Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Antwort über das zugeschickte Geleite

16. Mai 1526
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 5 (Leipzig: Heinsius, 1934) (Corpus Reformatorum 92)


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[Antwort über das zugeschickte Geleite.]
[fol. 50 a.] Den frommen, vesten etc. gnad und frid von gott bevor!
Fromme, veste, ersame, wysen, gnädigen, lieben herren! Ich bitt
úch aber zum allertrungenlichsten, ir wellind min antwurt, úch uff die
gschrifft minen herren zuogeschickt, aber mich antreffende, mitt ernst
und ryffer betrachtung verlesen lassen und ermessen, das ich gheinswegs
wider, sunder an eynr disputation bin, aber den platz gheinswegs
erlyden mag, als ich úch ietz in der antwurt berichten wil.
[1.] Erstlich nimpt üwer wysheit für einen yngang, wie sich mine
herren allweg embotten habind ze berichten lassen etc. Ist waar,
ich hab mich dess ouch allweg embotten und embút mich's noch

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hútbitag und diewyl ich läb. Aber nieman kan gsagen, das sich
yeman embotten hab, wohin ein yeder welle; oder aber ich mueste on
zwyfel dem bischoff von Costentz uf Gotlieben siner bericht losen.
Hierumb kan man üns wol muntlich ze Zürich berichten oder mit
gschrifft, wo man wil, und wir ze Zürich antwurt geben; wie dann
vormal ouch dem bischoff von Costentz von der mess und bilden
wegen antwurt in gschrifft ggeben ist.
[2.] Demnach embietend ir úch des gleits uff mich, mine
mithafften und alle, so ungevarlicher wys mit mir komind. Also

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lutend üwre eigne wort. Hie wil ich gernn von üwer wysheit hören,
wer doch erkennen muesse, welchs ungevarliche wys sye oder nit. Ist's
nit das allerbillichest, die acht ort darumb erkennind? Und da
mögend die fünf ort allweg das meer haben; kem ich nit sölchen
weg aber under den gwallt der fünf orten? Und demnach volgte
unrat darus?
[3.] Zum dritten embútend ir úch gleits "in der höchsten, krefftigosten
und besten form, so wir tuon söllend, könnend und mögend".
Also stond üwre wort. Dise wort tätind mir nit gnuog, ob ich glych
gen Baden wölte. Ursach: ich weiss, das alle, so des bapsts kilchen
anhangend, schryend, ich sye ein kätzer, desshalb sölle man mir nit
gleit geben; wo man mir's aber ye gebe, sölle man es darumb tuon, das
man es nit halltte, sunder mich uss miner gwarsame damit bringe.
Denn wär gar bald gesprochen: man sol, man kan und mag imm
nit gleyt geben; dann er ist ein kätzer; desshalb ünser gleitgeben nit
krafft haben mag.
[4.] Zum vierden tuond ir ouch erst disen puncten darzuo, doch mit
dem anhang: "das sich iederman gleitlich halten sol". Welchs
zwar ein gemeiner artickel ist, wo nit gfaar ist. Aber mir wär er gar

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nit gnuog ze Baden. Dann sobald ich nun reden muesste: "der babst ist
der Antchrist", wurd über mich geschruwen, ich hette ungleitlich
geredt, und wurd demnach bekantnuss darumb aber in der fünf orten
meer ston, das mir allweg ungemein ist.
[fol. 50b.] [5.] Zum fünften wellend ir versehen in der statt und
grafschaft Baden, das ich sampt minen mithafften gebürlich und geleitlich
gehalten werd. Antwurt: Wo aber das nit beschähe, stuend es
nit aber in erkantnus und meer der fünf orten?
[6.] Zum 6. sölle der landvogt ze Baden mit 20 oder 30 redlichen,
frommen mannen gen Zürich geschickt werden, das sy mich
dannen gen Baden beleitind etc. . Gilt glych als vil als vor.
Dann ich kem in gwalt der fünf orten, wie gnuog ist anzeigt. Statt
und landschaft Baden vermöcht nit so vil, das ein einiger uss den
fünf orten útzid umb sy gäb. Darzuo habend ir yetz nit gehandlet,
wie vormal verabscheidet ist ze Einsüdlen. Da stuond im abscheid
ein sölche meinung: das, wo ich nit vermeinte sicher ze sin, möchtind
mine herren ein zal knechten mit mir schicken, die mich bewartind.
Wie sicht's nun zemen? Die mässigung der dingen sol an den fünf

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orten ston, ouch sol mich der landvogt beleiten; und mine herren
mögind mich mit iren knechten beleiten?
[7.] Zum sibenden habind ir miner herren botten gebetten, das sy
mit úch nidersitzind und ein form des gleits zum allerbesten mit úch
setzind. Antwurt: Es bedarf gar gheiner formm. Hörend ir nit, das
mir der platz nit gemein ist? Kurtz mit offnen worten: Ich wil an
ghein ort noch end, da die fünf ort Lucernn, Ure, Schwytz,
Underwalden, Zug einigen gwalt mögend haben. Und ob ir die
disputation, als ich hoff, gen Zürich, Bernn oder Santgallen legtind,
wil ich denn erst lassen von versichrung vor den orten reden,
wo ich dur ir gebiet faren muesste.
[8.] Zum achtenden wellend ir úch in krafft diss briefs bezúgt
haben, glych als ob üwer wysheit neiswas vor iro hab, vor dem
sy ir eer welle bewart haben; oder wie ir das wellind meinen bests
verstands, lass ich blyben. Ich wil aber üwer wysheit hie mit diser
gschrifft ouch gernn, mit verbessrung miner herren, gewarnet haben;
sölte die einigen weg zuo nachteil dem waren gotzwort, das ich ler,
und minen herren und mir mich darfür wellen usgeben, sam ich
die disputation geschohen, so ich doch allein den platz schúch uss
ursachen, wie ietz komen wirt, so wölt ouch ich dise min gschrifft und
die nechsten, by miner herren botten üwer wysheit überschickt, im
truck lassen usgon und allenthalb hin, wo ich möcht, verordnen,

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damit mencklich sehen möcht, wess der unglimpf sye. Ich bin
gheins dings giriger dann eynr fryen disputation (doch mit denen gestalten,
wie ich erstlich in der gschrift an úch hab lassen langen);
so nun ir die nit wend an gemeine ort legen, die ich úch fürgeschlagen,
sunder mich mit dem platz verdacht machen, sam ich
mir by miner ler fürchte, wird ich ye genötigot, sölchen argen won
abzeleinen, und bút hierinn allen, die sich damit wöltind meinen
verletzt werden, recht in dem ort, da ich gsessen bin (namlich Zurich),
nach innhalt der pündten.
[9.] Zum nünden lassind ir miner herren ursachen, die sy angezeygt
habend, sin; wellind die an üwre herren bringen. Doch so
bedunckind [fol. 51 a.] sy úch weder stat noch fuog haben. Für das
erst: Tuond's! Zeigend miner herren ursach getrülich an, darumb sy mich
nit gon Baden schicken wellind, so hab ich gheinen zwyfel, ir werdind
vil frommer lúten finden, die wol sehen werdind, das sy mit redlichen,
waarhaften, fridlichen dingen umbgand. Für's ander: So tuond so wol
und zeigend ouch mine ursachen an, die all und iede insunders starck
gnuog sind, nit die disputation ze hindren, sunder den platz ze verendren,
wie offt gnuog ghört. Und sind diss die ursachen:

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1. Ghein platz ist mir gemein, da die fünf ort obren gwalt
habend. Ursach:
2. Dann die genannten ort habend mich einen kätzer gescholten,
usgeschriben, min ler verworffen, brennt, mich geschmächt vor verhörung
aller dingen.
3. Und ietz, inmitten dem sy allenthalb hin schrybend, schrybend sy
mich für einen kätzerischen, verfuerischen, ufruerischen etc. us, als gen Chur
und die pündt und anderswo hin beschehen; ist ein offen vorgricht.
4. Bezúgend sich ouch die disputation nit darumb angeschlagen
haben, das sy von irem alten glouben ston, sunder weg suochen wellind,
durch die sy den Zuingli gschweigind. Ist ouch ein offen
vorgricht. Mag ouch ein ieder gedencken, was mir da ze hoffen
und vertruwen sye, da man weg suochen wil, mich ze geschweigen und
nit bericht ze geben oder nemen.
5. Habend mich genannte ort empfolhen anzenemen, das
doch wider die pündt ist. Wie solt ich mich denn imm gleyt an sy
lassen?
6. Habend die genanten ort sich by iren eyden verbunden, den
glouben ze durächten und vehen, den ich predig.
7. Habend sy mit Fabern oder Eggen erstliche anschleg geton
von der disputation wegen, die doch unpartyig sin solt, und das
hinder minen herren und mir. Und hatt aber dero einer, namlich
Egg, offenlich geredt, wir Eydgnossen sygind all kueghyer, darumb
ünser wordren landskrieg angehebt und mit gots hilff gsiget habend.
So sy nun die zwen grossen bäpstler, fygend und schelcker einr
loblichen Eydgnoschaft erst zuo dem allem die hochberuempten etc.
nennend, sich ich wol, wie verr der hass über mich gewachsen ist.

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8. Lassend sy die schantlichsten gschriften Fabers und Eggen
fry wider mich feilhaben, lesen; ferggend ouch die uff den tagen hin
und wider; und mine antwurten wellend sy weder hören noch sehen.
[fol.52a.] 9. Zum nünden hab ich mich vor zwey iaren gegem Eggen
und mencklich ufgeton, das ich gheinswegs weder gon Baden noch Lucernn
welle. Noch so ist die disputation wider miner herren wüssen
und mit wüssen Fabers und Eggen an den platz gelegt, den man vor
zwey iaren wol verstanden hatt ungemein sin; darus ufsatz und
radtschlag zuo nachteil minen herren und mir billich ermessen wirt.
Ja diser ursachen ist ein iede besunder vor eim ieden frommen, als
ich hoff, gross und rechtmässig genuog, ich gschwyg, all miteinandren,
mich ze entschuldigen nit der disputation, sunder des platzes, den man
minen herren und mir mit gwalt uftrechen wil; so doch ich vil die
gemeineren plätz fürgeschlagen hab, und das by guoter zyt.
[fol. 51a; Forts.] Die und andren ursachen zeig ich úch, gnädige,
lieben herren, an, das ich úch guoter meinung warne, das mich nieman
fürgeb, als ob ich die disputation entsitze, sunder allein den platz. Was
ligt denn dran? Endre man den platz in die ich hab anzeigt, so wirt man
sehen, ob ich die disputation fürcht oder nit; denn wo etwas in sölchem
durch Fabernn und Eggen sölte fürgebracht werden, das nit christlich
sin wurd, wurd ich gheinswegs unwiderstritten lassen. Hierumb,
gnädige, lieben herren, wellind umb gotswillen ernstlich betrachten, was
ze friden, nit was ze nachteil min dienet. [fol. 51b.] Ich wird schlechtlich,
da so vil ufsatzes ist, in ghein blinde sach nit gon. Es sind ouch
allweg in üwrem gleyt die dry träffenlichsten puncten usgelassen:

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das allein biblische gschrifft der brunn und grund sin sölle; das man
gheinen richter über gottes wort setzen welle und von allen articklen,
die ietz träffenlich in span stond, fry unverholen, ouch one ynred
disputieren welle. Desshalb, ob glych der platz geendret wurd, wurd
ouch not sin, die ding eigenlich ze bestimmen. Aber entlich darff
es weder von gleyt noch articklen ze reden, wenn man die disputation
überein ze Baden haben wil. Ich wil nit Baden. Betrachtend allweg
hieby, wie so bald unruow entstanden und so schwaarlich hingenomen
wirt, und das üns die bäpstler billich argwönig söllend
sin und curtisonen, die ouch gemein Eydgnossen abgestellt habend,
vorus die ab der ard, dannen Egg und Faber sind. Gott sende üns
gnad und einigheit nach sinem willen! Amen.
Versehend úch allweg zuo mir, als sich zuo eim getrüwsten
Christen und Eydgnossen ze versehen ist!
Geben Zürich 16. tags mey 1526.
Üwer ersamen wysheit
willinger Huldrych
Zuingli.