Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Gutachten betr. Abt David von Winkelsheim von Stein a. Rh.

(Anfang März 1526)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 4 (Leipzig: Heinsius, 1927) (Corpus Reformatorum 91)


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[Seite 1] Radtschlag über abts von Stein embietung.
[1.] Item es ist zum ersten ze betrachten, ob die confirmation
oder bestätung, die vor 167 jaren ufgericht, nit habe söllen für und
für bestätet werden von küngen oder keisren, bis das Stein an ünser
herren komen ist. Und so verr die nit von küngen zuo küngen ernüwret,
sind sy nit kreftig one besunder nachlassen.
[2.] Zum andren: das Steyn das kloster, nach dem es in ünser
herren gwalt und obergheit komen ist, denen nútz weniger gehörig
ze sin schuldig ist als vormal den keiseren, und das es sich zuo gheinem
keiser oder küng, lut des fridens ze Basel gemacht, keren noch
hilff suochen noch versehen sol. Sölchs vermag ouch die erbeinung,

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dess halb ouch ünseren herren an dem ort nútz weniger zimpt ze setzen,
entsetzen, bestätten und schwechen uss ursach, denn den keyseren
gezimpt hette.
[3.] Zum 3. ist ünsren herren ouch die erbeinung ryflich ze betrachten,
die hierinn gebrochen ist sampt dem friden zuo Basel; denn
der abt gheinen underschlouff lut der erbeinung haben mag under
des keysers gwalt und gbiet.
[4.] Zum 4. so ist ouch in gemeinem geistlichen rechten der convent
me dann der abt, vorus so er flüchtig worden, da er doch ghein
gevar wartend was, die imm weder an lyb noch läben hett mögen
schaden. Kurtz, so ist der unglimpf sin, wo man ein glychen
richter haben mag.
[5.] Demnach ist vil in der stifftung, dem man wol geläben
mag, etlichs aber, das man ston lasst, wie harnach kumen wirt.
Aber der abt zúcht harfür, das die stiftung nit vermag, als: das
man das kloster mit Benedicter münchen besetze, die siben zyt
singe oder läse, zuo allen zyten lúte etc. Item er zeygt ouch hie an,
das nit wol bedacht ist, nemlich, das er den münchen welle erlouben,
harus ze gon, doch unverstúrt, das möchte aber der orden nit erlyden
etc.; daran vermerckt wirt, das imm wenig an der regel ligt etc.
und alle ding me uss eigentracht weder liebe oder vorcht des
ordens tuot.
[Seite 2] [6.] Demnach sygind ünsere herren nútz minder geneigt,
rechten, waren, unbefleckten gotzdienst ze ufnen, als ouch die gedachten
uralten küng und keyser, doch sölche gotzdienst, die nit ünserem buch

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me dienind weder gott [cf. Röm. 16. 18], sunder die gotzdienst und ordnungen,
die ouch by den alten Christen gebrucht sind, als: das man
die zytlichen gueter sölcher maass bruche, das man by dem gotzhus
den armen hilff tuon möge, ouch an statt der ungelerten, unverstendigen
münchen ein zal wolgelerter, züchtiger, gotzförchtiger mannen erzúhe,
die imm gotzhus die heligen gschrift under inen selbs stäts uebind und,
wo es komlich sin wirt, ouch christenlicher wys singind und daby
sölcher maass geuebt werdind, das sy ouch dem gemeinen volck zuo Steyn
und anderswo, da man dem gotzhus pflichtig ist, das läbendig, war,
heilsam gotzwort mit aller trüw und zucht erberlich könnind fürhalten
und leren. Wir wellend ouch der stifter namen eigenlich lassen harfür
bringen und ir guotat erkennen heissen und, so vil gottes wort erlyden
mag, für sy bitten. Des ordens halb findend wir, das die uralten
collegia nit Benedicter noch Bernharder etc. genempt noch gewesen
sind, sunder sind vil collegia erst, nachdem und der nam der secten
ufgestanden, Benedicter oder derglychen worden, als sich ouch im bestätbrief
erfinde; dann darinn gheins ordens gedacht werd. Es sye
ouch nit nüw, us alten Benedicter klösteren collegia widrumb ze
machen, wie sy erstlich gewesen sind, als ouch on zwyfel Steyn
gewesen sye.
[7.] Der kleinoten der kilchen halb sye by allen ober herren
bewüsst, das die nit allein in so träffenlichen endrungen und reformationen,
sunder ouch in einer yeden landsnot in der hand und gwalt der
obergheit standend, das doch ir nit gebrucht, sunder allein zuo not
der armen und guotem gemeiner Eydgnoschaft und üwers gantzen
gebiets täglich bruchind und nit zuo eignem nutz.
[8.] Sines silbergschirrs halb ist on zwyfel guot ze handlen etc.
[9.] Zum letsten. Uff sölchs alles den abt vermanen ze betrachten,
das, obglych üwer sach etwas blasts gegen dem keiser und ünseren

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Eydgnossen hab, sygind ir doch gwüsser hoffnung, es werde bald
endrung werden, vorus gegen ünseren Eydgnossen, welchs demnach
imm träffenlich nachteilig wurde und allen, die imm schirrm ze geben
understuendind: item das er ouch messe, das es der erbeinung vast
wider sye, das er under Ferdinandus schirm ietz brucht, welchs
ouch mit der zyt endrung nemen werd. Und das ir begerind also von
imm angesehen sin, das ir in gheinem ding wider gottes wort, ia one
gottes wort útzid wöltind gernn fürnemen, so vil den geistlichen stand,
so vil aber den weltlichen antrift, iemans útzid wider billicheit nit
allein nit tuon, sunder andren nit gestatten geton werden.