Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Die andere Schrift an Dr. Johannes Faber

15. Mai 1526
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 5 (Leipzig: Heinsius, 1934) (Corpus Reformatorum 92)


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Die ander geschrifft Zuinglins an doctor Johansen
Faber, die gibt antwurt über die widergschrifft
der epistel, die Zuingli ann die 12 ort
gmeiner Eydgnoschafft am 21. tag aprellens
ggeben hat im 1526. jar.
Allen Christglöubigen, voruß denen, so in einer
loblichen Eydgnoschaft dem euangelio gottes gloubt
habend, embüt Huldrych Zuingli gnad und frid
von gott, mit standhafftem verharren und gwüsser hofnung,
gott werde die unguoten radtschleg Fabers und
aller gotzfygenden zuo nüt machen.
Liebsten brueder und fründ, es sol uns nit weych machen, daß
Faber und sin huff on underloß nit allein widerstond der warheit,
sunder ouch dero verkünder und lerer mit allem, das sy vermögend,
umbzebringen trachtend, gott geb welchen wäg das volbracht möcht
werden; sunder wir söllend daran frolocken [cf. Matth. 5. 12]; dann dise
vilvaltigen widerstend sind ein offen zeichen, das wir dem gelobten
land nach sind. Es pfyffend alle bäpstler uff dem letzten löchlin,
darumb sind sy so ungestuem; thuot inen ouch not, man wil das heylsam
fleysch Christi Jesu, das für uns gestorben und deßhalb allein
heylsam ist, das aber sy uns dichtet habend lyplich geessen werden,

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nümmen in dem wärd von inen weder empfahen noch kouffen. So
nun Faber under denen für ander so unreyn gumpet und tröwt,
bedörfft es wenig antwortens; dann er thuot sich selb so hüpschlich
dar, daß ein yeder verstendiger (ich gschwyg: glöubiger) wol sehen
mag, ob doch ein einigs gneystle frommer zucht oder redliche in
sinem hertzen sye. So aber er daby mit sinen gschrifften disen vorteil
brucht, das er sy beleytet nun in welche hüser er wil, ouch mir
sy nit zuoschickt, biß ich sy am merckt feyl find, und darnebend die
ort in einer Eydgnoschaft, under dero gwalt er mich zwingen wil, weder
min gschrifft noch mine verantwortungen wüssen noch wänen wellend,
ouch gemeine Christen nit wüssend, wie es ein handel hat umb die
disputation, so muoß ich ja, damit ergernuß vergoumpt werde, etwas
lüter und verstendiger reden, damit mencklich die grossen schalckeit
Fabers erkenne.
Es habend sich mine herren von Zürich offt umb gspräch oder
disputationen in ir statt, nit anderschwo, ze halten mit iren predgeren
embotten, ouch dero etlich gehalten, doch allweg vor unseren Eydgnossen
sölchs ze wüssen gethon und den anstossenden bischoffen

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und sy zum höchsten ermanet, uff ir gespräch ze kummen. Ist ouch
das billich beschehen, als von dem obresten ort. Daruf ist inen von
den bischoffen ze antwurt worden, es zimme inen keins wegs nit ze
disputieren, es wäre dann in eim gemeinen concilio. Und hat Faber sölchs
von sines bischoffs wegen zum aller thüresten vor ersamem grossem radt
zuo Zürich geredt, daß ich im alweg fürhalt, wie im yetz zimme
ze disputieren, so er vormal zum höchsten uff sich genommen, es
zimme inen nit. Aber er laßt es allweg unverantwurt, welchs ein
einig stuck ist, daran man offenlich sicht, daß er vorteyl weyßt.
Und unser Eydgnossen etlich, voruß die fünff ort, habend die disputation
nit allein abgschlagen, sunder ouch darvon vermanet, und
etliche iren pfaffen by pfruondverlieren verbotten, dar ze kummen. Demnach
habend sich die sechs ort Lucern, Ury, Schwytz, Underwalden,
Zug, Friburg
mit einer vereynung verbunden, by den
brüchen der kilchen ze blyben biß uff ein concilium, und wo sy
hand gemögen, disputationen geweert, voruß zuo Basel und Chur,
da dennocht bischoffliche sitz sind und kluoge, gschickte plätz zuo sölichem
fürnemmen. Nebend dem allem ist der hass und ungunst über mich
dermaß gewachsen, daß mich genante ort für ein kätzer ußgeschriben
und offenlich an den cantzlen verkünden lassen, ouch mine buecher so

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thür verbotten und mich anzenemmen empfolhen habend, wo man
mich betretten möcht; und das alles on überwinden uss der gschrifft,
one alles recht; dann die pündt heiter ußwysend, das man der dingen
mit keinem burger oder landtman bruchen, sunder ein ieden mit
recht suochen sölle in dem ort, da er sitzt. Darzuo sind vil unordenlicher
reden beschehen: ich sye ein kätzer, und eim kätzer sölle man
darumb gleyt geben, das man's im nit halte. Und etliche habend
wellen einen batzen nemmen und mir min läben lang ze essen geben,
nachdem ich gen Baden käme. Also hat Faber verganges winters
anghept werben, als er sich selbs bekennt, wie kummen wirt, in der
handlung einer disputation. Und uff den tag, der im mertzen gehalten
ist, ich mein 13. marcii, von der disputation wegen, habend die sibenn
ort Lucernn, Ury, Schwytz, Glaris, Friburg, Schaffhusen und
Abtzell in ein disputation gen Baden verwilliget. Zürich, Bern,
Underwalden, Zug, Basel
und Soloturn, die sechs ort, hattend nit
gwalt, von der disputation ützid ze handlen. Darumb wurdend die
verabscheydet uff den nündten oder zehenden tag aprellens, ir antwurt
zuo Einsidlen ze geben, und ward uff demselben tag erst am 14. tag
aprellens von der disputation wegen gehandlet, und weyß noch nit, ob der

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genanten sechs orten die fünffe alle ynggangen sind in die disputation
oder nit. Jedoch so hat Faber glych am sechßzehenden tag aprellens
zuo Tübingen sin hüpsche gschrift wider mich ouch im truck vollendet,
der doch zum wenigosten hatt muessen am dryzehenden tag aprellens
anghept werden; uff welchem truck der titel gstanden ist: wie die
zwölff ort gemeiner Eydgnoschafft ein disputation habind angesehen,
und sind iro zwölffe, so sind iro doch erst so vil worden am vierzehenden
tag aprellens. Da sehe nun mencklich, ob Faber practick hab
oder nit; dann hat er's vorhin gwüßt, so muoßt er's durch practick
wüssen; hat er's nit gwüßt, so ist er lugenhafft und fräfel. Ja, also
stadt es umb den anschlag der disputation. Darüber lass ich ein yeden
frommen erwägen, ob ich gen Baden kommen sölle, da die fünff ort,
dero mit noch dryen Baden ist, die mich vormals also unverhört
verurteylt habend, unangesehen die pündt übergwaltigen mögend,
und da Faber so offenlich in practick ergriffen wirt schon zweymal:
eynest, das er allweg geredt, es zimme inen nit ze disputieren,
unnd zimpt im aber yetz; zum andren, das er zuo Tübingen gewüßt
hatt am 13. tag aprellens, wie vil orten am 14. tag die disputation woltend
halten, unnd aber danebend nüt sol gelten, das ich mich embüt
gen Zürich, Bern, Sant Gallen.
Diß min anzeigen sol mir, ob gott wil, keyn Eydgnoß verargen,
dann es sich alles erfinden wirdt, das ich die warheit sag; und wo ich

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da fäl, söllend mich mine herren von Zürich nach verdienst straffen.
Ich zeyg ouch hieby uff keyne besundre personen an; dann ich ouch
keine gewüß weyß in dem val, die gegen dem Faber practick gefuert
habind; sunder ich reych alleyn dahin, das des Fabers sytenn erlernet
werde practiczieren, welchs demnach ze verston gibt, wie wol im das
übermuetig bochen, das er trybt, anstande. Es truckt mich ouch Egg
und Faber mit der anfechtung des vatterlands. Sy sehend, das ich
nit gern ußbrich in den dingen, die ein Eydgnoschafft anruerend;
dann ein fromm erberkeyt und volck in einer Eydgnoschafft mögend
deß nüt, wo etwa besundre lüt sind wie Faber und Egg und thuond
wie Faber und Egg. Und da ich an dem ort uss liebe des vatterlands
vertruck, als wenn eim an sinen kinden mißvalt, das er nit wenden
mag, unnd doch vertruckt by im selbs, da wänend sy denn mich
ze spuelen und verargwonet machen, als ob ich sy entsitz darumb,
daß ich inen allweg mit glimpff des vatterlands geantwurt hab und
nit gern sag, wie es zwüschend etlichen orten und mir stande. Sag ich's
denn haruß, wie es stat, so truckend sy mich den weg, das zuo diser
zyt gar gevarlich ist ze reden; dann zwytracht wil ee wachsen denn
einikeit, wo glich kein zwyspalt ist; und hat aber ein zyt har etwas
blaasts gehalten zwüschend den sechs orten und Zürich, deßhalb

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ich offt, das mich glych übel getruckt, verkießt hab. Da truckend
sy mich mit solcher läckery und beschißnen worten, das es nieman
bas mercken kan weder sy, die der sach in der conscientz mitwüssend
sind. Dann wo uss minem schryben unradt entstuende, wär inen und
denen sy dienend, ein mast, und darumb legend sy uff d'waag, was
der kengel ertragen mag. Dann wenn glych unradt in einer Eydgnoschafft
entstuende, wurdend die gsellen nit allein durch die finger
lachen, sunder ouch lon darumb erfordren. Sy mögend's wol
thuon mit gott; sy sind zuo Rom gsin, habend groß burdinen golds
unnd pfruondbrieffen dannen bracht. Wo nun dem bapstuom abgieng,
wo woltend sy vil pfruonden nemmen? Und darumb wil ich
imm, dem Faber, kurtz geschnitten antwurten geben über die
schelckungen, die er an mich wirfft, die verantwurtens wärt sind.
1. Er spricht erstlich, ich flühe schantlich, ee ich an die
schlacht köm. Und hat aber er yetz im achtenden jar mir nye
gdören nahen, der für und für in allem stryt ston, ja ich gdar
sagenn, das ich in vil jaren nit acht tag loß bin gwesen von stryt.

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Wenn dann Faber glych gen Zürich kommen, hat er den spieß bim
hag abgezogen und nitt ein ufheben oder schuolrecht gedören thuon.
Wie offt batt ich dich, do du uff dem gespräch warest, du söltist nun
ein schlussred miner leer anregen? Ich frag dich ouch da by diner
conscientz, ob du meinist, das ich dich fürchten wurde, wo wir ein
glychen platz hettind? Ich weyß als wol, wie frölich din genius ist
in miner gegenwürtigheyt, als der genius Anthonii in gegenwürtigheyt
Augusti. Heyßt dir das geflohen, da ich stätz ston in
krafft deß, der mine hend zuo dem krieg leert und min finger zum stryt?
Und darffst du nit zuo mir kummen, ja nit für mich anhin ryten.
Mir zwyflet nit, du werdist zuo Costentz den anlouff nemmen und für
Zürich nider biß gen Baden rennen. Manest mich ser gen Baden;
was darffst du deß, blyb uff dem weg zuo Zürich! Weyst du nümmen,
das Zürich zwo myl näher Costentz ligt weder Baden?
Du hast's one zwyfel vergessen, diewyl du in Rhodopo unnd by den
Moscobyten gwesen.
2. Demnach hepst aber an, ein Goliath [cf. 1. Sam. 17. 1ff.] uss
mir ze machen; fürchst, dieselb person werde dir von mir angelegt

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und dir demnach baß anston weder mir. Und machst uss Eggen
und dir zwen David mit schlingen [cf. 1. Sam. 17. 40], citra decorum,
es ist nun ein David gewesen. Aber in einen weg lass ich üch Daviden
sin, do er Urias brief gab, die imm den hals gultend [cf.
2. Sam. 11. 14ff.]; dann möchtind ir mich an den sturm bringen, ir
wurdend mich vast ordnen, daß ich das crütz in dem passion
tragen mueßt. Könnend ouch wol mit der schlingen; mich dunckt
schier, ir könnind das biel ouch werffen. Lass aber mich den
philisteyschen Goliath sin, und sind ir Daviden, so werdend ir zuo
mir gen Zürich kummen; dann David fuor nit für; ouch der Goliath
kam nit zum David, sunder David zum Goliath. Aber du
bruchst die gschrifft so eigenlich. Ich gloub, der angstlich schweyß
werde dir ußgon, wenn du nun für Zürich anhin rytest.
3. Sprichst, Egg und du sygind zween arm doctor. So wellend
ir ouch arm sin; dann hast du achthundert guldin dienstgelt und
sibenhundert von pfruonden, so hilfft nüts an dir. Aber du gibst's on
zwyfel alles umb bistuomb, und werdend dir zum letsten nit. Sunst
gloub ich vestenklich, daß ir beyd an seel, eer und guot arm sygind.

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Am guot: dann es kan üch nieman gnuog pfruonden geben, unnd manglet
der gytig deß, das er hat, und deß, das er nit hat. An der eer: dero
bist du, Faber, so begirig, daß du nit schwygen magst, da du ouch
schwygen soltest und glouben halten. Weist, was du dich aber nüwlich
zuo Esslingen geruempt hast, glych als ob wir Eydgnossen dir
schon geschworen habind? Unnd wo es also umb's gmuet stadt, mag's
umb die seel nit wol ston.
4. Mit so vil gschrifften machest du einen flüchtigen uss mir,
daß du die nit all hast mögen in's buoch bringen; hast's muessen an
der gassen lassen ston, in margine verzeychnet; noch so züchst

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so vil gschrift nit an, du bist offter geflohen, weder ort in der gschrifft
von fliehen sagend. Und mittenzuo du mich flüchtig schiltest, thuost
du es nun darumb, das du mit glimpff fliehist. Hie, hie bin ich zuo
Zürich; darffst nit fürfaren; da warten ich din und hab din so vil
jaren gewartet; aber du kumpst nit.
5. Ermanest mich der worten Christi: "Ein yeder, der übel thuot,
hasset das liecht" etc. Io. 3. [Joh. 3. 20f.]. Darumb wilt du nit gen
Zürich, dann wir habend gar hälle tempel; da sind gheine götzen,
sunder die wend hübsch wyß. Aber ir götzendiener mögend's in'n
ougen nit erlyden. Ouch ligt Zürich gegen ufgang der sonnen Baden
zuo gerechnet; da wurde dir der morgenstern, von dem 2. Petri 1.
[cf. 2. Petri 1. 19] stadt, vil ee erschynen weder zuo Baden. Die
beder tempffend, unnd schmeckt der schwäbel, das, wenn es dich
an die hell möchte manen, billich dencken soltist: es ist ein omen,
das wir bäpstler gen Baden kummend.
6. Meinst, mine fueß werdind mich nit gen Baden tragen;

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beschicht umb dinentwillen: wenn ich dar käme, blibest du nit; dann
du rytest für mich nider, daß du nitt zuo mir kumpst, sunder mich
flüchst; vil mee wurdest nit blyben, wenn ich gen Baden käme, so
du mich flüchst unnd noch so verr von dir bin.
7. Du sprichst, ich thuege wie Saul, wölte üch gern an die wand
hefften [cf. 1. Sam. 18. 10f.; 19. 9f.]. Lieber, heyß, das es sich ein mal
ryme, oder wirff's zum fenster uß. Wohin gehört das byspil? Es
gehört dir; du bist der Saul, der mich schlechten an die wend
hefften understadt. Lass aber sin; darumb flühend ir so träffenlich
hinder Zürich für, das üch nieman heffte, das ir da blybind.
8. Zeygest ouch an das wort Christi: "Wir habend üch gesungen,
und ir habend nit gesprungen" etc. Matth. 11. [Matth. 11. 16f.].
Lieber, welcher hat dem anderen lenger gsungen? Ich hab dir und
dim abgott von Rom gesungen, das mich dunckt, du gumpist von
hönne, aber mit der fäder wilt nit dantzen. Du schiltest, schelckest

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und schryest gnuog: "Kätzer, verfuerer!", aber du hast mir noch nie gheinen
artickel angeruert. Ich wirt's ouch nit erläben, daß du wider mich
schrybist; du weist wol worumb. "Scis, quam sit tibi curta supellex?"
Du solt vast der Moscobyten hystorien schryben. Olla operculum.
9. Ich thuon ouch nitt wie die nater, das ich dich nit höre; aber
du thuost also. Ich solte dich erbarmen, so lange jar schryende, und
hast mich nye wellen hören; noch hüttbytag hörest mich nit, du hast
den kopff verr von Zürich vonhin, daß du mich nit hörist. Ich
meyn, dir sye, wie David spricht: "Die götzen habend oren unnd
hörend nit" etc. "Inen werdend glych alle, die sy machend und in sy
truwend" [Psalm 115. 6ff.]. Also bist du götzendiener ouch tumb.
So vil hab ich schimpflich uff dyn vorred muessen spilen für ein
hofrecht; du kumpst doch nit so nach gen Zürich, das ich dir eins
uff der lauten könne machen, ob dir der Saulisch geyst ein kleyn
librete; er sticht dich wol so übel. Fürhin wil ich's mischlen, das
ich nitt allweg uff eim seyten schlahende üwer gnad mued mache.
10. Demnach hebst, Faber, erst an, uskluben uss miner
epistel, was dich guot zuo dem lieplichen köchte dunckt, das du dinerley

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lüten in dem buoch zuorichtest. Dann du hast din art für und für,
machest buechlin, die verschickst nun dinen kunden, macht, es wil ir
sunst nieman. Lieber, laß sy usgon! Hettind wir din vordrige epistel
nit zuo Zürich truckt, so hette man grossen mangel an diner schönen
sermon. Und setzest etliche wort under minen namen und nennest mich
meyster [cf. Matth. 23. 8], den ich mich all min tag nie gschriben hab.
Es ist aber waar, ich bin ein meyster gwesen bißhar wie Guege ein ritter;
reyt uff eim stoßkarren in spital. Du nennest mich wol meyster, du gibst
aber nüts umb mich. Wie lang hab ich an dir geheissen, gestupfft
und gmanet, daß du eintweders schrybist oder mich zuo Zürich mundtlich
berichtist? Du gibst aber nüts umb mich. Ich radt, du sygist
ouch einmal meyster; und wil ich darumb nit doctor sin. Ietz hör
lachen; es ist ernst, das nun volget.
Meyster Hans Schmid:
11. "Wie kanst du die frommen herren mitbrueder nennen, so du
gedachte etliche ort schmächst?" etc.

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Zuingli.
Alle, die zum himmelischen vatter sprechend: "Vatter unser"
[Matth. 6. 9], die muessend mine brueder sin; dann ich den im geyst und
in der warheyt anrueff [cf. Joh. 4. 24]. Unnd welcher mich nit für sinen
bruoder haben wil, der mag zuo minem himmelischen vatter nit kummen.
Was gilt's, das mueyet dich übel, daß du mich einen kätzer schiltest
unnd sichst aber, das du mir muost lübli machen und min bruoder
syn? Dann ich dir gewüss sagen kan, das ich den himmelischen vatter
für minen vatter hab. Aber du hast ein guoten uszug; du muost nit
myn bruoder syn; dann du hast dinen vatter nit im himmel, sunder
einen allerheiligosten vatter uff erden. Der von himmel gibt nit vil
pfruonden, duckaten etc. Was hab ich aber geredt, das einer loblichen
Eydgnoschafft schmächlich sye? Sichst, wo din disputation ufsticht?
Verstand mich recht: der Eydgnoss sye, wär er welle, sye
mir wie fygend er welle, so ist gwüss, das ich im dennocht hölder
bin dann du allen dinen thüresten fründen in einer Eydgnoschafft.
Meyster Hans Schmid:
12. "Es wirdt one zwyfel nach dinem und diner rädlinfuerer
bluotflüß, so wir leyder verganges jars erfaren, dem Noe die tub, das
ist der heylig geyst, bringen das fridlich blatt" [cf. 1. Mose 8. 10f.].
Zuingli.
Wie gedarst du ertzbluotägel mich einiges worts von bluotgiessen
verzyhen? Du hast nun talame frommer propheten bluots me vergossen

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weder Ahab und Iesabel [cf. 1. Kön. 18. 13], ich geschwyg,
das du und dines glychen, die man wänet gleert sin, die durächter
Christensvolcks sind, von denen Christus selbs redt Io. 16.: "Es
kumpt die zyt, das ein yeder, der üch tödt, vermeinen wirt, er diene
gott daran" [Joh. 16. 2]. Ja, du bist der menschenmetzgeren einer, die
sölichs lerend in iren rädten, fuerend die fürsten und edlen dahin, das
iro etlich wänend, sy dienind gott mit sölchem durächten. Du kanst
das nit löugnen; du hast's zuo Ougstburg gepredget: es thuege nit guot,
man lege denn die klingen uff sölche leerer und prediger. Das ist uss
dinem bluotfrässigen mul angeschriben. Hör zuo, wie du es meinst.
Sol man es mit recht thuon? Warumb berechtest denn nit die wolgelerten
frommen predicanten daselbst: Rhegium, Källern,
Froschen
und andre? Unnd bringst sy mit recht under die klingen?
So volgt, das du es meinst mit unrat, gwalt, frävel unnd ufruoren;
dann truwtest's mit recht unnd der warheit darzuo ze bringen, du
spartist's weder zuo Ougstburg, Ulm, Costentz, Lindow, Rütlingen,
Esslingen
noch an gheim ort. Sich ietz umb dich, ob nit
dir alle menschen ansehen, was du für einen radtschlag mit diner rott
habist? Du sichst, das Ecolampadius unnd ich uss gottes verordnung
den waren handel vom nachtmal Christi mit sölichen waaffen,
hab und radt des götlichen worts harfürtragen habend, und demnach
die frommen zuo Straßburg, Ougstburg, Ulm,

--131--

Costentz etc., daß ir daran ersticken werdend; meinst aber, so verr
ich gen Baden käme, möchte Ecolampadius mit gheinem glimpff
usblyben. Und so wir nüts begiriger sind denn christlicher und apostolischer
underred von den schwären hendlen, die yetz vor ougen sind,
und schlahend so schwär, herrlich stett für (er: Basel, Zürich,
Bern
; ich: Zürich, Bern, Santgallen), so kumpst du mit Baden
ziehen, da sich allwegen die ungehorsamen, wohar sy endrünnend,
zemen samlend, und voruß yetz zuo diser zyt so vil der ungehorsammen
miner herren von Zürich da ouch so frävel sind, daß sy
miner herren lüt, wo sy da badend, mit unzucht meynend, ja ouch
in irer statt tratzend, und iro ettlich besunderen unser statt rädten
unnd burgeren abgesagt habend; was denen mit gelt zuozemuoten sye oder
inen ze vertruwen, weist du wol. Es ist ouch einer daselbs, der
begibt sich all sin läben lang für einen hencker lassen halten, allein
das man inn über mich lasse hencker sin. Der nun wol wirdig ist,
das er ein hencker genennet werde, aber nit, das er mich richten sölle.
Ja, dahin reicht din radtschlag; möchtist mit sölichem dinem gsind
der unghorsamen einen under uns oder beyd umbbringen, wurdest's
nit sparen. Und wo du sprechen wurdist: "dine Eydgnossen

--132--

wellend doch dir ein gwarde nachlassen", o ja, ich bin ein rycher
herr, hab des jars nit als vil ze verzeeren als ein gwardeknecht,
und solt ein gwarde haben; schampte mich ouch söliches prachts
übel. Sölte man aber sölichs mynen herren zuomuoten, so ist's inen in
vil weg nit ze radten; dann wo ein platz so unsicher ist, daß man
gwardinen darff, ist guot ze mercken, daß ouch die vergoumenden
in gefar kummen mögend, wo der vergoumt darinn ist; und ee demnach
dieselben widrumb entrett, wirt eintweders tödtlicher krieg oder
aber grosser nachteyl dero, die sich nit umbsehen habend. Zeig ich
früntlich an, nit das ich einer frommen erberkeit einer loblichen
Eydgnoschafft ützid weder aller eeren vertruwe; aber dir und
dinen buoben und allen, denen gelt lieber ist weder warheyt, recht
unnd ir eigen läben, denen truw ich als vil, als ich mag. Ich wil
ouch min läben nit daran binden, daran es ein sölcher buob gbinden
gedar; der setzt sin läben an's gelt unnd hofft, darvon ze kummen; so
wil ich min läben an ghein sölchen buoben setzen (wie du vom Stoico
in Gellio ein glychs findest) ouch nit in gevar, die minen herren
nachteylig möcht werden. Denn als du mit mir böldrest, ob ich

--133--

unsern Eydgnossen nit truwe, sag ich wie vor: ja, ich truw inen
für alle menschen uff erden, aber dir und dem gesind nüts. Setz,
das mir dero einer das läben mit gschosß oder stich näme und ein
ersamkeyt ergriffe inn (das doch hart beschehen wurde; denn man
rüstet in sölichen fälen die flucht zum aller ersten zuo), was wer's aber,
so man ein sölchen glych uff ein rad satzte? Wüss, ich schetz
mich selbs thürer, nit von minetwegen, sunder von mines lieben herren
Jesu Christi wegen, deß wort ich noch lenger dienen und schirmen
helffen wil mit allen glöubigen, und üch bäpstler ἐπιστομίζειν [cf. Tit.
1. 11]. Du bist der brunnadren eine, daruß der bluotgusß kumpt;
dann hast du vor jaren uff sölche ding tröuwt, wie ich dir in der
nächsten gschrifft anzeigt hab. Wir mögend ouch wol ermessen,
das dir mit uns Eydgnossen ist als dem, der mit wasser mißt;
dem ligt nüts dran, wie vil nebendab valle. Also ouch dir, wo du by
uns ufruor und unradt schöpffen magst, hastu dinem huffen wol
gedienet, gott geb welchen wäg du sölichs zwegen bringist, und ligt dir
nüt an uns. Es stond ouch dir zwen verdienst druff, die ich dir
sagen wil: einer, das damit ein lobliche Eidgnoschaft zuo grosser mindrung

--134--

käm; das wurdind alle die thür umb dich verdienen, denen ein
Eydgnoschafft ein torn in ougen, ja der nagel gar gwesen ist. Der
ander verdienst, das du dym huffen damit uss sorgen helffist; dann
sich der mit sinen empfolhnen dermaß haltet, das er im all stund
fürchtenn muoß und das er wol mercken mag, das ir tyranny nit beston
mag; darumb sorgend sy, es mög allweg ein ungewitter uss
den bergwolcken kummen, voruß so das evangelium für und für zuonimpt.
Wenn aber by uns zertrennung wäre, mueßte im der din huff
nüt vor uns fürchten, ich gschwyg frömmder küngen und herren,
über die des Schmids rott gwalt bruchenn möcht, so verr wir
gezweyet wärind. Deßhalb im, als er wänet, nit fälen kan; im mueß
gelingen. Köm ich gen Baden, so mueß ich ouch baden; unnd
volgt unradt darnach, so hat er erlangt, darnach er wirbt, unnd muoß
im nieman vor uns fürchten. Köm ich nit dar, so hofft er mit
Eggen und Lempen doctoren gschrey aber etwas mandaten und
articklen über die armen ußlender ußzebringen. Und sol demnach
den nammen haben, wie vil doctor da gewesen etc., doch nun der
üwlen doctren, die das klar, mittägig liecht weder zuo Zürich, Bern
noch Sant Gallen ansehen mögend, ouch für Zürich hin rytend

--135--

uns unbegrueßt. Für's letst ist offembar, das der allmechtig gott durch
mich me bluotvergiessens vergoummt hat, weder Faber rechter fründen
uff erden hab. Unnd das ist das schlüffle, durch das sich Faber in
die sachen träyt. Dann all min ufsatz und fygendschafft kumpt mir
dahar, das ich mit grosser arbeit und muey dem bluotvergiessen widerstanden
bin. Also stadt es umb den friden, den du vor dir und ich
vor mir hab. Unnd damit ich min schryben nit mit dinen hochfertigen
alenfentzen ungnädig mach, wil ich yetz nümmen so vil arbeyt
haben, din wort ze setzen, sunder was am nötisten ist, kurtzlich
verantwurten.
13. Da ich sag, ich sye nit schuldig, anderstwohin ze kommen,
sprichstu druf: wie ich das gsagen gdör; ich sye doch eim yeden
schuldig, rechnung miner leer ze geben etc. . Antwurt: Ich red recht
und du unrecht. Ich wil eim yeden, dem ich schuldig bin, antwurt
geben, aber nit wo ein yeder wil. Hab es ouch in dines gotts rechten
schirm. Man sol mich vor miner kilchen hören, der mich rechtfertigen
wil. Christus spricht: "Frag die mich gehört habend; die
wüssend, was ich geredt hab" [Joh. 18. 21]. Also frag du ouch die
kilchen, die mich gehört hat. Oder liß mine buecher, und ist darinn
etwas unrechts, so schryb darwider; darfst mines lybs nit darzuo.

--136--

Dann wo du mich glych umbbrächtist, mueßtest, das ich gelert hab, mit
gschrifft umbkeeren, oder aber min leer kumpt uss den hertzenn dero,
die ich geleert hab, nit. Daran aber erfunden wirt, das du mit betrug
umbgaast; so dick embotten ze schryben und nye gethon, aber gen
Badenn kummen gefiel dir.
14. Wiltu allein die biblischen gschrifft bruchen, warumb sagst
du es nit fry haruß?
15. Du sprichst, ir wellend über gottes wort nit richter setzen (deß
biß yndenck!), sunder über mich und min kätzerische leer. Das ist
das dritt offembar stuck, das du mir das bad hast über gethon. Dann
unser Eydgnossen habend minen herren zuogeschriben von eim früntlichen
gespräch, und mag nach den pündten zuo Baden nieman über
mich richten. Ich weyß wol, wenn man dich nun reden laßt, so empfalt
dir all din heymlicheit. Alle mine verstend, die ich uss der
gschrifft leer, wil ich uss der gschrifft bewären.
16. Bistu redlich, so kumm den nechsten gen Zürich, ligt am
wäg; oder aber man wirt aber sehen, daß du nit nun den spieß bim
hag abzüchst, sunder inn gar hingeworffen hast - ripsaspis [ῥίψασπις]
- und nun fechten wilt, da kein fygend sind; dann do du zuo

--137--

Zürich warest, flucht du so schantlich, das du dich des noch hütt
deß tags schämenn muost. Ich hab dich alle min tag nye geflohen,
du flüchst aber mich alle tag. Unnd wo mir der platz gmein ist, so
sich, ob ich flüch oder du.
17. Verargest mich seer, das ich geredt hab, es sölle einer den
tod nit lyden, da es nüts helffe. Weyst doch gruntlich, das ich
recht red; dann Christus Jesus lert uns das mit denen worten: "So
man üch in einer statt durächt, so flühend in ein andre" [Matth.
10. 23], und: "Ir söllend die bärlin nit für die süw schütten"
[Matth. 7. 6]. Da schwadrest du grosser impostor und wilt mich
verungnaden gegen unseren lieben Eydgnossen, als ob ich sölchs uss
mir selbs geredt hab unnd nit wüssist, das es wort Christi sygind.
Und hab aber ich die wort Christi nach sinem sinn eygenlich gebrucht,
uff die meinung, das wir den kostbarlichen schatz des bärlins,
das ist: worts Christi, Matt. 13. [cf. Matth. 13. 45f.] nit denen
fürschütten söllind, die es nit annemmend, sunder durächtend. Dieselben
nennet Christus süw. Was kan ich darfür? Und das ich unser
fromm, lieb Eydgnossen nit meyne, erfindt sich an minen worten und
gschrifft. Dann ich allein uff die reych, die uss fräfel glych: kätzer!
schryend; das thuot kein frommer. Darzuo bist du warlich der selben
süwen eine unnd dines glychen; muoß sich erfinden, du schrybist oder
disputierist gegenwürtigklich mit mir.

--138--

18. Uff das ich geschriben hab, man finde nit, das keine sölche
richter zuo der apostel zyten und by den alten Christen gewäsen
sygind, als du und Egg haben wellind, gibstu mir kein andre antwurt;
denn du wilt mich uss allen landen vertryben. An welchem
wort man zum vierden vermerckt, was du und din huff vor üch
habind: nit disputieren, sunder latrocinari. Verstand's recht latinisch!
19. Du löugnest mich von Ambrosius wegen. Und wenn du

--139--

ein lug uff mich bringst, sol dir grosses über mich gezimmen. Und
ist aber by dir alles erlogen, damit du umbgaast. Du lügst die
gschrifft an, du lügst die leerer an und hoffest aber, sidmal die dine
buechlin läsend, Ambrosium nit läsend, sy werdind dir glouben, ich
habe Ambrosio ufgelegt, das er nit gschriben habe. Das ist aber in
der warheyt, die gott selbs ist, waar: ich hatt die 32. epistel Ambrosii
in die margines verzeychnet, und als dieselben ding erst zuoletst
gesetzt oder usgeschnitten werdend, hat iro der trucker vergessen,
und ouch ich. Was ligt aber daran? Ich red nüts dann die warheyt,
so vil die christenlichen leer antrifft; sölte ich darumb allwegen
muessen sagen, wo ein yedes ding stuende? Sölichs ist me ein kluegen
weder leeren, vorus wo man bin berichten lüten lert. Luog aber
daselbst, ob ich die meynung Ambrosii, die ich angezogen, nit recht
gebrucht habe. Auxentius wolt inn für richter ziehen, dero er nit
wolt, glych wie du unnd Egg mir thuond. Hab gheinen zwyfel, ich
hab das überig etwas bas verstanden weder du; dann ich sich an
diner Moschobyten hystori, daß dir nit ze vertruwen ist, daß du
die alten latinischen leerer recht verstandist, verbo absit invidia.
Dann du in derselben epistel nit sichst, das Ambrosius nun zellt
von Valentiniani vatter, und vor dem end der epistel also spricht:

--140--

"Ich wäre, o keyser, kommen etc., wo mich die bischoff unnd das volck
gelassen hettind; die hieltend mir für, das man von des gloubens wegen
vor dem volck sölle handlen." Sich, was sagt Ambrosius hie?
Sagt er nitt eben, das ich sag? Noch so schrygest und wuetest, als
ob du voll Gadarener süwen sygist, die sich in das meer sturtztend
[cf. Marc. 5. 1ff.] (damit ich ouch einmal diner kluogen facecien eine
bruche), und hast den schwitz noch nit verstanden. Gloub mir, mich
erbarmend die dich bruchend; dann sy wänend, du sygist neyßwas;
und ouch ich hab nie gewüßt, daß du so ein grosser stock
bist, daß du noch Ambrosii gschrifft nitt on häbling läsen magst.
Ich hab recht und waar Ambrosium anzogen, und bist du unrecht,
valsch und lugenhaft.
20. Diner hüpschen articklen halb, umb die du mit mir zanggen
woltest, hab ich dir schon antwurt ggeben. Du bist ein heftig
mann; hast dem predicanten von Ulm ouch also embotten, und
wellist sin gegendisputant sin. Sich, wie sich din pracktica ufthuot.
Da hat gott den frommen Cuonrad Somen durch dise epistel,
wider die du hie schrybest, vergoumt; dann du hast imm one zwyfel
das bad schon übergethon, das inn die schnapphanen soltend uff

--141--

dem weg an eim henffinen strick leeren fliegen. Die frommen von
Ulm hattend gewänt, es wäre Zürich zevorderest in anschlag der disputation.
21. Du redest ouch recht: den schuldigen schottele das mentelin;
darumb wilt du nit gen Zürich kommen.
22. Was sagstu von den drü bösen cappa? Rym dich! Ich
weyß aber wol drü böse E: Egg, Emser und Heyerlin (h pro
nihilo reputatur); denen ist gheiner eeren ze vertruwen.
23. Fragst mich, wo ich im euangelio gelesen habe, das man dir
oder mir gysel geben sölle. Sag du an: wo hast im euangelio glesen,
daß du mich solt wellen zwingen ze antwurten anderst weder vor
miner kilchen? Hast nun du, kind der welt, ja des tüfels Ioan. 8.
[cf. Joh. 8. 44] (also züchstu gschrifft an, oder nit so ordenlich), ein

--142--

disputation angsehen, so gib ouch versicherung darzuo, und das nit von
minetwegen (darffst mir gheinen gysel gen Baden geben, ich wil nit
dar), sunder umb anderer frommen propheten willen, deren ich sorg,
nit vor gheinem frommen Eydgnossen, sunder vor dir und dinem
huffen.
24. Die schrybend hand Dann. 5. [cf. Dan. 5. 5] hat dir geschriben;
du bist vorhar groß gwesen. Ich bin allweg niderträchtiger
dingen geflissen gwesen, und noch hütbytag ist's ouch min fürnemmen
biß in's end. Aber du hast dich erhöcht; darumb muoßt du widerumb
harab [cf. Matth. 23. 12]. Luog ouch, ob's nit uff die reyche, under
dero flüglen du gywzest.
25. Von dem glouben, den ich leere, redstu, valle ich; das redstu
eben als waar, als wenn din muoter einist sagt, du wärist ein
hüpscher knab. Ich mach ouch mich selbs nit zuo eim kätzer, sunder
zell, daß die kätzerischen buoben (dero du einer bist; dann du mich
yetz kätzrest, und darffst aber nit zuo mir noch an gemeine malstat

--143--

kommen, ich gschwyg mit mir stryten) mich als uschryend. Unnd on
zwyfel hoffestu uff ein sölche conclamation.
26. Was darffstu so vil träffenlicher doctren, von denen du so vil
bladrest? Bist du doch allein der Atlas, uff dem der himmel stat,
der alle ding thuon wil, und kan ich nüts in der gschrifft. Wenn du
gen Zürich kumpst, hab ich ghein zwyfel, ich wil gheine doctren von
verrem bschicken und dich doch offenlich mit gott überwinden.
27. Egg hat in Beyeren von Baden und Lucern können anschlahen,
gott geb was du dönnist. Unnd do im das disputieren so
nach lag, sandt im ein ersamer radt gleyt zuo etc., als offenbar ist.

--144--

Er hat aber thon wie du, ist nit kommen, gdar ouch nit kommen.
Ja, sprichst, wenn dich die liebe Christi unnd den Eggen nit zwunge,
so thätend ir das nit. Ja, die liebe der kisten! Sind ir Christen,
was tuond ir dann mit vil pfruonden, huory, trunckenheyt? Die ding
stond christenlichen lereren nit zuo.
28. Deß gelts halb, von dem ich noch offenlicher in der antwurt
zuo dir gschriben, hab ghein sorg, ich lend mich nit uff gassenmär.
Weist aber du, was vindiciae sind? Ich weyß gewüss, das din part
mit gelt wirbt; ob's aber unser Eydgnossen von üch nemmind, daß
laß ich ston; hoff das gewüsser und besser; und wiltu gern, suoch
mich mit recht und alle, die es truckt. Du sprichst ouch, du glaubist's
nit. Du gloubst's gwüss nit, sonder du weyst's.

--145--

29. Min euangelium macht frid, und dins stäten unfrid. Wär
hat ye grösser jamer ghört, weder wo du hinkumpst? Ich weyß dir
wol vom Suntgöw und Brißgöw ze sagen. Wo ist aber in den ufruoren
grösserer frid gewesen weder in der Eydgnoschafft? Der truckt
dich, du woltest inn ouch gern zerrütten. Ja, warlich wirst du es thuon,
wo man dir loset.
30. Daß du minen herren so schantlich uneerlich zuoredest, wird
ich sy lassen ußrichten; dann allein das sagen, das du sy dero dingen
lugenhafft uss dinem eignen gedicht verzychst und gheinen stand
darumb nit thuon wirst; sunder es wirdt sich erfinden, daß sy allweg
mee mögend darthuon, weder sy angezeygt habend, unnd in gheiner
unwarheyt nit mögend erfunden werden. Doch ist das din art; du
hast mir für und für also gethon und nie nüts uff mich gebracht;

--146--

thuost im noch also. Du muost gelogen und gefräffnet haben, gott geb
gegen wemm.
31. Wär redt, es sye kein gott? An dir sicht man doch, das
ein gott ist; dann die natur, als die bäpstler redend, möcht ein sölchen
bösen, schädlichen, grimmen, bluotdürstigen menschen nit machen. Dann
liß alle hystorien us, so findest nitt, daß ye ein so unmenschlicher,
böser mensch gwesen sye als du, der nit höhers harkommen noch
standes sye, alle Annton, Catilinen, Jugurthen, Pleminien,
Alexandren hindangesetzt. Aber gott hat dich in die welt gesandt,
den waren botten des Antchrists, daß du die welt plagist, biß er ein
benuegen hat. Luog, ob man gloub, das ein gott sye oder nit?
32. Daß du und Egg so langest vor mir das euangelium glesen

--147--

und geprediget habind, ist an dem wol schyn, das ir darvon gelassen
habend und predigend yetz bäpst und concilia und nemmend groß und
vil pfruenden drumb. Ich bin aber noch nit us mit dem euangelio,
wird ouch nit mit imm grech, diewyl ich läb. Sunst weist du wol,
ob du und Egg glych nach den jaren elter sind denn ich, wie vil
du elter sygist im rechten, ersamen alter, von dem Sapi. 4. stadt [cf.
Weish. Sal. 4. 8f.]. Was sagt dir hie din schantliche, verzwyflete gewüßne,
die sich so thür darthuot und aber by ir selbs weyßt, daß sy
so närrisch umb den kopff ist und in gheinem ding (wiewol du dich vil
annimpst) zuo keiner joch zimlichen maß der vollkommenheyt kommen
ist? Ich wölte doch gern wüssen, ob du dich ouch für einen joch
Latiner und grammaticum dörfftist ußgeben? So weyst du, daß du
nüts vermagst; noch so kanst du das gefider sölicher maaß zerthuon,
daß du die welt blendest. Aber du wirst warlich zeletst das
seianisch pfärd, mit dem alle die unselig werdend, die dich neerend

--148--

und uff dine radtschleg sich lassend; dann by dir ist warlich οὐδὲν
ὑγιές [cf. Jes. 1. 6], nüts rechtgeschaffens. Es mag ouch wol sin, das
uss eim müllerthier ein pfärd werde; dann es ward ein esel einmal zuo
eim löuwen.
33. Sagst mir ouch wyß, ich werde entlouffen. Ich hör wol, du
redst uss dem geyst, uss dem der burgermeyster von Zäll vor eim jar
ouch geredt hat, ich werde bald entlouffen wie ein kätzer. Aber habend
nit zwyfel, ein fromme kilch zuo Zürich verstadt, wie ir's meynend
und mit was künsten ir's hoffend uff die ban ze bringen. Aber "gott
zerwirft die radtschleg der fürsten und verschupft die gedancken
der völckeren" [Psalm 33. 10]. Was hierinn gott gevalle, bescheche;
wil ich mit siner genad frölich tragen.
34. Da du mir antwurt geben solt über mynen fürschlag der
stetten Zürich, Bern, der beyden houptorten einer loblichen Eydgnoschafft,
und der wytberuembten frystatt Santgallen, springestu
mit eim anlouff überhin. Nun bistu doch bim anschlag der disputation
gewesen; wie, daß du (bist so redlich) nit gsprochen hast, es

--149--

muessend houptstett, selb fry, gwaltig stett darzuo erwellet werden? Warumb
erkießtend ir nit Basel (da ist ein hohe schuol und bistumb),
Chur (ist ein bistumb), Costentz (ist ein bistumb) oder Schaffhusen
(ist ouch ein ort)? Sich, die stett all sind veracht worden, das man
gen Baden käm, da man gewont hat, wollusts ze pflegen, und da die
versamlet werdend, von denen ich dir vor gesagt hab. Es wil dir an
dinen anschlegen schaden, wenn man die disputation gen Zürich,
Bern oder Santgallen legt. Darumb ich ouch gemein Eidgnossen
umb gottes willen bitt, daß sy doch nun einen versuochschutz thuegind,
sam sy die disputation wellind gen Zürich legen; da wirdt
man sehen, wie Faber mit sinem gsind ußzüg suochen werdend.
Kurtz, ich schlach die gebürlicheren, herlicheren plätz für, kan
nieman löugnen. Und schlach den platz ab, den mencklich erkennt
mir ungemeyn sin, ouch die frommen zuo Baden unnd allenthalb
selbs redend.
35. Redst, ich habe vil seelen verfuert. Sag ich also, das ich nit

--150--

weyß von eim besundren menschen (privatus enim es), der so vil lyben
und seelen ermürdt hab als du. Noch so hat gott vil mer selen
durch mich gewunnen, weder du gemürdt hast. Und wirt sich die
ern erst anheben; die Italier regend sich; in Gallis hept man
an brennen die euangelisten; und wo die zeychen sind, ist der häll
summer der göttlichen werme naach. Da sich uf! ich sag dir
zeychen, die von tag zuo tag waar werdend; du thuost aber nüts wann
löigen.
36. Zum letsten in der abred sprichstu also, meister Hans
Heyerly, den man nempt Schmid:
"Was hab ich (in einer Eydgnoschafft) practicziert? das sag du
mir; du findest nichts anders, dann das ich geprediget hab, und diewyl
du dich allweg zuo disputieren erbotten hast, hab ich darzuo geholffen
radtschleg machen" etc.

--151--

Zuingli.
Der cardinal von Sitten kam ouch etwan und prediget, daß er
mich ouch blandt. Aber die heimlich predig, die uss dem seckel als
uss des tüfels hüle kroch, was die geborn habe eyner frommen Eydgnoschafft,
weystu wol. Demnach so redst du aber offenlich (das
die fünfft offen kundschafft ist, daß du mit practick umbgangist), du
habist gholffen ratschleg machen. Luog, wie stadt es dir an, daß du
dich uss aller practick ußschlöuffen wilt, und ligt dir aber die geltpractick
so engstlich an, daß du dieselben nit kanst vertrechen,
du thuegist dich dann etwas uf; dann du sichst, daß du etwas
muost nachlassen. Also sprichst, du habist anschleg zuo der disputation

--152--

helffen thuon, damit du der geltpractick des stercker löignist.
Nun wol har, so sag an: bistu zuo der bestimmung der disputation
beruefft oder nit? Bistu berueft? Wie denn, daß ich nit ouch umb
radtschlag ersuocht bin, sol es ein unpartyige disputation sin? Warumb
hastu ouch nit anzeigt, das ich vormal gegem Eggen Lucern und
Baden abgeschlagen hab? Oder bistu so unsinnig, daß du nit sächt,
do das obrest ort einer Eydgnoschafft, Zürich, nit darby was
(umb des predicanten es am meisten ze tuon was), daß es one sy nit
fürzenemmen was? Oder daran der knopff ligt: bist so fromm, so
sag, mit welchen orten hastu anschleg gethon? Sind die 12 ort alle
darby gewesen oder nit? Bistu dann unberuefft kommen und nach
einer disputation geworben, warumb hastu denn nit aber fürnemlich
nach eim gemeinen platz gestelt? Warumb hastu nit alle ort zemen
lassen berueffen? Warumb hast du dine buechle lassen ußgon, ee du
denselben gemeinen 13 orten dine meinungen habist fürgehalten, ob's
inen also gevalle? Darstu ein disputation in geheim in einer Eydgnoschaft
anschlahen, artickel unverhört daruf lassen ußgon, so
mögend ouch die blinden schären sehen, womit du umbgast.
Noch so staast und schryst, du armer, blinder Moriche. Wie

--153--

hastu so wenig bsehen die enthymemata Demosthenis und epichiremata,
ouch epiphonemata Ciceronis, mit denen ich dir, uss hilff gottes,
dine duncklen possen wil so wyß und häll machen, daß sy dir in
ougen wee muessend thuon. Hieby biß gwüß, das ich dir den kernen
noch nit nach der noturfft geschnitten hab; kumpst aber mer, wil
ich erst die rechten schnyden ankeren. Gott welle sich din erbarmen
durch das bitter lyden sines suns, oder alle Christen von dir entladen.
Beschech der will gottes.
Nit laß dich (damit ich's end), frommer Christ durch alle Eydgnoschafft
und welt hin, verergren, das ich dem Elymas yetz
schimpflich denn rüheste antwurt ggeben hab; ich solt inn billich
bescholten haben, wie Paulus genanten Act. 13. gethon hatt [cf. Ap.-Gesch.
13. 8ff.]. Esel und multhier muoß man vast bruchen und
übel schlahen; denocht bringt man keinen nutz uss inen, biß sy
mit vil muey gelert werdend. Also mag's ouch umb disen Faber,
der billich ein schmid, nit ein doctor solt worden sin, nit besser
werden, man pfreng und milte inn denn mit so rucher zucht,
die ich im, ob gott wil, anthuon wil, im und christenem volck ze
guotem. Lernend aber fromme Christen daby, daß er vor im hatt,
ee man inn abgerichte, allen friden allenthalb ze zerrütten; dann wo
er friden weyßt, da säyt er sin zündpulver hin. Er vermag sölche
disputationen weder zuo Ougstburg noch Costentz und andren stetten
zewegen bringen, als er gern in einer Eydgnoschafft anrichte.
Läge im und sinen herren so vil an rechtem disputieren, sy hettind's
lang in den rychstetten vermögen. Aber es ist warlich, wie anzeigt,
umb ein grössere practick ze thuon. Es sol sich ouch ein yede kilch

--154--

vergoumen, das sy ir predicanten nit in das ußreytzen Fabers und
syns glychen gebe, oder aber es wär umb sy alle gethon. Es sol ouch
harwiderumb ein yeder bischoff oder wächter goumen, das er nit so
unfürsehenlich ins Fabers hend komme; denn Christus spricht
Mar. 13.: "Goumend üwer selbs; dann sy werdend üch in iren rädten
hingeben" etc. [Marc. 13. 9]. Lass sich Fabers tröwen und tratzen
nieman kümren; wir habend im ander stett fürgeschlagen, denn Baden
ist. Spricht er, ich gdör nit darkommen, glych als ob er gen Zürich
kommen gedör. Köme der keyser gen Lyon oder Paryß, sol's
darumb gelten tratzen? Hettind wir wellen tratzen, hettind im wol
ander gspött denn gyrenrupffen anghenckt, daß er nit hat gdören
gen Zürich kummen. Zuo Zürich hat man guoter meinung die ennetrynischen
legaten heimgesendt; also schlüffend's an andren orten
widerumb haryn. Vertruw, glöubiger, goum, hab sorg, laß dich die
lüß nit grindig machen! Fabers anschlag hatt schon gefält, wenn
wir Eydgnossen im nit losend und gemeine Christen einigkeit
haltend; das wirdt gott uns, den sinen, geben.
Zürich am 15. tag mey 1526.