Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Eine Abschrift oder Kopie des Geleitbriefes usw. an Johannes Eck. ... Zwinglis Antwort an die Boten der Eidgenossenschaft

(15. Januar 1526)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 4 (Leipzig: Heinsius, 1927) (Corpus Reformatorum 91)


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Ein abgeschrifft oder copy beder früntlicher geschrifft
und gleitbrieffs, die ein ersamer grosser radt ze Zürich
Ioannsen Eggen, doctorn, am 6. tag novembers des
1524. jars mit eim gschwornen stattbotten zuogeschickt.
Uber welche gschryfft der Egg nützid gehandlet byß
inn christmonat des 1525. jars, da er, ungemeldet vordriger
zuogeschrifften, widerumb an gemeiner Eydgnoschafft
botten wider den Oecolampadium und
Zuingli gschriben, darüber Zuingli sin antwurt an
genamte g[emeinen] Eydgnoschafft botten am 15. tag
januarii des 1526. jars überschickt hat, dero copy ouch
hie vergriffen ist, daruß ein yeder frommer mercken
mag, ob Eggen die warheit erfaren, leeren oder
schirmen, ald ufsatz am hertzen lig.
Wyr, der burgermeister, radt und der groß radt, so
man nempt die zweyhundert der statt Zürich, enbieten
dem wirdigen, hochgelerten herren Johann von Egg,
der götlichen geschrifft doctor, vicecancellarien der universitet
zuo Ingolstatt, unserem lieben und guotten fründ,
unser früntlich dienst, und was wir eeren und liebs vermögen, all
zyt, zuovor.
Wirdiger, hochgeleerter, lieber herr und fründ! Als ir dann imm
ougsten nechst unnseren getrüwen lieben Eidgnossen durch ir botschafft

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von allen orten, zuo Baden versamlot, unnd ietz abermals im
october in ir tagleistung genn Frowenfeld geschriben unnd nach der
lenge anzeigt, wie der ersam, wolgelert meister Huldrych Zuingli,
unser predicant, in sinem schryben und predigen manigfaltig irrung infuere,
den waren christenlichen glouben beflecke, das wort gottes und
die heilig geschrifft kätzerisch vergweltige, zerrisse und in sinen mißverstand
ergerlich züche, und üch daruff erbotten, sölichs mit disputation
gegen gmältem Zuingli (wo und wann es unseren getrüwen,
lieben Eidgnossen gfellig sin welle) ußzuofueren etc. Dwil aber vorbedachter
meister Huldrych siner leer, so in rächter götlicher geschrift
gegründt, rechenschafft ze gäben, ouch wir ietz meer dann jar und tag
gegen aller mengklich geistlichs und weltlichs stands erbotten haben:
wer uns mit der waren götlichen geschrift uß der bibly und nüwen
testament bessers und christenlichers berichten möge, das wir demselben
guetlich losen, volgen und uns wysen lassen wöllen.
Uff das habend wir üwer gschriften wie obstat, meister Huldrych
zuo handen verfuegt und darmit sinen willen wellen erlernen.
Daruff hat er unß ein antwurt gäben, wie ir die in hiemit gesantem
truck erfinden. Und wiewol er darnebend zuo unserem willen gesetzt,

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wohin wir inn ordnend, daselbs hin ze kommen und ze losen, red
umb red ze geben, so ist doch unnser will, meinung und gemuet, in
an kein ort noch platz usserthalb unser statt und landt ze schicken oder
gan ze lassen. Nit dester minder ist uff üwer enbietten, gegen unseren
getrüwen lieben Eignossen zuo meerem mal gethon, unser früntlich
hochflissig bitt, ir wöllend umb gottes eer und christenlichen gloubens
willen üch in unser statt Zürich, so bald es üch gelägen sin wil, verfuegen,
und die war götlich geschrifft beder testament mit meister
Huldrych Zuingli für üch nemmen, die ergründen, und daruß einander
früntlich, tugenlich, wie sich bescheidnen Christen gezimpt, anzeigen,
wie und welcher gestalt die verstanden sölle werden; ouch, wo
einer oder der ander gefelet hat, bruederlich underrichten und fürhalten.
Und damit söllichs fürderlich unnd on all sorg einicher untrüw und
beschwerd beschähen mög, so wellend wir üch und allen geistlichen und
wältlichen, gelerten und ungelerten, so ir ungefarlicherwyß mit üch
bringend, für üwer lyb und guot in unser statt Zürich und land und
wider daruß an üwer aller gewarsame ein fry, sicher geleidt für uns und
die unsern in kraft des offnen hiemit gesanten gleitbrieffs geben haben,
onangesehen, wölcher in dem val recht oder unrecht gehept; dann hie
allein das götlich wort und der geist gottes rychter sin söllen. Ob dann
ir von unsern getrüwen, lieben Eidgnossen, aller oder sundriger
örter, ir priesterschafft und gelerten oder sunst verordnet botten by der
handlung haben wellen, mögend wir vast wol erliden - dann wir iro
zuo meerem mal ouch begärt -, damit dises gesprech und underrichtung
guetenklich volstreckt und das ware wort gottes, inhalt der heiligen
geschrift des alten und nüwen testaments (wie obstat), erhalten werde.
Zuo welchem der allmechtig gott sin gnad uns allen verlichen welle.
Datum 6. novembris im 1524.

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Inhalt des gleitßbrieffs.
Wir, der burgermeister, rat und der groß rat, so man nempt die
zweyhundert der stat Zürich, bekennen offenlich mit disem brieff, daß
wir den wirdigen, hochgelerten herren Johann von Egg, der götlichen
geschrifft doctor, vicecancellier der universitet zuo Ingolstat, unsern
lieben und guoten fründ, uff sin geschrifften, vormals an unser getrüw,
lieb Eidgnossen ußgangen wider meister Huldrych Zuingli, gebetten
und früntlich beschriben haben, das er zuo uns in unser statt Zürich
komen, und daselbs mit gedachtem meister Huldrych Zuingli,
unserem predicanten, die waren götlichen gschrifften der bibly und
nüwen testaments zuo handen nemen, die ergründen und einander
bruederlich und tugenlich, wo einer oder der ander die nit recht predige
oder verstande, underwisend, wie dann sölichs in unser missive, gedachtem
doctor zuogesant, wyter inhaltet. Unnd damit sölichs on alle
sorg und fry beschehen möge, so haben wir im, gedachten doctor, und
allen geistlichen und wältlichen, gelerten und ungelerten, so er ungfarlicherwys
mit im bringt, für ir lyb und gueter in unser stat und landt
und widerumb daruß an ir gewarsame ein fry, sicher geleit für uns und
die unseren ggäben, onangesähen, wölcher in disem fal recht oder unrecht
habe gelert erfunden werde.
Alles in kraft diß briefs mit unser statt secret ingetrucktem insigel
besiglet, und beschehen ist am sechßten tag novembris anno domini
1524 jar.

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Antwurt Huldrych Zuinglis.
Gnad und frid von gott bevor!
Streng, vest, fromme, fürsichtige, wyse, gnädige, günstigen, lieben
herren! Wie dann doctor Ioann Egg abermal zuo üwer wyßheit ein
unbescheidne gschrifft, die dem alten ufsatz und pratick glichförmig
ist, überschickt, den frommen, hochgelerten Ioann Oecolampadium
zuo Basel und mich betreffende, hette ich dero ghein antwurt ggeben
umb ir groben böchs und unvernunft wegen. So ich aber gwüßlich
bericht, das die sin gschrifft von etlichen abgeschriben und hin und
wider verschickt, sam darinn neiwes guots, grechts oder waars begriffen
sye, muoß ich iro antwurten, allein, das sy der göttlichen warheit
gheinen nachteil gebere. Das er mich so unmenschlich schilt, ist
kein wunder; dann vermöcht er mich mit warhaffter geschrifft gottes
worts überwinden, wurd er on zwyfel nit sparen. So er aber das nit
vermag, wil er mich mit schelcken stürmen, mit welchem ich imm
nit widerwer tuon wil, sunder mit offner warheit alle sine schütz versetzen,
als dann in minen gschrifften klarlich erfunden wirt, wider
welche weder er noch Faber weder mögend noch dörend schryben.
Und hat denocht Faber zum türesten verheissen vor eim ersamen
radt zuo Zürich, er welle mine gründ von stund an umkeren; dann
sy wüssend, ob sy glych gantze läst buecheren schribind, daß ich sy

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bald mit götlicher warheit umbkeren und brechen mag; darus demnach
die warheit, die sy on blintzen nit mögend ansehen, vil heitterer wurd.
Und uß der ursach schryend sy allein uff disputieren, nit an orten, da
sich gebürt, sunder wo sy mir ufsatz tuon verhofftind. Wellend gheins
wegs schryben. Und mueßte man denocht in gesprechen eben das anschryben,
das sy durch den truck söltind uß lassen gon, als sich billich
zimpt, damit mencklich sähe, daß man nit mit römischem gwalt
(als offt beschehen ist), sunder mit der warheit disputiert und überwunden
het. Aber es ist der arm Christus, als Egg und Faber
meinend, in den geistlichen prelaten, als man sy nempt, so rych worden,
das sy verhoffend, mit böch, tratz unnd gwalt möge die warheit
nidergelegt werden. Darumb kerend sy sich dahin. Ich wil uwer
wyßheit ouch nüw zytung sagen: Faber ist innert zweyen monaten
by der nacht an ein ort in der Eydgnoschafft kommen (was er gehandlet,
wirt, ob got wil, mit der zyt eroffnet), und hat alda einem, der
zuo imm gesprochen, es wer kein bessers, weder ein sicher fry gspräch
oder concilium gehalten, geantwurt: "O wee nein! Es muoß ein andren
weg zuogon" etc. mit andren underreden. Sehe hie uwer wyßheit, was
sy vor inen habend, so sy sich vor dero disputierens embütend, und
aber sölichs nit imm sinn hand. Das er mich gsehen macht, sam ich
wider mich selbs geschriben hab, thuot er mir gwalt, wiewol ich nach

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gottes leer und art zum ersten mit milch gespyßt hab [cf. 1. Kor. 3. 2].
Er verstat aber noch hüt bi tag nit, was die red vermag, wenn ich
sprich: "das sacrament des fronlychnams Christi" etc, wie dann die
alten Christen geredt habend. Dann ich wil also sagen: "Das brot
und der win, die in der dancksagung der gemeinen Christen mit einandren
gebrochen und getrunken werden, sind ein sacrament, das ist:
ein zeichen deß fronen, läbendigen lychnams Christi, der an der
grechten got vatters, wie er von den todten ufferstanden ist, sytzt biß
an den jüngsten tag." Wiewol nun das vilen grusam ist uß der ursach:
die verfuerischen leerer habend die wort Christi: "das ist min
lychnam" nit verstandenn ein figurliche oder ander verstendige red sin,
sunder wider allen verstand uff die lyplichen fleisch und bluot Christi
zogen, und damit einvaltigen in ein seltzamen won gebracht, das wir
alle gemein mit dem mund veryehend, wir gloubind, daß wir da fleisch
unnd bluot essind etc. Das doch gheinem glöubigen verstand müglich
ist, oder aber wir mueßtend die dry artickel imm heiligen christenlichen
glouben endren: "Ist uffgefaren zuo den himmlen; sitzt zuo der
grechten got vatters allmechtigen; dannen er künftig ist ze richten läbend
und todt." Ja, wenn wir inn hie lyplich essen wellend, muoß er die
grechten sines vatters verlassen; dann der lychnam Christi mag nit
mee denn an eim ort sin, als ouch der bapst selbs veryehen muoß
De cons. di. 2. cap. prima, von welchem ich uwer wyßheit ietz nit

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wil mueyen. Aber daß er mich umb der warheit willen kätzret, muoß,
ob got wil, ee ob imm weder mir erfunden werden, so verr man die
götlich warheit hören wil. Zum letsten erbüt er sich, wie vormal, uff
einen platz, den uwer wysheit erkiese, für richter, die uwer wysheit
setze, mit mir ze disputieren. Wie nachteilig aber das den pünten und
mir sye, hab ich vormals gnuog anzeigt. Darzuo hat Faber hoch und
thür geredt vor ersamem radt ze Zürich, es zimme inen nit, vor den
leyen ze disputieren. So muoß ye eintwedrer mit trugnery umbgon.
Daruß uwer wyßheit aber den ufsatz ergryffen mag; die ouch wol
wüssen mag, was gunsts mir besunder lüt in etlichen orten tragend,
unnd was des menschen kind mit gelt z'wegen bringen mag, welchs
doch on zwyfel aller erbergheit leyd wer. Zuo dem allen habend die
ersamen, wysen groß und klein rät der stat Zürich dem Eggen
früntlich gschrift und gleyt zuogschickt, wie ich erbetten hab hie bygetruckt
werden, deß er doch nit gedenckt. Da er nun fry und sicher
sin mag, wil er nit hin; wil ouch nit schryben; und muoß aber gschryben
sin, wil er mich irrtums bewysen; dann min leer ist in geschrifft ußgangen.
Sust, wo nit ufsatz und gwalt die warheit trucken, wil ich
got loben, wo man ein fry sicher gspräch hat, unnd wölt deß schaden
und muey erlyden; aber nit, da man spräche sicherheit, und gheine
wär, gottes wort unnd mich in gevar geben; dann ich gwüß bin, das
ich in den stucken, die ich geleert hab, mit gottes gnad unnd hilff

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allen glerten der gantzen welt, die darwider fechtend, angesigen wil,
wie sy sich joch bläyend. Ist nit min vermessenheit, sunder klarer
gloub und verstand gottes und sines worts. Der well üch als den hirten
unser landen gnad und liecht nimmer entziehen, damit wir all in siner
huld, willen und fryden läbind, welchs alle zyt myns predgens mir zum
obresten angelegen ist, da sich anderst nit erfinden mag.
Gott bewar uwer wyßheit zuo aller zyt! Amen.
Geben Zürich am 15. tag januarii im 1526. jar
Uwer williger
Huldrych Zuingli.