Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Zwingli an die Eidgenossen wegen Murner

Mitte Juli 1526
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 5 (Leipzig: Heinsius, 1934) (Corpus Reformatorum 92)


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[Zwingli an die Eidgenossen wegen Murner.]
[Seite 1] Gnad und frid von gott bevor!
Fromme, strengen, vesten, fürsichtigen, ersammen, wyse, gnädige,
günstige, liebe herren, womit ich vormal verursachet sye, nit gen
Baden uff die disputation ze komen, ist on not ze erzellen; dann das
selb nit allein in mitz der handlung, sunder ouch vor allem anschlag
überflussig anzeigt ist. Nammlich, das mir ghein ort gemein wär, da
die fünf ort, die min leer (die nit min, sunder gottes ist) sich verpflicht
hattend ze vehen und durächten als kätzerisch, gwalt möchtind haben.
So mir aber Murner ietz abermals unmenschlich zuoredt (gott erkennt
inn und mich) und embút, eins rechten ze syn vor den zwölf
orten, versich ich mich wol, üwer wysheiten herren, dero ir ersame

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botten sind, sygind under denselben zwölfen ouch gezellt. Ist an die
min ernstlich pitt (sittenmal weder Bern, Basel noch Glaris und
Abtzell, die alle nach der abgschrift, die mit eydspflicht ab der
gegenwürtigen disputation genomen, gstellt und gworben, noch mine
herren von Zürich, die sich allweg bericht ze nemen erbotten habend,
noch ich, wie wol kleinfuoger, der mich allweg embotten hab, in wenig
stunden schriftlich über Eggen und andrer irrtumb ze antworten, ia,
alle nit habend mögen erwerben, das ein einig exemplar oder abgeschrift
ieman verhengt wurd, aber alle ding in Murners henden
und gwalt sind, der aber trucken möcht, was er wölt oder die imm
so wol vertruwend; dann wer wil wüssen, wo etwan ouch die träffenlichsten
pundtwort usgelassen oder an dero stat andre geton sygind,
so nieman ghein archetypum oder erste gschrift dargegen heben
kan?) - ja, min ernstlich pitt ist, eintweders ze verhelffen, das ein
gschwornn exemplar gegen dem, das getruckt sol werden, oder alle
fiere verlesen werdind in einer unpartygigen statt als Bernn,
Basel, Schaffhusen
oder Costentz in bywesen der geschwornen
notarien, ee und man den truck lasse usgon (dann wo Murner imm
trucken nit vält, bin ich gwüss, das ünser. ler schon überwunden
hatt), oder aber ein nüw gspräch, das mit rechter erberer christlicher
zucht und bescheidenheit volstreckt werde, ze Zürich, Bernn,
Basel
oder Santgallen angesehen, und darzuo Murner, Egg, Faber
und wen man wil, ongevarlicher maass berueft [Seite 2] haben ansehe.
Dann ye üns Eydgnossen zwytracht ze schwär wil gegen

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allen herren werden und reycht aber Murners red, ler und tat alle
zuo zerrüttung, ouch tödtlichem krieg eynr loblichen Eydgnoschaft,
und köndind alle fürsten und herren uns nit bas gegen einander verhetzen
weder mit sölchen lúten, die all ir lebtag eynr loblichen Eydgnoschaft
zewider und ietz zuo zertrennung dero alle krefft anwendend.
Wo man aber one vor- oder nachteil zemen komen möcht, wurdind wir,
ob gott wil, aller ding einander wol underrichten. Dann sin unerberer
schalck, den er gegen mir usstosst, beschicht nit uss verdienst; dann
ich alles, dess er mich zycht, gar nie gesinnet, ich gschwyg gemacht
hab, nit darzuo geholffen noch geraten, sunder imm ergers nie zuogeredt,
weder das er ab gheim ort, wo er ye ein zyt billicher wonung gwesen,
mit eren sye abgescheiden; dass gston ich imm noch und wil das,
wo es not tuot, kundtlich machen. Das ich aber imm nit antwurten
hab wellen, ist erstlich gottes wort zuo eren geschehen (dann was bedarf 's
sölchen wuostes? wär es nit ein spott, mit gottes wort gegen
sölcher huppen wys fechten?), demnach, das weger ist, des unerberen
menschens namen und ler werde nienen grösser noch breiter gemacht
mit gegenschryben; dann ouch die bösen für guot ufnemend, wenn ir
nam grooss wirt, es sy erlich oder unerlich.
Hierumb, gnädige etc. wyse herren, wellind alle ding im besten
verston und ernstlich das einig trachten, das üns mit einandren in
ünser vordren einigheit bringen möcht. Das well der allmechtig guotig
gott verhengen. Der bewar úch. Amen.
Vernemend alle ding im besten! Geben etc.