lassen (als man spricht) für oren gon, wenn
ich nit gsehen hette, daß die einvaltigen din böggenwyß uß seltzamem
baaren gern hettind angehebt ze fürchten. Da muoß ich inen ye den
butzen harußsagen, das ist: anzeygen, das du mit geplerr umbgangist,
damit die schlächten nit wänind, du lupfist unnd wägist an eim trottboum,
sunder klarlich sehind, daß es ein strowhalm sye, damit du
so übelzyt hast. Wiewol nun das by den ufruerischen gmueten groß
gemacht wirt: "sich, wo söllend wir hin, wir armen einfaltigen? Der
herr doctor zuo Waldshuot ist mit dem Zuingli spänig, und sind aber
in hoffnung gewäsen, sy wurdind das rych Israels widerumb ufrichten"
[cf. Dan. 2. 44]. Denen danck gott, das sy so wol könnend von 'n sachen
reden; denn mich dunckt, sy wöltind das rych gottes gern ufrichtenn, wie
das israelisch rych ufgericht ist. Denocht wolt min frouw Sarah nit
lyden, das Ismael mit irem sun Isaac fräfenlich schimpfete und inn
verspottete [cf. 1. Mos. 21. 9-12]. Also mag ouch an dir nit erlidten

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werden, das du sölchen unradt und zwytracht zuorüstist, sunder es ist
vil wäger, man gegne dem prästen by zyt, weder das man inn lasse
eralten. Ob aber demnach über alles die genanten untrüwen kybpfarren
sprechen werdend: "Denocht ist es böß, das sy wider einander
schrybend", antwurt ich inen eynist: Warumb hand ir 's denn nit
versehen, ee unnd er wider mich schribe? Ich hab inn darfür gehebt,
wenn ander wider mich schribind unnd ich kranck oder tod wär, wurde
er mich schützen by der warheyt, wo er möchte. Nun aber, so er wider
mich harfür mit sölchem fräfel unnd lust tritt, zimpt mir nit (wil
ich redlich sin) zufen. Ich hatt mich des zorns nit versehen. Zum
andren ist es nit böß, das die warheyt wol gewannet wirdt, so sy
under noch so vil ratten stecket; denn ich hab weder die christglöubigenn
menschen noch mich darfür, das ir gloub so schwach sye,
oder ich so groß by inen sye, das inen etwas nachteyls des gloubenns
geschöpfft wurd, ob ich glych (davor mich, o gott, behuet!) gar vom
glouben fiele. Meyn ouch, Balthazar sye glycher meynung, oder aber,
er wäre nit recht daran. Deßhalb ich offenlich one allenn mantel,
lieber Balthazar, wider din buoch schryb unnd red; dann ich wol weyß,
daß by vesten Christen das wenig naachteils, ja vil ee fürdernuß
der warheit bringen wirt. Welches ich dir ouch gern wölte zuogemuotet
haben, das du mit offnung mines namens wider mich geschriben, und
dinen schentzelworten das verschwygen mines namens nit fürgewelbt
hettist. Dann sidmal du mich so offenlich in diner gschrifft maalest,
ouch gantze sinn miner worten harfürzüchst, und aber damit
mich so mit bschissnen worten überzüchst, kan ich wol gedencken,
daß du minen namen darumb verschwygst, das du mich glimpflich
wol bütlen und benglen mögist. Welches mich gar kindtlich hatt

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wellen duncken mit dir ze bruchen; sunder guot christenlich unnd
früntlicher sye, das ich dich offenlich nenne; so mach ich über dich
niemannem wyteren argwon. Denn das du anfencklich sprichst,
schentzelen diene nit zur sach, und aber das also nit mydest, daß
kein punct in dinem buoch ist, er sye voll böser, argwöniger schantzworten,
laß ich dich verantworten by den glöubigen, nit by den
töuffischen gensen; dann dieselben gagend ouch also hin und wider,
und wüssend nit, war sy fliegen söllend.
Nun hab ich den handel also fürgenommen:
Im ersten teyl zeyg ich dir an, wo und welchen wäg du der
gschrifft gwalt tuost, unnd laaß vast dine gschrey und bösen würff übergon,
wie wol ich nit meint, das by allen minen fygenden so vil giffts
gewäsenn wäre, als du gegen mir zeygst.
Im anderen teyl zeyg ich dir offenlich an, worinn wir den kindertouff
gründend, welche gründ du mir vormal mit einem wort nit hast
angeruert. Das du mir die rhetorick ufhast, tuostu glych, wie das
bschissen wagenrad, das zuo yenem truncknen klagt, er het 's bschissenn.
Du weist, daß ghein einfaltigerer schryber im tütsch ist weder ich;
noch hastu mir der reder kunst für. Sol ich aber dir ouch die
warheyt sagen, so sorg ich warlich, hettist du diner tütschen rhetorick

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nit me vertruwt denn ich miner, du hettist die fäder nie in d' hand
gnommen. Es thuot uns göuchenn gar wol, wenn unsere namen ouch
im buochkrom ligend, glych als neßlen under den wolriechenden krüterenn
on zwyfel ouch des stöltzer sind. Von welchem prästen, ob
gott wil, mit der zyt me wirt harfürkummen, damit die tummler unnd
bochhansen erkennt werdend.
Hierumb, lieber Balthasar, so liß min antwurt samt dinen
bader- (ich hab mißredt:) touffgsellen, und merck in einer summ,
das der Christen kinder glych im testament, kilchen oder pundt sind
wie der som Abrahams. Sind sy nun in der kilchen Christi,
warumb wöllend ir inen das testamentzeichen abschlahen? Denn das ir
ynredend, es stande nit, daß kinder toufft sygind im nüwen testament,
ist ein präst; dann ir merckend nit, das, wo vom touff stadt, man
den touff nit diffiniert, das ist: ußverzeychnet, sunder das es ein
histori ist, wie man den handel des euangelii oder touffs anfencklich
gefuert hab, und das die histori nit ein gesatzt vom touff ist. Lernn
aber daby, was underscheydt zwüschend byspilen der gschichten und
zwüschend satzungen sye, und laß dise zengg, die nit buwend, sunder
schwellend. Woltist dich mit gschrifft lassen wysen, warumb fiengt
den widertouff an, ee du bericht wärst? Darumb, wiltu ye schryben
und zanggen, so laß dine schentzelwort, und nyet dich allein der
warheyt; dann sölte es schentzlen gelten, weyst wol, das man dir
das lied singen möcht von der schönen Maryen biß an die stoltzen
müllerin.
Gott gebe dir ein recht gmuet und fürnemmen!
Geben zuo Zürich im fünfften tag novembris 1525.

--590--

Ueber doctor Balthasars touffbuechli.
[Der erst teyl.]
Für das erst, das der widertouff ein sect oder ein rott sye, ist
offenbar, dann ir anfang hat dise gstalt:

--591--

Die by uns den widertouff angehebt, habend vormals uns zuegemuotet,
daß wir ein besundere kilchen anhuebind. Und do wir inen
das nit gestattet, sind sy hinus gefaren uff das land, und habend on
alles kundthuon der obergheit der kilchen: der bischoffen oder wächteren,
in den wincklen angehebt ze widertouffen. Nun verstadt mencklich,
so sy das liecht geflohen habend, das sy ir meinung vom widertouff der
kilchen nit gesagt habend, darinn sy inn angehebt, und darinn ir urteil
und bericht nit erwartet, das es offenlich ein sect und rott ist; dann
die kilch sol unser leer urteilen 1. Corinth. 14. [1. Cor. 14. 29],
Ioan. 10. [Joh. 10. 27]. Denn das sind rotten, die zämenvallend hinder
der ordnung, dero sy ordenlich söllend ghorsam sin etc. Nun habend
sy das nit an einem end allein gethon, sunder an gheinem end anderst,
dann wie sy zum ersten gethon habend, das ist: ir meinung vor gheiner
kilchen offen nie fürgetragen, sunder all weg zum ersten in den wincklen
angehebt ze widertouffen. Deshalb ouch du ein offner rotter bist; dann
ouch du den widertouff nit hast mit diner kilchen urteyl angehebt,
sunder du bist (als man offenlich von dir sagt) einmal selbs dargstanden,
und wöllen das nachtmal Christi allen denen abschlahen, die nit widergetöufft
wärind. Ich wil des alenfantzes geschwygen, da du die
pfruond übergeben und alleyn von den getoufften hast wöllen widerumb
erwellet sin, damit du das fromm volck geteilt und in gevar gestellet
hast. Sich, wär gwalt fueere, wir zuo Zürich, die alle ding mit der
kilchen oder dem ersamen grossen radt in der kilchen namen fürnemmend,
oder der so gwaltigklich gebüt und der kilchen urteyl nit ervorderet!

--592--

Das sy understandind alle obergheyt niderzelegen, red ich für
unnd für, doch allein uff die, die by uns dise rott unnd ufruor habend
angehebt. Es mag villicht syn, das an vil orten einvaltig lüt durch
ire geschwätz yngefuert werdend in dise sect, die dennocht nit vor inen
habind, sich von der obergheit ze schrentzen; aber die anfenger by
uns, die habend 's unverholen vor inen. Das bewär ich eben, mit
dem sy sich entschuldigend, das ist, das sy sprechend: "Wir redend
nit, das man der obergheyt nit sölle gehorsam sin, sunder: Es möge
ghein Christ ein obrer sin." Merck yetz, wenn ich diß wort allein
under den Christen red, was mein ich anderst, denn das under den
Christen ghein obergheyt syn sölle? So by uns alle obergheit wil
Christen syn, und ouch ist, so vil der mensch ersehen mag, was ist
das anders, weder die obergheyt dennen thuon? Wiewol ouch daby das
wort falsch ist und wider gottes wort, das ghein Christ ein obrer
möge sin, als gnuogsamlich vormals anzeiget ist uß der gschrifft Roman.
13. [Röm. 13. 1-7], mit dem Cornelio [cf. Act. 10. 1-8], mit
Sergio Paulo [cf. Act. 13. 7-12], mit Josephen von Arimathia
[Matth. 27. 57-61], Ephes. 6. [Eph. 6. 5-9], Coloss. 3 und 4. [Col.
3. 22-25, 4. 1] und 1. Timo. 6. [1. Tim. 6. 1. 2]. Zum anderen bewärt
es sich mit ir eignen taat; dann vil, die by uns widertoufft sind, gebend
umb irer obren gebott, das göttlich ist, nüts. Namlich, da man inen
oft verbotten hat, das sy nit predigind, dann sy von den kilchen darzuo
nitt beruefft sygind, haltend 's nitt. Und so man sy darumb strafft oder
buosset, gebend sy nüts darumb, ja, sy bescheltend darzuo die offenen
diener so schantlich und schmächlich, daß deß ze vil ist.
Da du anhebst, was touffen im wasser, was touffen im wasser
zuo endrung des läbens, was touffen im geyst und fhür etc. sye, ze beschryben,

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verwirrestu dich selbs, und beschrybst glych im anfang ussz
dinem eignen kopff one allen grund der gschrifft. Dann wie wilt du
mit gschrifft bewären, das "im wasser touffen" sye: "den bekennenden
verjäher etc. in die zal der sünderen uß eigner bekantnus und bewilligung
ynschryben", so der touff ein ynschryben ist under das volck
gottes? Das du aber ussz den euangelisten allenthalb harfürzüchst, das
reicht zuo gmeiner eigenlicher beschrybung des touffs überal, und ist nit
ein beschrybung des handels des touffs weder ein definition oder verzeichnung,
was der touff sye. Wenn es also gelten sölt, wölt ich all
weg ander verzeichnungen geben, und darnach daruf buwen, als du
thuost. Aber du hast gsehen, das ich zuo guoter erklärung in anfang miner
gschrifft anzeigt hab, das diß wort "touff" anderst und anderst in der
gschrifft genommen wirt (als denn ghein wort uff erden nit ist, es wirt
zun zyten anderst und anderst genommen), damit die einvaltigen verstuendind,
wie man das wort "touff" an allen orten ansehen sölle. Da
hast du gsehen, das dieselb leer so styff in den kundschafften der
gschrifft stadt, und hast ouch ein teylung gemacht und definitionen
oder verzeychnungen uß dym eignen kopff gespunnen. Hatt ich
recht geredt, do ich also schreyb: "Der touff wirt etwan genommen für
das yntuncken des wassers" (sich, das ist nit ein definition, sunder
ein anzeygen, wie die wort anderst und anderst genommen werdend),
und bewärdt das Io. 3. [Joh. 3. 23]: "Ioannes der toufft in Ennon
by Salem; dann daselbs was vil wassers." Zum anderen wirt er
genommen für das inner erlüchten unnd ziehen, und bewärdts Act. 1.
[Act. 1. 5]: "Ir werdend mit dem heyligen geyst getoufft." Zum

--594--

dritten wirt der touff genommen für die usserlichen leer und usserlichen
touff, und bewärdts Io. 1. [Joh. 1. 26], da Ioannes spricht: "Ich touff
im wasser" etc., und toufft aber Ioannes nit alleyn im wasser; oder
aber wir hettind schon überwundenn, so er alleyn im wasser toufft
hette, und nit gelert; dann ye so wär der touff on die leer gewäsen.
Zum vierden wirdt der touff genommen für den usserlichen leer unnd
wasser-, ouch für den innerlichen geists- und fhürtouff, das ist: für den
gantzen Christum überal unnd bewärdt 's 1. Petri 1. [1. Petr. 3. 21]:
"Also macht uns der touff heyl" etc. Ja, hatt ich hie recht gelert
warumb liessestu es nit darby blyben? Hatt ich unrecht geleert,
warumb widerfächtu es nit? Du muoßtest den einfaltigen etwas umb
das mul strychen, damit die flügen diner leer daran gsitzen köndind,
und magistrales definitiones, das ist: sophistisch verzeychnungen one
grund der gschrifft ze vordrist setzenn, damit du inen die müler
ufspartist. Das aber ich vil vom touff geschriben hab, hatt die
noturfft erforderet. Ich kan dennocht nit mitt üch fridlich naher
kommen, denn das ir für und für üch selbs an mir geschendend
mit vil luginen unnd velschungen. Dann du weyst noch uff den
hüttigen tag nit, was der touff ist: namlich, das es eyn offennlich
pflichtszeychenn des christenlichen volcks ist, von dem im letsten teyl
gnuog kummen wirt.
Im verzeichnen, was "widergeboren werden sye im geist", irrestu
offenlich, wie ouch in allen definitionen, so du sprichst, es sye, so man

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dem erschrocknen sünder durch das wort gottes widerumb artzny gebe,
trost zuosage, das er nit verzwyfle; dann das ist alles nun der usser
touff; dann du sichst so vil, die das wort gottes, offenlich inen fürgelegt,
wol hörend, unnd denocht nit getröst werdend. Wär ist aber
so schlächt, der nitt sehe, das "im geyst widergeboren werden" geredt
ist für: mit dem geyst widergeboren werden? So muoß es nüts anders
sin weder: vom heyligen geyst erlücht werden, von gott geleert werden,
von gott gezogenn werden, als Christus klarlich Ioannis 6. [cf. Joh.
6. 44] leert. So verstaast du es hindersich "ussz dem geyst" für: im
geyst, in des menschen geyst; so heyßt es "ussz dem geyst", das ist:
ussz gottes geyst. Und irrest also zwyfalt: Denn der mensch in sinem
geyst alleyn ussz gottes geyst bericht unnd gelert wird; zum anderen,
das der mensch mit dem wort gottes, das du im glych seyst, innwendig
nit getröst wirdt, gott gäbe im denn gnad, das er sy trostlich annäm, etc.
Mich nimpt wunder, das du dich diser verzeychnung nit schempst.
"In dem namen des vatters, suns unnd heiligen geystes getauft
werden", wie du es beschrybst, ist ouch din tant. Dann Christus

--596--

lert "in den namen des vatters" etc. das ist: in den schirm, gwalt,
kraft, gnad, pundt gottes pflichten; wie wir vor im toufbuoch gnuogsam
beschriben habend.
So du anhebst von Ioannes touff reden, fuerstu dich selbs von
einem irrtumb in den anderen. Kumpt aber alles dahar, das du nit

--598--

weyst, das Ioannes das euangelium als wol geprediget hat, als
Christus selbs unnd die apostel, das dir doch klar gnuog anzeygt ist
im touffbuoch, und das du nit sichst, das nit zwen töuf, sunder ein
eyniger touff ist Ephes. 4. [Eph. 4. 5]: "Eyn gloub und ein touff."
Dann wenn zween töuff wärind, so wäre Ioannes touf wirdiger denn
unserer touff, so Christus in sinem touf getoufft wäre und nit in
unserem. Ouch, als du vom touff Ioannis redst, wie derselbs nüts
habe weder den schräcken unnd rühe des gsatztes, so mueßtind wir
noch hütt by tag zween töuff haben: den einen, Ioannsen touff, den
ruhen und erschreckenden; denn wir nüts minder mangelhafft sind
weder die, denen Ioannes prediget, voruß, so Christus in Ioannsen
touff getoufft ist; den anderen, den touff Christi, mueßtind wir denn
one zwyfel ouch habenn. Sichstu, das din färwen nüts denn ein
verfuerender, zenggischer gschwatz ist.
Das aber Ioannes das euangelium geprediget habe, erfindt sich
also wider aller irrenden waan, das er 's offenlich geprediget hat.
Ioan. 1. [Joh. 1. 6. 7] stadt also: "Es ist ein mensch von gott gesandt,
des namm was Ioannes. Der kam zuo kundschafft, das er kundschafft
gäbe vom liecht." Lieber, sag, was kundschafft hat er vonn
Christo ggebenn? Wie harnach mitt anderen vil worten daselbst stadt
[Joh. 1. 29]: "Sich, das ist das lamb gottes, das da hinnimpt die
sünd der welt." Ist das nit das euangelium? Was habend die jünger
anders gethon, ouch nach der empfencknuß des heyligen geystes? Wiewol

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du gern redtist, sy hettind selbs gewalt gehebt, die sünd ze verzyhenn,
darumb, das Ioan. 20. [Joh. 20. 23] also stadt: "Dero sünd ir
nachlassend, denen sind sy nachgelassen." Merckst aber die tropos oder
figurlichen reden übel, namlich, das "sünd nachlassen" genommen wirt
für: die nachlassung der sünd predigen. Deßhalb du dem bapst nit
köndist baß dienen; dann derselb gibt ouch für, der mensch habe
die sünd nachzelassen. Item Act. 19. [Act. 19. 4] meldet Paulus also
für denen, die sich in Ioannis touff, das ist: leer, ruommtend underricht
sin: Ioannes hat getouft den touf des rüwens (sichst du den
"touf" für "leren" genommen sin), dem volck sagende (sichst du
"sagende", nit "wasser angiessende", und das du noch so vil tobetist),
das sy uff den kummenden vertruwtind, das ist: uff Christum Iesum.
Sich hie zwey ding: Eins, das "touffen" für den handel der ler genommen
wirt, und ist ein tropus, das ist: figurliche red; das ander, das
er hat geleert in Christum Iesum vertruwen. Lieber, sag an, was
predigest du für ein euangelium? Predigest nit ouch, das man uff
Christum vertruwt sye? Was fichtestu denn mit dem schatten?
Zum dritten so liß die leer Ioannis töuffers am 3. Ioan. [Joh. 3. 26-36],
die er zuo sinen jüngeren redt, do sy zuo imm kamend und im sagtend,
wie Christus toufte, unnd alle menschen zuo im hinus giengind, so
wirstu sehen, ob er das euangelium geprediget habe oder nit. Aber,
lieber herr doctor, ir wärind an dem ort eins bösen rupffs unden
ufhin wol wärt, das ir dasselb ort nit so wol besehen habend,
das ir kennt habind, das dieselben wort Ioannis sygind vonn der
jüngeren frag hin biß zum end des capitels. Dann er daselbst Christum
ein sun gottes nennet, und das im gott den geist by gheiner
maas, sunder nach aller völle ggeben habe, dann alle ding sygind
in siner hand [cf. Joh. 3. 34. 35]. Und zuo beschluß spricht er also
[Joh. 3. 36]: "Welcher in den sun vertruwt, der hat eewigs läben.
Welcher in den sun nit vertruwt, der wirdt das läben nit sehen, sunder
der zorn gottes blybt uff im." Lieber, sag an, ist das euangelium oder
gsatzt? Sich aber demnach, worfür alles das sye, das du tadrest
von dem ruhen gwand und von Ioannes touf unnd der jüngeren
touf? Wel ein grosser, unbedachter fräfel ist es, das du sprichst,
Ioannes und die apostel habind allein das ruch gsatzt geprediget;

--600--

dann sy habind allein uff Christum gewisen. War wysend wir noch
hüt by tag? Unnd mit sölicher täpreten sitzend ir by den einvaltigen,
unnd löckend sy üch nach, glych wie Paulus Act. 20. [cf. Act. 20. 29f.]
spricht: Sy werdend das chütt inen nachfueren." Luog, wie ir in der
gschrifft wandlind, so ir noch nit erkennt habend, das dise wort
Ioannis sind.
Merck ouch von der jüngeren touf, das sy Christum glych als
wol Ioannes gegenwürtig zeygt habend. Matt. 10. [Matth. 10. 7]
spricht Christus: "Predigend, sprechende: Das rych gottes ist hie."
Sich, was ist das anders weder: "Sich, das ist das lamb, das der
welt sünd hinnimpt" [Joh. 1. 29]? Wiewol Christus in einer summ
das euangelium vergryfft mit den wenigen worten [Matth. 10. 7]:
"Sprechend, das rych gottes ist hie", aber uff die summ hinreichende:
Wie üch verheissen ist von gott der heyland, also verkündend wir üch,
das er schon hie ist. Demnach habend sy die leer gefuert, die sy
täglich von im ghortend, das doch die euangelisten von wort zuo wort
ze schryben underlassend, als sy ouch in den predginen Christi tuond,
dero ich nitt mee denn zwo weyß von einet beschriben sin, wiewol
er iro unzalbarlich geton hat. Dann ob glych vil siner predginen
anzeygt werdend, sind es doch allein summaria und etliche stuck daruß,
glych als ouch von Ioannes predginen geschriben stadt, er habe geredt
[Matth. 23. 33]: "Ir vippergeschlächt" etc. Wenn Ioannes allein
diese wort geprediget hette, wurde es ee ein schelckung verdacht,
weder ein leer. Aber damit wil der euangelist anzeigen, wie er die
glychßnery unnd untrüw so starck habe harfürgezogen, das er die
Phariseier vippernatren gescholten habe. Also ouch hie ist der
handel des euangelii, das ist: der guoten botschafft, von den jüngeren
uskündt, mit gar wenig worten vergriffen. Aber ich versich mich
wol, was du hie engegen werffen werdist: Es stadt nit: "Das rych
gottes ist hie", sunder: "Es wirdt naahen." Antwurt: Es stadt, so
du es ye mit dem buochstaben erschwätzen wilt: "Es ist genahet",
oder: "es ist kummen". Engiken [ἤγγικεν], weliches wort offt für
"kommen sin" genommen wirt. Ouch hat es also Erasmus

--601--

verdolmetschet: appropinquavit". Hie wirstu aber mitt dinem zungenschelten
oder spitzen harfürwütschen: "Ja", sprichst du, "wir muosstind
also nun losen, was uns die züngler sagtind". Antwurt:
"Warumb nit? Du unnd alle, die zungen nit könnend, söllend denen
losen, die sy könnend." Darumb spricht Christus [Marc. 16. 17]:
"Sy werdend frömbd spraachen reden." Darzuo liß, was 1. Corinth. 14.
stadt, so erlernest, wie wol 's dir anstadt, das du die heiligen gaaben
der spraachen, vorteyls der hebraischen und griechischen, verachtest!
Ja, sprichst: "Also mueßte man all tag ein nüwe vertolmetschung
haben?" Antwurt: Welcher uß dem geist schon geboren
ist, der bedarff gheines buochs mee (ich red von dem gmeinen menschen,
den du hie hetzest); dann das gsatzt gottes ist in sinem hertzen
geschriben. Aber die zenggischen, die in dem wortenkampff ligend, als
ir offenlich tuond (denn was ist din kalender a. 1.) wort, b. 2.) ghör, c. 3.)
endrung etc., den du an die syten gsetzt hast, anders weder ein offner

--602--

wortenkampff?); ja, denen muoß man, so offt sy irrend, uß den gründtlichen
spraachen die sinn anzeygen, gott geb, was ire tolmetschen vertütschet
habind. Aber dir ist wie dem fuchs: Weist, wie er der biren
nitt wolt?
Zum andren wirst on zwyfel engegen werffen: Marcus nenne ir
predig den rüwen Marc. 6. [Marc. 6. 12]. Antwurt: Lieber Balthazar,
bistu nümmen yngedenck, das du mich uff dem graben fragtest, wie
es kem, das Marcus 16. [Marc. 16. 15. 16] also spräch: "Gond hin und
predigend das euangelium aller gschöpfft. Welcher gloubt und touft
wirdt, der wirdt heil", und Lucas [Luc. 24. 47] spräche: "Also muoß
in sinem namen der rüwen und nachlassen der sünden in alle
völcker geprediget werden"; so es ein euangelium, das ist: ein guote botschafft,
wäre, warumb dann der rüwen darby stuende? unnd ich dir
zuo antwurt gab: Das euangelium wäre nit allein die gnädig erlösung,
sonder ouch ein nüw läben im herren Christo Iesu, und das nanntind
die euangelisten den rüwen, unnd wolt dir kundschafft darüber
zeygen. Do sprächst, du hettist sin gnuog. Also merck noch
hütt by tag dieselben kundschafft. Das euangelium wirt etwan der
rüwen und nachlassen der sünden mit einanderen genennet, als hie
Luce 24. [Luc. 24. 47] und Actorum 20. [Act. 20. 21], etwan allein
die nachlassung der sünd, als Marci 16. [Marc. 16. 15. 16] unnd
Act. 10. [Act. 10. 43], etwan allein der rüwen Act. 11. [Act. 11. 18]
und hie Marci im 6. [Marc. 6. 12] und Act. 13. [Act. 13. 24]. Nun
wirst du aber sprechen: "Das sind grifflin." Es ist waar, aber du
kanst 's nit ergryffen. Beliß dich bas, so wirst erlernen, daß Ioannes
den handel Christi und die apostel gefuert habend von anfang har;

--603--

dann Christus lügt nit, der da spricht Luce 16. [Luc. 16. 16]: "Das
gsatz unnd propheten habend biß zuo Ioannsen gwäret; sidhar wirt das
rych gottes verkündt." Und laß dich die alten stücklin, das ist: der
irrenden theologen meynung, nit rüwen, die Ioannes touff teilt habend
von Christus touff.
Das du aber sprichst: "Gott fuert durch Ioannsen in d 'hell unnd
durch Christum wieder ufhar", ist des ersten teyls ein fräfne, unlydenliche
red; dann Ioannes bereytet, das·ist: er reyniget den wäg
gottes [cf. Marc. 1. 2]. Wenn ich so hoch doctorisch redte, wie wurdest
mich beschryen one allen grund der gschrifft, so du yetz offenlich
gsehen und ghört hast, das Ioannes nit weniger das euangelium prediget
hat, denn die apostel ouch nach der empfencknuß des heyligen
geysts gethan habend? Wie kond er mit dem trostlichen wort [Joh.
1. 29]: "Sich, das ist 's lamb, das hinnimpt die sünd der welt", ze
hell fueren? Wurdend nit mit dem wort alle verzwyfleten widerumb
gruen gemacht?
Ouch schryest du über mich, sam ich den kindertouff darus bewären
welle, das Marci 1. [Marc. 1. 4] "touffen" vor dem "leeren" stadt;

--604--

darinn du mir ze kurtz tuost. Hastu nit gehört, das ich also darvon
geredt hab: Wenn es wortenkampff guldte, so hettind wir wol als starcke
ort, da der "touff" vor dem "leeren" stadt, als ir, da "leeren" vorstande,
ja sterckere. Aber ich hab mich des verzigen, und anzeygt,
das daselbst Marci 1. [Marc. 1. 4], da also stadt: "Ioannes touft in
der wuoste", "touffen" für den gantzen handel genommen werde der leer
unnd des touffs. Das wilt aber du nit verston, das der touff offt in
der geschrifft für den gantzen pundt oder testament genommen wirt,
und für das zeychen des testaments oder pundts, offt aber für die leer
allein, als die vorgezeygten ort eigenlich bewärend.
Ouch schryegstu offt: "Es gilt nit meinen, sunder wüssen. Gschrifft,
gschrifft"! Da weiß ich nit, was du "meynen" heisset. Hab ich neiswa
von "meinen" geredt, so hab ich 's für: "uß der gschrifft gwüss ermessen"
genommen, da die gschrifft nit häll ist. Dann wie wilt du
mir anzeigen, das die apostel, ouch der töuffer Ioannes, getöufft sygind,
so ich wie du: "Gschrifft, gschrifft" schryen wil? Wiewol ich nit
yndenck bin, daß ich mich des worts "meinen" gebrucht hab. Sich,
sölichs unnützen geschreys ist din gantz buoch voll. Da du aber ervordrest,
man sölle dir gwüsse, hälle wort anzeigen, damit der
kindertouff geleert werde one allen zuosatz, da wilt du ander lüten uflegen
ze bewären, das du bewären solt. Zeyg du an mit sölichen

--605--

worten, als du mir zuomuotest, das man sy nit touffen sölle. So du den
touff abschlechst, so muost du ein häll wort anzeygen. Wiewol, als
härnach wirt kummen, wir den kindertouff mit ufrechter, redlicher
gschrifft bewärend. Aber du hast ein groß buoch geschriben; noch
hat das nit daryn gemögen, damit du unsere gründ umbkartist,
sunder du ruerest sy mit einem wort nit an.
Ouch schrybst du, wie es ein spott und schand sye, das ich
schrybe wider mine vor usgangne buecher, in denen ich den kindertouf
verworffen habe. Thuost mir gwalt unnd unrecht; dann ich inn alle

--606--

mine tag nie verworffen hab im hertzen als ir; wie könde ich inn denn
mit gschrifft verworffen haben? Aber ich weyß, wannen der mangel
kumpt. Du hast einem, der dir unnd mir gheim ist, das ort zeygt,
darinn ich den kindertouf verwerffe under den articklen, die ich vor
etwas jaren hab lassen usgon s. 2., da ich also geschriben hab: "Welchen
sitten der leer ich begär noch hüt by tag angenommen werden"
etc. Dise wort wilt du mir dahin ziehen, ich wölte, das man den
kindertouf dennen täte; und red aber ich von der leer der jungen,
das ich wölte, das man die kinder allenthalb offenlich widerumb anhuobe
ze leeren, als dann die nachkommenden wort noch vil klärer
anzeigend. Sich, wie dich der hass blendet, das du nit sichst, wovon
ich red!
Demnach so nimpst du abermals den handel Act. 19. [Act. 19. 1-7]
in d 'hand und schrygest: "O frommer Christ, dise gschrifft zeigt
dir so klaren, luteren und hällen underscheyd an zwüschend dem touf
Ioannis und zwüschend dem touf Christi" etc. und machst aber vil
spott unnd schanden. Das ist spott und schand, das du so närrisch
schrygst, und aber die gründ, damit ich anzeig, das daselbst Paulus
nit von dem sacramentlichen zeychen des toufs rede, nit umbkeerst;
dann du magst 's nit. Darumb keerestu dich an den wortenkampf,
und sprichst nach vil nydigen, ungestalten worten: "Also lautet die

--607--

alt translation im latin, und die nüw vertütschung, offenlich getruckt
unnd usgangen: "Gabend sy antwurt: ,In Ioannes touf', das ist:
Ioannes hat uns töuft" etc. Merck aber widerumb, das die ursprünglich
spraach, darinn die gschicht geschriben sind, also hat: Paulus
hat zuo inen gesprochen: Woryn sind ir denn getouft? (nit worinn).
Unnd sy habend gesprochen: In "den touf Ioannis" (nit im touf
Ioannis). Und das du glych darüber schrüwist, das du klacktist,
dennocht hat sy nit anderst. Demnach so bewärst 's du uß der nüwen
dolmetschung und der alten latinischen. Das ist glych ein bewärnus,
als wenn du sprächist, es stuende also in der poläggischen spraach;
denn das nüw testament ist ursprünglich glych als wenig latinisch
oder tütsch gewäsen als poläggisch. Darumb du din schryen wol
spartist biß in faßnacht; es gehört nit hiehar. Du soltest aber, woltest
ye uss dem grund der spraach reden, ouch eben dieselben tütschen
dolmetschung Matt. 28. [Matth. 28. 19] radts gefragt haben, da sy
hat: "Sy touffende in den namen des vatters" etc. und nit: "im namen".
Was mag ich deß, daß der dolmetsch nit uff sich selbs hat acht
genommen? Darzuo, warumb bsichst nit hie, wie die aldisch (also
redest du; dann Aldus hat das nüw testament nit dolmetschet) und
die erasmisch dolmetschung standind, so du mich an eim andren ort
kanst zuo inen wysen, da denocht der griechisch text uff unserer syten
stadt? Und das hüpsch glößlin, das du hie tuost, und sprichtt:
"Ioannes hat uns touft", das söllend dir, ob gott wil, alle Christen

--608--

nimmer mer vergessen. Du hast die zyt übel gezellt und die gelegenheyt
des lands; ouch schlächt betrachtet, wenn Ioannes getödt
sye unnd was Act. 18. [Act. 18. 25] geschriben stadt; oder aber du
hettist dise jünger nit Ioannsen uss dem touf gezogen. Kurtz, ye
lätzer du mit der gschrift umbgaast, ye stöltzer du härynbrallest.
Noch dennocht so vermagst weder du noch gheyner brächen; denn wie
ich anzeigt hab im "toufbuoch", daß Paulus allein von der ler wägen
mit inen redt, und den touf für die leer nimpt. Luog yetz, wär mit
der gschrifft gougle: einer, der den sinn der gschrifft ussz der gschrifft
bewärdt, oder einer, der mit grund der gschrift darwider nit kan,
aber grusamlich schrygt und flennet vor den einvaltigen?
Und zuo end desselben punctens ryssest gar ein guots bösslin, so
du sprichst "dann es stat ye underscheydenlich: Er hat töufft mit
dem touff der buoß", und laast, das in den worten Pauli harnach
volget, ussz; dann dasselb ist das euangelium. Unnd wilt aber du bewären,
Ioannes touff und Christus touff sygind zween töuff. Laß die
wort Pauli by einandren ston, so sicht mencklich, ob er vom
wassertouff rede oder nit; ob er den vergriff Ioannsen touff erzelle,
oder ob er inn ringer mache. Also [Act. 19. 4]: "Paulus aber
sprach: ,Ioannes hat zwar den touff des rüwens getoufft, zuo dem
volck sprechende, das sy in den vertruwtind, der nach im käme, das
ist: in Christum'". Sich, lieber, was ist "den touf des rüwens
touffen" anders, weder: "er hat die leer des euangelii gfuert"? wie
dann vor mit vil orten der gschrifft bewärt ist, das "der rüwen" für

--609--

"das euangelion" offt genommen wirt. Unnd doch hie den teyl des
euangelii gemeynt, der die endrung und nüws läben erfordret, unnd
strycht darnach die gantzen summ des euangelii mit aller klarsten
worten uß, wie doben gesagt ist. Besich den text, ob nit die summ
des euangelii im vormelden Pauli stande. Sölte man dich hie ußryben,
als du tuost, dir wurd hut und haar abgon.
Da du wider das ort Matt. 21. [Matth. 21. 25] strytest, da
Christus fragt: "Wannen was der touff Ioannsen", "touff" werde
da nit für "die leer" genommen, thuostu wol als unverschampt als
andre ding, unnd schiltst mich darzuo ein gschrifftrysser. Dann du
soltest billich in der Juden heimlichen radtschlag und sorg gesehen
haben, das hie "touff" für "leer" genommen wirt, do sy also in inen
selbs trachtetend [Matth. 21. 25]: "Sprechend wir, er sye von himmel,
so wirdt er sprechenn, warumb habend ir im denn nit gloubt?" Sich:
"gloubenn". Wäm gloubt man aber: dem wassertouffen oder der leer?
Luog, wär ryßt die gschrifft? Also ouch Io. 1. [Joh. 1. 25]: "Warumb
touffstu?" fragtend sy dem wassertouffen nit nach, das gmein was
by den Juden, sunder der nüwen leer, mit dero er das opfer oder lamb
anzeigt, das die sünd der welt hinnimpt. Damit gieng ir nutzlich kelberopffren
ab. Das sicht man ouch an den bystenden worten
[Joh. 1. 25]: "Warumb touffstu, so du nit Christus, nit Helias, noch

--610--

ein prophet bist?" Wie? Toufftend denn die propheten? Hat Helias
toufft? Aber die propheten predigetend. Das thett Ioannes ouch, und
sprach aber, er wäre nit ein prophet [cf. Joh. 1. 21]. So volgt, daß sy
im mit dem wort "warumb touffstu?" in die leer habend wellen reden.
Den worten Petri 1. cap. 3. [1. Petr. 3. 21] tuostu grossen gwalt; dann
Petrus daselbst den "touff" offenlich für "Christum" nimpt; dann der
macht uns alleyn heyl. Sich, also wirt, wie in der gmeyn davor anzeygt

--611--

ist, "der touf" für: "den handel oder grundveste des heyls" genommen.
Wie ist uns aber Christus heylsam? Wenn unser hertz grecht
an im ist. Also ist die arch me ein bedütnuß Christi gewäsen weder
der sündfluß. Noch so redend die apostel also. Sind alles tropi. Da

--612--

muostu ein guot biel koufen, daß du ouch in die tropos houwen und
wäg machen könnist.
Das anheblich zeychen das spitzestu kluog ding uß; aber davon

--613--

wirt im letsten puncten kummen. Du soltest din selbs vast verschonet
haben mit so offtem kläglichem schryen, das du nit umb der guoten
stimm kämist; und gedar dir wol im houpt ouch wee tuon.
Darnach bewärstu mit zehen articklen, wie notwendig der wassertouff
sye, und thuost glych, als wär nit wassergetoufft werde, der

--617--

möge nit sälig werden. Und gibst dem wassertouf mit vil geschwätzes
so vil zuo, als ob der ouch etwas vermöge in nachlassung der sünd,
daran du dem bapst wol dientist, wo du es erobren möchtist. Nun
sag mir an, meynstu, das der usser touf etwas vermöge zuo nachlassung
der sünd oder nit? Vermag er die sünd abwäschen, so ist Christus
vergeben gstorben umb der sünden willen Galat. 2. [Gal. 2. 21]; so
ist valsch, das gott allein die sünd nachlasse Exodi 34. [2. Mos. 34. 25],
und Isa. 43. [Jes. 43. 25], Luce 5. [Luc. 5. 21], ja, ouch wider üch.
Vermag er die sünd abwäschen, so sol man inn allermeist den kinden
geben, ob sy achter in sünden sind, als etlich meynend, und du dich
hast lassen mercken. Vermag er die sünd nit abwäschen, so muoß er
ye ein usserlich ding sin. Warumb schlahend ir denn inn den kinden
ab, sidmal sy under das volck gottes gezellt werdend? Ich wil dir
aber anzeygen, das etlich gewäsen, die nit getoufft sind mit dem usserlichen
touf, und denocht ußerwelte gottes gewäsen sind: Nicodemus

--618--

[cf. Joh. 3. 1-21], Joseph von Ramoth [cf. Joh. 19. 38] und Gamaliel
[cf. Act. 5. 34, 22. 3]; dann sy dorftend Christum nit offenlich
verjehen; deßhalb, so sy getouft wärind gsin, sy verbannet wärind.
Sprichstu: "Es ist sich wol ze versehen, sy sygind touft, oder aber, sy
sind nit sälig worden." Gnad, herr richter! Zimpte mir yetz nit ouch
schryen: "Es gilt nit versehen, duncken, meinen, sunder wüssen.
Gschrift gschrifft"? Das ir aber, so ir durch die lucken nit mögend
kummen, schryend: "Sind sy nit getouft, so sind sy nit sälig worden."
Aber, gnad herr richter, daß die säligkeit nit allein nit werden mag,
denn wäm ir die zuosprechend; sunder sy ist ouch nieman worden, denn
wäm ir sy erkennend worden sin. Wie ist im, wenn die genanten im
himmel doben sind wol 15 hundert jar gwäsen, und wenn ir üwere
comment nit verantwurten könnend, so jagend ir sy uß? Also
merck, daß der touf ein usserlich pundtszeychen ist, das alle die nemmen
söllend, die in dem pundt sind, nyeman ußgenommen, one den
gott mit etwas val ußnimpt. Wän nun der val ußnimpt, der muoß
ye nitt under die verdampten gezelt werden umb des usserlichen zeichens
willen, oder aber wir hettind einen rüheren gott dann zuo Moses zyten.
Denn das du im andren der 10. puncten sprichst: "Was gott hoch
achtet, das schetzt menschliche wyßheit zum geringsten" etc., das ist
aber diner gplerrgschreyen eins; dann du muost wüssen, das Christus
den touf so hoch geachtet hat, das er nit getouft, sunder die
jünger das hat lassen tuon. Und das Paulus spricht 1. Cor. 1. [1. Cor.
1. 17]: "Christus hat mich nit gesandt ze touffen, sunder das euangelium
ze predigen." Nit daß ich dem heiligen sacrament oder zeychen
ützid welle abgebrochen haben, sunder dinen kampf harfürziehen, das
du dich überlupffst, und an einem ort dem touf ze vil zuogibst, damit
du die einfaltigen in die sect fuerist, und glych am andren ort inn so
gering schetzst, daß du inn den kinden abschlechst, und ouch harwidrumb
inn leerst fräfenlich widren.

--619--

Item aber züchstu im 5. derselben articklen ein kundschaft
haryn uß Hebr. am 10. [Hebr. 10. 22f.], und richst ein sölchen tant
uf, daß ich meint, ich möcht mich din nit annemmen als eins verwirreten
schryers und Thersyten, so du mit der gschrift die einvaltigen
also wilt blenden, da aber du grundtlich weist, das sölichs
der sinn der worten Pauli nit ist. Noch so narrest die einvaltigen
Christen mit sölichem gouggel. Du weist wol, welcher S. H. dir
den natürlichen sinn desselbigen orts eigenlich zeyget hat; noch so
züchst mit harfür. Also: Paulus machet daselbst ein epilogum oder
ein summarium der vorgelerten dingen, das er sagt [Hebr. 10. 19-23]:
"So wir nun söliche sicherheyt des zuogangs zuo gott habend etc., so
lassend uns hinzuogon mit warhafftem hertzen und ußgebutztem oder
styffem glouben, besprengt am hertzen von der bösen conscientz,
unnd gewäschen am lyb mit reynem wasser. Lassend uns unsere
veryächne oder unbetrogne hoffnung styff halten" etc. Hie sind
dise wort: "Gewäschen am lyb mit reynem wasser" ein figurliche red,
und reichend uff die manigvaltigen begiessen und wäschen, die im
alten testament gebrucht wurdend, welche alle ein bedütung der conscientzreinungen
gwäsen sind, dero sich die glöubigen für das usserlich
baden nieten söllind. Darumb stadt ze nächst darvor [Hebr.
10. 22]: "Besprengt am hertzen von der bösen conscientz", sam er
demnach also spräche: "Besprengend ir üwre hertzen mit reinigheit und
unschuld; denn sind ir recht am lyb gewäschen mit wasser (als yene
tatend), ja usserlich sich wäschende, und achtetend der conscientz
nüts." Das aber Paulus sölicher meinung rede, erfindt sich darvor
im 6. [Hebr. 6. 1. 2]: "Wir wöllend nit erst etc. an der leer der töuffen

--620--

anheben." Sich, da verzycht er sich von den groben usserlichen
dingen, das er davon nit sagen wölle. Ob er aber glych vom touf
redete, dennocht reicht diß ort weder uff den widertouf noch wider
den kindertouff. Dann wir löugnend nit, daß man nit touffen sölle,
sunder wir wellend ouch die kinder touffen; aber den widertouf verwerffend
wir; dem hilfft aber diß ort gar nit. Und sidmal du an
disem ort so unbillich schrygst und zablest, muoß ich dir denocht
sagen, das ein frummer Christ by uns darnäbend geschriben hat:
"Luog, wel esel."
Demnach gefalt mir das wol, das du sprichst, ir haltind üch nit
des orts Act. 19. [Act. 19. 1-7], daß ir bewären wellind, das der widertouf
zimmlich sye; dann üwers sye nit ein widertouf, sunder ein erster
touf; dann ir sygind vormal nit touft. So ich nun mit gott bewären
wird, daß ir getouft sind, so wirt on zwyfel ouch bewärt sin, das
der yetzig ein widertouf sye. Denn biß mir diser worten yngedenck.
Das du aber sprichst, das sye nit der touf: "Ich touf dich in den
namen des vatters und suns und heyligen geysts", ist ein offne irrung.
Aber du tuost's von anfang dises buochs har, vermischest den inneren
touf des geysts mit dem usseren, sacramentlichen touf; und möchtest
aber wol sehen, das wir allein von dem usseren touf span habend, ob
derselb ouch den kinden ggeben und den alten widerggeben sölle werden
oder nit; dann den inneren touf könnend wir nyeman geben. Und ist
der usser touf nüt des minder ein rechter, warer touf, obglych der

--621--

inner das wüssenhaft heyl ist dem, der inn hat; so ist doch der usser
ein sichtbar zeychen des gantzen volcks gottes, glych als ouch die beschnydung
ein usserlich pundtszeichen was, obglych einer den glouben
wüssenhaft nit hat. Wenn du aber also sprächist: "Der usser nützt
nüt an der seel, es sye dann der inner darby", das wurde red bruchen;
aber den einvaltigen in die oren schryen: "Der usser touf ist nüts",
das ist ein offner fräfen.
Ouch woltestu gern den touf ein offne verzügnus des gloubens
nennen, wenn man dir's erloubte. So sye dir minenthalb erloubt,
doch mit dem geding, das du diß wort "gloub" recht nennist, so wil
ich's mit dir haben, namlich: für die summ des gantzen pundts, den
wir armen mit gott habend, und nit für das vertruwen unnd glouben,
das ein yeder in sinem hertzen hat; sunder dermaassen, als man spricht:
"der Christen gloub", und verstadt dardurch die gantzen summ, die
den christen glouben betrift; oder so man spricht: "Die Juden haltend
Moses glouben." Das hat nit die meinung, das ein yeder Jud
ein so starcken glauben habe zuo gott, als Moses hatt, sunder: eben
das testament, den glouben oder innhalt, den Moses beschriben hat,
haltend die Juden. Und wirt also hie "gloub" für: das testament
oder pundt, genommen, nit für das vertruwen, das ein yeder zuo gott
hat, wiewol das vertruwen zuo gott nach innhalt des testaments, pundts
oder gloubens gericht muoß werden. Davon mee härnach kummen
wirt. Ja, wenn du also "den glouben" für "den gantzen innhalt des
pundts" nemmen wilt, so wil ich's mit dir haben. Denn tuost du im
recht, daß du den touf ein offne verzügnus, das ist: pundtszeichen,
sacrament, teletam [τελετἠν], pflichtszeichen oder derglychen, nennest;
dann es ist ein offne kundtschaft, verzeichnung, oder initiation des
christenen gloubens, das ist: des christenen testaments oder pundts.
Luog hie eigenlich uf, so wirst erlernen, wie man's meint, wenn man
spricht: Der touf sye ein zeychen des gloubens oder die beschnydung.
Und so du sprichst uss den worten 1. Petri 3. [1. Petr. 3. 20. 21],

--622--

die arch sye ein figur des touffs, luog eigenlich uff den tropum. Die
arch ist ein figur Christi (dann der ist: in dem wir allein durch die
wällen diser welt behalten werdend) und nit ein figur des toufs; oder
aber der touf machete sälig glych wie die arch. So sichstu offenlich,
das doben anzeygt ist, das hie "touf" für "Christum" genommen
wirdt oder für 's "euangelium"; das hab ich doben "leer" genennet.
Luog, wie für und für die figurlichen reden ein wort für das ander
bruchind. Also wirt hie der "touf", der allein ein zeichen des christenen
gloubens ist, das ist: der christenlichen summ des christenlichen
testaments, für "das testament" oder "Christum selbs" genommen.
Was schwecht aber das den kindertouff, oder was hilfft es
dem widertouff?
Da du sprichst, der namm "kindertouf" sye nie gehört worden,
ist waar. Es ist aber "kinderbschnydung", "kindertestament", "kinderkilch",
"kindervolck" unnd derglychen in der gschrifft ouch nit gehört
worden, aber wol "beschnydung", "testament", "kilch", "volck", und
sind all wäg daby die kind ouch yngeschlossen und verstanden.
Das du sprichst: "Wie kan man die kinder fragen, ob sy gloubind?",
sag an, wo stadt geschriben, das man yeman fragen sölle, der
glych erwachsen ist, ob er gloube? Denn das Ro. 10. [Röm. 10. 10]
stadt: "Mit dem mund vergicht man zum heil", dienet nit hiehar,
sunder zuo dem gmeinen verjähen, das ein yeder glöubiger schuldig ist
ze tuon, ob er anderst wil sälig werden, das er den glouben veryäch
ouch in tod hinyn. Von dem Mat. 10. [cf. Matth. 10. 22] stadt. Nit,
daß ich der meynung sye, wo man einen erwachßnen toufte, nit fragen
sölle; sunder das du lernist, was das sye: mit gschrift etwas tuon, das

--623--

wider gott ist, und one gschrifft tuon, das mit gott ist, Mar. 9. [Marc.
9. 11-13]; dann so ir das nit könnend noch wüssend, werdend ir mit
üwerem kempffen dem bapst alle ding helffen widerumb in d' hend
geben.
Menschentant hast du mir uf, da ich aber nüts anders denn den
offenen lug des menschentants verwirff. Dine mithafften gabend im
gspräch offenlich für, wie der kindertouf erst innert sechshundert
jaren vom bapst erdacht wäre und ufgesetzt. Do machet ich sy lugenhaft
mit den offenen worten Augustini, der vor einlifhundert jaren
den kindertouf geschirmt hat als wol als wir yetzt. Wie kan er
denn erst vom bapst yngesetzt sin? Nit, das ich ützid mit der kundschafft
Augustini bewären wölte am touf, sunder anzeygen, wie
offenlich sy lugind, da sy sagtend, der kindertouf wäre vom bapst unnd
vom tüfel. Glych als ich dir hie ouch anzeigen wil den spruch Origenis,
der zyt sich in die 1400 jar louffend; daran du ouch sichst
den kindertouf lenger vor bapst Niclausen gewäsen syn, weder syd
des bapsts zyt har sye. Also spricht Origenes in epistolam
Roman. 6. lib. 5.: "Darumb hat die kilch den bruch von den apostlen

--624--

angenommen, ouch den kinden den touf ze geben." Sich, hiemitt wil
ich nüts anders, denn das ir uff die zyt sehind, und nit so närrisch
under den einvaltigen schrygind, der kindertouf sye vom bapst har.
Dann ir wüssend all, das do ze mal, ja noch zuo Augustinus zyten,
der nam "papa", "bapst" nit gehört was. Warumb fuerend ir denn
söliche lüg?
Demnach sprichst du in der frag: "War doch die jungen kindlin
kömmind, gott möge sy durch sin gnad wol sälig machen." Damit

--625--

wilt du aber vermeint werden, wir habind nüts gwüsses drumb, und
uss der ursach lassest du ir säligheyt an die gnad gottes unnd sprichst:
"Gott mag die jungen kindlin wol sälig machen uss gnaden." Lieber,
ist es waar? Ich hör wol, er muoß nit urloub von dir nemmen?
Gschrift, gschrift! Mach rumpf! Gib ein häll wort, oder aber du
muost offenlich jähen, das sy verdampt sygind. Denn so man üch nit
ein wort bringt, das also lute: "Touffend ouch kind", so sprechend ir,
der kindertouf sye uss dem tüfel; das doch gar nit ist. Sichstu, wie
üwer sach stadt? Sag aber an, wodurch werdend wir sälig? Uss gnad?
So hör ich wol, wir werdend eben uss gnaden sälig, wie ouch sy.
Sich, was das für stempenyen sind! Nun das ir nitt verjähen
muessind, das die jungen kindlin der Christen gwüss gottes sygind,
suochend ir söliche renck. Denn so bald sy durch den pundt, den
gott mit dem christenen volck hat, erkennt werdend nüt minder
sälig sin unnd kinder gottes weder im alten testament, so volgt von
stund an, das man sy ouch nitt weniger mit dem pundtszeychen bezeychnen
sol weder im alten testament.
"Einen kindswäscher" nempst du mich. Das trag ich ringer,
weder schultestu mich einen judenguotwäscher. Christus hat sy
gheissen zuo imm lassen kummen, hat sy umbfangen etc. [cf. Marc.
10. 16]. Warumb machest du denn die lieplichen ceremonii häßlich mit

--626--

dinem schälten, sam es dem mann ein spott sye, kinder wäschen? Ja,
denen gibt es sich nit wol, kind wäschen, die ze kostlich bkleidet sind,
aber Christo und uns schlächten predicanten zuo Zürich gibt es sich
wol. Wie schücht dir so vast ab kindwäschen! Nun bistu doch
ouch ein kind gsin (damit ich mit dem ernst schimpffe), wiewol du yetz
so groß bist.
Den glouben der elteren verwirffstu abermals. Das kumpt dahar,

--627--

das du nit verstaast, was underscheyds ist zwüschend "das glouben"
und "wie glouben", wie doben ist anzeygt und harnach me kommen
wirdt. Wenn man spricht: "Die kind werdend im gloubenn der elteren
getoufft oder bschnitten", meynt man nit: wie sy gloubind, daß derselb
gloub sy, die kind, sälig mache; denn es mag sin, das die eltren gantz
unglöubig sygind. Aber, das sy gloubend, das ist: der gloub, den sy
mit dem mund veryähend, der macht, das man sy, die kind, under
die Christen verzeychnet. Und heyßt also "der eltren gloub" das,
daß unsere vordren offenlich verjähen habend, oder das inen fürgehalten
ist ze verjähen.
Zungen schultestu gern übel; dann wo du kanst, gibst inen ein
rupff; und weyst aber uss gottes ordnung, gaab und wort, wie notwendig
sy sind. Und wenn gott verhangte, das sy widerumb erloschtind,
daß wir in die vordrigen finsternuß wurdind gfangen gelegt.
Der ander teyl.
Ietz wil ich dir anzeigen, daß du nit getrüwlich mit mir gehandlet,
so du die gründ des kindertoufs, die ich in zwo kurtz beschlußreden
zwungen hab, mit einem wort nit anruerst. Das wil ich ouch allen
denen gesagt haben, die da sprechend: "Sam mir gott! Nun redt der
doctor von Waldshuot denocht etwas"; dann dieselben wellend ouch nit
mercken, das er mir die genanten gründt nit allein nit umbgstossen,
sunder ouch nit ankuchet hat. Er sölte inenn doch etwan ein böß
wort an eym fürgon ggeben haben, so vil er schimpfs (der zorn
glych sicht) mit mir trybt. Dieselben wil ich hie harwidrumb setzen
und noch klärer machen, ob doch neyswar die ougen wölte uftuon.
Also stond am end im buoch vom touff die schlussreden oder gründ:

--628--

I. "Zum ersten vom touff gemeinlich:
Die seel mag ghein element oder usserlich ding in diser welt reynigen,
sunder reynigung der seel ist der eynigen gnad gottes.
II. So volgt, das der touff keyn sünd abwäschenn mag.
III. So er nun nit abwäschen mag und aber von gott ist yngesetzt,
so muoß er ye ein pflichtzeychenn sin des volcks gottes und sust nüts
anders."
Dise 3 schlußreden wellend wir zum erstenn hinrichten und demnach
an die andren hin.
[I.] "Element" wirt hie nit allein für erd, wasser, lufft, fhür gen#.ommen,
sunder für alle usserliche beruerung, verzeychnung unnd ceremonien.
Also nennet ouch Paulus die ding "elementa" Galat. 4.
[Gal. 4. 3], Coloss. 2. [Col. 2. 8].
[II.] Da ich also red: "der touf möge kein sünd abwäschen", verston
ich nüts anders denn das usserlich zeichen oder sacrament des
toufs. Daß aber weder der touf noch kein usserlich ding mög reynigen,
lert Paulus Hebr. 9. [Hebr. 9. 13-15] starck. Denn möchte uns
yeman reynigen weder Christus, so wäre doch Christus vergeben
gstorben; dann man het 's wol mit underhinduncken ußgericht; hett
nit crützigens dörffen Gal. 2. [Gal. 2. 21].
[III.] Das aber der touff ein pflichtszeychen sye und nüt anders,
bewär ich mit diser rechnung: Der touf ist der Christen bschnydung
Colos. 2. [Col. 2. 11-15]. Die bschnydung ist ein pflichtszeychenn
Genn. 17. [1. Mos. 17. 10-14]. So volgt yetz, das ouch der
touf ein pflichts-, pundts- oder anheblich zeychenn sye.
Wirt alles in den nachgenden gründen heyter werden.
Ietz volgen die andren zwo schlußreden, vor im toufbuoch ußgangen.

--629--

"Vom kindertouff.
I. Der Christen kinder sind nüts minder gotteskinder weder ire
elteren, glych als wol als im alten testament. So sy nun gottes sind,
wär wil inen vor dem wassertouf sin?
II. Die bschnydung ist den alten gewäsen, des zeychens halb, das
uns der touf ist. Wie nun die den kinden ggeben ist, also sol ouch
der touf den kinden ggeben werden."
Sich, lieber Balthazar, dise zween gründ hastu mit einem wort
nit angeruert. Und ist aber diß der grund, darinn wir den kindertouf
erhaltend. Deßhalb du den gegen uns hettist umbkert, so verr du
dise zwo schlußreden mit der warheyt gestürmt hettist. Ich solt ouch
allen denen, die din buoch etwa für habend, die nasen über dise schlußreden
ziehen, das sy doch sähind, ob din buoch darwider vermöcht
oder nit. Was wär es, das du noch tusend buecher schribist, unnd
dise gründ nit umbkartist? Wär es nit ytel? Wenn einer glych
vast schlecht und stryt, und aber nit wider den fyend stryt, den
nit schlecht, wofür ist doch des stryt?
Darumb so merck also:
Wenn ich sprich: "Der Christen kinder sind nüts minder gottes
weder ire eltern", wil ich dir anzeygenn, das alle dero menge, die in
gottes pundt sind, ein kilch, ein versamlung ist, sy sygind kind von
jaren, von überschwencklichen alter, mangel der vernunfft oder welchen
wäg das sye, und bewär das von stund an mit dem wort: "glych
als wol als im alten testament", der meinung: Glych wie im alten
testament die kinder glych als wol gottes warend, glych als wol das
volck, glych als wol die kilch gottes als die alten, also sind ouch im
nüwen testament die kinder der Christen glider des volcks und kilchen
gottes, oder aber es wäre me ungnad in Christo weder in Mose, das
nit sin mag.
Darumb so wil ich dir ordenlich zum ersten bewären, das der
alten kinder gottes volcks glider gewäsen sygind, zum andren, das unsere
kinder nüt weniger glider des volcks gottes sygind dann yhene.

--630--

Von ersten also:
Gott hat mit Abrahamen ein pundt getroffen mit sölchen worten
Genn. 17. [1. Mos. 17. 1-7]: "Ich bin der allmechtig gott. Wandel
ufrecht vor mir. Ich wil minen pundt zwüschend dich und mich
setzen (hie wil ich die lyplichen verheyssung umb kürtze willen ußlassen).
Unnd ich wil dich treffenlich manigfaltigen etc. Und ich
wil minen pundt zwüschend mir und dir ufrichten, unnd zwüschend
dinem somen nach dir von gburt zuo geburt, ein ewigen pundt: das
ich din gott sye unnd dines somens nach dir" etc.
Und gott hat widrumb zuo Abraham geredt [1. Mos. 17. 9-11]:
"Aber du wirst minen pundt (oder pflicht) halten und din som nach
dir in iren gburten oder geschlechten. Das ist min pundt oder pflicht,
das ir halten werdend zwüschend mir unnd üch und dinem somen
nach dir. Es söllend under üch alle knäble bschnitten werden; das
fleysch üwerer vorhut werdend ir beschnyden; und so wirt es zuo eim
zeychen sin des pundts, der zwüschend üch unnd mir ist" etc. Item:
Aber hat gott zuo Abraham geredt Genn. 12. [1. Mos. 12. 3]: "In
dir werdend alle geburten oder gschlächt der erden gebenedyet." Und
Genn. 22. [1. Mos. 22. 18]: "In dynem somen werdend alle gschlächt
der erden gebenedyet." Disen pundt hat er mit Isaac, Abrahams sun,
widerumb bevestiget Genn. 26. [1. Mos. 26. 3.4], und mit Jacoben,
Isaacks sun Genn. im 28. [1. Mos. 28. 13-15]; und demnach für unnd
für mit Mosen, Josue, Gedeon, David, Salomon und andren.
Nun wöllend wir die fürnemmen stuck dises pundts harfürziehen.
Das erst ist, das er der allmächtig gott ist und alle unsere gnuoge.
Das ander, das er unser gott ist. Dann was hie zuo Abrahamen
gsagt, wirt allen gsagt, die da gloubend wie Abraham Gal. 3. [Gal.
3. 8.9]. Gott wirt nit verwandlet. Ouch so sind diss die gmeinen
verheissungen des gloubens.
Das dritt, das er ouch unsers somens gott ist. Uss dem häll
ersehen wirt, daß der som Abrahams, Isaac glych als wol gottes
was; dann er im pundt vergriffen was als Abraham.

--631--

Das 4. zeigt die schuld an, die wir imm ze tuon schuldig sind, da
er spricht [1. Mos. 17. 1]: "Und wandel ufrecht vor mir." Nun kond
Isaak das nit tuon, diewyl er ein kind was; noch stuond der pundt zuo
im als wol als zuo Abraham. Das bewärdt das pundtszeichen.
Von dem yetz.
Das fünft stuck ist, das er sy hat gheyssen die bschnydung tragen,
ein sigel- oder pundts- oder pflichtszeichen, welches er ouch den kinden
hat gheyssen geben; welches ein gwüsse bewärnus ist, das sy in der
gnad unnd pündtnus gottes nüts weniger sind gsin weder die elteren;
oder aber gott hette inen das zeychen nit heyssen geben, wenn sy nit
glider und mitgeteylen sines pundts unnd volcks wärind.
Das sechßt, das er alleyn heyßt die knäble das pundtzeychen tragen;
unnd sind aber die wyber alle wol im pundt als die mann.
Hie, lieber Baltzer, wil ich dir aber einen mangel zeygen, den
ir mißtöuffer in disem handel habend, namlich, das ir die sinecdochas
nit verstond, das ist: das benamsen des fürnemmen teyls, darunder
aber das gantz gschlächt vergriffen wirt. Hie macht gott den pundt
mit allem somen, darinn ouch die wyble vergriffenn sind; noch so
heyßt er alleyn die knäble bschnyden, darumb, das er 's gnuog wil lassen
sin am fürnämeren teyl. Und ist nüt des minder waar, daß der
som Abrahams beschnitten sye, wiewol die wyber unbschnitten blibend,
dero doch on zwyfel nit weniger denn der mannen warend. Also
ist es ein sinecdocha, so Paulus 1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 2] spricht:
"Unsere vätter sind all in Mose toufft" etc.; und wurdend doch die
muetren und kind nit weniger dann sy getouft; unnd werdend aber allein
die vätter benamset als der fürnem teyl. Also ist das ouch ein sinecdocha
Act. 2. [Act. 2. 46.47]; da staadt, das die glöubigen all by einanderen
wontind, brotbrächind, bättetind etc., unnd stadt doch nüts
von kinden. Noch sind sy gwüss ouch in der zal der elteren gewäsen,
oder aber wir mueßtind jähen, das die, so Christen wurdend, ire
kinder verlassen hettind, das ouch die vich nit tuond. Also ist ouch
die leer des toufs mit dem zeichen durch den banck hinwäg ein

--632--

synechdocha, glych wie ouch der pundt und pundtszeichen. Obglych
Christus nit in sunderheit spricht: "Die kind sind ouch min, touffend
mir sy ouch", werdend sy denocht under dem volck und kilchen gottes
nüts weniger verstanden denn ouch die kinder Abrahams, Isaacs,
Jacobs, Davids etc. Daruß ouch waarlich ermessen wirt, das die
apostel die kind der glöubigen nüts weniger getouft habind denn ouch
die elteren, obglych der buochstab das nit redt; dann der Hebreier
spraach ard ist, offt die kind nit benamsen, sunder under den elteren
vergryffen. Wie nun nit glöugnet werden mag, daß sy nit durch's
meer ggangen und nit by der kilchen gsin sygind, also mag ouch nit
glöugnet werden, daß sy nit getouft sygind, voruß, so wir eigenlich
der jungern harkommen ermessend. Die warend Juden. Under denen
gab man das pundtzeichen den kinden. Also habend sy es ouch on
zwyfel der Christen kinden ggeben; dann sy wol wußtend, das die
kind als wol im pundt warend als die elteren. Wie ouch Origenes
redt, als doben ist anzeygt, das die apostel die kind der Christen
ouch getouft habind.
Das sibend, das gott den heyland dem Abraham verheißt: "In
dinem somen (verstadt Christum Galat. 3. [Gal. 3. 8]) werdend
alle völcker gebenedyet." Sichstu nun das zeichen des pundts den
kinden ggeben werden, ouch das sy im pundt sind, wiewol sy weder
zeychen noch pundt kennend? Wir redend aber nit von anderen
kinderen, denn die, von denen geboren werdend, die im pundt sind.
Sichstu ouch, das sy erst darnach geleert werdend? Deuteron. 31.
[cf. 5. Mos. 31. 12.13].
Hie mag aber diser gegenwurff geton werden: Wär wil aber
wüssen, ob vatter und muoter im pundt sygind oder nit? Sy möchtind
sich doch wol glychßnen, sy wärind im pundt oder glouben, so es nit
wäre, und denn so möchte den kinden ye der gloub irer elteren
oder pundt nit helffen, das sy im pundt wärind. Antwurt: Wir mögend
nitt in 's hertz sehen. Wir mögend aber ouch reinigung des hertzens
nit geben; denn das ghört allein dem meyster zuo, der den prästen
innwendig sicht. Also: Gebend wir zeychen, und lerend ouch nun
usserlich, so muessennd wir uns ouch des usserenn verjähens benuegen,
unnd den für einen pundtsman oder glöubigen in dem val der bschnydung

--633--

und touffs rechnen, der die synen wil bschnyden oder touffen.
Sunst möcht kein mensch den andren weder bschnyden noch touffen;
denn nieman weyßt, ob der verjäher warhaft ist oder trügt. Ietz verstaast
aber bas, wofür "gloub" genommen wirt, wenn man spricht:
"Die kind werdend im glouben der eltren sälig, beschnittenn oder getoufft",
namlich, daß hie "gloub" für "das verpflichten im pundt" genommen
wirt oder für "den pundt". Also, ist der vatter oder muoter
drinn, und gibt dem kind das pflichtzeychen, so ist das kind ouch drinn.
Darumb spricht Paulus 1. Cor. 7. [1. Cor. 7. 14]: "Sust wärind üwre
kind unrein; nun aber sind sy reyn." Dise unser antwurt wirt im
Simon Mago erlernet Act. 8. [Act. 8. 13], da also stadt: "Do hatt
ouch Simon ggloubt; und nachdem er touft was, hangt er Philippo
an." Und erfindt sich aber, das er nit gloubt hat. So ist ouch offenbar,
das er mit annemmen des toufs gethon hat glych wie die glöubigen.
Sich, wie "glouben" für: "das usser baaren, darston und
zeychen nemmen" genommen wirt. So nun im die apostel das zeychen
ggeben habend, so erfindt sich, das wir uns am usseren vordren oder
verjähen muessend benuegen lassen, wiewol weder by Juden noch
Christen sich zu versehen ist, das yeman sin kind zuo dem pflichtzeychen
trage, er gloube denn. Wo aber das ye nit wäre, so ist der
kilchen oder dem volck gottes gnuog die usser verjähung, und wirt das
kind nüts des minder under die gezellt, die im pundt sind; dann das
kind wirt sins vatters boßheyt nit entgelten Deut. 24. [5. Mos. 24. 16]
und Ezech. 18. [Ez. 18. 1-20], sunder das kind kumpt in pundt dero,
die drinn sind; dann ye gott betrügt nit. Byspil: Zuo Helias zyten,
der meynt, er wäre allein glöubig, wiewol noch siben tusent mit im
glöubig warend, wurdend die kindli mit der bschnydung under das volck
gottes gezellt. Ja, wenn Helias, als er wond, allein gewäsen wäre,
so wärind die bschnittnen kindle alle mitglieder Helie worden, so verr
sy zuo der bschnydung mit rechter, offenlicher ordnung getragen wärind
[cf. 1. Kön. 19. 9-18]. Sich, das ist der gloub der kilchen, als Augustinus
redt. Welchs wort ir ouch nit verstond; denn ir verachtend 's
seer. Dann " in 'n pundt genommen werden" ist nit menschlicher ynsetzung

--634--

sunder gottes gnaden. Der betrügt aber sin kilchen nit, ob
glych die valschen eltren betrugind.
Demnach ist dir gnuog anzeygt uß Deut. 31. [5. Mos. 31. 12. 13],
wie gott die kind heyßt leren, die aber vorhin bschnitten sind. Sichstu
daselbs, dass die leer erst harnach volget? Darumb so hilfft din kalender
nit (wiewol etlich meinend, du habist inn entlechnet), da du die heyligen
also in ordnung stellst: 1.a.) wort, 2.b.) gehör, 3.c.) touff, werck
etc.; denn das ist alles ein histori sinecdochica, nit ein beschrybung
des touffs, das ist: ein beschrybung des aller fürnemmsten und ersten
teyls der glöubigen, wie die apostel das euangelium sampt dem pflichtzeychen
under die unglöubigen gebracht habend, nit ein gsatzt, nit ein
ußschliessen der kinden, dero touff on zwyfel nach hebraischer art
nit beschriben wirt; sunder, was man von gewachßnen redt, wil man
ouch vom gantzen somen verstanden haben. Und darumb wil ich dir
ein andren almannak uff diß jar machen, darinn, ob gott wil, üwer
genßbad ufhören wirt.
I. Der rych, allmächtig gott
II. will Abrahams gott syn.
III. Der sol ufrecht vor im wandlen.
IV. Er ist ouch sines somens gott.
V. Der hat den heyland in dem pundt verheyssen.
VI. In den pundt bschnydt man d 'kind und alte;
VII. man leert aber die kind erst lang harnach den pundt und
zeichen erkennen.
Sich, wie die leer erst härnach zum letsten kumpt. Die zengg,
die hierinn möchtind gesuocht werden, sind all im "Toufbuoch" fürsehen
unnd verantwurtet. Also ist, als ich hoff, dir der erst punckt gnuogsam
bewärt: "das die kind im alten testament under das volck gottes
gezellt sind".
Der ander punct "das unsere kinder nüts weniger gottes kinder
sygind, dann der Israeler kinder warend", wirt also bewärt:
Es ist offenbar by allen glöubigen, das der christenlich pundt

--635--

oder nüw testament eben der alt pundt Abrahams ist, usgenommen,
das wir Christum, der yenen nun verheissen was, bar habend.
Und das ist das einig stuck, darinn die Juden sich verstoßend zuo
verdamnus. Gschrift: Zum ersten zeigend das die figuren und bedütnussen
des alten testaments an. Von Isaac und Ismael findstu
Gal. 4. [Gal. 4. 22-31]: "Esau was erstgeborner und ward verschupft.
Jacob kam an syn statt." Bedüt: das heidisch volck nach verschupfung
der Juden an ir statt ein volck gottes worden sin. Jacobs zwo husfrowen,
Lia unnd Rachel, dero die erst träffenlich fruchtbar, aber die
unwerder was, bedütet das verschupfft jüdisch volck; Rachel, die
by langem fruchtbar ward, bedüt das heydisch volck, das an statt der
Juden ein ußerwellt volck worden ist. Dero ist vil durch 's gantz
alt testament hin. Kundschafft: Isaias sagt im 54. [Jes. 54. 1] allerhällist
darvon, derglychen ouch die anderen propheten an vil orten, one
den David und one die psalmpoeten. Laß ich umb kürtze willen ston;
denn die glerten sind der dingen genietet. Allein den Osee wöllend
wir im 2. cap. [Hos. 2. 23 f.] harfürziehen; der spricht also: "Ich wil
mich dero erbarmen, die one erbermbd ist; und zuo dem, das nit min
volck ist, sprechen: Du bist min volck; und es wirdt sprechen: Du
bist min gott." Dise wort zeygend offenlich an, daß die kilch uss
dem heydischen volck an statt des jüdischen das volck gottes
worden ist. Dann der heilig Paulus zücht dise wort ouch also haryn
Rom. 9. [Röm. 9. 25. 26], und Petrus 1. ca. 2. [1. Petr. 2. 9. 10], da
er also spricht: "Ir aber sind das usserwellet gschlächt, das küniglich
priestertuomb, ein heyligs volck, ein gewunnes volck, das ir uskündind
die tugent dess, der üch uss der finsternus in sin wunderbarlich liecht
gefuert hat. Die etwan nit ein volck, yetzt aber ein volck gottes sind;
die etwan nitt erbarmet, yetzt aber erbarmt sind" etc. Die meinung
redt Christus selbs Matth. 8. [Matth. 8. 11]: "Ich sag üch,
das vil (oder die menge) kummen wirt von ufgang der sonnen und von
nidergang, und ruowen by dem gott Abrahams, Isaacks und Jacobs."

--636--

Und Matt. 21. [Matth. 21. 43]: "Darumb sag ich üch, daß das rych
gottes von üch genommen wirt und eim volck ggeben, das sine frücht
tuot." Sölichs truckt er noch häller im 22. Mat. [Matth. 22. 1-14] us,
da er mit der glychnus des künigssunes hochzyt nüts anders leeren
wil, weder das wir an das mal geladen sind, daran die Juden nit
kummen woltend. Merck die glychnus eygenlich; denn es möchte
yemants sprechen: "Was gadt uns das alt testament an? Was gadt 's
uns an, was pundts gott mit Abraham gemachet hat? Denen dient dise
glychnus, das wir nit über ein ander mal, das ist: nit zuo eim nüwen
glouben oder pundt, sunder zuo dem glouben und pundt Abrahams,
zuo dem erstlich zuogerüsten nachtmaal, beruefft werdend, so vil den ewigen
pundt antrifft, nit in das bluotig oder lyplich gsatzt; denn Zara hatt
die hand mitt dem rhoten faden wider hinder sich gezogen, und ist
Perez erstgeborner worden Genn. 38. [1. Mos. 38. 29. 30]. Darzuo redt
Paulus Ro. 4. [Röm. 4. 14] also: "Dann sind die allein erben, die
under dem gsatzt (verstand: sind oder fromm werdend), so ist der gloub
nüts, und das verheyssen ußgelärt" etc. Darumb sind die glöubigen
erben, damit die gnad erkennt werde und die verheyssung styff blybe
allem some; nit allein dem somen, der under dem gesatzt was,
sunder ouch dem, der uß dem glouben Abrahams ist, der ein vatter
unser aller ist. Sich, wie in den worten Pauli so offenlich anzeygt
wirdt, das wir erben worden sygind als wol als die Israeler, die
lyplich von Abraham kamend und under dem gsatzt oder vor dem
gsatzt geläbt habend; wie dann das verheyssen, das ist, pundt mit
Abrahamen, gmacht sye, so verr unnd wir kinder Abrahams
sygind durch den glouben. Merck aber hieby all wäg die synecdocham,
das ist: die ard der red, die allein den fürnemen teyl
nennet und den schlächteren nit, wiewol er ouch im pundt und gheyß
vergriffen ist, wie ouch doben ist anzeygt. Glouben, ist waar, kan
nyeman, denn der yetz zuo vernunfft kommen ist. Noch werdend der
glöubigen kinder under die glöubigen zellt von des pundts oder
gheysses wägen, den gott mit den glöubigen hat; dann ire kinder sind
ouch darinn. Hie reychend wir alleyn dahin, das wir eben in den

--637--

pundt, den Abraham mit gott gehept hat, nit in das gsatzt Moses
yngelassen unnd angenommen sygind, das die vordrigen kundschafften
eigenlich anzeygend. Darumb Paulus allenthalben uns kinder Abrahams,
nit Moses kinder, macht; nitt, das Moses nitt im pundt
Abrahams gewäsen sye, sunder das wir erlernind, daß wir nit in das
lyplich gsatzt mit dem pundt getrungen werdind; denn Abraham ist
400 jar vor dem gesatzt gewäsen, das Mosen ggeben ist. Das wil er,
Paulus, ouch Rom. 11. [Röm. 11. 16-24], da er mit der glychnus des
zamen ölboumstammen und mit eim wilden ölast oder schossz nüts
anders wil leeren, weder das wir in den stammen Abrahams, das
ist: glouben oder testament oder pundt, yngepflantzt sygind. Derglychen
redt er ouch mit vilen worten in der epistel zun Galatern, voruß am
3. [Gal. 3. 7], mit disen worten: "Darumb so wüssend, das die, so ussz
dem glouben sind, sün Abrahams sind."
Sprichst: "Was underscheyds ist dann zwüschend dem alten und
nüwen testament?" Der, das der pundt Abrahams mit eim nüwen
volck ist gmachet: mit den heyden; und das Christus yetz geleystet
ist, der im noch nun verheissen was, der uns vom gsatzt Moses
erlößt hat. Wie aber die erlösung sye, oder wohin sy reiche, hat hie
nit statt ze sagen; es ist anderswo gesagt. Also redt er ouch
Ephes. 2. [Eph. 2. 14], da er anzeyget, wie wir ein volck gemacht
sygind, und die scheydmur dennen gethon sye, etc. Liß dasselb capitel.
Derglychen Hebr. 11. [Hebr. 11. 17-40] findstu offenlich, das
aller glöubigen ein gloub ist. Ro. 3. [Röm. 3. 30]: "Ein gott ist, der die
unbschnydung recht macht ussz dem glouben, unnd die bschnydung
durch den glouben."
So nun yetzt klarlich gnuog bewärt ist, dass's Christenvolck
eben in dem gnädigen pundt gegen gott stadt, in dem Abraham
mitt im gestanden, so ist ouch offenlich bewärt, das unsere kinder nüts
minder gottes sind, denn die Abraham warend. Welches du mit
vilen grossen xellen nit weist, ouch etlich der alten nit recht ermessen
habend. Demnach so volgt denn, das sy ouch der kilchen gottes glider
sind, welches ein besunderer, gwüsser trost ist für der Christen kinder,

--638--

den man uns nümmermee uss den henden ryssen mag. Desshalb, die
inen verbietend getöuft ze werden, sy verschupfend, und wöllend 's nit
zuo Christo lassen kummen. Wie aber die kinder, so gottes sind,
sölche gnad widerumb verschüttind, ist im "Toufbuoch" gesagt.
Ietz wöllend wir des vordrigen pundts und unsers pundts houptstuck
gegen einandren ouch in ein ordnung stellen, damit man die
einigheit hä;; verstande.
Abrahams tafel.
I. Gott
II. ist Abrahams gott.
III. Der sol recht vor im
wandlen
IV. Der ist ouch sines somens
gott.
V. Abrahamen hat gott den
heiland verheissen.
VI. Pundtszeichen: bschnydung
junger kinden und alter.
VII. Noch lert man die kinder
erst zuo siner zyt.
Der Christen tafel.
I. Gott alle gnueege,
II. ist unser gott.
III. Vor dem söllend wir recht
wandlen.
IV. Der ist ouch unsers somens
gott.
V. Den heyland hat uns gott
geleystet.
VI. Pundtszeychen: touf junger
kinden und alter.
VII. Kinder leert man zuo syner
zyt.
Sich, was ist hie unglychs, usgenommen das pundtszeychen?
wiewol dasselb der kraft halb nit unglych ist; dann yetweders ist ein
usserlich sigel des pundts. Aber die bschnydung ist darumb in touf
verwandlet, das alles bluot Christi gstellt ist, wie im "Toufbuoch"
gnuog gesagt ist. Es wirt ouch uss der ersten schlussred:
"Daß die kinder glych als wol gottes kinder sygind als ire elteren"
etc. die ander lychtlich bewärt, namlich: "Daß uns der touf an statt
der beschnydung das pflichtszeichen ist.#,' Darzuo habend wir die hällen
kundschafft Pauli Coloss. 2. [Col. 2. 11. 12]: "Ir sind mit der bschnydung
bschnitten, die one hend bschicht, in hinlegen der lybhafften
sünden des fleischs, in der bschnydung Christi, mit im vergraben in
dem touf." Sich, wie er hie, wiewol er von der inneren bschnydung

--639--

und touf redt, denocht dasselb mit den worten tuot, die des ussren toufs
sind, unnd sagt, das der unsere bschnydung sye. Also volget nun, das,
wie vor Christo das pundtszeichen den kinden als denen, die im pundt
sind, ggeben ist, als ouch under Christo das pundtzeichen den kinden
ouch sol ggeben werden; oder aber wir offnend uns, als ob wir haltind,
daß der Christen kinder nit im pundt sygind oder under der kilchen.
Als ouch du, lieber Balthasar, tuost; kanst nit gwüsse gschrifft finden,
das der Christen kinder gottes sygind. Denn so wäre Christus den
kinden minder heilsam, denn Abraham oder Moses. Wie wäre denn
waar Rom. 6. [Röm. 6. 14]: "Ir sind nümmen under dem gsatzt,
sunder under der gnad"?
Hie tuond aber die widertöuffer ein ynred: "Du bewärst din ding
nun uss dem alten testament." Wiewol nun das nit ist - dann man
sicht, wie alle bewärnussen mit nüwem und altem testament näbend
einander bevestnet stond -, denocht so söllend sy wüssen, da Christus
Ioan. 5. [Joh. 5. 39] spricht: "Ervarend die gschrifften; die sind, die
kundschaft von mir gebend", das er vom alten testament redt. Das
heißt er durchgründen, wenn man von im wüssen wil; dann des
nüwen testaments was do ze mal noch nit ein buochstab geschriben.
Ouch so redt Luce 16. [Luc. 16. 31] noch häller: "Sy habend Mosen
und die propheten; läsind die." Item 1. Corint. 14. [1. Cor. 14. 1-33]
sicht man eigenlich, das Paulus von der gschrifft des alten testaments
redt, da er lert, wie man mit den zungen, dolmetschen, uslegen
und prophetieren umbgon sölle. Item, da er 2. Tim. 3. [2. Tim. 3. 15]
spricht: "Du bist von kinds wäsen uf in der heiligen gschrifft bericht",
redt er ouch allein von der geschrift des alten testaments. Item, da
er bestimpt, daß ein bischoff gleert sölle sin in der glöubigen oder
unbetrognen leer, Tit. 1. [Tit. 1. 9], reicht ouch uffs alt testament;
dann das nüw do ze mal eintweders nit gschriben oder aber nit gmein
was. Darumb fräfen ist das alt testament verwerffen. Worinn es
aber sye abgethon, habend wir an anderen orten gnuog gesagt.

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Vom widertouff
hab ich also gesetzt im "Toufbuoch":
"Der widertouf hat ghein leer noch byspil noch bewärnus uss
gottes wort. Darumb, die sich widertouffend, Christum widrumb
krützigend eintweders uss eigenträchtigkeyt oder anschlag etwas nüwerung."
Dise schlussred bestrytest ouch nit, usgenommen, das du sprichst,
üwers sye nit ein widertouf, und lassest desshalb nach, das man nit
widertouffen sölle. So sag ich, das es ein widertouff ist. Du sprichst:
"Wir wüssend nit, das wir getouft sygind." Das redend ir all miteinander
lugenhafftig; dann ir wüssend wol, das ir toufft sind. "Ja",
sprechend ir, "mine eltren habend doch den glouben nit ghebt". Da
redend ir aber fräfel, zuo eim, das ir nit wüssend, was gloubens
sy ghebt habend, zum andren, das, wenn sy allein die trüwen, rechten
pundtswort gehebt und brucht habend in überantwurten irer kinden,
so sind die in den pundt gottes angenommen. Dann der eltren mißgloub
mag inen nit schaden, wie doben ist anzeigt, sunder dero gloub
nimpt sy an, zuo denen sy getragen werdend; dann gott betrügt nit.
Nun sind aber die gemeinen wort, damit man die kind überantwurtet,
also gestaltet, das man den willen der eltren eigenlich darinn gespürt,
das sy begärend, das ire kinder under die kilchenn Christi gezellt
werdind. Etlicher spricht zum zügen oder gfatter: "Ich bitt dich, hilff
minem kind zuo einer christenlichen seel"; etlicher: "Hilff im zum
christenlichen glouben"; etlicher: "Mach mir ein Christen", etc.,

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welches alles wort sind, die offennlich anzeigend, das der bittend begärt,
sin kind under die kinder gottes gezellt werden. So nun ir on zwyfel
ouch also getoufft sind, und aber noch einmal toufft, so sind ir widertouft
one allen grund der warheit ussz eignem fräfel.
Das ist nun die summ: Der Christen kinder sind im testament
mit iren eltren; so sind sy ouch ein kilch gottes mit iren eltren. Sind
sy der kilchen gottes, so sind sy ouch kinder gottes. Sind sy kinder
gottes, so volgt, wie Petrus spricht Act. 10. [Act. 10. 47], das man
inen den usseren touf nit sol noch mag versagen. Denn als Petrus
sach, das die bym Cornelio den heiligen geyst empfangen hattend,
sprach er: "Mag ouch neyßwar das wasser verhalten, das die nit
getoufft werdind?" Sich, wie er spricht: "Mag inenn neyßwar vor
dem wasser sin?" Was zanggend ir denn umb des touffs willen? Solt
man den usseren wassertouff denen nit geben, die kinder gottes sind?
Wofür sind nun dine närrischen definitionen, mit denen du die töuf
durch einander mischest und sy trueb machest? Darzuo so ist der kilchen
gottes im nüwen testament der touff an statt der bschnydung ggeben,
wie doben ist anzeygt.
Hierumb sygind alle glöubigen by der warheyt, die uns am jüngsten
tag richten wirt, vermanet, das sy den zangg nit ansehen, sunder das,
so zuo friden und einigkeit dienet, trachten wellind und dem krefftigen
wort gottes wychen, nit der unggründten verfuernuß des widertouffs;
dann er zuo teylung der kilchen und zerrüttung aller ordnung der
obergheit erdacht ist. Ouch so ist dargegen der kindertouff ein wurtz
der einträchtigkeit und ein hälles, trostlichs zeychen der versichrung,
das unsere kinder ussz der krafft des testaments gwüssz gottes sind.
Gott begnad unns all!
Amen!

--642--

Ein schön lied, new gemacht, von
der schönen Maria zu Regenspurg.
In dem ton: Von erst so woll wir loben.
1. Hilf got, daß ich mög singen
zu trost der Christenheit!
Laß dein genad herspringen,
Maria, du schöne maid.
Verleich mir sinn und weise,
daß ich dein lob mög preisen!
Wie es sich duet beweisen,
das ist uns wol pekant
wol in dem Paierland.
2. Groß freud hat sich erhoben
zu Regenspurg in der stat,
Maria well wir loben,
darzu ein weisen rat;
got well in fristen ir leben,
weiter genad her geben,
weil sy nach eren streben
mit der gerechtigkeit;
hilf uns, du schöne maid!

--643--

3. Hilf gott in deinem reiche,
in deiner ebigkeit!
Laß dein genad herschleichen,
Maria, du schöne maid!
Due dich von uns nit wenden,
uns dein genad hersenden,
daß wir frölich verenden,
als wir hie fahen an,
und laßen nit darvon.
4. Ein gotshaus well wir pawen
wol auf den Jüdenplan;
groß wunder duet man schawen;
kind, weib und auch die man
die haben's wol vernummen,
plind, lamen und die krummen
wie sie all daher kummen,
grüßen Maria rein,
ir liebes kindelein.
5. Groß gnad ist uns herkummen,
das ist uns wol pekant,
ein plinter hat's vernummen
so weit in frembden land,
gen Regenspurg dett er ziehen,
zu der schönen Maria fliehen,
er gieng auf seinen knyen
umb die capell so schön,
das sah manicher man.
6. Dreimal er das verprachte
mit großer andacht sein,
pald er sich aufmachte,
gieng in die capell ein;
Maria dett er grüßen
mit schönen worten süße,
got ließ sein gnad herfließen
wol zu derselben stund,
daß er gesehen kund.
7. Die herren all peisammen
sahen das wunder an,
Sigmund Schwebel, der frumme,
Hans Portner, Caspar Ammon,
die thun die warheit jehen,
wie das ist geschehen:
der blinde wurd gesehen
zu der schönen Maria frei,
daß got gelobet sei.
8. Maria kuniginne,
du himelischer trost,
mit witz und weisen sinne
hastu uns all erlost;
wir lagen hart gepunden
wol mit den Judenhunden,
die hastu uberwunden
mit der gerechtigkait;
lob, er sei dir geseit.
9. Darumb die Juden meiden
Maria, die vil zart,
ir götlich ler abschneiden
nach ebreischer art
mit lesen und mit singen,
wie sie das thun verbringen;
mit wucher sie bezwingen
die frummen Christenleut,
als ich euch hie bedeut.
10. Nun woll wir weiter singen
von der Juden ubelthat,
wie sie die Christen zwingen
mit iren falschen rat:
in steten und auf landen
leihen sie auf pfande;
das christlich plut zu hande
thun sie auch greifen an,
petrüben manchen man.
11. Ein stain hat man gefunden
haimlich an einem ort,
darauf die Judenhunde
vil kinder haben ermort,
gar jemerlich erstochen,
ir leben abgebrochen,
got ließ nit ungerochen,
wie man gesehen hat
zu Regenspurg in der stat.

--644--

12. Wol zu derselben stunde
kindsmarter was nit klain,
die gebain hat man gefunden,
die noch vor augen sein
in einem kasten kleine,
darinn sicht man die paine
zu der schönen Maria reine;
pei dem hohen altar
sicht man die gepein furwar.
13. Das thut die Juden haßen,
daß man das hat gethan,
darvon wöll wir nit laßen,
Maria rüf wir an
mit irem lieben kinde
mit schönen worten schwinde,
groß gnad wöll wir do vinden
bi got in seinem reich
ymmer und ewigleich.
14. Du edele kuniginne,
du schöne Maria frei,
verleich uns weiter sinne,
stee uns in nöten bei
und laß uns nit verderben,
wenn wir sollen sterben,
thue uns gnad erwerben!
An unsern lezten end
got sein genad hersend!
15. Ob man wirt weiter fragen,
wer das gedichtet hat:
das hat gethan ein nagler
mit hilf Maria rat;
sy laß genad herschleichen!
Ymmer und ewigleichen
lobt gott in seinem reiche,
so wirt uns glück und hail,
singt uns Jheronimus Ell.
Das Lied von der stolzen Müllerin.
1. Ich weis mir ein stoltze müllerin,
die daucht sich hübsch und klug;
vom Oberlandt bis auff den Rhein,
wo find man ires fugs?
In einem dorff sie saß.
Gen marck[t] das thet sie lauffen,
thet hüner und genß verkauffen,
als ir gewohnheit was.
2. Sie hat viel hüner, genß und schwein,
der enten also viel.
Es trug ir viel der pfenning ein,
sie nehrt's alls aus der mühl
mit weitzen und mit korn.
Die müllerin wust den reimen,
die seck kund sie voll scheumen,
als ir gewonheit was.
3. Sie saß nit weit von einer stadt,
da sie daheime was.
Darinnen sie vil zu schaffen hett.
Es war ein reicher thumm
von herrn und edelleut,
von mönchen und von pfaffen.
Sie hett viel zu schaffen,
es war ein heilige zeit.
4. Sie trat wol für das münster,
ihr hünlein hat sie feil.
Ein thumherr war ihr günstig;
er daucht sie frisch und geyl,
und trat für's münster raus.
Schön red die lies er lauffen:
"Fraw, wolt ir die hüner verkauffen,
tragt mir sie heim in's haus.

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5. Das geld wil ich euch geben,
was ewer hertz begert."
Das frewlein besah in eben,
biß sie den herren gewehrt.
Sie trug ihm die hüner heim.
Er redt mit ihr von sachen;
das frewlein begund zu lachen;
sie war bey ihm allein.
6. Er gab ihr's geld und griff sie an
und bult umb iren leib.
Sie sprach: "Ihr seid ein geistlos man,
bin ich ein weltlich weib.
Die sach die hat kein sinn.
Ich hab meim man verheissen,
ich wöll im freundschafft leisten;
geht heim und bittet in.
7. Ja, wil er mir's erlauben,
so wil ich's gerne thun.
Ich sag euch zu bey glauben.
ich mus itzt eilends gan,
zu schaffen hab ich viel:
Ich hab meim volck versprochen,
ich wöll ihn rüben kochen
daheim in meiner mühl."
8. Er sprach: "Ich werd bald gastung han,
eitel köstlich leut;
so wil ich euch beruffen lan,
drümb kompt zu rechter zeit."
Sie sprach: "Ich wil's nicht thun.
Ich kom nit in das münster,
es sey denn nacht und finster,
und sey bey euch allein.
9. Und sol ich euch gehorsam sein,
so bald ir mich berufft,
so schreibet meinen namen ein
heimlich in einen brieff."
Er sprach: "So zeigt mir'n an."
Sie sprach mit stoltzem sinne:
"Ich heiss fraw eselinne;
also heist mich mein man.
10. Das ist ein ungefügter nam
von einem schönen weib.
Da ich erst in die mühle kam,
hett ich ein geraden leib.
Mein man hett noch kein knecht.
Die seck die must ich tragen
vom karren auff den wagen;
darumb heist er mich recht."
11. Es stund nit lange ziet darnach,
dem herren kamen gest.
Es waren eitel köstlich leut;
er gab ihm's aller best.
Er sprach zum knecht geschwind:
"Thu in die mühle treten;
thu mir den müller beten
umb sein fraw eselin."
12. Der knecht der thet's mit willen
und gieng in die mühl hinaus.
Er sucht denselben müller
und fand in in dem haus.
Er end die botschafft geschwind
nach adelichen sitten:
"Mein herr der lest euch bitten
umb ewer fraw eselin."
13. Es nam den müller wunder:
"Was meint er mit meim their?
In dem stall dort unten
da stehen der esel vier.
Gang, nim, welchen du wilt."
Der knecht nam den alten,
der hinden was zerspalten;
darauff er heime reit.
14. Er reit wol durch das münster,
der esel trabt so hart;
denn es war nacht und finster.
Der herr hört das geferd.
Er war ein frölich man
und dacht in seinem sinne,
es wer fraw eselinne
und sie hett zwen holtzschuh an.

--646--

15. Er schickt gar bald ein boten
hinab zu seinem knecht,
das er's ihm versehen thete,
das wolt er haben schlecht,
mit guter speis und wein.
Darnach solt er's ihm führen,
wenn er wolt schlaffen schire,
in sein schlaffkemmerlein.
16. Der knecht der holet wein und brot,
darzu vil guter speis.
Es hungert ihn und thet ihm not,
daran war er gar weis.
Man gab ihm die fleschen voll.
Der knecht der aß das gute
und gab dem esel 's futter,
er dacht, es thut im's wol.
17. Darnach führt er in die trepp hinauff
in's herren kämmerlein.
Es hört in niemandt in dem haus,
sie waren all voll wein.
Der knecht thet, als er seht.
Er nahm dasselbig thiere
und band ihm alle viere
und legt's in's herren beth.
18. Der knecht gedacht im sinne:
"Was meint mein herr damit?
Wil er mit dem esel sünden?
Die sach gefelt mir nicht.
Er find viel schöner weib.
Ja, wird man's an im innen,
so wird man in verbrennen,
rewt mich sein stoltzer leib."
19. Er liess den esel liegen
und schlug das kemmerlein ein.
Der knecht der was verschwiegen,
Er gieng zum herren hinein.
Der herr fragt in geschwind:
"Hast mir die sach versehen?"
"Ja herr, es ist geschehen,
wie ir mich's geheissen hand."
20. Der herr frewt sich von hertzen,
das er solt schlaffen gan.
Er wolt gar freundlich schertzen
mit seiner wolgethan.
Da er kam für das beth,
er thet sie freundlich grüssen
und dacht, sie schlefft so süsse,
das sie nit mit mir redt.
21. Er zog sich mutter nacket aus
und stund mit blossem leib.
Er dacht, da sie so freundlich schnaufft,
es wer des müllers weib,
und war ein frölich man.
Er griff zu ihr hinunder:
"Ach fraw! Es nimpt mich wunder,
habt ir den beltz noch an."
22. Er griff hinunder bis an den bauch.
Der herr war wol gerüst:
"Ach frewlein, wie seid ir so rauch;
ich weis nicht, wie euch ist."
Als er sie zu im zog:
"Fraw, wolt ir nicht erwachen?"
Der knecht stund draus und lachet:
"Wie ist mein herr ein narr!"
23. Da griff er also leise.
Er het im beth kein ruh.
Er griff dem esel an die eisen.
Erst fiel's dem herren zu,
da rieff er seinen knecht:
"Thue mir den esel dennen,
man möcht mich sonst verbrennen;
so gescheh mir eben recht.
24. Die fraw hat mich betrogen
und bracht in grosse not.
Sie hat schendlich gelogen."
Er stach den esel zu todt
in einem grossen zorn.
"Ich will dich lieber lassen schwinden;
denn solt ich mit dir sünden,
hört zu, wie ging's bis morn."

--647--

25. Man sagt's dem müller als eben.
Er lud ihn für das gericht.
Dem müller must er geben
(gott geb dem esel die gicht!)
ja zwentzig gülden bar
wol für des esels leben.
Hett lieber hundert geben,
das niemands wer gewar.
26. Also geschicht den narren,
die buler wollen sein.
Sie ziehen am eselskarren
und setzen sich selber drein.
Düncken sich frisch und geil.
Ja, mit den frommen weiben
wöllen sie bulschafft treiben
und ziehen am narrenseyl.