Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Auslegen und Gründe der Schlußreden

14. Juli 1523
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 2 (Leipzig: Heinsius, 1908) (Corpus Reformatorum 89)


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Ußlegen und gründ der schlußreden oder articklen
durch Huldrychen Zuingli, Zürich uff den 29. tag jenners
im 1523. jar ußgangen.
An die eerenvesten, fürsichtigen, wysen herren amman,
radt und gmeind des lands Glaris, alte Christen und Eydgnossen,
vorred Huldrych Zuinglis.
Gnad, barmhertzigheit und fryd von got, dem vatter und unserem
herren Jesu Christo wünsch ich üch, frommen, fürsichtigen, ersamen,
wysen, getrüwen, gnädigen, lieben herren mit eroffnen harnachvolgenden
handels.
Als ich ietz gar nach by fünff jaren uß bystand und hilff gottes
sin euangelium in der herlichen, christenlichen statt Zürich gepredget
hab und darumb offt übel gelestret, das doch klein xin, so fers
nit zuo nachteil des götlichen worts und eeren gereicht hette, welichs
aber die frommen von Zürich, nachdem es hernach hat wellen volgen,
nit hand mögen erlyden und hand mich geheissen, uff den 29. tag
jenners imm 1523. jar miner ler rechnung und antwurt geben vor allen
irer statt und gebiet gelerten, darzuo des bischoffs von Costentz und
gmeiner Eydgnoschafft, ald wo sy har kemind, gelerten in bywesen
des gantzen grossen radts, dero gheiß ich frölich und gern
gehorsam xin bin. Und hab ein summ beschlußreden in kurtzen
tagen - denn das zyt nit lang gestreckt was - zemmen bracht,
die ich mit gottes hilff und wort uff den verzwickten tag wol vertruwt
ze erhalten, uff welchen tag doch wenig verhandlet ward, als
aber gebürt hete. Iedes ursach laß ich ietz ston, ußgenommen, daß
die zwen der botschafft des hofs von Costentz, Ioannes Faber,
vicarius und Martinus Blansch, predicant zuo Tübingen, ze letst
offenlich vor der versamlung, die vor und nach dem ymbis gehalten

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ward, redtend, dise schlußreden wärind imm euangelio Christi und
leer der apostlen nit ggründt und der warheit nit glychförmig. Also
sind dem vicario sine wort uß sinem eignen mund angezeichnet, und
wolt sy Martinus Blansch ouch also fürgeredt halten. Beruerten aber
daby ghein schlußred mit einem finger an; denn so vil sich vorhin mit
zanggen begeben hatt, do sy doch die schlußreden nit woltent antaschen,
darab ich mich seer verwundret unnd antwurt gab, hie nit
not ze stellen. Also bin ich von vilen fründen gottes ernstlich gebetten,
es hat mich ouch die eer sines worts gezwungen, die gründ
diser schlußreden uß dem lutren, eigenlichen wort gottes ze erscheinen,
damit mencklich den unzimmlichen, ungemässen schmutz, den warhafften
schlußreden ggeben, dero etlich das häll wort Christi sind,
unbillich beschehen sin erkante. Und hab sölcher gstalt, als üwer
eersam wyßheit sicht, die gründ der sachen zemmengebracht.
Wiewol nun aller ordenlichest wäre, das ich die min arbeit
nieman anderst zuoschribe denn den frommen von Zürich, uß dero
wysem radt sölcher anschlag, dem darnach vil stett habend nachgevolgt,
geflossen ist; so aber nit ich allein, sunder vil redlicher,
frommer, wolglerter dieneren Christi in irer statt und gebiet das
helig wort gottes unabläßlich predigend, hab ich wol mögen ermessen,
das sy dises mines zuoschrybens wol mögend gerathen, ja für empfangen
werdind haben, so ich es an üch, unsere getrüwen lieben Christen
und Eydgnossen, mine gnädigen herren, tuege. Denn wir gwüßlich
by uns bericht werdend, wie ir treffenlich anhebind das wort gottes
zuo üch trucken und bhalten. Das ich nun denen üwren gelerten,
dero ir einn grossen fürling hand, ouch zuoschub, so es mundtlich
nit fuegt, doch mit gschrifft thäte, hab ich üch, ettwan minen
schäfflinen, ietz aber gnädigen herren und lieben bruederen in Christo,
dise min arbeit zuogeschriben, damitt ich bewisner trüw und eeren,
mir by üch angethon, ingedenck sin erfunden wurd. Ouch das die

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spen, darumb man zuo diser zyt vast allenthalb zangget, das doch zuo
merem teil uß unwüssenheit des göttlichen wortes beschicht, eim ieden,
wie einvaltig der sye, erkant werdind, und die recht, war leer und eer
gottes widerumb harfür bracht, angesehen, erschowet und behalten werd;
denn in disen schlußreden vast alle die grössesten spän, die man zuo
unserer zyt hat, vergriffen sind, als: Was das euangelium sye, ob
im ander leren unnd gschrifft glych sye. Wie rych unnd gnuogsam
Christus, der sun gottes, sye für unsere prästen ze bezalen. Ob wir
ouch etwas guotes vermögind. Ob die zünselwerck, von den menschen
erdacht, verdienstlich syind. Ob der bapst von got oder von den
menschen sin empfelch oder gebiet habe. Ob er joch uß sinen
rechten ein obrester priester sye. Ob die meß ein opffer sye oder
nit. Ob wir eins andren mitlers gegen got bdörffind weder des herren
Jesu Christi. Wie, warumb man bitten sölle. Ob es dem menschen
müglich sye, das er durch sin grechtigheit möge zuo got kummen. Ob
die geistlichen (genennet) iren pracht und rychtag billich also fuerind
under dem titel und namen Christi. Ob wir sündind, so wir die
zünselwerck nit thuegind, die von menschen erdicht sind. Ob got an
einem ort gnädiger sye weder an eim andren. Ob er zuo einer zyt
gnädiger sye weder zuo der andren. Wie wol got glychßnery gevalle.
Ob kutten, crütz, zeichen, platten guot syind oder got gevellig. Ob
es nach dem wort gottes beschehen sye, das so vil örden, rodten unnd
secten under dem christenlichen volck erdacht sind. Ob den pfaffen
die ee verbotten sye. Ob reinigheit oder derglychen glübdt verheissen
got gevalle. Ob die hohen bischoff den bann recht bruchind; und so

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sy inn mißbruchend, ob man schuldig sye, den ze halten. Wohin das
unfertig guot sölle verwendt werden. Ob die ler Christi wider die
oberkeit sye. Ob die geistlich obergheit ein grund habe uß gottes
gheis. Wem der schirm der grechtigheit zuogehöre. Ob alle menschen,
sy syind geistlich genempt oder nit, der weltlichen obergheit ghorsame
schuldig sygind. Was die gebieten sölle. Was man inen dargegen
schuldig sye. Warzuo das versöldet gebett und tempelxang
guot sye. Wie man verergernus abtuon oder verhueten söll. Wie ein
schantlich laster das sye, das die priester offenlich huoren habend und
nit eewyber. Ob etwar andrer die sünd nachlasse weder der einig
got. Durch wen oder umb weß willen er die nachlasse. Ob got geheissen
hab die lüselbycht und buoß ufflegen. Ob man mit got möge
dem rüwenden menschen etlich sünd verhalten. Ob man umb gelts
willen mög sünd nachlassen. Ob ein fegfür sye; und so das nit, ob
es schad sye, so man für die todten bitt. Ob die wyhe etwas sye.
Welches ware priester sygind. Ja, dise meinungen all und noch vil
mee werdend ir hie innen finden, die ich zuo guotem allem Christenvolck,
so verr es sich iro gebruchen wil, zemmengetragen und under
dem namen üwer wyßheit hab lassen ußgon in hoffnung, üwer wyßheit
werde die offenlichen mißbrüch, so von den falschlerenden ingfuert sind,
mit radt und ruowen nach der zyt widrumb verbeßren; denn wir
ouch ein kurtze meinung von abthuon der mißbrüchen gezeigt hand.
O, wie fro werend unsere vordren xin, wo man inen die weg, die
ietz uffgethon werden, erscheint hette. Wie übel hat sy der bann
der geystlichen, nit recht gebrucht, die curtisanen, die unghorsame
der geistlichen, die sy aber ein fryheit nennend, getruckt, darzuo das
underscheiden absolvieren von den sünden, das gylen umb jarzyt
und gotsgaben, das schinden in der bycht umb messen, an unser
frowen gbett, an die rychen thuom, die pfruondlehen und järlich kilchenbeschätzungen
und aller muotwill des bapsts und alles sinen anhangs.
Und so man söliche gebrästen zuo diser zyt mit dem starcken und
waren gotswort hintrucken wil, als sich denn gebürt - denn das
euangelium ist der natur, das es die zerknisten artznet und den gefangnen
nachlassen predget und den verschloßnen das ufftuon und

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ußlassen Esa 61. [Jes. 61. 1] -, so findt man nüt des minder etlich,
die ir heil, ruow und friden nit wellend annemmen, die den unfryen
Capadociern glych sind, welche, do man sy fry wolt lassen und ein
eygen regiment uffrichten, antwurt gabend, sy köndind schlechtlich
nit fry sin. Wiewol, die zuo unser zyt widerstond, dem wort gottes
nit erweren mögend; denn wo das gehört wirt, da tringt man mit
gwalt darzuo und es wirt von denen angenomen, denen man es glych
verbüt Luc. 16. [Luc. 16. 16]. Denn den glouben, der im inneren
menschen lyt, mag man ußwendigen nit erkennen. Also volgt, daß
man die predgenden ußwendig wol durchächten mag, aber in den
hertzen der menschen blybt Christus gloub unversert und ist glych
als ein hebel; wo der ist, da verheblet er den gantzen teig [cf.
Matth. 13. 33]. Also, wo ein recht gleubiger mensch ist, weißt er das
heil, ruow und fröid siner seel, ja er treit es allweg mit im und mag
nit erlyden, das sin nächster der fröiden und heils unwüssend sye;
als man aber in andren dingen pfligt ze tuon, da ein ieder sorgt, sin
ratschlag werde eim andren ouch kund oder vor im nutzlich. Sölicher
underscheid ist under dem geist gottes, der allein den glouben lert,
und under dem geist unsers fleischs, das alweg eigennützig ist. Also
ruowet der gleubig nit, alldiewyl er vor im sicht sinen bruoder imm
unglouben sin. Darus man erlernet, das dem wort gottes nieman erweren
mag. Darumb sich üwer wyßheit gheinen weg sol infueren
lassen, das sich die wider es lege; denn welche das fürnemmen,
wurdind von got geschendt. Es ist wol war, das wort gottes fichtet
wider alle menschen; denn wir sind alle sünder; und ist aber es rein,
ja von allen irdischen anfechtungen reyner denn silber oder gold sye,
das ze siben malen durch das für gezogen ist. Darumb ist nit

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wunder, das die, so iren anfechtungen unnd sünden schirm gebend,
es nit annemmend, sunder schryend, wie Isa 30. [Jes. 30. 10] stat: Predgend,
das uns gevallt etc. Es volget aber darnach ein unversehne,
ruhe straff. Darumb, spricht der prophet, werdend sy umb irer boßheit
willen umbkummen, glych als ein hohe, prästhaffte mur unversehenlich
umbfalt [Jes. 30. 13]. Dargegen aber die, so es annemmend,
in allem heil versichret werdend, wo sy nun dem heil
glouben gebent und sich sünder sin erkennend und an die gnad des
herren Jesu Christi ergebend. Ja, sy sind des heils als sicher, als
ob sy brieff und sigel darumb hettind. Jo. 3. [Joh. 3. 15-36]: Es
tröwet uns ouch Christus selbs Mat. 21. [Matth. 21. 44]: Welcher
uff den stein, der ist der fels Christus, fallen, wirt zerschmetteren;
uff welchen aber der stein fallen wirdt, den wirdt der stein zerknisten.
Ist der sinn: Welcher sich wider Christum leit, der wirdt sich an
im verstossen; denn wir mögend inn nit umbpütschen, sunder wirt
einer an im zerschmetteren; denn Christus falt mit rach ouch etwan
uff sine widerfechter und zerknischt sy. Oder die fallend uff Christum,
die an im erlernend, wie sy so gar nüt sygind und zerschmetterend
uff im, das ist: werdend genidret und gedemuetiget. Aber uff die
falt Christus, an denen er ir ungloubnus richt wie an Hierusalem.
Hierumb, wysen, gnädigen, lieben herren, lassend die leer Christi
by üch nit verschühen, sam es etwas nüwes sye; denn warlich zuo
unseren zyten die so häll und klar harfür tringt, als sy ie gethon hat
von der apostlen zyt har. Lassend das wort gottes häll by üch predgen,
so würt ouch got üwer walten. Sehend ouch, das ir nit die
letsten sygind, die in einr loblichen Eydgnoschafft das widerkummend
wort gottes annemmind. Uwere gelerten werdend üch one zwyfel wol
anzeygen können, wo der hafft ligt. Gloubend inen nun; denn sy
üch warlich berichten könnend, und gedenckend, das ghein volck uff
erden ist, dem christliche fryheit bas anston wirt und ruewiger
möge ggegnen, denn einer loblichen Eydgnoschafft. Haltend got
und sin wort vor ougen, so wirdt er üch gheinen weg verlassen. Der
behalter üwern stand nach sinem willen in siner huld und eer. Amen!

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Lassend üch Valentin Tschudi, kilchherren zuo Glaris,
Fridolinum Brunner zuo Mollis, Joansen Schindler ze
Schwanden, Gregorium Büntzle, ze Wesen kilchherren, und
alle, so das euangelium Christi trülich lerend und verkündend,
empfolhen sin.
Vernemmend ouch diß min schryben imm aller besten und sind
der gnad gottes bevolhen.
Geben Zürich 14. tag höuwmonats im 1523. jar.
Huldrych Zuingli
üwer allzyt williger.

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Der erst artickel.
Alle, so redend, das euangelion sye nüt on die bewärnus
der kilchen, irrend und schmähend got.
Disen artickel hab ich ze forderest in die ordnung gestelt, das
inn die, so das euangelion widerfechtend, offt undernommen habend
ze stürmen (habend doch allweg mit schanden muessen abziehen), in
hoffnung, sy wurden eins mals in gegenwürtikeit min bezwungen von im
ze reden uß der gschrifft, on menschentant, den sy bißhar treffenlich
groß gemacht, also, dass das götlich wort by inen, als ich fürcht, wenig
ggolten hab. Und so der erobret, wurde inen ires zügs ein grosser
teil flüchtig, den sy damit gewaffnet habend, doch nit on schmach
gottes, namlich: Das euangelion sye nüt on der kilchen
bewärnus. Den haben sy fürgeworffen allen, die inen irs prachts nit
gestattend, so frävenlich, das sy sich selbs damit verletzt. Dann
etlich uß denen unverschampt habend gdören predgen, das euangelium
sye nit allein nüt on der kilchen bewärnus, sunder, obglich dhein
euangelion wäre, möcht doch die kilch gsatzt machen, darinnen man
sälig wurd. Damit sy aber, gott erbarms, treffenlich schwär gesündet.
So ferr nun die ir unguote meinung nidergelegt wurde, verhofft
ich ja sicher, sy wurdind mit merem flyß den nachkummenden
articklen uffhören. Aber sy habend, glychsam den hädrigen wyben,
zuo der zyt sy reden soltend, spötlich geschwigen, unnd in den wincklen,
da sy schwigen soltend, werden sy ire zungen spitzen als die natren
und mit quaxen die fröschen übertreffen. Sydmal aber vil frommer
menschen das, so sy hofftend hören, durch iro schwigen nit erlangt,
mich gebetten habend, diser schlußreden grund, die ich daruff gerüst
und ambereit hatt, offnen, mag ich inen sölichs nit allein nit abschlahen,
sunder zwingt mich not darzuo; dann etlich unverhörter sach
sy alle mit einander verworffen, habend doch die gschrifft darumb nit
wellen hören, noch einigen anzeigen, warumb sy joch einen under

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inen verwurffind, sunder, als dem volck zimpt, frävenlich gescholten,
doch nit angezeigt warumb. Der maß ouch Christus getödt ist: Als
die Juden erforscht wurdend, was ursach sy wider inn hettind, zugen
sy nüt harfür dann ir eygen muotwillen; dem wolten sy glouben ggeben
werden. Wer er nit ein übelthäter, wir hettind dir inn nit gebracht
[Joh. 18. 30].
Darumb fueg ich allen bruederen in Christo Jhesu ze wissen,
das ich den artickel mit vestem grund der geschrifft undersetzt ußgeben
hab.
Zum ersten redt Christus Jo. 3. [Joh. 3. 31-33]: Welcher vom
erdtrich ist, der ist uß der erd und redt us der erd; welcher uß dem
himmel kumpt, ist über all; und das er gsehen und ghört hat, das
bezügt er, aber sin bezügnus nimpt dheiner an. Welicher sin zügnus
angenommen hat, der hat versiglet oder versichret, das got warhafft
ist. Kurtzlich merck uß den worten, das, der von himel kumpt, über
all ist. So aber die irdischen von der erd redend, wie würt der irdisch
das himelsch vernemmen? Oder wie würt er 's bewären oder urteilen?
So er spricht: sin zügnus nemme keiner an, wiewol er nüt dann gwüsses,
namlich das er gsehen und ghört hat, redt oder bezügt. Welicher
aber Christi bezügnus, das ist: leer und kuntschafft, hette angenommen,
der hette versiglet, das got warhafft ist, das ist: dem würt offenbarlich
gewüß, wie ein brieff versiglet gwüß ist, das got warhafft ist; dann
dhein hertz noch gmuet mag sich des worts gots und handels verston,
es werde dann von got erlüchtet und gelert. So aber das gschicht,
so wirt der mensch so sicher und dapffer unnd gewüß uff das wort
gottes hyn, das er sich uff sin warheit sicherer verlaßt weder uff all
sigel und brieff. Us grund der worten Christi stryt ich also: Ein
ieder, so von der leer, die von himmel kumpt, die das euangelion ist,
warlich und götlich reden würt, der muoß des von got gelert, versichret
und besiglet sin. So muoß ouch ie volgen, das sicherer verstand des
euangelii an dheinen menschen, sunder allein an dem ziehen und erlüchten
gottes stand. Dann Paulus spricht, das der fleischlich oder
vihisch mensch nit annemme die ding, so des geists gottes sind
[Röm. 8. 5]. Stat es nun allein an got, so mag ie dhein mensch den
andren sicher machen des euangelii, sunder allein got.
Zum andren spricht aber Christus Jo. 6. [Joh. 6. 44]: Nieman
kumpt zuo mir, es habe inn denn min vatter, so mich gsendt hat,

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gezogen. So muoß ie volgen, das dhein mensch in erkantnus Christi
kömme uß menschlichem wysen, leeren oder urteilen, sunder uß dem
ziehen des vatters allein. Also mag der mentschen bewären nüts zuo
der erkantnus Christi.
Zum dritten spricht Christus Jo. 5 [Joh. 5. 39-41]: Erdurend
die gschrifften; dann ir meinend, ir werdind das ewig leben in inen
haben; und die geben zügnus von mir. Aber ir wend zuo mir nit
kummen, das ir das leben habind. Ich nimm dhein klarheit von den
menschen. Sich, hie wyßt Christus in die gschrifft, nit zuo den
menschen, die gschrifft urteilind; ja die gschrifft werde selbs zügnis
von im geben. Aber die in ungloubnus verharrend, lassend sich nüt
zuo got ziehen, sunder erforderen sy, glych wie die Juden, oder zeichen
oder kuntschafft der menschen. Jo. 5. [Joh. 5. 41] nimpt aber doch
Christus kein klarheit von den menschen. Das einig wort ist starck
gnuog die widerfechter ze überwinden, das man inen es styff fürhebe:
Christus nimpt klarheit noch zügnus nit von menschen.
Zum vierden spricht er Jo. 14. [Joh. 14. 26]: Der tröstend und
vermanend helig geist, den der vatter in minem namen senden würt,
der würt üch alle ding leeren und würt üch ernüweren oder zuotragen
alle ding, die ich üch gesaget hab. Merck: Der heylig geist würt üch
alle ding leren. Nimpt nüt us, sunder alles würt er leren, das wir
von got wüssen sollend. Er würt ouch üch widrumb in gedächtnus
bringen alles, so ich üch gseit hab. So das ist, als es warlich ist,
welcher mensch wil dann das leren, das der geist gottes allein leret?
Zum fünfften Jo. 16. [Joh. 16. 13]: Wenn aber der geist der warheit
kummen würt, so wirt er üch alle warheit leren. Hörstu, das
der geist alle warheit lert? So muoß ye sin, das menschenleer nit war
sye (so verr sy der mentschen ist. Dann so sy gottes ist, aber vom
menschen ußgesprochen, sol sy dem menschen nit nachgenempt
werden); denn alle warheit kumpt vom geist gottes. Was anderß wo
har kumpt, ist die unwarheit; dann alle menschen sind lugenhafftig,
got aber allein ist warhafft Ro. 3. [Röm. 3. 4].

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Zum sechßten Hieremie 31. [Jer. 31. 33f.]: Der herr spricht:
Ich würt min gsatzt geben in ire innere glyder, und sy in ire hertzen
schryben, und würd ir got sin und sy min volck, unnd würt der man
nümmen sinen nächsten leren, noch der mensch sinen bruoder,
sprechende: Erkenn den herren; dann sy werden mich all erkennen
von dem kleinsten zuo dem grösten. Hie hörstu, das got sinen willen
und gsatzt selbs so häll in die hertzen der menschen schrybt, das
dheiner vom menschen sölichs lernen darff; denn obschon der mensch
das wort dartuot, ist es nit sin wort; es bwegt ouch nit, got lüchte
und zühe dann das hertz an sich. Also ouch Esa 54 [Jes. 54. 13]:
Alle dine kind werdend von got gelert. Weliche meynung Christus,
die warheit selbs, ouch bestimpt hat Jo. 6. [Joh. 6. 45]: Sy werdend
all von got gelert. Ein ieder, so vom vatter ghört und gelernet hat,
kumpt zuo mir. Summa: Alle, so Jesum Christum recht erkennend,
sind von gott, nit von menschen gelert; die hörend und lernend vom
vatter, die in iren inneren glyden und hertzen von im erlücht und
gezogen werden.
Zum sibenden hat Paulus das euangelion von dheinem menschen
gelernet, sunder uß dem offnen Jesu Christi Gala. 1. [Gal. 1. 12].
Derglychen ouch die andren apostel, nachdem sy gschickt und gheissen
sind das euangelion predigen, haben sy sich nit erst durch concilia
entschlossen, ob sy das euangelion weltind annemmen. Dann als sy
vom helgen geist am pfingstag erfüllet sind, hat Petrus behend nach
verspotten der unwüssenden on radtschlag der andren (denn der nit
anzeygt würt) oder urteil angehebt, inziehen das euangelium so gwüß,
das er nach vyl worten sprach [Act. 2. 36]: Darumb so wüsse sicherlich
alles gschlecht Israel, das got den Jesum, den ir gecrützget
hand, den herren und Christum gemacht hat. Das aber Paulus,
gen Hierusalem kummen, den euangelischen handel mit den apostelen
geredt hat, ist nit uß zwyfel, sunder zuo sichrung ettlicher einvaltigen
beschehen, die Paulum hinderredetend, er wäre nit der treffenlichen
botten einer; dann er mit Christo nit gewont hett, das lychtlich
gemerckt würt, so er spricht Gal. 2. [Gal. 2. 6]: Die, so etwas sin
vermeint warend, hand mich nüt geholffen. Also muoß ie harnach

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gon uß obgezelten und vil andren kundtschafften der gschrifft, daß
die menschen das euangelion nit nun nit bevesten, sunder gar nit verston
mögend on die gnad und krafft gottes. Wie mögend sy dann das
euangelion bestäten?
Hie gegnend sy aber mit einer fulen weer und sprechend: Es
ist war, das euangelion muoß allein uß dem erlüchten gottes verstanden
werden. So nun Christus spricht [Matth. 18. 19]: Was zwen einhelliklich
begerend uff disem erdrich an got in minem namen, würdt
inen verlangt, so muoß ouch ye volgen, das, wenn ein gantz concilium
got bitt umb verstand der gschrifft, das es gewert würdt. Darumb
sol dannethin gemeinlich gehalten werden, das ein concilium erkent.
Antwurt: Die vile mag die gewüsse des verstands nit vesten, als
clarlich durch Heliam, Micheam, Christum, Paulum, ander bewärt
würdt, die einigen wider gantz vilinen gestritten und sy überwunden.
Aber das ich der inred zuogeb, das ir gehört, laß ich nach,
das, so dick ein concilium im geist gottes versamlet würt, das es
nit irren mag. Es wirdt aber dann nüt erkennen, dann das die gotsgeistlich
gschrifft wyßt. Unnd ist das concilium, wie obstat, in und
umb gots willen versamlet, würt es nit sich hoch machen und rueffen:
Concilium, concilium, sunder: Got, got redt das oder iens. Ob es
aber im geist gottes versamlet sye, muoß man am goldstein innen
werden, wie Jo. 1. cap. 4. leert [1. Joh. 4. 1-3]: Ir geliebten! Gloubend
nit eim ieden geyst, sunder erfüntelend die geist, ob sy uß got syind;
dann vil falscher propheten sind in die welt kummen. An dem erkennend
ir den geist gottes: Ein ieder geist, der den herren Christum,
der in der menschheit kummen ist, erkennet, lobt und ußspricht, der
ist uß got (Hörstu, das der götlich geist alle bekantnus in Christum
ordnet?). Und ein ieder geyst, der Jesum Christum, der mensch
worden ist, nit vergicht, lobt, erkent, einig heil schetzt, der ist nit
uß got. Sich hie! Ist in iren concilien Christus der einig hort und
zwäck, daruf sy sehend, das einig houpt, das sy wyset, die einig eer,

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die sy suochend, so sind sy uß dem geyst gottes. Suochend sy aber
iren nutz, namen, eer, so ist es uß dem tüfel und uß der ungloubnus;
die suocht ir eer. Und ob sy schon spricht mit dem mund: Der herr
Jhesus, gloubt sy doch nit, halt ouch nüt uff inn, als Christus selbs
die Juden erwyßt Jo. 5. [Joh. 5. 44]: Wie mögend ir glouben, so ir
von einandren eer innemmend; aber die eer, die allein von dem einigen
got ist, suochent ir nit. An disen goldstein, Christum, strych aller
menschen ansehen, ratschlag und urteil. Ferwt es nun Christum,
so ist es uß dem geist gottes und brucht die namen: vätter, concilia,
brüch, harkummen, gar nit. Ferwt es aber die erst genanten farwen:
vätter, concilia etc., so ist es nit uß got. Dann alle, so ir eer suochend,
haltend nüt uff gott, wie kluog sy sich schönend vor den menschen.
Christus mag nit liegen. Welicher die eer gottes ston laßt und
suocht sin eer, der gloubt nit; so ist er ouch nit uß got. Ist das, so
die concilia erkennend, so mans an Christum strycht, Christo glych,
warumb gibst du im eins menschen namen? Ist es im unglych, warumb
verkouffstu es under dem hohen namen gottes? Sich, hie findet
man, was glouben, was leer gottes, was glychsnery, was leer und kat
der menschen sye.
Dise bewärnussen wil ich nit mit grösserer vily unwärd oder maßleidig
machen; dann sy allein gnuog sind unser erste schlußred ze bewären,
das: Alle, so redend, das euangelion sye nüt on
bewärnus der kilchen, irren und schmähen got. Dann
wer ist der mensch, das er got sinen sin, gmuet oder meinung sölte
krefftig machen, so verstand des euangelii (das ist: aller guoten kuntschafft
von got uns gethon) nit an wyßheit unnd vernunfft des menschen,
sunder an dem erlüchten und berichten des geists gottes stat? Als
Johannes lert 1. cap. 2. [1. Joh. 2. 26f.]: Dise ding hab ich üch geschriben
von denen, die üch verfuerend. Aber die salbung (ist: erfüchten
und insprechen des geists gottes durch Christum Jesum,
der des salbs ein unerschöpffter brunn ist), die ir von im empfangen
habend, blybt in üch. Und ir bedörffend nit, das üch yemants leer,
sunder wie üch die salbung lert von allen dingen, also ist es die warheit
und dhein betrug. Und wie sy üch gelert hat, also blybend in
iro. Beschow hie dise nachhuot wol, so vallend die unbedachten

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reden in 's kat, die da sagend, man muesse einen richter haben, der
urteile, welches der recht verstand der gschrifft sye, glich als ob man
über das wort gottes sölle oder mög urteylen als über zytliche hab,
so doch Johannes spricht: Ir bedörffend nit, das üch yemants lere,
sunder etc. Aber die eer oder guot gern von uns hettend, wolten uns
gern die gschrifft nach irem gyt urteilen und gwaltsamen. Sind ware
fyend der warheit gottes, ja Antchristen, so sy inen selbs zuogebend,
das allein gottes ist. Dann welicher mensch ist so glert ye worden
oder wyß, der in sinem sinn nit geirret hab? Und nieman ist dheiner
warheit gewüß, denn dem got dieselben in sinem hertzen clar und
gwüß macht. Wie mag man sich denn an den menschen lassen?
Iren sy, wie vil sy wellend, so sind sy all ytel und dem prästen
underworffen, davon wir wyter geschriben hand im buechlin von der
klarheit und gewüsse des worts gottes. Darumb ietz davon nit me.
Von concilien aber in Archetele.
Der annder artickel.
Summa des euangelions ist, das unser herr christus
jesus, warer gottes sun, uns den willen sines
himmelschen vatters kund gethon und mit siner unschuld
vom tod erlösst und got versuent hat.
Diser artickel ist so sicher by allen gleubigen, das er dheins bewärens
dörffte, wenn die Antchristen nit wärend, die sich Christen
glychßnen, aber sinem wort widerstrebend.
Zum ersten ist die summ des euangelii nienen näher zemmenbracht
denn im Luca 2. cap. [Luc. 2. 10f.], do der engel zuo den
hirten sprach: Sehend, ich verkünd oder versicheren üch grosse fröd,
die da würt allem volck; dann hüt ist üch ein behalter, heyland oder
xundmacher geboren; der ist Christus, der herr.
Aber Paulus hat etwas wyter den handel ußgetruckt, doch in
wenig worten Ephes. 1. [Eph. 1. 3-14]. Den sinn wil ich, mit vast

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wenig worten hinzuogethon, ob got wil, herfür bringen. Hochgelobt
sye der got und vatter unsers herren Jesu Christi etc., der uns von
ewikeit har verordnet hat, sine sün ze machen und annemmen durch
Jesum Christum zuo im selbs. Und hat das geton uß synem guoten,
fryen willen, das die eer und ruom siner gnade gelobt und ußgesprochen
wurd, mit welicher gnad er uns im selbs angnem hat gmacht durch
sinen geliebten sun, in des eygnen bluot wir erkoufft, bezalt und erlößt
sind; in dem uns ouch die sünd nachgelassen werdend uß dem rychtag
siner gnaden, die er uns so überflüßig ggeben oder ußgossen hat
in aller wyßheit und vernunfft. Der ouch, nachdem er uns die heimligheit
sines willens geoffnet hat nach sinem fryen wolgefallen, im
selbs hat fürgenommen, nachdem die zyt erfült ward, alle ding zemen
z' bringen, vereinen unnd in ein houpt ziehen, namlich in Christo.
Ja alle ding (das ist: alle gschlecht der vernünfftigen geschöpfften), sy
syen in hymel oder uff erden in im, das ist: in Christo, in welichem
wir zuo eerben gmacht sind, darzuo fürgesehen uß dem fürnemmen des,
der alle ding würckt nach dem ratschlag sines willens, das wir lobind
und brysind sin eer und rychtag der gnaden. In den worten Pauli
ist begriffen der handel Christi, namlich, das uns got durch inn zuo
im gezogen hat, nit uß unserem verdienst, sunder uß fryer gnad, das
er die vyle und rychtag dero uns erzeugte, damit wir inn ze erkennen,
lieb haben und besitzen gereitzt wurdind.
Das alles hab ich mit noch mindren worten begriffen und zeig
dise wort an als die clärsten und kürtzisten von dem handel.
Warer gottes sun.
Das Christus warer gottes sun sye, mein ich nieman verleugnen.
Doch das nieman daran nüt gebräste, so stat Jo. 10. [Joh. 10. 34-36]
clarlich davon. Verstentlich aber Jo. 3. Jo. 5. Jo. 8. Jo. 14. Jo. 15.
Philip. 2. Luc. 1. Luc. 3. Matthei 3. Mar. 1. etc. [Joh. 3. 17f. 35f.
5. 19-27. 8. 35f. 14. 9-11. 15. 1-8. Phil. 2. 6-11. Luc. 1. 35. 3. 22. Matth. 3. 17.
Marc. 1. 11].
Uns den willen sins himelschen vatters kund gton.
Mit dem puncten hab ich wellen anzeigen, das Christus nit
allein uns ze erlösen kummen sye, sunder ouch ze leeren ware gots
liebe und werck, die got von uns erforderet, das wir von im, der götlichen
wyßheit, lernetind, nit von uns selb, was got gefellig wär und
was er von uns erfordrete. Des ist aller euangelisten gschrifft voll;

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doch sind die schönsten meinungen, die christenlichen sitten gegen
dem nächsten menschen antreffend, aller nächst by einander begriffen
Mat. am 5. 6. und 7., die aber den andacht gegen got Jo. 5. 6. und
darnach in der leer, so Christus nach dem nachtmal gethon, anhebend
am 14. capitel.
Und mit siner unschuld vom tod erlösst und got
versuent hat.
Bedarff ouch nit me denn gschrifft anzeigens. Also stat 1. Petri 3.
[1. Petr. 3. 18]: Christus ist einist umb unser sünd willen gstorben,
der grecht oder unschuldig für die schuldigen oder sünder, damit er
uns got überantwurtete oder uffopfrete, die nach dem fleisch tod sind,
aber mit dem geist lebendig gemachet. Widerumb davor am andren
cap. [1. Petr. 2. 21-24]: Christus hat für uns gelitten etc., der sünd
nie gethon hat, und ist ouch betrug oder untrüw in sinem mund nit
erfunden etc., der unser sünd in sinem lyb getragen hat am krütz, das
wir, die von der sünd wegen tod warend, der grechtigheit lebind.
Paulus spricht Ro. 3. [Röm. 3. 23-26]: Alle menschen sind sünder xin
und manglen der eer gottes, sind aber umbsust und fry recht gemacht
durch sin gnad der erlösung, die da ist in Christo Jhesu,
den got fürggeben und gesetzt hat zuo eim gnädiger oder versuener
mit sinem bluot, so wir uns sicher daran lassend, damit er offnete
sin grechtikeit, indem, das er uns nachgelassen hat die begangnen sünd
in gedult gottes, das er sin grechtigheit in disem zyt erzeugte, namlich
das wir inn, dem grechten got, erkantind, und das er den unschuldig
macht, der in Jesum Christum gloubt. Johannes teuffer
Jo. 1. [Joh. 1. 29]: Sehend, das ist das lam gottes, das hinnimpt die
sünd der gantzen welt. Christus selbs Joh. 6. [Joh. 6. 51]: Das brot,
das ich üch geben würd, ist min lyb zuo eim läben der welt; und daselbst
das gantz capitel. Jo. 10., ouch Ro. 5. [Röm. 5. 1f.]: So wir
nun uß dem glouben recht gmacht sind, habend wir fryden mit got
durch unseren herren Jhesum Christum, durch den wir in dise gnad
ein zuogang habend durch den glouben; in welcher gnad wir stond und

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uns ruemend, das wir gwüßlich hoffend, wir syind sün gottes. Derglychen
Coloss. 1. 2; Cor. 5. [2. Cor. 5.] und anderswo allenthalb,
voruß am anfang des euangelii von Johansen bschriben.
Der dritt artickel.
Dannen har der eynig weg zuor säligheit christus
ist aller, die ie warend, sind oder werdend.
Der weg ist Christus, der Jo. 14. [Joh. 14. 6] spricht: Ich bin
der weg, die warheit und das leben. Er ist ouch die thür, durch die
man in die säligheit muoß gon. Jo. 10. [Joh. 10. 9]: Ich bin die thür.
Welcher durch mich würt ingon, würt behalten etc. Das er aber ein
einiger weg syge, also, das man durch dhein andren zuo got kummen
mög, bezügt er selbs Jo. 14. [Joh. 14. 6]: Nieman kumpt zum vatter,
denn allein durch mich. Hebr. 10. [Hebr. 10. 19-22]: Brueder! So wir
nun ein frye sichrung haben in den ingang der helgesten statt (verstand
durch den teil des tempels: den himel) in dem bluot Jesu
Christi, welichen lebendigen weg er uns nüwlich durch den umbhang,
das ist: sin menschheit, erbuwen hat, und ein grossen obresten
priester über das hus gottes, so lassen uns hinzuogon mit warem hertzen
und richtigem glouben. Hie hörend wir den weg zu der säligheit
durch die menschheit Christi, das ist: durch in für uns uffgeopffret
nüwlich, das ist: in den letsten zyten, gebuwen sin. Nun ist nun ein
Christus, nun ein opffer, so muoß ouch nun ein weg sin.
Aller, die ye warend, sind und werdend.
Das ist offenbar uß dem, das im andren artickel uß dem 1. cap.
Ephes. angezogen ist, da Paulus seit, das got gefallen habe alles,
das in himlen und uff erden ist (verstand: der vernünfftigen geschöpfften),
in einem houpt, Christo, zemenziehen, einigen und underbringen.
Wyter spricht Paulus 1. Cor. 15. [1. Cor. 15. 22]: Wie in
Adamen alle menschen tod sind, also werdend in Christo alle
menschen lebendig. Nun sind alle menschen in Adamen tod, so
werden sy ouch all, so sy glouben, in Christo lebendig, als der herr
spricht Jo. 6. [Joh. 6. 40]: Warlich, sag ich üch, das yetlicher, der in

--31--

mich gloubt, der hat ewigs leben. Ouch so hand alle gotsdächtigen,
die vor Christo gesin sind, ir hoffnung zuo gott ze kummen uff
Christum gereckt. Das hat Abraham, Jacob, Moyses, David,
ander mit ußgetruckten gschichten oder worten und die propheten
allenthalb anzeigt. Aber Christus hat es mit hällen worten ußgetruckt
Jo. 8. [Joh. 8. 56]: Abraham hat gefrolocket, daß er min zyt
sähe oder erlebte. Nun hat er 's gesehen oder erlebt und ist erfreuwt.
Paulus derglych Ephe. 2. [Eph. 2. 14]: Er ist unser fryde, der die
beiden ding (verstand: das jüdisch und heidisch, die alten vätter
und nüwgleubigen) eins hat gmacht. Und Hebr. 11. [Hebr. 11. 39f.]:
Die vorgezelten sind all im glouben bewärt und dennocht das gheyß
nit ingenommen; denn got bedacht etwas bessers, das für uns wäre,
nammlich: das sy nit on uns gevollkummnet wurdind.
Der vierd artickel.
Welicher ein ander thür suocht oder zeygt, der
irrt, ja ist ein mörder der seelen und ein dieb.
Disen artickel darff man niener mit bewären denn mit den claren
worten Christi Joh. 10. [Joh. 10. 1-5]: Warlich, warlich, sag ich üch,
wellicher nit durch die thür ingadt in den stal der schaffen, sunder
anderßwo ufhin gat, der ist ein dieb und mörder; welicher aber hinyn
gat durch die thür, der ist ein hirt oder weyder der schaffen. Denen
thuot der thürhueter uff, und die schaff hörend sin stimm. Und sinen
schaffen locket er mit dem namen und fuert sy us. Und so er sine
schaff ußgelassen hat, gat er von inen hyn, und die schaff gond im
nach; dann sy kennend sin stimm. Aber eim frömbden gond sy nit
nach, sunder sy fliehent von im; denn sy kennend der frömbden stimm
nit. Dyse glychnus hat inen Jesus gseit, aber sy hand nit entstanden,
wie es wäre, das er inen seit. Do hat inen Jesus widrumb gseit:
Warlich, warlich, sag ich üch, das ich die thür der schaffen bin. Alle,
so vor mir kummen, sind dieb und mörder; aber die schaff haben
inen nit geloset. Ich bin die thür. Ein ieder, so durch mich würdt
ingon, der würt behalten oder geselget und würt uß und in gon und
weyd finden. Der dieb kumpt umb gheins andren willen, denn das
er stäl und töde. Aber ich bin kummen, das sy das leben habind

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und überflüssig habind. Ich bin ein guoter hirt etc. Dise wort hab
ich darumb nach der lenge herfürtragen, das nit allein bewärnus
dises artickels, sunder ouch ein vorbild eins rechten hirten oder
bischoffs, dargegen ouch der falschen seelmördren usgetruckt ist.
Lyß darzuo, wilt gern, Mat. 6., am 15. [Matth. 15. 3-20], am 24., 2. Petri
2. cap. [2. Petr. 2.], act. 20. [Act. 20. 29] unnd derglichen, so erlernest
du die rechten seelenmörder erkennen.
Der fünfft artickel.
Darumb alle, so ander leeren dem euangelio
glych oder höher messend, irrend, wüssend nit, was
euangelion ist.
Der merteil diß artickels hangt uß bewärnus der vordrigen.
Dann ist Christus der einig weg, die eynig thür zuor säligheit, mag
im ye nüt glych gezelt noch nebend gerechnet werden; doch würt
davon me kummen. Das ich aber die inredenden hab gescholten, sy
wüssind nit, was euangelion syg, wirt sich erfinden, und damit der
handel aller clar.
Zum ersten, so haltend sy das euangelium ein gsatzt sin, das uß
menschenvernunfft entsprungen und fürggeben sye. Das merckt man
an iren worten, so sy sprechend: Obschon das euangelion nit wäre,
so könde doch die kilch wol von nüwem uffgesatzt machen, darinn
man recht lebende sälig wurd.
Zum andren haltend sy es nit höher, denn das sy alles, so darinn
vergriffen, dem louff irs verstands widerwertig ist, unrecht, lycht oder
unnütz schetzend. Das mercket man an dem, so sy sprechend: Es
muesse nach gheinem denn des babsts verstand ußgesprochen werden.
Zum dritten habend sy es für ein prästhafft gesatzt, das nit
volkummnet sye. Das merckt man, indem sy sagen: Eya, es stat nit
alles im euangelio; aber die vätter habend hinzuothon, das im gebrosten
hat. Und derglychen vil noch schädlicher wort stossend sy uß, daran
man iren unwillen spürt, ja gotlose gotslestrung und gotsschmähung.

--33--

So ich nun inen gern wil verstand der dingen fürlegen, wesch
ich ein rappen; dann hettend sy ie wellen hören und verston, so
werend sy langest volkummenlich bericht xin. Aber sy lesend noch
hörend die warheit nit; dann ire hertzen sind verblendt. So sy aber
nüt des minder die frommen Christen verbößrend, wil ich denselbigen
ir irtum uffthuon, das sy sich vor inen hueten mögind, obglych die fyend
gottes nüt von got lesen noch hören wellend. Das nun das heyl oder
artzny des baß erkent werde, wil ich zum ersten die kranckheit und
prästen eroffnen. Do got Adamen geschaffen hat, macht er inn
ein herren über alle thier im lufft, uff erden unnd im wasser genn. 1.
[1. Mos. 1. 28]; denn er was doch noch guot, und satzt inn in den
lustbarlichen garten Paradys, den er pflantzet hatt, das er den inhielte
unnd inn werchete; erloubt im ouch alle frücht ze essen, ußgenommen
von dem holtz des wüssens guotes und böses, das er im mit
disen worten verbot: Von dem holtz des wüssens guots und böß yss
nit; denn welches tags du davon essen, wurdist du zuo tod sterben.
Hie muessend wir voran ermessen den stand Adams vor dem übertretten,
darnach nach dem übertretten. Adam ist zum ersten frys
willens geschaffen, also, das er sich mocht gottes halten und sines gebottes
oder nit, wie er wolt. Das sicht man in dem, das er im den
tod an sin übertretten gesetzt hatt. So hat ouch das leben muessen
an im ston, sidmal der tod an im gestanden ist. Deß sines fryen
willens findend wir ein kundschafft genn. am 2. [1. Mos. 2. 19]: Da
got alle gschlecht der thieren für Adamen fuort, gab er im die wal,
das er sy nach sinem willen sölte nennen. Noch klärer in
ecclesiasti. 15. [Sirach 15. 14-17]: Got hat von anfang den menschen
gschaffen oder gsetzt, und inn gelassen in dem fryen gwalt sines radts;
hatt darzuo gethon sine gebott und gsatzt, ob du wellist, das du sine
gbott haltest und glouben, der gott gefellig ist. Er hat dir zuogestelt
das fhür unnd das wasser, das du zuo welchem du wellist din hand
ußreckist. Vor dem menschen ist das leben und der tod, und welches
im gevallen, würt im ggeben. Dise wort zeigend eygentlich an den

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ersten stand des menschen, so noch zuo den zyten unverbösret was;
dann das leben stat nümmen in unser hand; aber do stuond es in
Adams hand, wie bald harnach kuntlich würt: Got redt: Zuo welcher
stund du von dem holtze essen, wirdstu des tods sterben. So muoß
ye volgen, das, hette Adam allein des holtzes - das ist: der frucht
des holtzes wüssens guots und böß - nit geessen, so wäre er und sin
gschlecht lebend bliben und hette dhein ander gbott dörffen halten;
denn got hat im ghein anders ggeben. Sunder hielt er sich des willens
und ghorsame gottes, so ward gott sin wägwyser, sin vernunfft, sin
geist und gmuet sin. Do er aber selbs hat etwas wellen wüssen, und
sich mit sinem wüssen hoch bringen - dann das mein ich: essen von
dem boum wüssens guotes und bösen -, do ist er und alles sin
gschlecht in im z' steinhertem tod gstorben; denn das wort gottes ist
krefftig, gewüß und unverwandelbarlich. Nun hat got gesprochen:
Du wirdst ze tod sterben, so du das essen wirdst, und er hat 's geessen:
so ist er gwüsslich z' tod gstorben und alle sine nachkummen als
1. Cor. 15. [1. Cor. 15. 21] und Ro. 5. [Röm. 5. 12-14]. Ich bewär 's
also: Er hat den schlangen z' boden geworffen: also gadt er noch hüt
by tag. Er hat das wyb gestrafft mit der schmertzenlichen geburt: also
muessend die wyber noch hüt by tag mit treffenlichem schmertzen
gebären. Er hat den man zwungen in dem schweyß sines angesichtes
sin narung suochen: also muoß er noch hüt by tag mit arbeit das erdrich
bezwingen etc. Also hat er gesprochen: Weliches tags oder zyt
ir des holtzes essen, werdend ir ze tod sterben, und sy hands geessen,
so sind sy ouch z' tod gestorben. So nun Adam tod unnd sine nachkummen
tod, wer möchte sy lebendig machen? Dheiner uß inen;
denn sy stuondend all uff der todten party. Nun mag ie dhein todter
sich selbs lebendig machen. Und sind alle menschen in Adamen
tod, so mögen sy ie alle sich selbs nimmer me lebendig machen,
sunder muessend tod sin, bys sy die gnad des götlichen geists widrumb
lebendig macht wie zuo dem ersten mal. Dann alles, das gschaffen
ist, hat in im, das ist: im sun gottes, das leben Jo. 1. [Joh. 1. 4] und
nienen anderßwo har. Ietz habend wir den weerlosen, todten, onmechtigen
Adam, das ist: die zerbrochnen menschlichen natur, funden,
namlich das: Hett sy das einig gebott nit übergangen, wer sy all zyt
on kummer, jamer, ellend, in allen eeren unnd freuden vom geyst

--35--

gottes gefuert und gewisen worden, das ouch anzeigt die nackende,
die inn vor dem val nit bekümmeret, aber nach dem val von stund
an schamrot macht, zuo eim zeichen, das, so dick der mensch s'holtz
des wüssens yßt, das ist: uff sich, sinen rat, sinne, vernunfft halt, unnd
gott verlaßt, zuo schanden kumpt. Und so er das verbott gottes übertretten,
hat er sich ye des geists und der gnaden gottes verzigen
unnd under das gesatzt oder verbott geworffen und sich dem gsatzt
und tod eygen gemacht; dannenhar er under dem gsatzt ze leben
zwungen, darunder er aber uß eigner krafft nit lebendig werden mocht;
dann er tod was. Darinn wir zwen mercklich prästen ersehend, einen,
das der selbwüssend mensch sich under das gsatzt felt, den andren, das
gsatzt halten nit lebendig macht Ro. 3. [Röm. 3. 19f.]; denn das ist
allein des geists gottes, der das leben aller dingen ist. Sprichst aber
hie in eim fürgon: Nun spricht doch Christus: Welicher thuot den
willen mines vatters, der in den himlen ist, der wirt ingon in das rych
der himlen [Matth. 7. 21]. Wenn nun Adam styff nach dem val hette
den willen gottes gethon, hette er nit mögen zum leben kummen?
Antwurt: Ja; dann das wort Christi, erst gemeldet, mag nit liegen.
Hie sind zwen prästen, der ein, das Adam und sin gschlecht tod sind
und, wie ietz dick geseit, onmechtig, ützid zuo leben z' bringen; denn
sy all die todte party warend, darumb inen unmöglich was, den willen
gottes erfüllen; dann sy all in dem gsatz, durch das die sünd heimlich
in uns schlycht, unnd in der sünd warend. Wie kan nun der, so an
der sünder party stat und ist, ützid gotsgevelligs thuon? Das aber
alle menschen sünder syind, bewärt der tod; dann der tod in die
menschen kummen ist durch die sünd Ro. 5. [Röm. 5. 12], und wo der
tod ist, da ist ouch die sünd. Herwidrumb: Wo die sünd ist, da ist
ouch der tod (Laß dich, einvaltiger, hie nit bösren von Christus
wegen, den dise meinung nit beruert; sunder der tod, den er für uns
gelitten, ist williklich für uns von im angenommen etc. Würdt harnach
kummen). Also stat din gegenwurff uff das wort Christi
Mat. 7. [Matth. 7. 21] wol. Aber Adamen und sinem xind ist nit
möglich xin den willen gottes erfüllen. Der ander präst ist, das nit

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nun Adam, sunder dhein creatur von ir selbs den willen gottes erfüllen
mag, die sye wie grecht sy well. Vernimm die sach also: Der
will gottes ist ein ewyge, unbetrogliche schnuorrichte des rechten,
waren unnd guoten, welche schnuor dhein creatur treffen mag. Denn
Christus spricht Jo. 6. [Joh. 6. 38]: Ich bin von himel herab kummen,
nit das ich minen willen thueye, sunder den willen mines vatters. Aber
Jo. 5. [Joh. 5. 30]: Ich suoch nit minen willen, sunder den willen mines
vatters. Nun ist offenbar, das dise wort Christi nit in der person
siner gotheit, sunder in der person siner mentschlichen blödigheit
geredt sind; denn nachdem er warer got ist, hat er dhein andren
willen, denn den willen sines vatters. Aber nach der menschlichen
blödigheit schoch im ab dem tod und begert, nit ze sterben, warff
[aber] doch sinen willen, das ist: den menschlichen, under den götlichen;
also geschach der will gottes. Und diß reycht nit zuo nachteil
Christi Jesu, sunder zuo verstand des heligen, styffen, götlichen
willens, und das wir sehend, wie Christus all unser prästen an sich
hat genommen, das er die artznete. Die summ darvon ist, das
schlechtlich der menschheit wille in Christo Jesu sich hat muessen
under den götlichen willen ergeben, damit das war, recht und guot
beschäch. Ist es nun also, wie vil me mag ghein creatur den willen
gottes erfüllen, sy sprech denn ouch: Din will der gschech! So nun
siner gschehen muoß, so sol ye unser will nüts; deßhalb Job spricht
[Hiob 15. 15]: Sich, under sinen (das ist: gottes) frommen ist nieman
unverwandelbarlich, und die himel sind nit rein in sinem angesicht.
Mit einem byspil wil ich den willen gottes harfür bringen: Got
wil, das wir inn lieb habind uß gantzem hertzen, gmuet, krefften, seel.
Das gebott schreckt mich; dann ich weiß, das ich 's nit erfüllen mag;
noch muoß ich under dem gebott blyben. Sich hienebend die schuld
und val Adams: So wir in im übertretter sind worden, muessend wir
under dem gsatz sin und mögen es aber nit erfüllen; dann als Adam
gesündet, hatt er sich des geists gottes verzigen; und wo der nit ist,
da ist nüt denn der tod oder onmacht zuo allem guoten. Ein anders
byspil: Ich sol nit allein nit töden, sunder gar nit zornig werden. Ist
mir wie vor unmüglich; noch lyt das gsatz uff mir. Ein anders: Ich

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sol nit allein die ee nit brechen, sunder des eemenschen nit begeren.
Trucket mich wie vor. Ein anders: Ich sol nit allein nit gytig sin,
sunder wüssen, das, so ich hab, nit min sye; söll es ußteilen; ich bin
nun ein schaffner darüber. Truckt mich wie vor. Der byspilen
findestu genuog, so du flyssig das euangelion lißst. Welche nun uß
dem willen des menschen oder uß dem willen des fleischs geborn sind,
die truckt alles gesatzt und mögen es nit abthuon und nit erfüllen;
noch so wil got nach siner grechtigheit von uns sölliche unschuld
haben. Sich, wenn in sölicher angst und not uns die barmhertzigheit
gottes begnadete, also, daß uns das gsatzt nit beschwarte, sunder
freuwte, und das, so wir nit erfüllen mögend, durch ein andren gebeßret
und ersetzt wurde, wäre das nit ein übertreffenliche fründtschafft?
Wer das nit die beste botschafft, dero wir ye sind innen
worden? Were es nit die gwüsseste versicherung des heils, so es
von got also verhandlet? Sich hie umb dich und reck das houpt uff,
und sich, wo das heilig euangelion harschyne, das die beschwärnussen
alle hinnimpt und heißt darumb euangelion, das ist: ein guote, wolgethone,
sichre botschafft.
Und ist nach den worten Pauli Ro. 1. [Röm. 1. 16] das euangelion
nüts anders dann die krafft gottes zuo heil iedem gleubigen. Merck
es also: Du hast ghört, das nieman zuo got kumpt, er thueye denn den
willen des himelschen vatters; daby ouch gehört, das wir den nit
mügend erfüllen, zuo eim teil, das wir ewig sünder und todten sind,
zum andren, das der will gottes so luter, guot und grecht ist, das sin
maß dhein creatur erfüllen mag. Wann uns nun zum ersten der tod,
das ist: berouben des angsichts gottes, welchs der war tod ist, würt
abgenommen, und die ursach des tods die sünd, muoß allein us krafft
des lebens kummen. Also findend wir die götlichen barmhertzigheit
krafft gethon haben, in dem, das er uns durch sinen sun lebendig
gmacht hat, die vorhin tod waren; denn er ist das leben. Ietz habend
wir den ersten teyl der beschrybung des euangelii: Euangelion ist die
krafft gottes zuo eim heil. - Nun volget: Eim ieden gleubigen, uß
welchem der ander hinderling gebeßret würt, namlich der, das der
will gottes, so luter guots und rechts erfordret, das die maß dhein
creatur erfüllen mag. Allein der einig Christus, der on sünd ist,
und glych guot, schön und rein ist mit got, dem himelschen vatter, der

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mag sinen willen thuon. Und sind wir gleubig, das ist: glouben wir in
den herren Christum Jesum, das er unser gnädigung sye etc., so
ist er all unser volkumnus vor got, unser heil, unser bezalung und
gnuogthuon.
Nun habend wir, als ich hoff, eigenlich erfunden, was das euangelion
sye, namlich das: Nachdem Adam sich von dem liecht und
wysen des götlichen geists abgewendt und sich zuo im selbs kert, uff
sinen ratschlag gebuwen, groß ze werden und gotte glych, sich unnd
uns durch dieselben sünd under das gebiet oder eygenschaft des
gesatztes der sünd und des herten tods gevelt hat, darunder wir
dannen nit kummen mochtend; denn wir fleisch, sünder, todte warend,
wie wir 's immer anfiengend, und mocht unseren prästen niemans dann
der eynig got besseren. Also hat der barmhertzig got sich unsers
ellends und jamers so tieff erbarmt, das er uns nit nun mit einem
wort sines gheisses, sunder mit sinem eignen natürlichen sun hat wellen
erlösen und im selbs uns armen mentschen widerumb versuenen, durch
den alle prästen wol und recht gebesseret wurdind, der gestalt: Got
ist gerecht und ist barmhertzig. Wer mag nun die gerechtigheit
gottes erlyden, so er styff nach derselben urteilen wil? Oder weliche
creatur mag für die andren ston und für sy gnuogthuon, so vor sinen
ougen niemans grecht ist (wie oben bewärt)? Und muoß aber siner gerechtigheit
gnuog geschehen; denn sy nit ein lychtverige liederliche
ist, sunder ein ewig wärend, unbetrogen, gewüß urteil. Do nun dero
dheine creaturen gnuogthuon mochtend, hat er sinen eignen sun wellen
unsre blödikeit, die aber nit von der sünd kam, wie an uns, annemmen
und nit allein ein gemeinen tod, sunder den allerschantlichsten,
unschuldiklich für uns lyden, damit er uns von der ursach
des tods, das ist: von der sünd, erloßte, das durch inn der gerechtigheit
gottes gnuog beschähe, damit sy uns nit mueßte ewigklich
verdamnen, sunder, sydmal der unschuldig Christus von der reinen
magt Maria on alle sünd geborn, zuo dem er warer mensche, glych
als wol warer got ist und ein ewig wärends guot, das ouch sin unverdient
lyden, für uns erlitten, ewigklich guot und bezalend wäre für
unser sünd. Denn ist, der für uns gelitten hat, ein ewiger got, als
er ist ungezwyflet, so muoß ouch sin lyden ewig guot und fruchtbar
sin, die grechtigheit gottes bezalen in die ewigkeit für aller menschen

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sünd, die sich sicher unnd vertruwt daran lassend. Und hat got mit
so grosser genad, uns bewisen, uns wellen erkouffen und anzünden
in sin liebe, das, so uns sin hohe maiestet nit reitzte inn lieb ze haben,
sunder mee forchtsam machte, doch die grosse demuetigheit sines suns
unnd guothat uns, wo wir nit überein schelmen weltind sin, zwunge,
inn lieb ze haben und uns alles guoten zuo im ze versehen. Denn was
wirt uns got abschlahen ze geben, so er sinen sun für uns geben hat?
Oder wellichem werdend sine sünd nit mögen verzigen werden, so sy
Christus vor got bezalt, ob wir das gwüß gloubend unnd vertruwend?
Sich, das ist die summ des euangelii, die ich on alle zügnus der geschrifft
gesetzt, darumb, das ieder gleubiger deß wol wüssend, und die
falsch- oder halbgleubigen selbs darumb gschrifft wol wüssend, ob sy
glych leugnetind. Doch wirt zügnus darumb hernach kummen im
18. und 19. und 60. artickel. O barmhertziger, gerechter, trostlicher
gott! Wie hastu uns verworffnen dieben und schälck, die hinder dir
hand wellen fürgon und in din rych brechen, so miltiklich begnadet.
Wie zuo sichrer hoffnung hast du uns uffgericht! Zuo was grossen
eeren hast du uns in dinem sun gebracht! Und wir vernemmends
nit! Wir sind nit danckbar! Wir gloubens nit!
Wyter, so sehend wir ietz, wie so eygenlich got durch den engel
zuo den hirten gesprochen hat: Nemmend war! Ich verkünd üch grosse
fröd, die da würt sin allem volcke. Hüt ist üch ein behalter geborn,
ein xundmacher, artzet, bezaler aller üwer prästen. Die gantz welt
hat frölichere botschafft nie vernommen und vernimpt dhein bessere
niemer me; dann durch die werdend uns alle ding lycht und ring,
und das vorhin übel erschreckt und verdampt hat, ist ietz heilsam.
Als ich da oben geseit hab von der schwäre des gsatztes, wie wir
das nienen mögend erfüllen, hab ich die lychtrung gespart bis an
dis ort; denn die meinung wirt hie aller hellest, also: Wenn
ich nun vestenklich gloub, ja weyß so groß heil mir in Christo Jesu
behalten sin, so trucket mich das erst gebott nümmen: Du solt gott
lieb haben uß allen krefften, hertz, seel, gmuet, so ich schon weiß, das

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ich 's nit erfüll; dann mine prästen ersetzt Christus all; sunder das
gebott richt mich uff in ein heilige verwundrung der götlichen guete,
unnd sprich in mir selbs: Sich, so hoch, wärd und guot ist das höchste
guot, gott, das alle unsere begird nach im angsten söllend, und das
allein uns zuo guotem. Daby tröst allweg nebend inhyn die guot botschafft:
Ach, was du nit vermagst, als du warlich nüt vermagst, das
thuot alles Christus; er ist 's alles; er ist der vorder und hinder gransen.
Derglychen ist ouch ze reden von den andren gsatzten, namlich: nit
zornig werden, nit begeren ein ander wyb, gar nüt uff sich selbs
halten, sich selbs verleugnen und derglychen gsatzt, von denen sich
etlich klagen, sy syind schwärer denn im alten testament. Dann dise
gsatzt die beschwären mich nümmen, sunder ich erlernen zum ersten
an inen, wie ein luter, unbefleckt guot got sye, so ich sich, inn erforderen,
das nit nun böse werck vermitten werdind, sunder ouch,
daß die gemuet und begirden von inwendigem zum aller reinsten und
lütersten syind, daß er frylich daruff das wort hat geredt: Sälig sind,
die da sind eins reinen hertzens; dann sy werdend got sehen
[Matth. 5. 8]; das by im niemans wonen mag, denn der nach sinem
willen luter und los ist der fleischlichen anfechtungen und begirden.
Unnd so ich min onmacht ermiß und find, das ich der gstalt nit sin
mag, noch nieman von im selbs, so loufft hie nebend inher in mitten
diser angst die gwüß guot botschafft: Christus ist din heyl; du bist
nüt; du vermagst nüt; Christus ist anfang unnd end; er ist 's alles;
vermag 's alles; dem getruw gwüßlich all din heyl, sust werdend dich
alle creaturen betriegen; dann sy mögend vor got nit rein erkent
werden und deshalb für dich nit bezalen. Aber Christus, der grecht,
der unschuldig, macht dich rein; er ist die grechtigheit unser und aller
dero, die ie vor got sind gerecht worden.
Hie werffend aber die fürwitzigen diser zyt herfür diß inred:
Dise leer macht lichtverig lüt; dann stat es alles in dem bezalen
Christi, so würt ein ieder in den hof zeren, das ist: huffächtig
sünden; dann Christus bezale es alles. Zum andren, so würt vil guots
ungethon blyben, mit dem die menschen ir sünd pflegend abzetilggen,
das aber dem nächsten ouch schaden und nachteil bringen würt; dann
vil mit almuosen und handreichung dem nächsten ze hilff kummend,

--41--

das alles underlassen würdt der wyß, so sich iederman allein [an]
Christus halten sol. Antwurt: Wirff du herfür, was du wilt uß diner
fürwitz, es lyt nüt daran: das ist die summ des euangelii. Der sich
des halt, der verruocht, was die menschen fürchtind harnach volgen;
denn er weißt wol, das alles, so uß got kumpt, guot sin muoß und guotes
under den menschen bringen. Wer bist du, das du mit gott wellist
zanggen oder disputieren oder siner ratschlegen und tadten ursach
wüssen oder im ein bessers anzeigen? Er wil 's also gehebt han. Und
diser antwurt halte sich ein ieder einvaltiger warer glöbiger, der sich
styff des worts gottes halten wil; spreche allweg zuo den spitzfündigen:
Got redt das; was bekümeret mich din gegenwurff oder fürwitz. Noch
eroffnet Paulus die sach klärer Ro. 3. [Röm. 3. 3-8] und 6. [Röm.
6. 1-4], darumb ich dieselben meinung hierhar setzen wil für die andren
antwurt. Paulus zeigt Ro. 3. [Röm. 3. 3-8] an, das, obschon etlich
der kindren Israels in verstopffter ungloubnus blibind, wurde dasselb
den gloubenden nit schaden; dann got wäre warhafft; und wie man
inn wurde urteilen: warumb vergibt er so ring oder so dick oder
so gwüß, so wurde er nüt des minder grecht blyben, das ist: wie er
den gleubigen das heyl verheissen hette fry, unverlonet, wurde er
allweg warhafft erfunden, namlich, das er verzige, sy werind uß den
Juden oder Heyden, wenn sy gloubtind. Daruff etlich Paulo als
einem irrleerenden zuomassend, es volgte uß der leer, das man
sprechen wurde (denn Paulus redte ouch also): Eia! Lassend uns
böses thuon, das guots darus kumme, das ist: lassend uns sünden und
in Christum das heyl glouben, daß got, wie man inn joch urteile
umb unsers sündens willen, nüt des minder warhafft erfunden werde.
Die aber Paulus gar mit kurtzen worten abstrickt, sprechend: Sölicher
schmützenden verdamnus ist billich oder recht, das ist: die
sölichs redend, sind kinder der verdamnus und gschicht inen recht.
On zwyfel zuo eim teil, das sy so frävenlich dorstend uß irem sinn
wider got befftzen. Zum andren, das sy sölchen gegenwurff nit der
meinung thatend, das sy so groß sorg hettind, das man unsündtlich

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lebte, sunder das sy mit dem argwönigen schmutz das euangelion vor
den menschen verlümbdetind, als ob man durch es böser wurd.
Deßglichen handlet er ouch am 6. Ro. [Röm. 6. 1-4]. Nachdem er
darvor im 5. cap. gar clarlich hat fürbracht, das, wie uß des eynigen
Adams versündigen der tod, sünd und verdamnus in alle menschen
geflossen sye, also ouch durch den einigen herren Jesum Christum
das leben, gnad unnd gerechtigheit widerbracht syg, wirfft er ouch für
in der eegenanten spitzfündigen person also sprechend: Was werdend
wir nun sagen? Werdend wir in der sünd blyben, das die gnad
überfliesse? Das sye ferr! Dann wie werdend wir mögen das leben
in der sünd behalten, so wir darinnen gstorben und tod sind?
Wüssend ir, lieben brueder, nit, daß wir alle, die in Christo Jesu
getoufft und abgewäschen sind, das wir in sinem tod abgewäschen
sind? Dann wir sind mit im durch den touff vergraben in den tod,
das, wie Christus uferstanden ist von den todten durch die eer des
vatters (das ist: das der vatter mit dem erwecken Christi vom tod
sin macht und eer geoffnet hat), wir ouch also in der nüwe des lebens
wandlind etc. Liß das gantz capitel, so findest du bald [Röm. 6. 15-18]
den dritten gegenwurff vom gsatzt und gnaden, da er inredt: Wie?
Werdend wir sünden, sidtenmal wir nit under dem gsatzt sind, sunder
under der gnad? Antwurt: Das sye verr! Wüssend ir nit, das, wemm
ir üch gehorsam ze sin für knecht ergebend, das ir knecht sind des,
dem ir ghorsam sind worden? Sind ir der sünd knecht worden, fuert
das zuo dem tod; sind ir got ghorsam worden, dienet es zuo der gerechtigheit.
Ich sag aber got danck; dann ir knecht warend der sünd
und sind aber von hertzen gehorsam worden nach der gstalt der leer,
in die ir ingefuert und ggeben sind. So ir nun von der sünd gefrygt
oder erlößt sind, so sind ir knecht der gerechtigheit worden. Uß den
worten Pauli erlernet man dise meinung, das nieman darff sorg haben,
das iemans ab der gnad gottes erger werde, dero fürst und harbringer
Christus ist Jo. 1. [Joh. 1. 17]: Die gnad und warheit ist durch
Jhesum Christum gethon oder vollendet; sunder alle, so vom himelschen
vatter gezogen werdend, das sy sich an das heyl unnd genad
sines suns verlassend, die fechtend streng wider die sünd, wüssend wol,
das sy darinnen nit geleben mögend, in dero sy vor so lang tod
gelegen sind. Darumb sölichen gegenwurff allein die thuond, die under
dem gesatzt sind und des geists gottes noch nit versuocht noch

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empfunden hand. Denn wo der ist, da würt gar nit gezwyflet, es
möge nüts args darus kummen, das man sich vertruwt an das wort
gottes laß. Das hat Christus selbs gelert Jo. 6. [Joh. 6. 57]: Wie
mich min läbendiger vatter gesendt hat, also leb ich durch den vatter
(das ist: ich läb im vatter und läb um sinetwillen, wie er wil). Glich
also [Joh. 6. 58]: Welcher mich yßt, der würt umb minetwillen läben.
Hie nimpt Christus "sich essen" für "sinem wort glouben und sich
daruff verlassen", fürnemmende, das, wie der himelisch vatter ein ursprung
des lebens inn gesendet hette, also lebte er durch inn und in
im, also, das er nit sinen menschlichen willen, sunder den götlichen
willen thäte. Also wurd ouch ein ieder, so in sinem wort sicher vertruwt
wer, in sinem willen läben; denn sin wort wirt in den menschen
läben, glych wie ouch er im vatter und der vatter in im. Derglych
ouch Johans anzeigt 1. cap. 4. [1. Joh. 4. 8]: Got ist die liebe, unnd
welicher in der liebe blybt, der blybt in got unnd got in im. Sich,
wo der war gloub ist (der von der liebe nit abgescheiden, sunder on
gewüsse hoffnung und liebe dhein gloub ist), da ist got. Wo nun got
ist, was darff ich da sorgen, das man sünde oder lychtverig werd?
Hie sprichst aber: Ich sich doch, das alle menschen sündend, sy
syind, wie heilig sy wellind. 1. Jo. 1. [1. Joh. 1. 8-10]. Wie sol ich
dann nit sorgveltig sin von des sündens wegen, so man durch die
sünd verdampt wirdt? Antwurt: Dise gegenwürff kummend alle dahar,
das du das evangelion nit recht erkentst noch gloubst. Zum ersten,
so wüßtestu durch es, das die sorg, die du für d' sünd hast, nit din
ist, sunder des geists gottes; dann du wüßtest, das wir fleischlich sind
mit Paulo Ro. 7. [Röm. 7. 14, 18], under der sünd hinggeben und verkoufft,
der da spricht: Ich weiß, daß in minem fleisch nüts guots wonet.
Was nun uß dem fleisch ist geborn, spricht Christus Jo. 3. [Joh. 3. 6],
das ist fleisch. Deßhalb wir nüts sorgveltig wärind, von der sünd
wegen, wenn uns nit zuo der sorg der geist gottes reitzte; denn on inn
vermögend wir nüt. Jo. 14. [Joh. 14. 26]. Ietz sprichst: Ie doch so
sündet man, und sind nit on laster die frommen gottes, die angst unnd
sorg für die sünd kumme wannen har sy welle. Denn so mag aber
nit ston, das, die gelassen syend uff das wort gottes, nit sündind.
Antwurt: Vernimm hie, von Christo die sünd des ungloubens allein
verdampt werden Jo. 16. [Joh. 16. 8f.]: Von der sünd wegen würdt

--44--

der geist gottes die welt straffen, das sy nit in mich ggloubt hand.
Er spricht ouch Mat. 12. [Matth. 12. 31]: Alle sünd und schmach werde
den menschen verzigen, on die schmach in den heiligen geist, die
ouch nüt anders ist weder ungloubnus, darvon hie nach noturfft zuo
sagen nit statt ist. Es schrybt Jo. 1. cap. 5. [1. Joh. 5. 16-18], das
ein sünd sye zum tod (ist ouch allein die ungloubnus), für dise sölle
niemans bitten; aber gwüß sye es, das ein ieder, so uß got geborn
sye, nit sünde, sunder er verhuet sich; und der böß (das ist: der
tüfel mit sinem gwalt) werde inn nit berueren. Welicher aber uß got
geborn sye, lert er zum ersten des capitels [1. Joh. 5. 1]: Ein ieder,
so gloubt, das Jesus sye Christus, der ist uß got geborn. Also
muoß ye zum letsten volgen, das, die den geist gottes also habend,
das sy gewüß sind Christum ir heil sin, sicher verlassen sind uff
sin wort, nit sündend; dann inen dhein sünd zuo verdamnus gerechnet
würt, denn die einig ungloubnus. Dann sind sy aber nümmen uß
got, sunder von got abgevallen.
Hieby muoß man ouch mercken, das das wort "sünd" etwan genommen
würt für: die blödigheit der zerbrochnen natur, die uns
allweg zuo den anfechtungen des fleysches reitzt, und mag kommlich
genempt werden: der präst. Glych wie das wort kranckheit under
im begriffen hat alle besundren wee, suchten, fieber, bülen, perlis,
tropff, darmwinden und all ander wetagen, die glych als est sind
der kranckheit: also heißt sünd den prästen, darus die underscheidnen
sünd als est wachsend; deßhalb eebruch, huory, frässery, gyt, hochfart,
nyd, verbunst, rotten, todschleg frücht sind und est des
prästens, welichen prästen ouch Paulus das fleisch nennet Galat. 5.
[Gal. 5. 19] und sust an vil orten; dann dise schluochten uß dem zerbrochnen
fleisch als uß einem brunnen entspringend. Das aber die
sünd, zum andren mal anzeigt, heisse "den prästen" oder "das fleisch"
zeigt Salomon proverbi 21. [Prov. 21. 4]: Das liecht der gotlosen
ist die sünd, das ist: Wo man gottes los ist unnd on, da herschet

--45--

das fleisch unnd wyßt die prästhafftige anfechtung. Paulus Ro. 5.
[Röm. 5. 12]: Die sünd sye durch einen menschen in dis welt ingangen.
Hie muoß "die sünd" "den prästen" heissen. Daselbend am 7. [Röm.
7. 16f.]: So ich thuon, das ich nit wil (nach dem inneren mentschen),
so würck ich nit dasselb, sunder die sünd, die in mir wonet, das ist:
der anerborn präst von Adamen har. Und überal in der epistel
zuo den Römern nimpt er gemeinlich die sünd für den prästen, als
ouch 1. Cor. 15. [1. Cor. 15. 56] und an andren orten.
Also wellend wir ietz die gantzen meinung zemen ziehen: Sünd
würt genommen für die ungloubnus. Zum ersten: Welcher in dero
ist, der würt nit sälig. Zum andren: für den prästen und mangel der
zerbrochnen natur. Uß dem prästen vermögend wir nüts von uns
selb; dann wir sind kinder des zorns und tod, ob wir glych von dem
einigen, waren gott wüssend. Wir sind aber uß fryer gab gottes
durch den herren Jesum Christum vom tod erlößt und lebendig
gmacht; denn er ist das war leben: Denn der sünd ist ir krafft
genommen und der angel, das sy uns nümmen töden mag; sind ouch
got versuent, also, das wir fründ, sün und erben gottes nun hinfür sind.
Also ist die sünd, präst getödt, so wir got des gewüßlich vertruwend
unnd gloubend durch den herren Jesum Christum gegeben sin.
Zum dritten: für die werck, die uß dem prästen glych als est erwachsend.
Dieselben werdend alle hingenommen durch den herren
Christum Jesum, als 1. Jo. 2. stat [1. Joh. 2. 1]: Mine sün! Dise
ding schryb ich üch, das ir nit sündind (mercke hie die sünd genommen
werden für die est). Aber ob einer sündete, so hand wir
einen fürsprechen bym vatter, Jesum Christum, den grechten, und
der ist die gnädigung und versuenung für unser sünd, und nit allein
für unser, sunder ouch für aller welt sünd. Zum vierden würt sünd
etwan genommen für das opfer, das gewont was für die sünd uffgeopfret
werden, von dem hie nit not ist ze sagen. Summa: Wer
gloubt durch Christum Jesum sich von der gnad gottes erlößt sin,
täglich von allen esten der sünd oder gebrästens gereiniget werden,
der sündet nit; dann er ist nit ungleubig, welcher unglöbiger allein
ein verdampter sünder ist.
Hieby ist aber eigenlich ze mercken, das sölich gleubig nit, als
die bößwilligen inen zuomessend, liederlich werdend ab der eer, die
sy suochend, darumb, das sy in Jesum Christum verhoffend Ro. 5.
[Röm. 5. 3. 5.], sunder werdend sy erst engstig und lernen iren prästen

--46--

recht erkennen, namlich, das sy tod sind und nüt vermögend, aber
das die gnad gottes als vermag. Die macht ouch uns lebendig, so
wir iro das selb vertruwind und gantz und gar heimgebind. Und
demnach, ie mer sich der mensch prästhafft erfindt, ye me würt er
demuetiget und zwungen zuo got, dem einigen heyl, ze louffen. Byspil:
Mach ein kugel zemen uß wachs und leym. Legst du die an die
sonnen, so zerschmiltzt das wachs, und wirdt der leym hert; legestu
sy in ein fliessend wasser, so wirdt der leym hingeflötzt, und würt
das wachs hert. Ein anders: Vermisch win und wasser zemen glych
vil, so empfindstu eigenlich, das dweders sin natur und krafft behalten
mag, sunder ist es ein ungeschmackt ding, bis es getruncken
und durch vertöwung zuo bluot verkert wirt. Die zwey byspil gebend
uns die seltzamen natur des menschen ze verston. Im ersten verstat
man das zemensetzen des lybs und der seel; im andren ietwedrer natur
krafft und würckung. Also empfindend wir, das, diewyl der mensch
lebt, die zwey ding mit einander strytend; dann der geist begert wider
das fleisch und das fleisch wider den geist, das wir nit glych das thuon
mögend, das wir begerend Gala. 5. [Gal. 5. 17]. So muoß ie sin, das
alle, die in den lyben wonend, die in sünden empfangen sind, all
die wyl sy lebend, erlyden muessend, das der lychnam sin natur behalte,
wie das wasser, mit dem win vermischt, ouch strytet sin natur
ze behalten. Und so sy aber, wie obgemelt, iren prästen erkennend
und in inen selbs trost und erlösung nit finden, wirdt inen der treffenlich
stryt geboren, den Paulus Ro. 7. [Röm. 7.] von im selbs vergicht,
da er nach dem inneren menschen (das ist: nachdem er in
got gloubend des geists und gnaden gottes versichret was) begert nach
dem willen gottes ze leben; und so er das anhuob, empfand er eins
andren gsatztes, das in sinen glideren geschriben was; das widerstreyt
dem gesatzt des geists und fuort inn gfangen in das gsatzt der
sünd, wiewol er mit dem gmuet, das von got erlücht und gelert was,
ein anders begert. Dise angst trang inn so starck, das er schrey
[Röm. 7. 24]: Ich unsäliger mensch! Wer würt mich erlösen von dem
lychnam des tods? Vermeint, in dem lychnam leben, der nit nachlaßt,
nüt anders sin denn ein täglichen tod. Und bald tröst er sich
und spricht [Röm. 7. 25]: Die genad gottes durch Jesum Christum,

--47--

unseren herren. Ja, sölichen stryt habend alle rechtgleubigen. Aber
so sy nun allweg zuo got gond durch Christum Jesum, so werden
sy von got enthalten durch Christum, das inen die sünd nit schadet;
dann so bald sy sich zuo got kerend, hatt sy got schon bewegt. Und
wiewol er weißt, das wir on die est der sünd nit sind, schafft doch
der gloub, daß wir nüt des minder in im lebend, und mitwürckt das
täglich sünden uns zuo dem guoten, das wir daran erlernend, wie so gar
wir nüt sind. Ie me das geschicht, ie me des götlichen geists gnad
uns erhebt und enthalt von sünden. Ie me hinfelt trost in uns selb,
ie mee wachßt der trost in got. Ie me trosts gotes in uns ist, ie
me des geists gottes. Ie me gnaden, ie minder sünd. Warumb aber
got sölchen stryt uns hab wellen gestatten, ist offenbar, namlich: das
wir in dem unserem prästen zuo im uß not ze fliehen zwungen wurdind
prover. 3. Hebr. 12. [Prov. 3. 11f. Hebr. 12. 5-11].
Das aber uß rechtem glouben des euangelii nüt minder sunder
mee guotes beschehe, bewär ich zum ersten mit der geschrifft, dero
bewärnus gwüß ist. Und ob schon die frommen Christen ire guoten
werck so heimlich volbrächtind, das die nieman gsäch, denocht mag
das wort gottes nit liegen. Doch wil ich darnach ouch anzeygen die
besserung, dero man empfindt täglich. Christus spricht Jo. 15.
[Joh. 15. 1-5]. Ich bin der rebstock, unnd ir sind die est oder schoß.
Welcher in mir blybt, in dem blyb ouch ich; der treit vil frucht;
denn on mich mögend ir nüts tuon. Sich zum ersten, uß welchem
rebstock die schoß muessen ir tucht sugen, das sy frucht geben: uß
Christo. Zum andren, das Christus zwar uß denen würckt, in
denen er ist. Sich, das du in Christo syest, unnd ruoch dich, was
got uß dir würck. Zum dritten, das die werck, die nit uß Christo
sind, nüts wärdt sind; dann on in mögend wir nüt thuon. Muoß es
nun allein durch inn geschehen, warumb legend wir denn uns selbs
etwas zu? Wo der geist gottes ist, da werdend guote werck nit underlassen;
dann wie der ein ewig wärends guot ist und alles guoten ein
ursach und bewegnus, also, wo er ist, wirt alle ding zuo guoter
würckung ufgerüst und bewegt. Und ist falsch der gegenwurff: Ja, so
würt nieman nit allein nüt guots thuon, sunder ouch täglich noturfftig
arbeit verlassen; denn wo der geist gottes ist, das weyßt man wol, das
man im schweyß des angesichts das brot gwünnen sol; man weißt

--48--

ouch wol, das guotes thuon dem nächsten der höchst gotsdienst ist im
glouben. Schlecht: Wo man in gott sich verlaßt, da ist got. Wo
got ist, da ist ouch engstiger flyß alles guoten. Jo. 14. [Joh. 14. 15]:
Hand ir mich lieb, so halten ir mine gebott. Wo gottes liebe ist
(die aber nüt anders ist denn der gloub, wie oben gseit ist), da flyßt
man sich sines willens. Wo gottes liebe ist, da ist ouch der geist
gottes. Wo der geist gottes ist, da entspringend dise tugenden herfür,
die Paulus Gala. 5. [Gal. 5. 22] zelt: Frucht des geistes ist: liebe,
freud, fryd, nachgeben oder duldmuot, senffte oder komliche, guete,
trüw oder glouben, milte, mässige; das sind die rechten christlichen
tugenden. Aber umb die strassen duraffter zun heiligen louffen, ablas
kouffen, umb lon bätten, singen, krützen, die wend im tempel
vergülden und derglychen one zal menschlich erfunden geltkloben,
glych wie sy nit uß got kummend, also sind sy ouch ein lutre glychßnery.
Und ob derselben minder gschicht, ist ghein wunder; denn
wo das liecht hinkumpt, da wycht die finsternus; wo der geist gottes
kuchet, da verwäyet er alles gstüpp und güsel der glychßnery
und truckt andre bluost herfür. Daby ich warlich sagen mag von
vilen, dero namen ich gern geschwyg, glych als Paulus von Corinthiern
1. Cor. 1. [1. Cor. 1. 5], von Ephesiern 1. [Eph. 1. 15],
von Colossern 1. [Col. 1. 4], von Thessalonicensen 1. cap. 1.
[1. Thess. 1. 3], daß sy treffenlich zuonemmend - got sye ewig lob und
danck! - in liebe gottes, in fryd des nächsten, in der erkantnus des
euangelii, in einvaltigem wandel, in götlicher wyßheit, in fürschuß
und hilff der armen, in niderung des hochmuots, in verzyhen den fyenden,
in sorgveltigheit für die leer Christi, in sorgveltigheit der gefangnen
Christi, in sorgveltigheit der gantzen christenlichen mengi. Und
ob schon zünslen, reucken, opfferen (den rychen pfaffen sag ich),
bladerbätt, vigilyen, hülen, messenklang, tempelschyn, kappenzipffel

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der theologen, der münchen kutten und farwen, der pfaffen
wolgestalte röck, huory und trunckenheit, brätspyl und junckherschafft
inen nit gevalt, so gevalt doch inen alles, das gotsgevellig ist: Sy
lassend iren zynßlüten nach, sy belonend den arbeiter rycher denn er
heuschen darff, nemmend in ire hüser die armen und ellenden,
massend sich spilens, fluochens, juvens und schlechtlich aller itelgheit
des zytes, und flyssend sich ze rüsten zuo dem ewigen leben. Und
gegnent inen daby nüt des minder die gmeinen zuoväl der prästhafften
natur, also, das sy, diewyl sy lebend, nit one sünd sind. So
sy aber wüssend inen dieselbigen durch den glouben und unabgelassen
vertruwen in Christum Jhesum verzigen werden, so werdend sy in
inen selbs von tag ze tag minder und gott grösser in inen. Wo got
ist, da kumpt nüt arges harus. Byspil: Gott hat die kinder Israels
mit sölcher fürsichtikeit uß Egypten gfuert, das er sy nit allein vor
iren fyenden beschirmet, sunder ouch geheissen hat fürer ziehen,
wenn er wolt; und wenn er sy hieß blyben, blibend sy; hat sy ouch
gespyßt, getrenckt und ire kleider nit verschlyssen lassen. Noch
habend sy nit allein in anfechtung des fleisches sin gebott übergangen,
sunder ouch mit abgöttery von im gevallen. Nüt des minder hat er
sy nit verlassen, sunder inen allweg widrum gnad zeigt. Und ist das
volk Israels ab der gnad gottes allweg besser worden, also das, wenn
es sich allein gottes hielt, so was es aller best; sobald es aber selbs
wolt etwas sin oder wüssen, so kart es sich von got, viel in grosse,
grusame laster und ward aller böst, das mit vil zügnussen bewärt
wirdt. Liß alle gschicht des alten testaments, so findestu es also.
Liß alle propheten, so ist es die gröste klag allenthalb, daß sy sich
von got kert, got verlassen hattend. Und alle arbeit reychend sy
dahyn, das man sich gottes als eines vatters halte. Also beschicht
noch hüt by tag. Wer mit warem hertzen got anhangt, ob im schon
sünd empfallend, dero nieman änig sin mag, verbeßret doch dieselben
Christus, wenn wir nun vestenklich gloubend, das er die gwüß
artzny sye. Als er selbs redt Jo. 11. [Joh. 11. 25f.]: Ich bin die
urstende und das leben. Welicher in mich vertrüwt ist, der würt

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leben, ob er schon tod wär. Und ein ietlicher, der da lebt und in
mich sicher vertruwt ist, der wirt in die ewigheit nit sterben.
Ietz mein ich, habe ein ieder vernommen, was das euangelion
ist; hab ouch erlernet, ob er das euangelion geprediget oder nit. Denn
ob er schon etwan die heilsamen wort, als z' nächst uß Jo. 11.
[Joh. 11. 25f.] sind anzogen, gsagt hat dem volk on claren verstand
und trungenlichen ernst, daß sy sich der worten halten söllen und mit
gantzem hertzen daruf lassen, so hat er das euangelion geprediget
glych als Caiaphas, der ouch die warheit redt [Joh. 11. 50]: es wäre
guot, das ein mensch für das volk sturbe, und nit das gantz gschlecht
undergieng; aber er verstuond das warlich heyl, das er redt, nit. Ich
wil hie der ungelerten gelerten gschwygen, die sich ietz ruemen gdörend,
sy heigind das euangelium allweg gepredget. Und so du inen ein
capitel uß aller heilgen geschrifft im ermel suochen wilt, sprechend
sy: ja sy verstanden 's nit nach dinem sinn. Unnd so du inen iren sinn
anmuotest, so machend sy uß eim schüsselkorb ein haspel oder uß
einr suw ein krebs, wie der wolff thett. Wenn aber du mit der
gschrifft bewärst den rechten, natürlichen sinn, so sprechend sy, ob
sy schon möchtind mercken, das es der recht, natürlich sinn wäre, so
söllend doch sy dheinen sinn verston, denn welchen der bapst und
vätter heissind halten. Sprichstu zuo inen: Was heißt: Christus est
caput ecclesie, wie Ephes. 1. und 5. stat [Eph. 1. 22. 5. 23], antwurtend
sy: Christus ist das houpt der kilchen. Sprichst: Ir hand
recht geantwurtet. Was dörffend ir dann einem andren sölchs zuolegen
und den bapst das houpt machen, das Christus ist? Antwurten
sy: Wir söllend es also verston, wie der bapst wil. So sagend
an: Was heisset Christus? Antwurtend sy: Es heyßt Christum;
dann sy nit so vil griechisch könnend, das sy wüssend, was der wolriechend
nam heiß. Sprichstu: Wie kan der nam Christus den
bapst heissen? Antwurt: Der bapst wil es also. Sprichst widrumb:
Wil es der babst also, so ist er der antchrist; dann ein ieder, der
sich würt für Christum ußgeben, wirdt ein antchrist sin Mat. 24.
[Matth. 24. 5]. Hie schryend sy: Kätzer, kätzer; fürhar! etc. Sprichst

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widerumb: Lieber! warumb hat man dich latin geleeret? Antwurt:
Das ich die gschrifft verstuende. Sprich: Nein! Du hast, als din eigen
wort anzeyget, gelernet, das du die geschrifft nit verstuendist; denn so
ich mich des verstands halt, den du selbs vergichst, so sprichst: Die
wort muessend nit heissen, das sy heissend. Frommer Christ! Verzych
mir, das ich mit disem tant dich so lang halt. Ich thuon es,
daß du denen wälschen hasen die oren recht besehen mögist. Sy
fuerend sich selbs dahyn, das sy mit gwalt muessen veriehen, sy wüssen
nit was caput heiß, der bapst spreche denn, es heisse ein houpt; und
ruemend aber sich, sy habind das euangelion gepredget. Nimpt mich
wunder, wie sy es verstanden habend, so sy den bapst oder concilia
nie gesehen, und das sy von den beden wüssend, muoß durch gschrifft
beschehen. Wie gdörend sy nun die gschrifft von dem bapst lutend
verston on den bericht und mund des babsts, so sy das wort gottes
nit gdörend verston on den babst oder concilia? Und die sy vätter
uffgeworffen habend, sind zwyträchtig im verstand. Dahyn kumpt
man, wenn man den geist gottes nit wil lassen einen herren und zeiger
sin sines wortes, und des verstand nit by im suocht, sunder by dem
menschen, der lugenhafftig ist. Ich hab ouch hoffnung, ein ieder habe
ergriffen, daß euangelion nit von menschen, sunder von dem waren
got harkummen, unnd nit mög nach irem verstand gemessen werden.
Darzuo, das es ein volkummen, unprästhaffte leer ist zuor säligheit.
Dannen har sy die schmachwort: zum ersten, wo schon das euangelion
nit wäre, möchte man nüt des minder gsatz setzen, darinn man
sälig wurde; zum andren, das man es nun muesse nach des babsts
verstand ussprechen; zum dritten, und das es gebesseret sye durch die
vätter und sye ouch des noturfftig xin: ja, dise schmachwort sollen
sy lassen fallen und sich begeben, sy wüssend nit was euangelion sye,
all die wyl sy sprechend, ander leeren syen wol als guot als das
euangelium.

--52--

Der sechßt artickel.
Dann christus jesus ist der wegfuerer und
houptman, allem menschlichen gschlecht von got
verheissen und ouch geleistet.
Diser artickel ist ein stütz, daruff der nächst darvor grundtlich
gebuwen ist. Dann ie, ist Christus Jhesus dem menschlichen
gschlecht von got verheissen zuo eim houptman und wegfuerer, so muoß
sin handel, leer und leben über allen menschlichen radt sin, also das
sin nam (das ist: sin gwalt, eer und krafft), wie Paulus Philip. 2.
[Phil. 2. 9] spricht, über alle namen ist.
Wägfuerer und houptman.
Esa. 55. [Jes. 55. 4]: Nimm war, ich hab inn den völckeren ggeben
zuo eim zügen, einen fuerer oder houptman und gebieter den Heyden.
Ezech. 37. [Ez. 37. 23-25] mit andren vil worten: Sy werdend min
volck sin, und ich würd ir got sin, unnd min knecht David künig
über sy, und ein hirt würt sin über sy all. Und bald darnach
[Ez. 37. 25]: Und min knecht David wirt ir fürst sin in die ewikeit.
Diser küng, hertzog und gebieter ist nit David, Salomons und
Nathans vatter; denn derselb vor so vil jaren tod was, als Petrus
act. 2. [Act. 2. 29] [seit], sunder Christus, der allein ein ewiger küng
uß eigner natur untödlich ist.
Allem menschlichen gschlecht von got verheissen.
Got hat zum schlangen, der Evam verfuert, gesprochen genn. 3.
[Gen. 3. 15]: Ein fyendschafft würd ich setzen zwüschent dir und
zwüschend dem wyb, ouch zwüschend dinem somen und zwüschend
irem samen. Der ir som würt zerknütschen dinen kopff. Hie würdt
Christus nach menschlicher natur der som Eve anzeigt, das er den
kopff des wurms zerschlahen werd, das gar eygenlich anzeygend die
zwey hebraischen wort hu jeschuphcha [‎‏הוּא יְשׁוּפְךָ‏‎], der wirt dir zerknütschen,
die nit vom wyb mögen verstanden werden. Aber hat
got Abrahamen von demselbigen somen verheissen genn. 22.
[Gen. 22. 18]: Und in dinem somen werdend geselget oder benedyet

--53--

alle gschlecht oder völcker des erdrichs. Diser som ist Christus
Gala. 3. [Gal. 3. 16]. Aber hat Israel im sägen oder gheiß Jude
nit allein von dem geredt, der kummen ward, sunder ouch ein zeichen
darzuo ggeben gen. am 49. [Gen. 49. 10]: Der scepter (das ist: das rych)
wirt von Juda nit hyntragen, noch der hertzog oder houptman, der
uß sinen lendinen würt kummen, bis das der kummen würt, der gesendet
sol werden, und er wirt das uffsehen oder trost der Heyden
oder völcker. Das zeychen hat sich eigenlich geoffnet; dann do
Christus in dis welt kam, hattend die kinder Israels dheinen fürsten
me, der uß dem gwalt des jüdischen rychs herschete. Moyses weißt
ouch von dem, der inen verheissen was; darumb ruofft er zuo got, da er
gschickt ward mit Pharaon ze handlen: Herr, ich bitt dich, send
den, den du senden wirdst exo. 4. [Ex. 4. 13]. Me deut. 18. act. 7.
[Deut. 18. 15, 18. Act. 7. 37]. Esaias zeyget under andren propheten
nach Daviden aller hällest von Christo an. David zeigt vast die
aller inneresten ding sines lydens, menschwerdens, todes, urstende an,
dero kundtschafft ze lang wäre ze zellen.
Und ouch geleistet.
Das hand die engel bezügt uff dem göw by Betlehem, die
Magen, Simeon, Anna, die wunderwerck Christi, die tüfel, so
uß den menschen im ruofftend als eim sun gottes, die leer, Nicodemus,
sonn, umbhang im tempel, die felsen, das ufferston, die
himelfart, die rach über Hierusalem gangen, das sy zerstört ist
und ander unzalbarlich zeichen. Wir wellend aber uns, wo wir
mögend, der kürtze flyssen.
Der sibend artickel.
Das er ein ewig heil und houpt sye aller glöbigen,
die sin lychnam sind, der aber tod ist und nüt
vermag on inn.
Der erste teyl dises artickels ist das euangelium, von des wegen
der sun gottes zuo uns von himel gschicket ist, namlich, das er ein
ewig heil und houpt sye aller gleubigen.

--54--

Heil.
Esa. 49 [Jes. 49. 6]: Ich hab dich geben zuo einem liecht der
Heyden oder völkern, das du min heyl (zwar das ich den menschen
schicken würd) syest bis an die end der erden. Christus selbs
Jo. 6. [Joh. 6. 32f.]: Das ist das war brot, das von himel herab
kummen ist und gibt der welt das leben. Das brot ist er; dann er
ist das wort und spyß der seel, von dero er durchs gantz capitel redt.
Paulus Hebre. 7. [Hebr. 7. 25]: Dannenhar er in die ewigheit mag
heilmachen; dann er selbs zuo got ist gangen, allweg lebende, das er
fürmünde für sy. Mat. ultimo [Matth. 28. 20]: Nemmend war, ich
bin by üch bis zuo end der welt.
Houpt.
Paulus Ephe. 1. [Eph. 1. 22]: Er hat alle ding sinen fuessen
underworffen und hat in ggeben zuo einem houpt der kilchen, welche
sin lychnam ist etc. Und vor den worten, wie im 5. artickel ist
anzeigt, das got gwellen hat alle ding, das ist: alle menschen, in
Christo als in einem houpt zemen bringen. Ephes. 4. [Eph. 4. 15]:
Lassend uns uß liebe warlich handlende wachsen in inn, nach allem
vermügen, der da ist das houpt, der ist Christus etc. Ephes. 5.
[Eph. 5. 23]: Der man ist ein houpt des wybs, glych wie Christus
ein houpt ist der kilchen. Colos. 1. [Col. 1. 18]: Er ist das houpt des
lybs, der kilchen, das ist: Christus lyb ist die kilch, dero houpt ist
er. Wee denen, die da sagend, sy syind das houpt der kilchen!
Aller gleubigen, die sin lychnam sind.
Ist klar gnuog und starck in den vordrigen kundschafften bewärt.
Redt doch Paulus 1. Cor. 12. [1. Cor. 12. 12f.] das mit ußgetruckten
worten: Glych als der lyb einer ist, hatt aber vil glider, und sind
doch alle glider, wiewol iro vil ist, ein lychnam; also ouch Christus.
Dann wir all sind in einem geist zemen in einen lychnam getoufft etc.
Der aber tod ist und nüts vermag on inn.
Wir sind in Adamen all z' steinhertem tod gstorben, wie im
5. artickel. Dannen har noch hüt by tag wir alle in Adamen tod
sind und allein in Christo lebendig. 1. Cor. 15. [1. Cor. 15. 22]:
Glych wie in Adamen alle menschen sterbend oder tod sind, also
werdend sy ouch alle lebendig in Christo. Ro. 8. [Röm. 8. 10]: Ist

--55--

aber Christus in üch, so ist der lychnam tod von der sünd wegen,
unnd lebt aber der geist von des rechtwerdens wegen. Hie heißt aber
die sünd den prästen, üs dem die est kummend; dann diewyl wir in
disem zyt lebend, sind wir nit unprästhafft; deßhalb wir allzyt tod.
So wir aber Christum in uns haben mit rechtem, vertruwtem hertzen
und glouben in inn, so lebt unser geist in Christo, der sust tod wäre.
On Christum vermögend wir nüts tuon. Joh. 15. [Joh. 15. 5]: On
mich mögend ir nüts thuon. Er ist das leben. Der das leben nit hat,
ist tod. Luog, was vermag der onmechtig todter.
Der achtend artickel.
Uss dem volgt zuo eim, das alle, so in dem houpt
läbend, glider und kinder gottes sind. unnd das ist
die kilch oder gemeinsame der heilgen, ein hussfrow
christi, ecclesia catholica.
[Glider].
Wie wir glider Christi syind, zeyget Paulus an zuo den Röm. am
12. [Röm. 12. 5] und 1. Cor. 6. [1. Cor. 6. 15]: Wüssend ir nit, das üwre
lychnam glider Christi sind. Und daselbend 12. [1. Cor. 12.]: Dise
glider nemmend ir narung nit von dem buch, alls die lyplichen glider,
sunder von dem houpt, also, das alle gaben, ampt oder dienstbargheit
der gliden allein vom houpt kummend Ephes. 4. Colos. 2.
Kinder.
Jo. 1. [Joh. 1. 12]: Allen denen, die inn habend angenommen, hatt
er gewalt geben, das sy sün gottes werdend, ja denen, die gloubend in
sinen namen. Es welle hie ein ieder lernen, das gottes meinung ist,
das wir nit nun mit dem namen kinder gottes genempt werden, sunder
uns fröwind sine eignen rechte kinder ze sin (gala. 3. und 4.) und in
gantzem vertruwen zuo im umb trost und hilff louffind als zuo unserem
natürlichen vatter, und inn für unser eigen habind und ouch wir sin
eigen syind. Ro. 5. [Röm. 5. 2]: Wir ruemend uns der hoffnung, das
wir sün gottes syind.
Und das ist die kilch oder gmeinsame der heilgen.
Es ist von alten zyten har gestritten worden, was und welches
die kilch sye, bis uff unser ietzige zyt. Und ist der stryt aller, als ze
besorgen ist, kummen uß begirde des gwalts, das sich etlich haben

--56--

wellen dargeben, sy syind die kilch, damit alle ding uß irer hand verwalten
wurde. So ich nun mich davon ze reden undernimm, weiß ich
wol, das ich 's darheben muoß denen, die darvon redend uß menschlichem
tant, das aber mich gar wenig bekümmeren muoß; dann ich nit
min, sunder gottes wort, nit menschenleer, sunder die meinung des
geysts gottes davon herfürbringen wil. Find also, das vil im alten
testament das, so wir die kilchen nennen, kahal [‎‏קָהָל‏‎] oder makhal
hebraisch, griechisch ecclesia, latinisch concio genent würt. Und
heißt aber den Tütschen kirck oder kilch nun das huß, darinnen
man pfligt das gotswort der versamlung ze verkünden, touffen, spysen,
etc., welches tütsch dheinem vorgezelten wort dient; dann kahal,
ecclesia, concio heißt nit ein tempel, sunder ein versamlung, gemeinsame
oder gemeind des volks. Dannenhar etwan das wort "volck"
in der gschrifft gebrucht würt für das wort "gemeind".
Dise also gemeinsame oder gemeind würdt in der gschrifft in
zwey gar nach glychen bedütnussen gebrucht.
Zum ersten für die gantzen gemeinsame aller dero, die in einem
glouben uff den herren Jhesum Christum erbuwen und ggründt sind.
Welicher in der kilchen oder gmeind ist, der mag nit verdampt
werden; dann ein ieder, der in Christum gloubt, der hat ewigs leben
Jo. 6. [Joh. 6. 40]. Von dero redt Christus Mat. am 16. [Matth.
16. 15]. Do Christus sine jünger fragt, wen sy inn redtind oder vermeintind
sin, und Petrus daruff für die andren all antwurt gab
[Matth. 16. 16]: Du bist Christus, der sun des lebendigen gottes, redt
Christus widerumb zuo im [Matth. 16. 17f.]: Sälig bistu, Simeon
Bariona; dann das fleisch und das bluot hat dir 's nit geoffenbaret,
sunder min vatter, der in den himlen ist. Und ich sag dir, das du
ein felser bist, und uff den felsen (verstand: dannen ich dir den
namen uffgelegt hab) würd ich min kilchen (das ist: die gemeinsame
aller ußerwelten gleubigen) buwen, und die thor der hellen werdend
wider die nit stercker sin etc. Der fels ist Christus 1. Cor. 10.
Mat. 21. [1. Cor. 10. 4. Matth. 21. 42]; uff den ist die kilch, das ist:
gemeind der gleubigen, erbuwen. Also daß, welcher vergicht wie
Petrus der felser, Christum den sun sin des lebendigen gottes,
wider denselben vermögen die starcken waffen, weerinen und gwalt

--57--

des tüfels nüts. In der bedütnus nimpt Paulus ouch die kilchen
Galat. 1. [Gal. 1. 13]: Ich durächtet die kilchen gottes, das ist:
ich durächtet alle gleubigen; dann Paulus keinen tempel noch dhein
besunders hüfflin, sunder alle Christen durchächtet. Philip. 3.
[Phil. 3. 6] derglychen. Aber die kilchen nach diser bedütnus strycht
er aller eigenlichest us Hebr. 12. [Hebr. 12. 18-24]: Ir sind nit
kummen zuo einem so grusamen berg etc., sunder ir sind kummen zuo
dem berg Sion und zuo der statt des lebendigen gottes und zuo der
himelschen Hierusalem und zuo der unzalbarlichen schar der englen
und zuo der gemeind oder kilchen der erstgebornen, die in den himlen
verschriben sind, und zuo dem richter aller dingen, got etc. Hie verstat
man eigenlich, das alle die menge, die durch den glouben zuo got
gond, an die statt der erstgebornen gezelt werden, nit lyplich als Esau,
Ruben und Manasse vermeintend sin, die aber verschupffet und in
irer person das jüdisch volck, sunder alle, die in der kilchen oder
menge sind, dero namen werden angeschriben in den himlen, das ist:
sy syind by got bekant, der sy ouch zuo der engelischen geselschafft
zuofuegt und anschrybt. Ja, sy alle, die ie warend und immer werdend,
heim gfuert so schon und zierlich, als ein brütgoum sinen gmahel
heimfuert. 2. Cor. 11. [2. Cor. 11. 2]: Ich hab üch einem man vermechlet,
namlich, das ich üch ein reine dochter Christo überantwurte.
Derglychen Ephes. 5. [Eph. 5. 25-27]: Ir man, habend lieb üwere
eewyber, glych wie ouch Christus die gmeind oder kilchen hat lieb
gehebt, und hat sich selbs für sy hynggeben, das er sy heilig machte,
abgewäschen mit dem bad des wassers in dem wort, das er sy im
selbs ein eerwirdige versamlung stalte oder machte, die dhein masen
noch runtzlen hette, sunder das sy heilig wäre und nienen ze schelten.
Hie sehend wir, wie lieb Christus die sin kilchen oder gemeind gehebt
hatt. Wir sehend ouch, wer sy ist, namlich die in dem bad,
das ist: touff des wassers, ist mit dem wort abgewäschen, die, so verr
sy in Christo blybt, dhein masen nach runtzlen hatt, sunder heilig
ist, das sy nieman geschelten kan. Frag: Wo ist die kilch? Antwurt:
Durch das gantz erdrich hin. Wer ist sy? Alle gleubigen. Ist sy ein
versamlung, wo kumpt sy zemen? Antwurt: Hie kumpt sy durch
den geist gottes zemen in einer hoffnung und dört by dem einigen

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got. Wer kent sy? Got. Sind aber nit die bischoff, die gemeinlich
concilia halten, ouch die selb kilch? Antwurt: Sy sind allein glider
der kilchen, wie ein ieder andrer Christ, so ferr sy Christum für
ir houpt habend. Sprichstu: Sy sind aber ecclesia representativa.
Antwurt: Von dero weißt die heilig gschrifft nüts. Wiltu, so suoch uß
menschentant noch me ander namen, ich benueg mich der götlichen
gschrifft allein; dero halt ich mich; by dero muostu mich blyben lassen
unnd ouch vernueget sin, ob du ein Christ bist.
Zum andren wirt das wort kilch genommen für die besunderen
zemenversamlungen, die wir pfarren oder kilchhörinen nennend. Das
sind ie so groß menginen oder gemeinden, so vil wol und kommlich
mögen zemenkummen, by einandren das gotswort hören und leeren,
die man noch hüt by tag an vil orten by uns parchinen nach dem
griechischen wort parecia [παροικία] nennet, das ist: ein nahe oder
nachpürliche wonung. Dann ie ein gegne etlicher grösse sich
zemensamlet, wie dann kommlich sin mag. Von der gemeind oder
kilchen redt Christus Mat. 18. [Matth. 18. 16f.]: Laßt er sich zwen
oder dry zügen nit wenden, so sag 's der kilchen, das ist: der gemeind,
nit der allgemeinen kilchen; denn wer möchte der gantzen christgleubigen
gemeind, allein in dem geist vereint, mundtlich anzeigen
einen, den man ußschlüssen wölte? Also nempt ouch Paulus die
kilchhörinen oder parchinen oder pfarrhen ecclesias, das ist: gemeinden
1. Cor. 1. [1. Cor. 1. 2]: Der gemeind, die in Corintho ist. Daselben
am 14. [1. Cor. 14. 34]: Die wyber söllend in den kilchen, das ist: pfarrkilchen
oder gemeinden, schwygen etc.; denn es stat eim wyb übel an,
das sy in der gemeind oder pfarkilchen rede. Hie ist gwüß, das
"kilchen" genommen werdend für: die pfarren oder kilchhörinen; denn
sust ist nit mee denn ein kilch oder allgemeine versamlung, dero der
nam vorteils und eigenlich zimpt, die ein gmahel Christi ist, und
dise nach genempten sind nun glider der allgemeinen kilchen, die aber
al mit einandren ein kilch sind. Noch vil me kundschafften sind zuo
beden teilen im euangelio. Die sach ist aber clar; darff dheiner
kundtschafft mer.

--59--

Ein hussfrow christi, ecclesia catholica.
Wiewol davor gnuogsam von der kilchen geredt ist, wie sy ein
gmahel Christi sye, noch daß die wort apo. 21. [Apocal. 21. 2] nit
ußblyben, wil ich sy ouch hiehar setzen: Ich, Johannes, hab die
nüwen heiligen stat Hierusalem gsehen vom himmel herabkummen,
vonn got gerüst glich als ein bezierte brut irem man. Hie wil Johannes
anzeigen, daß die kilch, von dero am ersten ort geredt ist,
nit von ir selbs ein gmahel Christi wirdt, sunder daß sy darzuo von
gott uß dem himel herab beruefft, uffgerüst und geziert würt. Ecclesia
catholica heißt dieselb gspons und gemahel Christi nach griechischer
sprach, in tütsch die allgemein versamlung, welche wir mit einem
andren namen im glouben nennent, wie wol nit unrecht doch nit
eigenlich. Wir sprechend: Ich gloub in die heilgen, christenlichen
kilchen; da aber die zwey griechischen wort ecclesia catholica stond,
die eigenlich in das tütsch verwandlet möchtind werden: Ich gloub
in die allgemeinen versamlung. So aber die nüt anders ist weder die
kilch Christi, das ist: alle Christenmenschen durch den geist
gottes in einen glouben vereimbart, hat man die zwey wort tollmätschet
im tütsch: die heilgen, christenlichen kilchen, und nit übel, wiewol
weder Latiner noch Griechen also in irer sprach redend. Es hand
aber die, so inen selbs zuoziehen geneigt sind, in denen worten ein
handhaben genommen, sich für die christenlichen kilchen ze achten,
unnd uß dem wort hat Rom ietz eine lange zyt har die allgemein
und christlich kilch wellen genent werden. Das hand inen die unwüssenden
theologi so styff nachgelassen, das sy noch hüt by tag, so
du sy fragtist: Was unnd welchs ist ecclesia catholica, die christenlich
kilch, in die wir gloubend? antwurt geben wurdind: Ecclesia
catholica heißt im tütsch die christenlich kilch, unnd das ist die
römisch kilch. Und so du sy fragtest: Heißt catholicon römisch?
sprechend sy: Ja. Wüssen aber nit, was catholicon für ein wort ist,
oder ob es ein krudt heißt oder ein schlegel.
Darum wil ich kurtzlich disen articel im glouben allen menschen
zuo verstan geben. Die allgemein versamlung, die in einem götlichen
geist zuo einem lyb zemengesamlet ist, das sy ein vermechlete dochter
und brut Christi sy und er ir man und houpt, die heißt, wie ob stat,

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by den Griechen ecclesia catholica, und habend die Latiner die
zwey wort von Griechen genomen und bruchend sy noch hüt by tag
für eigen, allso, das sy in latinischer sprach dhein ander wort an
dero statt gesetzet hand. Es ist ouch nit ze vergessen, das man noch
zuo Ruffinus zyten, der by 350. jar nach Christo gelebt hat, dise
wort "die heilgen christenlichen kilchen" allein im glouben bekent
hat on die nachgenden wort "gemeinsame der heiligen"; dann von
den worten "gemeinsame der heiligen" redt er gar nüts, wiewol er von
einet den glouben erkläret. Dannenhar wol ze vernemmen ist, das
diß wort "gemeinsame der heiligen" darnach erst hinzuo ist gethon,
unnd erklärt das wort "die heilgen, christenlichen kilchen" also:
Sidtenmal man spricht "ecclesiam catholicam", möcht man in einen
span kummen, als ouch offt geschehen ist, was doch ecclesia catholica
sye, die christenlich kilch. Damit nun mit eygenlichen worten ußgetruckt
wurde, das ein ieder wüßte, was ecclesia catholica hieß, ist
hinzuo thon "gemeinsame der heilgen". Unnd heißt aber hie "heilig"
als vil als "fromm"; denn der heilig Paulus hat die Christen zuo
sinen zyten sanctos, das ist: fromm und heilig, genennet. Ro. 1.
[Röm. 1. 7]: Den heiligen zuo Rom, das ist: den frommen Christen
zuo Rom. Eph. 3. [Eph. 3. 8]: Mir, dem aller kleinsten under den
heiligen, das ist: mir, dem kleinsten under den frommen Christen,
und an vil andren orten. Es ist ouch by den Latineren die
natur des worts sanctus, das es fromm heißt; denn Juvenalis
schrybt: Egregium sanctumque uirum si cerno etc., wenn ich ein
fürnämen frommen man sich, so ist mir, ich sehe ein geburt, das
beide gmächt hab. Also heißt ouch hie "gemeinsame der heilgen"
nüts anders, weder die gemeinsame der frommen gleubigen oder

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Christen. Denn als die irrenden in dem wort "gemeinsame der
heilgen" meinend verstanden werden "säligkeit dero, so uß disem zyt
zuo got kummen sind" ist nüt; dann bald darnach gloubend wir, das
nach disem läben das ewyg harnach volgen werde, welches die säligheit
ist. Darumb nit ze dencken ist, das man ein meinung mit zweyen
articklen ußtruckt hab. Also ist der verstand des artikels im glouben:
Ich gloub, das die heilig, allgemein oder christenlich kilch ein
eygner gmahel gottes sye. Und ist aber die allgemein kilch die gemeind
aller frommen, glöbigen Christen. Dannenhar die versamlungen
besunderer personen oder bischoffen, obschon die ietz verwenten
bischoff all zemmen kemind, nit die kilch ist, in die und von
dero wir gloubend; dann in derselben sind alle frommen Christen,
die erst by got wesenlich versamlet werden nach disem zyt; aber diewyl
sy hie ist, so läbt sy allein in der hoffnung und kumpt sichtbarlich
nümmer zemmen; aber in dem liecht des götlichen geists und
gloubens ist sy hie ouch allweg by einandren; das ist aber nit sichtbar.
Darumb, weliche nit in einem einigen, lutren, götlichen glouben
versamlet sind oder einhelliklich under einem houpt, Christo, zesamengsetzt
unnd glidmasset sind, die sind nit in der christenlichen
kilchen; denn es ist nun ein einiger gloub, wie einiger got und einiger
touff ist [Eph. 4. 5].
Hie mag ein ieder in im selbs erfinden, ob er in der kilchen sye
oder nit. Namlich hat er alle sin zuoversicht, hoffnung und trost zuo
got durch Christum Jesum, so ist er in der kilchen, das ist: in der
gemeinsame aller frommen Christen. Denn hat er den einigen,
luteren glouben Christi, so hat er den geist gottes; der ist einig
und mag niemans zweyerley glouben haben in eim einigen geist.
Darumb alle recht gleubigen in einem geist sind, muessend ouch ein
einigen glouben und hoffnung in eins eynigs guot, deß sy der geist bericht,
haben. Harwiderumb alle, so in die creaturen ir hoffnung
habend, die sind nit in der kilchen oder huffen der frommen
Christen; denn das einig, wie ob stat, das uß dem einigen geist gottes
kumpt und in im einigen verstanden würt, das habend sy nit, das ist:
das der einig got ir zuoversicht sye, sunder sy sind vertröst uff blöde,
irrende, zerbrochne menschen. Dann so du sy fragest, wem sy den
höchsten glouben gebind oder warumb sy meinend sälig ze werden,

--62--

sprechend sy, sy habind den grösten glouben den heilgen vättern und
werdend sälig, so sy by der heiligen römischen kilchen blybend.
Daß es aber also syg, zeigt ir närrisch antwurt an, die sy gebend. Wenn
man zuo inen spricht: Haltestu uff das wort gottes nit me, denn uff
der vätter wort? sprechend sy, daß sy dem wort gottes nit nachkummen
möchtind on die vätter; ja, sy gedörend es nit verston, dann
nach dem sinn der vätteren; die muessind das wort gottes bevesten,
wie davor gnuog gesagt ist. So wir nun by den vätterenn ein andre
leer findend, weder die leer Christi inhalt, und du haltest uff die
vätter, muoß ie volgen, daß du nit in der kilchen und gemeind gottes
syest, aber in der kilchen der vätteren. Hie sprechend sy: Nun muoß
man ie einig werden durch die zemengesanten vätter. Antwurt:
Nein, man muoß einig werden durch das eynig wort gottes. Denn
hettend die vätter mit dem wort gottes Arrium und andre irrlerer
nit überwunden, also, das sy die wol besehen gschrifft wider sy heyter
harfürbracht hettind, were der vätteren zanggen vergeben gesin. So
nun alles unser wüssen am gotswort lyt, was bedarff man den vätteren
oder den conciliis zuogeben, das allein gottes ist? Handlend oder gebietend
sy aber anderst weder das wort gottes wil, wie gedörend sy
den menschen zuomuoten, das sy iren trost in sich oder ire tantmär
habend? Sind sy denn got? Sprechend sy: Wir sind nit got, aber
wo unser concilium ordenlich versamlet würt, da ist der geist gottes,
und sind wir ein gestalt der allgemeinen kilchen, ecclesia representativa.
Für das erst: Ob der geist gottes by üch syg, erfindt sich zum ersten,
so ir sin wort üweren wegfuerer hand und nüt handlend, dann das
clarlich im gotswort ußgetruckt würt, also, das die gschrifft üwer
meister ist, und ir nit meister über die gschrifft sind; so ist der geist
gottes by üch. Zum andren: Lutend üwere urteil und decret uff demuetigung
und nidrung üwer, uff abthuon des menschlichen tants und
erhöhen des worts und der eeren gottes, so ist aber ze gedencken,
das es uß got sye. So ir aber üwer köpff und sinn für die schnuor
habend und nun arbeitend, wie üch nit widerstrebt werde, wie üwer
eer, namen, titel, rychtag und pracht nit abgang, so hand ir den
geyst, der die süw der Geresanen ins meer stürtzt [vgl. Matth. 8. 32].
Für das ander, das ir ecclesia representativa syind, gloub ich gern.
Zeigend aber mir an, wohar ir den namen heigind, wo üch nachgelassen

--63--

sye oder empfolhen, daß ir üch zemmenrotten söllind und decret
machen, die dem wort gottes nit glichförmig syind, und dieselben uff
die achßlen der menschen laden und ire conscientzen beschwären
und reden, das guot sy böß und das böß guot. Oder wer hat üch
empfolhen den menschen für sünd ze rechnen, das gott nit für sünd,
ouch nit verbotten hat? Ja, frylich gloub ich gern, das ir ecclesia
representativa syend, das ist: die verwänt oder gebildet kilch, nit die
war gspons und gmahel Christi. Hie wil ich nun von den falschen,
gytigen, hochfertigen, muotwilligen prelaten gerett haben. Nim dich
des nit an, frommer man! Welche sich under, nit über die geschrifft
setzend, sind recht dran. Und das ich nieman möge duncken ze vil
frävenlich geschriben haben, so läße man in iren eigenen rechten
dist. 8. und 9. [Corpus iur. can. Dist. VIII und IX], so findt man,
das allein der heiligen geschrifft ungezwiffleter gloub gegeben werden
sol, ja, nach iren rechten; und das der menschen leer, die sy uß unverstand
der gschrifft gelert hand, durch die nachkomenden recht verstandnen
soll abgethon werden. Noch ist unß die römisch kilch
überbliben, die von den theologen und juristen die allgemein kilch
genennet würdt; darzu der bischoff zuo Rom ein algemein houpt und
bischoff. Da aber zuo vernemen ist, das Christus, wie oben bewert,
das houpt der kilchen ist, von welchem gnuogsame kuntschafft uß der
geschrifft daselbs würdt anzeigt; aber das der bischoff oder bapst von
Rom das selb allgemein houpt sye, darumb hatt man warlich kein
gschrifft. Es sindt auch ire eigne satzungen darwider di. 99. prime
[Corpus iur. can. c. 1. Dist. XCIX]. Da stadt also geschriben: Der

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bischoff oder pfarrer (denn das den Griechen episcopus heißt, das
heißt unß ein uffseher, wechter oder pfarrer), der zuo fordrest oder
zuom ersten sitzt, der soll nit ein fürst der priestern oder ein obrester
priester oder derglichen genempt werden, sunder allein der bischoff
des fordresten sitzes. Aber ein allgemeiner bischoff soll ouch der
römisch nit genennet werden. Liß die 2 nachkomenden canones
[Corpus iur. can. c. 2 und 3 Dist. XCIX]. Sich hie, frummer
Christ, wie solt man den tirannen die schällen schlahen, die sich
nit fürsten der priestren und obreste priester allein nennend, sunder
ouch fürgebend für küng, keiser und herren aller lyben und hab der
gantzen Christenheit; und das von dem römischen bischoff in
sunderheit ußgetruckt ist, das er nit ein algemeiner bischoff sölle genennet
werden. Dannenhar alle, die in die römischen kilchen iren
trost setzend, die sind nit in der gemeinsame der fromen Christen;
dann die setzt iren trost allein in gott.
So vil von der kilchen ietz ze mal, das, wie wenig es ist, vil ungunsts
bringen wirdt disem buechly. Doch ist es leider me war, denn
ich mit worten ervolgen mög. Ob aber iemans meinte im ze kurtz
beschehen sin, will ich 's im bald lang gnuog machen, das man die abgöttery
der gotzfyenden heiter ersehen mag.

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Der 9. artikel.
Zum andren volgt, das, wie die liblichen glider
on verwalten des houpts nüts vermögendt, also in
dem lyb christi nieman ützig vermag on sin houpt
christum.
Der erst teil diser schlußred ist ein glichnuß, in welcher der
ander teil volgt, nit daß der ander teil sin krafft uß dem ambild
nemme, sunder das das ambild oder glychnus einen verstand oder
clarheit dem gibt by den schlechten. Dann es mag dhein glychnus
ützid bewären, wo sy nit grund der gschrifft darzuo hat, aber wol leren.
Der erst teil diser schlußred ist allen menschen clar.
Aber der ander, namlich: daß kein Christ ützid vermög on sin
houpt Christum, das hat sinen grund im wort Christi, der spricht
Jo. 15. [Joh. 15. 4f.]: Wie das schoß von im selbs nit frucht bringen
mag, es blibe dann im rebstock, also ouch ir (verstand: werden nit
frucht bringen), ir blibend dann in mir. Ich bin der rebstock; ir sind
die schoß. Welcher in mir blibt, in dem blyb ouch ich; der wirdt
vil frucht bringen; dann on mich vermögen ir nütz thuon.
Actorum 17. [Act. 17. 28]: In im lebend wir, in im werden wir
bewegt, in im sind wir. Sich, wer sich meint etwas guotz mögen thuon
oder finden, setzen, stifften, das uß Christo nit kumpt, des anschlag
und werck ist todt, on frucht, nüt, ein frävel, muotwill, sünd. Dann
gott ist, der in üch (spricht Paulus Philipp. 2. [Phil. 2. 13]) volbringt
den willen und das volbringen nach sinem wolgevallen. Sich
den geist gottes ein fuerer syn unsers willens und volbringens, unserer
wercken; darumb eigenlich harnach volgen muoß die meynung des
zehenden artickels.
Wie der mensch toub ist, so die glyder etwas on
das houpt würckend, ryssend, wundend, schedigend
sich selbs, also, wann die glider christi etwas
on ir houpt, christum, understond, sind sy toub,

--66--

schlahen unnd beschwärend sich selbs mit unwysen
gesatzten.
Hie sind alle ding von in selbs klar biß an die letsten wort, das
die toub syend, die sich selbs mit unwysen gsatzen beschwären. Da
muessend wir sagen, welchs unwyse gsatz syend. Unwyse gsatzt sind,
die uß den menschen entspringend, der etwas went guotes in im selbs
erfinden und sicht nit an, was imm got sag. Dann ie alles guot muoß
uß got sin Jac. 1. [Jac. 1. 17] und Osee 14. [Hosea 14. 8]: Sin frucht
(das ist: Ephraims) ist uß mir erfunden. Widrumb: Was wir erfindend,
ist närrisch und ytel eccl. 1. [Pred. Sal. 1.] und Hiere. 10.
Ist das nit ein frevele torheit, so Christus spricht: Kummend zuo mir
alle, die arbeitend und beladen sind, und ich wil üch ruow geben
Mat. 11. [Matth. 11. 28]; das wir sprechent: Lauff dahin, far dorthin,
kouff ablaßbrieff, bestrich die wende, gib dem münch, opfer demm
pfaffen, mest die nunnen, so wil ich dich - ein mensch den andren
- entledigen etc. Der byspylen sind leider nur zuo vil. Sölch ding
ist aber den einvaltigen Christen für guot uffgelegt und ist das werck
gottes verlassen, wiewol Christus sölch beschwerden träffenlich verbotten
hatt Mat. 24. [Matth. 24. 48-51]: Ob aber der böß knecht in
im selbs sprechend würde: Eia, min her kumpt nit bald, und hueb damit
an ze schlahen sine mitknecht, suffe aber und prassete hiemit under
den truncknen, so wirdt der herr kummen zuo tag und stund, so er 's
nit gedencken wirdt, und würt inn in zwen teil zerhouwen und im
sin teil by den glichsneren widergelten. Was mögend die muotwilligen
bischoff gedencken, ja der gantz muessiggend huff der geistlichen,
wenn sy den spruch Christi lesend, so sy sehen sich ein beschwärt
sin gemeiner Christenheit, und muotwillend doch für und
für. Hörend aber, das sy got wirdt, glich als man den verräteren
pfligt zuo thuon, in fier teil, sy in zwen teil zerhouwen und mit den
glichsneren straffen, darumb, daß sy ein zweyends funden hand in
der leer des einigen, einhelligen geists gottes. Ja gwüß ist, so sy
darüber nit rüwen und von stund an nit sich ändren, das sy gottloß
sind und unglöubig; denn gloubtend sy dem wort gottes, so sind
sy wol so lind und unlydig, das sy die schweren straff verhueten

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wurden. So sy es aber nit tuond, muoß ie sin, das sy nit rechtsinnig
sind. Er (Christus) hat ouch sölich bschwärden gescholten an den
jüdischen Gschrifftglerten und Phariseern Mat. 23. [Matth. 23. 4],
wie sy überschwencklich burdinen ladent uff die achslen der menschen,
unnd sy regentz nit mit eim finger an etc. Sprichst: Was beruert das
mich, das er zuon Juden geredt hatt? Antwurt: Noch vil minder sol
es im nüwen testament gebrucht werden, so es im alten, das noch vil
usserer wercken, bschwerden und ceremonien hatt, gescholten ist.
Denn versündend wir uns an den schefflin gottes, der gestalt sich die
Juden versündeten, so wirdt ouch unser straff ynen glich sin, wie
ob stat. Petrus hat ouch sölich beschwärden verworffen, das man
sy den jungeren Christi nit sölle ufflegen act. 15. [Act. 15. 10]:
Warumb versuochend ir got, das ir das ioch wellend uff der jungeren
nacken legen, das weder wir noch unsere vätter hand mögen tragen?
Sich, was ist got versuocht? Nit anders, denn underston nach menschlicher
wyßheit etwas den schäfflin gottes ufflegen und wellen sehen,
wie es got annemen welle, ob imm ouch unser tant gevallen well.
Das ist ein ware Antchristy; denn also erhebt man sich wider gott.
Und so ich hie von satzungen red, [red] ich allein von denen, die
vonn geistlichen sind als guot erdacht, glich ob man darinn sälig werde
oder verdampt, so man sy nit halt, als gebotten vastag, krützgeng,
kilchengschrey, röucken, bsprengen, kutten, platten, zeichen tragen,
reinigkeit glichsnen, pfruonden verkramen, aplaß lösen, kilchen
malen und buwen und derglichen, dero etliche gar wider gott sind,
etliche geduldet möchtend werden, so man sy zuom wenigsten brucht
und anruorte.
Summa: Wenn wil dich duncken, daß ein rechte teube sye, das
christenlich volck also versetzen in sölche satzungen, die von got
keinen gunst haben, und zuor säligkeit gar nit ziehend, sunder
hindrend? denn der einvaltig mensch laßt sich an sy und verlaßt
den willen des worts gottes.

--68--

Der elfft artickel.
Dannenhar wir sehend der geistlichen (genennet)
satzungen von irem pracht, richtagen, stenden, titlen,
gesatzten ein ursach aller unsinnigkeit sin;
dann sy dem houpt nitt mithellend.
Das der geistlichen satzungen ein ursach syend alles unfrids, hoff
ich ein ietlichen wol mögen sehen, ob er anderst ougen hatt; dann
was schriend sy anderst denn vätter, satzungen, die alten nit narren?
Die beschirmen sy, ungeacht, wie es Christo darzwüschen gang. Deß
ursach ist der hernachvolgend teil dis artickels, das die ire satzungen
nit mit Christo, irem houpt, mithellend. Hie schriend sy: Zeig an,
wo sindt der vättern oder kilchen satzungen wider Christum?
Wo sy darwider werendt, wolte ich inen nit volgen. Und so man
inen das anzeigt, vernüten sy alles, was das wort gottes inhalt und
glosieren ire leeren so kluog, das sy die welt wellen bereden, ire anschleg
syend besser, denn das gott erfordret. Das aber mencklich
ermessen könne, wie die menschlichen satzungen mitt dem wort gottes
strytend, so hör kurtzlich etliche stuck.
[1.] Christus ist ein einigs, ewigs houpt der kilchen. Da spricht
der mensch: Der bapst ist das houpt der kilchen. Glos: Ja man
weißt wol, das er nur ein statthalter Christi ist. Inred: Wo ist der
statthalter uffgesetzt? Oder was darff man sin, so Christus by uns
sin wirt biß zuo end der welt? Christus ist gott unnd erlüchtet ein
ieden menschen, der do kumpt in dis welt. Wen erlüchtet der bapst?
Oder ist die hand Christi zuo kurtz worden, das sy numme mag an
alle ort langen, ein bresthaffter mensch verwalte denn sin statt?
2. Christus verbüt sinen jungeren, sy söllend nit herschen wie
die fürsten der landen. Der mensch spricht: Der bapst ist ein gewüsser
herr über alle küng, fürsten und herren. Die bischoff sind
fürsten und solt alles in iren henden sin.

--69--

3. Christus spricht, wie alle, die glöubig sind, werdend von got
gelert. Der mensch spricht: Man muoß die leer gottes erst durch die
versamlung der bischoffen bewären.
4. Christus spricht [Joh. 6. 47]: Wer in inn gloub, der werde
ewigs leben han. Der menschen wyßheit ladt es nit nach unnd
spricht also: [So] wurdend alle guoten werck underlassen. Wil also
witziger sin denn gott, glich ob sich gott mit sölcher gnad verschnellt
hab.
5. Christus spricht: So man got eer mit leren und satzungen
der menschen, so sy es vergeben. Die menschlich wyßheit halt uff
kein ding, denn uff kutten, lueyen, zeichen, gspey von menschen erdichtet.
6. Christus heißt sine jünger on seck unnd seckel gan das
euangelium predgen [Matth. 10. 9]. Der mensch will es nitt predgen
lassen, man hab's im dann vor abkoufft, unnd gibt nüts on gelt, ja
das nit, das allein got gibt. Und hat dhein religion noch ordnung
nye so vil rychtag zemengelegt und frävenlicher behalten denn die
genempten geistlichen.
7. Christus spricht: Ir söllend üch dheinen vatter uff dem erdrich
uffwerffen. Der mensch hat im unzällich secten, rotten und
vätter uffgeworffen, also, daß in dero bschirmung grösser flyß weder
die eer und namen gottes z' redten prucht würdt, ja der namen
gottes veracht und hinder sich gestellt.
Dise 7 zügnussen hab ich uß der gantzen vile anzeigt, das sy
nit ewigklich schruwent vor dem einvaltigen menschen, ir leer und
satzungen syen doch dem euangelio nit ungelych. Man muoß ouch
einen priester (als ire rechte wysend) mit 7 zügen eins lugs besetzen;
darumb hab ich ouch nit minder muessen han. Also hoff

--70--

ich offenbar sin, das des hütigen zwitrachtes ursach ist die unsinnigen
satzungen der menschen. Die mögend iren abgang nit lyden; darumb
uffruoren sy, das gar eigenlich Isa. anzeigt 9. cap. [Jes. 9. 5]: Ein
ieder gwaltiger roub ist nit on uffruor. Die glichsner hand das
Christenvolck beroubt. Wo nun Christus geprediget würt, vergat,
als Iob [Hiob. 8. 13] spricht, die hoffnung der glichsneren; denn hebt
sich der schimpff; denn Christus laßt sin natur nitt. Und wie er
uns klein unnd nidertrechtig geborn, ist er doch ein sun gottes und
ein wunderbarlicher radtgeb, ein starcker gott, diser letsten zyt ein
vatter, ein fürst des fridens, und wirdt sin rych wachsen und sines
frids dhein end. Also überwindt er das ioch siner (das ist: sines volcks)
burdi und die ruoten siner achslen, und den scepter sines gyselfressers
Isa. 9. [Jes. 9. 4]. Es lassen ouch die glichsner ir natur nit. Sind
sy gott ie widerstanden, werden sy es witer tuon. Christus ist inen
nit ze groß, sy dörend inn nit nur durächten, sunder mit Caiaphan
und andren Juden gar tödten. Aber Christus ligt oben zuoletst,
und werdend sy mit der arbeitselgen Hierusalem erbermklich
uff den boden nidergworffen und zerstört.
Der zwölfft artickel.
Also tobend sy noch, nitt von des houpts wegen -
denn das flysst man sich uss gnaden gottes zuo disen
zyten harfür ze bringen -, sunder das man sy nummen
wil lassen toben, aber dem houpt einig losen.
Diser artickel ist der finger oder stebly, damit ich uff die
ursach zeig, uß deren sy wuetend, nit von des houpts, Christi, wegen,
wiewol sy das wort: Nun mueß doch got erbarmen, sol es in der

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christenlichen kilchen also zuogan, treffenlich usschriend. Aber so
man 's recht ermißt, so ist es umb die kistenlichen, nit christenlichen
kilchen zuo tuon. Christenliche kilch heißt inen an dem ort
iren gewalt, richtag, pracht und muotwillen; über die ersüftzend sy so
tieff. Denn wäre inen umb den suessen herren Christum, so wurden
sy also klagen: Ach, ach! Daß got uns armen sündren so überfliessende
gnad geton hatt, das er sinen eignen sun für uns geben, und
wir erkennent 's nit, wir sind nitt danckbar! Und hat aber er mit so
grosser gnad, uns bewisen, uns mit gwalt wellen ziehen in liebe sin,
das uns alles guotswürcken in sinem namen lycht wäre, so wir es uß
liebe thetend! Nun ist 's leider dahin kummen, das sin heilsames wort
keinen glouben by uns hat; es ist uns unwärd allein uß der ursach,
das wir inn nit erkennen und sin gnad nit wüssend. Kurtz: Wir sind
nit uß gott oder derglichen. Also süftzend sy nit über das verlieren
des houpts, sunder über das verlieren des kopfs wie die versoffnen
vetlen.
Das aber das euangelion zuo disen ziten harfürbracht werde, erlernent
wir zuom ersten an dem zeichen, das Jo. 1. cap. 4. [1. Joh. 4. 2]
gibt: Ein ieder geist, der vergicht Jesum Christum in menschlicher
blödigkeit kommen sin, der ist uß got. Und bald darnach [1. Joh. 4. 5]:
Die Antchristen, das ist: fyend Christi, die sind uß der welt;
darumb redend sy von der welt, und die welt loset inen. So man
nun zuo disen zyten die eer und gnad Jesu Christi so ernstlich harfürbringt,
so redt man ye nit von der welt, das ist: von menschen pracht,
als die Antchristen tuond. Darumb so muoß die leer uß got sin, so
sy von gott leert; denn was von irdischen dingen leert, das ist von
der erd.
Zum andren an dem, das man so träffenlich lert die demuetigkeit
verwerffen und nidrung unser und großmachen gottes.
Zum dritten, das man leert die gewüssen zuoversicht allein in gott
haben; dann der mag nit betriegen.
Zum vierden an dem fliß der zuolosenden, die so huffächtig
mit gwalt das hören wellend, wiewol sy darinn träffenlich gescholten

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werden von den gottlosen, daran man sicht, das 's rych oder wort
gottes mit gwalt hinzuckt wirdt; dann es, ob es schon der straff halb
bitter, doch des trosts halb, der gwüß darinn erfunden wirt, sueß und
lieplich ist; dann es mit im die säfft des himelischen geistes bringt,
wie Esa. 55. [Jes. 55. 2f.] anzeygt in der person gottes: Hörend,
hörend mich und essend, das guot ist, so wirdt üwer seel an der feyßte
erlustiget. Neygend üwer or und kummen zuo mir. Losend, so wirdt
üwer seel läben, so würd ich mit üch einen ewigen pundt treffen, die
gwüssen erbärmden Davids. So man sich nun des luteren worts
gottes halten flyßt, klagend sich, die ab irem wort nüts mer lösend.
Diß ist ein kurtze meinung, daran ein ieder schmecken mag, wornach
die leer, so geprediget würt, rieche.
Der dryzehend artickel.
Wo dem geloset würt, erlernet man luter und
clarlich den willen gottes, und würt der mensch
durch sinen geist zuo im gezogen und in inn verwandlet.
Der erst teil diß artickels ist häll; dann wo möchte man den
willen gottes eigenlicher erlernen weder in sinem eignen wort?
Der ander teil, namlich, das der mensch durch gottes geist zuo im
(das ist: zuo got) gezogen werde und in got verwandlet, würdt lychtlich
uß der geschrifft clar. Zuo Christo kumpt nieman, der himelsche vatter
ziehe dann inn Jo. 6. [Joh. 6. 44]. Und wenn der geist der warheit
kumpt, leert er alle warheit Jo. 16. [Joh. 16. 13]. Es wirdt ouch das
fleischlich, das uns anerborn ist, in got verwandlet, wann wir mit Paulo
sprechen mögend: Ich läb ietz nit, sunder Christus lebt in mir
Gala. 2. [Gal. 2. 20]. Dann wiewol wir nüt des minder, zuo dem, das
wir in Christo sind, sündend, alldiewyl wir in disem fleisch wandlen,
so schaffet doch der ungezwyflet gloub, den wir in das heil Christum
habend, das Christus in uns lebt; denn welicher den geist
Christi hat, der ist Christi Ro. 8. [Röm. 8. 9f.]. Du solt ouch hie

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nit entgegen werffen, das die unerfarnen des gloubens thuond: Also
würt niemants guots thuon. Denn wo der geist Christi ist, da sorg
du nit, wie guots daselbend beschech. Hie erlernest aber die kleine
und blöde dines gloubens, in dem, das du dich nit wilt vom banck,
das ist: diner vernunfft, lassen und die hend fry gott bieten und inn
dich lassen fueren; denn du hangst an den elementen diser welt, das
ist: an menschlicher vernunfft. Wiltu aber gottes sin, so laß dich fry
an inn; laß inn verwalten und wysen din leben, narung, radt und alle
sachen; denn lebt got in dir. Und ob du schon uß blödigheit in
sünd fallest, verhengt got dasselb, das din gloub und zuoflucht zuo im
ernüwret werde und gesterckt. Dann ye alle ding, ouch die sünd,
helffend guotes würcken den frommen Christen. Also muoß man zuo
got zogen werden und in inn verwandlet, das wir gar ußgelärt, gesübret
und unser selbs verleugnet syind, unnd uff unser sinn und
denck, werck nüt haltend, sunder daß das verhoffen in got unser
einige zuoversicht sye, dero wir uns haltind. Denn so werdend wir in
gott verwandlet; dann das nit ein werck des fleischs ist, sunder des
geists gottes.
Der vierzehend artickel.
Darumb alle christenmentschen iren höchsten
flyss ankeren söllend, dass [das] euangelion christi
einig geprediget werde allenthalb.
So durch das euangelion der mentsch so klarlich erlernet, wie er
nüts ist, nüts vermag on got, und er aber daby got so gnädig findt, das
er sinen eignen sun uns zuo einem sichren heyl ggeben hat, das wir durch
inn zuo got kummen gdörind unnd mögind, so muoß ie volgen, das den
menschen nüt gepredget werd dann das, darinn das gwüß heil steckt;
das ist aber das euangelium. Christus hat ouch das einig empfolht
ze predigen, ouch das man es allen creaturen sölle predgen Mar. 16.
Mat. 24. [Marc. 16. 15. Matth. 24. 14]: Dis euangelium des worts gottes
oder dise gwüsse botschafft des rychs gottes würt in aller welt geprediget
zuo einer zügnus und kundtschafft aller völkeren. Der himelisch
vatter hatt im touff Christi und uff dem berg, do Christus

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anderst gestalt ward, also zuogesprochen [Matth. 3. 17. 17. 5]: Diß ist
min lieber sun, in dem ich ein wolgevallen hab oder in dem ich
versuenet würd; den hörend. Er spricht nit: Horend ein andren;
hörend die vätter, hörend die philosophos, sunder hörend den. Dannenhar
das euangelion einig gepredget werden sol.
Der fünftzehend artickel.
Dann in des glouben stat unser heyl und unglouben
unser verdamnus; dann alle warheit ist
clar in im.
In disem artickel hab ich wellen zwo nutzbargheyten anzeigen,
umb welcher willen man billich das euangelium zum höchsten in eeren
halten sol.
Die erste ist, daß, so wir im gloubend, das wir sälig werden.
Marc. 16. [Marc. 16. 16]: Welcher glouben wirdt und getoufft, der würt
heil oder sälig. Welicher gloubt und sicher vertruwt in das guot, das
uns gott uß gnaden ggeben hatt, das es unser heil syg, das da ist der
sun gottes, der wirdt sälig. Daby aber, welcher Christum nit für
sin heyl und einigen trost hat, der wirt verdampt. Diß ist ouch
nutzlich dem menschen ze wüssen, damit er sich vor verdamnus huete.
Die ander nutzbargheit ist, das alle warheit klar in im ist. Sind
wir die warheit ze wüssen begirig, so mögend wir die nienen erlernen
weder in Christo, der die warheit ist, der weg und das leben Jo. 14.
[Joh. 14. 6]. Byn menschen findt man die warheit nit, got geb, wie
thür sy sich ußgebind; denn ein ieder mensch ist lugenhafftig
psalmo. 115. Ro. 3. [Ps. 116. 11. Röm. 3. 4]. So nun aller mensch
lugenhafftig ist, wie mögend wir uns zuo inen der warheit versehen?
Unnd das ist der grund, deß ich mich halt, das ich keinen menschen
wil über die gschrifft lassen urteilen, das aber mine widersecher gar
seltzam dunckt. Aber zeygend sy mir einen menschen, der nit itel
oder lugenhafftig sye, so wil ich im gern glouben; so das nit, wie solt
ich mich erst an die lassen, das sy die geschrifft recht ermässind, die ich
sich mit allem gwalt die gschrifft zwingen nach irem muotwillen? So
ich aber dargegen weiß, das got allein warhafft ist Ro. 3. [Röm. 3. 4],
wil ich mich allein an sin wort lassen und das von im allein lernen;

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er ist warhafft und hat verheissen, so wir inn bitten werdend, welle
er uns geben. Also wil ich inn, den brunnen aller wyßheit, bitten;
der wirt mich recht leren. Und Jacob spricht [Jac. 1. 5]: ob unser
einer wyßheit begere, sölle er die an got begeren; der gebe allen
menschen überflüssig on alles rechnen und uffheben. Und Johannes
1. cap. 2. [1. Joh. 2. 27]: Wir dörffind nit, das uns iemants leere;
sunder wie uns die salbung leere, also sye es die warheit etc. Uß
welchen worten ich hoff clarlich den grunde mines anschlags gezeigt
sin, das ich dheinen richter wil über mich erlyden der gschrifft halb,
aber gern die gschrifft lassen über mich richten, und so mich dieselb
verurteilt, wil ich verurteilt sin; dann die ist allein warhafft. Es
werden ouch allein die warheit erkennen, die sich einig des worts
Christi haltend. Jo. 8. [Joh. 8. 31]: Wenn ir by minem wort blyben
werdend, so werden ir warlich mine jünger und werdend die warheit
erkennen, und die warheit würt üch fry machen. Es ist davor ouch
gnuog anzeigt, das man das wort unnd meinung gottes nit von den
menschen, sunder von dem einigen geist gottes erlernet; in dem wirt
der mensch allein versichret, vest und gwüß Jo. 3. [Joh. 3. 33]: Welcher
sin zügnus annimpt, der hat ietz versiglet (das ist: er ist ietz als
versichret, als wann einer sigel und brieff hat), das got warhafft ist.
Sehend, lieben brueder, das gewüsse des worts gottes nit von dem urteil
der menschen kumpt, sunder von got, also das, wenn der mensch
also ein claren glouben hat, daß er got ob allen dingen glouben gibt,
ja got allein gloubt sicher und ungezwyflet, das er denn eigenlich weißt
got warhafft sin. Er weißt den sinn und meinung gottes und ist sicher
und styff darinn, so styff, als hette er sigel und brieff. Er verhört
ouch alles, das sich für warhafft vor den menschen darthuot, und findt
er es in sinem euangelio, das ist: in der leer, die von dem götlichen
geyst und gnad kumpt, so nimpt er's nit erst an, sunder er ist vorhyn
so klar bericht und erlüchtet, das er nüts annimpt, denn das inn got
durch Christum wyßt. Unnd so der mensch redt, das gottes ist, so
bewäret er nit dem menschen sin wort, sunder er spricht: Das sol
ggloubt werden; dann es ist gottes. Und würt im alles clar im
glouben des euangelii, das ist: so er sich an Christum laßt. Dann
gottes geist gibt unserem geist kundtschafft, daß wir sün gottes syind
Ro. 8. [Röm. 8. 16]. Wannenhar woltend wir wüssen, das wir süne
gottes wärind, got machte dann uns sicher durch siner gnaden geyst

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in unseren hertzen? Also wie möchtind wir, die lugenhafftig sind, die
warheit erkennen, denn in dem inkuchen sines geists? Kurtz: Nüt ist
war, dann das got zeygt; und alles, das nit in dem wort gottes sinen
grund hat, wirdt nit war erfunden; denn der mensch ist lugenhafftig.
Der sechßzehend artickel.
Im euangelio lernet man, das menschen leere und
satzungen zuo der säligheit nüt nützend.
Hie hab ich anghebt ze zellen etliche fürneme stuck, die ich
uß dem wort gottes gepredget hab, von etlichen leyder verschwigen
ein zyt har, wiewol sy söltind vor allen dingen gepredget werden,
damit die gnad unnd früntliche gottes den menschen des suesser xin
wär. Ich verston ouch hie euangelion sin alles, das uns got kund
gethon hat durch sinen eignen sun; ja ouch euangelion sin, wenn er
spricht: Ir söllend nit zürnen gegen einander [Matth. 5. 22]; ouch wenn
er spricht, das einer die ee in der begird allein breche [Matth. 5. 28];
ouch wenn er spricht, das man dem schediger nit widerston sölle
[Matth. 5. 39] und ander derglychen gesatzt, das on zwyfel vil menschen
ungeschmackt wirt beduncken. Ich mein 's aber also: Der rechtglöbig
mensch wirt erfröwt und gespyßt mit eim ietlichen wort gottes, ob dasselb
schon wider sin begirden des fleischs ist, aber der ungleubig
nimpt alle wort gottes falsch und untrüwlich an. So du zuo dem
sprichst: Christus verbüt nit allein tödten und beschelcken, sunder
verbütet er überal zornig werden, so spricht er in im selber: Es ist
narrenwerck, wer möchte das halten? unnd verwirfft das wort gottes.
Sprichstu dargegen: Christus hat all unser sünd und prästen am
crütz getragen unnd hat uns mit so überfliessender gnad wellen in die
liebe gottes ziehen, so hat er es für erlogen und unmöglich. Wenn
du aber das dem gleubigen seyst, so verstoßt er sich nit an dem
wort des gebottes: Du solt überal nit zornig werden, sunder er
spricht (das ist: der geist gottes lert inn inwendig) also: Sich, got ist
ein sölich guot, das, wer in sinem willen leben wil, der muoß rein sin
von den vihischen und fleischlichen prästen und anfechtungen; er muoß

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sich zorn nit lassen behammen, sunder für und für verzyhen, wie der
himelsch vatter thuot, der sin sonnen guoten und bösen vorlüchtet etc.
Er muoß sinen muotwillen mit sinem eignen einigen wyb lassen vernuegt
sin und eins andren wyb nit allein nit eebrechen, sunder gheines
andren wybs begeren. Er muoß nit allein sinem nächsten nit schaden,
sunder, so er von dem hat schaden erlitten, sol er den nit rechen,
aber für und für verzyhen und im guotes thuon. Ja der gstalt nimpt
der glöbig das wort gottes ze handen; dann er sicht in denen und
allen andren dingen, die got erfordret, wie sich got darinnen gehalten
hab. Und so er sicht, daß der sun gottes sinem wort glych gelebt,
ietzund sitzet zuo der gerechten hande gottes vatters, gedenckt er wol,
das in dem huß gottes nieman wonen mag, er habe dann söliche unschuld
und sye so luter und rein, als got erfordret; so doch ein ieder
mensch in sinem gsind nit duldet ieman, der sinem bruch, sitten und
leben nit glychförmig ist. Das hatt ouch David anzeygt psal. 8. Isa. 33.
[Jes. 33. 14-16]: Welcher under üch würt mögen wonen by dem verzerenden
fhür? Oder welicher uß üch wirdt wonen by der ewigen
brunst. Antwurt: Welicher in grechtigheiten wandlet unnd die warheit
redt; welcher den gyt und schmach hynwirfft und sin hand erschüttet
von aller gab; welcher sine oren verschoppet, das er vom
bluot nüt höre, und sin ougen zuotuot, das er das böß nit sehe; der
würt in den höhinen wonen etc. Hie hört der gleubig zum ersten
das verzerend fhür: got; darnach, das by dem fhür und hitz nieman
wonen mag, der laster an im hat, die dem fhür widerwertig sind;
daran er aber nit verzwyflung oder unglouben lernet, sunder er sicht
ein muster des lutren und reinen gottes, und erlernet, wie guot got sye,
wie ouch der sin muesse, der by im wonen begert. Und findt aber in
dem allem, sich die unschuld unnd reinigheiten nit mögen erlangen
uß sinen krefften. Und so er an im selber dhein trost findt, so sicht
er glych nebend den gebotten die früntlichen gheiß der gnad gottes:
Kummend zuo mir alle, die arbeitend und beschwärt sind, und ich wil
üch ruow geben Mat. 11. [Matth. 11. 28]. Ouch ein ieder, der sin zuoversicht
in mich hat, der hat ewigs leben Jo. 6. [Joh. 6. 40]: Weliche
geheyß freud und trost dem gleubigen gebärend, dem gotlosen aber ein
glächter. Und ist der gotloß allenthalb versumpt; den willen gottes

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wil und mag er nit erfüllen und sin gnad verachtet er. Nun sich zuo:
Das dem gleubigen ein leer und kundtschafft von got ist, das ist dem
gotlosen ein tyranny, truckt und beschwärt inn; denn er nit lernen
wil got an sinem wort und gebott erkennen, sunder volgt er dem
bösen schelmen, dem fleisch, der kein guots verstat noch würckt, und
falt in haß gottes, darumb, das gottes will und unser begird gantz
wider einander sind. Aber den gleubigen zücht es in liebe gottes;
denn so er sicht got so ein luters, reins guot sin, würt er anzündt,
dasselbig guot lieb ze haben und ze überkummen. Und das unmöglich,
das er an im selbs findt, das vertröst und beßret er im wort der
gnaden gottes, und falt darus nit in verachtung als der fleischlich,
sunder, nachdem er die schöne gottes befindt, und aber sicht sich
zur selbigen nit langen mögen, und daby sicht, daß im got uß gnad
sin hilff und hand büt, würt er treffenlich anzündet in der liebe gottes.
Also ist ein ding dem gleubigen ein heil und leer, dem ungleubigen
aber ein verzwyflung oder torheit.
Merck also: Alles, so uns got kund thuot, ist eintweders gebott oder
verbott oder aber verheissen. Gebott lert den gleubigen, aber der ungleubig
verzwyflet daran. Verbott verhuetet den gleubigen, den gotlosen
reitzt es. Verheissen sichret und tröst den gleubigen und ist
aber dem ungleubigen ein torheit.
Wirdt durch byspil offenbar.
Das erst byspil: Du solt den nächsten als lieb haben als dich
selbs. Lert den gleubigen diser gestalt: Sich, wie der sun gottes nit
nach sinem hohen gewalt und eere übertragen gewesen ist, sunder
für uns mensch worden und unser arbeit, ellend unnd jamer getragen.
Also wil er, das wir ouch thueyind, das wir des nächsten anligen uff
uns nemmind. Aber der gotlos widerbefftzet: Wer möcht das halten?
Unnd das ist gebott.
Das ander byspil trifft das verbott an: Du solt nit begierig sin
(verstand: nach fleischlicher oder menschlicher anfechtung). Diß gebott
verhuetet den gleubigen, der im geist gottes lebt, das got ein so rein,
schön guot sye, daß sines willens niemans pflegen mag, er thueye dann
nüt uß begird des fleischs. Aber der gotlos verzwyflet am gsatzt und
an im selbs, und wil erst übel thuon und suocht dheinen trost by got.
Das dritte byspil sicht die gheyß gottes an, wie Isa. 55. [Jes. 55. 1]
uns die gnad gottes rueffet zuo Christo: O alle, die da dürst, kummend

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zum wasser, und so ir dhein gelt hand, ylend, kouffend und essend.
Kummend, tragend hyn on gelt und on alles wärd win und milch etc.
An den worten wirdt der gleubig in trost uffgericht, erfreuwt sich,
und was im unmöglich ist - und ist im aber alles guot unmüglich -,
schöpfft er by got. Aber der gotlos oder ungleubig gibt dem wort nit
glouben; dann sin versetzte conscientz ist Cain gelych unnd spricht:
Min mißthat ist treffenlich schwär nachzelassen; es mag nit so ring
zuogon [vgl. 1. Mos. 4. 13]. So gotlos ist er, das er me uff sin duncken
halt weder uff das gnädig zuosagen gottes; und das sin luter heyl ist,
verwirfft er für ein torheit. Hie finden sy aber iren prästen.
Das ich mich nun zesamen bringe, wie ob stat, heyß ich hie
euangelion alles, das got den menschen offnet und von inen erfordret.
Dann ie, wann got sinen willen den menschen zeigt, erfreuwt es die,
so liebhaber gottes sind, und also ist es inen ein gwüsse guote botschafft,
und von deren wegen nemm ich es euangelium, und nemm
es lieber euangelium dann gesatzt; dann es sol billicher dem gleubigen
nach genempt werden, denn dem unglöbigen; macht ouch den span
vom gsatzt und euangelio quit unnd ruewig. Weiß sust wol, das die
summ und volkummenheit Christus ist; der ist die gwüß gegenwürtikeit
des heils; dann er ist das heyl. Das euangelion also genommen,
namlich: für den willen gottes, den menschen geoffnet und
von inen erfordret, halt in im, wie vor beruert ist, gebott, verbott, gheyß
und leisten, also, das alle gebott gottes und verbott in die ewigheit
ufrecht blyben söllend; dann himel und erden werdend ee hyngon
dann gottes wort; es syind denn allein gesatzt, die er von erst habe
ggeben in dem anschlag, das sy hingethon werden söltind. Und der
gstalt sol man verston, das Christus spricht Luc. 16. [Luc. 16. 16]:
Das gsatzt und die propheten hand bis uff Johansen gewäret. Das
ist: Alle gbot, die got geben hat, die ist der mensch schuldig xin ze
thuon, keins ußgenommen, wiewol er sy nit mocht erfüllen bis zuo der
zyt Johansen. Do hat das gsatzt angehebt uffzehören und in mir
hat es gar uffghört; nit das die menschen rechthuon nümmen schuldig
syind, sunder also hat es uffgehört, das vormals das gsatzt ein ieden
übertrettenden verdampt, das ist: ufgehebt. Denn welche wider das

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gesatz sündetend, die wurdend nach dem gsatzt verurteilt Ro. 2.
[Röm. 2. 12]. Unnd also muoßtend alle menschen von dem gsatzt verdampt
werden; dann nieman mocht das gsatzt erfüllen. Dann wer hat
das gebott "Du solt dinen nächsten als lieb haben als dich selbs" ie
so unversert erfüllet, das er daran nit schuldig sye worden? Ich wil
des ersten gebottes gschwigen. Aber ich, Christus, bin das leben;
ich bin das lamm, das hinnimpt die sünd der menschen; und als dem
gsatzt nieman hat mögen gnuogthuon und dannenhar zuo got nit kummen,
hab ich der sünd iren gwalt genommen in dem, das ich das gesatzt
erfüllet hab, so ich der gerechtigheit gottes für die schuldigen gnuogton
hab mit miner unschuld. Hierumb mag das gsatzt nieman me
verdamnen; dann es ist hingenommen. Welicher in mich gloubt, der
hat ietz den geist gottes; der würt inn alle zyt reinigen und erlösen
von der sünd, in dem, das er inn lert gnad by got durch mich finden.
Unnd welicher das thuot, geschicht nit on minen geist; der wirdt im
ouch sagen, was er fürer thuon sol. Also ist das gsatzt abgethon dem
glöbigen durch Christum; denn wo der geist gottes ist, da ist fryheit
2. Cor. 3. [2. Cor. 3. 17]. Wo aber der war gloub ist, da ist ouch
der geist gottes Jo. 6. [Joh. 6. 63]. Also volgt: Wo der gloub ist, da
ist fryheit. Diß würt alles clar in den worten Pauli Ro. 8. [Röm.
8. 1-11]: Darumb ist nüt me, das die verdamnen möge, die in Christo
Jesu sind, die nit nach dem fleisch wandlend, sunder nach dem geist;
denn das gsatzt des geysts des lebens hat mich in Christo Jesu fry
gemachet von dem gsatzt der sünd und des todes. Wann das dem
gesatzt unmüglich was, darumb, das es kranck was von des fleischs
wegen, das hat got ersetzet, so er sinen sun gesendt hat in der gestalt
des sündtlichen fleischs, und hat von der sünd wegen die sünd
verurteilet oder getödet im fleisch, damit das rechtmachen des gsatztes
in uns erfült werd, die nit nach dem fleisch, sunder nach dem geist
wandlen. Welche nach dem fleisch wandlen, die nemmen inn selbs
für fleischliche ding; welche aber nach dem geist wandlen, die
nemmen inen die ding für, die des geists sind. In disen worten
findestu zum ersten, das die nüt töden noch verdamnen mag, die in
Christo Jesu sind, so sy nit nach dem fleisch wandlen, sunder nach
dem geist. Da du aber fleischlich wandlen nit verston solt, gar nüts

--81--

thuon, das das fleisch erfordret; dann also möcht nieman geistlich läben,
ia man mueßte lypliche noturfft underwegen lassen; sunder fleischlichen
leben heißt hie: leben nach menschlicher vernunfft und krafft. Geistlich
leben heißt: sich der vernunfft und krafft des fleischs, das ist:
menschlicher natur, verzyhen, unnd allein an den geist gottes lassen.
Weliche sich nun mit aller zuoversicht an 'n herren Christum Jesum
lassend, die mag dhein gsatzt me verdamnen. Ursach volgt hernach.
Dann das gsatzt des geystes, der lebendig macht, das ist: die leer und
anzeygen des götlichen geysts, der alle lebenden ding lebendig machet,
der hat mich in Christo Jesu fry gemacht, das ist: Do ich mich mit
aller zuoversicht an Christum Jhesum gelassen hab, daß er min heil,
min vatter, min verseher sye und durch inn lebendig und ein sun
gottes gmacht sye, da ist alle forcht des gsatzes und des tods hingevallen.
Deß gsatzs: Dann es mich nümmen verdamnen mocht; dann
ich lebt nit in uffsehen unnd gwalt des gsatztes, sunder in uffsehen
des geists gottes, was mich derselb underrichte. Und wo der geist
gottes ist, da ist fryheit 2. Cor. 3. [2. Cor. 3. 17]. Denn der geist
ist über das gsatzt, und wo der ist, da bedarff man des gsatzes nüt me.
Wo nun der gloub ist, da ist ouch der geist gottes. Des todes: Darumb,
das der tod ein straff der sünd ist; und so die sünd getödt ist,
so ston ich widrumb uff in Christo und bin lebendig, nit in minem
atem oder geist, sunder im geist gottes, in dem ich das verston und
gloub. Tod heißt hie die ungnad gottes; die ist verdamnus.
Ietzt volgt: Wann das dem gsatzt unmöglich was, darumb, das
es kranck was von des fleischs wegen, das ist: das dem menschen,
der in dem gsatzt vermeint sälig werden, unmüglich was, darumb, das
die blödigheit des fleischs das gsatzt gar nit erfüllen mag; ja, das unmüglich
und prästen hat got erfüllet unnd ersetzt, in dem, das er sinen
sun in aller gestalt und wandel der sündtlichen menschlichen natur
uns ggeben hat, das er, der on sünd ist, die sünd im fleisch verurteilte,
das ist: todte. Von der sünd wegen: Daß der unschuldig
Christus getödt ist als ein sünder; das hat unser sünd bezalet. Unnd
ist die sünd oder der tüfel, ein anheber der sünd, darumb überwunden
und im das rych, das er durch das fleisch über den menschen hatt,
genommen, daß er sich vergangen hat in Christo, das er inn getödt
hat. Umb der sünd willen, an Christo begangen, ist der sünd, die in

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uns wonet, ir angel und schaden genommen Osee 13. [Hos. 13. 14].
Also das rechtwerden oder unschuldig sin durch das gsatzt oder nach
dem gsatzt nun hynfür erfült ist, nit von dheines menschen werck,
sunder durch Christum, deß unschuld unser schuld vor got gebesseret
hat, daß, so wir uns sin, wie obstat, halten werdend, er unser unschuld
und gerechtigheit vor got ist in die ewigheit. Unnd die zuoversicht in
Christo heisset geistlich wandlen.
Also ist der mensch von allem gsatzt durch Christum erlößt.
Wenn er im glouben Christi ist, so ist denn Christus sin vernunfft,
sin radt, sin frommkeit, sin unschuld, summa: als sin heil, und lebt
Christus in im. Darumb bedarff er dheines gsatzts; denn Christus
ist sin gsatzt. Uff den sicht er allein, ja Christus zeigt und fuert inn
allein, daß er dheines andren fuerers me bdarff; denn Christus ist das
end deß gsatztes Ro. 10. [Röm. 10. 3]. Hie gebrist aber gemeinlich
der gloub; denn wenig funden werden, die so gar in Christum vertruwind.
Darumb sind sy so unverstendig, daß sy noch das pfand des
götlichen geists nit so gwüß hand, daß sy by inen selbs gar nüt syind,
und got allein alles sye, und sind vast den Juden glych, von denen
Paulus redet Ro. 10. [Röm. 10. 3]: So sy die gerechtigheit gottes nit
wüssend, daß sich derselben nieman glichförmig noch wirdig machen
mag, der geist gottes muoß es tuon; und undernemmend sich durch ir
frommkeit grecht ze werden, das ist: fleischlich wandlen. Da dannen
kumpt, daß sy der grechtigheit gottes, die nüt anderst ist, weder gantz
und gar an got geleynet und gelassen sin, nit undergeben sind, sunder
so sy noch ire eygne köpff hand unnd sinn deß fleischs, so muoß inen
recht und guot sin, daß sy wellend elementa mundi und ermessen ir
frommkeit und unschuld uß irem eignen thuon. Sich, wie närrisch!
Sölte man eim menschen sine werck bezalen nach sinem beduncken,
so möcht im 's nieman vergelten. Also ist es ein gotlose, daß etliche
menschen ir grechtikeit wellend uß iren eygnen wercken, nit uß der
gnad und geist gottes ermessen.
Hie möchte aber gegensprochen werden: Wenn nun einer hört,
voruß der aller fleischlichest, das gsatzt durch Christum hingenommen
sin, so würt er ie muessen gedencken: Ietzt zimpt dir on alles gsatzt,
on alle zucht, on alle grechtikeit leben. Antwurt: Ein ieder, so also

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spricht, ist nit ein gleubiger; und wenn er glich spricht: Also bin ich
fry, ist er dennocht nit fry; denn sin conscientz würt vom geist gottes
unruewig gemacht, also, das sy sich selber wol verklagt innwendig, ob
sy schon ußwendig sich gar kluog und hoch schönt. Das gsatzt ist
allein dem hingenommen, der sich gantz an Christum gelassen und
ergeben hat; der wirdt von got gefuert, also, das im alles, das got wil,
wol gevelt und beschwärt inn nit. Widerumb ist ein ieder gotloser
under dem gsatzt, unnd das gsatzt verdampt inn; denn er lebt nach
dem fleisch, das ist: nach menschlicher wyßheit unnd beduncken, und
da ist dhein ruow, dhein fryheit, sunder ein forcht über die andren,
ein verurteilung über die andren. Und ob das fleisch sich schon
mannlich stelt vor den menschen, weißt es doch sinen gegenwürtigen
tod unnd ist by im selbs schon verurteilt; unnd da es spricht: Ich
bin ouch fry, da ist es schon in sinem eignen gwüssen tod; dann es
sind nit me denn zwo part: die gnad unnd das gesatzt. Bistu nit
gelassen an die gnad gottes, so fuert dich der geist gottes nit, so bistu
under dem gsatzt, ob du glych sprichst, du syest nit darunder. Ietz
bistu nit fry; dann du hast Christum nit, der die fryheit ist. Denn
so du den hast, so bist nümmen under dem gsatzt, sunder under der
gnad Ro. 6 [Röm. 6. 14]. So du aber nach dem fleisch oder menschlicher
grechtigheit leben, wirstu sterben Ro. 8. [Röm. 8. 13]: Dann die
fürsichtigheit des fleischs ist der tod, aber die fürsichtikeit des geists
ist das leben und der fryd. Aber ein byspil: So ein statt by radbrechen
oder spissen verbüt, es sölle kein burger von dheinem ußlender
miet, gaben oder schencke nemen, so würdt das gebott
unglych uffgenommen. Dann die uß liebe der grechtigheit und irer
statt söliches nit übertretten wellend, die beschwärt das gsatzt nit;
dann obschon dhein gsatzt ingelegt were, wurdend sy dannocht nit
gaben nemmen. Aber die eigennützigen truckt das gsatzt; darumb
widerfechtend sy. Und ist der fromm nit under dem gsatzt, aber
der eigennützig; dann der fromm lebt in der liebe der grechtigheit
frölich unnd fry, der gytig lebt allein under dem truckenden gsatzt;
das schafft, das er liebe der frommkeit nit hat. Also ist der, so im
euangelio gefryt wirdt, under dheinem gesatzt, sunder der geist gottes,

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der inn in erkantnus euangelischer fryheit gefuert hat, der ist sin
schnuor. Der macht inn lustig zuo allem, das got wil; und das im
gebotten oder verbotten würt, bekrenckt inn nit; dann der geist
gottes, der in zevor schon ankuchet hat, der zeigt im an, was got
welle. Und sobald er sicht, was got wil, so fröwt inn dasselb, ob es
glych wider sin fleisch ist; dann er weißt in dem pfand, das der geist
gottes ist, das inn nüt sälig macht, denn die luter gnad. Welcher
aber im euangelio nit fry ist, den truckt alles, so gebotten wirdt; dann
er ist under dem gsatzt und unfry unnd verkoufft under der sünd.
(Das ich hie überal von gsatzten red, sol verstanden werden zum
ersten von denen gsatzten, die got geben hat, zum andren von gsatzten,
die von menschen ggeben sind, der gstalt, als ob sy von got kummind
unnd das sy uns sälig machind. Von weltlichen gesatzten wirt ein
eygner handel kummen, von denen wir hie nit redend) Dann das
fleisch ist allweg wider got, und alles, so wider got ist, hat nit ruow,
hat nit trost, wie man am tüfel wol sicht. Wo nun der geist gottes
nit ist, da ist ouch nit fryheit. Wo nit fryheit ist, da muoß das gsatz
sin. Wo das gsatz ist, da ist die gnad nit (Verstand hie: gsatzt den
menschen, der des geistes gottes nüt hat). Wo die gnad nit ist, da
ist nit möglich, das man sälig werd. Also volgt, daß, der sälig wil
werden, sich einig an die gnad gottes, die aber Christus ist, verlasse.
Diß alles hette mit vil gschrifft mögen bewärt werden, namlich uß
dem euangelio Johannis, uß Paulo Ro., Jo. 1. epistel, die diser
meinung ein gantzen grund habend, darus ich inn erlernet.
Nach disem grundt wellend wir uns lassen uff die wort diß
artickels, namlich: Das man im euangelio lerne, daß menschenleeren
und satzungen zuo der sälikeit nüt nützind. Das muoß also zum ersten
volgen. Kumpt die säligkeit allein von der gnad gottes, so mag sy
uß menschenleren und gebotten nit kummen, ob man schon dieselbigen
haltet. Ursach: das sölich ding nüt ist denn ein glychßnery und
usswendiger schyn, und ist aber alle glychßnery schlecht wider got,
darumb uns Christus warnet, wir söllend uns hueten vor dem hebel
der Phariseier, der nüt anders sye denn glychßnery. Das aber
menschlich gebotne werck nun ein glichßnery syind, bewär ich also:
Was von dem fleisch kumpt, das ist fleisch Jo. 3. [Joh. 3. 6]. Wenn
die menschen uß irer vernunfft etwas gebieten, so kumpt es uß dem

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fleisch genn. 6. [Gen. 6. 3]. Also volgt, daß die gebot menschlicher
vernunfft nüt anders sind denn fleisch. Wyter: Wo das fleisch ist,
da ist got nit. Wo got nit ist, da ist nüt guotes. Ietz volget: Wo
das fleisch ist, da ist nüt guotes. Uß den beden erdurungen volget,
daß die menschlich erfunden gebott und werck fleisch sind, und so sy
fleisch sind, so sind sy ouch nit guot. So nun gwüß ist, das sy nit
guot sind und schönend aber sich, als ob sy guot syind, so sind sy ie
nüt anderst denn ein glychßnery. Denn ie alles, das sich glychnet
das, daß nit ist, das ist falsch, lugenhafftig. Und so sich das erst
über allem falsch für götlich, warhafft unnd guot verkouffet, so ist es
ein schmach gottes, ein grüwen, ein frävene teube. Ein andre
erdurung: Alle, so got gevallen wellend, flyssend sich allein der
wercken, die des willens gottes sind Jo. 8 und 13. [Joh. 8. 38. 13. 34].
Alle, die den menschen gevallen wellend, die mögen got nit gevallen
Ro. 8. Gala. 1. [Röm. 8. 8. Gal. 1. 10]. Also volget: Alle, die den
menschen gevallen wellend, die flyssend sich deß willen gotes nit.
Wyter: Alle, die sich des willens gottes nit flyssend, tuond ire werck
umb lust, nutz oder uppiger eer willen. Alle, so menschlich gebotne
werck tuond, flyssend sich deß willens gottes nit. Ietz volgt, das alle,
so menschlich gebotne werck thuond, allein ansehind lust, nutz oder
eer. Bewärnus der mitlen red: daß alle, so menschlich gebotne werck
thuond, sich des willens gottes nit flyssend, ist, das sy den menschen
ansehend, der inen das fürgibt oder gebüt; denn got sehend sy nit an,
oder aber sy hettind allein uff sin wort und uff der menschen angeben
nüt.
Uß den beden erdurungen volgt heiter, daß die, so der
menschen leer und gbott erfüllend (ich red hie allweg nun von den
wercken, darinn die falschen propheten hand gelert recht werden), das
nun thuond umb lust, nutz oder eer. Summa: Alle werck, die guot
sind, die würcket got in uns; nüt ist guot, denn das von got kumpt.
So würckt ouch got nit die werck, die wir tuond uß menschen leer
und gsatzt, sunder es sind itel glychßneryen, gspey und bopenwerck.
Got würckt allein, das guot ist in uns; und was wir würckend
unnd ander creaturen in uns, das ist alles unnütz, itel und betrug und
sünd. Es hilfft ouch nit, das du inredest: Sölte es aber nitt guot sin,

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so ich arm bin, das der rych sin gab mir geb? Oder so ich ein
sünder bin, das mich der gelert abneme? Antwurt: Ja, es ist nit
guot, wenn der mensch das ietzgemelt uß dem menschen thuot und nit
uß got; wenn es aber uß got kumpt, so ist es guot. Warumb wiltu
aber, das gottes allein ist, dem menschen zuolegen?
Nun wellend wir von sölichen kampfreden ston, die wir allein
harfür getragen hand, das die hädrigen daran ze küwen habind
(denn sy sust wenig götlicher geschrifft lesend), damit sy an den syllogismen
ze zeisen heigind. Und luogen, was das clar wort gottes von
menschentant halte. Esa. 29. [Jes. 29. 13f.] werdend die glychßner
recht ußgangen, also: Darumb, das diß volk mir nahet mit dem mund
und mich eret mit den lefftzen, und ist aber ir hertz verr von mir,
und hand mich allein vor ougen ghebt mit menschengbotten und
leeren, darumb wil ich fürer dem volck ein erschrockenlich und
seltzam wunderwerck anthuon. Die wysen, die sy hand, die werdend
ir wyßheit verlieren, und die verstentnus der fürsichtigen würt verborgen
sin etc. Sich, wie schön hat der geist gottes unser glychßnery
gmalt! Also thuond wir hüt by tag: Wir eerend got mit bladergbett,
mit füllvasten, mit ußwendigem schyn der kutten wyß geseipffet,
der blatten süberlich geschorn, der langen röcken styff gevaldet,
der muleslen wol vergüldet, mit huffen der vigilgen, der psalmen;
ietz murmlend wir, bald schryend wir; ietz essend wir nit eyer, bald
füllend wir uns mit; und gevallen uns selb so wol in sölcher narry,
das wir eigenlich meinend, wir syend fromm, obschon got selbs darwider
schryt. Aber das hertz ist verr von got. Wo dasselb by got
were, so möchte es nit erlyden, das es ützid an im hette, das got
nit geviele, und lernete die stuck, die gotzgevellig sind: grechtigheit,
hoffnung, glouben, erbärmbd, begerete nit guot, nit eer, nit wollust,
nit undertrucken des nächsten, hulffe den dürfftigen, troste den verzwyfleten,
zamte den wilden, wurckte guots gegen allen. So aber wir
ouch hand etwas guots wellen harfürbringen und die sach biß dahyn
bracht, das wir vermeint hand mit leeren und gebotten der mentschen

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got ze eeren, do hand wir die grechtikeit gottes verlassen und hand
ein eygne uffgericht; darinn hand wir vermeint unser sünde gebuesset
werden, und ist aber nüt dann ein ußwendiger schyn und glychßnery.
Gang wider hinuff unnd besich sy, was schöner zucht es sye! Dannen
ist uns ouch die plag kummen, das, die wyß sin soltend, das xind
gottes ze hirten, ze narren worden sind; ja, man nimpt sy nit an das
ampt, man wüsse dann vorhin wol, das sy weder wyß noch gelert syind
in gottes leer; sy muessend in dero narren und blöcker sin; sy muessend
ouch nit on das gröst laster sin: den gyt; sunder ist einer nit gytig,
so mag er nit bischoff, probst, abbte werden, etc. Sich, was schädlicher
plag ist das! Sich ouch darby, umb welicher sünden willen die
plag werde ußgespreit: Umb des willen, das man sich vermeint got
eeren mit unserem narrenwerck, das ist: mit unseren leeren unnd gebotten.
Gang ietz hyn und schry: Die heilgen örden, die wirdige
priesterschafft, die loblichen brüch unserer vorderen, die leer der
frommen vätteren, sol die vasten, die fyrtag, jarzyt, kertzenbrennen,
reucken, fladen segnen, wychwasser verschütten und derglychen
abgon? so du hörest, das got damit erzürnt wirt. Er weißt wol, was
uß den dingen erwachßt. Darumb wil er nit damit geeret sin; dann
man falt an die närrischen stuck und verlaßt, das got gevellig ist.
Darumb viel Adam, das er ouch glych etwas wüssen wolt anderst,
dann im got fürggeben hatt; dann das ist der boum des wüssens guots
und böses, als mich bedunckt.
Dise wort Esaie hat ouch Christus gbrucht Matthei 15.
[Matth. 15. 9] und häller ußgestrichen, sprechend: Sy eerend mich
vergeben, in dem, das sy lerend menschenleeren und gebott der
menschen. Dise wort Christi sind so heyter, das man dheiner andren
bedarff alle mentschlich erdachten leeren und gsatzt ze stürmen.
Bring herfür, was du magst; wirff, schüß, schlach wie du wilt mit
dinem gschrey: vätter, guote ding, allein witzig, söltend dise geirret
han? söltend ihene nit wyser gewesen sin? so würt es mich nit irren.
Christus spricht: Sy eeren mich vergeben, umbsust, närrisch, maten
[μάτην] griechisch, ja geuhisch und itel, so sy mich eerend mit
leren und gebotten der menschen. Verklueg du mit worten dinen
kat, wie du wilt, so ist er dennocht vergeben, mit fräven understanden;

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dann der rechtgleubig loset allein, was sin herre got sag;
und wie er sich besicht, findt er sich dheinen willen gottes nie erfült
han. Wie wirdt er denn erst etwas nüws erdencken, so er das, das
er schuldig ist, noch nit gethon hat? Wie würdt er nüws anzocken,
so er das alt noch nit abgespunnen hat? Darumb ist es ein frävel
von im selbs nüwrung harfürbringen und für guot verkouffen, da man
das wort gots verlaßt. Warlich die menschlich torheit mit iren wercken
hat ein söliche gestalt: So ein herr in sinem hußgesind ein ieden
dienst heißt nach sinem gevallen, unnd ein fürwitziger dienst nimpt
im etwas für, das im gevalt, als, so er geheissen were das korn oder
wingarten zünen für inbrechen, und er setzt sich daheim zuo den
kinden und machte inen pfannenknecht uß hanffstenglen, so mißvalt
er nit allein dem hußvatter, sunder würt verjagt. Also ist es in dem
rych oder xind Christi. Got erfordret von uns gar dapffere, mannliche
stuck, daß wir allein im anhangind, allen trost in im habind und
allein sinem willen losind, tragind alle arbeit und übelzyt umb sinetwillen,
niemans guot begerind, nit hochfertig syind, kurtz, nit nach
dem fleisch wandlind. So gond wir zun kinden und machend hüsly
uß hanffstenglen, das ist: wir erdenckend dise ußwendige werck,
kertzen brennen, wychwasser sprengen, baginen gbett, münchenbrallen,
pfaffenxang und sölich gsind, das wir on vertilcken der
bösen anfechtungen und begirden durch andre menschen wol verbringen
mögen und lassend das werck gottes ligen. Unnd weiß ich wol, das
ich hie gar nider und kindtlich red von den wercken. Ich thuon es
aber von dero wegen, die also von abgang guoter wercken klagen.
Sind sy aber so begirig, guote werck ze thuon, so wil ich mit Michea
reden 6. cap. [Mich. 6. 8]: Ich wil dir zeigen, o mensch, was guot sye,
und was got von dir erfordre, das du recht haltest und billikeit,
barmhertzig syest, und mit sorgen wonest vor dinem got. Was ist "mit
sorgen wonen vor got" anders, weder: gflissenlich uffsehen, was got

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welle? So du nun ie werck thuon wilt, so vergib dinem fyend, flüch
partyen, teil spyß, tranck, kleider mit dem dürfftigen, hör uf reden,
das nüt sol, züch den finger zuo dir, damit du uff die lüt zeygst,
hör uf got lestren, füllen, kriegen, spilen, wuochren, eebrechen, unküschen,
berouben, betriegen, bit für dine fyend, laß den rock dem
mantel nachfaren, heb den andren baggen ouch in streich, thuo guotes
denen, die dir ghaß sind und derglychen tuo; das hat got geheissen.
Du kumpst aber nun, so du fünfftusend guldin erwuochret hast und
wilt ein pfruonde stifften, ablas kouffen (thuost nüt des minder das ouch
nun zuo ougendienen den mentschen. Das sicht man an den geflecketen
katzen, die am altartuch und meßgwand hangend) mit eim hundertesten
teil dines roubs; und da din eigne gwüsse schryt: Es ist nit recht,
unnd: Gott hasset den roub, ob man im glych den opffret Isa 61.
[Jes. 61. 8], noch lassest du dem nächsten das sin nit ligen oder du
teilst die hab nit uß, und stast aber so kluog und klagst dich des abgangs
guoter wercken. Gang, thuo die erst beruerten werck! Du wilt
aber gern einen pfennig geben, der dich nüt rüwt, nun das du din
anfechtung des hertzens nit muessest angryffen und besseren. Sichst
du ietz, wo der schalck stecket? Das nun diß balgen nit vergeben
sye, so wil ich dir anzeigen, wannen es kumpt, das man dhein liebe
zue den wercken gottes hat, ob man schon sust sich etwas würcken
flyßt. Gib, o herr got, verstentnus! Sich, du einvaltiger mensch, das
guotes tuon nit an uns ligt, sunder allein an got. Hier. 10. [Jer. 10. 23]:
Herr, ich weiß, das der weg des menschen nit sin ist; es ist ouch nit
in des mans krafft, das er sinen gang richte. Du soltest billich an
dem, das dir gottes werck gar nit gevallen wellend, sehen, das es nit
in menschen krafft stat, das im das guot gevalle oder das er's thuon
möge. Wes ist es denn? Es ist allein des geists gottes. Wie sol
aber ich den überkummen? Rueff got an, das er dir erkantnus verlych.
Sobald du rueffest, so spricht er: Ich bin hie. Ja, er bewegt,
das du rueffest. Sobald er da ist, so gibstu sinem wort glouben.
Sobald du sinem wort glouben gibst, so bist du ietz siner gnaden
versichret und des heils gwüß. Ietz wirt dich der geist gottes, der

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das in dir gewürcket hat, niemer muessig lassen gon und wirt dir die
werck lieben, die got gevallend, und wirdst du die werck nit dir zuoschriben;
denn du hast wol gsehen, das du sy vorhin nit tuon mochtest,
sunder du wirdst sy allein got zuorechnen, und din werck als ein gstanck
und kat verwerffen unnd endtlich mit dinem eignen empfinden erlernen,
daß das guot din nit ist, und das du für guot geschetzet hast, das es
ein warer betrug und glychsnery ist. Hie kumpst du aber mit eim
papirinen gegenwurff: Ja, ich bin der meinung; darumb wil ich, das
pfaffen, münch, nonnen für mich bittend, das ich wol weiß, das ich
ein sünder bin und nüt vermag. Antwurt: Los, wie so vergeben
du dich windest. Thuo zum ersten das glyssend hinweg, und luog
denn, wie vil du umb gots willen inen gebist. Zum andren: Weist du
nit, das, glych wie ich dich gelert han, sy ouch allso söllend sin?
Wenn sy nun also sind, so werden sy ire vigilien, messen, metinen nit
verkouffen, sunder einig leren, das sich iederman in der gnad gottes
veste Hebr. 13. [Hebr. 13. 9]. Und alle die wyl sy gelt umb iren
gotsdienste nemmend, so sind sy glych als böß, ja vil böser denn du;
dann sy eerend got vergeben in dem, das sy inn mit menschlich erfundnen
wercken eerend. So es nun vergeben ist, wie tür meinstu
versündend sy sich, das sy den menschen erst gelt darumb abnemmend?
Es ist nüt dann ein yß uff das ander gebuwen.
Christus spricht widrumb Mat. 9. [Matth. 9. 16f.]: Nieman setzt
ein bletz von nüwem oder rouwem tuoch in ein alt kleyd; denn das
besseren oder ersetzen nimpt dem kleid ab, und wirt das loch böser.
Ouch thuot man den nüwen win oder most nit in alte schlüch; wo aber
das gschähe, so werden die schlüch zerbrochen, und würt der win
vergossen, unnd die schlüch werdend verderbt; sunder man thuot den
nüwen win in nüwe schlüch, unnd sy werdend bede behalten. Dise
glychnus hat Christus den jungeren Johansen und der Phariseieren
gseit uff den rupff, den sy im ggeben hattend, wie es kem, das sy
vil, aber sine junger wenig vastetind, uff das er inen vor disen worten
ouch durch ein glychnus geantwurt, das, diewyl der brütgoum by
sinen fründen oder sünen sye, so habend sy nit truren; wenn aber der

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brütgoum von inen genommen werde, denn werdend sy vasten und
truren, fürnemmende, das, wo Christus ist, nieman sorgen bdarff,
wie er got gevalle; dann wo er sye, da gevalle es got alles, und bedörffe
dheines trurens, sunder da sye freude als an eimm hochzyt.
So aber der von inen kömme, sye uß der ursach, das sy fleisch
worden syind. Darumb sölle man das mit vasten und truren widrumb
dem geist underwürfflich machen. Und bald darnach die erstgezelten
wort harfür tragen, in denen er fürnimpt, das ze glycher wyß, als
einer, der ein alt kleyd buetzen wil, nit starck, nüw oder ungwalhet
tuoch darzuo nimpt; denn das nüw ist dem alten ze starck und zerryßt
es: also welicher das euangelion, das wort der gnad gottes, mit dem
gsatz der wercken wil vermischen, der verirrt und schafft, daß die
beiden ding unnütz werden. Der nüw bletz falt hyn, und das alt
kleid würd zerrissen; und falt der nüw bletz darumb hin, das das
alt kleyd ze blöd ist inn ze erhalten. Ist nüt anderst dann: Welicher
nit wider von nüwem geborn würt und laßt die alten stückly und
lumpen der ußwendigen wercken und hoffnung in sine werck gar fallen
und verlaßt sich nit fry - glych als ein kind, das sich vonn bencken
laßt - an die gnad gottes, der würdt erger; denn es wäre inen wäger
den handel der götlichen grechtigheit (das ist: siner gnaden, in dero
wir allein grecht werdend) nie erkent haben 2. Petri 2. [2. Petri 2. 20],
weder das sy nach der erkantnus des euangelii sich widerumb kerend
an die schwachen element diser welt, das ist: das sy sich widrumb
keren an sich selbs, an ire wyßheit, an iren eygenen radtschlag, der
so vil uff sich selbs hat, daß er durch sich selbs wil gerecht werden.
Diß nüw tuoch und kleid wil mit den alten bletzen nit zemen puetzt
sin, sunder luter und unvermischt blyben; das macht uns got geliebt,
und liebt got uns. Glych söliche meinung bedüt ouch der ander teil
der glychnus mit den schlüchen, die ouch nüt anders wil, dann daß
das wort der gnaden gottes in nüwen gschirren behalten werde, die
des alten hebels oder gschmacks nüt habind, das ist: das wir nüt
haltind uff die element des alten, närrischen menschen, der ouch gern
etwas wär, sunder allein uff die gnad gottes uns verlassind, und den
ruochen und walten lassind.
So nun das eigenlich von allen wercken verstanden würt, das die
nüt sind, so vil sy von menschen kummend, wie vil me sind die
usserlichen werck, die wir selbs erdacht hand, by denen der geist

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gottes nit ist - denn wär er daby, so hett er nit gsprochen: Sy
eerend mich vergeben -, nüts, itel und umbsust, ja böser denn
kinden- und dockenspiel; denn an dasselb laßt sich nieman. Uff
dise werck laßt man sich uß einvaltigheit unnd uß dem vertruwen, das
man uff sy hat, verlaßt man allen handel der gnad gottes, ja man
erkent sy nümmen. Darumb billich sölichs ze verhueten Petrus spricht
act. 15. [Act. 15. 10], do etlich, uß jüdischem glouben zuo Christo
bkert, understuondend, die ußren werck oder das gesatzt der wercken
den Christen uffzelegen: Warumb versuochend ir got, daß ir uff den
hals der jungeren das joch legen understond, das weder wir noch
unsre vordren hand mögen tragen, sunder wir gloubend behalten und
sälig werden durch die gnad unsers herren Jesu Christi, glych als
ouch die. Sich, der fromm Petrus schreckt die gantzen gemeind
der Christen, das sy sich nit mit gsatzten der wercken söllind beladen,
sunder allein halten der genad unsers lieben herren Jesu Christi.
Hie schryend aber allweg die fulen wercker (dann guoter christlicher
wercken thuot nieman minder denn die, so aller meist nach wercken
schryend): Sol man nit gsatzt haben guotes ze thuon? Warumb spricht
dann Christus: Wilt ingon ins leben, so halt die gebott Mat. 19.
[Matth. 19. 17]. Antwurt: Die gebott gottes werdend nit von dheinem
menschen gehalten, der geist götlicher gnad würcke denn in im, das
im das gevalle, das gott heißt und das werck bewege. Ursach: On
inn vermögen wir nüt Jo. 15 [Joh. 15. 5]. So wir nun on inn nüt
vermögend, muessend wir ie siner gnaden geleben. So nun das ist,
so muoß ie volgen, das, wenn der mensch an die gnad gottes sich gelaßen
hat, er allein got wysen und walten laßen sol; der würt inn nit
lassen muessig gon, er wirdt im wol ze schaffen geben. Sich wie?
Hat Petrus, Paulus, Andreas guote werck verlassen, darumb, das
sy die genad gottes allein gepredget hand? Das sye verr! Wer hat
ie engstlicher das wort gottes gepflantzt weder sy? Wer hat ie me
ze schaffen und versorgen ghebt denn sy? Besich der Christen
leben vom anfang har, und luog, ob sy ie so fromm guoter wercken
halb xin syind als am anfang, so findestu gar ein unglychs. Was hat
nun die ersten so fromm gemacht? Nüt anderst, dann das sy sich
gantz und gar die gnad unsers lieben herren Jesu Christi gelassen
hand, nit allein der säligheit halb, sunder ouch der lyplichen

--93--

noturfft halb; dann sy all ir hab verkoufftend und truogen das wärd
under die gemeinen brueder. Do aber Ananias sich ouch glychßnet
so gar gelassen sin uff die gnad gottes, das aber nit was; dann er im
selbs ein teil vorbehielt heimlich mit siner frowen, do sprach Petrus
zuo im act. 5. [Act. 5. 3]: Anania! Warumb hat der tüfel din hertze
gefült, das du den geist gottes betrugist etc. Unnd bald darnach sind
sy beide nidergevallen und gäch tod xin. Welchs mich etwan gar
ruch beduocht hat, diewyl ich meint, ich wüßt ouch etwas, und got
sölte mir billich rechnung geben, warumb er ein ietlich ding thäte.
Aber so ich sich den starcken, treffenlichen glouben gemeiner
Christen zur selben zyt, und die grossen trüw und flyß, der darus
kam, und sich aber danebend Ananiam sich den tüfel haben verfueren
lassen, das er in der helgen xelschafft hat gdören untrüw
bruchen, und glych, als ob got blind wäre, sich nüt des minder der
gnad und gloubens glychßnen, in denen die andren warend, so ist es
mir gar ring worden. Dann ich sich eigenlich gott an im ein exempel
und warnung uns vorgemalt haben, das wir nit altbuetzerwerck
machen söllend, sunder gantz uff die gnad gottes verlassen, nit einen
teyl uns selbs behalten, sprechende: Eia, ich muoß ouch etwas thuon;
got würt es nit alles thuon. Eia, ich kan got ouch nit ze vil vertruwen;
ich muoß selbs ouch luogen, das ich etwas in 'n henden hab;
glych als ob got so ful und untrüw sye, das er den an sich gelaßnen
nit mane und lere oder nit spys und alle narung zeyge. Sölte got
uff den hütigen tag alle also halbgleubigen gäch niderwerffen,
welche jüngling möchtind sy all hinuß getragen und begraben? Nun
würt got sin grechtigheit nit nachlassen: Ergebend sy sich nit an
die gnad gottes, würt inen die gerechtigheit zuo teyl; und das er hie
nit mit grusamem angriff strafft, wirt er dört mit jämerlicher pyn
eben machen. Hierumb wil ich allen denen, so werck fürchtend
abgon werden, gewüß dören verheissen im herren Christo Jesu,
das alle guote werck ie me wachsend, ie me man sich an got lasset.

--94--

Und die antwurt, vormal ouch berueret, söllend sy nit vergessen; denn
ich nit 10 mal ein ding sagen mag. Daby würt aber das gantz
zöiter der wercken, so von menschen gelert sind, hinfallen; denn man
clarlich sicht, das allein die werck guot sind, die got angibt und
würcket; ouch, das es schwär ist und ewig verdamlich, got verlassen
und im nit getruwen, aber im selbs wol getruwen. Denn das ist
ein schmach gottes und ein ware abgötery; denn alles, das sin hoffnung
in ein creatur hat, ist abgötery, der gstalt ouch Paulus den
gyt abgötery billichen schiltet; denn der gytig setzt sin hoffnung ins guot.
Hie widerstrebend aber die fulen leutschen und altbuetzer: Es
habend doch die apostel ouch ceremonien gebotten; denn nit essen
von der abgöt opffer, von ersticktem, von bluot, das sind ie ceremonisch
werck. Disen gegenwurff wil ich empfahen im 64. artickel. Bis dahyn
hab gedult und vernueg dich der worten, die in dem sandbrieff der
Christen ze Hierusalem stond act. 15. [Act. 15. 28f.]. Es hat dem
heilgen geist gevallen und uns, üch dhein andre beschwärd ufflegen
denn dise notwendige stuck, daß ir nit essend von dem opffer der
abgötten etc., wie davor. Summa: Die christlich gmeind ze Hierusalem
hat im geist gottes gesehen nüt uffzelegen sin den Christenmenschen,
und die nachkummenden glychßner hand 's funden.
Paulus spricht Coloss. 2. [Col. 2. 8]: Huetend üch, das nieman
sye, der üch beroube durch die philosophy und unnütze oder itele
verfuerung, nach den satzungen unnd leren der menschen, nach den
elementen der welt, und nit nach Christo. Hie lert Paulus clarlich
sich hueten vor menschentant, daß sich denselben niemans lasse berouben
der gnad gottes, die uns erobret hat. Welcher sich findet
in der gnad gottes gevestet und vertruwet sin, der huete sich vor der
menschlichen philosophy, das ist: vor menschlich erfundner wyßheit.
Und habend aber ein zyt har die, so einig das wort gottes soltend
harfürbringen, nüt anderst gearbeitet, denn wie sy menschentant, die
philosophy, die nüt anderst ist dann ein närrischer, ungwüsser won, in
die trucktind, die mit dem wort gottes allein söltend gespyßt werden.
Er verhuet ouch unnütze unnd itele verfuerung, die er darumb also

--95--

nempt, das menschlich erfundne satzungen und gebott ein hüpschen
schyn habend vor der menschen ougen, sind aber inwendig lär, itel,
öd und unnütz; dann wo der geist gotes nit ist, da ist nüt anderst
denn falsch, glichßnery, verzwyflet, verruocht und mördrisch conscientzen.
Und ist aber got nit, wo das fleisch ist (das ist, wie da
oben beruert ist, nüt anderst dann unser wüssen und vernunfft). Darumb
hat Paulus disen schyn der mentschlichen glichßnery wol ein
öde oder lose, ytele verfuerung genennet; dann alles, das vom fleisch
kumpt, das ist fleisch. Und uff das volget, das alle mentschliche
satzungen, die guote werck heissend, die wir für guot fürgebend, ein
gewüß zeichen sind der waren glychßnery, und alle, die inen anhangen,
glichßner sind, ja ungleubig, seelenlos und verzwyflet. Ursach: Wärind
sy recht gleubig, also, das ir zuoversicht allein in got stuende, so wer
der geist gottes by inen. Dann sich hynlassen uff die gnad gottes,
gschicht allein durch den geist gottes; und so der by inen were, wurde
er sy nun zuo sinen wercken und willen tringen. So sy aber so vil
uff der menschen tant halten, ist gwüß, das gott by inen nit ist; dann
er verfluecht Hiere. 17. [Jer. 17. 5] alle, so sich von got wendend uff
die creatur und uff das fleisch. Ietz laß sy tanten, wie vil sy wellend,
und bis du gewüß an dem einigen zeichen, das sy nit gottes leer
allein fürgebend, sin gnad allein unser heyl sin nit lerend, daß got
by inen nit ist. Darumb steckt nüt dann glichßnery in inen und verzwyflung.
Ire werck laß schynen, wie sy wellend, so sind sy nüt
anderst dann ein grüwen vor got, als Christus selbs leert Luc. 16.
[Luc. 16. 15], sprechende zuo den Phariseieren: Ir sind, die üch selbs
schön unnd gerecht machend vor den menschen, aber got erkent üwre
hertzen; dann das, so die menschen hoch dunckt, das ist ein grüwen
vor got. Ach got, her! Was wellend alle beschirmer des menschlichen
tants me weder dis einig wort Christi? Ist es nit allein
heiter und starck gnuog sy ze berichten, das alles, so inen kluog, schön,
hoch und guot schynt, das ist ein grüwen vor got. Er verhuet ouch
wyter, das man sich die satzungen und leren der menschen nit lasse
berouben der gnad gottes. Paulus wüßt eigenlich, das der fleischlich
mensch sin ard und tück nit wurde lassen, der im selbs im
Paradys so wol geviel, das er selbs ouch wys wolt sin und vernuegt

--96--

sich nit der gnad gottes, die inn so unschuldiklich als ein vatter
sin kind gefuert und gewisen hette. Und darumb hat er in denen
worten wellen verhueten, das man sich gar nit an mentschenleer und
satzungen liesse; dann sobald das beschähe, so gulte das wort gottes
nüt me by uns. Ursach: Das, so wir nach den elementen diser
welt, das ist: nach mentschlichem won und wyßheit und gebotten
erfinden wurdind, das wurde uns so treffenlich gevallen, das wir an
das fleisch kert, got gar verlassen wurdind. Hie besehe der, so uff
den tag des gsprächs so streng uß dem heilgen Paulo 2. Thes. 2.
[2. Thess. 2. 15] bewären sich understuond, das Paulus nach sinem
sinn ouch hette satzungen, ordnungen oder leren ggeben, darumb, das
diß wort "traditiones" dastat, weliches Paulus daselbst brucht für die
ordnung und angeben des euangelii, der gstalt er es ouch brucht
1. Corinth. 11. 6 [1. Cor. 11. 2]. Aber hie würt es genommen für
ordnung, angeben und ler der menschen; dann diß wort traditio,
griechisch paradosis [παράδοσις], heißt im tütsch eigenlich ein angeben.
Ein andren gegenwurff: Die menschtanter pflegen also inzereden:
Christus spricht: Sy eeren mich vergeben, und du sprichst:
Ouch menschenleer und satzungen nützind nüt zur sälikeit; so blybt ie
noch über, das sy nützind zuo guoter ordnung der regimenten und zuo guoten
sitten. Antwurt: Ich muoß, glych wie Christus Luc. 9. [Luc. 9. 41]
tuot, üch zum ersten beschelten: O du ungleubigs und verkerts
gschlecht! Wie lang wird ich by üch sin? Wie lang wird ich üch
dulden? Möchte ein regiment nit guot sin, es wurde dann mit der
geistlichen pracht und muotwillen vermischt? Wie hat man geregiert,
ee ir pracht geborn ward? Was guot ist zue guotem regiment und zuo
guoten sitten, wohar kumpt es? Ist nit alles guot von oben herab von
dem vatter alles liechts? Jac. 1. [Jac. 1. 17]; oder mag von den
menschen ouch etwas guotes kummen, so alles fleisch nüt ist dann
ein glyssender bluom, der von stund an hinfelt, und alle menschen
lugenhafft? Darumb lernen üwren prästen erkennen. Ist etwas guoter
gsatzten und leeren under den menschen, so wüssend, das es von got
ist und nit vonn menschen; dann got verwaltet durch sin fürsichtigheit
alles guottes und schybt alles arg zuo guotem bruch. Uff das, so ir

--97--

sehend guote regiment, huetend üch, das ir gedenckind, es sye wyser
menschen. Ist es der mentschen, so ist es nit guot, sunder ein
glychßnen des guoten; ist es aber guot, so ist es von got, der die regiment
stifft unnd underricht Ro. 13. [Röm. 13. 1]. Hie ist aber din gloub
prästhafft; dann du erkennest noch nit recht, das got sicherlich mit
siner fürsichtikeit alle ding verwaltet; und das du uß diner torheit
dem menschen zuogibst, das ist gottes. Nun von denen gsatzten,
damit die regiment grechtigheit erhaltend, werdend wir hernach reden.
Hie, wie gemeldet ist, redend wir allein von denen satzungen, die den
menschen fürgschriben sind, als ob er darinn lebende got gevellig oder
sälig werde. Die sind nüt anderst dann ein kindische torheit; dann
uß der gnad gottes werdend wir sälig, sust mit dheinem ding, wie
dann starck vorhar bewärt ist. Dannenhar ermessen wirdt, das allein
der menschen sitten guot sind, die sich an die gnad gottes gelassen
habend; denn dieselben werdend vom geist gottes gefuert; und was uß
dem geist gottes nit kumpt, das ist nüt anderst dann ein betrug.
Sind aber etwas ordnungen, die kommlich oder not den menschen
sind, die würdt uns got wol leren uß sinem wort recht ordnen und
schicken; dann sind sy aber gottes und nit unser. Was nutz bringt
es nun den regimenten die groß zal der menschlichen glichßnery?
En keinen warlich, aber grosse bschwärden und zwytracht; denn
grössere beschwärd ist uff die menschen nie kummen, syd das die welt
ward, weder der groß ful huff der glychßneten geistlichen, pfaffen,
münche, nunnen; und die kummend nit anderß wohar dann von dem
fleisch, das ist: von menschentant. Christus weißt kein geistlich
dann sine schaff. Weliche sinen geist haben, die sind sin Ro. 8.
[Röm. 8. 6-8], die sind geistlich Jo. 3. [Joh. 3. 6]. Welche von den
menschen den namen geistlich ervoglend, sind ouch geistlich, ja vom
bösen geist böß geistlich, das ist: tüflisch. Was hat man die schäffle
gottes gezigen, das man sy mit denen feißten ochsen beluede, mit
söllichen stricken der unnützen satzungen verwicklete, so doch got
deutero. 4. und 12. [Deut. 4. 2. 12. 32] so eigenlich fürkumpt, das
man zuo sinem gsatzt nüt thueye, nüt darvon nemme, und der geist
gottes die apostel alle warheit gelert hat; unnd Paulus by den

--98--

Galaten so treffenlich und an andren vil orten versehen hat, das
man sölich fleischlich erfindungen und beschwärden nit annemmen
sölte. Ja, er stryt mit einem argument so starck, das desselben ouch
allein genuog were alle menschliche satzungen ze verwerffen, ja, sy für
sündtlich, antchristenlich verbieten und hinzewerffen. Gala. 3. [Gal. 3. 15]:
Also, brueder, ich wil schlechtlich mit üch reden, wie ein ieder mensch
wol vernemmen mag. Nieman tuot ab noch zuohyn zuo eins menschen
testament, das gevestet ist. Uff das strit ich also: Zimpt sich
dheinem menschen, eim sin gmächt oder testament, das bestät ist,
abzethuon oder ze meren, ja, so zimpt noch vil minder, daß man üts
zuo oder von dem testament gottes thueye. Sin testament, das er durch
Christum gemacht hat, ist vorgeseit Hier. 31. [Jer. 31. 31] und
Esa. 55. [Jes. 55. 3], das es nüt anders wirdt sin dann ein gnad; und
welcher sich an die laßt, der ist ietz heyl; es bedarff wenig gsatzten,
weniger künsten; es würt so kurtz und ring, das man es nit vom
nächsten lernen muoß, sunder, wie got mit Daviden xin ist, also wirdt
er ouch trüwlich by allen denen sin, die man sind nach dem hertzen
gottes. Denen wirdt er barmhertzig sin wie Daviden, würt sy wysen,
war und wie sy wandlen söllend, das sy niemans leer noch gsatzt
bedörffend; denn man wirt got erkennen von dem kleinsten bis zuo
dem höchsten, das ist: nieman würt es schwär werden von siner kleine
oder schlechte wegen; es ist nit des menschen werck noch bericht,
sunder gottes. Wie haben denn menschen ie gdören die erbärmbd
und genad gottes mit iren gesatzten anjochen und gfangen legen,
das sy die nun denen hand uffgethon, die irem tant loßtind? Warumb
hand sy zuo dem rechtwerden durch Christum allein hynzuothon ire
werck? Warumb hand sy das wort gottes gloubenlos gemacht, indem,
das sy zwungen hand, man sölle irem wort als vil gloubens
als gottes wort geben? Sich, wie es stand umb unser fleisch, das ist:
menschlich oder natürlich vernunfft und wyßheit!
Uß dero kumpt nüt guots; dann sy ist von ard und natur böß,
als got selbs geredt hat genn. 8. [Gen. 8. 21]: Der sinn und gedanck

--99--

oder anschlag des mentschenhertzens ist böß von sinen kindtlichen
tagen har. Das aber wir in latinischer sprach also lesend: Sensus
et cogitatio humani cordis in malum prona sunt ab adolescentia sua;
der sinn und gedanck des menschlichen hertzens sind gneigt oder
fellig zuo bösem von siner jugend har. Welcher sinn den theologis vil
irtums gebracht hat; darumb aber der tolmetsch wol ze straffen wär,
von welchem sy verfuert sind, indem, das er spricht: Die sinn und gedancken
des hertzens des menschen syind geneigt zuo dem bösen; da
er aber solt geredt haben: Der anschlag, sinn oder gedanck des
hertzens des menschen ist böß, nitt allein geneigt ze bösem, sunder
ist böß on alle fürwort oder miltrung. Welche wort der mund gottes
redt also: Iezer lib haadam ra mimeurau [!] [‎‏יֵצֶר לֵב הָאָדָמ רַע מִנְּעֻרָיו‏‎]. Welche
wort so heyter unnd clar sind: Der sinn oder gedanck oder ratschlag
des hertzens des menschen ist böß von sinen kindtlichen tagen har,
das darinn ghein zwyfel noch zwyfalt erfunden würt. Die theologi
hand aber uß dem wort "geneigt" wellen erjagen, das in uns nun ein
neigen zuo dem bösen sye, nit, das wir von natur, die in Adamen
zerbrochen ist, böß, ytel und unnütz syind. Uß dem sind die
frävenen meinungen entsprungen vom fryen willen, von unserem vermögen,
von dem liecht unserer verstentnus, denen nachgevolget sind
menschenleren, satzungen, verkouffen guoter wercken und alle glychßnery.
Denn ein ieder hat in dem wort "geneygt" sich mögen glyßnen,
sam er die neigung überwunden hab; hatt doch wol gewüßt, wie es
daheim stuende, das ist: im inneren mentschen. Wo aber diß wort
"des menschen gemuet und radt ist böß" on alle fürwort haruß geredt
wäre und styff gelert, so hette sich mit dheiner so bärlichen glychßnery
ieman gdören embören; dann es hette ein ieder gewüßt, daß
unser anschlag böß ist; und wie vil man guotes uß menschlichem radt
harfürtragen, hette ein ieder gedacht, es kumpt von menschen wyßheit;
der bronn ist böß, so mag ouch der bach darvon nit guot sin, und
hette weder leer noch gsatzt noch werck der mentschen dheinen
glouben ghebt. Summa: Uß dem wort gottes erlernend wir gwüß, das
unser sinn, anschlag, gedanck, radt, erduren, das gmuet überal böß
ist. So muoß ie volgen, daß das, so darvon kumpt, böß ist; denn
ghein böser boum mag guot frucht gebären, spricht got Math. 7.
[Matth. 7. 17]. Deßhalb alles, so nit von got kumpt, böß ist. Wie

--100--

könnend aber ietz die witzigen, die sich ruemend, das, so Christus
nit volkummenlich volendet, habind sy volendet, üts guots uß inen
selbs bringen, so sy hörend, das der stamm böß ist? Wenn wellend
sy hören von irer torheit? Wenn wellend sy hören got schmähen?
Dann ist das nit ein schandtliche schmach gottes und ein hinwerffen
Jesu Christi, wenn sy redend, sy habind das, so Christus unvolkummenlich
anggeben hab, erst gantz und volkummen gemacht?
Ist er dann so unwüssend xin, das er 's nit können hat? oder so unkrefftig,
das er 's nit gemögen hat? oder so verbünstig, das er es nit
gewellen hat? Der aber die götlich wyßheit ist, ja alle schätz der
wyßheit sind in im behalten, dem alle ding vom vatter sind geben, das
er die todten erkicket hat, die ungleubigen zum liecht der warheit
gbracht? Der darumb in diß zyt kummen ist, das er uns erloßte
und sin gnad kund machte? Wie könd er uns denn verbünstig sin?
Sich, wohyn kumpt der menschlich fräven, so er sich selbs in sinem
fürnemmen beschirmen wil? Dahyn, das er sin torheit mit gottes
schmach bewären wil, und wil er witziger sin dann gott, der aber
zuo den jungeren gesprochen hat: Wenn der geist der warheit kummen,
werde er sy alle warheit leren. Nun lügt got nit. Der geyst ist
kummen; so hand ouch die botten und alle glöbigen uß im alle warheit
erlernet. Und nit, als sy sagen, hat got einen teil siner anschlegen
im verhalten, den er erst ietz harfürbracht hab in den nächsten
tusent jaren, daß sy uß dem wort, das Christus Jo . 16. [Joh. 16. 12f.]
spricht, erfechten wellend: Ich hab üch noch vil ze sagen, ir mögend
aber es ietz nit tragen. So aber der geist der warheit kummen, würdt
er üch alle warheit leren. Ja, sprechend sy, hörstu, das er 's inen
nit alles geseit hat? Darumb hatt er erst darnach das den frommen
vätteren geoffnet, das die junger dozemal nit tragen mochtend. Sich
hie aber umb gotswillen, wie sy gott sin eygen wort uß den henden
brechen wellend und felschen. Die junger sind allweg grobs verstands
xin, bis sy den geyst gottes empfiengend; noch vil unverstendiger zuo
der zyt, als inen Christus nach dem nachtmal von sinem verräter
und andren schwären künfftigen dingen vorgseit, sy in forcht geworffen
hat. Als sy nun mued und betruebt, spricht er: Ir mögend zuo der

--101--

zyt die ding, die ich üch kund wil thuon, nit begryffen; aber so der
geyst der warheit kummen, würdt er üch alle warheit leren. Er
spricht: Üch apostel wirdt er alle warheit leren; er spricht nit: Ich
wird nach der zyt noch vil herfürbringen, das ich üch nit offenen; ich
würd es aber denen oder denen offnen; sunder er spricht: Der geist
der warheit wirt üch, die apostel, mit denen er redt, alle warheit leren.
Got lügt nit; so volgt ouch, wie vor gemelt, daß sy aller warheit vom
geist gottes bericht sind. Wie könd ouch Christus am crütz geredt
han: Es ist alles volbracht, wann man die grechtikeit erst mit menschlichem
sinn, fleisch oder radt überkummen mueßte? Es sind fablen.
Wie übel aber gott unser anschlag gevalle, ob wir glych den
verwänend guot und grecht sin, erlernet man 1. Reg. 15. [1. Sam.
15. 1ff.]: Do hieß got den küng Saul, er sölte wider die Amalecher
stryten, und ze tod schlahen alles, das under inen lebte, wyb und man,
kinder und ouch alte, ouch alles veh, roß, rinder, esel, kemel, und
nüt uß allen denen dingen begeren. Saul schluog sy von Evila bis
gen Sur und nam den küng Agag gefangen, erschluog aber alles volck,
behielt ouch daby mit dem volck, was der besten hab, was von
kleideren, zierden und veh. Darumb schickt got den propheten
Samuel zuo im; den gruoßt er: Du ußerwelter fründ gottes! Ich han
das gheiß des herren erfült. Do sprach Samuel: Was ist dann das
geschrey des vehs, das ich hör? Antwurt Saul: Das volk hat das
best veh behalten, das es das dem herren uffopffere. Sprach Samuel:
Gott hat dich geheissen die Amalecher bekriegen und gantz und
gar vertilggen. Warumb bist dem wort des herren nit gehorsam xin,
sunder du hast dich gegen dem roub gewendet unnd übels begangen
vor got? Do antwurt Saul: Ich bin doch gehorsam gsin und hab
den weg gewandlet, den mich got gewisen hat, und han den küng
Agag gfangen bracht und das volck Amalech erschlagen, und hat
das volck die besten rinder und schaff behalten got uffzeopfferen in
Galgalis. Do sprach Samuel: Wil got opffer? Wil er nit me, das
man ghorsam sye sinem wort? Denn ghorsame ist besser dann das
opffer, und got ufflosen besser weder die nieren und ir feyßte von
den widren uffopfferen; dann imm widerstreben ist nüt minder gesündet
denn zoubery und warsagen; ouch ist es schier als böß als

--102--

abgötery, so man sich nit an inn laßt etc. Und hat im darnach das
rych abkündt und den gefangnen küng Agag zuo stucken zerhouwen.
Merck hie: Saul meint ouch, er hette die sach gar wol ermessen, daß
er das zuo einem opffer geordnet hatt, das inn got gheissen hatt verderben;
hat ouch das wellen verbeßren, das im in dem gebott gottes
mißviel. Du hörst aber, wie got durch Samuelen redt, das söliche
fürwitz by got gar nach für abgöttery gerechnet werde; denn schlecht
sölle man sinem wordt losen und sich des allein vernuegen; also gebe
man got eer, wann man mit volg sines worts inn den aller wysisten,
trüwesten erkenne und gwüß sye, das er alle ding zum besten heisse
und verwalte. Welcher got der gestalt underworffen sye, der thueye
bessers, dann so er lebendig opffer brächte. Hie mißbruchend die
falsch geistlichen dis wort von der ghorsame, sprechende: Sich, wie guot
ist ghorsame! Verstand aber ghorsame, da man sich dem menschen
underworffen macht. Und ist aber die meynung des worts, das man
allein got gehorsam sölle sin. Hat nun got die ghorsame der geistlichen
nit gheissen, so thuond sy wie Saul: So sy die ordnung gottes
mit irer wyßheit besseren wellend (wiewol örden unnd rotten nit uß
sölcher meinung, sunder uß luterer glychßnery kummend), bößrend
sy's und werden mit Saul verworffen. Da werdend sy schryen: Sol
man dann nümmen gehorsam sin? Wer lert dich das, du fulboum?
Ja frylich leeret man dich ghorsam sin dem, der ein herr ist über
alle ding. So du das thuost, wirstu mit einer arbeit ouch denen gehorsam
sin, denen du solt; denn er heißt dich dinen obren gehorsam
sin. Dine obren aber sind nit örden, secten; denn von denen heißt
Christus nüt, sunder verwirfft sy. Weliches aber die obren syind,
denen wir gehorsame schuldig sind, würt harnach volgen. Hie sye
gnuog anzeigt, daß dis wort "gehorsame ist besser dann opffer" nit sol
uff menschliche ghorsame zogen werden, sunder uff die götlichen. Und
ist me wider die, die es harfür ziehend dann für sy. Uß diser schönen
gschicht Sauls unnd Samuels hoff ich, verneme ein ieder, wie guot
und gotsgevellig das sye, so uß menschlicher fürwitz unnd sinn kumpt.
Nun möcht ich noch vil gschrifft harfürbringen, disen 16. artickel
ez bewären, das ich aber von kürtze wegen asen laß. Wil dieselben
harfürbringen, wenn mine fyend sich embörend.

--103--

Der sibentzehend artickel.
Dass christus ein einiger, ewiger obrester
priester ist; darus ermessen wirt, das, die sich obrest
priester ussgeben hand, der eer und gwalt christi
widerstrebend, ja verschupffend.
Das Christus der war obrest priester sye, erfindet sich zum
ersten, das er der obrest ist, uß dem, das er ein einig houpt ist aller
Christgleubigen, von welchem gnuog geredt ist davor im 7. artickel;
denn ein houpt sin ist nüt anderst, dann ein obrester sin. Demnach
erfindet sich, das er der oberest priester ist an dem opffer, das er uffgeopfret
hat; dann dhein priester ghein sölch opffer nie ufgeopfret
hat. Dann, sind schon etlich fromme umb gottes willen gstorben,
hand sy doch nit mögen für andre menschen ein opffer sin, vil weniger
so ein thüres, ewigwärends opffer. Also, das wir wol sprechen mögend
mit Daviden: Herr, wer ist dir glych? psal. 34. [Ps. 35. 10]. Diser
David hat ouch, uß dem geist gottes redende, gseit, daß Christus
ein ewiger priester sin werde nach der gstalt Melchizedek.
Psal. 109. [Ps. 110. 4]: Der herr hat geschworen und das wirdt inn
nit rüwen: Du bist der ewig priester nach der ordnung, das ist: nach
der gestalt Melchizedek. Das aber diser psalm von Christo sölle
verstanden werden, bewärt er selbs Mat. 22. [Matth. 22. 41], da er
inn vor den Juden anzücht und kundtschafft uff sich darus nimpt.
Paulus brucht inn ouch Hebr. 7. [Hebr. 7. 21]. Die andren (das ist:
die obresten priester im alten testament) sind on ein eyd priester
worden; diser aber, Christus, mit dem eyd, durch den der gsprochen
hat: Der herr hat ein eyd gton; der wirt inn ouch nit rüwen. Ietzt
volgt der eyd: Du wirdst ein priester sin in d'ewigheit. Also eins
besseren testamentes ist Jesus ein bürg worden. Der andren, die
priester worden sind, ist vil xin, von deswegen, das sy der tod nitt
ließ blyben. Aber diser - Christus -, damit er in die ewikeit
blybe, hat er ein ewigs priesterampt; dannenhar er ouch in die ewigheit
behalten mag, indem, das er selbs zuo got gangen ist, allweg
lebende, für uns gnuog ze tuon oder fürmünden.

--104--

In den worten Pauli hörend wir zum ersten, das got zuo gwüsser
sicherheit den menschen bym eyd geschworen hat, einen obresten
priester ze geben, der ewig sye, des ampt nit werde uffghebt, wie das
priesterlich ampt im alten testament ist uffgehebt. Das aber sins nit
uffgehebt werden mög, kumpt uß dem, daß got ein eyd geton hat, das
Christus ein ewiger obrester priester sye. Das aber die alt priesterschafft
ist uffgehebt, kumpt uß dem, das sy obrest priester hattend,
denen got nit ein eyd gethon hatt, das sy ewig söltind sin.
Zum andren hörend wir die übertreffenliche des nüwen testaments
ermessen werden uß dem obresten priester; denn der bürg und obrest
priester ist der einig Christus, der ewigklich ein obrester priester
blybt. Uß dem aber volget, das ouch sin, das ist: das nüw testament,
nit abgenglich ist, ouch das es wyt besser ist weder das alt; dann
dasselb ist abgethon; und so es nit prästhafft xin, wäre es nit abgethon
Hebr. 8. [Hebr. 8. 7].
Zum dritten hörend wir den unterscheid der obresten priesterschafft
Christi unnd des alten testaments obrester priesterschafft, das
der alten vil ist xin, einer nach dem andren. Dann das sy tötlich
warend und eins tödtlichen, abgenglichen testaments priester, macht, das
sy nit blyplich oder ewigwärend sin mochtend. Aber Christus, der
ewiger got ist mit dem himelschen vatter und helgen geist, ouch das
leben ist, der wäret ewigklich und ist unabgenglich. Darumb ist ouch
sin obreste priesterschafft ewig und mag dheinen nachkummen erlyden;
oder aber er wer nit ewig, darzuo were der eyd gottes nit krefftig, der
aber geschworen ist, er werde in die ewigheit der obreste priester sin.
Uß den worten volgend die wort des andren teils dises artickels,
die also lutend:
Die sich obreste priester sin ussgeben hand, der eer
und gwalt christi widerstrebend, ja verschupffend.
Denn so der gwalt und wirdigheit allein Christi ist, wie gdar im
die der mensch zuoziehen? Wie gedar er, das von got so vestenklich
verordnet ist mit sinem eignen eyd uff sinen eygnen sun, sprechen, es sye
sin? Ist das nit Christo sin eer nemmen? Und so sy wider den eyd
gottes fechtend, ist das nit got wellen meineyd machen? Ist das nit
got verschupffen, verachten, verschmähen? Ist das nit das luter werck
des antchristes, der sich in tempel gottes setzt unnd erhebt über alles,
das got ist, über alle anbettung gottes, also, das er im die laßt anthuon,

--105--

sam er got sye? 2. Thes. 2. [2. Thess. 2. 4]; ja, sich laßt got nennen
uff der erden und wil got sin; laßt sich ouch die schmeycheler bereden,
sobald er von den menschen erwelt, so sye er von stund an
des geists gottes voll und nüt minder gwaltig dann Christus selbs.
Ist das nit der grüwen, von dem Christus Mat. 24. [Matth. 24. 15f.]
redt, uß welches geist Paulus on zwyfel die vordrigen meinung
2. Thes. 2. [2. Thess. 2. 4] redet: Wenn ir sehen werdend den grüwen
der zerstörung, der vom propheten Daniel anzeigt ist, ston am heilgen
ort (den lese einer zuo verstentnus!), denn so flühend etc. Christus
hat dise ding alle vorgesehen und darumb gwarnet. Er hat verbotten,
wir söllend uns dheinen vatter uff erden uffblasen Mat. 23. [Matth.
23. 9]. Und es kummend eer- und guotgytig, die wellend mit gwalt
die menschen zwingen, man sölle sy für göt halten, sy anbetten, alle
ding in iren gwalt und muotwillen lassen; es sye als iro, ja die seelen,
nit nun das zytlich guot; und ob sy schon die seelen huffecht zuo verdamnus
zühind, sölle noch möge inen nieman nüts darin reden. Ist
das nit das jämerlichest ding, das ie dhein mensch vernommen hat!
Wer sicht nit, das got das menschlich gschlecht mit der blintnis
gestrafft hat? Dann wer hett ie mögen also unbesint sin, das er
nit gedacht hette: Eia, es ist on zwyfel nit recht, das sich der mensche
so hoch erhebt! Es ist on zwyfel abgötery und ein betrug. Darus
eigenlich ermessen wirt, daß der almechtig gott in sinen urteilen
wunderbar uns zuo einer straff lange zyt har die ougen verschlossen
hatt, das wir nüt sähind Esa. 6. Mat. 13. [Jer. 6. 9. Matth. 13. 14],
glych als er ouch zuo disen zyten der einvaltigen ougen uffthuot, das sy
sehind, und erlüchtet ire verstentnussen, das sy verstond; dann das
ist ye der ratschlag gottes, das sin wyßheit den kleinen unnd durch
die kleinen werde geoffnet Mat. 11. [Matth. 11. 25].
So uns aber Christus den Danielen anzeigt, bedunckt mich
not sin, das ich sin meinung harfürbring, damit ein ieder sehen möge,
wohyn der menschen unsinnigheit hinkömme, so man iro ze vil
hengt; darneben ouch, was rechte, ware glöbigen ee erlydend, dann
sy, den schöpffer verlassende, sich kerind an die gschöpfft. Die meinung

--106--

Danielis 6. [Dan. 6. 3ff.] ist also: Als Daniel bym küng Dario für
ander geacht, ward im der gwaltigen huff ghaß, berieten sich, wie
sy Danielen möchtind widrumb genidren oder umbringen; erkantend
zum letsten, das in dryssig tagen dhein got sölte angruefft werden noch
angebettet, weder der künig Darius; der hatt diß gebott bevestet und
lassen ußgon. (Sich hie die torheit der übertreffenlichen herren.
Wozuo kumpt ir unsinnigheit? Dahyn, das sy wenend, sy syend göt!)
Daniel aber ist ußgespähet worden, das er alle tag sich gegen
Hierusalem kerende drystend sinen herren got anbettet und darumb
vor dem küng zuo der straff erfordret und erobret und under die
hungrigen löwen gworffen; den hat aber got bhuetet, das er unverletzt
bliben ist. Unnd hat daran der küng gesehen die krafft des gottes,
den Daniel anbettet, und den fürggeben allem volk als einen
mechtigen, waren got ze eeren; dargegen ouch die fyend Daniels
gestrafft, wie Danielen geschehen was. Denen habend die löwen nit
übersehen, sunder sy von stund an zerrissen.
Das ander ort von dem grüwen der verödung, das ist: von dem
grusamen frävel, da sich der mensch gdar für got ußgeben und sich
an gottes statt stellen und got ußjagen unnd einöd machen, findstu
am 11. ca. [Dan. 11.], daby ouch eigenlich gmalt finden wirdst das
angesicht und gstalt der ietzigen zyt.
Hie beschirmend aber sich die Bäpstler mit disem ußzug: Es
ist nieman so torechtig, das er den bapst für einen got hab; man
halt inn für einen verwäser unnd statthalter gottes; dann wir armen
menschen, die blöd sind in wüssen und glouben, bedörffend wol eins
sichtbaren menschen, der über alle lermeister sye, und durch den der
gloub allein gevestet und sicher gemacht werde, ouch aller zwytracht
in der gschrifft hyngenommen und entscheiden.
Antwurt: Zeyg mir zum ersten an, wo inn got habe einen statthalter
gheissen sin. Sprichst: Mathei 16. [Matth. 16. 19]: Dir würd
ich geben die schlüssel des rychs der himlen etc. Antwurt: Du weist
wol, daß "die schlüssel des rychs der himlen geben" nit heißt: Bis
min statthalter, hab als grossen gwalt als ich. Darnach weistu wol,

--107--

daß dieselben schlüssel nit des bapsts sind allein, noch Petri allein,
sunder aller deren, die mit dem gotswort entledigend und bindend;
sind ouch allen denen gemeinlich under gemeiner schar der jungeren
allersamen ggeben Jo. 20. [Joh. 20. 23].
Sprichst zum andren Mar. 16. [Marc. 16. 17]: In minem namen
werdend sy die tüfel ußwerffen, nüwe oder frömde sprachen reden,
vergifftung hinnemmen etc. Sichstu, das dem bapst unnd der wirdigen
priesterschafft der gwalt geben ist im namen, das ist: an der statt
Christi, uß götlicher krafft söliche ding ze würcken. Antwurt: Zum
ersten verheißt sölichs Christus nit Petro und den apostlen allein,
sunder allen gleubigen, und spricht: Und dise zeichen werdend nachvolgen
denen, die glouben werden etc. Zum andren spricht er "in
minem namen" nit "in irem namen". Beschehend nun alle ding imm
namen, das ist: in der krafft und gwalt Christi, was darff der mensch
im sölichs zuoziehen?
Sprichst zum dritten: Christus hat nach der urstende Petrum
gfraget, ob er inn me lieb habe, dann die andren inn lieb habind; und
nachdem er gsprochen hat: Ja herre, du weist, das ich dich lieb hab,
hat im Christus bevolhen: So hirt mine lämmer! und das zum
andren unnd dritten mal gethon, bis das Petrus mit ruher antwurt
sprach: Herr, du weist alle ding, unnd weist, das ich dich lieb hab.
Hat Christus also zum dritten mal gesprochen: Hirt oder weyd mine
schaff. Hie hörst eigenlich, das on zwyfel, wie Petrus über die
andren junger Christum hat lieb ghebt, also ist im ouch gwalt über
den schaffstal gottes ggeben.
Antwurt zum ersten: Zeig an, wo Petrus sich begeben hab, das
er gott über ander junger lieb habe, sidtenmal du das empfelh
Christi meinst dannenhar hangen, daß er Christum über die
andren lieb habe gehebt. Ja, ich sag, hette Petrus sich dargegeben,
das er Christum me lieb hette gehebt dann die andren, das es on
übernemmen nit geschehen were. Darumb sich Petrus uff das
wüssen gottes laßt: Herr, du weist, das ich dich lieb hab; du weist
ouch, wie tür ich dich lieb hab; wie lieb dich die anderen habind,
weistu ouch wol; wie sol ich mich fürgeben, das ich sy übertreffe?
Du weist, wie ich dich lieb hab; du weist ouch, wie lieb sy dich
habind.

--108--

Zum andren: Warumb hangest du zanggiger bäpstler nit als
mär den vätteren an, für die du so erbärmlich schryst? Ach, die
heiligen vätter, sol man denen nit glouben? Warumb gloubst du inen
nit? Nun zühend sy doch allsamen die frag Christi dahyn, das er
Petrum zum dritten mal darumb gefragt hab, das sin verleugnen, drü
mal geschehen, widerumb gebesseret wurde; ouch das Petro alle
schmach, die sinem verleugnen hette mögen vor den jungeren und
gleubigen nachvolgen, abgenommen und fürkummen wurde.
Zum dritten frag ich: Heißt "hirt oder weyd mine schaff" bis
bapst zuo Rom? oder bis über alle gleubigen? Haben die andren
botten nit ouch die schaff gots gweydet? Hat Paulus nit me gearbeitet
dann der andren gheiner? Sich, wie uff vesten grund der
pracht des pfarrers von Rom gebuwen sye! Und diß red ich nit, das
ich im die vordreste verbunne. Wo ein vile ist, da muoß ie einer
der vordrest sin. Dann in söllicher gstalt spricht ouch Paulus, das
wir ye einer den andren sol werder oder türer schetzen denn sich
selbs Ro. 12. [Röm. 12. 3], sunder das, sidtenmal uß dem götlichen
wort der bapst dhein vestung gheines prachts und obergheit hat,
mengklich sehe, wie so alenfentzisch man die gschrifft uff mentschlichen
muotwillen zühen gdar; ouch das man sehe, das sölch bschirmen
der obreste nit uß got sye. Dann wo man die obergheit gottes
beschirmt, da laßt man des menschen namen ligen, und wil der mensch
nit under andren gleubigen der obrest oder vorderest sin, sunder, wie
vor uß Paulo anzeigt ist, begert er andre menschen für sich ze uffnen
unnd hoch ze bringen; ouch das man sehe, das bapst sin von
menschen har kumme; und so es vonn menschen kumpt, mag es ouch
von menschen widrumb hyngenommen werden, als lychtlich ouch in
einer ieden statt der burgermeister oder schultheis mag geendret
werden, so man mit einem ungschickten beladen ist. Und dis red
ich nun uff die vordreste; dann die obreste ist allein Christi; und
welcher sich derselben undernimpt, der ist ein antchrist, wiewol ich
ouch in der vordreste nit sorgveltig sin welte, als etlich der alten

--109--

gsin sind, vermeinende: Es wurd guot, so man einen obresten bischoff
oder pfarrer hett; dann zuo iren zyten noch ghein obrester xin ist; got
geb, was sy vom stuol Petri sagind. Und ist das die ursach, darumb
ich umb die vordreste verruocht hab, das Christus spricht Luc. 22.
[Luc. 22. 26]: Welcher under üch der grösser ist, der sol sin als ein
junger, und welicher under üch ein fuerer ist, der sol sin als ein diener.
So nun das wort gottes nit verfueren noch betriegen mag, welt ich,
das alle krefft, so prucht werdend die obergheit oder vordreste ze
beschirmen, verzert wurdend zuo flyß der demuetigheit; und liesse man
dann got walten umb den fürgang siner leer; der wurde wol schaffen,
das grössere einigheit under den Christenmenschen wurde, glych
wie zuo anbegünn zuo Hierusalem, weder so wir uß unseren köpffen
meinend einigheit uffzerichten. Ich gedar ouch sagen, das, sydhar den
rechtgelerten im wort gottes verdruß der arbeit gewachsen, ist das
wort gottes verlassen. Sust muoßtend sy darob ligen, woltend sy
anderst die warheit beschirmt haben. Summa: Luog ein ieder, so man
inn den höchsten welle machen, das er, wie Christus floch, do man
inn ein küng wolt machen, ouch fliehe und lasse darnach die götlichen
fürsichtigheit ruochen umb ordnung siner gleubigen. Aber
hie gbrist der gloub; dann wir uns nit lassend an 's wort gottes.
Darumb ist der menschlich anschlag nüt anders dann ein gotlose,
verruochte verzwyflung unnd großmachen sin selbs und ein närrische,
huerische fürwitz. So vil vom statthalter.
Der ander teyl des gegenwurffs ist xin, man muesse einen entscheider
haben, so zwytracht sye in dem verstand der gschrifft, ouch
einen sichtbaren statthalter, damit die einvaltigen sicher gmacht
werdind.
Antwurt: Welicher mag von eins menschen wort warlich urteylen,
wie es der redend gemeint hab, weder allein der, so es gredt hat?
Mag nit der, so es gredt hat, einen andren verstand ghebt han, dann
dhein mensch uff erden ermessen mög? Sich, wie so in mengen weg

--110--

sind die paradoxa Stoicorum, die verborgnen reden Pythagoreorum,
die zwyfelhafften antwurten der abgötten und ander beschlossen reden
gezogen und von den menschen nit verstanden. Und dörste sich der
mensch über das heilig wort gottes ein richter lassen setzen, also, das
er uß sinem kopff sölte urteylen, diß oder das sye der verstand der
gschrifft? Wo aber der mensch, so das verborgen wort redt, selbs
das zwyfelhafftig entscheidt, dann so verstat man sin fürnemmen.
Also ist es nüt dann ein hochmuot, das ieman den verstand des worts
gottes anderßwo suocht dann by got allein. Das lert Christus mit
sinem eygnen mund Jo. 6. [Joh. 6. 45]: Sy werdend alle von got gelert
werden. Hier. 31. [Jer. 31. 33]: Ich würd min gsatzt in der glöbigen
hertzen schryben etc. Er spricht nit: in des bapsts mund setzen.
Aber spricht er Jo. 16. [Joh. 16. 13]: Wann der geyst der warheit
kummen, würt er üch alle warheit leren. Der geyst gottes lert gots
meinung in den hertzen der menschen nit durch des bapsts noch
dheines menschen mund. Thuot schon der mensch das wort dar, mag
er doch das hertz des menschen nit glöbig machen. Der gstalt ouch
1. Jo. 2. [1. Joh. 2. 20] stat: Ir bedörffend nit, das üch ieman leer,
sunder wie üch die salbung - das ist: das insprechen des götlichen
geistes - lert von allen dingen, also ist es ouch war und ist dhein
betrug darinn. Sich, wer möcht den willen gottes anderst leren weder
got selbs, so doch den inneren, verborgnen menschen ein andrer
mensch nit erkennet? Wie wolt er erst das gmuet und fürnemmen
gottes wüssen? Die ding, die gottes sind, die erkent nieman dann
der geyst gottes 1. Cor. 2. [1. Cor. 2. 11]. Es hilfft ouch nit sprechen:
So nun der geist gottes alle mentschen, die er wil, leeret, so mag er
ouch den bapst leren! Das laß ich gern nach. Ich wil aber dem geist
gottes sin frywillung nit anbinden, das alle menschen muessind glouben,
das, so einer bapst sye, so möge er nit irren, und sye er ein obrer
über das wort gottes und verstande es allein, also, das alle menschen
an sinem verstand hangen muessind. Dann das offnet got, wemm er
wil Jo. 3. [Joh. 3. 8]: Der wind wäyet, wo er wil. Also ouch ist ein
ieder, der uß dem geist geborn ist; das ist: der wirdt angekuchet
vom geist gottes, nachdem es dem geist gevalt. Wie vil bäpsten
hand schandtlich geirrt! Was hat Anastasius gehalten von Christo
in der arrianischen irrung? Liberius und ander, damit du nit
könnest bladren: Ja, sy mögend nit irren in den dingen, die den

--111--

glouben antreffend etc. Kurtzlich: Von dem irrigen span hab ich
genuog gesagt im buechlin von der krafft unnd sicherheit des worts
gottes. Ist Christus nit by uns bis an das end der welt? Ist sin
hand und gwalt abgeschnitten worden oder kürtzer gemacht, das er
die hertzen der menschen nümmen zuo dem lutren, einvaltigen verstand
sins wortes ziehen mag? Nuge!
Der ander teil des kybs: Man muoß dheinen sichtbaren menschen
zuo dem glouben haben; dann der mensch macht den menschen nit
gleubig, sunder der geist, der das hertz und gmuet zücht. Ob man
glychwol den predgenden haben muoß, so macht er doch das hertz nit
gleubig; der geist und wort gottes thuond das. Und welcher sich dargibt,
er mache sicher oder entscheide, der ist ein verfuerer, ein
antchrist; dann er gibt im selbs zuo, das allein gottes ist. Der geist
gottes würcket alle ding in allen menschen 1. Cor. 12. [1. Cor. 12. 11].
Unnd ist der mensch nüt anderst dann ein hußhaber und fürtrager
des worts gottes, wie Paulus lert 1. Cor. 4. [1. Cor. 4. 1]. Das ist
aber by got allen menschen als gmein und bereit als dem bapst.
Dann wer möchte den geist gottes gewaltigen oder verhalten oder
inthuon act. 10. [Act. 10. 47].
Hiemit sye genuog von den verachteren Jesu Christi gseit, die
sich machen, das dhein creatur sin mag, namlich got machend sy
uß inen selbs. Welicher aber noch me kundtschafft der dingen welle
haben, lese Eph. 1. capitel, Hebr. 5. 6. 7. 8. 9., ja die gantzen
epistel, apoc. vom lamm, das allein den gwalt hat, das buoch mit den
siben siglen bezeichnet uffzetuon etc.
Der achtzehend artickel.
Das christus sich selbs einest uffgeopfferet,
in die ewigheit ein wärend und bezalend opffer ist
für aller gleubigen sünd; daruss ermessen würdt, die
mess nit ein opffer, sunder des opffers ein widergedächtnus
sin und sichrung der erlösung, die
christus uns bewisen hat.

--112--

Diser artickel ist zum ersten gründt in dem ampt Christi.
Dann ist Christus ein einiger obrester priester in die ewigheit, der
nüt dann sich selbs uffopfferet, so muoß ouch nit müglich sin, das er
dick für uns uffgeopffert werde. Nun ist er ein einiger, ewiger
obrester priester, wie im vordrigen artickel gnuog bewärt ist: so volgt,
daß er nit me dann einest mag uffgeopfret werden. Dann so sin
uffopfren offt beschähe, so wer er nit ewig, sunder er wär glych den
priesteren und opfferen im alten testament, die man dick hat muessen
wider bruchen und wider nemmen umb ir unvolkummnus. So aber
Christus ouch mueßte gewidret werden, mueßte ie uß unvolkummnus
und gebrästen beschehen, als clarlich ermessen wirt uß der epistel
zuo den Hebreern an vil orten.
Zum andren ist diser artickel ggründt in den worten Pauli
Hebre. 7. [Hebr. 7. 26f.]: Es hat sich zimpt, das wir also ein heiligen,
unschuldigen, unvermaßgeten, von den sündren gesündreten und über
die himel erhöchten obresten priester hettind, der nit mueßte alle tag
zum ersten für sin, darnach für des volcks sünd opffer uffopfren; denn
er, Christus, hatt es einest gethon, sich selbs uffopfrende. Sich, wie
Paulus hie zum ersten die subren, unbefleckten hostien, Christum,
erscheint, damit die krafft sines tods unnd opfrens des eigenlicher
verstanden werde; darnach, wie er die volkummenheit Christi underscheidt
von den priesteren im alten testament, das er nit hat bedörffen
für sich uffzeopfferen.
Zum dritten, das sin tod so ein volkummen opffer ist, das er nun
einest uffgeopfret in die ewigheit alle sünd reiniget, und nit muoß gewidret
werden wie der vordrigen priesteren opffer.
Hebre. 9. [Hebr. 9. 11f.]: Als aber Christus kummen ist, ein
oberester priester der guoten dingen, die vorhar künfftig warend, ist
durch ein grösseren und volkummneren tabernackel, der nit mit henden
gemacht ist, das ist: der nit unsers gebüws ist, ouch nit mit bocks-
oder kalbsbluot, sunder mit sinem eignen bluot einest inggangen in das
heylig ort (das ist: in den himel), ewige erlösung überkummende und
gebärende. Diser worten meinung ist kurtzlich: Christus ist vil ein
krefftiger obrester priester, dann die im alten testament xin sind.
Dieselben sind in einen tempel oder tabernackel ingegangen, der
abgenglich was; dann er von menschen henden gemacht, und habent

--113--

imm selben tempel vihenbluot uffgeopfret. Aber Christus ist nit in
ein sölichen tempel, sunder in den himel inggangen, der nit zerbrochen
mag werden; dann er nitt von menschenhenden gmacht ist. Er hat
ouch nit bocks- oder kalbßbluot uffgeopfret, sunder sin eygen bluot.
Er hatt ouch das sin opffer, das ist: sinen tod, nit offt ufgeopffert,
oder es wäre ghein underscheid zwüschend im und der alten priesteren
opffer xin, sunder ist er nun einest ufgeopfret. Er hat ouch nit nun
uff ein zyt gereinget, wie der alten priestren opffer, sunder hatt er
mit sinem eynigen, einen opffer die erlösung in die ewigheit erobret.
Bald darnach spricht er aber im vorgezeygten capitel [Hebr.
9. 24-28]: Christus ist nit ein heilig ort inggangen, das von den
menschen gemacht sye, ouch nun ein bedütende bildnus sye (verstand:
wie der lyplich tempel, der uns nun ein anbild ggeben hat des
himelischen tempels unnd wonung), sunder in den himel selbs, das er
nun hinfür gottes angsicht erschyne für uns. Er ist ouch nit hinyn
gegangen, das er sich selbs offt uffopfre, glych sam der obrest priester
(des alten testaments) alle jar in die heligesten statt des tempels mit
frömbden - das ist: mit vihbluot - pfligt hinyn ze gon; oder aber
er hette muessen offt lyden von anfang der welt har; sunder ist er ietz
in dem end aller zyten einest durch das opfren sin selbs erschynen
zuo abstellen die sünd. Und wie allen menschen anligt, das sy
einest muessend sterben, demnach volgt das urteil, also ist ouch
Christus einist uffgeopfret, das er hynnäme die sünd der gantzen
menge etc. Dise wort Pauli sind von inen selbs clar gnuog, namlich:
das Christus nit in ein tempel, sunder in den himel ingegangen sye,
nit frömbd bluot, sunder sin eigen bluot uffgeopfret, und das nit offt
gethon; oder aber sin opffer wer ouch prästhafft wie die opffer des
alten testaments, sunder nun einest ietz in den letsten zyten. Dann
glych wie alle menschen nun einist sterbend und nach irem tod volgt
von stund an das urteyl gottes, also hat ouch Christus sich selbs
nun einist durch den erlitnen tod uffgeopfret. Und nach sinem tod
ist harnach gevolget das abnemmen der sünd von der gantzen mengy,

--114--

das ist: von allen, die gloubend. Derglychen spricht Paulus aber
harnach Hebre. 10. [Hebr. 10. 10]: In dem willen oder ergeben (verstand:
Christi) sind wir heilig gmacht durch das uffopffren Christi,
das einist beschehen ist.
Glych am selben ort spricht wyter Paulus [Hebr. 10. 12-14]:
Christus, nachdem er ein einigs opffer für die sünd hat uffgeopffert,
sitzt er in die ewigheit an der grechten gottes, nun hynfür wartende, bis
das sine fyend ein schemel siner fuessen gemacht werdind; dann mit
einem opffer hat er volendet und ußgemacht alle, so iemar me sälig
oder heylig werdend. Hie findend wir den andren teil dises opffers,
deß die einvaltigen manglend, damit man sy ouch verfuert hat; namlich
hat man gesprochen: So wir täglich sündend, muessen wir ouch täglich
diß sacrament des altars uffopfren. Das aber ein mindrung und
schmach wäre dem opffer; dann Christus ist ein so volkummen opffer,
das er, nun einest uffgeopfret, alle die, so in inn gloubend - die aber
helige heissend - in die ewigheit volendet oder ußmachet, das ist:
volkummnet. Und so er für und für mueßte widrumb uffgeopfret werden,
hette er ein gstalt glych wie die opffer inn dem alten testament, die
ouch umb ir unvolkommnus willen muoßtend gewidret werden. Das
wäre ie ein mindrung und schmach der volkummenheit des opffers,
das Christus ist, der sich selbs durch sinen tod hat got für aller
menschen sünd uffgeopfret, die ye warend und immer me werdend.
Dann wie wär das ein ding, das Christus den vätteren allen mit
sinem tod, einest erlitten, hette säligheit gewunnen; und sölte der
selb tod uns nachkummenden nit also wol, nun einist uffgeopfret, in
die ewigheit fruchtbar sin, für all unser sünd der grechtigheit gottes
gnuog ze thuon? So mueßten doch zwen Christi sin, einer, der so volkummenlich
die alten vätter erlößt, der ander, der nit so volkummenlich
für uns, als iener für die alten, den tod erlitten hette. Oder das
lyden des einigen Christi wär für die Christgleubigen im nüwen
testament nit so fruchtbar unnd guot als für die vätter, wenn wir inn
offt mueßtind uffopferen; dann die alten habend inn nie uffgeopfret,
sunder sind all zuo got kummen, da Christus erst gelitten hat. Also
werdend uns ouch unser sünd verzigen, und kumment zuo got uß krafft
unnd fruchtbargheit des lydens, das Christus einist für uns und alle
menschen gelitten hat. So tür und werd ist es vor gott, das es in

--115--

die ewigheyt für alle menschen das pfand und wärd ist, durch das
sy allein zuo got kummend.
Das würt dir noch clärer diser gstalt: Christus, der die warheit
ist, spricht also Luc. am 22. [Luc. 22. 19]: Das ist min lychnam,
der für üch ggeben würt. Hie heißt "für üch" als vil als "für alle
menschen"; dann in der person der dazemal gegenwürtigen hat
Christus alle gleubigen angeredt, als die wort des bluots heyter anzeigend
Mat. 26. [Matth. 26. 27f.]: Trinckend davon alle; dann das ist
das bluot min, das bluot des nüwen testaments, das von der menge
wegen vergossen würt zuo nachlassung der sünd. Christus hat mit
siner erlösung ein form gehalten, die by den menschen ouch brüchig
ist. Welicher ein gefangnen erlößt, der gibt zum ersten die rantzung
oder loßgelt für inn. Darnach, so er noch unsuber und wuest ist,
wäscht er und sübret inn. Sölche gstalt hat Christus ouch ghalten,
als Lucas anzeigt [Luc. 22. 19]: Er hat sinen lichnam für uns ggeben
zuo erlösung, sprechend: Das ist min lychnam, der für üch ggeben
wirdt. Sich die rantzung oder loßgelt, das wir durch den lychnam
verstond. Darnach hat er den gefangnen gesübret mit dem abweschen
sines eignen bluots, sprechende Mat. 26. [Matth. 26. 27]: Trinckend
davon alle etc., wie da vor stat. Diß zeyg ich an nit der meinung,
das ich mein, das er ein anders mit dem tod und ein anders mit dem
vergiessen des bluots verwürckt hab, sunder, sydtenmal er selbs die
würckung sines lydens in zweyen gestalten des sacraments anzeygt hat,
das der einvaltig hie in eim fürgon die kommlichheit beider gstalten
erlernete, die ich nit uß minem kopff, sunder uß den selbs worten
Christi erlernet hab. Daby sich aber treffenlich ze verwundren,
das durch die römischen kilchen die gstalt deß bluots dem gmeinen
menschen entzogen ist, die doch Christus styff all weg ußtruckt,
so dick er von dem sacrament handlet. Ja, es würt etwan under
dem namen des bluotvergiessens die gantz fruchtbargheit sines lydens
ußgetruckt, in der epistel zuo den Hebreiern offt, als du in den
vordrigen kundschafften heyter sichst und Ephe. 1. [Eph. 1. 7],

--116--

Ro. 3. [Röm. 3. 25]. Iedoch so lutend dise wort Christi heyter uff
sin lyden, das es, wir wir hand fürgenommen ze bewären, ein pfand,
wärd unnd bezalung sye für unser sünd, in die ewigheit krefftig und
unerschöpfflich, wie Jo. 1. capitel [Joh. 1. 12f.] stat. Also das, so dick
wir zuo got wellend gon, inn ermanen söllend deß, das Christus für
uns gelitten hat; dann das sin bluot ist ein bluot des ewigen testaments,
das ist: das sin lyden und opffer ewigklich bezalt für der menschen
sünd Hebr. 13. [Hebr. 13. 20f.]: Der got des frydens, der den grossen,
treffenlichen hirten siner schaffen durch das bluot des ewigen testaments
von den todten wider gfuert hat, den herren Christum Jesum, der
schicke und volkummne üch etc.
Hie widerstrytend aber die Bäpstler (Bäpstler nenn ich alle,
so menschenleren, satzungen und pracht nebent dem gotswort achtend,
ja sy achten 's höher. Dann das gotswort sag, was es welle, so beschirmend
sy die meynung der römischen bäpsten und verschupffen
das wort gottes). Ja die Bäpstler strytend glych, als doctor Martin
Blansch von Tübingen an dem tag des gsprächs ze Zürich streit.
Ja, sprach er, das in der epistel zuo den Hebreern stat: Semel,
einest, das verston ich also: Christus sye nun einest uffgeopfferet,
das ist: nun einest getödt oder gestorben, wie gschriben stat Ro. 6.
[Röm. 6. 9]: Mors illi ultra non dominabitur, der tod würdt nümmer
me über inn gwaltig sin. Aber man mag inn wol täglichen uffopfren,
das er darumb nit sterben muoß. Dem gab ich dise antwurt: Lieber
herr! Es stond dise zwo meinungen in der epistel zuo den Hebreieren.
Die erst 10 capitel [Hebr. 10. 14]: Christus hat mit einem opffer gevolkumnet
alle, so in die ewigheit geheilget werdend. Hie hörend
ir nun ein hostien so tür und wärd sin, das sy in die ewigheit alle
gleubigen - die nent er gehelgote - volkumnet. Das ir nun nit
reden könnind: Ja, es ist ein opffer; es mag aber offt uffgeopfferet
werden, so losend ouch der andren meinung, die stat Hebr. 9.

--117--

[Hebr. 9. 26]: Christus ist eynest uffgeopfret, zuo erschöpffen die sünd
der mengy. Hörend ir nit zum ersten: nun ein hostien, darnach: nun
eynist ufgeopfret? Nun "eine" unnd nun "einest" ufgeopfret. Wie
wellend ir mir mögen nebend disen worten infueren, das er dick mög
ufgeopfret werden, so Paulus so offt spricht "nun einest"? Demnach
gab er mir uff die meynung dhein antwurt me; dann es fyelend andre
reden yn. Hie dörfft man kein wyter arbeit ze han ze bewären, das
Christus nit me mag uffgeopfferet werden, so die wort Pauli, ietz
und vor anzeigt, so clar lutend, wo nit die meßknecht, damit ir
gwün nit nachliesse, einen underscheid machtind zwüschend uffopfren
und sterben, die aber in Christo eins sind; also daß, wo in der
gschrifft stat "Christus ist für uns ufgeopfferet" heysset es als vil als
"Christus ist für uns gestorben oder unser sünd". Und widrumb,
wo stat "Christus ist gestorben für unser sünd" heißt es als vil als
"Christus ist für unser sünde ufgeopfret". Das bewär ich also mit
der geschrifft: Hebre. 9. [Hebr. 9. 24-26]: (und sind die wort vor ouch
inzogen): Jesus ist nit in ein heiligen tempel inggangen, der von
menschen gemacht, ouch nun ein muster sye des waren tempels (das
ist: des himels), sunder er ist in den himel inggangen, das er nun
hinfür dem angsicht gottes erschyne für uns. Er ist ouch nit hinynggangen,
das er sich selbs offt ufopfre, glych wie der obrest priester
(verstand: imm alten testament) alle jar mit frömbdem bluot in den
innerheligen teil des tempels ingat, oder aber er, Christus, hette offt
muessen lyden von anfang der welt har. Sichstu hie dise zwey wort
"ufopfren" und "lyden" für einandren genommen werden in glycher
bedütnus? Dann zum ersten spricht er nit, das er sich selbs offt
ufopfre [Hebr. 9. 25]. Und bald darnach [Hebr. 9. 26]: Oder aber er
hette offt muessen lyden, das ist: er hette sich selbs offt muessen ufopfren.
Dann Paulus hat die vordren red anghebt fueren mit dem
wort "opfren" und hat sy in dem wort "lyden" in einer meinung
volendet. Dise meynung habend ouch die wort Christi Luc. 22.
[Luc. 22. 19]: Das ist min lychnam, der für üch ggeben wirt. "Für
üch ggeben" ist als vil als "für üch got uffgeopfret". Wenn ward
aber Christus uffgeopfret anderst, dann da er starb am crütz? Do
ward unser heil und sin testament erst gentzlich gevolkummnet, als
er selbs redt, ee und er den geist dem vatter empfalh: Es ist alles

--118--

volendet oder ußgemacht oder volkummnet oder volbracht, consumatum [!]
est. Do ward der handel Christi erst gantz, do er den tod leyd.
Das wort "opfren", der gstalt wir es von Christo hie bruchend,
heißt den Hebreiern zaba [‎‏זָבַח‏‎], das ist als vil als: getödt, darumb,
das die hostien für die sünd getödt wurdend, und ward die sünd nit
on bluot vergeben Hebr. 9. [Hebr. 9. 22]. Dannen die Hebreier ouch
den altar nennen mizbach [‎‏מִזְבֵּחַ‏‎], das die getödten opffer daruff gelegt
und anzündt wurdend. Die Griechen nennend das, so wir opfren
heyssen, thyein [θίειν], heißt ouch: töden, ze tod schlahen oder
metzgen. Die Latiner sacrificare, mactare, heisset derglychen. Aber
unser wort "opfren" heißt by uns nit töden, sunder: schencken, eeren,
mieten. So wir aber von Christo reden, muessend wir by dem opfren
verston: lyden und sterben; dann also würt davon geredt in denen
sprachen, darus wir das tütsch opfren machend. Unnd wie Christus
nun einest gelitten und gestorben ist, also ist er ouch nun einist ufgeopfret;
dann das opffer mag nieman ufopferen, dann Christus sich
selbs. Als Esa. 53. [Jes. 53. 4-7], psalm 39. [Ps. 40. 7], Hebr. 10.
[Hebr. 10. 10-18]. Nun hat Christus sich selbs nit me dann eynest
ufgeopfferet; dannenhar es ein fräven ist, das wir sprechend: Wir
opfrind den, der allein in siner hand hat sin seel hinzelegen und wider
ze nemmen. Doch wellend wir mit kundschafft der gschrifft harfürbringen,
darinn man erlerne, opfren und sterben oder lyden in Christo
ein that sin, das wann man spricht: Christus ist für uns ufgeopfret,
verstond wir: er hat uns erlößt; und wann man spricht: Christus ist
für uns gestorben, so verstond wir aber: Er hat uns erlößt. So nun
die that deß willigen lydens das verwürckt hat, und er hat einest
gelitten, so ist er ouch nun einist uffgeopfret; dann sin opffer hat, einist
ufgeopfret, allen prästen bezalet Ro. 6. [Röm. 6. 9f.].
Ietz kummend die kundtschafften: Christus, ufferstanden von
den todten, stirbt fürhin nümmen; der tod würt inn nümmen begwaltigen;
dann das er gstorben, ist von der sünd wegen beschehen,
unnd das nun einest. Hie hörest du, das er den tod erlitten hat umb
der sünd willen. Wann ich dich nun fragen: Was hat Christus
damit gemeint, das er sich selbs hat für uns ufgeopfret? wirdstu on
zwyfel antwurten: Er hat sich für unser sünd ufgeopffert. So red ich
wyter: Wenn nun "ufgeopfret sin" und "gestorben oder getödt sin" ein
ursach oder werck habend, namlich: das hynnemmen der sünd, so
muessend ie "ufgeopfret" unnd "getödt sin" ein ding sin. So volget: Ist

--119--

er dann nun einest getödt, so ist er ouch nun einest ufgeopfret. Denn
das ist die volkummenheit sines lydens unnd sterbens, das es, einest
für uns armen sünder got ufgeopfret, in die ewigheit ein bezalend
pfand und wärd ist für unser sünd. Petrus spricht 1. capitel 2.
[1. Petr. 2. 24]: Christus hat unser sünd selbs uff sinem lyb getragen
am holtz etc. Hie spricht Petrus, er habe unser sünd schon getragen;
er spricht nit, das er sy erst werde tragen Eph. 1. [Eph. 1. 7]:
In Christo habend wir erlösung der sünd durch sin eigen bluot.
Colos. 1. [Col. 1. 20]: Got hat gefrydet durch das bluot sines (Christi)
crützes alle ding, sy syind uff erden oder imm himel. Hat nun
Christus mit einem tod alle menschen, die uff erden sind, gefridet,
da er sin bluot am crütz vergoß, und sind wir uff erd, so sind ouch
unser sünd mit dem einigen tod und opffer gefrydet, und aller, die
iemmer werden. Der meinung ist alle gschrifft voll. Ietz meyn ich
genuogsamlich harfürbracht, das sterben und opffer Christi ein handel,
ein ding sye, damit die meßknecht nümmen den fulen gegenwurff
mögend thuon: Er sye nun einest gestorben, aber man möge inn dick
ufopfren. Denn welcher mensch hat ie Christum uffgeopfret? Do
Christus am crütz ufgeopfret und gestorben ist, hat inn kein mensch
uffgeopfret, sunder er sich selbs. Also, wilt du got etwas ufopfren,
opffer dich im uff, glych sam wie er für dich gethon hat. Wie kanstu
sagen: der mentsch opfre got uff, so das nie beschehen ist, do
Christus glych den tod leid?
Ietz volget der ander teil diser schlußred, der die einvaltigen clar
leren wirt alles, so inen noch nit verstendig ist.
Darus ermessen wirdt, die mess nit ein opffer,
sunder des opfers ein widergedächtnus sin und sichrung
der erlösung, die christus uns bewisen hat.
In dem vordren teil diser schlußred ist starck gnuog bewärt, das
Christus ein so tür opffer ist, einist gestorben und ufgeopfret, das
es ewigklich sälig macht unnd erlößt alle menschen, die gloubend.
Das nun die Bäpstler nit statt habind ze schryen, als ir gwonheit
ist: O fromme Christen, sehend ir, womit die lüt umbgond; sy wellen
uns uß unserem lieben herren, dem fronlychnam Christi, nüts machen

--120--

und uns arme menschen der himelschen spyß berouben: darumb wil
ich, ob got wil, kurtzlich in disen worten anzeigen, wie es umb dis
sacrament stand und zum ersten offnen der erstgenanten unbillich
geschrey. Sagend an: Wer undernimpt sich den fronlychnam Christi
ze nemmen dem Christenvolck? Wann ich sprich: Christus mag
nun einest ufgeopfret werden und bewär das mit der gschrifft so vilvaltigklich,
das du nit ein ort nun bewegen magst, han ich denn
geredt: Christus ist nüt, oder: das sacrament des altars ist nüt? Sich,
wie du dinem gyt einen andren mantel machst, damit du das einvaltig
volck von der warheit abwendist mit der gestalt der unbillichheit.
Die mindrend und schmähend den lychnam und bluot Christi,
die sy nit bruchend, wie sy Christus uffgericht und geordnet hat,
sunder habend sy dem heyligen fronlychnam und bluot Christi sinen
namen geendret unnd den bruch beider gestalten in eine kürtzt.
Dann das, so ein testament, gmächt oder verpündtnus ist und ein
widergedächtnus, das hand sy ein sacrament genennet oder opffer,
welche namen wider einandren sind. Dann ist ein sacrament ein
opffer, warumb ist die ee oder letste salbung nit ouch ein opffer? Ist
dann diser fronlychnam ein opffer, als ir sagen, warumb begryffend ir
es under dem namen sacrament? Darumb losend umb gots und der
warheit willen der meinung, die ich nit uß minem kopff, sunder uß
dem selbs wort Christi und Pauli bewären wil.
Zum ersten wüssend ir wol, das diß wort sacramentum, ein alt
latinisch wort, nit heißt, für das wir es yetzund bruchend, sunder
heysset sacramentum, eigenlich ze reden, einen eyd. Wo ir nun die
ding sacramenta nennen wellend, die got mit sinem eygnen wort, das
als styff und gwüß ist, als hett er einen eyd darumb geschworen, uffgesetzt,
geheissen und geordnet hat, so sind vil ding nit sacramenta,
die aber wir für sacramenta hand - denn got hat nüt von inen geredt,
als: die firmung, wyhe, letste ölung, der maß wir sy bruchend. Es
werdend ouch darwider sacramenta sin, die wir nit für sacramenta
haltend, als almuosen; dann von dem hat got geredt: was man dem
kleinsten thueye in sinem namen, das welle er achten, als wer es im
selbs beschehen; mag nit fälen. Es wurde ouch der bann ein sacrament
sin; dann Christus hat gredt: was die gemeind binde, das sye

--121--

im himel ouch gebunden; mag nit fälen. So mueßt es ye der gstalt
ein sacrament sin. Aber die theologi nemmend sacrament nit also,
sunder sy sprechend: Sacramentum est sacre rei signum, sacrament
ist ein zeichen eins heyligen dings. Ist nun der fronlychnam und bluot
Christi nun ein zeichen eins heiligen dings, wölt ich gern wüssen,
was er doch bedute; und so er nun bedute, wie könd er ein opffer
sin? oder wie ir theologi erlyden mögind, das der fronlychnam und
bluot Christi under dem namen sacrament begriffen werd, so sacrament
nun ein zeichen eins helgen dings ist? und aber ir so engstigklich
erfarend, wie die substantz des brots verwandlet werde in
die substantz des lychnams etc. Darumb mag ein kind mercken,
das ir das wort "sacrament" nit recht erklärt hand: ja, es sye ein
zeichen eins heiligen dings; denn der fronlychnam unnd bluot
Christi sind nach üwer leer nit ein zeychen, sunder ein opffer.
Ist es ein opffer, wie kan es ein zeichen sin, vorus im nüwen testament?
Vernemmend aber, das sacramentum, sydtenmal, das ir diß
wort nach üwrem muotwillen gebrucht hand, als vil heißt als ein
heilige heimliche oder ein heilig heimlich ding. Was wellend ir nun
dem klaren und nutzbarlichen fronlychnam und bluot einen sölichen
namen geben, daran der einvaltig nun unwüssend gemacht würt?
Warumb hand ir im nit sinen erstlichen namen gelassen und hand 's
genennet: den lychnam unnd das bluot Christi, wie es Christus selbs
und Paulus genennet habend? Sprechend ir: Wir nennend es doch
also. Warumb habend ir 's dann ein sacrament genennet mit einem
unbekanten namen? derglych als wol die letsten ölung heißt, als den
fronlychnam unnd bluot Christi. Sprichst: Wozuo ist dise spitzfündige
teilung deß sacraments guot? Antwurt: Warlich, nienar zuo, dann zuo
erzeigen, daß ir in den sacramenten unwyßlich umbgond und haben
den fronlychnam und bluot Christi ouch under den namen sacrament
gezwungen, wiewol im üwer definitz nit zimpt, so ferr ir den für
ein opffer halten; und ist aber der fronlychnam und bluot Christi
heyliger, dann daß er under dem namen sacrament (als ir 's nennen für
ein zeychen eins heilgen dings) begriffen werden sölle. Ir hand aber
den nutz in dem üwren irtumb funden, daß ir yetz die einvaltigen

--122--

übervallend, so man nüt uff üwre wyhe halten wil, und schryend:
Man haltet nüt me uff den sacramenten. So werdend sy denn
unduldig und wenend, man verwerff den fronlychnam und bluot
Christi, den touff, die ee, das vergeben der sünden; dann sy wüssend
nit, was sacrament heyßt. So verr ir aber sacramentum nennen
wöltind ein sicher zeychen oder sigel, so mag ich wol lyden, das ir
den lychnam und bluot Christi ein sacrament nennind; es mag aber
üwer definitz oder beschrybung disen verstand nit erlyden. Denn der
gstalt muessend ir üwre wyhe, firmung, letste ölung lassen fallen, welche
mit dem wort gottes nit versichren mögend, der gstalt ir sy bruchend.
Ich laß die letste ölung einen früntlichen zuogang und heimsuochen
deß krancken sin. Das sy aber ein gwüß wort gottes hab, daran man
gewüß glouben könne, was darunder bschech, das hat man nit.
Ich laß die firmung ein zeychen sin, glych als das wösterhembd.
Das sy aber ein sacrament sye, also, das got ein gwüß wort daruff
geredt hab und im wort etwas verheissen, das ist nit.
Und sydtenmal wir der firmung ze reden worden sind, wil ich
min guotbeduncken davon sagen.
Von der firmung.
Ich mein, das die firmung da dannen sye kummen (dann in der
heiligen gschrifft findt man nüt von ir, noch by den alten lereren;
dannenhar muoß ich mich wenens benuegen), das man angesehen hab,
das die kind, die den glouben durch vatter und muoter oder gotten
und göttinen verjehen hand, nit mit eygnem hertzen oder mund,
so sy zuo verstand kämind, den glouben mit eygnem mund verjähind
und syind darumb zuo dem priester gfuert, daß sy da im glouben wol
bericht wurdind, unnd nach bericht des gloubens inn offenlich bekantind
vor allen menschen. Des gibt ein anzeygen, das man noch
hüt by tag, ee man firme, predget vom glouben, wo es recht zuogat.
Wiewol vil wychbischoff ietzund gemeinlich nun predigen, wie es ein
heiliger caracter sye, und sölle man erst getouffte und unverstendige

--123--

kinder hinzuotragen, damit das opffer deß grösser werd. Ich hab aber
von den alten ghört, das man vor zyten den gfirmten gefragt hab,
wie er heyß, und darnach, ob er den glouben und das vatter unser
könne, und demnach gesalbet mit dem öl oder krisem. Uß den
brüchen und das man noch hüt by tag den namen erforscht, muoß ich
ye gedencken, das die firmung erst in einen bruch kummen sye, als
man die kinder gemeinlich hat angehebt in der kindtheit, ja, so bald
sy worden sind, touffen, damit inen der gloub, den vatter und muoter
für sy durch gotten und götinen verjehen habend, nit unbekant sye.
Wiewol ich weiß, als die alten anzeigend, das man von alter har die
kind etwan getoufft hat, ist es doch nit also gemein xin als zuo unseren
zyten, sunder man hat sy offenlich mit einandren gelert, als sy zuo verstentnus
kummen sind - dannenhar sy ouch katechumeni hand gheissen,
das ist: die berichten -, das wort des heils. Und so sy dem vesten
glouben imm hertzen ggeben habend und mit dem mund verjehen,
hat man sy getoufft. Welchen sitten der leer ich beger noch hüt by
tag wider angenommen werden, namlich, das man, sydtenmal man die
kinder so jung toufft, sy fürneme ze leren, so sy zuo sölchem verstand
kummend, daß sy vernemmen mögend das wort gottes. Sunst hettind
sy einen grossen, schädlichen hinderling, söltind sy in dem wort
gottes, joch nach dem touff, nit als wol gelert werden, als die jungen
vor zyten vor dem touff glert sind; als noch hüt by tag anzeigend
etlicher alten leeren oder predginen zuo den katechumenis, das ist: zuo
denen, die des gloubens bericht und der leer gottes. Uß welchem
grund wir ouch zuo Zürich vor jaresfrist angehebt habend zwürend
im jar alle jugend berueffen und sy alda mit einandren leren gott erkennen
unnd demnach sin wort und willen inen offnen, wie sy sich
gegen im und dem nächsten halten söllend; ouch wie sy sich zuo im,
als zuo eim früntlichen, lieben vatter, versehen söllind und zuo im
louffen in aller not des lybs unnd des gemuetes. Und thuond das zuo
eim mal in osterfyrtagen, zum andren zuo spatem herbst oder zuo wyhnacht
an der kindlintag. Sölicher gstalt mein ich die firmung gebrucht
sin, damit die, so vormals unwüssend getoufft warend, hernach,
so sy zuo vernunfft kommend, wüssenhaffter sach den glouben selbs

--124--

verjehend, doch erst nachdem sy in dem handel des heils wol bericht
warend. Das zeyget ouch an der nam confirmatio, das heißt: ein
bestätigung. Und sölte die firmung ein widergedächtnus der zuokunfft
oder inbringen des heiligen geists sin, hette sy wol einen andren
namen. Ich weyß ouch wol, was magister in sententiis davon schrybt;
laß mich dasselb nit kümmeren. Und zuo mererem ernst hat man das
salben hinzuo gethon; darus haben die theologi ein sacrament gemacht,
und hand aber die wychbischoff das best darinnen verlassen, das
ist: den bericht des worts gottes.
Hieby sag ich, das mich wenig bekümmert, ob sy schon das
wyhwasser, den rouch und ander ding sacramenta namptind, so verr
sy dem touff, dem fronlychnam und bluot Christi nit iren verstand
mit dem namen sacrament verduncklet hettind. Denn ie muoß ein
underscheid sin zwüschend denen dingen, die got hat uffgesetzt und
ihenen, die der mensch hat uffgesetzt. Wiltu nun den touff und fronlychnam
und bluot Christi sacramenta nennen, so muostu mit denen
dingen, die von menschen erdacht sind, den namen sacrament nit
gmein machen, oder aber du erhöchst der menschen vernunfft und
elementa nebend got hynuff. Wiltu denn ein ding, das von menschen
erdacht ist, mit dem namen sacrament bekleiden, so muost du under
den namen, das von gott kumpt, nit zwingen. Und das red ich uff die
meinung, so verr du von dem namen sacrament reden wilt, wie die
theologi bishar geredt hand. So verr du aber sacrament nennen
wöltist ein gesegnet oder ghelget ding, so werdend dann nit allein

--125--

firmung und ölung und wyhe, sunder wyhwasser, wyhrouch, fladen,
balmen und sant Johanstrunck sacrament. Darumb tobend unbillich
die, so der leer Christi widerstrebend, wenn sy schryend, man wil
uns nüt uß den sacramenten machen. Denn verstond ir sacramentum,
es sye ein zeichen, das mit dem wort gottes oder des menschen gesegnet
oder geheilget sye, so sind iro wol me dann sibne. Verstond
aber ir sacramenta sin die zeychen oder pfand, die gott mit sinem
eygnen wort gegeben und geheilget und bevestet hat, so muessen ie nit
sacrament sin, die nun uß dem ansehen und wort des menschen
kummend. Hierumb, wenn ich sacramentum nenn den fronlichnam
und bluot Christi oder den touff, so verston ich sacrament, wie zum
ersten mal davon gredt ist, das, so mit dem unbetrogenlichen, gewüssen
wort gottes ingesetzt ist. Wenn ich die andren gesegneten
ding nenn sacrament, so verston ich sacrament ein zeychen, das gesegnet
sye mit dem wort gottes oder des menschen. Dann wie die
theologi sacramentum beschrybend, mag es nach irer meynung nit
gemein sin dem sacrament des altars. Doch ist gantz närrisch in den
dingen so unfridlich zanggen, als etlich thuond; dann was bekümmeret
mich, wie die Latiner die heiligen ding nennind? Sacramentum ist
ein latinischer nam; die Griechen bruchend inn nit, wiewol sy
misterium bruchend, doch gar nit der meinung, als die Latiner
sacramentum. Wir Tütschen bedörffend deß worts sacrament nit.
Die heyligen ding heissend uns: touff, fronlychnam und bluot, ee, genad
gottes oder nachlassen der sünden, ölung, firmung, wyhe oder überbätt
oder segen. Also erkent man iedes by sinem namen.
Und so ich von der firmung geredt hab, ist nit ungschickt, ich sag
daby ouch von der ölung. Von dero schrybt Jacobus 5. [Jac. 5. 14f.]:
So einer under üch kranck ist, so berueffe er die elteren der kilchhöre

--126--

oder gemeind, und dieselben bättind über inn, nachdem sy inn mit öl
gesalbet habend in dem namen des herren. Und das gebett des
gloubens würt den krancken xund machen und heil, und wirdt inn
der herr uffrichten; und ob er sünd gethon hette, so würt es im nachgelassen.
In den worten Jacobi gründend die Bäpstler, das die
ölung ein sacrament sye. Und hat aber Jacob nüt anderst hie gelert,
denn ein früntlich mitlyden und heimsuochen der krancken; die
sölle man ratsamen mit salben des öls; unnd seit gar nüt von gesegnetem
öl, sunder schlechtlich nun von öl. Er gibt ouch das nachlassen
der sünd und heyl nit dem öl zuo, sunder dem gebätt, das die
eersamen der gemeind im glouben für die krancken thueind. Dise
ölung hat kein gotswort, das uns gewüß sage, das under dem zeichen
der ölung die sünd vergeben werd, sunder dasselb ist dem gebett zuoggeben.
Also wer das gebett ein sacrament nach irem fürnemmen.
Aber bekümmre sich umb des namens sacrament willen nieman, wie
vor gemelt ist. Was gadt uns der latinisch nam an, den die Latiner
selbs schlechtlich verstanden habend. Wir wüssend, das der
touff, fronlychnam und bluot Christi, die ee, von got sind uffgesetzt;
das vergeben der sünd ist ggründt im wort gottes; das die ölung und
firmung ein früntlich angryffen ist, von den menschen gebrucht, ja
erst nach dem rechten, wesenlichen werck. Die ölung ist minder dann
das gebätt, die firmung des krisems minder denn das wort des
gloubens; das sol da verhandlet werden. Also mag ich ouch von der
wyhe sagen. Ich möcht wol lyden, ob man die, denen man das wort
gottes empfolht, mit öl oder ancken salbete, so verr etlich blöcker
nit so närrisch wärind, das sy sich darnach für heilig hettind, und so
läppisch sich baretind, daß warlich wäger wer, man ließ das salben
underwegen. Verzych mir, lieber bruoder in Christo, das ich nit
von stund an, wie ich verheissen hat, volendet hab die materi vom
fronlychnam und bluot Christi. Es hat sich wol hie begeben disen
ußlouff ze tuon, so ich doch von dem namen sacrament hab muessen
reden, mit dem sich etlich so närrisch anlassend und kempffend umb
geyßwullen. Und bedörffen aber wir Tütschen des namens nüt;

--127--

und so wir inn schon haben, so wüßend wir nit, was er heisset.
Nenne einer ein ding mit dem namen, den er wol verstat, und belade
sich frömbder worten nüts. Es hat Christus das wort sacrament nit
gebrucht, der aber der ursprung der heilsamen dingen ist, die wir
sacramenta nennen; und wir fuerend ein sölich gfächt umb der
simonigischen bischoffen salbens wegen, wie die stein heylig
werdend und erd und schyssenden menschen. Laß die salbungen
ein hüpschen bruch sin; dann uß dem wort gottes hand sy keinen
grund. Und ist es nit gnuog, das du sy sacramenta nennest, so gib
inen noch ein kluegeren namen! Ich wil aber, so du sy sacramenta
nennest, nitt, das du sy mir nebend den heiligen zeichen, die
Christus bestimpt hat, haltest. Ich mag ouch nit, das du mir die
götlichen zeychen sacramenta nennest, wenn dir sacrament heißt: der
böggenbischoffen salbung; dann sy sind wirdiger, denn das sy gezelt
söllend werden under die menschlich erfundnen zeichen.
Sydtenmal nun, wie obgemelt, starck und gnuog bewärt ist, daß
Christus nun einist hat söllen und mögen uffgeopfret werden -
dann das eigenlich imm zimpt, daß er, sich selbs got uffgeopfret, in
die ewigheit für aller menschen sünd ein bezalende gnädigung sye -,
so volget, das die meß nit ein opffer sye, sunder ein widergedächtnus
des opffers, das nun einist hat mögen ufgeopfret werden, und ein
sichrung den blöden, das sy Christus erlößt habe, also, das sy als
sicher sind, so sy vestenklich gloubend, Christum ire sünd bezalt
haben am crütz, und in sölichem glouben essend und trinckend sin
fleisch und bluot, und erkennend inen das zuo einer sichrung gegeben
sin, ja inen werdend ire sünd verzigen, als were Christus erst am
crütz gestorben. So krefftig und zuo allen zyten gegenwürtig ist
Christus; denn er ist ein ewiger got. So ist ouch sin lyden ewigklich
fruchtbar, als Paulus redt Hebr. 9. [Hebr. 9. 14]: Wie vil me
würt das bluot Christi, der sich selbs durch den ewigen geist unbefleckt

--128--

hat got übergeben oder uffgeopfret, unser conscientzen
reinigen etc. Hie spricht Paulus nit vergeben, das Christus sich
selbs durch den ewigen geist uffgeopfret habe got; da aber wir im
latin lesend: Per spiritum sanctum, durch den heligen geist. Dann
Paulus erklärt am selben ort, wie Christus, nun einist uffgeopfret,
in die ewigheit ein tür unnd wärend opffer sye für aller menschen
sünd und bewärt das in dem, das er ein ewiger geist und got sye, sye
ouch sin lyden in die ewigkeit fruchtbar. Hie söllend aber die einvaltigen
lernen, das man hie nit strytet, ob der fronlychnam und bluot
Christi geessen und truncken werde (dann daran zwyflet dheinem
Christen), sunder ob es ein opffer sye oder nun ein widergedächtnus.
Und beschicht das darumb, das die irrenden pfaffen zwey ding lerend,
die wider einandren sind. Das erst ist, daß sy lerend, die meß sye
ein opffer, und habend ab der leer me gelößt, dann uff den hütigen
tag alle fürsten und herren barschafft habind. Das ander ist, das, so
sy ein grosse gstalt des brots bruchend, und gebend dem gemeinen
volck nun ein kleyne. Uns so man sy erforschet umb die gestalt des
bluots, warumb sy die dem gemeinen Christen nit gebind, so antwurtend
sy, man sölle deß nit achten; da sye dhein underscheid: welicher
Christum esse in der kleinen gestalt, der esse nüt minder dann der
priester; es sye an im selbs gantz glych. So du nun sprichst: Ist
es glych, warumb nennestu denn das din ein opffer? Und wie gat es
zuo, das mins nit ein opffer ist? So mins nit ein opffer ist und sind
beide glych, so muoß ouch das din nit ein opffer sin. Hie hebend sy dann
an einen underscheid ze machen unnd zühend die wort Christi nun
uff sich selbs; und wenn das war wär, als es nit ist, so wer der fronlychnam
und bluot Christi allein der pfaffen. Das sye verr von uns
ze gedencken. Und disen gegenwurff sol der einvaltig behalten; dann
so bald man inen den in 'n hals schoppet, so würgend sy dran;
mögend inn doch nit verschlucken. Ist es ein sacrament, wie, das
dins ein opffer ist und mines nit? Ist opffer und sacrament ein ding?
Daß nun der falsch, da sy sagend, ires sye ein opffer, entdeckt werde,
wellend wir die sach zum ersten also für d' hend nemmen:
Alles, so der mensch ufopfret, es sye, wie tür es welle, ist es
doch minder, dann wenn er sich selbs uffopfferete. Darumb hat ouch

--129--

Christus sich selbs ufgeopfret, damit er als ein mitler got das höchst
ufopfrete, das er hett. Wie könd nun der mensch got uffopfren? Wil
er das höchst got ufopfren, das er vermag, so muoß er tuon, wie
Christus: er muoß sich selbs ufopfren; dann Christus hat ouch nit
einen andren, sunder sich selbs uffgeopfret. So nun der mensch
Christum ufopfrete, so beruorte dasselb inen nit, sunder Christum.
Unnd so das opfren Christi nüt anderst ist weder den tod lyden für
uns armen sünder, wie da oben bewäret ist, so mueßte ye volgen, das,
welicher ietz Christum ufopfrete, das er den crützgete; denn das
höchste opffer mag dheiner thuen, er opfre dann sich selbs. Was understat
denn der mensch Christum uffzeopfren, so den nieman mag ufopfren
dann er sich selber? Ist denn der mensch über Christum,
das er Christum mag ufopfren und sich selbs behalten oder sparen?
Gang, opffer dich selbs got uff, wiltu ye geopfferet han! Sprichst:
Wie? Gang hyn, verleugen dich selbs und trag din crütz Christo
nach. Luc. 9. [Luc. 9. 23f.]: Welcher mir nachkummen wil, der verleugne
sich selbs und nemm uff sich sin krütz all tag, und volge mir
nach. Dann welcher sin seel, das ist: sich selbs, behalten welle, der
verliere sy; und welicher sin seel verlieren wirdt umb minetwillen, der
wirt sy behalten etc. Sich selbs verleugnen ist ein groß opffer; dann
der mensch ist groß in sinen eignen ougen. Er spricht zuo im selbs:
Du bist so vil rychtagen unnd eeren wärdt, so wyß, schön oder kluog.
Wenn er nun sin eigenschatz gar verleugnet, das er by im selbs gar
nüts ist (denn so ist er eins armen geistes), dann hat er sich selbs
verleugnet. Dann volgt hernach, das er sin crütz uff sich nemm.
Die wyl der mentsch in disem zyt lebt, ist er nümmer on ein krütz.
Ist er nit eins armen geists, wie vor stat, und hat sich selbs verleugnet,
so treit er ouch ein krütz, aber dem tüfel nach. Ist aber er schon
verleugnet, so ist er des crützes nit fry, sunder er muoß sin krütz erst
uff sich nemmen, das ist: alles, das got wider ist und im selbs, ouch
das got gevellig ist und im wider, mit dulde tragen, alle kranckheit,
alle schmach, allen abgang guotes unnd der eeren nutz achten, den
tüfel, der uns im aller besten mit uppiger eer oder ruom anficht, versteuben
mit unabläßlichem lyden, und dem herren mit vil schweyß
und arbeit nachvolgen, das ist: wie er umb unser willen sich selbs in

--130--

alles lyden hynggeben hat, wir uns ouch also umb sinetwillen hingebind
unnd tragind all weehendel. Das ist "im nachgevolget", wenn wir
thuond, wie er gethon hat. Ja wiltu got etwas ufopfren, opffer im dinen
hochmuot uf, veracht dinen namen, din hab, din sel, das ist: dich selbs,
oder din seel, das ist: den sinn und muot dines geists; denn des
menschen muot und geist ist hochfertig. Dis hab ich zuo einem inzug
geton, damit mengklich verstand, was das wort "ufopfren" eigenlich
bedüte, und das das höchste opffer ist, so der mensch sich selb opfret.
Es mag ouch den menschen nieman ufopfren denn er sich selbs. Also
mag Christum ouch nieman ufopfferen dann er sich selbs; und hat das
nun einist gethon. So muoß ye das, so wir täglich thuond, nit ein opffer,
sunder ein sichre widergedächtnus sin des einist getödten opffers
Christi.
Doch wellend wir ietz die wort Christi und Pauli harfürbringen,
darinn wir allen handel luter begryffen mögend.
Mat. 26. [Matth. 26. 26-28] stat also: Do sy z' nacht assend, hat
Jhesus das brot, das er in die hend genommen und danck geseyt
hat, gebrochen, und hat es den jungeren ggeben und gesprochen:
Nemmend, essend; das ist min lychnam. Unnd als er das trinckgschirr
genommen unnd danck gesagt, hat er es inen ggeben, sprechende:
Trinckend uß im alle; dann das ist min bluot, das bluot des nüwen
testamentes, das für die menge vergossen wirdt zuo nachlassen der sünd.
Dise wort sind klar und allen menschen bekant. Man sicht aber hie
nüt, das sich dahyn ziehe, das er geheissen hab, man sölle im sinen
lychnam und bluot ufopfferen. Er spricht wol: Das ist min bluot, das
bluot des nüwen testaments, das für die menge vergossen wirt zuo nachlassen
der sünd. An welichen worten man eigenlich vermerckt, daß
das vergiessen sines bluots die sünd hat hingenommen der mengy, das
ist: der gleubigen welt. So muoß ouch das vergiessen des bluots und
sterbens das opffer xin sin, das für unser sünd bezalt hat. Denn hat
das opffer unser sünd bezalt, und hat sin bluotvergiessen unser sünd
bezalt, und hat sin sterben unser sünd bezalt, so muoß sin opfren, sin
bluotvergiessen, sin sterben alles ein ding sin. So volgt: Wenn
Christus stirbt, wenn Christus sin bluot vergüßt, das er denn sich
selbs opfret. Nun stirbt er nümmen Ro. 6. [Röm. 6. 9]; so würt er

--131--

ouch nümmen uffgeopfret, sunder wie hie sine eignen wort lutend: Do
sin bluot vergossen, ward die sünd nachgelassen und vergeben. Und
so hie in den worten Christi stat "das bluot des nüwen testaments",
dunckt mich ouch not sin vom testament minen verstand ze sagen.
Testamentum, pactum und foedus wirdt in der geschrifft offt für
einandren gebrucht, doch würt testamentum aller meist gebruchet, der
maß es uns hie dienet, und heißt ein erbgmächt; wirt aber ouch gebrucht
für ein pundt oder verstand, so man pfligt mit einandren ze
machen umb frydens willen. Der gstalt man spricht: das alt oder das
nüw testament, das ist: der pundt, verstand und pflicht, die got mit
den alten vätteren getroffen hat oder mit der gantzen welt durch
Christum. So dick aber imm alten testament ein verstand zwüschend
got und den gotsfründen gemacht, ist der bruch gesin denselbigen
pundt mit bluot und opffer ze bevesten. Lis von Noe, von Abraham,
so findestu es. Noch häller exo. 24. [Ex. 24. 3-8]: Nachdem
Moyses den kindren Israels die gebott gottes gelesen, und sy sich
in die gebott gottes ergeben, hatt er geheissen 12. kelber nach der
zal der 12. gschlechten töden und got ufopfren und demnach das bluot
der kelberen genommen unnd damit das buoch des gsatztes (Hebr. 9.
[Hebr. 9. 20]) und das gantz volk besprengt, mit disen worten: Diß
ist das bluot deß pundts, den got mit üch troffen hat von der reden
oder gebotten aller wegen etc. Hie hörend wir die wort Moysi,
damit er das testament gevestet hatt, so glych sin den worten
Christi von sinem bluot, das ein ietlicher eigenlich mercken mag,
das Moyses gehandlet hat ein bedüten gewesen sin deß, das
Christus gethon hat. Denn nachdem got mit den kinderen Israels
und iren nachkummen einn pundt gemacht und ein erbgemächt, das
ist: ein testament, do ist ouch tod und bluotvergiessen, doch nun der
unvernünfftigen tieren, darzuo gebrucht, wie vor gemeldet. Do aber
Christus sin testament, das ist: sin verpüntnus und erbgemächt, das
in die ewigheit wären würdt, mit den menschen gemacht, hat er nit
vihischen tod ufgeopfret, sunder sich selbs; uns nit mit vihischem
bluot bsprengt, sunder mit sinem eignen bluot, das er uns zuo einem
zeychen eines ewigen testamentes - dann es uß dem geflossen ist,

--132--

der ewiger got ist - nit an die überthür hat gheissen strychen und
nit unser hut mit besprengt, sunder gheissen trincken und unser
seelen inwendig damit gereiniget. Wo nun ein testament ist gemacht,
da würt es erst erfüllet, wenn der gstirbt, der es gemacht hat
Hebr. 9. [Hebr. 9. 15-17]. Also ouch do Christus uns das erbgmächt
hat uß gnaden ggeben, das wir durch inn sün und erben
gottes werden, do ist er gestorben und hat sin gmächt by uns bevestet,
daß er uns sin eygen fleisch zuo einer spyß und sin eigen bluot
zuo eim tranck der seel ggeben hat, damit unsre hoffnung hie ein sicher
pfand und zeichen hette, das, wenn ouch wir sterben werdind, wir das
erb, das er uns hat erben gemacht, ynnemmen werdend. Und darumb
nempt Lucas [Luc. 22. 20] das bluot Christi nit allein das bluot des
testamentes, sunder des testament selbs, mit sölichen worten: Diß
tranck - also tütsch ich poterion [ποτήριον] - ist das nüw testament
oder pündtnus in minem bluot, das für üch vergossen wirdt. Mit
welichen worten wir bericht werdend, das das nüw testament mit dem
bluot Christi gevestet wirt, ja, das es das nüw testament ist, also, das
wir alle in dem vergoßnen bluot (das als vil ist als in dem lyden und
ufopfren Christi; dann die erlösung wirt offt dem bluot Christi zuogeschriben,
die aber vom tod Christi harkumpt, wie vormal anzeigt
ist. Das gschicht aber darumb, das dem bluot das bevesten des
testaments zuobenamset wirt) sälig werdent, und ist uns zuo einer
sichrung deß, das, einist verhandlet, in die ewikeit kraft hat,
ggeben zuo einer spiß und tranck.
Ee unnd wir von den worten Matthei gangind, wellend wir anzeygen,
daß Christus mit so lutren, eygenlichen worten alle menschen
geheissen hat uß sinem trinckgschirr, das ist: sin bluot, trincken,
sprechende: Trinckend uß im alle. Das aber by der gstalt des brots
diß wort "alle" nit hynzuogethon wirdt, ist nit ein zeichen, daß dieselb
ieman sölle entzogen werden, sunder die wort habend ouch griechisch
und latin den sinn, das wir alle sinen lychnam essen söllend. Ich
versich mich aber vestenklich zuo gottes fürsichtigheit, das sy zuo der
gstalt des bluots diß wort "alle" darum hinzuogethon hab, das sy

--133--

gegenwürtiklich gesehen hab, das fürwitzige kummen wurdind, die
sich understuendend die gstalt des bluotes abzebrechen etlichen
menschen. Damit aber sölchs deß minder gschähe, hat er 's versehen
mit so eim hällen gebott, das nit häller xin mag: Trinckend
uß im alle. Welicher spricht "alle", der nimpt schlechtlich nüts uß.
Wie habend nun die torechtigen menschen gdören die ordnung und
uffsatz diser heilgen spyß endren oder kürtzen, so das gotswort so
clar ist? Und namlich, so die beyden gstalten, ob nit anderßwo, doch
imm tütschen land, ja in Helvetiis offenlich gebrucht sind, wyb und
man gegeben, kinden und alten: das bewär ich mit gewüsser kundtschafft.
Als ich by den ersamen herren ze Glaris im land kilchher
bin xin, hab ich ein obsequial, das ist: ein buoch, das man zum
touff, tod und segen brucht, funden ze Mollis. Wiewol das alt,
was es doch gantz und noch unverendret der gschrifft halb; darinn
stuond ein latinische rubrica glych uff das, so das kindle getoufft
wäre, also: Demnach sol man dem kind das sacrament eucharistie
geben, derglichen ouch das trinckgschirr des bluots. Hie wil ich nit
gruemt haben, daß man das sacrament den kinden ggeben hab, sunder
uß den worten bezügen, das man die himelschen spyß under beden
gestalten in unseren landen gebrucht hat. Hieby sind gewesen die
ersamen, wolgelerten, herr Adam, kilchherr dozemal zuo Mollis,
M. Gregorius Büntzly, kilchher zuo Wesen und herr Johans
Varschon, kilchherr uff Kirchennetse. In disem jar ist der
wolgeleert M. Valetin Tschudi, min nachkummender kilchher
zuo Glaris und M. Joannes Her zuo mir kummen und habend mir
anzeigt, das sy derglychen ein obsequial ouch in irer kilchen funden
habind; das sy dem ze Mollis so glych, das sy vermeinend, eins von
dem andren abgeschriben sin, in welchem die vorgemelt meinung glych
so wol bestimpt sye. Wie lang aber der bruch imm land Glaris

--134--

gewärt, hab ich nit mögen ermessen; iedoch so ist es nit über 200. jar,
das man es also on zwyfel ze Mollis gebrucht hat; dann ich hab alte
kilchenbrieff by inen funden, von deswegen, das sy von Glaris gescheiden
sind; die sind by 200. jaren alt. Vor welchem abscheid ein
ieder wol wüssen mag, das sy dhein obsequial hand by der kilchen
gehebt; denn man darinn die sacrament nit zuogedienet hat, sunder ze
bedencken ist, das sölch obsequial von dem zuo Glaris abgeschriben
und in der nüwen pfarr gbrucht sye. Diß zeyg ich darumb so
eigenlich und mit zügen an, die alle noch in leben und mine vast
lieben brueder sind in Christo Jesu, das man erlerne, das es dhein
kätzery sye under beden gstalten die spyß der seel Christum nemmen,
sunder ordenlicher und eigenlicher und dem uffsetzen Christi glychförmiger,
denn so wir sy nun under einer gstalt niessend. Daby ich
aber ouch wil anzeigt haben, das ich denen, so sich uß unwissenheit
oder zwang der gstalt des brots vernuegend, nit wil abgeschlagen han,
das sy Christum nit genossen habind; dann wenn sy Jesum
Christum ggloubt hand ir heyl sin, so hand sy im glouben heyl
funden, ob inen schon bed gestalten entzogen wärind. Aber die, so
die gstalt deß bluots dem gemeinen menschen entzogen habend, kan
ich frävens und sündens nit entschuldigen, die, wie vor ouch ist anzeygt,
sol man zuo dem wort gottes nütz thuon und nütz darvon nemmen,
warlich ze vil fräven sind xin, daß sy die gstalt deß bluotes hand
gdören underschlahen. Ich zwyfel aber, wannen die fünd kummen
syind. Zum ersten das: Nachdem Rom sich also gschickt hat, das
alle Christenheit gsatzt, ordnung unnd bericht von iro genommen,
hat sy die Christenheit allweg uff sine sitten gar engstigklich gezogen,
welichs gar nach in allen reschribten [!], das ist: antwurten,
offenbar ist. Also ouch hie, nachdem sy den sitten hat angehebt,
das sy den gemeinen menschen nun mit einer gstalt gespyßt, hat sy

--135--

andre nationen ouch in den bruch, ja mißbruch, gezogen, damit sy
allenthalb überwunde und herschete, joch in denen dingen, die sy
wider das wort gottes, eintweders uß unwüssenheit oder uß boßheit,
angefangen hat. Zum andren zwyfel ich, das die falsch geistlichen
damit habind wellen fürbringen, das die meß ein opffer sye, der hoffnung,
so der einvaltig mensch sähe vonn geistlich genanten das bluot
genossen werden, das aber der einvaltig nit truncke, wurde er deß ee
glouben, das die meß ein opffer wär. Denn das sy gmeinlich harfürzühend,
es sye dise gstalt darumb abgschlagen, das man nit so
süberlich und unverschüttet mit dem bluot könde umbgon als mit
dem lychnam, ist nüt. Dann sind die accidentia - wie sy sprechend -
sine subiecto, so mag der lychnam oder das bluot Christi nienan
hin fallen und fielind nun die accidentia. Sich, wie schön ist ir leer
ggründet! Darzuo könde man wol mit so gschickten gschirren die
gstalt des bluots verhandlen, das da nüt enteret wurd.
Marcus zelt disen handel also capitel 14. [Marc. 14. 22-24]: In
dem, als sy assend, hat Jesus das brot genommen, got gelobt, und gebrochen,
das ist: ußgeteilt, und inen ggeben, und gesprochen: Nemmend,
essend, das ist min lychnam. Unnd als er das trinckgschirr genommen
und danck gseit, hat er 's inen ggeben, und sy hand all darus getruncken
- sich aber einmal "all" - und hat inen gseit: Das ist
min bluot, das bluot des nüwen testaments oder pundts, das für die
menge vergossen wirt. Dise wort dörffend nit mer handlens.
Lucas also 22. [Luc. 22. 19f.]: Und als er das brot genommen,
danck gseit, hat er es gebrochen und inen ggeben, redende: Das ist
min lychnam, der für üch ggeben wirt; das thuond zuo gedächtnus min.
Derglychen ouch das trinckgschirr nach dem nachtmal, redende: Das
trinckgschirr ist das nüw testament in minem bluot, das für üch vergossen
wirdt.
Ermiß hie zum ersten die wort des bluots. Er spricht: Das
trinckgschirr - verstand aber du das tranck, das darinn was - ist
das nüw testament in minem bluot. Es ist der Hebreieren ard, das
sy "in" bruchen, da wir im tütsch "mit" oder "durch" bruchend;
als da sy sprechend "in gwaltiger hand", da sprechen wir "mit gewaltiger
hand" oder "durch gwaltige hand" oder "uß gwalt der hand".

--136--

Also hie, als Lucas die wort Christi zellet, brucht er sy nach
hebraischer ard, unnd habend den sinn: Das tranck ist das nüw
testament oder pund, das durch min bluot, das für üch vergossen wirt,
uffgericht wirdt, oder das in minem bluot, das für üch vergossen wirdt,
krafft und grund hat. Hie hörstu aber zum ersten die erlösung dem
bluot zugegeben werden, die aber des todes unnd lydens Christi
ist; darumb aber die gstalt deß bluots deß minder solt abgeschlagen
werden. Zum andren, das die erlösung in dem lyden und bluotvergiessen
verwürckt und gevolkummnet ist, indem, das er spricht, sin testament
werde uffgericht durch sin bluot, das für uns vergossen werde. So hörend
wir wol, das, do es vergossen, ward das testament uffgericht. So es
aber zuo unseren zyten nit vergossen würdt, so ist es ouch nit ein
opffer, sunder ein widergedächtnus und ernüwerung deß, das Christus,
einest vergossen, uns in die ewigheit heilsam gemacht hat.
Also wirdt nach den so starcken bewärnussen der geschrifft
überblyben, so das heilig maß der seel nit ein opffer ist, das es ein
widergedächtnus und ernüweren ist deß, das, einest beschehen, in die
ewigheit krefftig ist und tür gnuog, für unser sünd gnuog ze thuon der
grechtigheit gottes. Diß bewärnus stat in den eygnen worten Christi,
als wir vor hand ghört Luc. 22. [Luc. 22. 19f.]: Das thuond zuo gedächtnus
min. Hette Christus die spyß sines fronlychnams unnd
bluots ein opffer wellen sin, so hette er wol können sprechen: Das
opfrend mir. Er spricht aber: Das thuond zuo gedächtnus min, das ist:
Uebend das under üch, also, das ir essind und trinckind min lychnam
und bluott zuo einer gedächtnus min, das ist: das ir ernüwrind mit
widergedencken die guothat, die ich üch bewisen hab. Dise meinung
würt uns noch lychter, so wir die wort Pauli verhören werdend:
Er spricht 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 23-26]: Das ich üch hab fürggeben,
das hab ich vom herren empfangen, das ist: gelernet, namlich,
daß Jesus, der herr, an der nacht, an dero er hinggeben ward,
das brot genommen hatt und nach danck sagen gebrochen und
gsprochen: Nemmend, essend, das ist min lychnam, der für üch gebrochen
würt; das thuond in gedächtnus min. Derglychen ouch das
trinckgschirr - verstand: hat er genommen -, nachdem man z' nacht
hat geessen, sprechende: Diß trinckgschirr - das ist: tranck - ist

--137--

das nüw testament in minem bluot; das thuond, so dick ir 's ümmer
trinkind, zuo gedächtnus min. Dann so offt ir ümmer essen werdend
das brot und trincken werdend diß tranck, so ußkündend den tod des
herren, biß das er widrumb kummen würdt. Vor allen dingen sag ich,
das ein ietlicher, der dise wort Pauli eigenlich ermessen würt, würt
finden, wie so unguetlich und frävenlich mit dem Christenvolk gehandlet
ist, do man im die gestalt des bluotes entzogen hatt, in dem,
das er spricht: So offt ir ümmer essen werdend das brot und trincken
werdend diß tranck etc. Dann ye Paulus hat sy bede zemen
knüpffet, wie ouch Christus, der 's inn gelert hatt. Demnach so
macht er die widergedächtnus heyter by dem tranck. Dann so offt
- spricht er - ir ümmer essen werdend das brot und trincken werdend
diß tranck, so verkündend den tod deß herren, biß das er widrumb
kummen würt. Mit welchen worten er nüt anderst wil, denn so dick
wir sin fleisch und bluot niessen werdind, das wir daby wellind gedencken,
was grossen fryds unnd ruowen unseren armen seelen Christus
mit sinem tod geborn und überkummen hab, und sölch guothat ußkünden,
das ist: loben, frolocken, verzügen by den menschen biß an
den jüngsten tag. Sich, hie strychet Paulus die widergedächtnus
eigenlich uß, was die sye, namlich nüt anderst, denn ein innige
dancksagung der guothat und widergedächtnus sines demuetigen lydens,
damit er uns got vereinet hat, welchs on zwyfel den gleubigen menschen
so frölich gemacht, das er die guothat gottes nit gnuog ußrueffen kan
noch ruemen. Diß sol ouch beschehen, biß das er widrumb kummen
würdt am letsten tag, also, daß es nüt anderst sol immer me werden
weder ein widergedächtnus deß, das einest geschehen ist, unnd sol die
widergedächtnus sin vom lyden Christi, wie heilsam das uns gewesen
und immer werde sin. So es nun ein widergedächtnus ist, so mag 's
nit ein opffer sin; dann ein opffer ist nit ein widergedächtnus. Nun
bricht Christus nit, es bricht ouch Paulus nit; so ist ye das verhandlen
diser spyß ein widergedächtnus und ein opffer.
Deßhalb ich "dise spyß niessen" etliche jar har genempt hab
ein widergedächtnus des lydens Christi und nit ein opffer. Aber
nach etlicher zyt hat Martinus Luter dise spyß ein testament genennet,
des namen ich gern wychen wil. Denn er es genempt hat

--138--

nach siner natur und eigenschafft, und hab ich 's genent nach dem
bruch und verhandlung, und ist in den beden namen dhein zwytracht;
dann Christus hat sy beid gebrucht, derglychen ouch Paulus. Verstand
's also: Das bluot und tod Christi sind das, darinn das nüw
und ewig testament sinen grund hat, also, das alle, die fründ und
kinder gottes sin wellend, darzuo nit kummen mögend dann durch das
bluot Christi. Sobald sy gloubend, das Christus mit sinem lyden
und bluot uns erlößt unnd gereiniget hat, so sind sy yetz kinder gottes;
denn das ist das eegmächt oder testament, das Christus in sinem
eygnen bluot hat uffgericht. Also zeigt der nam "testament" die natur,
eigenschafft und wesen deß fronlychnams und bluots Christi; deßhalb
ich mit minem namen wych. Aber das wort "widergedächtnus" hatt
sinen namen von dem bruch, den wir uebend, das, so wir das bluot
und lychnam, das ein testament Christi ist, essend und trinckend,
thuond wir das zuo einer widergedächtnus deß, das nun einist verhandlet
ist. Unnd hab ich diß nach dem wort gottes darumb ein widergedächtnus
genempt, das ich damit niderlegte die meinung dero, die
es ein opffer machen. Glychnus: Das, so man pfligt von einandren
ze erben, heysset guot oder hab. Daß aber einer das mög erben, muoß
durch das testament oder gmächt versichret unnd geordnet werden.
Das erben darnach ist nüt anderst dann ein ynnemmen und niessen
deß, so imm so krefftenklich einist gemacht und verbriefet ist. Also
hie ist das guot, das uns bösen guot und sün gottes hat gemacht, der
lychnam und bluot Christi. Das sölchs vest sye, hat er es selbs mit
sinem eignen wort geredt, daß sölch testament und gmächt durch sin
bluot werde uffgericht, und zuo urkund deß sines fürnemmens hat er uns
dasselb testament zuo einer spyß und tranck ggeben und geheissen, daß
man in dem innemmen und niessen das thueye zuo gedächtnus sin.
So ist zum letsten das niessen und innemmen diß testaments nüt
anderst dann ein widergedächtnus deß, das einest gehandlet ist, also,
das, so wir inemmend und niessend das guot diß testaments, thuond wir
nüt anderst, weder das wir vestenklich gloubend, daß Jesus Christus,
der unschuldig und grecht, für uns armen sünder einist uffgeopfret
und tödt, unser sünd vor got versuent und bezalt hab in die ewigheit,
und zuo sicherheit sin eigen fleisch und bluot zuo einer spyß ggeben, das,
so dick wir die spyß niessen werdend, den tod, das ist: das erlösen
und uffopfren Christi, ußkündind und dancksagind, daß er, unser heil,

--139--

einist gestorben, so früntlich gewürcket unnd bevestet hab. Darumb
alle, so gloubend, daß Jesus Christus unser pfand sye und bezalung,
die söllend hynzuo gon zuo disem tisch, sy syind, wie grosse sünder sy
wellind; dann so sy den ietz und offt bestimpten glouben habend,
söllend sy nümmen sünder, sunder sün gottes genempt werden.
Dann ein ieder, der vergicht, daß Jesus sye Christus, das ist: ein
ieder, der erkent, das Jesus der gsalbet heyland gottes sye, in dem
ist und blybt got; denn er ist uß got geboren, das ist: gottes geist
hat inn deß underricht 1. Jo. 5. [1. Joh. 5. 1]. Dise spyß ist den
armen sünderen ggeben zue eim heyl und nit zuo einer verdamnus.
Hie widerredend aber die Bäpstler unnd mißbruchend die wort
Pauli 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 27], da er spricht: Ein ietlicher, der das
brot essen unnd diß tranck trincken wirdt unwirdigklich, der würt
des bluots unnd lybs des herren schuldig. Hie ja redend sy: Sichstu,
das nieman hinzuo sol gon, er sye dann wirdig; das redt Paulus selb.
Und so du sprichst: Wie muoß man wirdig sin? gebent sy antwurt:
Man muoß gerüwet und gebichtet unnd on alle todsünd sin. Sich,
was verirrten menschen das sind, die dem wort gottes nit gloubend
und die gschrifft nit verstond. Mueßte nieman hynzuogon, denn der on
sünd wär, so lebt dhein mensch, der hinzuo möcht gon; dann nieman
ist on sünd. Und so wir reden wurdind, wir werend on sünd, so verfuerend
wir uns selbs, und ist dhein warheit in uns 1. Jo. 1. [1. Joh. 1. 8].
So nun nieman on sünd ist, wie möchte ieman wirdigklich hinzuo gon,
also, als du "wirdigklich" nimpst für "on sünd"? Darumb heißt "unwirdiklich"
hie nit "mit sünden", als du verston wilt, sunder heysset
es als vil als "ungschickt" nach der meinung deß herren, das ist:
da einer nit hinzuo gadt der meinung, als aber der herre hat angesehen.
Darumb habend die alten gelesen: Welicher essen und trincken wurde
unwirdiglich nach got, das ist: nit essen wurde und trincken, wie got
es ufgericht hat, der wirdt an dem lychnam und bluot Christi schuldig.
Und redt Paulus die wort der meinung, das etlich wärend, die er
darvor im 10. capitel [1. Cor. 10. 14-22] ouch anzeigt, und hie im 11.,
die meintent in dem opffer der abgötten ouch essen und teilhafft sin
inen zimmen, das aber inen Paulus gar nit gestattet, sprechend
1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 21]: Ir mögend nit nebend einander trincken

--140--

das tranck gottes und das tranck der tüflen. Ir mögend nit mitteilhafft
sin deß tisches oder malzyt des herren und der malzyt der
tüflen. Demnach so praßtend sy, zuo der zyt sy zuo dem tisch gottes
giengend, glych sam sy in eim fest oder fraß der abgötten wärind, das
inen Paulus glych als wol nit gestatten wolt am 11. capitel. Uß
welchen beden mißbrüchen ein ieder eineugger wol sehen mag, das
diß wort Pauli "unwirdigklich" genommen sol werden für "ungschickt"
oder "unordenlich" und nit, wie es gehört, also, das der sinn sye:
Welicher diß brot essen und tranck trincken würt unwirdiklich, das
ist: das er uff die narung und fuor nit me halte, denn sam es ein
praß uff der abgötten opffer wer oder das er darnebend welte ouch
der gstalt mitessen unnd trincken der abgött opffer, der wurde schuldig
am fleisch und bluot Christi; on zwyfel darumb, daß er nit entschiede
und userkorte zwüschend abgötten aß und dem fronlychnam und bluot
Christi. Darumb spricht Paulus wyter daselbst [1. Cor. 11. 28f.]:
Aber der mensch sol sich selbs bewären, das ist: ee und er diß maß
nemme, sol er sich selbs erinneren, was er von diser spyß halte, ob er
den rechten glouben, den sy erforderet, habe, und demnach essen
unnd trincken. Denn welicher unwirdiklich, das ist: nit recht gloubend
und underricht, ißt und trinckt, der ißt unnd trinckt im selbs ein verdamnus,
darumb, das er den lychnam Christi nit entscheidet. Sich,
hie zeygt diß einig wörtlin "entscheidet" an, das die geschickte daran
lyt, daß man die spyß, Christum, recht underscheide von andren
spysen und sy nit für lychtverig acht. Also werdend wir geschickt
nach des herren willen, wenn wir den grund, wesen, krafft und bruch
diser spyß entscheidend unnd erkennend nach der meinung des herren.
Das hernach volgt, ist uß dem vordrigen verstand eim ieden lycht.
So nun die, so sümig sind die gschrifft recht von einet ze lesen,
dise wort Pauli uff iren gwärb zogen, hand sy die frommen und
trostdürfftigen conscientzen so iemerlich gemetzget, das sy ab disem
heilsamen maß ein grusen hand gehebt, glych als ob sy den tod
daran ässind. Und nimpt mich wunder, wie die also lerenden hynzuo
syind gangen. Hand sy sich selb für gerecht und unschuldig gehebt,

--141--

so sind sy betrogen, als davor ist angezeygt 1. Jo. 1. [1. Joh. 1. 8] und
sind nüt dann glychßner xin, welchs got das aller häßlichest volck ist.
Hand sy aber sich selbs für sünder gehebt und hand daby gewüßt,
das die spyß ein trost ist der seel, ob sy glych in sünden wer, und
sind uff sölichs mit frölichem trost hinzuoggangen, was grosser seelmördren
sind sy denn xin, das sy sölchen trost nit allen menschen
habend anzeygt? Hand sy aber warlich ggloubt, wie sy glert hand,
und hand sich selbs sünder gewüßt und nimmer one sünd sin, und
sind nüt dest minder hynzuo ggangen, was grosser, verzwyfleter schälcken
sind sy dann xin? Ich red bitter; ist war. Wie kan ich 's aber den
gotlosen Bäpstleren, die so zornig wider die warheit strytend, nachlassen,
so sy uß den dryen riglen nit entspringen mögend, und doch
als ein untrüw roß mit allen tücken tobend?
Demnach wil ich ein kurtzes aber luters anzeigen, darinn aller
innhalt diß heyligen masses vergriffen wirt. Christus Jesus hat
mit gar schönen glychnussen und worten gelert Jo. 6. [Joh. 6. 33], wie
sin wort ein spyß der seel ist, sprechende, daß sin wort vom himel
herab kummen sye, und gebe der welt das leben, glych als das brot
den lychnam veste, darumb er es ouch ein brot genempt hat. Dann
was möchte den trostlosen menschen so sicher widerbringen als das
wort sines schöpffers? Was möchte inn so wol enthalten in gesuntheit
des geists und götlicher fromgheit, denn das wort gottes, in
welchem er selbs redet, das der mensch darinn lebe? Welichs ist
aber das einig, gwüssest, eigenlichest wort (denn got hat vil
wort durch Christum geredt), darinn wir trost und stercke finden?
Das, das Jesus Christus sinen lychnam ggeben hatt uns zuo einer
erlösung und sin bluot zuo einer abweschung und subergheit der seel.
So mag ie die verkümmreten sel nüt me uffrichten, stercken und
enthalten, dann daß sy vestenklich gloubt, Christum für sy den tod
erlidten haben. Es mag sy ouch nüt frölicher machen, denn so sy
vestenklich gloubt, inn mit sinem bluot uns abgweschen und gesübret
han und damit, als mit einem gevelligen opffer, got widrumb mit uns
vereint und versuent. Sich ietz, was ist die spyß der seel anderst,

--142--

weder daß sy sicher ist, das Jesus Christus ir heyl sye vor got.
Darumb Christus wol spricht Jo. 6. [Joh. 6. 51]: Das brot, das ich
üch geben wird, das ist min lychnam. Hat dise meinung: Das, so die
sel sterckt und lebendig macht, ist das einig wort, daß sy gloubet, das
ich ir heyl und bezalend opffer bin vor got. Denn min fleisch wirdt
hynggeben zuo eim leben der menschen. Welchen aber Christus tod
lebendig macht oder imm leben bhalt, dem ist sin lyden oder tod ein
brot und spyß. Der meinung spricht er ouch bald darnach [Joh. 6.
53-56]: Warlich, warlich, sag ich üch, wurdind ir den lychnam des suns
des menschen nit essen und sin bluot nit trincken, so hand ir das leben
nit in üch. Welcher da ißt minen lychnam und trinckt min bluot, der
hat ewigs leben. Hat ouch die meinung: Setzend ir üwren trost nit
in den lychnam und bluot Christi, das ist: in sinen tod, der üwer
leben ist, so ist dhein leben in üch. Werdend ir aber sicherlich
glouben, daß min fleisch und bluot, getödet und vergossen, üch erlediget
und gereiniget hab von der sünd, so werdend ir ewigklich leben.
Dann min lychnam oder fleisch ist warlich ein spyß und min bluot
warlich ein tranck. Ein ieder, so isset min fleisch oder lychnam und
trinckt min bluot, der blybt in mir und ich in im. So sin fleisch oder
lychnam, den tod für uns gelitten, und sin bluot, für uns vergossen, uns
armen erlöset hat, so mag ie dhein sterckere spyß der seel des
menschen widerfaren, denn das sy sölichs vestenklich gloube; dann so
würt sin tod und bluotvergiessen ein leben und freud der seel. Das
aber dise wort Christi also söllind verstanden werden, das sy das
wort des gloubens bedütend under den worten des fleischs und bluots,
lert er selbs am selben ort [Joh. 6. 60-63]. Do etlich der jüngeren
sprachend: Das ist ein herte red (denn es gruset inen sinen lychnam,
den sy da vor inen sahend, essen), wer mag iro nachkummen?
sprach Jesus zuo inen: Das macht üch schüch; wenn ir aber den sun
des menschen sähind hinuffstygen, da er vor was? Der geist machet
lebendig, das fleisch ist nüt nütz. Die wort, die ich üch sag, die sind
der geist und sind das leben. Fürnimpt Christus mit denen worten,
das sy noch nit gloubtind, als ouch harnach volget: Es sind etlich
under üch, die nit gloubend; wenn sy aber sehen wurdind, daß er in
den himel hinuff gienge in angesicht ir ougen, so wurdend sy wol
bericht, im nüt unmüglich. Das, so er mit inen geredt, habend sy

--143--

von lyblichem essen und trincken verstanden sines fleischs und bluots,
das aber sin meinung nit sye; sunder sin fleisch und bluot söllind verstanden
werden, wenn die seel gloubt, sy ir heyl, pfand, wärd und
bezalung sin vor got. Das beschehe durch den geist gottes. Der
macht das hertz des menschen gleubig, und denn so sye der mensch
lebendig; denn das fleisch, als die irrenden junger verstuondend, daß
sye gar nüt nütz. Die wort, die er mit inen geredt hab, das syind
die hafftwort des lebens und des geists, namlich, daß sin lychnam
oder fleisch und bluot unser so gwüß leben syind, so gewüß der mensch
mit lyblichem brot oder spyß imm leben enthalten wirdt; ja, wenn wir
sicherlich gloubind, wie offt gemeldt, sinen tod für uns bezalt haben.
Sich demnach, frommer Christ, den lychnam und bluot Christi
nüt anderst sin weder das wort des gloubens, namlich, daß sin lychnam,
für uns getödet, unnd sin bluot, für uns vergossen, uns erlößt und
got versuent hat. So wir das vestenklich gloubend, so ist unser seel
gespyßt unnd getrenckt mit dem fleisch unnd bluot Christi. Noch hat
Christus, damit das wäsenlich testament begrifflicher wäre den
einvaltigen, sines lychnams ein spysliche gstalt ggeben, namlich das
brot, und sines bluotes das trinckgschirr oder tranck, das sy in dem
glouben mit eim sichtbaren handel versichret wurdind, glych wie in
dem touff das tuncken nit abwäscht die sünd, der getoufft gloube
denn dem heyl des euangelii, das ist: der gnädigen erlösung Christi.
Also hie red ich mit Christo: Der sinem wort nit vorhin glouben
gegeben hatt, ee er hinzuogang, das, so wir im gloubind, das ist: gantz
uff inn verlassind, das er unser heyl sye, so ist im der lychnam
Christi gar nüt nütz. Ja, ich sprich mit Paulo [1. Cor. 11. 29], das
er im selbs ein verdamnus esse und trincke. Gat er aber hynzuo,
der gstalt und meinung Christus hie Jo. 6. darvon redt und lert, so
würt er lebendig. Und ist er imm glouben lebendig, so stercket inn
die spyß. Hierumb so gang dhein sünder hinder sich von disem
himelschen maß von der grösse der sünd wegen; denn hette er aller
welt sünd gethon, so ist doch die gnad gottes noch vil grösser und

--144--

rycher. Die hat die natur, das sy sich wil mit irer grösse den
menschen lieben. Luc. am 7. [Luc. 7. 47]: Welichem aller meist wirdt
nachgelassen, der hat aller meist lieb; sunder er bette got, daß er
durch siner gnaden geist inn welle erlüchten, das er dem wort des
heyls gwüssen glouben geb, sich daran laß, namlich, das Christus
unser heyl sye vor got etc.; und gange demnach hynzuo mit sölichem
glouben, und niesse ouch sichtbare handlung, den fronlychnam unnd
bluot Christi, so gat er wirdiklich, das ist: nach der meinung
Christi, hynzuo und lasse sich dheinen menschen mit siner leer abwenden,
daß er dise trostliche spyß von sünden wegen myde, er empfinde
denn in im selbs, das er nit ein rechten, waren, vesten glouben hab
in 'n herren Christum Jesum. Dann so sol er nit hinzuo gon; denn
im gebrist der gloub. Das die theologi von der verwandlung des
wins und brotes erdichtet habend, laß ich mich nit kümmeren. Ich
hab gnuog, daß ich vestenklich durch den glouben weiß, daß er min
erlösung ist und spyß und trost der seel.
Sydmal ich aber davor des weidlichen diener gottes Martini
Luters gedacht hab, in dem, das ich anzeygt hab, wie er den fronlychnam
und bluot Christi ein testament nemme, warlich nit mit sinem
mund, sunder mit dem mund Christi; und nemm ich das essen ein
widergedächtnus, und sye darinn dhein span; denn es sye ein testament
an im selbs, und sye das wort "widergedächtnus" ein nam des
bruchs, also, das unser bruchen nüt anderst ist, weder von nüwem
gedencken und brysen und ußkunnden das, so Christus einest gethon
hat, und vestenklich glouben, daß das selb werck Christi unser
heyl sye: hab ich etwas meinung von im gspart bißhar. Es habend
die grossen und gwaltigen diser welt angehebt die leer Christi under
dem namen des Luters ze durächten und verhaßt ze machen, also,
daß sy alle leer Christi, von wemm sy uff erdrich gepredget würt,
luterisch nennend. Und ob einer schon des Luters handel nit gelesen
hette und sich allein des worts gottes hielte, dennocht gdurend
sy inn luterisch schelten. Der gstalt mir beschicht. Ich hab,
vor und ee dhein mensch in unserer gegne ütz von des Luters

--145--

namen gwüßt hab, angehebt das euangelion Christi ze predgen im
jar 1516, also, das ich an dhein cantzel ggangen bin, daß ich nit die
wort, so am selben morgen in der meß zuo eim euangelio gelesen
werdend, für mich näme und die allein uß biblischer gschrifft ußleite.
Wiewol ich am anfang derselben zyt noch treffenlich den alten lereren
anghangt als den lutreren und cläreren, wiewol mich iro zuo zyten
ouch verdroß, als der hochwirdig herr Diebold von Geroldzegg,
pfläger zuo den Einsüdlen, wol noch ingedenck ist; dann ich do ze
mal im geraten hab, er sölle mit allem flyß Hieronymum lesen,
und hab aber daby geredt, es kömme, ob got wil, bald darzuo, das
weder Hieronymus noch dheiner vil by den Christen, sunder die
helig gschrifft allein gelten werde. Welches wort inn treffenlich hat
geirret, das ich inn hieß Hieronimum lesen, und zeigt aber daby
an, er wurde wenig mer gelten. Was do ze mal min meinung, das
ich anhuob empfinden, wie Hieronymus und ander, wiewol sy die
gschrifft vil wäger ze handen nomend weder die Sophisten, tatend
sy doch der gschrifft gwalt an. Also sölte min eegenanter herr, von
dem ich im 1518. jar scheiden ward und gen Zürich ziehen, diewyl
ich nit stät by im sin mocht, Hieronymum lesen, damit er sich
von der heiligen gschrifft nit liesse; denn er do ze mal noch vil lustes
hatt zuo kluogem latin. Als ich nun im 1519. jar ze Zürich anhuob
ze predigen, zeigt ich vor den ersamen herren, probst und capitel,
an, wie ich das euangelion, von Mattheo beschriben, wölte, ob got
wil, predgen on allen mentschlichen tant, und mich den weder lassen
irren noch bestryten. Zuo anfang des selben jares (denn ich an s.
Ioannes euangelisten tag gen Zürich kam) hatt niemans by uns
von dem Luter ützid gewüsset, ußgenommen, das von dem ablas
etwas ußggangen was von im, das mich wenig leret; dann ich vorhin

--146--

von dem ablas bericht was, wie es ein betrug und farwe wär,
uß einer disputation, die doctor Thomas Wytembach von Biel,
min herr und geliebter trüwer lerer, vor etwas zyten ze Basel gehalten
hatt, wiewol in minem abwesen. Dannenhar mich des Luters
gschrifft zuo derselben zyt wenig gholffen hat zuo dem predgen Matthei.
Zuo welichem aber do von stund an anhuobend on underlaß ze louffen
so träffenlich alle, so des worts gottes begirig sind, daß ich mich selbs
darab verwundret. Ietz wil ich mit den fyenden der leer Christi
also reden: Wer schalt mich do luterisch? Als nun des Luters
buechlin vom pater noster ußgieng, und ich in kurtzer zyt davor dasselb
in Mattheo ußgelegt hatt, weiß ich noch wol, das vil frommer
komen, die mich schlechtlich verdachtend, ich hette das buechly gemachet
und hette im des Luters namen uffgeschriben. Wer kond
mich do luterisch schelten? Wie, daß mich die römischen cardinäl
und legaten, die do ze mal in unser statt Zürich wontend, anfiengen
hassen und mit gelt umkuplen, mich nit luterisch schultend, biß
sy den Luter zuo eim kätzer erkantend? denn darzuo mochtend sy inn
nit machen: do schruwend sy, ich wär luterisch etc. Diß frommen
Christen, zeyg ich mit gwüsser kundtschafft der umstenden an, damit
man erlerne, was grossen, frävenen muotwillens etlich fürsten oder gefürstet
bätler bruchend, indem sy alle, so das euangelion Christi
predgend, understond abzewenden mit des Luters namen, also, das
sy alle leer Christi, sy werde, wie ordenlich sy welle, gepredget,
lutherisch nennend, damit sy die den menschen mißvellig machind, so
sy iro eins menschen namen gebend, das warlich nüt anderst weder ein
grobe gotslestrung ist und ein gewüß zeichen verzwyfleter, gotloser
conscientz. Denn wer hat mich uffgerüst das euangelion ze predgen
und einen gantzen euangelisten von einet ze predgen? Hat das der

--147--

Luter gethon? Nun hab ich 's doch angehebt ze predigen, ee ich
den Luter ye hab ghört nennen, und hab zuo sölichem bruch vor 10.
jaren angehebt griechisch lernen, damit ich die leer Christi
irem eignen ursprung erlernen möchte. Wiewol ich das ergriffen hab,
laß ich andre umb urteilen; iedoch hat mich Luter nit angewisen,
des namen mir noch in zweyen jaren unbekant ist xin, nachdem ich
mich allein der biblischen geschrifft gehalten hab. Aber die Bäpstler
beladend mich und ander mit sölichen namen uß alefantz, wie vor
gemelt, und sprechend: Du muost wol luterisch sin; du predgest doch
glych wie der Luter schrybt. Antwurt ich inen: Ich predigen doch
glych als wol wie Paulus schrybt; warumb nempstu mich nit as mär
einen Paulischen? Ja, ich predgen das wort Christi; warumb
nempstu mich nit as mär einen Christen? Darumb ist es nüt dann
ein alefantz. Luter ist, als mich bedunckt, so ein treffenlicher stryter
gottes, der da mit so grossem ernst die gschrifft durchfüntelet, als er
in tusend jaren uff erden ie xin ist (ich acht hie nitt, das mich die
Bäpstler mit im einen kätzer schelten werdent), und mit dem mannlichen,
unbewegten gmuet, damit er den bapst von Rom anggriffen hat,
ist im dheiner nie glych worden, als lang das bapstuomb gwäret hat,
doch alle andre ungescholten. Weß ist aber söliche that? Gottes
oder Luters? Frag den Luter selbs! Weiß ich wol, er spricht:
Gottes. Warumb schrybstu denn andrer menschen leer dem Luther
zuo, so er sy selbs got zuoschribt und nüt nüws harfür bringt, sunder
das, so in dem ewigen, unverwendten wort gottes behalten würt, das
treit er rychlich harfür und zeigt den himelschen schatz den armen,
abgefuerten Christen, und acht nit, was die gotsfyend darwider understandind.
Er gibt ouch nüt umb ir sur sehen und tröwen. Noch
wil ich des Luters namen nit tragen; denn ich siner leer gar wenig
gelesen hab und hab mich offt siner buecher mit flyß gemasset, nun,
das ich den Bäpstleren gnuog thäte. Was ich aber siner gschrifft
gelesen hab (so vil dogmata, leer unnd meinungen und sinn der gschrifft

--148--

antrifft; denn siner spänen nimm ich mich nüt an), das ist gemeinlich
so wol besehen und ggründt imm wort gottes, das nit müglich
ist, daß ghein creatur umker. Ich weyß ouch, das er vil nachgibt in
etlichen dingen den blöden, das er vil anderst handlen möcht, in
dem ich nit siner meinung bin; nit das er ze vil, sunder ze wenig gredt
hat; als in dem buechlin der 10. ussetzigen (als mir gseit ist; dann ich
es nit gelesen hab) laßt er etwas der bycht nach, das man sich dem
priester sölle erzeugen, welchs doch uß der selbigen that Christi
nit mag gezogen werden. Dann Luce 17. [Luc. 17. 14f.] stat also:
Jesus hat zuo inen geredt: Gond hyn! Erzeugend üch den priesteren.
Und es ist beschehen in dem hyngon, das sy gereiniget sind. Einer
aber uß inen, nachdem er gsehen hatt, das er gsund gmacht was,
hatt er widerkert, got brysende mit grosser stimm. Als ich dise
history besich, lert sy mich, das der zehend sich von stund an hab
umkert, sobald er sin xundtheit gsehen, und sye nit zuo den priesteren
umb erzeugens willen gegangen; dann er was ein Samarit, der nüt
uff die jüdischen pfaffen hielt und ires urteils nüt bedorfft, sunder
zuo dem, von welichem er xuntheit empfangen hatt. Und so man den
rüwenden dardurch verston wil, muoß ie volgen, daß der recht vest
gleubig von stund an, so er erlernet durch den glouben, das im got die
sünd vergibt durch den herren Christum Jesum, der das opffer für
unser sünd ist, so sagt er allein im danck umb sölche nachlassung,
und mag nit erlyden, das man söliche that einer creatur zuolege, die
allein gottes ist. Aber die blöden söllend zuo dem priester gon,
damit sy deß bas bericht und imm glouben sicher werdind gemacht.
Also in disem stuck mag ich wol erkennen, daß er den zuogang zum
priester imm besten nachgelassen hab; denn vil menschen sind, die
noch vil uff die bycht haltend und übel verergret wurdind, so man
die urhäblich abtuon wölte. Sust ist dise that Christi mee wider
die lüselbycht denn für sy. Derglychen mit dem wort "sacrament"

--149--

gibt er den Latineren nun ze vil nach; denn was bekümmeret uns
Tütschen, wie die wälschen todtenpfyffer die heiligen zeichen, die
uns got ggeben hat, nennind, oder under welches wort sy die bindind?
Es ist der touff, der fronlychnam unnd bluot Christi, rüwen, ee,
ietlichs wol by uns an sinem namen bekant; was bekümmret mich, wie
sy die Latiner mit einem wort nennend! Das ist gewüß, das die
Griechen nit sacramenta nennend. Derglychen von fürpitt der säligen
und andren dingen, darinn er für und für etwas nachgibt, als ich verstand,
den blöden. Aber denen, die sölche meinung der gschrifft, als
hütt durch inn und ander würt harfür bracht, muotwilligklich nit verston
wellend, denen laßt er nüt nach; dann sy sind verzwyflet, ungleubig
und in eigner conscientz verurteilet Ti. 3. [Tit. 3. 11]. Und so
sy sich mit der gschrifft nit gdörend richten lassen, understond sy
mit falschheit die leer Christi unkrefftig ze machen. Unnd haben
den weidlichen, fürtrettenden knecht Christi, Martin Luter, zum
ersten verdampt, und demnach legend sy sinen namen den unverdienten
uff, damit sy uß der leer Christi ein sect oder ketzery machind.
Aber, o frommer Christ, laß dir dheines menschen namen ufflegen
und leg inn ouch nieman uff. Sprich nit zuo dinem nächsten: Bist
ouch luterisch? sunder frag inn, was er uff der leer Christi halte,
wie im das wort gottes gevalle, ob er ein Christ sye, das ist: ein
unabläßlicher würcker des guoten gegen got und den menschen. Und
so sich die Bäpstler ouch für Christen wellend ußgeben, sprich:
Einer sol des namen tragen, für den er strytet, des diener er ist.
Sind ir diener Christi und beschirmend allein sin eer, sin wort, so
sind ir Christen. Strytend ir für den babst und beschirmend sin
eer, sin wort, so sind ir Bäpstler. Hierumb lassend uns, frommen
Christen, den eerlichen namen Christi nit verwandelet werden in
den namen des Luters; denn Luter ist nit für uns gestorben, sunder
lert er uns erkennen den, von dem wir allein alles heyl habend.
Lassend ouch die Bäpstler under disem herlichen, heilsamen namen
nit begriffen werden, byß daß sy Christum, nit den bapst, verjehend;
denn muessend sy uns liebe brueder unnd kinder gottes sin. Also wil
ich nit, das mich die Bäpstler luterisch nennind; denn ich die leer
Christi nit vom Luter gelernt hab, sunder uß dem selbswort
gottes. Predget Luter Christum, tuot er eben als ich thuon, wiewol,

--150--

got sye lob, durch inn ein unzalbarliche welt me denn durch mich
und ander (denen got ir maß macht grösser oder minder, wie er wil)
zuo got gefuert werdend. Noch wil ich dheinen namen tragen denn
mines houptmans Christi; des reyser bin ich; der würt mir ampt
und sold geben, so vil inn duncken wirt guot sin. Ietz hoff ich, das
mengklich verstand, warumb ich nit welle luterisch gescholten sin,
so ich doch den Luter als hoch halt als ein lebender. Demnach bezüg
ich vor got und allen menschen, das ich dheinen buochstaben alle mine
tag ie zuo im geschriben habe, noch er zuo mir, noch geschaffet
gschriben werden, als aber etlich frommen xellen von minetwegen
uflegen gedörend. Und hab sölichs nit underlassen, das ich iemans
darumb gefürcht hab, sunder das ich damit hab wellen allen menschen
offnen, wie einhellig der geist gottes sye, daß wir, so wyt von einandren,
doch so einhelliklich die leer Christi lerend on allen anschlag,
wiewol ich im nit zuozezellen bin; dann ieder thuot, so vil inn got
wyßt. Iedoch, damit wir widrumb zuo unserem fürnemmen kerind,
hab ich das essen und trincken des fronlychnams unnd bluotes Christi
genent ein widergedächtnus des lydens Christi, ee ich den Luter ie
hab ghört nennen. Und hat der Luter den fronlychnam und bluot
Christi ein testament genennet. Sind bede recht und uß dem mund
Christi kummen. Das ein ist der wesenlich nam, das ander ein nam
des bruchs und der uebung. Der fronlychnam und bluot Christi sind
ein ewig gmächt, erb oder testament; so man den ißt und trinckt,
opffert man nit, sunder man widergedenckt und ernüweret das, so
Christus einest gethon hat.
Hie werffend die Bäpstler ein kürpsinen rigel für, sprechende:
Die meß hat nit vergeben disen namen missa; dann es ist ein hebraisch
wort, missah, und heißt "ein gab oder opffer". Darumb
ist die meß ein opffer. Antwurt: O du böser tüfel des mammons! Wie
magst du so kum beschworen werden ze wychen. Sag an: Ist dis
wort "missah" nach dem lyden Christi erst hebraisch worden, oder

--151--

ist es von ie welten har hebraisch xin? Muost ie sagen, es sye
von ie welten har hebraisch xin; denn du es offt im alten testament
findest. So hat ye "missah" do ze mal den fronlychnam und bluot
Christi nitt geheissen; denn sy noch nit ingesetzt warend. So nun
Christus ein urhaber (autor) und uffsetzer dises heiligen dings ist,
muostu mir anzeygen, wo er es missah genennet hab; das findestu aber
gar nit. Also volgt, das du im den namen, nit Christus ggeben hat.
Ich find ouch by den alten nit, das sy es missah genempt habind,
sunder muoß ich ie gedencken, daß ir Bäpstler es missah genempt
habind, nachdem ir anghebt hand Christum feyl bieten und umb gelt
uffopfren, ja, wo vil an üch und üwrem verstand gelegen ist, töden und
metzgen; do hand ir 's erst missah genent. Was bekümmret es mich,
wie ir es nennind! Ietz nennend ir 's ein sacrament, und habend
noch nie eigenlich angezeygt, warumb es doch sacrament heisse oder
was sacramentum heisse. Bald nennend ir 's missah. Aber den rechten
namen, den im Christus geben hat, das er 's genent hat sinen lychnam
und bluot, das er es ein grundt und ee genent hat des nüwen
pundts, den er mit uns gemacht, das er das hat gheissen essen zuo
einer widergedächtnus, das wellend ir nit verston, ir wellen ouch dieselben
namen nit annemmen; dann sy sind nit als gewünlich als opffer.
Ein andren gegenwurff thuond die Bäpstler: Die vätter, sprechend
sy, habend 's ouch für ein opffer ghebt, habend 's ouch sacrificium genennet.
Antwurt: Was die alten darvon gschriben hand, wer ietz lang
ze erzellen. Es mag aber ir nennen nit bewären, das es darumb ein
opffer sye; sy bewärind denn durch das wort gottes, daß es ein opffer
sye. Doch wil mich beduncken, das iro vyl diß wort "sacrificium" und
"oblationem", das ist: erenopffer oder opffer, prucht habind mit dem
anhang sines zytes, nit das sy es zuo iren zyten uffopfrind, sunder,
sydtenmal es, einest uffgeopfret, in die ewigheit krefftig ist der menschen
sünd ze versuenen vor got, so hand sy es noch zuo iren zyten ein opffer
genent, nit das sy es uffopfrind, sunder daß Christus ufgeopfret hab.
Byspil: Wir sprechend am ostertag: Hütt ist unser herr Jesus
Christus vom tod ufferstanden, oder: Diß ist der tag der urstende
unsers herren Jesu Christi, nit, das Christus zu unseren zyten am
selben tag ufferstande, sunder das der tag, an dem er einest ufferstanden
ist, den namen empfangen hat, das er all weg der tag der urstende

--152--

heisset. Also wil mich beduncken, das der alten lereren etlich den
fronlychnam und bluot ein opffer nennind, nit als ob es ir opffer syg,
oder von inen uffgeopfret; sunder von dem har, das sich Christus
selbs hat uffgeopfret, nennind sy es ein opfer, so es nüt anderst ist
weder ein widergedächtnus des, das einist beschehen ist, wie der
ostertag genennet wirdt "urstende", die ouch nun einist beschehen ist.
Lis Chrisostomum über die epistel zun Hebreiern homelie 17. Da
er diß wort "semel" "einist" handlet, so findest du, wie er sich windet
zwüschend denen worten "ein hostien" und "nun einist uffgeopfret",
also, das er offt spricht: Wir opfrend nun ein hostien oder opffer uff,
doch eben das, so Christus hat uffgeopfret, die nit verzeret mag
werden. Und wie er darnebend sicht diß wort "semel" "einest", truckt
es inn vast und wil im sin meinung brechen; denn ist es nun einest
uffgeopfret, so mögend wir es ye nit uffopfren. Also falt er zum
letsten dahin, das er spricht: Doch ist es me ein widergedächtnus des,
das Christus gethon hat. Es spricht ouch Nicolaus de Lyra über
die wort Luc. 22. [Luc. 22. 19]: Das thuond in gedächtnus min, daß
diß sacrament ein widergedächtnus sye des lydens unsers herren Jesu
Christi. Weliches kundtschafft ich nit so hoch halt, das ich daruff
buwe, sunder daß ich den Bäpstleren einen harfür ziehe uß irem
huffen, der ouch diser meinung sye. Ich weiß ouch wol, das ettlich
alten diß maß ein opffer genent habend; sy mögend es aber nit

--153--

bewären mit dem wort gottes, habend ouch dhein sölchen krom darus
gemacht, als leider beschehen ist von denen, so in näher zyt gelebt
hand, die nit gnuog habend ghebt ab den lebenden umb ir meßhan
lösen, sunder sy haben ouch die todten inn die ürten bracht, wiewol
sy eigenlich mochtend sehen, ob es schon ein opffer wer, als sy
gedichtet habend, das es doch nun denn geopfret wurd, wenn es
geessen und truncken ward; ouch nun den spyset, der es aß und tranck.
Denn hette es einen andren mögen spysen in minem essen, warumb
hat man dann die menschen zwungen selbs hynzuo ze gon, so es doch
gnuog wer xin, wenn ich für inn geessen oder geopfret hette? Also,
essend die todten den lychnam Christi und trinckend sin bluot, so
widergedenckend ouch sy des lydens Christi. Thuond sy das nit, so
ruert sy diß testament nüts nit an. Doch wirdt dise meinung clärer
in der materi von dem fegfür. Darzuo nennend sy selbs dis sacrament
"viaticum", das ist: ein beleitung oder zerung des wegs. Also muoß
es ie nun denen zimmen, die uff dem weg sind. Nun sind die todten
ab dem weg; denn sy habend iren louff volendet. Darumb ist die
spyß nümmen für sy. Dann sy eintweders iro nit bedörffend, so sy
by got sind; denn sy sehend denn und nemmend yn oder besitzend,
das sy hie in verborgner wyß mit dem glouben geessen habend; oder
aber die spyß nützt sy nüt, so sy in verdamnus sind.
Hie muoß ich ouch gnuog thuon eim unzüchtigen Predigermünch,
des namen ich noch ze mal verschwigen wil, in hoffnung, er bessere
sich; wo aber das nitt beschähe, wirdt im sin nam mit sampt dem
frävel, ob gott wil, ußgestrichen. Der hat vor gar einem ersamen
volk frävenlich gdören reden, die wort consecrationis, das ist: der
heligung diser spys, die syind zemen gebletzt wie ein bätlermantel;
ja, man hab keine lutre wort der helgung. Antwurt: Lieber
bruoder! Ich lob got, daß din so fräven, ungeschickt, ja gotslestrig wort
zum ersten din unwissende unsinnikeit wol geoffnet hat, darnach
ze erkennen ggeben, was gemuets der sye, des fürweser du dich ruemst

--154--

sin, so er dich, ein sölichen unerfarnen der gschrifft, laßt gotslesterlich
und lugenhafftig vor so einem frommen volk liegen und dich darumb
nit strafft, sunder für und für laßt din tüfelischen anfeng bladren.
Darnach hör, wo die wort der heiligung standind. Mat. 26. [Matth.
26. 26] stat: Das ist min lychnam. Ist das nit ein luter, kurtz, gwüß,
ußgetruckt wort gottes? Wie könd got kürtzer oder eigenlicher
geredt haben? Gang über dinen Petrum Hispanum und lern, was
es für ein propositio sye, namlich: propositio singularis per notam demonstrationis,
hoc, de est tercio adiacente, die nit eigenlicher, nit
kürtzer, nit luterer ze worten mag bracht werden. Darumb, so du
sprichst, man habe die wort der benedyiung oder heiligung nit ußgetruckt
und eygenlich, so lügstu got an und sin heilig wort. Und
das wär nit so groß, als du es aber erst mit dem ußruoff vor dem
gmeinen menschen machest, der darnach vermeint, es sye also, wie du
gdören hast bladren, und wirdt zwyfelhafft an dem, das im got ze
heil hat ggeben. Thuostu das uß unwüssenheit, so ist es ein schand,
das man dich an die kantzel laßt, so du der geschrifft nit baß bericht
bist. Thuost du es aber uß fräven, wer kan dann dinen muotwillen
gnuog schelten, oder gnuog ermessen, wie vil du schadest, so du das
verleugnest in den worten Christi ston, das aber so häll und klar
darinn stat? Denn was mag lütrers geredt werden, denn: Das ist
min lychnam? Hie nimm wider für dich die wort der andren euangelisten,
wie sy da oben gezelt sind, so findestu sy vom brot unnd
vom tranck ze glycher wyß heyter, als ouch die sind, also, das sy
wäsenlich sind und ußgetruckt ze erzeigen, was Christus gethon hab,
was worten er gebrucht hab, und wozuo er uns sölchs ouch gheissen
hab. Das du aber sprichst: die wort der heiligung syind zemen gebletzt
wie ein bätlermantel, zeiget dinen frävel und unwillen noch
mee an; dann die Bäpstler, die du für göt hast, habend es gethon;
darumb du ir tat, wenn sy glych wol ze schelten wär, nit soltest

--155--

gscholten han, wiewol ich das zemensetzen der worten Christi und
Pauli nit übel schilt. Und wer doch gnuog xin, so man nun eines
euangelisten oder Pauli wort gebrucht hette, die aber warlich nicht
des euangelisten, sunder Christi sind. So aber die wort diser spyß
uß allem handel der euangelisten zemen gsetzt, damit nieman möchte
etwas gebrästen, verglychest du die heilsamen, himelschen, krefftigen
wort Christi einem bätlermantel. Wo sind ir bischoff ietz und ir
äpt, die da gmeinlich schryend, wenn man üch bätler schilt, huorenwirt,
wuochrer, wechßler, fladensegner, purenschinder: Wer möcht sölche gotslestrung
erlyden? Man muoß die buoben töden, verbrennen etc.! Sich,
hie wirt zum ersten geredt, man wüsse die wort, damit Christus
dise spyß verhandlet hab, nit; darnach werdend sy einem bätlermantel
verglychet. Wie mögend ir das erlyden? Schulte man üch nun üwere
kostlichen dapperthembder oder kostlichen mentel, ir wurdind uff
rach tringen. So aber von gottes worten so lugenhafftigklich und
schmächlich gredt wirdt, so gevalt es üch. Ich red ouch diß nit der
meinung, das ich rach über disen tüppel berueffe, sunder das ir mercken
mögind, wofür üch iederman halt, so ir gotslestrung so ring mögend
vertöwen, aber das man üch antasche gar nit erlyden. Du torechter
bruoder (dann bas magstu nit verantwurt werden, denn das man dir
disen frävel für ein torheit verrechne) solt aber vermanet sin durch
die genad Christi Jesu und sin andre zuokunfft des letsten urteils, das
du von dem dinen durchächten der leer gottes abstandist; so gdar
ich dir verheissen, daß dir got sölichen lug und schalckheit vergeben
wirdt. Thuostu es nit, würt es dir gon wie dem Tersiti: du wirdst übel
gehandlet, und dennocht nüt schaffen, dann nach disem zyt ewige
verdamnus erjagen. Es ist gar ein schwär ding wider den sticher
stryten oder fuossen. Ouch ist dir der berg, daruf die ietz widerwachsend
leer ggründt ist, ze hert; er laßt sich nit mit kappenzipflen

--156--

umbgraben oder scapleren; dann er wil noch mag dheinen
bruch erlyden; er ist allein darzuo verordnet, das man daruf buwe.
Welicher daruf nit buwt, des huß wirdt umbfallen, wann die rüns der
flüssen hinzuoschlahen wirdt. Darumb gedenck, das du ouch daruf
buwist. Und hastu ie dir fürgenommen inn ze bruchen, rychtag oder
eer oder gunst der gwaltigen ze überkummen, so stand darvon; er
laßt sich darzuo nit bucken; man muoß im nüt anderst zuomuoten, denn
das er wil. Verstand, lieber bruoder, alle ding imm besten; ich hab
dich eben ruch anggriffen; ist aber nun darumb beschehen, das
du zuo dem heil gezogen werdist. Thuostu es nit, wirt dir der kopff
(wiewol ich des nit willen hab, doch durch ander lüt) noch vil rüher
erzuset, nit mit streichen, das ring wäre, sunder mit dem schwärt
des götlichen wortes. Biß got bevolhen und fürcht inn!
Ich hör ouch, wie ein gar gebluempter sine oren harfür gereckt
habe glych wie der löw ze Cuma, indem, das er sag: es stande
nienen in der heiligen gschrifft das wort des ewigen testaments, wie
in den gebruchten worten der heiligung stat. Den ich ouch bitten
wil, das er den spiegel uff die nasen legge und über Esaiam gang
am 55. cap. [Jes. 55. 3], so findt er, das got verheißt, er werde einen
ewigen pundt mit uns treffen, die gwüssen und getrüwen erbärmbden
Davids. Disen pund hat alle menschen davor wol verstanden gemacht
unnd gevestet sin mit dem bluot Christi, der ein ewiger gott ist; so
ist ouch das testament ewig Hebr. 9 [Hebr. 9. 15]. Doch wirdt im
das nit gnuog tuon; ich hör, er sye kybig. So nemme die wort Pauli
Hebr. 13. [Hebr. 13. 20]: Aber got des frydens, der den herren Jesum
Christum, den grossen hirten der schaffen, durch das bluot des ewigen

--157--

testaments vom tod gefuert hat etc. Hörstu hie "das ewig testament".
Ich zeyg dir ouch diß nit an, das mich bekümmere der alefantz,
den du bruchst (als ich hör) mit den worten der heiligung, sunder
das du dinen nagel, der dich nit hat lassen sehen die wort Pauli,
lernist erkennen. Dann ich mich gar nit bekümmer, wie ir den worten
Christi namen gebind: consecrationis oder benedictionis oder transsubstantiationis;
dann ich darff der namen nüt. Ich weiß, wenn ich
handel und red, wie Christus gheissen hat, das ich im recht thuon
unnd, gelassen uff sin wort, fry bin von aller sünd; gib im du namen,
wie vil du wilt.
Noch vil gegenwürffen knüpffen sy täglich zemen, doch uß sand;
denen aber ein ieder uß der vorgehandleten meinung lychtlich mag
widerston.
So vil von disem artickel.
Der nüntzehend artickel.
Das christus ein einiger mitler ist zwüschend
gott und uns.
Diser artickel hat so klare stett der gschrifft, darinn er ggründt
ist, das mich wunderet, wie es zuoggangen sye, das man andre mitler
gsuocht hat imm nüwen testament weder Christum.
Derselben orten wil ich etliche aller clärste harbringen.
Christus spricht Jo. 14. [Joh. 14. 6]: Nieman kumpt zum vatter
dann durch mich. Hie mag ich reden wie da oben: Warumb gond die
Bäpstler nit über ire logicam und sehend, was das für ein red sye:
Nieman kumpt zum vatter denn durch mich. Zeigst du dine guoten werck
an, du wellest durch sy zuo gott kummen, sprich ich: Du kumpst zuo got
nit dann allein durch Christum; an dem muostu die gnad und guothat
erkennen. Legstu die dinen wercken zuo, so wirdst verfuert; dann du
legst dir zuo, das allein gottes ist. Zeigstu der Bäpstleren ablas an,
meßhalten, vigilien, kilchengschrey, kutten, heiligheit der vätteren, so
sprich ich: Nein, es mag also nit zuogon: es muoß allein durch Christum
bschehen. Also durgang alle ding, darinn wir gelert sind zuo got gon

--158--

von den gytigen Bäpstleren, so fallend sy alle hin biß an Christum;
und welcher im die eer entzücht unnd sy der creatur zuolegt, der ist
ein abgötler. Zeigstu mir der säligen, die ietz by got sind, verdienst
oder fürpitt an, du wellist durch sy zuo got kummen, so sprich ich:
Nein! Nieman kumpt zuo im denn durch Christum. Hie muoß gottes
wort brechen oder des menschen. Gottes mag nit brechen; so volget,
das des mentschen schon gebrochen ist, ja nie gantz xin, ja ein falsch
und betrug und glychßnery vom ersten anfang har. Darumb das
eynig mittel, dardurch wir zuo got kummend, Christus ist; dann alle,
die ie zuo got kummen, sind allein durch Christum zuo im kummen.
Er ist der mitler gottes und unser. Er ist 's ouch allein; denn einen
mitler sin zwüschend got und uns stat nieman zuo dann dem somen,
durch den uns got das heyl verheissen hat Gala. 3. [Gal. 3. 16]. Merck
aber hie eigenlicher von dem wesen des mitlers. Ein mitler ist ein
schidman, der zwüschen zweyen spänen oder zwytrachten fryden findt
und dadurch fründtschafft macht, darumb, das er beden partyen gnäm
ist. Der gestalt ist Moyses ein mitler gesin, durch den got den
kinderen Israels sinen willen verkündet hat mit verheissen irdischer
gaben, durch den er ouch offt mit dem volck, so es inn erzürnet hatt,
versuent ist. Wiewol dieselbig versuenung nit an das angsicht gottes
gebracht, nüt des minder hat sy das volck von der straff gottes erlößt
und ist ein vorbild xin des waren ewigen mitlers Christi, der uns
den willen sines vatters geoffnet hat mit gwüssem gheis der gnaden
und erlöset vom tod der seel. Diser mitler Christus ist nit allein
got, sunder mensch darzuo; er ist nit allein mensch, sunder got darzuo;
denn so er allein got, wer er nit tougenlich zuo eim mitler. Dann
got ist nun einig und fuegt sich nit, das er in im selbs mitle. Denn
ie, der da mitlet, muoß underscheiden sin zwüschend denen er mitlet;
unnd ist aber in got nüt underschlagens oder geteilts. Darumb hat
er sinen sun zuo eim mitler gmacht, indem, das er menschliche natur
hat an sich genommen; nit das er uß der einigen krafft menschlicher
blödigheit ein mitler sye, sunder uß der krafft der götlichen natur,
die aber mit der menschlichen vereinbart ist, daß, wie die menschlich
blödigheit got ist zuogefuegt in Christo unnd vereinbart, wir ouch
also durch das lyden und opffer Christi gott versuenet werdend. Diß

--159--

versuenen mag dheiner creatur zimmen oder zuogelegt werden weder
dem einigen somen, dem sölchs verheissen was Gala. 3. [Gal. 3. 19f.].
Was ist nun das gsatzt guot gesin? Antwurt: Es ist zuohin gesetzt von
der übertrettungen wegen, bis das der som keme, den oder in welichem
das verheissen gschehen ist. Und ist das gsatzt verordnet durch die
engel in dem gwalt des mitlers. Nun ist der mitler nit des einigen,
und ist aber got einig oder einer. Dise wort Pauli innhaltend das
wesen des mitlers, wiewol sy kurtz und dunckel sind, und ist ir sinn:
Macht der gloub fromm, wie Abraham uß dem glouben fromm ist
gemacht, was bedarff man des gsatztes, und warumb hat es got ggeben?
Antwurt Paulus: Es hat nit ein ieder ein glouben wie Abraham.
Welicher ein sölichen glouben hat, der bedarff dheines gsatztes; sunder
wie Abraham von dem geist gottes gfuert, gewisen und verwalten
ward, also wirt der, so glych wie er gleubig ist, gfuert und verwalten.
Aber vil sind, die, so sy den glouben nit habend, nüt rechts thätind,
man fienge dann sy mit den banden des gsatztes. Welicher in got
gelassen ist wie Abraham, der bedarff dheines gsatztes; wo das nit,
da muoß das gsatzt sin. Denn wo der geist gottes nit ist, da mag
man des willens gottes nitt bericht sin. Daselbst muoß man on zwyfel
das gsatzt haben, das uns lere, was got gevalle, was im mißvalle,
damit man sich vor der übertrettung verhuete. Also ist das gsatzt
geben, wie Paulus hie spricht, für das übertretten. Sprichst: Wie
kan got das gsatzt ggeben haben von der übertrettung wegen; es wer
doch dhein übertretten, wenn das gsatzt nit wäre; denn es wüßte
nieman, was übertretten were, es spräche dann das gsatzt: Du solt
das oder das nit tuon, wie Paulus spricht Ro. 7. [Röm. 7. 7]: Ich hab
die sünd nit erkent denn durch das gsatzt. Die begird erkant ich
nit, es hette denn das gsatz geredt: Du solt nit begeren. Antwurt:
Das ist ein gegenwurff, dem man billich mit aller zucht sol antwurt
geben und nit mit spitzlinen wie den närrischen Bäpstleren,
die so unwüssend widerreden haryn fellend, das mir all weg in 'n sinn
kumpt das gmein sprüchwort: Suw in d' pränten. Das gesatzt ist nüt

--160--

anderst weder der ewig, unverwandelbarlich will gottes, der aber nüt
anderst wil denn grechtes und guotes. Wie wil uns nun der will gottes
offenbar werden weder durch sin kundthuon? Das sin kundthuon nennend
wir ein gesatzt, darumb, das es wider unser fleisch ist; das mag nüt
erlyden, dann das im gevelt. Aber warlich, so ist es an im selbs nüt
anderst dann ein euangelium, das ist: ein guot gwüsse botschaft von
got, damit er uns bricht sins willens. Dann wie könde das den
frommen nit fröwen, wenn im got sinen willen offnete? Also lert uns
das gsatzt, was got gevalle. Gevalt uns das gsatzt, so ist der geist
gottes in uns, oder aber es möchte uns nit gevallen; dann in uns ist
nüt guots, als Paulus spricht Ro. 7. [Röm. 7. 18]: Ich weiß, das in
mir, das ist: in minem fleisch, nüt guots wonet. Wo uns aber das
gsatzt und ler gottes gevalt, da sind wir geistlich und urteilend geistlich;
dann das gsatzt ist uß siner eignen natur geistlich Ro. 7.
[Röm. 7. 14]: Wir wüssend, daß gesatzt geistlich ist; on zwyfel, das es
nüt anderst wil denn der geist gottes, von dem es kumpt. Sind wir
nun in got gelassen, so ist es on den geist gottes nit zuoggangen. Ist
der by uns, so erkennend wir alle ding des geistes; und so das gsatzt
geistlich ist, so gevalt es uns, ob es glych dem fleisch nit gevalt.
Also söllend wir hie die wort Pauli verston: Das gsatzt ist gegeben,
das man nit wider gott thueye. Und ob du sprächist: Wie weiß ich,
was got wil? so hör uf dem gsatzt: Du solt got ob allen dingen lieb
haben; du solt nit zornig werden etc. Sichst du ietz das gsatz darum
ggeben sin, das du erlernest, was got erfordere, und was er nit welle?
Darumb ist es gegeben, das du nit übertrettist den willen gottes.
Also tödt uns der buochstab des gsatztes, wenn wir inn ansehend; dann
wer mag inn halten? Aber der geist machet lebendig, so du imm
glouben sprichst: Wiewol ich das nit erfüllen mag, noch ist es guot
und grecht; denn es ist von got geredet und uns kund gethon. Und
so du an dinem erfüllen verzwyflen muost - ja, alle creaturen muessen
verzwyflen daran; denn wer möchte, im fleisch wonende, so gantz und
gar in got gezogen sin, das er inn lieb hette ob allen dingen zuo aller
zyt? -, so ist uns ie not eines mitlers, der für den unseren geprästen
gnuog thueye. Mag nun der mitler ein creatur sin? Nein! Denn die
creatur mag nit ein gebott gottes erfüllen on den geist gottes. So
muoß ye volgen, das alle ußerwelten gottes, ouch uß der luteren gnad

--161--

gottes, mit got vereinbart sind, und so sy ouch der gnad notturftig
gewesen sind, so mögend sy nit mitler sin; denn sy sind an dero
party, die prästhafft sind. Und muoß aber der mitler nit der prästhafften
oder manglenden party sin. Darumb volgt eigenlich hernach
in den worten Pauli [Gal. 3. 19]: Bis das der som käme, dem oder
in welichem das verheissen geschehen ist; das ist: das gsatzt ist darumb
ggeben, das man den willen gottes nit übertrette. So nun dem
menschen das unmüglich ist und aber got gerecht, muoß ie der gerechtigheit
gottes gnuog beschehen, ee wir mit iro mögind versuent
werden. Nun mögend wir uß den menschen nit einen finden, der
gottes gerechtigheit gnuog thueye; denn welcher dero gnuog mag thuon,
der muoß ie got glych sin. Luc. 6. [Luc. 6. 40]: Der junger wirt erst
volkummen, wenn er wirdt wie sin meister. Darumb hat got dem
trostlosen menschlichen gschlecht einen somen verheissen, das ist: ein
gburt, ein pflantz, durch die der tüfel überwunden und wir mit got
versuent wurdend Genn. 3. [Gen. 3. 15]. Er ist ouch by dem namen
"somen" bliben, do er Abrahamen verheissen hatt, das in sinem
somen alle menschen heyl gemacht wurdind, wie da oben genuogsam
ist anzeygt. Vom selben somen redt er hie und spricht: das gsatzt
sye gegeben, das man wider gott nit thueye. So nun das gsatz alle
menschen schuldig macht, hat der mensch dhein sichren trost weder
in dem somen, in dem das heyl verheissen ist. Also sind dise zwey
ding "gsatzt" und "der som" wider einander, nit iro sunder unserthalb;
denn sy beide von got kummen sind. Aber das ein lert uns,
was got welle; und so wir das wüssend, mögend wir das nit erfüllen
und bedörffend eins mitlers. So ist der som, das ist: Christus, der
mitler. Also verdampt uns das gsatzt nit, daß des gsatzes will sye
uns verdamnen, sunder wir erlernend am gsatzt unser onmacht, und
demnach, das wir billich verworffen werden von got. Aber der som,
der im glych ist, der mag sinen willen erfüllen und mag mit siner
unschuld unser schuld bezalen. Darumb ist derselb einig gschickt
ze mitlen. Und wie das gsatzt den mentschen durch einen mitler ist
zuokummen, namlich durch Moysen, also ist ouch die gnad durch
einen mitler uns zuokummen. Es ist ouch des gsatztes nun ein mitler
xin; also der gnad ist ouch nun ein mitler. Nun stuond es also nach

--162--

dem gsatzt. Es mocht uß den menschen nieman mitlen; denn es
stuonden alle menschen uff der sünder party. Es wolt gott allein mit
im selbs nit mitlen; denn der einig ist, kan nit vor im selbs ein mitler
sin. Denn der mitler muoß zwüschend faren inmitten der erzürnten
und verletzenden. Also hat got sinen sun menschliche blödigheit verschafft
annemmen, daß er ein mitler zwüschend got und uns wurd,
der nit ein mitler ist als ein luterer mensch; dann wir habend gnuog
ghört, das die luter menschlich blödigheit got nit gnuog thuon mag,
sunder als got und mensch. Nach dem er got ist, mag er den willen
gottes erfüllen; ja nit allein erfüllen, sunder der will gottes ist nüt
anderst weder sin will. Nach dem er aber ein mentsch ist, mag er
ein opffer sin, das für uns armen sünder der grechtigheit gottes bezalt;
denn sin menschlich natur ist von aller sünd unbefleckt. O götliche
wyßheit! Wie hastu unser heyl so ernstlich, so wyßlich, so gwüß
angesehen! Ietz sind die wort Pauli Gala. 3. [Gal. 3. 19f.] lycht, da
er spricht: Unnd ist das gsatzt verordnet durch die engel in dem
gewalt deß mitlers. Nun ist der mitler nit des einigen, und ist aber
got eynig oder einer. Dannenhar nit müglich ist, das ieman anderst
ein mitler sye denn der som, der also got ist, das er daby ouch
mensch; und also ein unbefleckter mensch, das er daby ouch got ist.
Darumb dise wort Christi, vom ersten angezogen: "Nieman kumpt
zum vatter denn durch mich" styff stond, unbewegt, also daß himel
und boden ee brechen werdend weder sy.
Demnach spricht Jo. 1. capitel 2. [1. Joh. 2. 1f.]: Ir mine sün, ich
schryb üch dise ding, das ir nit sündind; und ob einer sündete, so
habend wir einen fürstender oder fürsprechen by dem vatter, den
grechten Jesum Christum, unnd er ist die gnädigung für unser
sünd, unnd nitt allein für unser sünd, sunder für die sünd der gantzen
welt. Hie hörest du den mitler und fürstender dheinen anderst mögen
sin, denn den, der grecht ist. Darumb spricht er: Den grechten Jesum
Christum. Nun sind alle menschen sünder, ußgenommen Christus.
So mögen sy ie nit für uns ston, nit für uns mitlen, nit für uns
gnädigen noch bezalen. Der muoß allein die gnädigung sin, der selbs
grecht ist. Du hörst ouch, das Christus nit nun für den erblichen
prästen, das ist: für die erbsünd (denn also verston ich die erbsünd

--163--

nüt anderst sin denn den geprästen der zerbrochnen natur), bezalt hat,
als hütt etlich frävenlich on allen grund der warheit reden gdörend,
damit sy ab dem bezalen der sünd vil lösind; sunder bezalt er für
alle sünde, die ich davor est der sünd und des prästens genent hab,
und nit für das jüdisch volck allein oder für die apostel allein, sunder
für aller welt sünd, so die gloubt.
Paulus, nachdem er 1. Tim. 2. [1. Tim. 2. 1-6] gelert hat, wie
man got sölle bitten für alle menschen, alle fürsten und gewaltigen,
damit wir ein frydsam, still leben fueren mögind in allem ernst und
gotshulde, redt er darnach also: Denn das ist guot und gnäm vor
got, unserem behalter und heyland, der da wil allerley gschlecht der
menschen heyl werden und in erkantnus der warheit kummen. Denn
ein einiger got ist; es ist ouch ein einiger mitler gottes und der
menschen, der mensch Christus Jesus, der sich selb zuo einer
rantzung oder lösgelt ggeben hat für alle menschen. Hie sichstu
zum ersten, das Paulus unseren bhalter und heiland got nennet, unnd
bald darnach nennet er inn ein menschen, da er spricht: Der mensch
Christus Jesus. In welchem du aber erlernest, wie vor uß Gala. 3.
[Gal. 3. 20], die gstalt des mitlers. Darnach, daß got wil alle menschen,
das ist: allerley gschlecht der menschen, sälig machen und in ein einige
erkantnus der warheit bringen, das ist: in die erkantnus des rechten,
waren gottes und heyls, namlich, das nun ein einiger got ist, nun ein
einiger mitler gottes und der mentschen. On zwyfel kummend wir ze
fryden, zuo erkantnus der warheit, zuo erkantnus des heyls nimmer me
gwüsser, denn so wir durch den glouben nun einen einigen got erkennend
und nun einen einigen mitler. Wo einer disen mitler suocht,
ein andrer einen andren, mag es nit sin, das wir einig werden. So
wir aber alle Christum allein für unseren mitler habend, so muoß ie
volgen, so wir alle in einen mitler unser hoffnung setzend, das ouch
unsere gmuet im selben unserem schatz einhellig werdind. Zum letsten
hörestu, das sich Christus ein rantzung oder lößgelt für uns geben
hat, das ouch nieman anderst vermögen hat weder er; denn alle
menschen manglend sin, darumb, das alle menschen sünder worden sind
und manglend der eer, das ist: der gnad gottes Ro. 3. [Röm. 3. 23].

--164--

Ja, die glory, eer, unschulde unnd reinigheit der magt Marie, die ist
nit uß iro selbs, sunder uß der eer gottes, die doch von allen
menschen ggloubt wirdt die höchste unnd liebste gschöpfft sin vor gott,
als sy selber spricht [Luc. 1. 48]: Der herr hat begnadet die schlechte
siner dienerin; darumb werdend mich sälig zellen alle gschlecht. Also
sind alle menschen von iro eigner natur sünder und in uneeren; so
sy aber reyn werden und zuo eeren kummen wellend, muoß es allein
durch Christum, den einigen mitler, beschehen. Ja, das Maria so
ein reine magt, vorhyn und sy Christum geboren hat, gewesen ist,
das hat allein got gethon, der sy darzuo erlesen und behalten hat.
So nun die so hohe geschöpfft gottes durch das mitlen des suns gottes,
der ouch ir sun ist, zuo den eeren allein uß der gnad gottes kummen
ist, vil me sol sich demnach das gantz menschlich geschlecht erkennen,
das es der eeren gottes mangle unnd nüt für sich selbs vermög, ouch
dheinen mitler leysten möge; denn der mitler muoß got und mensch
sin; das vermag dhein creatur. Ich hab ouch dise wort [1. Tim. 2. 5]
"heis kai mesites [εἷς καὶ μεσίτης]" tütschet: ein einiger mitler, darumb,
das "ein" den Tütschen ein artickel ist, und mag nit ußtrucken den
eigentlichen sinne Pauli. Denn so ich gesprochen hette "ein mitler"
hett ein einvaltiger mögen gedencken, es were Christus ein mitler
nach oder under vilen, weliches nit die meinung Pauli ist, sunder das
nun ein eyniger mitler sye. Glychsam er ouch gesprochen hat
[1. Tim. 2. 5] "ein einiger got", verstat man wol, das er mit dem wort
"heis [εἷς]" einen einigen gott wil fürgeben; denn so er das nit fürnäm,
so hett er durch "ho [ὁ]" geredt, und volgte nüt deß minder dhein
rechter sinn hernach. Diß hab ich von der gelerten wegen geredt, die
mine wort, uß griechisch in tütsch kert, lychtlich hettind mögen
schmützen, wo ich die nit wol bewart. Iedoch sind dise wort Pauli
so luter und starck, das iro ouch gnuog were ze bewären, das Christus
ein einiger mitler ist, und das dhein lutre creatur ein mitler mag sin.
Die nachkummenden kundschafften wil ich mit weniger worten
anzeigen.
Paulus spricht Hebr. 7. [Hebr. 7. 24f.]: Diser (verstand: Christus)
hat ein ewigs priesterampt, darumb, das er ewigklich blybe. Dannenhar
er ouch in die ewigheit mag xund machen; denn er selbs zuo got

--165--

ggangen ist, allweg lebende, für uns ze fürmünden. Sich, ob dise
wort einer creatur zimmen mögind "selbs zuo got gon, ewklich ein
obrester priester sin, ewgklich mögen fürston und für aller menschen
sünd bezalen".
Daselben spricht ouch Paulus [Hebr. 7. 22]: Also eins besseren
testaments ist Jhesus der bürg worden. Hat den verstand: Got habe
by sinem eid gschworen, das sin sun unser obrester priester werde
sin in die ewigheit; darus man mercken mag, wie vil besser das nüw
testament sye weder das alt, so unser obrester priester ewig sye, das
aber im alten nit gewesen; denn sy abgenglich warend durch den tod.
Darzuo, daß unser bürg ghein Moyses, dhein tödtlicher priester, dhein
vihisch opffer sye, sunder der sun gottes selber sye unser pfand unnd
bürg, durch das man zuo got kummen möge.
Item Hebr. 8. [Hebr. 8. 6]: Christus hat ein besser priesterampt,
so vil er ouch ein mitler ist eins besseren testaments. Hie hörstu
aber clarlich, des besten testaments dheinen andren mitler sin weder
Christum. So nun das testament sin grundveste in im hat und die
guete des testaments uß der guete Christi gemessen wirt, wie könde
man das ampt und namen Christi einer creatur zuolegen, das allein
der sun gottes verwalten mag?
Item Hebre. am 9. [Hebr. 9. 15]: Darumb ist Christus der mitler
des nüwen testaments, das, nachdem sin tod beschehen zuo ablösung
der übertrettungen, die imm vordrigen testament warend, die beruefften
innemmend das gheiß des ewigen erbs. Sich hie, welcher creatur
krafft ist, das sy also möchte ein mitlerin sin, daß das übertretten des
gsatztes durch sy möcht hyngenommen werden. Oder welcher hett
uns mögen bringen zuo dem erb ewigs lebens? Dheine. So ist ouch
gheine die mitlerin denn der einig Christus.
Item Hebre. 9. [Hebr. 9. 24]: Christus ist inggangen in den
himel, das er nun hynfür dem angsicht gottes erschyn für uns. Hie
trucket Paulus uß das werck des mitlers Christi, daß er by got für
uns stande und dem angsicht gottes (das ist: siner grechten rach oder
zorn - also bruchend die Hebreier offt den namen: angesicht
gottes -) erschyne für uns. Sich, Christum für und für in die
ewigheit für uns fürmünden und bezalen.

--166--

Item Ro. 8. [Röm. 8. 34]: Wer möcht uns verdamnen, so Christus
für uns gstorben ist, ja ufferstanden; der ouch sitzt zuo der gerechten
gottes; der ouch für uns stat oder fürmündet? Ietz hörstu
die sicherheit des heyles dahar hangen, das der sun gottes, für uns
gstorben, in die ewigheit fürstat für uns armen sünder. Doch wirt der
meinung noch me harfürbracht imm 50. artickel. Hie ist ietz gnuogsamlich
darbracht, das Christus ein eyniger mitler ist zwüschend got
und uns.
Der zwentzgist artickel.
Das uns gott alle ding wil in sinem namen geben;
darus entspringt, das wir usserthalb diser zyt dheins
mitlers bedörffend weder sin.
Den ersten teil dises artickels hab ich darumb für mich genommen,
das ich gsehen hab, das die schäffly gottes, glych als Ezechielis 34.
[Ez. 34. 6] stat, geirrt habend oder umgelouffen sind in den bergen
und büchlen unnd felden, weyd oder trost suochende, und habend sy
aber nit funden; denn ire hirten habend sy von der thür, die Christus
ist, durch den man allein ins leben kumpt, abgewisen. Denn sy
habend inen nit geseit das heyl, das inen durch Christum allein
bereit und uffgethon ist. Das hat die armen schäffly so verzagt
gmacht, das sy gsprochen hand: Ach, wie dörfft ich sündiger mensch
zuo got kummen? Ich muoß durch guote fürmünder zuo im kummen;
unnd hand den einigen fürmünder und mitler, ja bürgen, pfand und
bezaler unserer sünden nit erkent, wie gewüß uns der abnimpt alle
sünd. Denn got wil uns alle ding in sinem namen geben (wo man
spricht "imm namen Christi" heißt es als vil als: umb sinetwillen,
in sinem gwalt, in sinem wort), als Christus selbs lert Jo. 15.
[Joh. 15. 16]: Ir haben mich nit erwelt, sunder ich hab üch erwelt,
und üch gesetzt, das ir hyngangind und frucht bringen und üwer
frucht blybe; daß ouch der vatter üch alles das gebe, das ir in
minem namen begeren werdend. Vernimm zum ersten, das got sine
junger und uns in sinen jungeren erwellet hat, das wir sin volk syind,
sine diener, ja, nit allein sine diener sunder fründ. Warumb soltend

--167--

wir denn nit zuo im gdören kummen, so er uns erwellet hat, daß wir
frucht tragind? Frucht tragen ist allein dero, die got darzuo erwellet
hat. Er hatt uns ouch darzuo erwellet, das wir den vatter erkennind
und umb all unser anligen zuo im louffind; dann er sich hat uffgethon
durch sinen sun, das er uns alles das geben welle, das wir in sinem
namen begerind. So er uns ußgezogen und erkießt hat, das wir zuo
im kummind, warumb woltend wir nit gdören zuo im kummen? Es ist
ouch uß dem wort gottes allein gwüß, daß uns got das gebe, das
wir in sinem namen begerend, als er spricht Jo. 16. [Joh. 16. 23]:
Warlich, warlich, sag ich üch, das der vatter üch alles das geben
würt, das ir in minem namen begeren werdendt. Sich, damit wir
sicher unnd vertruwt gdörend zuo im kummen, machet er uns gwüß
mit sinem wort, das wir, in sinem namen begerende, sicherlich gewärt
werdind. Ja, er hat verdruß daran, daß wir nit umb alle ding, die
uns not sind, zuo im kummend und begerend. Darumb spricht er:
alles oder alle ding. Und bald darnach verwyßt er den jungeren, daß
sy noch nüt begert habind [Joh. 16. 24]: Ir habend bißhar nüt in
minem namen begert. Begerend, so werdend ir 's empfahen, damit
üwer freud erfüllet sye. Sich, er nöt uns ze begeren, und wir
sprechend: Wir gdörend nit zuo imm kummen. Er weißt ouch, das
unser freud erst denn volkummen ist, so wir von im empfahend.
Darumb spricht er: Damit üwer freud erfüllet werd.
Es hat ouch der himelsch vatter mit sinem eygnen wort bezügt,
das er durch sinen sun begnadet und gefrydet werde Mat. 3. und 17.
[Matth. 3. 17. 17. 5]: Diß ist min lieber sun, in dem ich gefellig oder
gefrydet worden bin - eudokesa [εὐδόκησα] -; den hörend. Wir
lesend gmeinlich: in dem ich mir wol gevall; und habend aber die
Griechen eudokisa [εὐδόκησα], das ist: ich bin zefryden, oder: ich
bin eerhafft versuent, guetig worden; denn der himelsch vatter hat mit
disem wort nüt anderst gewellen, dann allem menschlichen geschlecht
anzeygen, das er ietz den gesendt hab, in dem er gefrydet und guetiget
werde; den söllind wir hören. Nun hat derselb uns gelert, wir mögind
zuo gott nit kummen dann allein durch inn. Er hat ouch geleert, das
alles, so wir begerend in sinem namen, das werde uns ggeben. Und
hat uns der vatter gheissen inn hören, imm ghorsam sin, so volgt
ouch, das er ein einiger mitler ist, und daß uns got alle ding wil in
sinem namen geben.

--168--

Item Hebr. 5. [Hebr. 5. 8f.]: Wiewol er ein sun gottes ist, hat er
doch ghorsame gelernet uß den dingen, die er erlidten hat; und ußgemacht
oder gevolkummnet ist er allen denen, die im ghorsam sind,
ein ursach des ewigen heils. Hie hörend wir, das got sinen eignen
sun hat wellen erlyden und erfaren die menschlichen prästen, das er,
dieselben eigenlich erkennende, und deß barmhertziger und gleubiger
wurd; ouch das er ein volkummne, unprästhaffte ursach würde zuo der
säligheit allen denen, die inn hortind, das ist: die in inn gloubtind.
Item Ro. 5. [Röm. 5. 15-19] paraphrasticos: Ist die gantz vile an
des einigen Adams sünd gestorben, vil me ist die gnad gottes und
die schencke der gnad, die uns durch den eynigen menschen, Jesum
Christum, zuogewendt ist, rych unnd überflüssig gesin der gantzen
vile zuo unschuld etc. - Bald darnach: Ist der tod so starck worden
uß der sünd eines menschen, das er durch den einigen ein herr unnd
künig worden ist über die menge, wie vil me werdend die, so die
überfliessenden gnad und schencke der grechtigheit empfangen habend,
in dem leben herschen ouch durch einen, namlich durch Jesum
Christum. Und darumb, glych wie die verdamnus in alle menschen
kummen ist von eines sünd wegen - verstand: Adamen -, also
ist die rechtwerdung des lebens in alle mentschen kummen durch
grechtigheit oder unschuld eines, Christi. Dann wie uß unghorsame
eines menschen wir alle sind zuo sünderen gemachet, also werdend wir
ouch alle durch eines einigen gehorsame unschuldig gemacht.
Alle dise wort Pauli lerend uns klarlich, daß, wie aller prästen
in uns durch den einigen Adam kummen ist, also ist ouch alles leben,
frommgheit und unschuld durch den einigen Christum widerbracht.
Und lerend dise wort heyter, das er ein einiger mitler ist; das er ouch
das einig mitel ist, durch den uns alles guot würdt gegeben, glych wie
durch Adamen allein alles übel kummen ist.
Also ist genuog bewärt, das uns got alle ding wil durch Jhesum
Christum geben.
Der ander teil diß artickels ist:
Daruss entspringt, das wir usserthalb disem zyte
gheines mitlers dörffend dann sin.
Welicher die zwen nächsten artickel wol ermessen hat, der
sicht eigenlich, das dise meinung daruß volgt. So nun diser artickel

--169--

das fürpitt der heiligen antrifft, wirdt ouch not sin, mit ernst davon
ze sagen. Dann ich wol weiß, das vil menschen mich darumb, wiewol
unbillich, hassend, das sy redend, ich sye böser dann alle, die zuo
diser zyt schrybend; denn die alle habind noch etwas zuoggeben der
heiligen fürpitt, und hab 's zum ersten gedören verwerffen. Nun hand
still unnd hörend min that und glouben.
Ich bin nie der meinung xin, das ich den weidlichen helden, die
umb gottes willen dise welt überstritten hand, ir eer wölte mindren.
Und so ich in der gschrifft dhein kundtschafft find, das man sy sölle
anbetten oder das sy dört für uns bittind, hab ich nitt mögen erlyden,
das die hoffnungen der menschen an sy gelassen wurdind, so dhein
gwüsse gschrifft darumb ist; und hab es doch also ze hand genommen.
Ich hab nit gethon, als ietz etliche thuond, die, so sy anhebend predgen,
zühend sy zum ersten das fürpitt der heiligen harfür, und so man inen
weeren wil, sprechend sy: Habend nit die botten ouch zum ersten
anzeiget, das die abgöt nit götte, sunder götzen wärind. Also, syd
ich befind, daß man sich an der heligen fürpitt verlasset, das aber
dheinen grund hat, sol man nit das zum ersten anzeigen? Antwurt
ich: Nein. Es hat hie ein andre gstalt, als hernach wol ermessen
werden mag. Sunder ich hab es also ze henden genommen: Ich hab
das war heyl, Christum Jesum, eygenlich anzeigt und styff gelert,
wie sy sich zuo im söllind alles guoten versehen, zuo im louffen umb alle
noturfft. Denn hab er den tod für uns erlidten, diewyl wir noch sine
fyend warend, wie möchte er einen unwillen ab uns haben, so wir ietz
in inn gloubend, wie Paulus Ro. 5. [Röm. 5. 8f.] spricht: Ist Christus
für uns gestorben, der zyt, do wir noch sünder warend, wie vil me,
so wir ietz durch sin bluot unschuldig oder grecht gemacht sind,
werdent wir gefristet oder geheilet vor dem zorn durch inn.
Hab also damit die früntlichen gnad gottes den menschen geliebet
und das gwüß anzeigt und wol gewüßt, das got mit sinem wort
würcken wurde; hab ouch den einvaltigen vorggeben, also, das ich
offt gesprochen hab, so sy häßlicher strittend: Wolhyn! Wellend ir
überein üwer anligen den säligen klagen, so wil ich mines allein gott
klagen. Laßt sehen! Welcher fart den gwüsseren weg? Und hab
sy also mit milch erzogen, biß das iro etlich, die vor starck wider

--170--

mich warend, starck darnach allein got anhangtend; denn sy warend
innen worden, wie sueß der herr ist; und das ein ietlicher, dem er wol
bekant wirt, mit den jungeren spricht Jo. 6. [Joh. 6. 68]: Herr, zuo wemm
solt ich gon? Du haltest das wort des lebens. Ich hab dich ergriffen;
ich wil dich nümmen lassen Cant. 3. [Cant. 3. 4]. Dann welicher
gott recht erlernet hat und von im ist heim gfuert, der mag inn
nümmen verlassen; und das man inn mit dem tod zuo der creatur abwenden
wil, so thuot er 's nit, sunder er mag sin gwüß heyl nit verlassen;
und ob er schon uß marter ein anders mit dem mund redte,
wycht doch das hertz nümmen; dann es weißt, das sin sicher heil got
ist durch Christum Jesum. Ich hab ouch vor vier jaren etwan
nachgelassen, das sy die verheißnen gebätle möchtind bätten, biß das
sy got häller erlüchte; doch das pater noster nit wellen gestatten, das
es ieman anderst wurde zuogesprochen denn dem einigen gott; oder es
wäre abgötery. Dann wie könde einer zuo sanct Gertruten sprechen:
Vatter unser? Also ist gevolgt, das der merer teil durch das wort
gottes dahyn kummen ist, das sy all ir zuoversicht allein zuo got durch
Christum hand angehebt ze han; der ist inen so heimlich und
früntlich durch das euangelium worden, das sy alle gebätle und zuoversicht
hand lassen fallen; denn sy hand die suessikeit deß alten wins
empfunden und habend den nüwen nümmen wellen trincken. Ouch
als sy die hand an 'n pfluog gelegt, hand sy nümmen wellen hinder sich
sehen. Also radt ich noch hüt by tag denen, so das gotswort verkündend,
daß sy das heyl eigenlich predgind uß dem claren, eigenlichen
wort gottes. So würdt der trost in den einigen got wol wachsen;
es würt ouch der betrug der falschen hoffnung wol hynvallen.
Unnd wiewol das mentschlich hertz all sin zuoversicht allein zuo
got haben sol, mag ich doch baß erlyden, das, so der mensch verwyßt
ist, im etwas werde nachgelassen, dann das die leer Christi
verjagt werde. Denn leyder etlich der warheit noch so unwüssend,
das sy die leer Christi verwerffen, sobald man inen ire patronen wil
abschlahen. Ich schätz ouch nit als böß sin an 'n heilgen hangen als
an 'n abgötten, wiewol ich weiß, das es verdamlich ist, so man die
hoffnung uff die creatur hat. Es sind aber etlich, die haben von eim

--171--

hültzinen schüryselin geredt und gesprochen: Ja, sy haben allen trost
zuo dem einigen got, aber zuo den säligen ouch; das doch by einandren
nit sin mag. Denen also unwüssenden ist billich vorzegeben, biß das
sy die warheit ergryffend.
Erstlich sol nieman gedencken, daß ich zwyfel hab, ob die säligen
ruow und fröd by got haben, also, daß ich dahyn reichen welle, es sye
dhein säligheit nach disem zyt. Das sye verr von allem menschlichen
gschlecht; dann welicher der meinung ist - als leyder ze besorgen
ist; dann ir wyß und werck und wort zeigend gotlos lüt an -, der
ist schon verdampt. Es sol ouch ein ieder wüssen, das wir hie nit
redend von dem gebätt, das die frommen gleubigen Christen, diewyl
sy noch in dem lychnam wonent, für einandren thuond, sunder wir
redend hie allein von der meinung, die etlich falsch lerenden also
habend fürggeben: Die säligen, die by got ietz sind, habend gar vil
umb got verdient; darumb syind sy im genämer dann wir, das sy
gott für uns armen sünder bittind, oder sy opfrind unser gebätt got
uff, und werdind vil ee erhöret dann wir. Demnach sind sy biß
dahyn kummen, daß sy geredt habend: Es sye nit müglich, das ieman
zuo gott kummen mög, dann allein durch das fürpitt der säligen. Dem
ist darnach gevolgt, daß man sich uff iren verdienst gelassen hat; das
man me trosts zuo der creatur gehebt hat weder zuo dem schöpffer;
das man der creatur zuogelegt hat das, so allein gottes ist. Weliches
nüt anderst ist weder ein ware abgötery.
Das man nun die warheit häll erkenne, wellend wir durch die
götlichen gschrifft harfür bringen, das man sehe, das sy sölch leren
on allen grund der warheit harfür getragen habend.
Als sy nun zum ersten redend: die helgen habind vil verdient
umb got, darumb syind sy genämer weder wir; ja, sy hand gdören
reden: die heilgen gottes habind mee erlitten, weder not sye xin zuo
der säligheit, darumb ist not, das wir zum ersten redind von dem verdienst
der heiligen. Und ee wir von dem anhebend sagen, sol
mengklich wüssend, das diß wort "sanctus, helig" glych als wol

--172--

heisset: einen frommen, als: einen säligen, wie da oben eigenlich ist
anzeigt. Ich mein aber, das der irtumb des anbettens der heilgen vil
krafft habe genommen uß dem, daß Paulus und ander apostel
die Christen sanctos genent habend, das ist: fromme; und habend
darnach geheissen, die Christen söllind für sy bitten. Da dannen
habe man das gebätt zogen uff die säligen und sy denen glych gemacht,
die noch in disem tal des jamers und arbeit sind. Ich möcht
ouch wol lyden, das man die säligen nampte "säligen", nit "heiligen".
Dann "heilig" heißt ein ietlicher frommer Christ, der sin zuoversicht
zuo gott hat, darumb, das sin nam ietz by got in den himlen ist angeschriben;
er ist aber noch nit sälig, sunder wirdt er erst sälig, so
er in das angsicht gottes kumpt. Doch lyt nit so vil an dem namen,
so man die meinung eigenlich verstat, namlich, das wir hie nun
redend von der säligen verdienst oder fürpitt, nit von fürpitt der
heiligen, das ist: frommen Christen.
Ietz volgt von verdienst.
Das ist gewüß, das Jesus Christus durch sin lyden verdient hat
allem menschlichen gschlecht den zuogang zuo got, den fryden mit got
und säligheit. Jo. 14. [Joh. 14. 6]: Ich bin der weg. Jo. 10. [Joh.
10. 9]: Ich bin die thür; welcher durch mich hinyn gat, der wirt heyl.
Jo. 14. [Joh. 14. 6]: Nieman kumpt zum vatter denn durch mich.
Ro. 5. [Röm. 5. 1f.]: So wir nun durch den glouben recht oder unschuldig
gemacht sind, so hand wir fryden mit got durch unseren
herren Jesum Christum, durch welchen wir zuo der gnad gefuert sind
mit dem glouben, in dero wir stond und uns ruemend in der hoffnung
der eer, das wir süne gottes sind. Sich: Rechtwerden, dem glouben
nachvolgen. Der gloub ist sicher, daß Christus Jesus mit sinem
tod und opffer uns gefridet hat mit got. So ist die versuenung ie
nitt unser, so sy Christi ist. Es ist ouch ein schmach Jesu
Christi, das man einiger creatur zuolege, das allein sin ist; dannenhar
er der xundmacher heißt. Macht er xund, so machend die werck nit
xund. Wir werdend ouch zuo der genad des frydens gefueret durch
Christum, ja, so wir das gloubend, wie obstat, daß er unser heyland
sye. Denn das wir uns uß gwüssem glouben der eeren ruemen gdörend,
das wir sün gottes syind, das ist allein ein werck des suns gottes.
So mag es unsers verdiensts nit sin, sunder es ist allein des suns
gottes. Coloss. 1. [Col. 1. 20]: Got hat wolgevallen, durch Christum

--173--

versuenen mit im selbs alle ding, unnd hat durch sin bluot, das er am
crütz vergossen hat, gefridet, was uff erd, was in den himlen ist.
Sich, daß die versuenung durch Christum verwürckt ist, durch welches
bluot got hat gewellen mit im selbs alle ding versuenen. So ist der
frid und zuogang zuo gott deß bluotes Christi; also mag er nit des
menschen sin.
Hebr. 10. [Hebr. 10. 19-22]: Brueder! So wir nun ein frye sicherheit
habend zuo dem ingang der heiligen statt durch das bluot Jesu
(welchen nüwen unnd lebenden weg er uns nüwlich erbuwen hat durch
den umbhang, das ist: mit sinem fleisch oder lyb), so wir ouch einen
priester habend über das huß, das ist: gsind gottes, so lassend uns
hynzuogon mit warem hertzen und gantzem glouben etc. Sich hie den
weg in 'n himel durch das bluot Jesu Christi erbuwen unnd verdient
sin. Dann Paulus erklärt sich selbs, so er spricht: er hab den weg
erbuwen durch den umbhang sines fleischs, in dem die gotheit verborgen,
doch gegenwürttig, lag unnd ouch sich zuo siner zyt offnet.
Und das wir sin verdienen verstandind, spricht er, das wir einen eignen
priester habind, der mit sinem opffer uns den himel verdient hab;
dann ie die priester warend do ze mal verordnet ze mitlen zwüschend
got und den menschen mit dem opffer, mit dem sy zum ersten für
sich, darnach für das volcke, gott understuondend ze begnaden, das
doch nun ein schatt ist gesin der künfftigen dingen Hebr. 10.
[Hebr. 10. 1]. Also hat ouch Christus für uns uffgeopfret, doch vil
fruchtbarer dann die priester imm alten testament. Er hat nit dörffen
für sich selbs ufopfferen; dann er hat ghein sünd ghebt. Er hat alle
gleubigen seelen gereiniget und für sy bezalt. So habend die alten
priester nun das fleisch gereiniget; er hatt alles geleystet, das vor
verheissen oder bedüt ist. So habend die alten priester nun den
schatten unnd bedütnus gehebt; dann er hat nit vihbluot, sunder sin
eygen bluot für uns uffgeopfret. Also ist er unser gwüsser heyland;
darumb wir mit warem hertzen und vertruwtem, volkummnem glouben
zuo got gdörend kummen; dann er hat mitt sinem bluot für uns bezalt.
Nit me kundtschafft wellent wir harfürbringen ze bewären, das
Christus uns mit sinem eygnen bluot fryden mit got und alles heyl
verdienet und überkummen hat; dann die gschrifft ist der meynung
allenthalb voll.

--174--

So wir nun von dem verdienst der säligheit, der allein der gnad
gottes ist, hie redend, und aber ietz (wiewol kurtzlich) bewärt ist, das
sölchs Christus verdient hat, so volgt, das, so wir von verdienen
unserer wercken rechnend unnd ußmessend, es nüt anderst ist weder
ein itele torheit, ja ein geltlose, ein unwüssender frävel. Dann wie
gdörend wir von dem wärd unserer wercken disputieren, so wir allein
uß der gnad gots xund werdend? Jo. 1. Und hette ieman mögen
mit den wercken sälig und mit got versuent werden, so hett doch
Christus nit dörffen lyden; ja sin lyden wäre noch hüt by tag ytel
und vergeben. Gala. 2. [Gal. 2. 16-21]: Möchtind wir mit dem gsatzt
(das ist: mit den wercken, die das gesatzt heißt) grecht werden, so
wär doch Christus vergeben gstorben. Das sye verr von allen
gleubigen, daß sy die gnad gottes, durch Christum erworben, also
unkrefftig machind und hynwerffind. Hie dannen ermiß, daß alle, so
ie zuo got kummen sind, allein durch das verdienen des lydens Christi
zuo im kummen sind. Wie kan denn ein säliger mir sinen verdienst
zur säligheit fürsetzen, so er selbs durch sinen verdienst nit sälig
worden ist und im ouch nit müglich ist xin zuo got ze kummen denn
allein durch Christum? Es ist ein schantlich, schmächlich wort wider
got, da die Bäpstler gesprochen habend: das S. Laurentz über das
verdienen der sälikeit erlidten hab, das kömme uns zuo hilff, und setze
der bapst das den sünderen für, und habe gwalt über den schatz der
kilchen. Glych als ob es got nit übel anstuende, daß er denen, die in
sinem stryt und arbeit grosse ding erlydent, nit rychere belonung gäb
denn sy verdientind, wenn glich die menschen ir verdienst mueßte
sälig machen, so man doch sicht, das es eim irdischen fürsten übel
anstat, daß er nit belonet nach verdienst. Sich, was armen und
kargen gots hand sy uns uß dem so gnädigen, rychen gott gemacht,
damit sy ire verdienst tür gnuog möchtind verkouffen, so doch
Christus spricht Mar. 10. [Mar. 10. 29f.]: Warlich, sag ich üch, daß
keiner ist, der verlassen hat sin huß, oder brueder oder schwösteren,
oder vatter oder muoter, oder wyb oder kind, oder acker umb minetwillen
und des euangelii, der nit hundertveltigs ietz in disem zyt

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innemme, es sye hüser, brueder oder schwösteren, muetren oder kind,
und äcker, doch mit durchächtung und in dem künfftigen zyt ewigs
leben. Sich, Christus verheißt so einen rychen lon in disem zyt,
namlich hundertveltigs. Das aber also sol verstanden werden: Do
Petrus und andre ir heimwäsen verlassen habend, wo hand sy ze
hundert mal als vil darfür empfangen? Antwurt: Da, do die, so vorhin
Christo nit ggloubt, durch das predigen des euangelii zuo got kert,
brueder Christi und aller siner glyderen worden sind, welche vile
Petrum und alle andre botten vil me gefreuwt hat dann ein unzalbarliche
menge der lyplichen bruederen. Dannenhar wir sehend, wie
so engstigklich Paulus frolocket, wo er hört, daß die menschen zuo
dem glouben Christi kummen sind; wie er sy erlichen lobt, heilgen
und liebe brueder nennet und kinder. Rychtag nimpt man denn yn.
Wenn man die rychtag nit begert, so besitzt man sy; wenn man die
begert und lieb hat, so besitzend sy uns. Darzuo sicht man in den
geschichten der heiligen botten, wie die Christen alle ire hab in den
gwalt und nutz der gemeinen bruederen hynggeben hand. Es wirdt
sich ouch mit der that erfinden, das denen, die umb des gotswortes
willen etwas verlassend und die leer Christi mit wort und wercken
pflantzend, das inen die gleubigen all ir hab mitteilen werdend. Ja
obschon got - dann sine urteil wunderbarlich sind - verhangte,
das einer uß armuot oder hunger umb sinetwillen mueßte sterben, so
gibt er im ein sölch mannlich gmuet, das er sich umb die verlaßnen
hab nit bekümeret; ja er freuwt sich der fryheit, deren er empfindet.
So nun Christus hie in zyt hundertveltigs leistet und erst den
kurtzen prästen, den wir hie erlydend, mit ewigem leben belonet, wer
kan dann reden, das ieman für oder me lyde, dann das ewig werdt
sye? Und Paulus spricht Ro. 8. [Röm. 8. 18]: Es sind die lyden in
disem zyt nit wirdig der künfftigen eer, die in uns eroffnet wirdt. Hie
sich dem römischen ablas in 's angsicht, was schönen grunds er
habe! Er ist uff verdienst gebuwen, die nüt sind und gheinen nie
sälig hand gemacht. Und wenn die Bäpstler sprechend: Man hat
den ablas nit allein in das fürlyden der sälgen gsetzt, sunder ouch

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in das lyden Christi, antwurt: Wie? Was das lyden Christi nit
allein rych gnuog alle schuld ze bezalen? Hand ir im muessen ein
hueberlin anbuetzen, das es starck gnuog wär? Ir gotsfyend, ir verrucker
des festen felsen, ir reuber unnd mörder der seelen, söllend
ir dem hohen, gwaltigen sun gottes hilff in der creatur suochen und
ruemend üch noch, ir syind Christen? Ja, sprechend sy, obschon
das nüt ist, so ist doch das verdienen Christi, ja ein tropff sines
bluots gnuog, aller welt sünd hinzenemmen. Antwurt: Also redend!
Wo ist aber ietz üwre leer vom verdienst? Warumb gond ouch ir
gotsdieben und sprechend: das ußteilen der fruchtbargheit des lydens
Christi sye allein des bapsts und sines xindes und howend Christo
sin hend und mund ab? Denn er hat gesprochen: Welicher gloube,
der werde sälig. Wer nit gloube, der werde verdamnet. Warumb
nemmend ir gelt darumb, das allein mit dem glouben erlangt wirdt?
und felschend got sin wort und nemmend im sinen gwalt, das ir
sagend, es möge siner gnaden niemans teilhafft werden denn allein
durch üch? Also erlernend wir nach allem handel, das keiner creatur
werck gemessen sol werden als ein wärd oder verdienst, dem man
etwas schuldig sye, sunder wüssen, daß alle werck, die wir thuond, ein
schuld sind, die wir aber nimmer bezalen mögind; dann zuo der maß
der guete, die got erfordret, mag dhein mentsch kummen, wie da oben
gnuog anzeygt ist. Byspil, damit du es klar verstandist: Almuosen geben
ist on allen zwyfel ein guot werck; dann es ouch by den ungleubigen
geruempt wirt. Nun gang harfür, du syest, wie heilig du wellist, unnd
zeig mir an ein almuosen, das du ie recht ggeben habest (Diß red
ich darumb so räß, das die, so ire werck guot wellend machen mit
iren eygnen köpffen und urteil, an inen selb den prästen empfinden
werdend, den sy bißhar nit gewüßt habend; denn sust weiß ich wol,
das vil menschen wol bericht sind, das dhein werck nit guot ist, so es
vom menschen kumpt oder dem menschen wirdt zuogeschriben) also,
das dir din eigner nutz nit zuogefallen sye, eintweders, das du damit
die pyn der hellen hast wellen ablöschen; und also ist es unfry

--177--

und eigennützig unnd die wurst an 'n bachen geworffen; oder aber,
das du es nit on rüwen, nitt on hinderstellen, abziehen oder mindrung
hast ggeben. Und findstu deren prästen einen, so magst du
ie gedencken, das din werck nit guot ist und nüt verdient; denn verfluecht
ist, der das werck gottes hinläßlich oder mit betrug thuot
Hiere. 48. [Jer. 48. 10]. Oder ob dir deren prästen dheiner anhieng,
das aber nit müglich ist (dann all die wyl du dir etwas vorbehaltest,
so bist du dir selbs trüwer und hast dich selbs lieber denn den
nächsten, das on sünd nit sin mag), nun, ob schon der eigennutz dich
nit felschte, so luog, ob din werck nit mit uppiger eer verbösret
worden sye, also, das du lob by den mentschen oder durch den armen
menschen, dem du die gab ggeben hast, gesuocht heigist. Oder ob
dero keins da wäre, so luog, ob du nit durch din gab dir selbs habist
angehebt wolgevallen und dich selb fromm dardurch schetzen. Unnd
ob dero dheins da wär, so luog, ob du in dem almuosen dir gar nüt
habist zuogschriben, sunder nun got gefürchtet, daß du das werck nit
so uffrecht und fruotig gethon habist, als er dich imm ermanen geheissen
hat. Und so du das nit findest - denn es ist denen, die uff
ire werck haltend, nit müglich, das deren prästen dheiner sy anfalle -,
so luog und halt uff das almuosen nit, das du darus hoffest so oder so
grossen verdienst; denn es ist nit guot, so es ein prästen hatt. Dann
so bald es prästhafft ist, so ist es gots nit wirdig; wie kan es dann
verdienen? Also merck, daß das unverdacht werck almuosen, so vil
es vom menschen kumpt, nit guot ist. Wie wirt es erst den andren
wercken gon, ja den tüfelischen wercken, die wir von uns selbs erdacht
und für guot verkoufft habend? Doch wirdt davon me kummen
im 22. artickel. Luog ietz, frommer Christ, umb gottes willen, was
der verdienst unser wercken sye, und nit nun unser, sunder aller heiligen.
Dann sind ire werck guot, so muessend sy nit iro sin; dann von
dem menschen kumpt nüt guots. Kumpt aber, als wir wenend, guots
vom menschen, so ist es nit sin, sunder gottes. Also sind aller
menschen werck nit guot, sy syind dann gottes. Was wiltu aber denn

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inen des menschen namen geben oder dem menschen zuoschryben, das
allein gottes ist? Die heligen, das ist: die frommen, schrybend inen
nüts zuo; dann sobald sy inen selbs etwas zuoschrybend, so ist es
nümmen guot. So vil es aber guot unnd gottes ist, was dörffend wir
vil rechnen, wie vil es verdiene, so es unser gar nitt ist? Und so bald
wir es unser machend, so versündend wir uns. Summa: Welcher fürst
lydet, das ein dapffer werck, das er wyßlich angeschlagen und durch
sine joch weidlichen diener vollendet hat, den dieneren werde zuogeschriben?
Oder welcher sun rechnet dem vatter sin arbeit, der
sust ein erb ist der vätterlichen hab und werchet nach dem willen
des vatters on ansehen des lons? Und so wir sün gottes sind, uß
siner luteren gnad und erbärmbd angenommen unnd gemacht, so
kummend wir glych als die frömbden, unfryen knecht und rechnend
selbs den lon, den uns der herr schuldig sye.
Hie schryend aber die gytigen knecht, die nun uff den lon
sehend: Sich! Sy wellend uns unseren verdienst nemmen und berouben
des lons der guoten wercken; so doch so vil in der gschrifft
stat, das eigenlich anzeigt, wie got unseren wercken lon gibt und was
sy verdienen. Mat. 10. [Matth. 10. 41f.]: Welicher einen propheten annimpt
oder im hilfft als einem propheten, der nimpt lon eins propheten;
und welicher einen frommen als einen frommen annimpt unnd
im hilfft, der nimpt den lon eins frommen; und ein ieder, der einen
dero kleinen trencken wirdt nun mit eim trunck kaltz wassers imm
namen eines jungers, warlich, sag ich üch, der würt sinen lon nit verlieren.
Und derglychen findend sy unzalbarlich imm nüwen und alten
testament, das den kinderen Israels verheissen ist: so sy in den
potten gottes wandlen wurdind, so wurde inen got ire fyend underwürfflich
machen und iro vatter sin; dargegen sy aller menschen
roub machen, so sy von im trätind. Got hat Abrahamen das
gheyß thon, das in sinem somen das heil den menschen kummen
wurde, darumb, daß er got wolt sinen eignen sun han uffgeopfret.
Sich den lon und verdienst! Antwurt: Gang ein klein baß hinuf in
das 10. cap. Mat. [Matth. 10. 28-31], so findest du gschriben: Fürchtend
üch nit vor denen, die üch den lychnam tödend, die aber die
seel nit mögend töden. Fürchtend aber me den, der die seel unnd

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den lychnam mag mit dem ewigen tod verderben. Werdend nit zwey
spärly umb ein haller verkoufft? Noch falt der ein under inen nit
uff die erd on üwren vatter. Es sind ouch die har üwers houpts alle
gezelt. Darumb fürchtend üch nit; dann ir übertreffen wyt die sparen.
In denen worten Christi hörend wir eigenlich, das alle ding uß verordnung
und fürsichtigheit gottes beschehend. Hette er gesprochen:
Die sparen werdend nit verkoufft on den himelschen vatter, so hette
einer mögen dencken: Ja, got schickt etliche ding, etliche aber nit.
So er aber spricht: Der ein der spärlinen falt nun nit an die erd
on das verordnen des himelschen vatters, so mögend wir nit entdrünnen;
dann das wir nachlassen muessend, das nüt so kleins beschicht,
es wirdt von got also verordnet. Dann wer ist ie so sorgveltig
oder gwündrig xin, das er die zal siner haren erfaren hab?
Nieman. Noch weyßt got ir zal. Ja, nüt ist so klein an uns und in
aller gschöpfft, das nit uß der allwüssenden und allmögenden fürsichtigheit
gottes verordnet und gschicket werd. Wie vil me gschehend
all unsere werck uß verordnung gottes. Und so das, so dörffend wir
uns nüt zuoschryben, sunder sollend wir wüssen, das sy alle uß verordnung
gottes gschehend, dem sy ouch allein söllend zuogeschriben
werden. Inred: Warumb verdampt uns dann got, so wir nit guotes
thuond? als er spricht Mat. 7. [Matth. 7. 19]: Ein ieder boum, der nit
guote frucht bringt, der würdt ußgehouwen und ins fhür geworffen.
Mögend wir nun nüt guots thuon und so wir es aber nit thuond, so
werden wir verdampt, so mag ie nüt volgen, dann das gott ungerecht
sye, so er sinen zorn, das ist: verdamnus, uff mich leit umb ein ding,
das ich nit vermag. Der gestalt ouch Paulus strytet Ro. 3. [Röm.
3. 5]. Antwurt: Ein guoter boum bringt guote frucht, er mag ouch nit
böse frucht bringen. Es mag ouch der böß boum nitt guote frucht
bringen Mat. 7. [Matth. 7. 18]. So nun du nit guote frucht bringst, ist
es ein zeychen, das du ein böser boum bist. Darumb wirdstu ußgerütet
und verbrent. Sprichst: So ich aber nit uoß miner eignen
krafft mag guot sin, sunder got muoß mich guot machen, warumb macht
mich gott nit guot oder aber laßt mich unverdampt? Antwurt: Warumb
dich gott nit guot mache, muostu inn umb fragen; ich bin nit in

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sinem radt gsessen. Ich hab aber das von dem heiligen Paulo
gelernet Ro. 9. [Röm. 9. 20-23], das got darumb nit ungrecht ist, das
er sin creatur brucht nach sinem willen, glych als ouch ein hafner
unrechtes von sinen gschirren nit gescholten werden mag, so er uß
einem schollen ein gschirr macht zuo subren brüchen, das ander
aber zuo unsubren; dann ghein seichkachel spricht: Warumb hastu
mich nit ouch zuo einem erlichen trinckgschirr gemacht? Also warlich
handlet got mit uns on verletzen siner grechtigheit; denn wir sind,
gegen im ze rechnen, minder denn der leimscholl gegen dem hafner.
Darumb ordnet er sine gschirr, das ist: uns menschen, wie er wil.
Einen erwellet er, das er zuo sinem werck und bruch gschickt wirdt,
den anderen wil er nit. Er mag sine gschöpfft gantz machen und
brechen, wie er wil. Er erbarmbt sich über wen er wil. Er verhertet
ouch, wen er wil. Er hatt das hertz Pharaonis verhertet, das
inn dheine zeichen noch schaden bewegtend; das aber sust unmüglich
xin wer, daß er ab so grossen zeychen nit bewegt wäre. Glychsam
er noch hüt by tag die Antchristen verhertet, so er sy sehende nitt
laßt sehen und hörende nit laßt verston. Sy sehend, das sy der leer
gottes nit erweeren mögend; man ryßt sy gwaltigklich harfür; noch
understond sy die ze weeren. Sy hörend, daß die warheit so klar uß
dem wort gottes würdt harfür bracht, das sy darwider nit mögend;
dann möchtind sy darfür, sy spartind es nit; noch wellend sy iro nit
glouben noch sy verston. Es ist nüt anderst dann das urteil gottes,
das etlich zuo im zücht, aber etlich verwirfft. Und werdend wir im
nüts darin reden; denn wer sind wir, daß wir mit got zanggen oder
rechten möchtind? Es hatt uns aber die menschlich wyßheit von dem
fryen willen, die wir von den Heyden gsogen hand, dahyn bracht,
das wir das werck gottes, das er in uns würckt, unserem thuon und radt
zuoschrybend und erkennend die almechtigen fürsichtigheit gottes nit.
Hie schryend allweg die ungleubigen: Also wirdt ein ieder
sprechen: Wolhyn! So wil ich nüt guotes me thuon unnd wil sehen,
was got durch mich würcken welle. Hat mich der guot gmachet, so
bin ich guot; got geb, wie ich im thueye. Bin ich aber böß, so hilfft
es nit, was ich guotes thuon; ich muoß verdampt werden. Antwurt: Den

--181--

boum kennt mann an der frucht. Hat got dich zuo einem guoten boum
gemacht, so bringstu guote frucht. Dann als wenig der geist und krafft
gottes fulet oder mueßig gadt, sunder ist ein ewig wesend werck ueben
und wysen (entelechia [ἐντελέχεια]), also wenig gat der guot boum
muessig; denn der geist gottes, der inn guot hat gemacht, bewegt inn zuo
guoten wercken; unnd ist sin leben nüt anderst dann ein empsig werck
gottes. Und wie gottes natur ist, alle ding ze verordnen und wysen,
also erkent sich der gleubig ein instrument unnd gschirr sin, durch
das got würckt, und schrybt im selbs nüt zuo, sunder weißt sich selbs
und alles werck gottes sin. Widrumb so hört man an dinen worten
eigenlich, daß du ein fuler, unfruchtbarer boum bist, so du nüts thuost.
Und ob du schon etwas thuost, hört man wol, das du es dir selb zuoschrybst.
Dannenhar din werck - also nennest du es - dir ein verdamnus
ist; dann du schrybst dir zuo, das gottes ist. Unnd wiewol
got durch dich ouch würckt, nimpt das werck gottes sind end und
ordnung, und wirstu mit dinem eigenschatz an dem werck gottes
gloubenbrüchig, so du dir das zuoschrybst, und verdampt. Gott wil
uß dir machen ein gschirr des zorns, das ist: der verdamnus, daran
er sin gerechtigheit erzeugt. Hab nitt sorg, wie man guot oder böß
werde; got wirdt wol guote oder böse machen, wie er 's haben wil.
Der guot boum ist: alles, so got gevellig ist, so begirig ze erfüllen, daß
sin gröster kumber ist, daß er den willen gottes nit allenthalb tuon
mag, und begert sölich fhür angezündt werden in allen menschen.
Nun laß ich nach, das die gschrifft vil innhalt, das dem verdienst
nit unglych sicht, so man es zum ersten ansicht. Diß ist aber
on zwyfel von ettlicher kleinen wegen beschehen, die zuo dem glouben
nit bald kummen, das sy glouben, ob inen die katz nun ein wurst
hyngetragen hab, sye es doch uß der verordnung gottes beschehen.
Denn der gloub hat ouch sin zuonemmen, als Christus in dem erlüchten
des blinden bedüt hat Marc. 8. [Marc. 8. 24], der zum ersten
die menschen ansach, glych als ob 's böum wärind und bald darnach

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gar sehend ward. Sprichst: Nun muoß doch ie der gloube ouch ein
verdienstlich ding sin; dann welcher gloubt, der wirdt sälig. Dann
Christus spricht offt: Din gloub hat dich xund oder heyl gmacht.
Antwurt: Der gloub ist nüt anderst weder ein gwüsse sicherheit, mit
dero sich der mensch verlaßt in den verdienst Christi, und ist nit
ein werck (wiewol inn Christus ein werck nent; Jo. 6. [Joh. 6. 29]
hat ein andre meinung), sunder ein ruow und sicherheit in dem verdienst
Christi. Welche sicherheit und vertruwen ouch nit von menschen
kumpt, sunder von got; dann das wort Christi Jo. 6. [Joh. 6. 44] mag
nit brechen, da er spricht: Nieman kumpt zuo mir, es habe inn denn
min vatter, der mich gesendet hat, gezogen. Warumb aber got etlichem
den glouben zum ersten mal klar und starck gibt, etlichem
langsamlich, stat in sinem, nit in des menschen wüssen.
Ie doch so ist das verzyhen deß verdiensts nüt anderst denn der
gloub. Denn das der mensch im selbs nüt zuogebe, sunder alle
ding gloube durch die fürsichtikeit gottes verwalten und geordnet
werden, das kumpt allein da dannen, das er gar in got gelassen und
vertruwt ist; das er imm glouben vestenklich weißt, daß gott alle ding
thuot, da wir schon sinen nit warnemmend. Und das ist der gloub,
der ouch gemert wirdt und wachßt, so bald er gesäygt würdt; nit
daß wachsen unser sye, sunder gottes. Welches ouch Christus mit
einer hällen glychnus lert Mar. 4. [Marc. 4. 26-29]: Also hatt das rych
gottes ein gestalt, als wenn ein mensch den somen uff die erd wirfft
und schlaffet und stat uff nach dem bruch des tags und der nacht,
und gruonet der somen und wachßt, daß der mensch nüts darumb
weißt; denn das erdrich treit von im selbs frucht, zum ersten das
krut, darnach das äher, darnach volkummnen weytzen in dem äher.
Und so die frucht erwachsen ist, so sendet er die sichlen; dann die
ärn ist hie. Besich dise glychnus eigenlich. Das rych gottes ist nüt
anderst denn das wort gottes an disem ort Luce. 8. [Luc. 8. 11]. Wo
das anhebt ggloubt werden, das ist: wo gott das hyn säyet, da
wachßt es uß der würckung gottes, das wir darzuo schlaffend, das ist:

--183--

das wir es nit mit unseren krefften pflantzend. Unnd macht got, das
sin wort zuonimpt imm glouben und in wercken, wiewol wir etwan deß
nit achtend und nit sehend, das got durch uns würckt. Und zum
letsten so sendet der, so es von ersten gsäygt hat, die sichlen und
nimpt die frucht, die er selbs gezogen unnd pflantzet hat. Diß
glouben, das got alle ding würckt, das hat sin zuonemmen und wachsen,
doch allein von got. Und ie me der gloub wachßt, ie me wachßt
ouch das werck aller guoten dingen; dann ie grösser der gloub wirt, ie
grösser got in dir ist. Ie me got groß in dir ist, ie me ist ouch in
dir die würckung des guoten. Dann got ist die ewig krafft alles guoten
unnd ein unverwandelbarliche würckung; dann wenn er horte würcken,
so wär er verwandelbarlich. Also lis dich ietz zesamen. Deß
gloubens anfang und sat kumpt von got; denn nieman kumpt zuo
Christo, er werde denn zogen vom vatter. Das zuonemmen des
gloubens ist ouch gottes, wie ietz bewäret ist. Der gloub lert uns,
das got alle ding würcke und wir nüts. Sich unser ruow und sabat!
Also volget ouch zum letsten, das wir uns nüts zuoschrybend, so wir
gleubig sind. Sobald der verdienst hinvalt, so falt der säligen fürpitt
hyn, der lebenden glychssnery, damit sy sich gemest haben, glychsam
sy so vil guotes thueynd, daß sy sich selbs und uns sälig machind.
In diser meinung könnend die, so schon den fryen willen, dem
radtschlag des menschen, dem verdienst vil zuogebend, nit entdrünnen;
dann das sy redend: Ja, got sye die fürnämer ursach in allen guoten
wercken; doch würckind wir ouch, welchs doch nüt anderst ist denn
ein listig ußwinden von got in sich selbs. Denn ist gott die fürnämer
ursach unnd volbringer des wercks, als die Bäpstler verjehen
muessend, so frag ich, ob got von einer andren ursach bewegt
werde oder nit. Muessend sy verjehen, das er die erst bewegend ursach
sye, nit von einer andren bewegt; oder aber man keme in ein
unentlichs, mueßte man einer ieden ursach ein andere ursach anzeygen.
Darnach frag ich vom menschen, ob der mensch ouch ein ursach von
im selbs sye oder nit. Da truckend und windend und dichtend sy
vil; sind doch alles nüt denn falsche wön. Dann merck kurtzlich: Ist
der mensch von im selbs har kummen, so ist er ouch für sich selbs

--184--

ein ursach siner wercken. Ist er nit von im selbs har kummen, sunder
von got, so ist ouch got ein ursach siner würckungen. Denn wie kan
der mensch im selbs etwas zuoschryben, so er alles, das er ist, von got
ist? Also volgt: das, ist got nach irem nachlassen die fürnem ursach
des werckes, daß das werck im sol zuogeschriben werden, nit uns; denn
ie sol der nam dem fürnämeren zuogelegt werden; und das red ich nun
uß irer kunstkamer. Wir hand das starck wort gottes an unser syten
ston, das sy nit stürmen mögend mit allem irem züg, namlich, das
got alle ding würckt in uns, und wir nüt sind weder handgeschirr,
durch die got würckt, und ouch die handgschirr selbs gemacht hat,
glych als der schmid dem hammer nit zuogibt, das er den wägiß gemacht
habe, sunder im selbs; denn er hat den hammer ouch gemacht,
und ist der hammer unnd der wägis ein gmächt des schmids. Also
ist ouch das werck gottes, und sind ouch wir gottes, der das werck
und uns, sine instrument, gemacht hat. Sich, wo stond wir hie so
weidlich und sind ouch etwas, wie Güggi; er wolt allweg nun ein
ritter sin und überkam nie kein pfärd, biß das er zum letsten so arm
und kranck ward, das er uff einer mistbaren in 'n spital reit. Verzych,
frommer Christ, disem schimpfflichen wort; ich hette es wol können
ußlassen, aber es ist so glych unserer kluoge, das es nit übel hie stat.
Ietz volgt der züg der kundschafften, daran wir lernend, das wir
nüt sind.
Jo. 6. [Joh. 6. 44]: Nieman kumpt zuo mir, min vatter habe inn dann
gezogen. Muoß er uns ziehen, so hör ich wol, wir wöltind selbs niemer
kummen sin. Daselbst und Esa. 54. [Joh. 6. 45. Jes. 54. 13]: Sy werdent
alle von got gelert. Wo ist dann unser verstand und kunst?
Joh. 15. [Joh. 15. 4]: Wie das schoß von im selbs nit frucht
bringen mag, es blybe dann imm rebstock, also ouch ir (verstand: vermögend)
nüt, ir blyben denn in mir. Hör: Von im selbs vermag das
schoß nüt, also ouch ir.
Daselbst [Joh. 15. 16]: Ir hand mich nit erwellet, sunder ich hab
üch erwelt, das ir gangind unnd frucht bringind. Sich, das wir nit
got erwellend, sunder er erkießt und ußlißt uns.
Daselbst [Joh. 15. 5]: On mich vermögend ir nüt thuon. Ist klar:
Wer vermögend on Christum nüt, glych als der hammer unnd das
schoß, das nit imm rebstock stat.

--185--

Luc. 17. [Luc. 17. 7-10]: Welcher under üch, der ein knecht hat,
der ze acker gadt oder hirtet, so der heimkumpt, spricht: Kumb bald
und sitz zuo tisch! sunder spricht er nit: Rüst zuo, was ich z' nacht
essen sol, und schürtz dich uff und dien zuo tisch, biß das ich gyß und
gtrinck, und demnach, so yß unnd trinck ouch. Seyt er dem knecht
danck darumb, daß er geton hat, das er gheissen ist? Ich mein 's nit.
Also ouch ir, so ir gethon hand alles, so üch gebotten ist, so redent:
Wir sind unnütz knecht; denn wir hand geton, das wir schuldig warend
ze thuon. Bsich dise wort wol; dann sy allein unseren tandt vom verdienst
hynlegend und sagend dannocht nun von denen wercken, die
got heißt.
Paulus spricht 1. Cor. 3. [1. Cor. 3. 5f.]: Wer ist Paulus, wer
ist Apollus anderst weder diener (sich: das handgeschirr), durch die
ir den glouben glernet hand, und das, so vil got eim ietlichen geben
hat. Ich hab gepflantzt, Apollus hat gwässeret, aber got hat das
wachsen gemacht. Demnach so ist der pflantzend nüt, und ist ouch
der wässerend nüt, sunder got (verstand: ist es alles), der das wachsen
gibt. Dise wort sind häll gnuog; zeigend an, das dhein bott nüt sye
von im selbs, sunder ein diener gottes, und würcke, so vil got geb.
Er spricht ouch der gstalt 2. Cor. 3. [2. Cor. 3. 4-6], als er geruemet
hat, wie die Corinthier durch inn zum glouben syind gebracht,
damit er nit im selbs ze vil zuogeb, also: Sölch oder das vertruwen
(verstand: das wir anzeygen gdörend, wie wir üch zum glouben bracht
habind) hand wir zuo got durch Christum, nit daß wir gschickt oder
gnuogsam syind ützid uß uns selbs ze dencken, glych sam es von uns
selbs kömme, sunder unser gnuogsame oder gschickte ist uß got, der
uns gschickte diener gmacht hat des nüwen testaments, das nit ein
testament ist des buochstaben, sunder des geists. Ist alles clar bis an
die letsten wort "das nit ein testament des buochstabens ist, sunder des
geistes", welche wort uns lerend, daß das testament des euangelii in
den hertzen der mentschen durch den geist gottes geschriben würdt,
unnd das es durch den geist gots würckt in uns. Darus volget: Wo
der gloub ist, da ist ouch der geist gottes; wo der ist, da ist ouch
ein werck des guoten.
Item er spricht 1. Cor. 12. [1. Cor. 12. 3-6]: Nieman mag nemmen
den herren Jesum, denn allein imm heiligen geist. Es sind aber

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underscheid der gaben, doch nun ein geist. Es sind ouch underscheid
der diensten und doch nun ein her. Es sind ouch underscheid der
krefften, die da würckend, aber got ist allweg einer, der da verwürckt
alle ding in allen menschen etc. Sich, das Jesum nennen einen
herren, das ist: erkennen unseren heyland, houpt und herren sin,
nienenhar kumpt weder vom heiligen geist. Sich ouch, das die gaben
gottes in vilvaltigem underscheid sind, derglychen ouch die gaben aller
diensten und krefften. Und ist aber got, der sy gibt, nun einer. Uß
dem wir merckend, das got alle ding würcket in allen menschen, alle
gaben gibt. Lis, wiltu gern, das daselbst hernach volgt; würt nutzlich
sin.
Item aber spricht er Philip. 2. [Phil. 2. 13]: Got ist, der in üch
würckt das wellen und die krafft des würckens nach sinem wolgevallen.
Sich, das got unseren willen beweget ze wellen, das er wil, ouch die
krefft ze würcken, das er wil.
Disen inzug von der fürsichtigheit gottes hab ich darumb gethon,
das man erlerne, das got alles das würcke in uns, das guot ist;
und wir würckend 's nit, sunder sind nüt anderst dann instrument unnd
handgeschirr, durch die got würckt; denn uß im und durch inn und
in im sind alle ding. Und so man sin fürsichtigheit in allen dingen
erlernet, findet man ouch daby sin almechtigheit und krafft alle ding
ze ordnen und würcken nach sinem willen. Also falt denn hyn aller
verdienst, das wir warlich nüt könnend halten uff unseren verdienst,
so alles guot, so durch uns beschicht, gottes ist und nit unser; ja, sobald
wir es uns zuogebend, so ist es böß; dann wir sind von natur böß
Genn. 8. [Gen. 8. 21]. Nun mag dhein böser boum guote frucht bringen.
Und obschon got mit sinem wort lon verheißt, belonet er nüt anderst
dann sin eigen werck, das er gewürckt hat, als ouch Augustinus
spricht und der herr selbs bedüt, da er spricht: Ich hab üch ußerwelt,

--187--

das ir frucht bringind [Joh. 15. 16]. Und beruefft er und bestelt in
sinen wingarten und ladet selbs uff sin hochzyt und gibt Pilato gwalt
über sich selbs, sunst möchte er im nüt thuon. Uß welchem volgt, das
ghein mensch nie worden ist, der uß sinem verdienst got gevellig oder
lieb worden ist, sunder er hat im selbs lassen gevallen, welichen er
wil. Ja, Cornelius [Act. 10. 4] und Tobias almuosen [Tob. 12. 8-12]
hat er anggeben unnd von erst uff bewegt, wiewol der engel spricht:
Got hat din almuosen und werck gesehen. Denn die werck haben ie
vorhin muessen ein grund der zuoversicht haben. Welicher nun sin
zuoversicht zuo got hat, der wirdt von got bewegt. Also ist wol ze
gedencken, daß Cornelius, wiewol er ein Heyd ist xin, von got bewegt
almuosen ze geben, uß dem grund, das er sähe sine abgött nüt
sin, und begerte in erkantnus des waren gottes ze kummen, das ouch
die wort act. 10. [act. 10. 4] anzeigend: Din gbett und almuosen sind
erhört etc. Und was inen beden gott gethon hat, ist nüt denn ein
belonung sines eignen werks. So rych ist got an gnaden, das er
gnad für gnad gibt Jo. 1. [Joh. 1. 16].
So nun der verdienst nidergelegt ist, so mögent die Bäpstler
nümmen heissen bochen uff der säligen fürpitt, weliches warlich hat
hinläßig Christen gemacht; dann man mengen so närrischen
Christen funden hat, der gemeint, so er nun einen patronen on
underlaß erete, so möchte er nit verdampt werden, und hat daruff
geroubet, prent, kriegt, gspilt, gschworen, geebrechet; hat daby die
stuck, so der sälig in disem zyt hat an im gehebt, nit angesehen, was
er für ein glouben habe gehebt, wie lieb er got, wie schnöd das zytlich
habe ghebt. Ja, hatt er etwan gemeint, so er s. Sebastion nun zuo
hoffart silberin oder guldin davor am huot getragen hab, sye er vor
allem gschütz sicher und bül; oder so er zuo sanct Christoffel alle
tag ein ave Maria spreche, sye er vor allem unradt behuet; oder so er

--188--

s. Barbaren lasse, fyn nach huerischem sitten gbildet, uff einen
altar stellen, damit der meßlesend pfaff nit ze vil andächtich wär, mög
er nit one den fronlychnam und bluot Christi sterben. Und hat in
alle sinen lastren, glych sam die heilgen darumb gestorben syind, das
man uff sy sünden sölle, gsprochen: Ich weiß, das der lieb helig so
vil umb got verdient hat, das er mir alle ding geben mag. Darzuo
hand die lugenhafftigen gytwürm den schlechten sinn der mentschen
bracht mit irem fablenpredgen; doch hand sy es nit umbsust fürgenommen.
Wenn s. Sebastians tag kummen ist, so ist die puren
der tantz zuo dem altar anggangen, das sich des der gantz convent
gefröwt hat. Darum schryend sy ietz: Sol man die lieben helgen
nümmen eeren? O, die muoter gottes wirt verschmacht. Schnygte
der silberin schnee noch so vast uff den altar als vor, du hettest
das gschrey nie angefangen. Ietz gib ich antwurt: Du unwarhaffter
schelcker! Wer lert, das man die säligen nit eeren sölle? Welchs
ist aber ir eer? Opffren? Ja, das ist din nutz, aber der heiligen eer
nit. Leer, das nüt me eeret die heligen gottes, dann das man ire
glouben und mannliche geduld, umb gots willen getragen, ußkünde,
damit wir ouch zuo sölchen heilsamen stucken gezogen werdind, und
lernind den erkennen, dem sy ouch allein sind angehangt, und das
uns nüt nüws bschicht, als Petrus redt, wenn wir umb gottes willen
durchächtet werdend. Du wilt aber nun das sagen, das dir die
kuche mestet: Der sälig ist guot für das zanwe, diser für das
buchwee, ihener macht sehen, diser hilfft den eebruch verschwigen;
und schrygst denn, so man dine fablen verwirfft, man welle die
heligen nit eeren. Darumb hebst denn an ze lügen. Kumpst gen
Zürich, so redt man, es habe einer ze Costentz predget, Maria sye
nit ein maget oder jungkfrow bliben. Kumpst gen Costentz, so redet
man, es hab 's einer ze Zürich predget. Und so man es besicht,
ist es an twedrem ort gedacht, und gdörend aber die grossen hansen
sölich mär hyn und wider getragen und mit grossem pracht reden.

--189--

Darumb huet dich, frommer Christ; gloub denen gotsfyenden nüt;
denn lügens schemend sich dero ettlich als vil als die gouggler. Sy
thuond sölchs nun, damit sy vil unruow der welt gstattind. Denn es
ist gheiner so närrisch, das er nit ein groß verwundren hab ab den
weidlichen stryteren gottes, und sich nit wünsche iren xellen ze sin;
denn durch sy würt uns ein byspil ggeben, wohin wir kummind, so
wir wandlind als ouch sy. Darumb sy Paulus Hebr. 12. [Hebr. 12. 1]
zügen nennet, uß der ursach, das sy uns gwüsse zügen sind der
säligheit, das wir ougenschinlich sehend, wohyn die glöbigen kummind.
Also halt ich vil von der muoter gottes, der ewig reinen, unbefleckten
magt Maria, vil von allen denen, die ie umb gottes eer und willen
sind gestorben; ob aber sy got für mich bittind, das wellend wir
hernach sehen.
Ich wil zum ersten von der Bäpstleren wegen ein menschliche
rechnung harfür bringen, daran sy erlernen, das fürbitt der heiligen
irer eignen kunst wider ist.
Also: Bittend die säligen für uns vor got, so muoß das ie beschehen,
das inen unser not eintweders anligt oder nit. Ligt inen
unser not an, so sind sy nit sälig; denn das ist das eigen der
sälgheit, das da ghein truren, dhein mangel, kumber noch einigerley
prästens sye. Ligt inen unser not nit an, so werdend sy ouch eintweders
nit für uns bitten oder, ob sy schon für uns bätind - als ir
dichtend -, so bewegte es got nit. Ursach: Es gschähe nit von
hertzen, und sicht got allein das hertz an. Also redend ir. Tuond
den knopff uff.
Ein andrer knopff: Ir sprechend: Sälikeit sye denn dem menschen
gegnet, wenn er im angsicht gottes sye, und in sinem willen nüt me
sye, das got widerstryte. Also muoß volgen, das die säligen für niemans
mögend bitten denn für den, dem sy in got sehend das, darumb
sy bittend, verlihen werden; oder aber ir wille widerstrebte got, wenn
sy got wöltind ab erbitten, das sines willens nit wär. Hie spricht

--190--

einer (des namm ich hie noch verschwyg, doch ein treffenlicher
Bäpstler; dann er würt mir, ob got wil, sust bald ze teil: inn byßt
die hut): der will der säligen sye nit einhellig mit got, das doch ein
schantlicher frävel ist; dann got hat uns leren bitten, das sin will geschehe
uff erden wie in dem himel. Ist nun der säligen will nit einhellig
mit got, so bitten wir nüt anderst, denn daß unser will ouch
nit einhellig mit gott sye. Sich, was weidlicher Christen das sind!
So sy mit dem wort der warheit das fürpitt nit bewären mögend, so
hebend sy an lügen das, deß das wort gottes engelten muoß. Und
so sy schryend, sy rettind die eer der heyligen, so enteerent sy got
und sine helgen und alle warheit.
Zum dritten sprechend ir: Alles, so die säligen wüssend, das
wüssind oder lernind sy in dem ansehen des angesichts gottes, und
werde inen unser gebett kund durch gott. Also muoß ie volgen, das
got unser gebett, vor unnd ee die säligen deß innen werdind, wüsse.
So falt ouch hyn das, so etlich under üch redend: die säligen überantwurtind
unser gebett got; denn sy erlernend es imm angsicht gottes.
Uff dise gegenwürff buw ich nitt, wiewol sy den Bäpstleren
ze starck sind, sunder daruff buw ich, das dhein leer noch byspil
uns durch die gantzen bibly anzeigt, das die säligen in iener welt für
uns bittind. Darnach, das vil wesenliche gschrifft, ja das fürnemste
gebott gottes darwider ist.
Zum letsten, das die zuoversicht in das fürpitt der heiligen ein
verduncklen, hindersichlegen und verwerffen des heilsamen lydens
Christi ist, und den säligen wider.
Das erst und gröst gebott lutet also deut. 6. Mat. 22. Luc. 10.
Mar. 12. [Deut. 6. 4. Matth. 22. 37. Luc. 10. 27. Marc. 12. 29]: Uwer
herr got ist ein einiger got. Du wirdst lieb haben dinen herren got
uß gantzem dinem hertzen unnd uß gantzer diner seel unnd uß diner
gantzen stercke. Lucas [Luc. 10. 27] zelt dise wort uß dem mund
Christi also: Du wirdst dinen herren got lieb haben uß gantzem
dinem hertzen unnd uß gantzer diner seel und uß allen dinen krefften
und uß allem dinem gmuet. Sol nun der mentsch all sin liebe mit aller
krafft an got legen, muoß ouch volgen, das er all sin zuoversicht zuo im

--191--

habe; denn das ist diß gebott des gloubens, das got den kinderen
Israels durch Moysen geben hat, welichs ouch Christus Mat. 4.
[Matth. 4. 10] mit disen worten harfürbringt: Du wirst anbetten din
herren got und demselbigen einig dienen. Sich aber diß gebott ein
gebott sin des gloubens und der zuoversicht zuo got. Als denn Moyses
widrumb deut. 6. [Deut. 6. 13] darnach redt: Du würdst dinen herren
got fürchten und dem allein dienen.
Das nun die Bäpstler nit könnind gsagen von irer dulia [δουλεία]
und hyperdulia [ὑπερδουλεία] (dann was gat uns an, was sy dichtind
mit dulia und hyperdulia): Ja, es ist war, man sol das anbetten allein
got thuon zuom fürnemsten, und das heißt latria [λατρεία]; aber man
mag die helgen anrueffen und nach got bitten mit dem anbetten, das
dulia heißt; ouch die muoter gottes als die übertreffenlichsten under
aller dieneren gottes, und das heißt hyperdulia. Das sy ja mit dem
trumpenwerck nüt könnind schaffen, so sye zum ersten ze wüssen, daß
sy die bede wort, dulia und hyperdulia, erdicht hand. Und findend in
der gantzen bibly duliam nienen genommen werden für das anbetten
oder anrueffen der säligen. Hiperduliam findend sy gar nienen. Aber
latriam findend wir offt in dem wort latreuin [λατρεύειν], das heißt:
dienen, eren. Also brucht es Christus Mat. 4. [Matth. 4. 10], da er
spricht: Und wirdst dem allein dienen, oder: und wirst den allein
eeren. Heisset also latria an dem ort die eer und dienst, so der
mensch got anthuot als dem guot, zuo dem er sin zuoversicht hat.
Darumb spricht Christus: Du wirdst dinen herren got anbetten und
dem allein dienen, das ist: din gmuet zuo nieman mit zuoversicht keren
denn allein zuo got. Du wirdst ouch zuo nieman anderst dine dienst
richten, zuo dem du ein zuoflucht habist, dann zuo im.
Dise meinung red ich nit uß minem kopff, sunder stat sy deut.
am 10. [Deut. 10. 20]: Du wirdst fürchten dinen herren got und dem
einigen dienen; dem wirdstu anhangen und in sinem namen die warheit
vesten oder schweren. Er ist din lob und din got. Hie merckt

--192--

ein ieder, daß got mit dem ersten gebott gewellen hat, das alle eer,
lob, forcht und dienst dheiner creatur angethon wurde denn allein
im. Verstand aber daby, das got nit meint, das ein mensch dem
andren nit dienen sölle oder sinem obren nit eer enbieten. Von
denen redt got nit, die einandren noch sichtbar in dem lychnam und
in diser welte sind, das die einandren nit dienen söllind, sunder das
wir keinen trost söllend zuo ieman haben dann allein zuo got; und zuo
den unsichtbaren creaturen gar dhein zuoversicht haben, sy uns nit
fürbilden zuo gheinem trost.
Daß aber sölichs der sinn sye, das wir ghein zuoversicht den unsichtbaren
creaturen söllind haben und deshalb nit dienen, so merck
die wort des gebots gottes deutero. 5. [Deut. 5. 8f.]: Du wirst dir
kein gschnitzt oder ggraben bild machen, noch ghein glychnus aller
der dingen, die oben am himel sind oder hienieden uff erd, noch
dero dingen, die in dem wasser wonend under der erd. Die wirstu
nit anbetten und wirst sy nit eeren. Sichstu hie, das got nit von den
lebendigen redet; dann dieselben darff man nit vorbilden. Also volgt,
das er nit verbüt, das man die lebendigen nit sölle zimlicher eererbietung
eeren und inen dienen, wie sich by den menschen gebürt,
sunder das der creaturen, die wir nit sehend, gheine sol verbildet
werden, daß wir dero eer oder dienst embietind umb gheine zuoversicht;
dann wir söllind allein im anhangen, inn allein eeren, im allein dienen
under allen unsichtbaren dingen.
So man nun alle zuoversicht allein zuo im sol han (denn er ist der
einig, der das übel richt und barmhertzikeit bewyßt, als ouch bald
nach den vordrigen worten volgt deut. 5. [Deut. 5. 9], so muoß ie
volgen, daß das erst gebott: Du solt glouben, das ist: du solt all din
zuoversicht unnd trost, liebe allein zuo dem einigen got haben; dem
soltu anhangen mit allem hertzen, seel, krefften, gmuet. Wo nun alle
zuoversicht allein zuo got gehebt würt, da fallet aller trost zuo allen
creaturen hyn. Denn es kan nit sin, das aller trost in got gehebt
werd und man nüt dest minder sprech: Ich trüw in die creatur oder
säligen ouch. Glych als die kind redend, so man sy fraget: Weliches
ist dir in unserem xind das liebst, sprechend sy: Der vatter. Denn
so spricht die muoter: Ich wond, ich were das liebst. So antwurt

--193--

es: Du bist mir ouch das liebst. Demnach gibt es ouch der
jungkfrowen sölche antwurt. Glich also redend, die da sprechend:
Ich bin ein Christ und sol mir nieman den glouben vorthuon; ich
weiß wol, das ich all min zuoversicht zuo got sol han; ich han das all
min tag gwüßt; noch han ich min zuoversicht zuo den lieben heligen
ouch. Sich, wely kind sind das! Sy wüssend nit, was sy sagend,
und ruemend sich des gloubens und verstond das erst gebott noch nit;
dann got wil das hertz gar haben. Glych wie der eeman yfret und
nit lyden mag, das sines wybs hertz mit eim andren beladen sye, also
mag er nit lyden, das des menschen hertz zuo ieman ein zuoflucht hab,
dann zuo im allein, als er durch Esaiam redt 28. [Jes. 28. 20]: Das
bett ist eng, also, das der ander hinab falt, und der mantel kurtz oder
schmal, mag sy nit bed decken. Kurtzlich: Got mag nit erlyden, das
zuo ieman zuoversicht und trost werde ghebt, weder allein zuo im.
Demnach so verduncklet das verwent fürpitt der heilgen das
lyden Christi. Denn es ist, als ich hoff, davor gnuog anzeigt, wie
fruchtbar dasselb ist und wie heilsam, namlich, daß uns got in sinem
namen wil alle ding geben. Ja, es ist nit müglich, das uns der ütz
abschlahe, der sinen eignen sun hat für uns ggeben, oder das er uns
nit, alle noturfft by im ze finden, habe uffgeton, als Paulus spricht
Ro. 8 [Röm. 8. 31]: Ist got für uns, wer würt wider uns sin? Der da
sinem eignen sun nit übersehen hat, sunder inn für uns all hinggeben,
wie wirdt er uns nit mit im alle ding geben? Hie ist Paulus meinung:
got sye uff unser syten und stande er für uns; darumb möge
uns nieman schaden. Das aber wir gwüß sehind, wie guetig und barmhertzig
er uns sye, und ouch versichret syind, daß er uns nüt abschlahen
werde, so habe er sinen eignen sun an uns nit gespart, unnd
hab den für uns hynggeben. Wie könd er uns nun etwas abschlahen?
Nun hat er doch nüt höhers noch türers noch wärders dann sinen
sun. Warumb sölte er uns denn ützid abschlahen? Dann alles, das
er uns immer geben würt, das muoß minder sin denn sin eigner sun.
Darumb, so er uns den ggeben hat, söllend wir zuo im kummen umb
alle noturfft; denn er wirt uns nüt me abschlahen.

--194--

Hie erschynet ietz, wie die närrischen Bäpstler boßlich die
miltigheit gottes in ein ungnad kert hand, und uß einem milten,
gnädigen vatter einen tyrannen und zornigen gbieter gmacht. Dann
sy also an den kantzlen geschruwen hand: Lassend üch von der
hoffnung zuo den lieben helgen nit fueren; denn sölte einer nun zuo
einem fürsten in diser welt gon, umb gnad oder etwas ze erbitten, so
mueßte er einen fürmünder haben, glych als ob die fürsten diser welt
also söllind sin. Wärend die fürsten nit besser und wäger, wenn sy
so guetig und dem rechten so geneigt werind, das sy einen ieden
armen selb für sich liessind, früntlich und bruederlich verhortind und
demnach unangesehen guot, gunst unnd ander anfechtung recht urteil
und gnad bewisind? Ich mein, du werdest gedencken: ja. Also wüß,
den unseren got von uns gehalten werden als einen eigenlichen vatter,
dem wir alle not wol gedörend klagen; dann er hat uns gelert, wir
söllend im vatter rueffen; und gibt der geist gottes unserem geist zügnus,
das wir sün gottes sind Ro. 8. [Röm. 8. 16], das ist: daß uns
got mit der gnad sines geists bericht in unseren seelen, das wir so
ein genädigen gott hand, daß er uns früntlicher ist dann ghein lyplicher
vatter, und das wir inn fry und sicher mögend unseren vatter
nennen, und er wirdt 's gern haben und in mitten under uns sin. Das
ist uns so gemein, daß wir wol gdörend zuo im kummen; denn er
hat sich darumb so treffenlich genidret, das wir inn erlangen mögind,
als er spricht Luce 22. [Luc. 22. 27]: Ich bin in mitz under üch
als ein diener. Und gond aber ir warheithassenden Bäpstler und
machend uns einen so unfrüntlichen, unbogsamen, grusamen tyrannen
uß im: es gdöre nieman zuo im kummen on einen mitler. Warumb
hat er uns denn gelert zuo im louffen und sprechen: O du, unser
himelscher vatter! Gib uns, vergib uns etc. Warumb stat er denn
mit offnen und umb unsertwillen verwundten armen und ruefft uns
Mat. 11. [Matth. 11. 28]: Kummend zuo mir, o ir alle, die arbeitend

--195--

und beladen sind, und ich wil üch fristen oder ruewig machen? Sich,
wemm ruefft er? Den arbeitenden unnd denen, die beladen sind mit der
schwäre der sünd. Warumb sprichstu denn: Wie dörst ich armer
sünder zuo im kummen? Hörstu nitt, das er den sünderen ruefft?
Hörstu nit, das er spricht: Ich bin nit kummen die rechten ze berueffen,
sunder die sünder zuo besserung [Marc. 2. 17. Luc. 5. 32]? Ouch
das er spricht: Die xunden dörffend des artzets nit, sunder die da
kranck sind [Marc. 2. 17. Luc. 5. 31]? Ist das nit, o frommer Christ,
die suessen, trostlichen genad gottes verbitteren, wenn der Bäpstler
den sünder verzegt, er sölle oder gdöre nit zuo got selbs kummen; er
muesse einen fürmünder haben? Ist das nit die eer Christi hinnemmen
und sy der creatur geben, so er uns allen ein gewüß pfand
des heils ggeben ist Ephe. 1. [Eph. 1. 7], und du gibst 's einer creatur
zuo? Ist nit das, got den menschen leiden und inen die creaturen
lieben? Was ist aber das anderst dann eigenliche abgötery? Sich,
wie es stand umb unsere erfindungen! Dahyn sind wir kummen, das
wir unser zuoversicht zuo der creatur habend, und lassend den schöpffer
glych als einen tyrannen sin. Danck sye üch gsagt, lieben Bäpstler,
das ir die welt in söliche blintnus gfuert und in hällem liecht so starck
darinn bhaltend!
Zum letsten ist es ouch ein schmach der säligen, daß man sy
nach irem tod an statt gottes rechnet, den sy über alle ding all weg
erhöcht habend; und sind darumb zuo im kummen, das sy all ir zuoversicht
zuo im ghebt und von allen creaturen abgewendt habend. Ja,
die ewigrein magt Maria mag als wenig erlyden, das man iro die eer
zuolege, die irs suns ist, als Paulus und Barnabas in Lystris.
Dann ist in den himlen die höchste grechtigheit, so muoß ie nieman
darinn fröwen sunder erzürnen, wenn man im die eer zuolegt, die
des höchsten suns gottes allein ist. Denn Paulus und Barnabas,
als das volck in Lystris sy für götte hielt und inen opfferen anhuob,
schruwend sy, redende: O ir mentschen, warumb thuond ir das? Wir
sind doch nüt anderst denn prästhaffte menschen, glych als ouch ir
[Act. 14. 15]? Was, meinstu, wurdend sy sprechen, wenn sy uff den
hütigen tag sähind, daß man by inen suocht, das allein gottes ist?
Meinst nit, die wirdig Maria wurde sprechen: O ir unerkanten!

--196--

Alle eer, die ich hab, hab ich nit von mir selbs; got hat mich also
uß sinen gnaden begabet, das ich ein magt und muoter under allem
menschlichen gschlecht allein bin; noch bin ich nit ein göttin; noch
bin ich nit der brunn des guoten; gott ist der selbig brunn allein, und
laßt alles guotes allein zuo üch kummen durch minen sun; und so ir
mir zuolegen wurdind, das allein gottes ist, so wer doch der gewalt
gottes verendret und sin regiment. Denn der von anfang der welt har
dheiner creatur sölchen gwalt ggeben hat, daß man zuo iren zuoflucht
hab, so sye ouch got, als minem sun Nicodemus Jo. 3. [Joh. 3. 2]
eigenlich zuogab. Nieman, sprach er, mag die zeichen thuon, die du
thuost, gott sye denn mit im. Der ist got; darumb vermag er alle
ding. Ich bin dhein got; darumb söllend ir by mir nit suochen das,
so allein got gibt. Do ich noch uff erden lebet, hat min sun, dem
ich doch am höchsten lieb und wärd was, mir nüt zuogegeben siner
wunderwercken. Denn als ich inn einist manet, das volck hette
gheinen win, gab er mir ein frömde antwurt: Wyb, sprach er, was
han ich mitt dir ze schaffen [Joh. 2. 4]? Gschach allein darumb, daß
das wunderwerck nit mir, sunder im zuogelegt wurd. Darumb lassend
got in sinem regiment und gwalt blyben, wie er von alter har ist
kummen. Ir meinend, ich sye geeret, so ir mich anbettind: Das ist
min uneer. Es sol niemans angebettet werden denn der einig got.
Den eerend der gstalt, als ich inn geeret hab, mit glouben, mit ghorsame,
mit geduld der widerwertigen dingen, die ich mit sinem sun
von kindßwesen har biß in 's end erlitten hab mit armuot und truebsal.
Lassen mich einem zügen sin, das alle, so gottes sind, widerwertigheit
erlyden muessend in disem zyt; und ob ir schon schlecht gehalten
werdend in disem zyt, ist doch üwer eer groß in den himlen. Denn
was hab ich nit erlidten? Also ermessend, das, sydmal mich gott zuo
einer muoter sines suns erwellt und doch hartsäligheit nit überhebt
hat, sunder mir dieselben menigvaltiklich zuogesendt, er üch ouch nit
änig laßt. Dieselben mögend ir dann des frölicher tragen, so ir mich
schon sehend sölichs ouch getragen haben, und bin ich nüt anderst

--197--

denn ein züg mines suns, das man sehe, wie gwüß das heyl in im
ist. Oder derglychen wurde Maria reden, wenn sy by uns wär, als
ich nit zwyfel. Es wurdind ouch die trüwen diener gottes, wenn sy
unser narrenwyß sähind, sprechen: Sehend ir nitt, das wir nit säligen
gedienet, noch sy in unser todsnöt angeruefft habend, sunder dem
einigen got gedient, der uns ouch in unseren nöten ze hilff kummen
ist; denn wir alle zuoflucht zuo im hand gehebt. Sehend ir nit, das
Jacob, do er tödt ward, act. 12 [Act. 12. 2], nit Stephanum anruofft,
der vor im zuo got kummen was? Ouch das Petrus in siner
widerwertigheit, derglychen ouch Paulus nit Steffan oder Jacoben
hand angerueffet? Wannen hand denn ir gelernet, das ir zuo uns
louffend, so wir nun zuo got durch den mitlenden Christum geloffen
sind? Do wir in leben xin sind, habend wir der eer gottes nüt wellen
entziehen und uns eygnen. Unnd so wir ietz eer und freud innemmend,
derglych nie gesehen noch ghört ist, so gebend ir uns zuo,
das gottes ist, glych sam uns freuwen sölte üwer närrisch ansehen,
und sye unser eer, das unser schand wäre, wo es uns fröwte. Ir
machend ouch uß uns, das wir gar nit sind: patronen und fürsten der
lastren. Und so wir üch volgtind oder verhortind, so wurd under
uns nit ein minderer zwytracht, denn die heydischen poeten etwan
under den götten sin gedicht hand. Denn nimm war: Zwen fyend
kummend zuo einem Jörgen unnd rueffend inn an umb den sig.
Wedrem sölte er inn geben? Oder die Hispanier rueffend iren
Jacoben an und die Franzosen iren Michaelem. Sol nun ietwedrer
denen ze hilff kummen, die inn anrueffend, so muoß er dem
andren widerston. Ir söllen sölich torheit fallen lassen, und üch under
die gwaltigen hand gottes demuetigen, und unser wäsen nit nach üwerem
duncken urteilen oder ermessen. Also: Wellend wir die heilgen
eeren, söllend wir thuon, wie sy gthon hand: unser crütz uff uns
nemmen und Christo nachvolgen.

--198--

Demnach und gnuogsamlich in disem und vordren artickel bewäret
ist, das unser einiger zuogang zuo gott Christus ist, und die hoffnung,
so man gelert hat in die creaturen haben, ein lutrer betrug, falsch
und abgöttery, so wirdt ouch not sin, das man die geschrifft, die sy
unredlich darzuo gbrucht hand, inen widrumb uß den henden rysse und
anzeige, wo sy die mißbrucht oder nit verstanden habend.
Zum ersten habend sy harfür gezogen genn. 48. [Gen. 48. 16], do
Jacob im segen der sünen Josephs spricht: Min nam werde über sy
beruefft, ouch die namen miner vordren Abrahams und Isaacs. Hie
sprechend sy: Hörend ir da, das Abraham, Isaac und Jacob
söllend angeruefft werden? Antwurt: Ir lassend üch den zangg verfuoren,
das ir nümmen weder hebraisch noch griechisch noch
latin noch tütsch verstond. Heißt "min nam werd über sy beruefft":
Ich würd got in iener welte für üch bitten? oder heißt 's: Rueffend
mich an, so wil ich got in iener welt für üch bitten? Oder sagend
an: Ist Abraham, Isaac, Jacob und andre zuo gott kummen, ee
Christus kummen sye? Hat man vor im zuo got mögen kummen, so
hat doch Christus nit erst den weg gemacht; so ist er ouch nit die
einig thür, durch die man zuo got kumpt; so ist ouch nit war, das er
spricht: Nieman kumpt zum vatter denn durch mich. Das sye verr
von allen gleubigen hertzen nun ze gedencken. Sind sy nun nit by
got gesin, sunder haben ouch gemanglet des angsichts gotes, wie hand
sy dann vor got für uns gebetten? So Abraham begert hat die zuokunfft
Christi ze sehen, so ist er imm angsicht gottes nit xin, oder aber
er hett nit not nach Christo gehebt. So er nun by got nit xin
ist, wie hat er für ieman gebetten, so er selbs mangelhafft ist xin unnd
zuo got nit hat mögen kummen denn allein durch Christum? Sich,
wie ir in der heilgen gschrifft umbgond, glych wie der bätler imm land;
an weliches ort er kumpt, kumpt er recht. Also, wo ir nun findend
das wort "anrueffen", "bitten", "sälig" oder derglychen, so truckend
ir 's grad uff üwre tolle meinung, es sye der warheit glych oder nit.
Sol Abraham, Isaac unnd Jacob by got xin sin vor Christo? So
nun das nit ist (was aber die schos Abrahams sye, understand ich
mich hie nit ze sagen), wie könnend sy denn vor got für die kinder
Israels gebetten haben? Also verkerend ir alle gschrifft, und sind

--199--

schädlicher gotsfyend uff den erdboden nit kummen denn ir Bäpstler.
Die ungleubigen gangind schlaffen mit irem schaden; die mögend uns
doch am glouben nit schaden! Ir nemmend die gschrifft, darinn das
wort des heils stat, und fuerent uns damit in abgöttery, als ir mit
disem wort ouch tuond, darinn Jacob nüt anders wil, denn das got sy
erhören welle, wenn sy inn in sinem oder Abrahams oder Isaacs
namen anrueffind, also, das er denn welle ingedenck sin des glübds
und pundts, die er inen gethon hab und irem somen. Das ist "min
nam werde über sy berueffet": "min nam werde inen fürderlich! So
sy dich, o gott, umb sinetwillen anrueffend, so kumm inen zuo hilff!
Ob sy schon dir nit gnäm wärind, so biß doch ingedenck, das
Abraham, Isaac und ich dir lieb xin sind, unnd das du uns söliche
gheiß hast gethon!" Der sinn ist nit min und bewärte von mines
kopffes wegen nüt, wo die geschrifft nit sich selbs erlüchtete. Also
wellend wir sehen, wie Moyses Abrahamen, Isaac und Jacob
habe angeruefft, und damit wirdt der vordrig sinn clar unnd mit einer
arbeit ein ander ort der gschrifft ouch uß irer gefencknus gelassen.
Exodi am 32. [Ex. 32. 11-13] ruefft Moyses für die mißtat der
kinderen Israels, die sy mit anbetten des kalbs begangen hattend,
got also an: O herr! Warumb bistu so treffenlich erzürnt wider din
volck, das du uß Egypten gefueret hast mit grosser stercke und
krefftiger hand? Ich bit dich, mach ruewig dinen zorn, und wird begnadet
über die boßheit dines volcks, damit die Egypter nit könnind
sagen: Er hat sy listiklich hyngefueert, das er sy in den bergen umbrächt
und sy von dem erdrich ußtilggete. Biß ingedenck Abrahams,
Isaacs und Israels, diner dieneren, welchen du by dir selbs geschworen
hast, sprechende: Ich würd üwren somen oder gschlecht
vilvaltigen als die sternen des himels etc. Hie sehend wir eigenlich,
was da ist: die namen der dryen vätteren über die kinder Israels
beruefft werden, namlich nüt anders, dann daß sy got ermanet hand
by der früntschafft und liebe, die er zuo inen ghebt, ouch by dem
glübdt, das er inen gethon hatt, sam sy sprächend: Herr! Wir söltend
billich nit für din angsicht kummen von unser boßheit wegen, die nit
wirdig ist, daß du iro ütz guotes tueyest. Biß aber ingedenck der
fründschafft, die du mit Abraham, Isaac und Jacoben gehebt hast.

--200--

Die sind unser vätter xin; wir sind nüt, aber unser vätter warend dir
lieb; dero laß uns geniessen. Biß ouch ingedenck, daß du inen verheissen
hast, das in irem geschlecht oder somen alle völcker heilgemacht
werdind, ouch das du sy so vilvaltiklich meren wellest als die
sternen des himels. Wo wurde nun das beschehen, wenn du uns ietz
nach unserem verdienst abtilggetist? Besich ietz, ob du die worte
Moyses ouch der meinung findest, so sichst du, das er spricht: Biß
ingedenck Abrahams, Isaacs und Jacobs, diner dieneren. Sich die
ermanung der alten fründtschafft! Darnach sichstu, das er spricht:
Welchen du by dir selbs geschworen hast, sprechend etc. Sich die
ermanung von des glübds wegen! Darus hand ir Bäpstler wellen
das fürpitt der säligen bringen, glich als ob es ein meinung syg: O
herr! Gedenck Abrahams, Isaacs und Jacobs, und: Abraham,
Isaac und Jacob, bitt gott für uns! Sind ir toub oder narren, das
ir nit verstond, das die ein red, namlich: gedenck Abraham, Isaac
und Jacob, got anruefft durch ansehen der frommen? und die ander,
daß die vätter Abraham, Isaac, Jacob selb söllind für sy bitten?
welchs aber in der gschrifft nit erfunden würt, und söltend ir darumb
brechen.
Glych hie wil ich ouch zellen die wort Danielis 3. [Dan. 3. 34-36
d. h. Zusätze zum Buch Daniel cap. 2. 11-13 (Das Gebet Asarjas)],
wiewol sy nit in canone sind, nun, das man die meynung deß clärer
verstande, ouch das man sehe, wie die Bäpstler die geschrifft so
frävenlich gedörend uff iren nutz unnd kopff ziehen. Also ruefft
Azarias zuo got: O herre! Wir bittend dich umb dines namens willen,
gib uns nit hyn in die ewigheit, und mach nit zuo nüt dinen pundt
(testament) oder glübd, wend ouch din erbärmbd nit von uns umb
Abrahams willen, der dir lieb, und Isaacs willen, der din diener,
und umb Israels willen, der din frommer diener xin ist, mit denen
du geredt hast und inen verheissen, das du ir gschlecht und somen
meeren wellist wie die sternen des himmels und das sand am gestad
des mers etc. In den worten ist ouch nüt anders ze finden, weder das
sy got angeruefft hand in namen Abrahams, Isaacs und Jacobs,
darumb, das die fründ gottes gewesen und inen got die gheiß unnd
glübd gethon hat. Also thuond die Juden noch hüt by tag: sy rueffend

--201--

Abraham, Isaac und Jacoben nit an, das sy für sy bittind. Ja,
so wir zuo den säligen rueffend, sy söllend got für uns bitten, so verspottend
sy uns und sprechend: wir haben vil göt, man sölle nun
einen got anrueffen; man möge aber den wol ermanen umb dero willen,
die im lieb syind xin. Das zeig ich nit an, das ich mit den Juden
ützid bewären welle, sunder das man sehe, wie sy das erst gebott
verstandind, und das, so wir uß irer gschrifft bruchend zuo der
Bäpstler irrung, gar den sinn joch by den irrenden, ungleubigen
Juden nit hat.
Hieby möcht aber ein einvaltiger Christ also gedencken: Also
hör ich wol, das die heilgen nit für mich bittend; aber ich mag got
wol anrueffen in irem namen, das ist: ich mag wol reden: Herr, erbarm
dich min umb aller diner usserwelten willen etc., wie im alten testament
got ist umb Abrahams, Isaacs und Jacobs willen angerueffet.
Antwurt: Nein. Denn imm alten testament hat man got die vätter fürgehalten
von des glübds wegen, das inen got gethon hatt, welches
glübd nüt anderst ist xin denn der som des heils, Christus, welcher
das heilsam, wesenlich glübd ist, in welchem sy in der hoffnung verhuetet
wurdend vor verdamnus, und behalten, do Christus kam. Sust
hand sy vil andre glübd ghebt irdischer dingen, die nit ein ursach des
heils warend. Wenn sy nun hand got wellen sines verheissens ermanen,
es sye umb des heilsamen somens willen oder umb zytlichen
trost, so hand sy all weg got fürgehebt die vätter, denen er uß liebe
sölich verheissen gethon hatt. Als aber Christus kummen ist, der
som und das gheis des heyls, das inen verheissen ward, so bdarff es
nit mer ermanens, weder des glübds noch der zügen, denen verheissen
was; dann die gnad gottes, das heyl Christus, ist schon kummen,
geleystet und ggeben. Darumb ist fürhin dhein nam, in dem wir zuo
got kummind oder umb des willen uns got ütz gebe, denn der nam
Christi, als imm nachgenden artickel kummen wirdt. Darumb spricht
Petrus act. 4. [act. 4. 12]: Es ist sust in nieman dhein heyl (verstand:
denn in Christo); denn es ist ghein andrer nam ggeben den menschen,
in dem wir mögind, ja muessind sälig werden. Sich, wie starck und
klar sind dise wort Petri.

--202--

Darnach bringend sy harfür das wort Iob am 5. [Hiob 5. 1]: Ker
dich zuo etlichem der heligen. Hie sprechend sy: Hörst du, das ein
ieder sich keren sol zuo eim heiligen, zuo einem patronen. Antwurt:
Wenn wend ir lernen, daß sanctus einen frommen heißt und nit
einen säligen? Oder sagend an: Was säligen sind by gott xin zuo Iobs
zyten, zuo denen man sich keren möcht? So man nun erst hat angehebt
zuo got gon, nachdem unnd Christus, unser vorgenger und
erstling der urstende, hinuff zogen ist, so ist guot ze mercken, das
Iob nit heißt sich zuo den säligen keren umb fürpitt, dero noch gheiner
by got was, sunder ist das der sinn diser worten, damit üch denocht
die warheit kund werd: Als Iob in aller siner red hyn unnd wider
erfart, warumb got den menschen widerwertigheit zuofueg, befindt er,
das alle ding uß der fürsichtigheit gottes beschehent, das er alle
ding verordnet nach sinem wolgevallen und offt dem frommen arbeit
und übels zuofuegt, damit er inn bewäre, fürnemmende, das got inn
ouch nit nun uß ursach der sünden in söliche widerwertigheit geworffen
hett, sunder das es imm also gevallen hat. Das im aber sine widerreder
nit nachlassend, in sunderheit Elyphas, vermeinende, got
strafft nieman denn den sünder; das sye aber war: wir syind alle samen
sünder unnd sye nieman rein in gottes ougen, wiewol das wenig erkennind
(hat damit Ioben gestupfft, vermeinende, er erkenne sich
selbs ouch nit für ein sünder; verstuond aber Iobs meinung nit);
darumb werdend sy in irer unwissenheit abgenommen. Daß das war
sye, so sölle Iob einem rueffen, das ist: einen nennen, der sin widerwertigheit
nit mit siner sünd verdient hab, und sölle sich etwo zuo eim
frommen umbwenden unnd keren, wie wir in tütscher sprach redend:
"zeig mir einen"; das heißt die aliquis sanctorum etwan ein frommer,
und heißt nit: einen säligen. Darzuo ist die meinung Elyphas, er
könne im gheinen zeygen, und redt die wort "ker dich zuo etlichem
der heiligen" nit der meinung, das er im das zuomuot, sunder das er
meint, er finde nieman ze zeygen, der fromm sye, der sin widerwertigheit
umb got nit verschuldet hab, glych sam er spräch: "Wend dich
umb und zeig mir einen frommen", der meinung: Du wirst inn nit

--203--

finden. Das aber diß der sinn der worten sye, so bsich, was darvor
stande und was darnach, und bsich ouch den gantzen Iob.
Darnach so bringend sy etliche wort harfür uß dem Baruch
3. cap., der doch nit ist in canone, das ist: sin red ist by den Juden
nit so wärd, das sy under die buecher der heligen gschrifft und propheten
gezelt werde. Darumb ist nit not inen ze antwurten; ja es ist
nit mee not inen ze antwurten denn den närrisch erdichten fablen, die
der verlogen Predgermünch zemen gehuffet hat in die lombardick,
ja lüg gar dick. Verstand, du schlechter, die ding also: Wir nemend
in der zyt des euangelii, das ist: in der nüwen ee, alle buecher an, so
von gott den kinderen Israels verordnet und ingesprochen sind, das
ist: alles und gantzes alt testament, das ouch die Juden für heilig
und von got ingesprochen haltend und gloubend. So wir nun disen
Baruch under der zal der heyligen buochen nit finden imm alten testament,
so mag uns nieman damit nützid bewären. Glych als wenn ietz
etwan ein gantz land zuo christlichem glouben kert wurd, so gäbind
wir im die buecher des nüwen testaments. Wann aber dieselben darnach
wöltend andre buecher underschlouffen und sy neben den buecheren,
von gott ggeben, verkouffen, so luffe man bald über die zal der
christlichen buecheren, und die, so man under dero zal nit funde,
wurde man ußmustren und verwerffen. Also hand wir das alt testament
von den Juden. Wenn du mir nun einen gugger wilt underschleuffen
in das alt testament, wird ich sehen, ob die Juden den
ouch habind, und so ich inn nit find, würd ich im nit glouben geben,

--204--

noch mich einiges wegs lassen damit zwingen. Diß behalt wol; denn
wir mueßend es me bruchen. Darumb wil ich über die wort Baruchs
gar nit antwurten ümmen; denn wann ein Heyd wider das wort
gottes stritte, wiewol ich weiß, das Baruch am 3. [Baruch 3. 4] der
gestalt redet: O herre, allmechtiger gott Israhels! Erhör ietz das gebett
dero uß dem volck Israels, die ietz tod sind; erhör ouch ire
sün, die wider dich gesündet hand. Diß ist aber ein ampliatio und
sol also verstanden werden: Erhör alles gschlecht Israels, dero etlich
tod sind, etlich lebend aber noch. Die ietz tod sind, habend in irem
leben ouch für ire sünd geschruwen, deren gebett dir noch wol ze
wissen ist. Glych als schryend ouch wir. Das aber diß der sinn sy,
nammlich, das Baruch umb genad schrye in namen der lebenden und
todten, und zeigt aber, das sölichs der will der todten sye gewesen in
irem leben (denn ir rueffen sye got noch wol bekant), so loß, was
harnach volgt: O herre! Vergiß der boßheit unserer vorderen etc.
Sichstu, das Baruch hie für die todten bitt, die du mich wilt bereden,
das sy für mich bittind. Also verstand hie das gebett der
todten nüt anderst sin weder das gebett für den gemeinen mangel und
prästen, für den die vordren und todten ouch geschruwen hand; und
so er nit hyn ist genommen, schryend die lebendigen noch darfür,
ja schryend ouch für die todten. Sich, so verr ist, das du der säligen
fürbitt uß dem ort bewären mögist, daß du ringer und warlicher
dardurch bewärest, das imm alten testament nieman zuo got kam,
darumb die lebenden ouch für die todten betten werdend anzeigt.
Doch bdarff es diser antwurt nit; denn ich wil sy nit gewennen, das
ich inen uff apokrypha welle antwurt geben. Iedoch habend sy an
dem ort ouch als wuest vervält als an den andren allen.
Zum letsten zühend sy das harfür, das imm letsten psalmen
[Ps. 150. 1] stat: Laudate dominum in sanctis eius. Ir söllend got
loben in sinen heilgen. Hie, sprechen sy, hörend ir, wie man die
heiligen sol anrueffen. Antwurt: In denen worten zeigend ir als grosse
unwüssenheit an, als noch in dheinem nie beschehen ist. Denn zum
ersten (daß ich üch nun üwer torheit harfür bring) wil ich üch nun
ein wyl schencken, daß "sancti" hie "die heligen" heisse. Aber was
volgt uß den worten: Lobend got in sinen säligen? Heißt das: O ir

--205--

säligen, bittend got für uns? oder: Die säligen bittend got für uns?
Könnend ir nit so vil tütschs oder latins, das ir sehend, das es
nienen eins ist "lobend got" und "o ir heligen, bittend got"? Warumb
ermessend ir nit as mär uß den worten, das man got lob und danck
sage, darumb, das er die menschen zuo fromgheit bringt und säligheit?
Das ir aber dise wort ouch verstandind, so vernemmend, daß die Hebreer
sy also habent psalm 150. [Ps. 150. 1]: Halelu el bökadscho
[‎‏הַלְלוּ־אֵל בְּקָדְשׁוֹ‏‎], die Hieronimus in latin also kert hat: Laudate dominum
in sancto eius, das ist: Lobend got in sinem heligen. Und
heißt hie "heilig" die statt gottes, in dero er sich mit dem erfreuwen
sines angesichts erzeugt (Daß aber ich 's ein statt nenn, solt verston
die maß oder gstalt, in der sich got den säligen offnet und erfreuwt.
Ich weiß sust wol, das got nit ingezünt noch zwungen würdt an dhein
ort). Also wirdt das himelrych, das ist: der tron und sitz gottes, genempt,
darumb, das man die gegenwürtigheit oder das huß gottes
von siner heligheit wegen nit komlicher kan nennen. Darzuo nempt
man es also nach dem bruch der Hebreier, die den tempel ouch
das helig genent habend, als Paulus in der epistel zun Hebreieren
an vil orten anzeigt. Und ist demnach der sinn diser worten: Ir
söllend got in sinem heilgen loben, das ist: Ir söllend got imm himel,
in siner heiligen wonung, in sinem thron loben. Dann disen sinn
zeigend die nachgenden wort an, die also lutend [Ps. 150. 1]: Haleluhu
birkia uzo [‎‏הַלְליהוּ בִּרְקִיעַ עֻזוֹ‏‎], das ist: Lobend inn in der underschlacht
siner krafft, weliche underschlacht wir nach dem latin ein firmament
nennend. Also ist das, darumb du kempfst, nüt anderst, denn: Lobend
got in dem himel; lobend inn in dem firmament oder underschlacht
siner kraffte etc. Wiltu aber "lobend got in sinem heligen" verston
von Christo, der ouch das heilig genent wirdt in der gschrifft, so
schilt ich es nit; es ist aber nach minem duncken nitt der natürlich
sinn diser worten. Also hand ir aber einmal gefält. Spannend wider!
Ietz kummend sy mit inreden uß dem nüwen testament, das doch
sölch meinung von der fürpitt der heligen nit erlyden mag, ja minder
dann das alt testament; dann Christus, der verheissen som, ist
schon kummen; das liecht ist hie; das pfand ist schon ingsetzt zuo der
grechten gottes. Und zühend das chananeisch wyb harfür

--206--

Matthei 15. [Matth. 15. 22-28], das für ir tochter batt, die besessen
was mit dem tüfel, dero Christus ghein antwurt gab; und do die
junger für sy batend, sprach er: Ich bin nit gesendt denn zuo den
schaffen, die uß dem huß oder xind Israels umkummen sind etc.
Hie sprechend sy: Hörst du, das die junger für diß wyb gebetten
habend? Antwurt: Ich hatt imm sinne, ich wölt üch uff ein iettliche
torheit ein besundere schelckung ordnen; so sind iro so vil, das ich
darvon lassen muoß; ich kan nit so vil worten finden, das ich üch
üwere farwen mög recht anstrychen.
Zum ersten redend wir hie nun von dem fürpitt, das den säligen
im himel wirdt zuogelegt. Was gadt nun das hie die junger an, die
noch hie in disem lychnam und jamertal wontend, darinn man täglich
sol für einander bitten, wie der nachgend artickel anzeigen würt?
Zum andren so bewärte dise that ee, das got die junger nit erhorte,
weder das er sy erhorte; denn Christus hat ir tochter nit entlediget
uß der junger fürbitt. Aber dise gschicht lert eigentlich, das wir mit
sicherem vertruwen selbs söllend für das angsicht des herren kummen;
denn er wil unser hertz und glouben han. Darumb hat er disem
wyb ir tochter nit xund gemacht, biß das sy selbs für inn kummen
ist. Derglychen antwurt gib ich ouch uff den gegenwurff, den sy thuond
von Maria, der muoter Jhesu, wie sy den herren am hochzyt gebetten
hab, das er dem volck mit win ze hilff käm. Denn ein ieder daselbst
lychtlich sehen mag, das es ouch ee wider ir fürnemmen ist weder
mit inen.
Zum andren, so fechtend sy starck, als sy wenend, doch ungeschickt
und vergeben, also: Die säligen sind unsere nächsten
ebnen mentschen. Nun sind die ebnen menschen schuldig für einanderen
ze bitten. Also volget ouch, daß die säligen für uns bittend.
Antwurt: Wo uns in der gschrifft geheissen wirdt, das wir den nächsten
als lieb habind als uns selb, oder das wir dem nächsten thuegind, wie
wir wöltind uns von im geschehen, sol es von dem nächsten verstanden
werden, der noch in disem zyt allem prästen gegenworffen ist. Dann
obschon die säligen unsere mitbrueder und glider eines lychnams, sind
sy doch nümmen der prästhafften glyderen; darumb sy ouch nit unsere

--207--

äbnen menschen sind. Dann "äben" heisset den Tütschen "glych,
nit minder, nit höher", wie wir dann alle sind der gschöpfft halb
in disem zyt. Dannenhar die säligen nit unsere äbne menschen sind;
denn sy sind über uns; sy sind schon by got und mag sy kein mangel
mee berueren. Und uß sölicher meinung vermein ich etliche diß wort
"proximus" getütscht haben "den ebnen menschen". Das aber allein
der, so in disem zyt noch lebt, der nächst sye, von dem uns got gebüt,
bewär ich mit dem eignen wort des herren Luc. 10. [Luc. 10. 29-37].
Do der gsatztglert den herren fraget, welchs sin nächster äbner mensch
wer, gab er im den zuo erkennen mit einer schönen glychnus des, der
von Hierusalem gen Ierico gonde in der mörder hand kam, den
darnach weder pfaff noch pfaffenknecht hatt angesehen, das sy im
hilff hettind bewisen, aber der Samarit hat inn so früntlich geradtsamet,
daß der versuochend doctor selbs bekennen muoßt, das der
Samarit des verwundten nächster gewesen wer. Das ouch dem
herren gevallen hat; denn er zuo im sprach: Gang hyn und thuo ouch
also. Uß der leer Christi erlernend wir das zuo eim teil; (denn wenn
man von dem nächsten redt, da muoß man all weg zwen verston; denn
nieman kan sin selbs nächster sin, als die Sophisten wol wüssend
de natura relativorum). Unser nächster ist ein ieder, der unser
manglet. Zum andren ist der nächst des manglenden allein, der im
ze hilff kumpt. So du ietz sprichst: So ich aber ouch mangel hab?
Antwurt: So ist ouch ein ieder din nechster, des du manglest; und
so er dir nit hilfft, übertritt er das gebott gottes glych als wol, als
der pfaff und pfaffenknecht am gemürdten. Also verstond wir, das,
wenn man in der gschrifft vom nächsten redt, wie man den halten
sölle, das man das vom äbnen verston sol, das ist: von dem, der noch
prästhafft ist, der unser bdarff und wir sinen. Darus eigenlich volgt,
das diser gegenwurff, in den nächsten gebuwen, nüt verfacht; dann
die heiligen gottes dheinen prästen in die ewigheit noch mangel
empfinden mögend apoca. 21. [Off. 21. 4]; dannenhar sy unser gar nit
dörffend; so werdend sy ouch under dem gebott des nächsten nit begriffen.
Dise antwurt hab ich nit gegeben, das ich mein, das man
ieman muesse uff sin kampffreden oder argument antwurten, die er mit
uneigenlichem bruch der gschrifft bewert, sunder das man ouch daran
eigenlich erlerne, welichs unser nächster ebner sye, und das etlicher

--208--

menschen einvaltigheit hyngelegt werde, die den säligen verheissen
habend alle tag so vil oder so vil pater noster ze betten. Und so sy
ietz mit der warheit bericht werdend, sprechend sy: Sol ich die lieben
heligen ires gebets berouben? glych als ob ir bladergebett den heiligenn
ir eer oder freud mere. Din gebett mag sy nit erfreuwen;
denn möchte unser gebett sy erfröwen, so wer doch ir freud presthafft,
so sy mit unser sündtlichen menschen gebett mueßte gemert
werden. Darzuo ist unser gebett nüt anderst dann ein bitten für
unseren mangel und prästen. Was eret nun einer dich, so er hert
an für dich kumpt umb etwas bittende? Sich, wie verwirt wir sind!
Demnach laß dich nit bekümmeren von des wegen, das gschriben stat:
Es fröwend sich die engel gottes über einen sünder etc. [Luc. 15. 10];
es dienet nit hiehar.
Zum letsten zühend sy zwey ort uß apocalypsi, das ist: uß dem
buoch der offenbarung, harfür.
Das erst stat apoc. 5. [Off. 5. 7f.]: Als das lamm das buoch genommen
hatt, do sind die vier thier und die vier und zwentzig alten
nidergevallen vor dem lamm, und hatt ieder ein harpffen ghebt und
ein guldin phialen oder gschirr, das einem trinckglas glych was. Welche
phialen voll warend gerüchen oder gschmäcken, weliche gschmäck
sind die gbett der heiligen. Hie sprechend sy: Hörend ir, das die
helgen unser gebett got uffopfrend? oder das sy für uns bittend?
Antwurt: Sind sy denn zuo englen gemacht nach disem zyt? (Der
englen ampt ist, unser gebett got ze überantwurten, als ir sprechend).
Muessend ir ye sprechen: Nein! Denn die engel werdend zuo dienstbargheit
der menschen gschickt, und die menschen, die abgestorben
sind, werdend nit darzuo gschickt; denn man des kein kundschafft in
der gschrifft hat, aber von dem dienst der englen vil Hebr. 1.
[Hebr. 1. 14] und an anderen orten. Also volgt, daß das opffren der
24. alten nit ein fürbringen ist unsers gebets, oder aber ir muessend
"sanctos" hie nennen für: die frommen Christen, das aber üwer
bruch nit ist; denn also fielind üch vil argument oder bewärnussen
üwers fürnemmens hin. Noch blybt über, das ir sprechend: Die 24.
alten opfrind got ir gebett uff für uns, welchs doch der sinn der
gschrift gar nit ist, als ich eigenlich bewären wil, zum ersten aber
anzeigen, das diß buoch apocalypsis by den alten nitt ist under die zal

--209--

der heiligen buecheren gezelt, als Hieronimus anzeigt. Zum andren,
so ist es von dheinem recht gelerten Johansen dem euangelisten zuogemessen,
sunder eim Johansen, der ouch eim bischoff in Epheso
xin ist; denn es hat gheinen gschmack des hertzens und geistes Johannis.
Uß welchen ursachen ich wol möcht die kuntschafften, mir
fürgelegt, verwerffen, wo ich meinte, das sy mich trucktind; aber es
bedarff des nit. Blybe apocalypsis, wie es mag, so hat doch diß ort
den sinn nit, den ir darus trotten understond. Diser Johannes hat
mit verborgnen worten wellen das erlösen Christi malen, sin leer, die
uns got durch inn geoffnet hat, das berueffen aller Juden und Heyden,
die glory und eer Christi, die freud der säligen, etlich straffen unnd
zeichen, die gott wirdt über uns senden. Und hat under andren verborgnen
dingen die freud und züchtig anbetten der säligen (under
24. alten bedüt; die habind ir anbetten mit sichtbaren zeichen der
cristallininen gschirren, die voll wolriechends geschmacks syind xin)
anzeigt, fürnemmende, das sy got so genäm syind, ietz by im wonende,
als uns in disem zyt ein wolriechender gschmack. Sölch anbetten
der säligen, das ich nüt anderst verston kan sin, weder das frölich
anschowen des angsichts gottes, in dem sy gantz versogen und verschluckt
werdend, hat Johannes glych darvor im 4. cap. [Off. 4. 9f.]
mit einer andren gestalt gemalt, also: Als die thier got eer embotten
habend etc., so fallend die 24. alten für den nider, der uff dem thron
saß, und anbettend den lebendigen in ewigheit ewig, und werffend ire

--210--

schappel oder krentz für den thron, sprechende: Herr, du bist wirdig,
das man dir eer embiete etc. In disen worten hört man, das diser
Johannes die fröde und früntschafft der säligen hat wellen mit der
gstalt eins grossen herrenhoffs ußtrucken, an welichem man sölch
zierden brucht; nit, das in dem himel so schlechte freud sye, als wir
verston mögend, sunder das er der kleyne unsers verstands nach siner
maß gegnete. Also hie heissend die gebett der heilgen nüt anderst
weder das anbetten, das die 24. alten dem ewigen got embietend in
die ewigheit, in dem, das sy sich der ruow und frydens und fründschafft
im angsicht gottes und gegenwürtigheit ewigklich fröwend, ja
ewigklich danckbar sind sölcher gnad. Es heißt ouch diß wort
"orationes" den Griechen proseuchai [προσευχαί], das nüt anderst
ist, als Suidas redt, weder ein vereinigung gottes und des menschen,
oder ein mitred unsers gemuetes mit got; das vertütschend wir "ein
gebett"; doch wirdt darvon ouch hernach kummen. Das diß wort
"die gebett der heiligen" also sölle für das danckbarlich, frölich anbetten
der säligen genommen werden, zeigend die nächsten wort an,
die darnach volgend, da er spricht in einem vergriff oder beschluß:
Weliche geschmäck sind die gebett der säligen, unnd singend ein nüw
gesang, sprechende: Du bist wirdig ze nemmen das buoch und sine
sigel uff ze thuon; denn du bist getödt und hast uns uß aller welt erkoufft
etc. Sich, wie er mit eigenlichen worten ußtruckt, was die gebett
syind xin, namlich: ein lob der säligen, das sy dem lämlin
Christo erbotten habind.
Das ander ort uß apocalypsi stat 8. capit. [Off. 8. 3f.]. Und damit
wir kurtz davon kömmind, so wärind dieselben wort nit mit inen,
wenn sy glych wol tolmetschet werind. Dann sy nüt anders darus
möchtind bringen, denn daß die engel gottes unser gebett got überantwurtetind;
denn sy "sanctos" hie ouch nit könnend anders nemmen

--211--

denn für die säligen, wie ir bruch ist. Und wer dann der sinn, das
die engel der säligen gebett uffopfretind, weliches aber ein nüwer irtumb
wer. Ich verwyß aber inen hie nüts; der tolmetsch ist schuldig
unnd sy nit; der hat ein klein latinisch wörtlin "de" hinzuogethon;
das hat inen den gantzen sinn gefelscht, da er spricht: Ut daret de
orationibus sanctorum etc. Der eigenlich sinn uß der griechischen
zungen hat dhein "de" und lutet also: Und es ist ein andrer engel
kummen und ist by oder ob dem altar gstanden, ein guldin rouchvaß
habende, unnd im sind vil gschmäck oder wyhrouch ggeben, das er sy
zuofuogte den gebetten der säligen uff dem guldinen altar vor dem thron.
Und ist der rouch der gschmäcken uffgangen mit den gebetten der
säligen von der hand des engels vor got. Hie merckt ein ieder wol,
das Johannes abermals nach der glychnus des zierlichen hofes nüt
anders seit denn: Do die 24. alten ir anbetten gethon habend, do
hab ouch der engel (socia thura) wolriechende gschmäck darzuogefuegt,
etc. Darzuo so macht Augustinus selbs in apocalypsim
homelia 6 (ob sy sin sind) uß disem engel Christum, fürnemmende,
daß all unser gebett got gnäm werde durch den herren Christum;
denn der habe sich got für uns einen wolriechenden gschmack uffgeopfferet.
Hie merckstu, frommer Christ, daß die, so das fürpitt der
heiligen gelert, sich übel vergangen hand, das sy die gschrifft also nach
irem muotwillen und falsch hand gedören bruchen. Und ob sy glych
andre ort der gschrifft ouch von nüwem understuendind dahyn ze
ziehen, so biß unerschrocken, wir wellend die geschrifft wol vor inen
erretten; dann sy die nun mit etwas mindrung oder unrechtem trucken

--212--

herfür bringend. Diser grund stat vest, das allein der einig got ist
anzebetten, anzerueffen und aller trost zuo im ze haben. Das mag
weder engel noch mensch noch tüfel brechen.
Darnach werffend sy Hieronimum contra Vigilantium für;
der beschirme das fürpitt der heilgen. Denen ich also antwurt gib:
Hieronimum contra Vigilantium hab ich gelesen vor und ich die
fürpitt der seligen habe understanden anzerueren, und hat mich Hieronimus
nit mögen wenden, uff dem ich doch so vil hielt als uff ein
einigen; denn er nimpt die sach so schläfferlich ze handen, das er
billicher Dormitantius hiesse dann Vigilantius. Verstand min
meinung also: Welcher ein dogma leeren wil, das ist: ein meinung,
die die göttlichen wyßheit und warheit antrifft, da hilfft dhein heilikeit,
ghein kunst, kein gschwetz, wo man die nit mit der heligen gschrifft
bewären mag. Nun ist das sterckest argument Hieronymi, daß die
säligen für uns bittind, daß er spricht: Hat Steffanus hie für sine
fyend gebetten [Act. 7. 60], so bitt er ouch dört; dann sin gebett wirdt
dört nit kranck, das hie starck gewesen ist. Hat got Paulo 266.
menschen hie imm schiffbruch gschencket [Act. 27. 24], und würt er
ietz sinen mund bschlüssen vor got? Hie ist das ein dogma, das ist: ein
wesenliche meinung, die die warheit anruert, das die säligen für uns
bittind; darumb solt Hieronimus söliche meinung mit der gschrifft
bewärt haben. So er aber das nit vermögen, hat er sich ze schelten
kert, und bocht so unbescheidenlich, daß Erasmus Rotterodamus
ouch züchtlicher wölte inn die sach gehandlet haben und mit geschrifft
und warhafftem zug uß der gschrifft. So er nun kein kundschafft
uß der gschrifft überal harfürbringt - denn die kundschafften,
die er darthuot, die lutend allein von der fürpitt der lebenden in
disem zyt -, so schafft Hieronymus glych so vil mit siner kluogen

--213--

red, als der fuchs am hanen. Denn sine argument sind so lätz, das
ich glich als wol möcht sprechen: Paulus hat hie geprediget, so
muoß er ouch dört predgen; Steffanus hat hie die Juden mannlich
gestrafft, so strafft er sy dört ouch. Das Hieronimus von den
wunderzeychen tantet, würdt bald hernach kummen.
Ouch werffend die Bäpstler iren canonem und die litany harfür.
Antwurt: Vom canone wird ich, ob got wil, vast bald schryben und
anzeigen, was schöner zucht er ist. Der litany halb red ich also:
Was gadt mich an, das ir die litany uffbracht und erdacht habend?
Sy hat aber dheinen grund, got geb, wie lang ir orapronobissind.
Und so ir sprechend: Lupus habe die litany uffbracht, sag ich, daß
sölichs nit bewärt mag werden mit der warheit. Unnd ob sy Lupus
schon erdacht hette, was lyt mir daran? Nun ist man doch vorhyn
ouch mit got versuent worden on das ora pro nobis. Schlechtlich:
Es hat das fürpitt der säligen gheinen grund uß der götlichen gschrifft,
tantend ir, was ir wellind. Lupus hat wol litany, das ist: bitungen,

--214--

angesehen, wie man noch hüt by tag pfligt in der krützwochen und
zuo andren malen. Das heissend eigenlich litanie, da die gantz kilch
mit einandren bittet. Aber das ir letany nennend, das ist ein falsch
und verachtung Christi unnd ein spot der säligen und ein abfueren
der menschen.
Item, sy werffend ouch für: Nun thuond doch die heiligen wunderzeichen
an den menschen. Warumb solt man sy denn nit anrueffen?
Antwurt: Zum ersten beschehent so vil zeichen uß betrug, dero ich
menge selbs erfaren hab, das es lang wer, davon ze zellen. Darnach
so mögend zeichen nit bewären, das der mensch helig sye. Das zeyget
Christus selbs an Mat. 7. [Matth. 7. 22]: Vil werdend zur selben zyt
zuo mir sprechen: O herr, herr! Habend wir nit in dinem namen
wyßgesagt und in dinem namen die tüfel ußtriben und in dinem
namen vil krefften gewürckt? Und denn würd ich inen antwurten:
Ich hab üch nit erkent. Wychend von mir, die boßheit würckend.
Sich, krefft gottes gethon haben zeigt nit heligheit an, sunder ein
christlich leben, welchs nüt anderst ist weder ein empsig würcken
das werck gottes.
Item, aber spricht Christus Mat. 24. [Matth. 24. 24]: Es werdend
falsch Christi unnd falsche lerer oder propheten erston; die werdend
zeichen und wunder tuon, so groß, das sy ouch die ußerwelten, so vil
inen möglich ist, verfueren werdend. Sich, ob dise verfuerer heilig
werdind sin? Ja, sy sind schon xin und werdend irer noch me.
Dann was hat man ein lange zyt har anderst gethon, weder ab den
erdachten wunderzeychen gält erjagen? Was thuond sy noch hüt by
tag, weder erlogne wunderzeichen ußkünden? Sy nennend etwo verre
stett und sprechend denn: es habe in denen einer ouch das nüw ding
wellen predgen und sye von stund an erstickt, oder derglychen. Und
so man im nachfraget, so ist es erdacht. Doch syge gott lob, das sy
aller verdorbnen letste zuoflucht an d' hand nemmend; die ist, das sy

--215--

groß lüg spottend unnd sagend von grossen dingen. Bald wirt man
des bodens innen; so küssend sy denn das land mit dem hindren.
Also würt ouch denen zeichententleren beschehen, als ich eigenlich
zuo got hoff. Item, es hat ouch einer die tüfel ußgetriben, der Christo
nit nachvolgt Luc. 9. [Luc. 9. 49]. So aber ie by den greberen deren,
die umb gotswillen gestorben sind, wunderzeichen beschehend, sol man
wüssen, das die nit uß krafft der martren, sunder uß der krafft gottes
beschehend. Wiewol Christus spricht Jo. 14. [Joh. 14. 12]: Welcher
in mich gloubt, der wirt die werck tuon, die ich thuon, ja er wirdt
grössere thuon, ist doch dhein andre meinung, dann das got die wunderzeichen
thuot. Darumb spricht er Mar. 16. [Marc. 16. 17]: Sy werdend
in minem namen die tüfel ußtriben etc. Hie hörst, das er spricht: in
minem nammen, das ist: in miner krafft, in minem gwalt, umb minetwillen.
Also spricht ouch Petrus act. 3. [Act. 3. 12-16], do sich das
volck ab im und Johansen verwundretend, das sy imm namen Jesu
den krüppel uffgericht hattend, und sy umbstuondend. Ja, spricht
Petrus, warumb verwundrend ir üch ab dem, oder was bsehend ir
uns, glych sam wir uß unser eignen krafft oder frommgheit inn habind
gemacht wandlen etc. Gott hat in dem glouben des namens Jesu
den, den ir da sehend, starck gemacht. Ja, der nam Jesu hat inn
starck gemacht, unnd der gloub, der durch Jesum Christum ist, hat
im dise volkummne gesuntheit ggeben vor üch allen. Uß den worten
Petri unnd Joannis merckt man klarlich, das die wunderwerck nitt
der menschen, sunder gottes sind, der sy durch die gleubigen menschen
würcket imm namen Jhesu. Daby wir aber in einem fürgon zwey
ding erlernend, die wir vor ouch offt beruert habend: das ein, das got
durch Jhesum Christum sine wunder würckt; das ander, das der
gloub durch Jesum Christum sölche ding ze würcken nitt des
menschen, sunder gottes ist. Nach dem allem volgt, daß, wenn
wunderzeichen beschehendt, das wir uß unserer krafft die nit mögend
erkennen, ob sy von got syind oder vom tüfel. So aber der mensch
die gwüß erkent, so hat er das von got und nit uß menschlichem

--216--

won, der niemar sicher werden mag. Unnd bewärt wunderzeichen
würcken nit heligheit; dann sy sind allein von got. Es ist der mentschlichen
blödigheit krafft, nit ze thuon, das wider die natur ist, noch
gheiner gschöpfft, sunder des einigen gottes und schöpffers aller dingen.
Also hab ich uff dem gespräch wol geredet, ich wölte allen
tant, so Hieronymus wider Vigilantium ußstosset, lychtlich umbkeren
vermögen, das mine widerfechter mir für einen hochmuot gerechnet.
Ich red es aber noch. Ja, ich hab Hieronymi geschonet;
ich wölte sust wol anderst sinen eigenrichtigen kopff anzeigt haben,
der doch etwan mich wol erfreuwt hat; dann ich inn mit vil flyß gelesen
hab, und hat mir doch sin urteil in vil dingen nit gevallen.
Aber weder er noch dheiner uff erden gefalt mir, wenn er die meinungen,
die er fürbringt, me mit sinen worten und kopff wil bevesten,
weder mit dem wort gottes, oder wenn er umb sines kopffs willen der
gschrifft wil iren eigenlichen sinn und krafft nemmen oder enderen.
Das aber gar offt beschicht. Darumb man sich nit verwundren sol,
ob man etwan eim der heligen nit glouben gibt. Got macht uns also
fromm, das wir dennocht all weg menschen sind, irrend und sündend.
Das hat Paulus mit leer und that erzeigt: mit der leer Ro. 7., mit der
tat an Petro, dem er in 's angsicht widerstanden ist [Act. 15. 1-21].
Das ouch die Bäpstler von der liebe harin zühend, sprechende:
Sind die säligen nit in der liebe? Ja, so bittend sy ouch für uns,
das hilfft nit. Nego enim consequentiam. Dann wer wil dir sagen,
wie die liebe, die die säligen habend, ein gestalt hab? Du wilt mir sy
glych messen, als ob sy nit lenger noch kürtzer sye denn die liebe der
wandleren, das ist: der noch hie lebenden menschen. Das laß ich
dir nit nach. Kurtz, es ist nüt dann ein unnützer kampff, den sy ouch
gründend in einem wort Pauli 1. Cor. 13. [1. Cor. 13. 8], das sy lätz
bruchend: Caritas non excidet, das ist: die liebe wirdt nit uffhören,
als sy sprechend. Denn Paulus redt diß wort "Caritas non excidet"
das ist: "die liebe empfalt nit, sy falt nit uß" der meinung, das, wo
die liebe gottes sye, da fäle man nit an allem guoten, man gange
nümmer muessig, man dulde alle ding, man vertruwe alle ding, man

--217--

hoffe alle ding etc.; unnd beschrybet gantz und gar nun die liebe,
die dem hie wandlenden menschen zimpt, dem säligen aber nit.
Darumb, wiewol die liebe nit fält, so fält doch der gegenwurff grob.
Abred oder nachhuot:
Ich wil üch, allerliebsten brueder in Christo Jhesu, nit verhalten,
wie ich der meinung und vesten gloubens worden bin, das
wir gheines mitlers bedörffind dann Christi, ouch, das zwüschend got
und uns nieman mitlen mag denn der einig Christus. Ich hab vor
8. oder 9. jaren ein trostlich gedicht gelesen des hochgelerten Erasmi
von Roterdam, an den herren Jesum geschriben, darinn sich
Jesus klagt, das man nit alles guots by im suocht, so er doch ein
brunn sye alles guoten, ein heilmacher, trost und schatz der seel, mit
vil gar schönen worten. Hie hab ich gedacht: Nun ist es ie also.
Warumb suochend wir denn hilff by der creatur? Und wiewol ich
darnebend andre carmina oder gsang bim eegenanten Erasmo fand
an sant Annen, s. Michaelen und andre, darinn er die, zuo denen
er schreib, als fürmünder anruofft, hat doch dasselb mich nit mögen
bringen von der erkantnus, das Christus unser armen seelen ein
eyniger schatz sye, sunder ich hab anghebt uff die biblischen und
der vätteren gschrifft sehen, ob ich von denen gwüß möchte bericht
werden von dem fürpitt der säligen. Kurtz, ich hab es in der bibli
gar nit funden, by den alten hab ich 's by etlichen funden, by etlichen
nüt. Doch hat mich dasselb wenig bewegt, ob sy schon der säligen
fürpitt gelert haben; denn sy stuondend all weg bloß an kundtschafft.
Und wenn ich die gschrifft, die sy dahyn trucktend, in irem ursprung
bsach, so hatt sy den sinn nit, den sy iro woltend angwinnen; und

--218--

ie me ich uff diß dogma oder meinung sach, ie minder ich kundschafft
der gschrifft fand, aber wol darwider ie me und me, als in
dem 19. und disem articklen anzeigt ist: das schlechtlich die gschrifft,
die sy dahyn zogen habend, den sinn nit hatt, den sy iro zuomuotend,
als sich vor allen creaturen mit der warheit erfinden muoß; ja, das die
gschrifft offenlich darwider redt, man sölle sich zuo gheiner creatur nit
keren, ja, die nit bilden, damit sy uns nit an statt gottes geliebte
und von uns wurde angebettet. Und wir habend ein sölchen huffen
götzen! Einen bekleiden wir mit harnest, sam er ein kriegßknecht
sye, den andren als einen buoben oder huorenwirt, daran die wyber
frylich zuo grossem andacht bewegt werdend. Die säligen wyber gstaltet
man so huerisch, so glat und ußgestrichen, sam sy darumb dahyn gestelt
syind, das die mann an inen gereitzt werdind zuo uppigheit. Und
gfallend demnach uns selber wol, wir habind einen schönen gotzdienst,
daß doch nüt anderst ist denn ein abgötery; dann es mit hällen worten
gottes verbotten ist Deut. 5. [Deut. 5. 8f.]. Und sprechent: Ja, wir
wüssend wol, das man die bild nit sol anbetten. Was thuond sy dann
da? Ich weiß aber, das vil einvaltiger die bild habend angebettet,
ee und man inen mit klaren worten das verbotten hat. Söllend sy
nun keynen trost zuo den bilden haben? Ja, es ist ein abgötery, so
sy iren trost zuo inen habend. Und zeigt aber das wort, da sy
sprechen: das ist ein gnadrych bild, an, das sy den bilden etwas zuogebend;
ouch, das sy die so wärd haltent, das sy die uff die altar gegen
den menschen stellend, da aber allein got sol angebettet werden, zeiget
ja an, das man inen etwas zuogibt. Item, das man an etlichen orten
die, so götzen habend, uß götlicher meinung dennen thon von
den ougen der menschen, gestrafft hat, zeygt ouch abgötery an. Ja,
sol man nun dheinen trost zuo inen haben, warumb stond sy denn da?
Ach herr! Verlych uns einen unerschrockenen man, wie Helias was,
der die götzen vor den ougen der gleubigen dennen thueye; denn du
bist das einig guot, das unser zuoflucht unnd trost ist! Dann wie
Moyses spricht deu. 32. [Deut. 32. 6]: Ist er nit din vatter, der dich
für eigen hat? denn er hat dich gmacht und gschaffet, so ist es ie ein
frävel, das wir zuo ieman zuoflucht hand weder zuo dem, des wir eigen
sind, der ouch nüt mindren flyß zuo uns hat, dann die adler zuo iren

--219--

jungen, und uns under sinen schirm nimpt, als das huon ire kinder.
Darumb wir inn nit als einen ruhen, ungnädigen tyrannen fürchten
söllend und meinen, wir gdörend nit zuo im kummen; sunder sol er
unser eigenlicherer, innerer trost sin, weder unser libliche vatter und
muoter syind. Wir söllend ouch hie zuo dem letsten lernen, das alles
das, zuo dem man trost hat, ein got ist dem, der sin trost darin setzt
und sinen andacht. Denn diser nam "got" bedütet das guot, das die
gwüssest zuoflucht unnd hilff und brunn des guoten ist. Also das menschlich
geschlecht all weg an sinen prästen erlernet hat, das es eyner
grösseren, sterckeren hilff darff, denn keine menschen vermögend. By
welchem sy nun dieselbigen gsuocht habend, dasselb ist ir got xin.
Darumb Paulus den gyt ein abgöttery nennet [Col. 3. 5], das die
gytigen ir zuoversicht in 's gelt gsetzt hand. Also: Zuo wem der mensch
sin zuoversicht hat, der ist sin got. Hast du din zuoversicht zuo eim
säligen, so hastu inn schlechtlich für einen got; denn got heisset das
guot, zuo dem wir die zuoversicht habend, das es uns das guot, des wir bedörffend,
leysten möge. Haltest du nun sy für dinen trost, so haltestu
sy für dinen gott. Also volgt, das du abgött uß inen machest, und,
das du inen zuogibst, inen die höchste uneer ist. Dise meinung von dem
namen gottes haltend die hebraischen namen inn, damit sy got nennend,
das hie z' lang ze erzellen wäre. Iedoch so nennend sy gott vom leben
har, von der krafft, von der wyßheit, von der hilff, von der gnuogsame,
damit sy wellen leren, das der allein got ist, der allen dingen das
leben gibt, alle ding vermag, alle ding weißt, allen prästen hilfft, unnd
ein gnuogsamer schatz ist alles guoten, der alle mangel ersetzen mag.
Darumb ouch er, ein einiger got, einigen sol angeruefft werden. Denn
zuo welichem man sich der hilff versicht, den hatt man mit der that
für got, ob man glychwol mit dem mund ein anders redt. Das heißt
uns got eigenlich ermessen durch den mund Moysi deut. 32.
[Deut. 32. 39]: Bsehend, das ich allein got bin, und das on mich dhein
gott ist, das ist: kein guotes, zuo dem man sich aller volkummenheit
versehen möge. Er ruefft uns ouch psal. 80. [Ps. 81. 9f.]: Hör, min
volk; denn ich dich selbs zuo einem zügen haben wil. Israel! Wirdst
du mir ghorsam sin oder mich hören, so wirt ghein nüwer got in dir
werden; du wirst ouch dheinen frömbden got anbetten etc., das ist:
du wirdst zuo nieman anderst din zuoversicht han dann zuo mir. Dann

--220--

ie gott ist das guot, zuo dem man die zuoflucht haben sol; denn er
erkent allein unsere hertzen. So er nun die allein erkent, wie mag
ein säliger unser gebett erhören, so er nüt darvon weißt? Denn dis
wort im gebett Salomonis bricht nit 2. para. 6. [2. Chr. 6. 30]: Du
erkenst allein die hertzen der sünen der menschen. Er spricht: Du
allein. So muoß ie volgen, das die säligen nüt von uns wüssind, denn
so vil inen got offnet. Was er aber inen offne, oder das er inen
von uns etwas offne, das hat gar ghein luters uß der geschrifft; ouch
ist es durch diß wort Salomonis geschehen umb die fürpitt der
säligen, die darumb wirdt von den Bäpstleren fürggen not sin, das
wir nit gdörind selb zuo got kummen. Denn wir hörend hie, das sy
nüt von uns wüssent, unnd ob sy schon von uns etwas innen werdend,
muoß das vorhin got bekant sin und von dem inen kund gethon. Isaias
zeigt dise meinung noch häller am 63. ca. [Jes. 63. 15f.], also mit got
redende: Sich uff uns vom himel herab! Sich von diner heiligen
wonung unnd von dem thron oder stuol diner eeren! Wo ist din yfren
umb din krafft? Wo ist die vyle diner innigen erbärmden und begnadungen?
O, sy hand sich vertruckt und still gehalten über mich!
Dann du bist unser vatter, und Abraham hat uns nit erkent, und
Israel hat nüt von uns gwüßt. Ir Bäpstler, sind ir frisch, so
gryffen mir disen Isaiam in der nachhuot an. Ich sag üch, er ist
allein starck gnuog, üwren frävel ze beston und in die flucht ze schlahen.
Er seyt heiter, das Abraham und Israel nüt von uns wüssend,
sam er spräch: Herre! Wir habend dich angeruefft imm namen der
vätteren; noch bistu der recht, war vatter. Ob wir glych die vätter
hand genempt, ist das darumb beschehen, das sy dir gnäm sind;
aber von uns wüssend sy nüt. Darumb wir sy unserthalb nüt dörffind
vätter ze nennen; dann wüssend sy von uns nüt, wie wurdind sy uns
helffen? Du bist der recht, war vatter, zuo dem wir one mittel unser
zuoflucht haben söllend. Denn glych davor [Jes. 63. 8] hat er in der
person gottes gesprochen: Min volck ist sün, die nit verleugnend. Ietz
endret er die person und spricht: Und er ist ir xundmacher worden.
Er ist nit betruebt in allem irem truebsal, und der bott sins angesichts

--221--

hat sy xund gemacht. Er hat sy erlößt in siner liebe und übersehen,
und hat sy getragen und ufferhebt zuo allen zyten. In welchen worten
er wil anzeygen die vätterlichen stuck, die inen got all weg zeigt hab;
darumb sy sich zuo im billich keren, inn allein anrueffen, zuo im allein
zuoflucht haben söllind. Der gstalt sol ouch ein ieder gleubiger wüssen,
das er mit der that das für einen got hat, zuo dem er usserthalb disem
zyt ein zuoflucht hat. So er nun die zuo einer creatur hat, so ist er
ein abgötter; denn die creaturen mögend uns nit ze hilff kummen.
Dann ob schon wunderzeichen beschehend, sind sy der creatur nit,
sunder gottes. Darumb wir nit uff die creaturen fallen söllend; denn
got hat uns nun wellen kund thuon mit dem wunderzeichen, so es schon
warlich und unbetrogen ist, wie lieb und werd im die syind, die sinem
wort mit ungezwyfletem glouben anhangend; und so sy nach irem
tod beschehend, gschicht es, daß uns gott wil kund thuon, das sy by
im syind. Ie wir söllend unser zuoversicht allein zuo got haben, das
ist: einen eynigen got anbetten; denn anbetten heißt vorus und ab
zuoversicht und trost zuo eim ding haben. Das zeigt das griechisch wort
proseuchesthai [προσεύχεσθαι] an. Anbetten wir nun einen got, so
hand wir ouch all unser zuoversicht zuo einem got. Darumb lassend
uns zuo dem einigen got unser zuoflucht haben, der ist unser vatter;
darumb wir wol gedörend zuo im kummen. Dann was würt er uns
abschlahen, so er sinen eignen sun hat für uns ggeben und zuo eim
ewigen pfand gemacht, unser sünd ze bezalen? So er ouch selbs stat
unnd uns ruefft Mat. 11. [Matth. 11. 28]: Kummend zuo mir alle, die
arbeitend und überladen sind; ich wil üch ruewig machen. Sich, er
ruefft uns zuo im selbs; er wyßt uns nit zuo disem oder ihenem fürmünder;
er ist der fromm fürst, der die not siner schäfflinen selbs
angryffen, selb xund machen wil. Darumb hat er das verloren schaff
uff sinen selbs ruggen genommen unnd hat 's nit eim andren uffgeleyt;
er hat sich ouch darumb so tieff gedemuetiget, das wir vertruwt
zuo im kummen gedörind. Ja, er weißt unser not und anligen, ee und
wir zuo im kummind. Er spricht ouch: Ich wil üch ruewig machen.
Er spricht nit: Ir muessen für üwer sünd selbs genuog tuon. Er spricht
nit: Es muessend andre für üwer sünd gnuog tuon, sunder ich wil üch
ruewig machen. Warumb wottend wir dann zuo eim andren denn zuo im

--222--

gon? Wär das nit ein verachten siner fryen gnad und barmhertzigheit?
Aber das widerbefftzen kumpt allein uß unglouben und unwüssenheit.
Darumb söllend alle menschen got ernstlich anrueffen, das er sin liecht
ie me und me anzünde, das die hertzen der menschen erlüchtet unnd
gezogen werdind in die hoffnung des einigen gottes. Denn das ist
gewüß, das, welcher sich kert zuo der creatur, das der ein abgötter ist.
Darus nit kleiner schad den armen menschen entspringt. Got wende
alle ding zum aller besten; denn dem wird ich allein all min not
klagen; denn ich weiß, daß er mich erhört.
So vil von disem artickel.
Der ein und zwentzigst artickel.
Das, so wir für einandren uff erden bittend, das
in der gstalt thueyind, dass wir allein durch christum
uns alle ding ggeben werden vertruwind.
Zum ersten teil dis artickels hab ich wellen ze verston geben,
das fürbitten uns, die noch uff erden sind, zimmen; und wo in der
gschrifft stat, wie man für einanderen bitten sol, das es allein denen
geseyt würdt, die noch in disem zyt lebend. Und wirdt in aller geschrifft
das gebett nienen zuogegeben den säligen (so vil ich ingedenck
bin), ußgenommen das buoch apocalypsim. Da nimpt Ioannes das
gebett für das eerenbieten und loben, das die säligen by got thuond,
wie davor anzeiget im 20. artickel; noch nimpt er es nit für ein
pitt oder fürpitt, als die Bäpstler lerend. Das aber das gebett, von
Christo gheissen und gelert, nun die lebenden antreffe, das die
für einander söllind bitten, zeygt das vatter unser an: Din will beschehe
uff erden als imm himel. Uns kömme zuo din rych. Verzych
uns unser schuld etc. Dann die wort mögen den säligen nit zimmen.
Item Mat. 18. [Matth. 18. 19]: Widrumb sag ich üch, das, ob zwen uß
üch zemmen hellen werdend uff der erden, warumb die begeren
werdend, würdt inen von minem vatter in den himlen. Sich, er spricht:
So wir uff erden zemmen hällen werdind. So muoß es ie nun die in
dem lychnam lebenden antreffen. Also durchgang alle gschrifft, so
findest du von dem gebett ghein sinn noch wort, das sich der säligen

--223--

fürpitt glyche; es lutet all weg nun uff uns armen, prästhafften menschen.
Die söllend für einandren bitten; denn wir sind einer des andren
glyder Ro. 12. [Röm. 12. 5]. Sprichst: Es bedarff dheines bittens noch
bätlens; es lyt alles an der fryen wal gottes; der gibt uns, was er wil,
ich bette, was ich welle, als du selbs vor hast bewärt imm 20. artickel
von dem verdienst. Antwurt: Ja, got gibt uns, was er wil; er gibt
uns ouch nüt dann das uns guot ist Mat. 7. [Matth. 7. 9-11]; noch wil er
gebetten sin und manet uns ze bitten. Begerend, spricht er, so wirt
üch ggeben; suochend, so werdend ir finden; klopffend, so wirdt üch
ufgethon. Er heisset uns ouch on underlaß bitten, ob uns glych nit
von stund an ggeben würt, das wir begerend Luc. 11 und 18. [Luc
11. 5-13, 18. 1-8]. So nun die Bäpstler das ort Luce dahyn zühend,
man muesse zuo aller zyt betten, und verkouffend damit ir gebett, sam
sy die versumnus der andren menschen ersetzind, muoß ich nach der
kürtze vom gebett sagen. Gebett ist nüt anderst dann ein ufrichten
oder ufsehen des gmuets zuo got, wie da oben ouch ist anzeigt. Dise
meinung wirt vilvaltigklich uß der gschrifft bewärt, namlich, daß Moyses
exo. 14. [Ex. 14. 15] nüt redt mit dem mund, unnd spricht dennocht
got zuo im: Was schrystu zuo mir? Schrey er on zwyfel uß dem
hertzen, in dem er mit got redt und kampfft. Ouch daß Anna
1. reg. 1. [1. Sam. 1. 13] in irem hertzen redt und ruofft zuo got, unnd
hort Heli dhein stimm. Darnach ersicht man das an den gebetten
der alten: Wo die sind, da ist einweders das lob gottes ußgesprochen,
oder der mentsch hat mit gott so heimlich gredt als mit sinem lyplichen
vatter, oder bede; und wirt daselbs von der zal nüt geredt,
als aber unser bladerbetler falschlich gelert hand.
Schlecht: Beten ist nit: vil bladren, sunder es ist ein lob und
eerenbieten gottes zum ersten; und das trifft den glouben an. Darnach
ein vertruwt anrueffen zuo im umb unser noturfft.

--224--

Vernim 's also: So du sprichst: O unser vatter, du himelscher!
Din nam werde geheiliget! da ist das erst ein spott, wenn du inn nit
für ein vatter hast, unnd aber sprichst: O himelscher vatter! Darumb
wirdt zum ersten der gloub erfordret, das du inn vestenklich gloubest
dinen vatter sin.
Also volgt, daß, wenn der mensch sich uebt imm glouben, das er
bettet, als wenn er gedenckt: Got ist ein schöpffer aller dingen; er ist
das höchste guot, von dem alles guotes kumpt. Er hat den menschen
nie nüt verheissen, er hat es [denn auch] geleistet. O dem guot wilt
ewig anhangen; es ist gwüß unbetrogen. Sich, das ist das höchste
lob, das wir gott enbieten mögend, das wir inn für das höchste guot
sicher haltend in unseren hertzen, das wir inn für unseren vatter
habend; denn so sehend wir wol, das sin nam, das ist: sin eer, sin
macht, sin lob, zum höchsten sol von allen menschen geachtet werden,
und sprechend: Geheiliget werd din nam.
Demnach so volgt das betlen an unsere prästen: Zuokumm uns
din rych. Schaff, das din wille under den menschen erfüllet werd,
wie by dir in den himmelen etc. Also kan ghein gebett sin, wo man
nit von ersten got dafür haltet, das er ist, und nit zuo im als sicher
und vertruwt loufft als zuo einem milten, natürlichen vatter. So aber
das beschicht, darff es darnach nit vil worten me; denn er weißt, was
uns gebrist, ee unnd wir zuo im louffind; denn wir habend das höchst
gebett des gloubens schon volendet. Das lert Christus selbs
Matthei 6. [Matth. 6. 7-13]: So ir bettend, so söllend ir nit daruff
ligen, das ir die wort des gebettes offt bladrind, wie die Heyden
thuond; denn sy wänend, sy werdind in iren vil worten erhört. Darumb
werdend inen nit glych; denn üwer vatter weißt, weß ir manglend, ee
und ir inn bittind. Ir söllend aber also bätten: O unser himelscher
vatter! Din nam sye geheliget. Zuokumme uns din rych etc.
Sich, hie zum ersten schreckt er uns von vile der worten und heißt
uns aber Luc. am 11. und 18. [Luc. 11. 5-18, 18. 1-8] umerdar betten. So
muoß ie "betten" nitt "wort ußgießen" heissen; dann er verbütet das under
einem griechschen wort batologia [βαττολογία], das ich bladergebett
vertütsch, und verston dadurch das wort bladren und das widerbladren
und das usßpüwen der worten. Sich, wo sind wir ietz, die ir vile wort
der psalmen verkouffend, sam es denen, so uns gelt gebend, hilfflich sye,

--225--

so Christus das widren und bladerbetten verwirfft, so das gebett
ein zeichen des gloubens ist zuo eim teil, zum andren ein luter bättel
an unsere noturfft? Wer hat ie bätlen für ein werd geschetzt? Oder
wer hat ie sinen glouben verkoufft oder für ein andren gegloubt?
Daran man erlernen muoß, das unser gbett gar nit sol gerechnet
werden als ein wärd; denn so ich stätz zuo eim louff: Hilff mir da,
lych mir dört 100 guldy, kan ich ie dasselb nit für ein wärd schetzen,
darumb man mir etwas schuldig sye; denn ich thuon nüt dann gylen
und bättlen, als aber leider etlich redend: Ich hab hüt got in sin
lyden hundert pater noster gebetet. Got sye es unverwissen! Meinend,
got sölle inen umb sölch ir werck vil gelten; denn sy habind
inn dadurch eeret, sy habind im etwas ggeben; darumb sy recht habind
ze heuschen oder abrechnen für ir sünd, wie tür sy wellen, sam ir
gebett ein war sye oder wärd, die man inen widergelten mueß. Welichs
alles nüt denn ein falsch ist und glychßnery und kumpt von
den glychßneren har, die gelt genommen hand und glych als die
spinneren darumb gebetet so vil oder so vil zal, und ist doch nüt
dann ein bladergebett, das Christus hie mit so heitren worten verwirfft.
Denn nimm war: Do Christus sin gebett, das vatter unser,
ußgeleret hatt, sprach er nit: Bettend es so offt oder so offt, sunder
hat er davor gelert, man sölle nit bladeren oder vil wort ußgiessen.
Ich laß dir hie ouch nit nach, das du sprechest: Sich, also leert man
die welt nümmen bätten. Denn man lert recht betten mit dem
hertzen, nit allein mit dem mund, welichs allein das war gebett ist
Jo. 4. [Joh. 4. 24], und das mit dem mund nüt ist dann gspött und
verachtung gottes Mat. 15. [Matth. 15. 8]. Esa. 29. [Jes. 29. 13]: Das
volk eeret mich mit den lefftzen, aber ir hertz ist verr von mir. Ich
wil dich recht erfüntelen in dinem gebett. Wie hast du im gethon,
wenn du an den berg kummen bist: Verzych uns unser schuld, glych
wie wir unseren schuldneren verzyhend? Ist es dir ggangen, wie es mir
all min tag ggangen ist, so hastu muessen widrumb hinder sich ziehen.
Dann so offt ich dahyn kam, so mocht ich den fryden nit erlyden;

--226--

ich muoßt vorteil han, daß mich got nit richte nach minem verzyhen,
wiewol ich erkant, das er das recht und volkummen in sinem wort
gelert hat. Und nach langem erfaren, ob ich doch recht und von
hertzen verzigen hette, fand ich von den gnaden gottes all weg ein
frölich verzyhend gemuet. Aber ie zum letsten gedacht ich: Söltestu
got nit lieber sin, denn din fyend dir ist, so frowte es dich nit. Also
befand ich, das mir gott nit tuon muoßt als ich minem fyend. Und nach
vil verklagens und verantwurtens miner armen conscientz zoch ich
überwunden unnd gfangen ab, das ich mich got ergeben muoßt. Herre!
Ich muoß mich nit enbieten, das du mir nach minem verzyhen ouch
verzyhest. Herr! Ich bin ein gefangen man! Verzych, herr, verzych!
Ee und sich die zyt verzoch, ward ich bettens so mued, das mir
darnach dhein willen bleib mer worten ze bladren, sunder nüt dann
ein yfren der angst, das ich so bloß stuond an dem gebett, das mir
got fürgeschriben hat. Ob ich denn schon mich über einen psalmen
satzt, denselben ze betrachten, so redt min conscientz: Sich, du stubenfechter!
Hie bistu mannlich und gefalst dir selbs wol, ja du habist
den sinn des geists ergriffen! Bist also frisch, so gang an das wort
"Verzych uns unser schuld, glych wie wir vergebend". Also befind
ich, das dhein gebett uff erden nie kummen ist, das den menschen
eigenlicher ersuocht imm glouben unnd mit erkantnus sin, als das
vatter unser. Denn ich mein, dheyner sye so frydmuetig, er muesse sich
an dem wort "verzych uns unser etc." erkennen und ergeben an die
luteren gnad gottes. Und das ist das recht gebett: sich selbs erlernen
und befinden, und nach dem er sich funden hat, demuetigen. Welcher
wirt mir nun sin gebett fürsetzen? Gheiner warlich; dann ghein
mensch ist, der nit erlegen sye an dem wort, also, das er sich für
nüts habe hyngeworffen für die fueß unnd barmhertzigheit gottes. Also
erlernend wir, das gebett gar nit für gheinen verdienst noch war
noch wärd gerechnet werden sol. Es ist nüt anders denn ein klagen
der noturfft unnd anrueffen umb hilff zuo got, den wir gloubend das
höchste guot sin, das all unser prästen ersetzen mög. Und gilt das
gebett nüt; denn es ist nun ein innig anrueffen uß dem glouben. Dann
got gibt, das sinen gnaden zimpt und sinem willen wol gevalt. Sich
ietz, wo ist das verlonet gebett? Es ist nüts denn ein glychßnery,

--227--

die sich gemest hat mit dem gbett. Denn hettend die glyßguoggen
sich selbs erkent, so hettind sy ir gebett nit wellen andren fürsetzen;
sy hettind ouch wol gewüßt, das alle mentschen ire brueder und glyder
warend; dannen har sy für die als sorgveltig xin, als für sich selbs
söltend sin. So sy aber ir gebet verkoufft, hand sy sich treffenlich
versündet, zum ersten, das sy glychßner sind xin, zum andren, das sy
umb ir glychßnery erst lon hand den menschen abgenommen.
Christus spricht zuo dem samaritischen wyb Jo. 4. [Joh. 4. 23f.]:
Es kumpt die zyt, ja sy ist schon hie, das die waren anbetter den
vatter werdend anbetten mit dem geist und mit der warheit; dann der
vatter erfordret söliche, die inn anbettind. Got ist ein geist; also
muessend inn ouch sine anbetter mit oder in dem geist anbetten und
in der warheit. Die einigen wort Christi lerend, was da warlich
gebetet sye, namlich, nüt anderst weder mit dem geist; das ist: mit
dem gmuet, got anrueffen, warlich, nit erdicht mit dem mund oder ußwendigen
gebärden, da man vil spricht: O herr herr! sunder so warlich,
das unser hertz allein zuo got sin zuoversicht hab, das es sich nit
schöne, sunder, wie es an im selbs ist, sich sündig, schnöd unnd onmechtig
erkenne, und aber daby der gnaden gottes sicher sye in warem
vertruwen. Sölch warlich anbetten imm geist und in der warheit wil
got von uns haben. Also hört man aber das gebett nüt anderst sin
dann ein stät anhangen unsers gemuets an got, ein empsiger zuogang
zuo got in der warheit, das wir inn für das war, einig guot habind, das
uns allein helffen mag, des wir ouch sicher gewärt werdind von im.
Daby falt aber zum ersten alles das bladren hyn, das man in den
templen lueygt oder mönet; denn wenn sich das menschlich gmuet
warlich mit got berichten wil, so ist es gern allein, als Christus wol
gewüßt hat, und darumb ein heimlich ort anzeigt, darinn man in der
still mit dem himelschen vatter reden könde, sprechende: Gang in din
kämerlin, so du betten wilt, und bitt da dinen vatter in einem gheim;
und din himelscher vatter, der dich in dem gheim wol sicht, der wirt
dich gewären Mat. 6. [Matth. 6. 6]. Darumb aber das pruelen vor
den menschen ein lutre glyßnery sin erkent wirt.
Zum andren erlernet man, das Luce am 18. [Luc. 18. 1-8] stat,
nit von dem gebett der worten sol verstanden werden, da er spricht:
Ouch hat Christus ein glychnus gseit darzuo, das man zuo aller zyt

--228--

betten sol und nit nachlassen oder verdrüssig werden. Ein richter
ist gewesen, kurtz, der weder got noch die menschen forcht; den hat
ein witwen, die ein sach vor im ze tuon hatt, so dick angerent und
gemanet, das er sy rechen wölte von irem widersächer, biß das er
sprach: Ob ich glych weder got noch die menschen fürcht, muoß ich
doch disem wyb richten, das sy mich nit so vol mueyge. Und hat
Jesus darüber gsprochen: Ir hand ghört, was der unbillich richter
geredt hat. Und solt got nit rechen oder erlösen sine erwelten, die
zuo im schryend tag und nacht, ob er glych das mit radt verzücht?
Ich sag üch: Er würt sy bald rechen etc. Ja, dise leer Christi sol
gar nit uff die vile der worten gezogen werden, sunder dahyn, das
man umb alles anligen on underlaß zuo got louffe, und ob er das verlyhen
etwan verzühe, sölle man nüt des minder zuo im louffen, nit mit
vil worten, sunder mit vertruwtem hertzen, als er selbs darnach bedüt,
sprechende: So aber der sun des menschen kummen wirt, meinst, wirt
er glouben uff erden finden? fürnemmende mit disem wort, daß nit
aller menschen gloub so starck ist, das sy ungezwyflet zuo im on underlaß
louffind. Ob aber die wort mit der begird des hertzens louffind,
ist nit lätz; aber die wort sind on das hertz ytel. Magstu lang
mit hertzen und mund betten, sag got danck; denn es ist nit gemein,
das man langen andacht hab mit den worten; aber in der warheit des
geistes mag der mensch lang andächtig sin, namlich, so er die eer
gottes bedenckt, siner gnad danck seyt, sinen prästen des lybs und
der seel recht ermißt und sich verwirfft und ergibt der barmhertzigheit
gottes, täglich sich von nüwem uffricht christenlich ze leben und derglychen.
So mag sich der mensch bettens lang nieten; denn das ist
das recht gebett, das warlich in dem geist beschicht; aber mit widergebladreten
worten wäret der andacht nit lang. Also sol man andre
wort von empsigem betten ouch verston in Paulo und anderßwo, das
man stät sol got ansehen mit einem waren glouben, zuo im allein on
underlaß umb hilff louffen. Also mag der pur imm pfluog betten, so
er sin arbeit imm namen gots dultigklich treyt, got umb das meren

--229--

des somens anruefft und vertruwt, und offt bedenckt, das unser hieig
leben nun ein jamer und ellend sye; aber dört werde uns der gnädig
got ruow und friden und freud geben. So bettet er, ob er glych den
mund nit bewegt. Also ouch der schmid am amboß; sicht er in allem
sinem thuon und lassen got an, so bettet er on underlaß.
Der ander teil diß artickels.
Das wir allein durch christum uns alle ding
ggeben werden vertruwind.
Diser teyl lert uns, das, so wir bettend, daß wir uns gwüß versehind,
das uns got unser noturfft durch den herren Christum Jesum
zuostellen wil. Denn wir sind nit guot, das uns got ützid umb unsertwillen
gebe; aber umb sines suns willen gibt er uns alle ding. Jo. 16.
[Joh. 16. 23]: Warlich, warlich sag ich üch, das alles, das ir begeren
werden an den vatter in minem namen, das würt er üch geben.
Sehend ir, das er das begeren zuo sinem namen knüpfft, sprechende:
Alles, das man begeren werde, ja in sinem namen. Also volgt, das
wir in dem einigen namen Christi begeren söllend. Er spricht Jo. 14.
[Joh. 14. 13f.]: Alles, das ir begeren werdend in minem namen, das würd
ich thuon, damit die eer des vatters klar werde in dem sun. So ir etwas
in minem namen begeren werdend, wird ich das tuon. In den worten
Christi hörstu aber, das wir nun in sinem namen gewärt werdend
unserer pitt; denn by dheynes andren namen sind wir gelert bitten.
Er verheisset uns ouch in gheines andren namen ze gewären; denn es
ist ghein nam under der sonnen, in dem wir heil werdind, weder der
namen Christi Jesu act. 4. [Act. 4. 12]. Darnach hörstu den gwalt
Christi glych sin mit gottes vatters gwalt, so er spricht: Das wird
ich thuon. Darnach, so verstastu, das er alle ding verdienstlich vermag,
so er heißt an sinen namen sich lassen. Ro. 8. [Röm. 8. 32]:
Got hat sinem eignen sun nit übersehen, sunder inn für uns ggeben;
wie würt er uns nit mit im alle ding geben? Sich, Paulus meint,
es were ein ungehörts, das uns got mit sinem sun nit alle ding gäbe.
Petrus lert ouch unser opffer got genäm werden durch Christum
1. cap. 2. [1. Petr. 2. 5]: Ir söllend opffer des geists uffopfren, die got
gnem sind durch Jesum Christum. Geistliche opffer sind nüt
anderst denn all unser gmuet durch den glouben got hingeben, als wol
in den worten Petri vor und nach erlernet werden mag.

--230--

Summa: So uns got alle ding wil in dem namen Jesu Christi
geben, wie imm 20. artickel bewärt ist, so volget ouch, das wir alle
ding in sinem namen begerend. So wir das thuon werdend, denn sind
wir Christen; denn Christus ist eerlicher, dann das wir sinen namen
tragind, so er noch nit all unser zuoversicht ist.
So vil von disem artickel, der ouch zuo dem dienet, das die abgötery
zuo den creaturen hingelegt werde. Denn söllen wir allein in
sinem namen begeren, und ist das gewären allein uff sinen namen
gstelt, so ist es ytel, ja abgötisch, so wir uns zuo einiger creatur kerend.
Der zwen und zwentzgest artickel.
Das christus unser grechtigheit ist; darus wir
ermessend, das unsere werck so vil guot, so vil sy
christi, so vil sy aber unser, nit recht, nit guot sind.
Der erst teil diß artickels dienet zuo der vordrigen meinung des
anbettens der säligen. Denn ist Christus unser grechtigheit, als er
warlich ist, so ist er ouch aller glöbigen grechtikeit xin, die ie zuo got
komend; so muoß er ouch in die ewigheit aller dero grechtigheit sin,
die zuo got kummend. Darnach ist er ein anlaß uff die nachkummenden
artickel, die von den wercken sagen werdend.
Das aber Christus unser gerechtigheit sye, leeret das Paulus
1. Cor. 1. [1. Cor. 1. 30]: Christus ist uns von got die wyßheit worden
und die grechtigheit und die heligkeit und die rantzung oder erlösung.
Zuo eigenlichem verstand merck widrumb kurtzlich von dem gesatzt unnd
euangelio, wie ich da oben zwürend ouch hab anzeigt; darumb ich
vil kundschafften ietz underlaß; hab wol im sinn, nach der zyt ein eigen
buechlin in latin ze schryben vom gsatz und euangelio. Doch muoß
die gantz summ hie inn begriffen werden, ob got wil. Gott ist das ewig,
einig, unverwandelbarlich guot, uß dem alles guot kumpt. Also muoß sin
will nüt anderst sin, denn ein ewiger brunn des rechten und guoten.
Nach dem volgt, das alles, so uns got ze wissen thuot, daß dasselb
guot ist und recht; denn von dem brunnen oder boum muoß nüt
dann guote frucht kummen.

--231--

Wyter volgt, daß das gsatzt, so es von got kumpt, guot ist; denn
es kumpt uß dem willen gottes, der ein ewige regel oder schnuor ist
des rechten und guoten.
Wyter volgt: So das gsatzt uß dem willen gottes kumpt, das es
ouch ewigklich recht und guot ist, so es von got selbs nit wirdt abgethon;
und welcher thuot das, so das gsatzt heißt, recht und guotes
thuot; denn er thuot, das got wil; das muoß ouch guot sin, das er wil.
Welicher aber das tueye, das gsatz heißt, laß ich ietz ston; es kumpt
bald hernach.
Uß dem volgt ouch, das die ding, die imm gsatzt und uff ein zyt,
das ist: biß uff Christum, gebotten sind, nit guot xin; denn sy sind
allein bedütnussen unnd dem groben volck ein nachgeben xin. Und
so ich hie red: die abgangnen gsatz syind nit guot xin, verstand, sy syind
nit guot xin als gsatzt. Sust sind sy wol guot gesin, wie ein andere
creatur gottes guot ist. Aber ein gsatzt sol guot sin, daß die, so darunder
lebend und erfüllend, guot werdind. Also sind die ceremonien oder
zünselwerck nit guot xin; denn, der sy schon gethon, hat dennocht
weder das erst gbott gottes noch das ander erfült, und deshalb got
nüt glycher worden. Ouch sind sy dem volck nun ggeben zuo einer
straff irer ungloubnus. Liß Ezech. 20., so findestu es gantz klar. So
nun die nit uß dem willen gottes kummen sind (der nüt anderst ist
weder ein schnuor und zeigender finger des rechten), der meinung, das
sy ewiglich blibind (denn er hat sy selber abgethon), so sind sy ouch
nit guot xin, der gstalt das gsatzt guot ist. Denn wenn sy der gstalt
guot wärind xin, hettind sy nit mögen abgethon werden. Es hatt sy
ouch gott durch Esaiam 1. cap. gescholten und verworffen.
Diß hab ich darumb zwüschend inher gesäygt, das der einvaltig
nit by den guoten gsatzten die meinte ze verston sin, die zur selben
zyt nun zuo einer straff ggeben wurdend, ouch nit von den Bepstleren
gebocht wurde, er mueßt sy halten. Denn an den worten der zweyen
propheten Isaias und Ezechiel hörend wir eigenlich, das sy als
gsatzt nit guot sin xin, und ouch die werck nit guot xin.
Ietz kummend wir widrumb uff den, der guotes thuot, so er nach
dem thuot und das gsatzt heißt. Gheiner thuot guotes, der von Adamen
har ie geboren ist psal. 13. [Ps. 14. 3]. Also volgt, das ouch dheiner

--232--

das thuot, das gsatzt heißt; oder er thäte guots, so er thäte, das gsatzt
heißt. Dann das gsatzt heißt nüt anderst, dann das ewigklich recht
und guot ist; denn das gesatzt ist guot, grecht und helig Ro. 7.
[Röm. 7. 12]. Wiltu wissen warumb? Darumb, das es nüt anderst
ist weder ein offnung und anzeigen des willens gottes, das wir an
dem wort des gebottes sehend, was got wil und erfordret. Deßhalb
es billicher euangelium hiesse weder ein gsatzt. Denn wen sölte nit
freuwen, der in menschlicher finsternus und unwüssenheit lebt, wenn
im got sinen willen ufftäte? Were nun das selbig nit ein guote botschafft,
wenn der will gottes dem mentschen kund gethon wurde? Du
muost sprechen: ja, wiltu anderst die warheit reden. Denn wenn dir
nun ein weltlicher fürst sin narrachte heimlikeit offnete, hettest du
es für ein grosse gnad. Deßhalb ich da oben geredet hab, das gsatzt
sye dem gotshulder ein euangelium. Das aber uns das gsatz, das
heilig, guot und gerecht ist, nit geliebt, nit freuwet, nit fruotig macht,
das kumpt nit da dannen, daß es an im selbs die natur hab, das es
sine hörer schrecke oder trucke oder trurig mache, sunder es kumpt
die trurigheit von unserem fleisch. Darumb ich wol möcht lyden, das
etlich, so zuo unseren zyten von dem gsatz schribend, so sy vom gsatz
also schrybend: es schrecke uns und mache uns verzwyflet und mache,
das wir got hassind, daß sy das mit eigentlicheren worten ußstrichind.
Dann verzwyflung und haß gottes kumpt nit uß der würckung des
gsatzes, sunder uß dem prästen des fleischs, das dem gsatzt nit nachkummen
mag, unnd thuot demnach wie alle onmechtigen: die hebend
an hassen den, dem sy nit zuo mögend. Diß hat Paulus eigenlich
ußgtruckt Ro. 7. [Röm. 7. 14]: Wir wissend, daß das gsatz geistlich
ist; ich bin aber fleischlich verkoufft under die sünd. Sich, warumb
ist das gsatzt geistlich? Darumb, das es ein guoter, heiliger, gerechter
will gottes ist; denn der götlich geist ist nüt denn das höchste, grechtest,
heligest guot. Und wir nennend 's ein gsatz, das doch von Moysen
ein leer genennet würdt; denn thorah [‎‏תּוֹרָה‏‎], das wir gsatzt vertütschend,
das kumpt von iarah [‎‏יָרָה‏‎], das heißt unter andren bedütnussen:
wysen, fueren oder richten, darumb, das uns das gsatz von got geben

--233--

ist, daß es uns lere, was der will gottes sye, uns wyse, uns richte und
fuore. Sich, ob es nit billicher euangelium hiesse weder ein gsatzt?
Diß red ich nun zuo guotem verstand; wil darumb nit, das man die
namen "gsatz und euangelium" durch einander vermische, das man
tweders vor dem andren kenne. Dann was mag - wie vor geseyt
ist - des menschen gmuet frölichers verkündt werden, denn so im
got sinen willen anzeigt? Wir nennent 's aber darumb ein gsatz, das
sich unser fleisch darunder windet und undultig ist; aber das gsatz
ist an im selbs geistlich und grecht, und mag im ouch nieman zuokummen
noch erfüllen, denn der geistlich ist. Mit einem byspil würt
es alles klar: "Du solt niemans guot begeren" ist ein gebott, ja ein
lutrer will gottes und ein leer des unwüssenden menschen, daran er
gewyßt wirdt, das nit allein eim andren sins nemmen unrecht ist; denn
dasselb nit allein got, sunder ouch die menschen zuo rach bewegt;
sunder ist ouch unrecht das, so eins andren ist, nun begeren. Sich
hie in eim fürgon den underscheid des götlichen gsatztes - also wil
ich mit allen menschen den willen gottes gern nennen von guotes verstands
wegen - und des menschlichen. Das menschlich gsatzt richt
erst, so die unbillich that volbracht ist, wenn die nam oder roub
beschehen ist; laßt aber die begird hingon ungestraffet; denn sy mag
von den menschen nit erkent werden; sy verschlecht sich in den
hülinen des falschen hertzens, das sy nieman sehen mag; darumb
kan man sy nit straffen. Got aber, der ein durchgenger ist aller
hertzen, erkent sy; darumb strafft er sy ouch, so sy nit nach sinem
willen gestaltet ist. Das nun das menschlich gemuet wüsse, was got
welle, muoß im das ie nieman anderst sagen dann got allein. Der
spricht: Ich wil nit vernuegt sin mit der menschlichen gerechtigheit,
da ir allein uß forcht der straff oder schand das übel nit offenlich
begond, aber üwre hertzen sind gytig und voll begirden unnd anfechtungen.
So volgt, das üwre grechtikeit nüt anderst ist denn ein
glyßnery: denn dörstind ir, so thätind ir; die anfechtung ist da.
So ir nun by mir begerend wonen, muessend ir ouch gesittet sin nach

--234--

minem willen. Ich bin ghein glychßner, sunder von grund uff luter,
rein, guot und grecht; also muessend ir von innen harus grecht, rein
unnd unschuldig sin; darumb ich nit gnuog hab, das ir nit stälend, nit
roubend, nit eebrechend mit der that; denn üwer hertz thäte es, so es
nit ander ding wirsch forchte dann mich, sunder ir muessend in
minen ougen grecht sin, wend ir by mir wonen. Ich sich die
hertzen inwendig; darumb sol ouch nieman des andren guot oder gemahel
nun begeren. Verstand by denen gebotten ouch alle andre.
Sich hie, ob nit das gsatzt geistlich sye? Denn gar nit begeren, das
ist ie luter, rein, guot und grecht und gantz geistlich; denn das nieman
erfüllen mag, denn der geistlich ist, das ist: by dem das fleisch nüt
ist, nüt vermag, nüt anficht; das aber gheinem menschen verlangt wirdt,
die wyl es in disem lychnam lebt; denn alles, das in der welt lebt, ist
nit on begird und anfechtungen. 1. Jo. 2. [1. Joh. 2. 16]: Alles, das
in der welt ist, das ist ein begird oder anfechtung des fleischs und ein
begird der gsicht und ein hochmuot des lebens, die nit uß got sind.
Nachdem wir nun eigenlich erfaren hand, warumb das gsatz geistlich
ist und heißt, namlich darumb, das er unß anzeigt das muster
und form des götlichen willens, so wirdt lychtlich darnach verstanden,
warumb es uns wider ist, namlich darumb, als daselbst hernach
volget, das wir fleischlich sind und under die sünd verkoufft. Was ist
"under die sünd verkoufft sin" anderst, weder der sünd eigen sin,
under der sünd gwalt und gebiet leben? Das kumpt uß dem prästen
har, in den uns Adam im anfang geworffen hat. So wir nun nüt
anderst dann fleisch sind und böß, wie da oben uß genn. 8. [1. Mos.
8. 21] anzeigt ist, so volget, das der haß des gsatzes uß dem fleisch
kumpt und nit uß der natur des gsatzes; dann es ist guot, grecht und
geistlich, wil uns als luter und rein haben, als got erforderet; darumb
alle die sprüch: Lex iram operatur, das ist: das gsatzt würckt den
zorn [Röm. 4. 15] und desglychen söllend verstanden werden. Das gesatzt
uns luter anzeigt, was der götlich geist erfordret; und so wir
unser onmacht sehend, namlich, daß wir das gar nit erfüllen mögend,
das wir denn uns des zorns oder rach gottes wirdig wüssind, und
billich verdampt werdind; nit daß das gsatzt das gewürckt hab, sunder
unser eigner schelm und präst, die sünd, die ir narung und fuor hat:

--235--

den lychnam, und so lang sy in dem ist, so blybt sy nit on sünd.
Also das ouch Paulus schrygt [Röm. 7. 24]: Ich unsäliger mensch,
wer wirdt mich erlösen von dem lychnam diß todes? etc.
So uns nun got in der unserer onmacht und verzwyflung sin gnad
bewyßt, also, das er uns einen gschicket hat, der das gsatzt erfüllen
mag für uns, namlich den grechten, unschuldigen Jesum Christum,
der den anzug der sünd nit hat; denn er under die sünd nit hinggeben
und verkoufft ist wie wir, sunder ist er für unser sünd verkoufft,
dieselbigen zuo erledigen, so wirdt der will gottes erfüllet durch
den einigen, den die sünd gar nit beruert. Denn ein ietlicher, den die
sünd beruert, mag das gsatzt nit thuon; denn wo die sünd ist (das ist:
der präst von Adamen har), da ist ouch die begird und anfechtung.
Wo die fleischlichen anfechtungen sind, da mag man das luter, rein,
geistlich gsatz: den willen gottes, nit erfüllen. Dise prästen sind in
Christo nit; darumb mag er allein, dem götlichen willen glychförmig
lebende, zuokummen und gnuog thuon. Als nun Christus die straffen
der sünde, als: hunger, turst, frost, hitz, mangel, forcht, kumber und
derglychen straffen der sünd, die uns umb die schuld Adams anhangend,
an sich genommen hatt, und, das der grechtigheit gottes
gnuog beschähe, in aller unschuld umb unser schuld getödet ist, so
versuenet er uns mit got; denn den götlichen willen, den kein creatur
erfüllen mag, den hat er einigen erfült. Esa. 63. [Jes. 63. 3]: Ich
hab den torggel allein getrottet. Unnd ist er unser bruoder nach der
menschheit; und so er allein den willen gottes erfült hat, ist er unser
grechtikeit, durch die wir zuo got gond. Sust ist dhein gebott so
klein, durch welches halten wir möchtind sälig werden. Dann wo die
anfechtung oder begird ist, da ist ouch die sünd; denn die bgird
kumpt uß der sünd prästen.
Diß gnädig erlösen gottes durch sinen sun nennet man euangelium.
Also nenn ich 's ouch, wiewol das wort euangelion nit so klar
ist, das es disen handel gar begryff; denn es heißt: ein guote, gewüsse
botschafft; noch ist die botschafft nit bestimpt an ir selber; denn an
ir selbs ist sy, das uns der sun gottes ein heiland in diß welt geboren
ist Luc. 2. [Luc. 2. 11]. Hörst du, das die wort Luce also lutend:
Üch ist hüt ein behalter geborn? Ist er unser, so ist er ouch unser

--236--

grechtigheit; denn er ist grecht, ja die grechtigheit; so ist er ouch
unser gerechtigheit. Ietz verstat ein ieder die wort Pauli, am anfang
diß artickels anzogen: Christus ist uns von got die wyßheit worden
[1. Cor. 1. 30]. Darumb sich ein ieder sins wägs allein halten sol, nit
selb einen nüwen erdencken. Er ist uns ouch die grechtigheit worden;
denn nieman mag zuo got kummen, der nit grecht ist; und mag aber
kein mensch für sich selbs gerecht sin. Christus aber ist gerecht unnd
unser houpt, unnd wir sind sine glyder; also kummend wir, die glyder,
zuo got durch die grechtikeit des houpts. Er ist ouch unser heiligheit
worden; denn er uns mit sinem eignen bluot geheliget hat. Er ist ouch
unsere rantzung oder loßgelt worden; dann er uns vom gsatzt, vom
tüfel, von der sünd erlößt hat.
Hie wil ich aber sagen, wie wir vom gsatz erlößt syind durch
Christum. Das gsatzt zeigt uns den luteren willen gottes an, daß
wir, so wir gloubend, eigenlich die reine und schöne des götlichen
willens darinn ersehent. Wir sehend aber daby, das wir den willen
gottes nit erfüllen mögend; denn so grecht ist gheiner nie worden, der
den willen gottes recht und wirdiklich erfulte. Also sehend wir, daß
wir zuo got schlechtlich nit kummen mögend; dann wir mögend sinen
willen nit erfüllen. Also verdampt uns das gsatzt, das ist: wir sehend
eigentlich am gsatzt, das wir zuo got nit kummen mögen und deßhalb
billich verdampt werdend. Also erlößt uns Christus von der verdamnus
des gsatztes, das, nachdem wir am gsatzt verzagt sind, das
wir es schlechtlich nit erfüllen mögend, sehend wir dargegen Christum
einen gwüssen bürgen unsers heils. Denn so wir schon alle ungrecht
sind, ist doch er unser grechtigheit, und mag uns das gsatzt nümmen
verdamnen. Also sind wir vom gsatzt erlößt, nit das man das, so got
heißt unnd wil, nümmen thuon sölle, sunder me unnd me würdt man
in der liebe gottes entzünt, so man sin grosse gnad und fründschafft
erkent. Ie grösser die liebe ist, ie mee man würcket, das got wil.
Und darff hie nieman gedencken, das man lass an guotem werde.
Welcher die meinung des heils gloubt, der ist von got erlüchtet. Da
hab denn du nümmen sorg, wo got ist, wie man guotes würcke.

--237--

Die aber also schryend, man werde lichtverig ab der gnad, die
habend leyder den glouben noch nit recht, oder aber sy empfundint
in inen selbs, das inen das guot, das got heißt, nie gevelliger xin wär,
und das böß nie me mißvallen. Also ist der gleubig vom gesatzt
erlößt, das er die verdamnus des gsatztes nümmen fürcht.
Er hat ouch allein uff die werck acht ze thuon, die got der gstalt
heißt, daß sy in die ewigheit gethon werdind. Uff zünselwerck, die
got selber nun zuo einer straff und nun ein zyt geheissen hat, achtet
er als kindenspil; noch vil weniger das zünselwerk der Bäpstleren.
Denn er weißt wol, das sy gott uns imm nüwen gsatzt nit hat uffgelegt;
denn er hat uns nit nun von der straff der sünd erlößt (das
aber ir zünselwerck was), sunder von der sünd gar. Noch stond die
gebott sines willens styff in die ewigheit; denn sy sind nüt anderst
denn ein form sines willens. Die gebott aber thuot der gleubig uß
liebe, der gotlos hasset sy. Der gleubig thuot sy nit uß siner krafft,
sunder got würckt in im die liebe, den radtschlag und das werck, so vil
er thuot; und ist in allem werck wol wüssend, das sin ding und werck
nüt ist; das aber da beschicht, allein gottes ist. Und so er das werck
und willen gottes nit thuot, ja wider das gebott gottes thuot, verzagt er
nit; denn er weißt sin heil Christum Jesum. Hie spricht der einvaltig:
Welches sind die gebott, die in die ewikeit nit abgond? Antwurt:
Die, in denen alle gsatz und propheten hangend Mat. 22.
[Matth. 22. 37-40]: Du wirdst dinen herren got lieb haben uß gantzem
dinem hertzen, in gantzer diner seel und in dim gantzen gmuet. Du
wirdst dinen äbnen nächsten als lieb haben als dich selbs. Alles, so
die zwey gebott in aller biblischen gschrifft antrifft, das ist man
schuldig ze thuon in die ewigheit. Sprichst: Under dem ersten gbott
möchte wol ouch das zünselwerck begriffen werden; denn man thuot es
zuo der eer gottes. Antwurt: Nein. Denn wer es ein eer gottes, so
hette sy got nit verworffen durch Esaiam und Ezechiel. Gelt aber,
wo er ie die erst bestimpten gebott nachgelassen oder hinderstellig
gmacht hab! Darumb stond sy in die ewigheit styff und alles, das
in inen hanget.
Dise meinung hab ich davor ouch mit me worten anzeigt. Do
ich sy aber vertruwt hab kommlicher und kürtzer ze sagen, hab ich

--238--

sy hie widrumb gehandlet. Ich hab ouch die vordrigen nit me können
endren; denn sy schon truckt ist xin.
Ein summ darvon:
1. Der will gottes wil ewighlich rechts und guotes.
2. Uß dem kumpt das ewig gsatzt, das ouch nimmer mag abgethon
noch verwandlet werden. Und vermögend aber wir dasselbig
nit ze thuon.
3. Darumb muoß der ewig will gottes blyben und muoß uns die
gnad gottes ze hilff kummen.
[4.] Das hat sy durch Christum, unseren mitler, geton. Der
ist unser grechtikeit.
Noch me kundtschafft haben wir, wie Christus unser grechtigheit
sye.
Jo. 16. [Joh. 16. 10]: Wenn der tröster kummen, würdt er die welt
straffen oder harfür ziehen umb der grechtikeit willen; denn ich gang
ietz zum vatter etc. Das ist: Der heilig geist wirdt der welt offenbar
machen, das ich allein der grecht bin, und die grechtikeit, die zuo got
bringt; und des zuo warem urkund wird ich zum vatter hinuff in den
himel faren.
Item Ro. 3. [Röm. 3. 21f.]: Ietz aber ist die grechtigheit gottes
geoffenbaret on das gsatzt, verzüget von dem gsatzt und von den
propheten, und stat aber die grechtigheit gottes in dem glouben Jesu
Christi gegen allen menschen unnd über alle menschen, die da
gloubend etc.
So nun Christus allein unsre grechtigheit ist, so sind ie unsere
werck nit grecht, nit guot, wie der ander teil diß artickels anzeigt.
Das unsere werck so vil guot, so vil sy Christi,
so vil sy aber unser, nit recht, nit guot sind.
Diser teil ist da oben vom verdienst ouch bewärt im 20. artickel;
darumb er hie wenig worten bedarff, denn allein die kundschafften der
gschrifft harfür ze bringen.
Christus spricht Jo. 15. [Joh. 15. 4]: Wie das schoß von im selbs
nit frucht bringen mag, es blybe dann in dem rebstock, also mögend
ouch ir nit frucht bringen, wenn ir nit in mir blybend. Also volgt
ouch, das die frucht nit unser, sunder Christi ist.
Item Jacobi 1. [Jac. 1. 17]: Alle guote gab und alle volkummne
schencke kumpt von oben herab von dem vatter der liechteren. Ist

--239--

alles guot von got, so mag nüt guot sin, denn das von im kumpt. Ist
nun unser werck guot, so kumpt es von got. So volgt, das wir uns
nüt sollend zuoschryben, das gottes ist.
Item Luc. 18. [Luc. 18. 19] spricht Christus: Nieman ist guot
denn der einig got. Also volgt, daß ouch von nieman das guot kummen
mag, denn von dem einigen got. Ein böser boum mag nit guote frucht
tragen [Luc. 6. 43].
Item Iob. 8. [Hiob 8. 15]: Der glychßner wirdt sich trösten uff
sin huß oder xind, und wirt nit beston. Ist wol ein verborgne, figurliche
red; hat doch in der warheit den sinn, das, die uff ire werck
vertruwend, betrogen werdind.
Item Hiere. 10. [Jer. 10. 23]: Herr, ich weiß, das der wäg des
menschen nit sin ist. Es ist ouch nit in dem vermögen des mans,
das er sine wäg richte. Zeiget ouch an, das all unserer radtschlag
von got har hangen muoß und nit von uns.
Item 1. Corinth. 15. [1. Cor. 15. 10]: Ich bin uß der gnad gottes,
das ich bin. Dann die ist in mir nit muessig worden; denn ich hab
me gearbeitet, denn uß inen allen gheiner. Doch hab ich das nit gethon,
sunder die gnad gottes, die by mir ist gesin. Sich, Paulus gibt
das werck der gnad gottes. Kurtz: Sobald der mensch im selbs zuoschrybt,
das gottes allein ist, so ist er ein gwüsser glychßner, und ob
er glych sust nie nüt gsündet hette, so wer das sünd gnuog, das er
nit gloubt got alle ding würcken.
Der dry und zwentzgist artickel.
Das christus die hab unnd pracht diser welt
verwirfft; darus ermessen, dass, die rychtag zuo inen
ziehend in sinem namen, inn grösslich schmähend, so
sy inn ein deckmantel irs gytes und muotwillens
machend.
Wir wüssend, das alle leer und that Christi unser underrichtung
ist und ein form, nach dero wir uns gestalten söllend; denn er spricht
Jo. 13. [Joh. 13. 15]: Ich hab üch ein byspil ggeben, daß ir thuegind,
wie ich gethon hab. Nun hat er rychtag verachtet und den pracht
diser welt. Jo. 6. [Joh. 6. 15]: Do das volck im für hatt genommen

--240--

inn zuo eim künig uffzewerffen, ist er geflohen. Er heißt uns ouch, daß
wir von im lernind Mat. 11. [Matth. 11. 29], sprechende: Nemmend
min joch uff üch und lernend von mir; denn ich bin senfft und eins
demuetigen hertzens; so werden ir ruow finden üweren seelen. Ist aber
ein luter gebott Christi, was wir im söllent ablernen: sin joch tragen
- denn er hat unsers getragen -, senffte lernen und demuetikeit,
so werdind wir ruewig in unseren seelen hie und dört.
Item, daß er gen Hierusalem uff einem esel geridten ist nach
dem vorsagen Zach. 9. [Sach. 9. 9]: Fröw dich vast du tochter Zion;
frolock, o tochter Hierusalem! Nimm war, din künig, der grecht
und din heiland ist, wirdt dir kummen. Er ist arm und setzet sich
uff ein eslin und uff den jungen esel, der ein sun ist der alten.
Item, das er sin armuot selbs vergicht Luce. 9. [Luc. 9. 58]: Die
füchs habend hülinen, und die vogel des lufftes näster, aber der sun
des menschen hat nit, da er sin houpt hin leine. Sich die grossen
armuot Christi.
Item, er spricht Jo. 18. [Joh. 18. 36]: Min rych ist nit von der
welt. Were min rych von der welt, so wurdind mine diner sicherlich
stryten, das ich den Juden nit hingegeben wurd; aber min rych ist
nit hie dannen.
Diser kundschafften ist gnuog ze bewären, das Christus rychtag
unnd pracht diser welt verachtet hat, ouch das er uns gheissen hat
sölich sin sitten ze lernen.
Aber der ander teil, der darus volget, der bedörfft nit allein
starcker worten, sunder der krafft gottes, das die glychßner im glouben
gebend. Namlich:
Das, die rychtag zuo inen ziehend in sinem, das ist:
christi namen, inn grösslichen schmähend, so sy inn
ein deckmantel irs gyts und muotwillens machend.
Was grösserer schmach kan man Christo anthuon, denn das
man sich für sine diener ußgeb unnd für sine botten, und aber mit
den wercken gantz und gar wider inn strytet? Wenn ein ungleubiger
unser genanten geistlichen leer, ob wir die glych recht lartind, hort,
und sehe daby unseren gyt, muotwillen, pracht unnd falsch, mueßte
er ein törpel sin oder aber er könde ermessen, daß wir nüt dann

--241--

glychßner sind (Nimm dich des nit an, du unschuldiger! Ich weiß
wol, das vil frommer dieneren gottes sind, die mit wort unnd werck
die leer Christi fürbringend), so wir ganntz wider das thuond, das
uns Christus geheyssen hatt. Ja, er wurde sprechen, wir wärind
leckersbuoben, und wurde zum letsten ouch Christum schmähen, das
er ein sölch gschlecht den einvaltigen menschen hette uff den hals
gesetzt, als ouch beschehen ist in anfang der Christenheit. Ro. 2.
[Röm. 2. 24]: Der nam gottes wirdt durch üch geschmächt under den
ungleubigen, darumb, das sy andre menschen lartend und sich selbs
nit lartend. Sich, ein groß, treffenlich wort: All die wyl die welt gestanden,
ist heilgere, trostlichere leer für die mentschen nie kummen
dann die leer Christi. Es ist ouch dhein krefftiger byspil zuo nidrung
unnd demuot nie vortragen, dann Christus gethon hat. Unnd ist aber
dargegen dhein leer schantlicher verschupffet dann die leer Christi,
unnd unchristenlicher, tüfelischer leben von gheinem volk nie gelebt,
denn dero ist, die sich diener Christi und statthalter der apostlen
nennend, also daß, were Christus in diß welt nie kummen, und hette
im der tüfel fürgenommen ein böses volck ze machen, hette er es nit
bas mögen ze wegen bringen, denn so er glert hette, man sölte rychtag
imm namen gottes zemen legen; so wärind darnach alle laster
darus entsprungen. So aber der sun gottes kummen ist, daß er das
werk des tüfels entfuege und abthueye 1. Jo. 3. [1. Joh. 3. 8], so sicht
ein blinder, das sölch lugenhafftig, schantlich leer und sitten allein
kumpt uß der würckung und krafft des irrtumbs 2. Thessa. 2.
[2. Thess. 2. 11], den got gesendet hat in diß welt uns sündigen
mentschen zuo einer straff, das wir der warheit nit gloubt hand sunder
der boßheit. Ja noch hüt by tag, so got sin wort harfür sendt und
offnet, das uns die waren Antchristen mit dem finger anzeigt, so
gloubend wir im nit.
Nimm war: Christus ist arm xin und hat sinen botten verbotten
alle rychtag. Und die Antchristen zühend rychtag zuo inen und
habend die einvaltigen überredet, Christus sölle rychtag han, und es
sye sin eer und zier; so doch er die, so rychtag imm tempel suochtend,
hinuß schluog und den Juden ir glychßnery uffhuob, das sy imm namen
des tempels unnd altars rychtag erjagtend. Derglychen thuond noch
hüt by tag die Antchristen; meinend, guot zemmenlegen sye ein

--242--

gotsdienst, als Paulus 1. Tim. 6. [1. Tim. 6. 5] anzeigt, dero gmuet
zerbrochen oder verwuest ist. Sy sprechend: Ir gebend die rychtag
nit uns, sunder ir geben 's got, ir geben 's den heiligen, der wirdigen
muoter gottes, und felschend Christum, der ist hie arm xin; unnd so
er an der grechten gottes sitzt, machend sy inn erst arm und
heuschend in sinem namen so ernstlich, sam er sterben werde,
kömmend wir im nit mit rychtag ze hilff. Die wirdigen Mariam
schmähend sy; die hie so arm und demuetig gewesen ist, die machend
sy ietz, so sy by got ist, mit zytlichem guot rych, und sprechend: Es
ist unser lieben frowen. Die heilgen schmähend sy derglych. Dann
die heligen habend das zytlich verlassen und verachtet; und nach
irem tod legend sy inen erst die uneer zuo, das sy das zytlich freuwe.
Doch ist das end von der sach: Sy sind so gytig, das sy in dem
namen gottes rychtag zuo inen ziehend und verzechend sy dieselbigen.
Also ist inen nit gnuog, das sy got anlügend, sam er rychtag beger,
sunder sy hand sich selbs für gött. Denn ist der rychtag, den sy
erbetlend und erglychßnend, gottes, warumb verbruchend sy denn got
das sin? Ist es gottes, so wirdt er es mit den armen teilen, nit
söliche muossige büch darus erziehen. Religio peperit divitias et filia
devoravit matrem, das ist: Andacht hat die rychtag geboren, und die
tochter hat d' muoter verschluckt. Sy luogen ietz, wie inen an dem
zytlichen nutz abgang; got geb, wie es den armen der leer Christi
gang! Und so man inen iren gyt harfür zücht, sprechend sy: Warumb
soltend wir das zytlich nit haben? Man hat es uns fry geschencket.
Antwurt: Nein, ir solten 's nit haben, sunder den armen hingeben, und
söltend's nit gnommen haben! Wenn man schon nit so torecht xin wer,
das man üwren glychßten andacht hette angesehen, sunder in guoter
meinung üch hett wellen zytliche gueter geben, dennoch söltend ir 's nit
genommen haben, sunder geflohen sin, wie Christus das rych unnd kron
floch. Wüßtend ir nit, das, so ir schon rychtag ghebt hettind,
söltind ir die verlassen haben umb gots willen? Und ir gond und
sappend sy erst zuo üch? Sagend an, mit was angsicht gedörend

--243--

ir leeren, wie man die rychtag verachten sölle, so sy nieman engstlicher
begert weder ir? Und wo unfertig guot ist, heissend ir üch das
bringen und ist üch guot guot. Ja, ir sprechend: es sy den heilgen guot
guot, und machend uß den säligen erst mitgenossen der reuberen, dieben
unnd wuochreren. Sich, was grossen schalcks steckt hinder der glychßnery,
hinder der falschen leer der Bäpstleren.
Des prachts halb wüssend sy wol, das, so dick die junger Christi
under inen selbs gefragt hand, welcher der ober oder grösser under
inen wurde, das sy Christus all weg genidret hat und gesprochen:
Welicher under inen der gröste well sin, der sölle der nidrest werden.
Noch strytend sy uff den hütigen tag von irer oberkeit unnd fuerend
ein sölichen pracht, das türggisch fürsten wybscher oder närrischer
sich nit baren köndind. Ghein Dionisius, dhein Nero, kein Achab
könde wueterichischer nit sin. Und damit sy gnuog thuon mögind irem
hochmuot, erdichtend sy offen lüg uff sant Petrum, uff Constantinum:
ja, der ein sye ein statthalter Christi, und syind sy also an
ir statt kummen, das sich mit der warheit nit erfindt; der ander sye
ein keiser xin und habe inen alles römisch rych mit der zyt inzenemmen
übergeben, das so ein häller lug ist als der hälle tag.
Und demnach bochend sy unnd truckend ire armen underthonen vil
herter denn die edellüt. Ich verbunte inen nit, das sy lüt und land
hettind, ja, wenn sy für weltliche herren oder tyrannen geachtet wärind.
Aber das sy sagend, sy syind bischoff, das ist: wächter und predger
des worts gottes, und thuond dero twedrem statt, sunder sind nüt
denn gotsjunckheren und verergrend alle menschen, fahend alle
krieg an, wuochrend, betrügend, verratend, fallend von einer party zuo
der andren, bschyssend frommen lüten ire kinder, das mag nümmen
erlidten werden; unnd ob ich ald ein andrer schwig, so wurdind die
felsen von not schwitzen und schryen. Christus hat mit ußgetruckten
worten zuo den jungeren gesprochen: Ir söllen aber nit also herschen
Luc. 22. [Luc. 22. 25f.]. Petrus spricht also 1. cap. 5. [1. Petr. 5. 2f.]:

--244--

Weydend die schaff, die üch empfolhen sind, uffsehende nitt zwungenlich
(das ist: nit mit trang) sunder gewilliklich (das ist: sy söllind
iederman ungezwungen lassen ires gebottes oder zwangs halb), nit uß
ansehen des schnöden gwins, sunder uß neigung des gemuets. Ir söllen
ouch nit sin, als die mit irem gebiet und irem volck bochend, sunder
ir söllend ein gstalt und vorbild sin des volcks. Noch gebend sy umb
die leer und wort gottes nüt, und ficht all ir krafft nun umb das,
das wider got ist und alle menschen verergret. Darumb ich war geseyt
han: Sy schmähind got größlich; denn sy got zuolegen, das sy
mißbruchend, und herschend in diser welt, das weder sine junger noch
er nie gthon hand. Summa: Sy sind gotlos; denn gloubtind sy dem
wort gottes, so tätind sy söliche tück nit.
Der vier und zwentzigst artickel.
Das ein ieder christ zuo den wercken, die got
nit gebotten hat, unverbunden ist, gdar alle zyt
alle spyss essen; darus erlernet wirdt käss- und
anckenbrieff ein römisch gschwindikeit sin.
Der erst teil wirdt lychtlich bewärt. Dann, was wir uß menschlichen
leeren und gebotten thuond, ist vergeben Mat. 15. [Matth. 15. 9],
wie imm 16. artickel gnuogsamlich bewärt ist. Aber die Bäpstler
lassend inn nit lychtlich nach. Schaffet, das ir stryt uff menschentant
gebuwen ist. Aber Adam ist von dheiner sünd wegen uß dem
Paradys vertriben, dann das er von dem verbotnen boum geessen hatt.
Also volgt, das er allein an dasselb gebott verbunden was. Ich sag
ouch hie allein von denen wercken, die man in dem namen gottes
heißt; wil nit meinen, das man statt- und landtrecht, die das gebott
gottes luter nit antreffend (wiewol sy innerlich alle muessend nach dem
willen gottes geförmt sin, oder aber es volgt nüt denn jamer uß inen),
nit halten sölle.
Esaias redet von den zünsel- oder menschlich gebotnen wercken
also 1. cap. [Jes. 1. 12]: Als ir für min angsicht komend (verstand:

--245--

mit denen zünselwercken), wer hat die ding von üwren henden erforderet,
das ir in minen höfen wontind?
Hiere. 6. [Jer. 6. 20]: Worzuo bringend ir mir wyhrouch (thus [θύος])
von Saba und den wolriechenden calamum von wyten landen? Üwer
gantz verbrente opffer sind mir nit gevellig, und üwre lebende opffer
hand mir nit gevallen.
Got schilt die, so burdinen uff der menschen achslen ladend
nach irem duncken Mat. 23 [Matth. 23. 4]. Darumb ist dem
menschen gegen got nit sünd, so er ein menschlich gsatzt nit halt, so
verr nieman geergret wirdt, als bald hernach imm 28. artikel kummen
würt. Das heisset mir ein menschlich gbott, das dem gbott und wort
gottes widerstryt.
Den andren teil, das der mentsch zuo aller zyt alle spyß essen
gdör, hab ich in eim besundren buechlin rychlicher verhandlet; dannen
har ich hie nun etliche nothaffte kundschafften anzeigen wil.
Christus spricht Mar. 7. [Marc. 7. 18]: Nüt ist usserhalb des
menschen, das, in inn kummende, inn möge vermaßgen. Er redt hie
von der spyß, daß dero nüt sye, das den menschen möge vermaßgen.
Von dem zyt wirdt bald hernach kummen.
1. Cor. 8. [1. Cor. 8. 8]: Die spyß macht uns got nit gnem.
Colos. 2. [Col. 2. 16]: Nieman sol üch urteilen von spyß oder trancks
wegen. 1. Tim. 4. [1. Tim. 4. 1-4]: Der geist bedüt uns luter und
offenlich, das in den letsten zyten etlich kummen werdend, die vom
glouben wychen und den verfuerenden tüflen losen werdend etc. Die
werdend ouch gebieten, das man etlich spysen nit esse, die aber got
geschaffen hat, das man die bruche mit danckbargheit. Sich, das sölich
gebott von den tüflen kumpt. Ti. 1. [Tit. 1. 15]: Den reinen sind alle
ding rein; aber den vermaßgeten und ungleubigen ist nüt rein, sunder
sind ir gmuet und conscientz vermaßget. Reine sind die gleubigen; denen
sind alle spysen rein.
Der 3. teil diß artikels, das käs- und anckenbrieff nun ein
römsche gschwindigheit sye, ist offenbar; dann sy hand etlich spysen
verbotten (als sy sagend) und hand demnach gelt genommen und
widrumb erloubt. Was ist das anderst denn ein list, ein falsch

--246--

und boßheit? Ist es sünd xin allerley spyß essen, so habend sy es
nit dörffen verbieten. Zeigend nun an, wo es verbotten sye! So sy
das nit thuon mögend, volget, das sy das spyßverbott darumb habend
ingelegt, das sy es umb gelt widrumb nachlassen woltend. O ir
torechten Christen! Wie lang wellend ir üch lassen inn müleren
umbgon! Was meinend ir, daß got daran lig, ir ersettigind üweren
hunger mit kalbfleisch oder mit groppen?
Der fünff und zwentzgest artickel.
Das zyt unnd statt dem christenmenschen
underworffen sind und der mensch nit inen; darus
gelernet, das die, so zyt und statt anbindend, die
christen irer fryheit beroubend.
Der erst teil, das zyt und statt dem gleubigen underworffen syind,
lert Christus selbs Mat. 12. [Matth. 12. 6]: Ich sag üch, das, der
grösser ist denn der tempel, schon hie ist. Unnd bald darnach
[Matth. 12. 8]: Der sun des menschen ist ouch ein herr des sabats.
Also hörend wir Christum unnd uns in Christo über den sabbath
und tempel sin, das ist: über fyrtage und statt oder ort. Denn es
hilfft nit inreden: Ja, ich gloub wol, das Christus über den sabbat
sye oder über den tempel; wir mentschen sind aber darumb nit darüber.
Denn das Christus spricht: Der sun des menschen ist grösser denn
der tempel oder der sabbat, bedütet, das er als warer mensch über
den sabbat und tempel ist. Nun ist er aber darumb mensch worden,
das er unser heil wurde; also ist ouch sin fryheit über den sabbat
unser. Denn sinethalb dorfft er diß wortes nüt; er hat den sabat
nit übergangen; er redt es aber von siner jungeren wegen. Darumb,
sind wir sine junger und brueder, so sind ouch wir über den sabat und
tempel, als wol als die do ze mal junger.
Item, er spricht aber Marc. 2. [Marc. 2. 27f.]: Der frytag ist von
des menschen wegen gemacht und der mensch nit von des fyrtags wegen.
Und darumb ist der sun des menschen ouch ein herr des sabats.

--247--

Sichst du, das der sabat dem menschen unnd der mensch nit dem
sabat dienen sol.
Item Colos. 2. [Col. 2. 16f.]: Es sol üch ouch nieman urteilen von
der fyrtagen wegen oder nüwmons oder der sabbaten, welche ein
schatten xin sind der dingen, die do ze mal künfftig waren, ietz aber
kummen sind; denn der lyb oder das wesenlich ist Christus; der ist
schon hie.
Also volgt zum ersten uff den vordrigen artickel, das die spyß
ouch nieman an die zyt binden mag, das man nit zuo aller zyt spyß
essen gdöre; denn du muost mir den junger Christi, das ist: den
gleubigen, all weg lassen sprechen: Der sun des menschen ist ouch ein
her des sabats.
Zum andren volgt, das alle, so den menschen straffend umb fyrens
willen, unrecht thuond (ich sag da von dem fyren, das nun mit muessiggon
gethon wirdt); denn der Christenmensch ist über den fyrtag
herr. Ja, es wäre vil wäger an dem merteil fyrtagen, das man, nachdem
man das wort gottes gehört hat unnd den fronlychnam und bluot
genossen und mit got recht erinneret, sich darnach widrumb zuo der
arbeit schickte. Es wäre ruowen gnuog, so man den sontag ruowete,
und thäte man alle andre fyrtag hyn nach dem kilchgang hin am
morgen, ußgenommen den wychnachtag; unnd s. Steffans, an dem
man aller dero lob seyte, die umb gottes willen ie gelitten hand; den
tag annunciationis Marie, das ist: der verkündung Marie; an dem
möchte man ouch das lob der reinen magt wol ußkünden; sant Johans
teufers tag, daran man von dem glouben der alten vätteren und propheten
ouch gnuogsamlich erzellen möcht; unnd s. Peters und Paul
tag ouch ußgenommen, daran man aller botten und euangelisten ouch
nach noturfft wol gedencken möcht. Sust ist das fyren, das wir thuond
mit fressen unnd trincken, mit spilen, mit lügen und unnützem gschwätz
an der sonnen ein grössere sünd dann gotsdienst. Ich find nienen,
das muessiggon ein gotsdienst syg. So man schon am sontag ze acker
gienge, nachdem man sich mit got verricht, maygte, schnitte, höwte
oder welches werck die noturfft der zyt erfordrete, weiß ich wol, das

--248--

es got gevelliger wäre denn das liederlich muessiggon. Denn der
gleubig ist über den sabat.
Zum 3. hört man ouch an den worten Christi unnd der tat
Davids, Mat. 12. [Matth. 12. 3f.] anzeigt, daß die närrisch handlend,
so die gnad gottes an besundere stett bindend, als gen Rom, gen
Hierusalem, gen sant Jacob unnd an andre vil ort, ja nit allein
närrisch, sunder ouch antchristenlich; denn sy machend die gnad
gottes an einem ort bereiter und wolfeiler dann am andren, welchs
nüt anderst ist weder got inschliessen und anbinden, das ist: die gnad
gottes fahen und nit lassen bekant werden, als sy aber billich solt.
Namlich also: das, an welchen orten uff erdrich er angeruefft würdt,
da ist er und spricht: Ich bin hie. Darumb ouch Paulus spricht
1. Tim. 2. [1. Tim. 2. 8f.]: Ich wil, das die man an allen orten bettind
etc., derglychen ouch die wyber. Das ist: Man sol wüssen, das,
wo got angeruefft würdt, das er da ist und erhört, und ist nit an eynem
ort me oder gnädiger denn am andren. Darzuo nent Christus sölche
anbinder gottes selbs falsch Christen, das ist: Antchristen. Mat.
24. [Matth. 24. 24-26]: Es werden falsche oder erdichte Christi uferston
etc. Wenn sy üch nun sagen werden: Sich, got ist in der
wueste, so söllend ir nit hinuß gon. Sprechend sy: Er ist in den
gmachen, so gloubend nit. O got! Wer ist der erdichte Christ
anderst denn der bapst, der sich an das ort Christi erhebt hat und
spricht, er habe sinen gwalt; und bindt darnach got gen Rom und
gen sant Jacob und an andre ort. Da treit man das gelt hin ze
huffen. Damit mag man ryche gotshüser (Ja, mit den namen!)
machen; denn so es not thuot, mag man da dannen schniden. Ich
wil gschwygen, das man an den selben orten me muotwillens und lasters
etwan brucht denn an andren orten. Thuo du den seckel zuo, so wirdt
inen ouch der andacht empfallen; und das du zuo sölichem muotwillen
gegeben hast, ker einen besseren weg; gib es den dürfftigen, unnd
laß sy sur sehen und flirtzen, wie lang sy wellend.
Der ander teil diß artickels ist klar, namlich, das, die den
Christen got an statt und zyt bindend, sy irer fryheit beroubend;
denn got verschlüssend sy inen und das zyt, das dem menschen dienen
sol zuo siner noturfft, das setzend sy über den menschen.

--249--

Der sechs und zwentzgist artickel.
Das got nüt missvelliger ist weder glychssnen;
dannen har erlernet, das alles, so sich schönt vor
den menschen, ein schwäre glychssnery unnd verruochte
ist. hie fallend kutten, zeichen, platten etc.
Zuo dem ersten spricht Iob. 13. [Hiob 13. 16]: Ghein glychßner
wirt in sin (das ist: in gottes) angesicht kummen. Nun ist gewüß,
das den ungleubigen das angesicht gottes abgeschlagen ist Mar. 16.
[Marc. 16. 16]. So es nun den glychßneren ouch hie wirdt abgeschlagen
und würdt aber nieman abgeschlagen denn dem lestrer des heiligen
geistes, empfindend wir, das die glychßnery ein gotlose und ungloubnus
ist; denn gloubtind die glychßner, das der, den wir für got hand,
got wäre, so gloubtind sy ouch sinem wort; und so sy sinem wort ie
gegloubt, hettind sy nit söliche fünd erdacht, die dem wort gottes
widerstrytend. Besich dich selbs wol, o hypocrita, glychßner! Diß
urteyl fält nit. Es ist ouch uß der that Christi offenbar, das im
ghein ding widriger xin sye denn glichßnery, so er die glychßner an
allen orten so unmiltigklich schilt und harfür zücht. Wenn sünder
unnd krancken zuo im kummen sind, hat er früntlich mit inen geredt
unnd gehandlet, aber die glychßner hat er all weg ruch angefaren,
wie sy ir almuosen mit eim pracht gebind, wie sy sich entschöpfind,
so sy vastend, wie sy die fürnemsten sitz innemmend, wie sy lang
vor den menschen bettind, damit man sy meste, wie sy die hüser der
witwen fressind, wie sy die geschirr suber machind ußwendig, innerthalb
aber voll roub und diebstal unnd aller boßheit syind, wie sy den
wyßgeten greberen glych sind, wie sy mit dem tempel und altar iren
gyt ätzind, wie sy das rych der himlen verschliessind und sy nit
hinyn gangind, ouch ander lüt nit lassind hinyn gon, wie sy alle ire
werck thuegind, das sy gsehen werdind vor den menschen, wie sy in
eins andren oug ein ruetlin sehind, aber in irem sehend sy ein grossen

--250--

trommen nit und derglychen vil an allen orten siner leer. Bsich hie
an eim fürgon die glychßnery und der schönen glyßguogen werck
daby, so wirst sehen, ob einigerley underscheids sye zwüschend den
jüdischen glychßneren und unseren. Darnach ist offenbar, das der
glychßneren verdamnus groß und schwär würdt sin, ouch one zwyfel
darumb, das ir mißtat got so wider ist; denn Christus tröwt dem
fulen, untrüwen knecht mit der pyn der glychßneren Mat. 24.
[Matth. 24. 50f.], sprechende: Der herr würt einer stund kummen, wenn
es der bös knecht nit meint, unnd wirdt inn zerhowen und im sinen
teil by den glychßneren geben. Got ist das luter, war guot, ja die
warheit; also volgt, das im glychßnery ob allen unthaten mißvalt.
Der ander teil.
Uss dem volgt, das alles, so sich schönt vor den
menschen, ein ware verruochte ist;
denn es ist ein glychßnery. Und so der mensch weißt, das die
glychßnery got so wider ist und iro nüt des minder gelebt und anhangt,
ist gwüß, das er verruocht ist, gotlos und verzwyflet, wie vor
anzeigt ist. Diß laster ist ouch vil gevarlicher denn wir wänend. Die
da wänend, sy syind der glychßnery änig, die werdend mit iro angfochten.
Was thett David, do der prophet Nathan zuo im kam?
Er urteilet über den, der söliches ton hette, glych sam ob er nüt darvon
wüßte. Do aber der prophet im anzeiget, das im das liedlin gesungen
wurd, do bekant er sich erst [cf. 2. Sam. 12. 1-14]. Sich, das
groß mörderstuck, das er gethon hatt, das hatt er noch nie ermessen,
und was aber got so lieb, das er inn an statt Sauls zuo eim künig
erkießt hatt. Darumb ein ieder mensch, er sye imm glouben wie
styff er welle, täglich sich selbs besehen sol, ob im des unkrutz
der glichßnery nüt in sinem garten gewachsen sye; dann wo der tüfel
den glouben nit felschen mag, da kumpt er mit glychßnery harfürziehen
und stürmpt starck. Ueberwindt er, so wirdt der mensch
erger denn vor. Das sind die 7 tüfel, mit denen er uns nahin vil
listenklicher denn vor angryfft.

--251--

Für den dritten teil,
Das hie die kutten, zeichen, platten hinvallind,
hand wir das häll wort Christi Mat. am 23. [Matth. 23. 5-7], damit
er die ußwendigen schyn und zeichen verwirfft, sprechende: Sy thuond
(verstand: die Phariseier und gelerten, denen wir hüt by tag
münch, pfaffen, nunnen, gelerte als glych sind als ein milch der
anderen gefarw ist) alle ire werck, das sy gsehen werdind von den
menschen; sy machend breyt die wat, die sy gsatzmanung oder
gsatzthuot nennend, machend ouch groß ire bäst, und haltend vil
daruff, das sy zum eerlichsten gsetzt werdind in den malzyten und
in der schuol ze obrest sitzind und am merckt eerlich gruetzt werdind
und inen "herr meister" oder "unser meister" gelocket werd. Sich,
wie er der Juden und verwendten geistlichen gschwär so schon ußlaßt.
Er spricht ouch, das sy iren lon hie innemmind Mat. 6.
[Matth. 6. 2]: Warlich, sag ich üch, sy hand iren lon hyn. So nun
got söliche geuchery schilt, so sind kutten, krütz, hembder, platten
nit nun weder guot noch böß, sunder sy sind allein bös; darumb ein
ieder Christ rechter tuot, so er sy verlaßt, weder das er darin steck,
wo es anderst on ergernus und uffruor beschehen mag. Da sy aber
sprechend: Nun muoß man dennocht ein ersame priesterschafft vor
dem gemeinen menschen erkennen, es sy mit platten oder andrer
kleidung. Antwurt: Welcher für sinen bruoder kent wil werden mit
zeichen oder kleidung, der ist ein glychßner; denn wir hand ein
andren weg eerwirdig ze werden. Christus leert uns, das wir mit
demuot einandren übertreffen söllind. Er spricht ouch: An dem stuck
wirdt alle menschen erkennen, das ir mine junger sind, wenn ir einander
lieb habend Jo. 13. [Joh. 13. 35]: So wir liebe zuo allen menschen
haben werdend als zuo uns selbs, und das wort des heyls engstlich
predigen, uns lassen aller menschen not anligen und dero nach allem
vermögen ze hilff kummen, so wirdt man uns wol lernen kennen, ja,

--252--

die kind werdend uns erkennen und bedarff gheins usseren zeichens;
es werdend ouch die tüfel uns nit mögen erlyden, sunder uff uns
schryen wie die besessen dochter uff Paulum in Philippis [Act.
16. 17f.]. Aber so wir die rechten wirde nümmen hand, die waren
krafft gottes, das ist: das unerschrocken werck des euangelii, so hand
wir uns geschönt mit eim erdichten character, mit platten, kutten,
kleidung, daß, nachdem wir weder got nach der welt nütz warend
(Nimm dich nütz an, frommer man!), habend wir doch kostliche
kleyder angetragen, daß man sich an uns verwundrete, glych wie die
kind an des bapsts vergüldeten esel.
Noch muoß ich inen ein zweyhürninen gegenwurff inlegen: Ir
Bäpstler tragend kutten, platten, zeichen. Sagend an: Tragend ir
die got ze gevallen oder den menschen? Werdend ir on zwyfel antwurten:
Got ze gevallen. Wie gadt das zuo? Mögend ir im nit gevallen
on söliche zeichen, warumb hat er denn selbs söliches nie anzeigt?
Oder meinend ir, das er üwren andacht nit wißte, ir hettind
dann ein sölich böggenkleid an? Er ist darumb nit blind, das er
alt ist. Er sicht üwren andacht nit von ussen an, sunder sicht er ins
hertz. Ir machend aber mit üweren kutten und zeichen, das er des
hertzens nüt darff. Er sicht an der kleidung wol, wer ir sind,
namlich: böggen und glychßner.
Dann schlechtlich das erst horn muoß überwinden, das ir die
usseren zeichen nit umb gots willen tragend; denn er verwirfft den

--253--

ußwendigen schyn und erforderet den ernst des wercks on alles erzeugen.
Und demnach stat das ander, das ir also geflecket sind, das man
üch kenne under den menschen, wie andächtig ir syind.
Nun hörend, was Christus spricht: Warlich, sy hand iren lon
hyn [Matth. 6. 2]. Er heißt sich ouch hueten vor glyßnery, als vor einer
erbkranckheit Luc. 12. [Luc. 12. 1]: Huetend üch vor dem hebel der
Phariseer, das ist: vor der glychßnery. Dis übel hat die gantzen
Christenheit zuo unhab gebracht; denn es hat sich für guot und
heilig glychßnet, ja für einvaltige, unschuldige lemly, und hat aber
grimmer hin gerissen denn die wolff thuond. Das uns Christus ouch
vorgseit hat. Noch hand wir sin wort verlassen und den glychßneren
ggloubt; hand unser sünd verdient, das uns got in söliche übel hat
lassen fallen, als Iob spricht 34. [Hiob 34. 30]: Er schafft, das ein
glychßner herschet von des volcks sünd wegen.
Der siben und zwentzgist artickel.
Das alle christenmenschen brueder christi
unnd sy under einandren sind, dheinen vatter uffblasen
söllend uff erden. da fallend hin örden,
secten, rotten.
Das wir brueder Christi syind, leert Paulus Heb. 2. [Hebr. 2. 11]:
Der da helig macht und die da heilig werdend gemachet, sind alle
von einem har. Umb des willen schempt er sich nit (verstand:
Christum) sy brueder ze nennen, sprechende im 21. psalmen [Ps. 22. 23]:
Ich wird dinen namen minen bruederen kund machen. Item bald
darnach [Hebr. 2. 17]: Dannen har hat er in allen dingen (verstand:
on den prästen der sünd) den bruederen verglychet söllen werden,
das er barmhertzig wurde und ein trüwer obrester priester gegen gott.
Item Christus Mat. 12. [Matth. 12. 50]: Welcher den willen tuot mines
vatters, der in den himlen ist, der ist min bruoder, schwöster und
muoter.

--254--

Das aber wir alle brueder under einandren syind und gheinen
vatter uff erden söllend uffwerffen, lernend wir uß dem wort Christi
Mat. 23. [Matth. 23. 8-10]: Ir söllend nit meister genempt werden;
denn es ist nun einer üwer meister (verstand: got); aber ir sind alle
samen brueder. Und keinen vatter söllent ir üch benamsen uff erden;
denn der einig himelsch vatter, der ist üwer einiger vatter.
Hie hörstu zum ersten, wannen har die titel "meister" oder
"doctor" kummend: warlich nit uß got; denn er hat es hie verbotten.
Darnach sichstu an den grund der bruoderschafften, der nüt
anderst ist weder ein geltkläb. Gibstu so vil, so bistu in unser
frowen oder sant Johansen oder unsers ordens bruoderschafft; gibstu
es nit, so bist nit darinn. Ach, wie wil ich dann sälig werden? Bis
mannlich, du arms selti! Alle menschen sind dine brueder; darfür
muessend sy dich ouch han, sy syind die fyend oder hold, wellend sy
anderst zuo got kummen. Habend sy got für einen vatter und sprechen
mit mir: O, unser vatter! so muessend sy mich ouch iren bruoder lassen
sin, sy wellend sich denn des vatters verzyhen; denn ich wil sy alle
gern für brueder haben. Wellend aber sy das nit thuon, so muessend
sy des vatters verleugnen. Ja, wellend sy, das inen got verzyhe, so
muessend sy mir verzyhen. Also bistu, min arme seel, aller menschen
bruoder; hab sy nun styff darfür, ob sy dich glych nit wöltind darfür
han. Denn welcher dich ußschlüßt, der ist nümmen ein sun gottes.
Schlüßt er dich darumb uß, daß du nit gelt ggeben hast, so ist er
von got ußgeschlossen; schlüßt er dich nit uß, sunder bitt für dich
one gält, so thuot er wie du, und ist denn aller menschen bruoder.
Hierumb, frommen Christen, verlassend die rotten der bruoderschafften
und sind vil wäger aller gleubigen brueder denn weniger
münchen und pfaffen, so sind ir denn mit der grossen mengy der
bruederen kinder gottes. Und lassend üch nit bekümmeren, das sy
tantend: Sölte einer nitt sunderlich für den andren bitten, so hette
Jacob [Jac. 5. 14] nit gelert, so einer kranck läge, wie die alten für

--255--

inn bitten söllend; denn wir frylich der meinung sind, das wir all für
einander bitten söllend; du wilt aber nun ußlesen die feißten. Du
muoßt obenab für alle menschen bitten und für alle noturfftigen zum
ersten, nit umb lon; denn man wirt für dich ouch on lon bitten. Ja,
man muoß wol ernstlicher für dich bitten, dann du für ieman umb lon
ie gebetten hast; zum ersten, das dich got erlüchte, das du din irtumb
erkennist; darnach, das er dir den vergebe. Denn wie wäre das eins,
das man dir lon mueßte geben, daß du für die menschen bätist, und
du wöltist nieman lonen, daß er für dich bät? Und bedarffst aber
du vil me fürpittes denn ieman. So vil du me wenst, du dörffest sin
nit, ie me darfst du sin. Sich, das ist ein frucht vom verdienst!
Der hat uns die schyssenden helgen uffgericht, das sy sich vor der
welt verkouffend, sam sy got schon bezalt habind, und werchind uns
ietz umb lon.
Zum dritten hörend wir, daß wir ghein vätter in aller welt ufblasen
noch benamsen söllind; das wort ist klar. Mat. 23. [Matth.
23. 9]: Benamsend üch dheinen vatter uff erden; denn der ist üwer
einiger vatter, der in den himlen ist. Christus hat mit disen worten
nit wellen verbieten, daß man dem lyblichen vatter nümmen vatter
spräch, sunder das wir uns gheinen andren vorgengen, lerer oder fuerer
ufwurffind denn den himelschen lerer, vatter und fuerer. Diß zeigend
uns die vorgenden wort an [Matth. 23. 8]: Ir söllend nit meister genempt
werden, welcher nam "meister" am selben ort anruert die ler.
Es zeigend 's ouch die nachgenden an [Matth. 23. 10]: Ir söllend nit
fuerer genempt werden; dann der einig üwer fuerer ist, Christus. Da
stat für das nachgend wort "fuerer" den Latinen ouch meister, aber
den Griechen kathegetes [καθηγητής]; heißt: einen vorgenger oder
wegfuerer. Kurtz: Christus wil nit, das uns ieman lere weder got,
das wir uns gheinen vatter uffblasind; denn der himelisch sye einig
unser vatter, das wir uns niemand lassind fueren denn den einigen
Christum. Da muoß himmel und erd ee brechen dann sin wort. Das

--256--

wil er ewiklich also haben; denn sin testament ist ewig; er hat es nie
geendret und würt es nümmer me endren. Darus volget, daß alle, die
sich für vätter uffgeblasen habend, ouch alle, die inen vätter habend
benamset und zemen gerottet, wider got geton hand, wider die eer und
ordnung Christi; dann dise wort sind an dryen orten wol bewart.
Wenn sy sprechend: Ja, wir wüssen wol, das got unser vatter ist,
wir habend aber einen frommen, heiligen mann zuo einem schuolmeister
und wegfuerer, so strytend die wort in der vorhuot: Ir söllend got
allein für einen schuolmeister haben; des wort söllend ir allein wüssen
unnd gheinem menschentant losen, er sye, wie kluog er welle. Es
strytend ouch die in der nachhuot: Ir söllend nit fuerer genempt
werden; denn üwer einiger fuerer ist Christus. Dem söllend ouch
wir on zwyfel das krütz allein nachtragen, nit Dominico, nit
Benedicto, nit Francisco, nit Antonio, nit Bernhardo. Ich
hab ouch gheinen zwyfel, daß dero keiner sich ie gerottet hab oder
gelert, sinen namen tragen; denn welcher das gethon hette, gloubte
ich als wenig, das er sälig wär, als Lucifer; sunder die nachkummenden
glychßner habend sich sölicher frommer menner nachgenger
und junger genempt, damit sy des bas angesehen wurdind vor den
menschen und deß me ab irem andacht loßtind. Were aber uff
den hütigen tag Franciscus und Dominicus und andre hie,
wurdind sy one zwyfel sprechen: O ir unsinnigen! Was thuond ir?
Wüssend ir nit, das ir gheinen andren lerer, vatter, fuerer söllend
haben denn got? Warumb schrybend ir üch uns zuo, die unser läben
lang allein gott angehanget sind?
Schlecht: Einigerley orden, namen, rotten tragen weder by
dem huffen der Christgleubigen blyben, ist unrecht, sünd, glychßnery,
beschiß, vorteil, betrug. Das ist ein grusam wort und wirdt mir
hoch gemessen unnd gesprochen: Du bist unsinnig. Nun sind doch
vil heiligen uß den örden zuo got kummen unnd sälig worden. Antwurt:
Zeig mir die brieff darumb, das sy sälig syind! Der Antchrist
von Rhom hat wol durch sine vollen pfaffen geredt, sy syind

--257--

sälig. Ich truw aber dem einvaltigosten Christen einer warheit bas
denn allen den bäpsten, die einer andren regel sind nachggangen denn
der schnuor Christi.
Nun hand doch die vätter - sprichst -, bäpst und concilia die
örden bestät. Antwurt: Sölich häfen hand sölch hienen. Die bäpst
und concilia hand billich ire schmeichler bstät. Warumb giengen
sy nit über das wort Christi Mat. 23. [Matth. 23. 9], so hettend sy
wol gsehen, daß sy solten gsprochen haben: Volgend der einigen leere
Christi, blasend üch gheinen vatter uf, volgend nieman nach denn
dem einigen Christo. Ach, frommer Christ, sichstu nit an dem
bestäten, was es ist? Wer es uß got, so dörfft es gheines bestätens;
denn welcher mensch bestät, das Christus unser heyl ist? Es darff
dheins bestätens; es ist richtig by dem gleubigen; got hat in 's gelert.
Diß hand die Antchristen muessen bestäten darumb, daß es uß dem
wort gottes gheinen grund hat, sunder ist schlecht und richtig darwider.
Sich, was schönen grunds die örden habend.
Ich wil gschwigen der läckery, das sy sprechend: sy schwerind
armuot; und ist kein gschlecht uff erden richer weder die münch und
nieman gytiger.
Ouch sprechend sy: sy schwerind ghorsamy; und zühend sich uß
aller ghorsame gottes, der herschafft und des menschen.
Got sind sy nit gehorsam. Denn so er heißt, sich ein einigen
vatter han, so hand sy zum aller ersten ein kätinen vatter inen selbs
ufgeworffen. So er heißt, man sölle vatter und muoter eeren und ze
hilff kummen [2. Mos. 20. 12], so sprechend sy: Nein! Du solt vatter
und muoter nimmer me ansehen, und truckend, ja felschend das wort
Christi vom verlassen vatter und muoter [cf. Matth. 19. 29] uff ire falsche
wyß, glych sam ir orden das sye, darinn man vatter und muoter verlassen
sölle. O ir frävenen felscher des götlichen wortes! Verstond ir nit,

--258--

das Christus lert vatter unnd muoter verlassen, so sy uns vom glouben
ziehen wellend und Christo nit lassen nachvolgen? Sagend aber an:
Wo hat er geheissen von einerley ordens wegen vatter und muoter
verlassen, so er gheinen orden überal nit nachlaßt? -
Der herschafft sind sy nit ghorsam; ist offenbar; dero aber
Petrus und Paulus [1. Petr. 2. 13f., Röm. 13. 1] heissend ghorsam sin.
Ja, ee und sy der herschaft ghorsam syind, stifftend sy ee tödtliche krieg,
als offt beschehen ist. Sich, ob sy das zytlich lieb habind oder nit.
Dem nächsten machend sy sich nit gemein, welches doch die
christenest ghorsame ist. Sy lydend nit mit den lydenden; sy arbeitend
nit mit den arbeitenden; sy trurend nit mit den trurenden
[Röm. 12. 15]; und almuosen, die sy gebend, die gebend sy erst nach irer
völle. Was sol ich vil sagen? Der erdboden treit unnützer burde nit,
denn die verböggeten mastsüw. Nimm dich des nit an, frommer
ordensman! Ich weiß wol, das vil redlicher conscientzen sind in den
kutten, die der leer Christi eigenlich gloubend und nachkemind, wo
inen sölchs zimmen möcht. Es ist aber darnach der grossen bochhansen
so vil, das sy einmal werdend underston die gantzen welt unruewig
ze machen; doch weiß ich wol, das sy das bad werdend ußtragen.
Von der reynigheit, die sy verheissend, kumpt hernach.
Uß dem allem volgt, das es ein bare glichßnery ist, das alle
münch uff erden mit den kutten ie erdicht habend, und ein gspey
wider das wort und that gottes. Man erkent sy eigenlich an iren
früchten. Was dörffend sy das gspey der armuot tragen? Sicht man
nit, warumb sy armuot geglychßnet hand? Vil uß inen sind in der welt
arm und legend die böggenkleider an, das sy rych werdind. Ja, sy
ruemend sich, wie rych ire klöster syind, lassend sich fürsten machen,
und stond die fürsten und lassend inen kat umb das mul strychen,
bis dass es dahyn kummen ist, das der bettelfürsten me ist denn iro;

--259--

ja, sy muessend sy ietz zum teil fürchten. Und spricht aber Christus
zuo sinen jungeren: Ir söllend nit also herschen als die fürsten diser
welt [Matth. 20. 25f.]. Wenn sy zemmen kummend, so sprechend sy:
Lieber herr! Wie stat es umb üwer gotshuß? Gebend üch üwere puren
noch die fäl? Mine hebend sich an sperren. Spricht der ander
widerumb: Ich hab einen andren kumber: Der tüfel hat mich eines
gelerten münchs beraten; uß dem meint ich einen guoten hußhaber
ziehen; so wil er nüt uff guot han. Das sind die früchte, daran man
erkent iren geist. Ob sy uß dem fleisch geboren syind oder uß dem geist,
magstu nun hinfür wol erkennen. Sind sy uß dem fleisch, so sind sy
ouch uß dem tüfel; denn das fleisch hat sinen prästen vom tüfel har.
Es habend ouch die heilgen botten der glychßneren schaden
vorgsehen und mit ernstlichen worten gewarnet, sölchen zuo verhueten.
Paulus spricht act. 20. [Act. 20. 28-30] zuo den priesteren uß
Epheso: Sehend flyßlich uff üch und die schaff, so üch empfolht
sind etc., denn ich weiß das, daß nach miner hinfart schwär wolff
under üch ingon werdend, die dem chütt der schaffen nit schonen
werdend. Denn under üch werdend ufferston menner, die verkerte
oder lätze ding reden werdend, damit sy das volck Christi ziehind
inen selbs nach oder zuo. Sich hie, was ist der tummel aller örden
anderst, weder das sy anderst leerend weder got gelert hat, und beredend
vil der jungeren, daß sy inen nachgond ab dem weg gottes.
Petrus malet sy gar mit schönen farwen 2. cap. 2. [2. Petr. 2. 1-3]:
Es sind in dem israelischen volck falsche propheten xin, glych
wie ouch under üch falsche lerer werdend erston, die nebend ynfueren
werdend schedlich und verderblich rotten; die aber den, der
sy erkoufft hat, verleugnet, inen selbs gähe verderbnus zuofuerend.
Unnd vil werdend nachvolgen irer verderbnus, durch welche der weg

--260--

der warheit gschmächt wirdt; dann sy uß gyt mit erdichten, geschönten
worten umb üch märtzlen werdend.
Dise wort sind klar, dörffend dheins ußlegens; es dörffend ouch
die kutten gheines andren seipffens; sy sind suber hie ußgestrichen.
Judas (nit der gotsverräter) zeigt sy ouch an gar nach mit sölichen
worten, doch, das man dieselben on zwyfel erkenne, spricht er
[Jud. v. 19]: Es sind die, so sich sündrend, vihisch, den geist gottes
nit habende etc.
Hierumb söllend alle, so in örden sind, alle muessiggenden
pfaffen, die nit ämpter under den Christen verwaltend, zum ersten
das liecht der göttlichen warheit ansehen und demnach verschaffen,
das es für alle menschen uffgesteckt werd, damit sich an irer that
nieman verergre, und demnach alle glichßnery hinwerffen, vorus die
kutten nümmen tragen. Welche arbeiten mögend, söllend sich mit
der arbeit ußbringen und neren; muessend sy aber ie uß armuot und
trostlose des lebens in den klöstren blyben, söllend sy doch dhein
andre regel wüssen denn die regel Christi, dheinen andren namen
tragen denn den namen Christi, ja sy söllend ee sterben; denn das
wort Christi verbüt inen, das sy gheinen vatter, leerer, fuerer habind
weder inn. Der dawider thuot, irret und ist glych denen, die zuo den
zyten Pauli sich paulisch, apollisch, zephisch namptend, die er
bschiltet: Ist denn Paulus für üch ans krütz gehefft? Ist Christus
geteilt? 1. Cor. 1. [1. Cor. 1. 13]. Also: Ist Benedictus für üch
crützget? Oder wer hat üch den ungeteilten rock Christi geheissen
zerteilen? Warumb habend ir üch gsünderet? Gotsdienst ist nit
hinder den muren fysten. Warer gotsdienst ist: witwen und weysen
- verstand daby alle dürfftigen - heimsuochen in irem truebsal und
sich unvermaßget verhueten vor dieser welt Jac. 1. [Jac. 1. 27]. Die
welt heißt hie nit: berg und tal, feld und holtz, wasser, see, statt,
dörffer, sunder: die begirden der welt, als: gyt, hochfart, unreinigheit,

--261--

frässery; die sind hinder den muren grösser denn under den gmeinen
menschen. Ich wil nyds und hasses gschwygen, die ir eygen husgsind,
und sind böser denn die laster, die sy in der welt schühend. Sich
nun die frässery an, die sy bruchend, so sichst denn bald, wie rein
sy sind; die narung wirdt in inen nit ze nüt. Den gyt und hochmuot
sicht alle menschen offenlich. Dannen har inen wäger ist alle kutten,
zeichen, reglen lassen liggen; ja sy söllendt 's thuon, wend sy anderst
dem gebott gottes ghorsam sin, und söllend sich der gantzen christenlichen
gemein glychförmig machen. Denn das sy wenend, sy habind
die welt geflohen, ist nit. Sy sind in den klösteren in der welt, und
ist die welt nienen stercker noch grösser dann in den klöstren. Laß
sich ouch das glübd nieman irren; es wirdt bald darvon genuogsamlich
geredt.
Der acht und zwentzgist artickel.
Das alles, so got erloubt oder nit verbotten hat,
recht ist; dannen har die ee allen menschen zimmen
erlernt wirt.
Der erst teil ist richtig: dass alles, so got erloubt
hab, nit sünd, sunder recht sye.
Der ander aber: das das, so er nit verbotten hat,
recht sye, wellend wir mit kundschafft bewären.
Ro. 3. [Röm. 3. 20] spricht Paulus: Durch das gsatz wirdt die
sünd erkent. Wir hand ouch da oben anzeigt uß deut. 4. und 12.
[Deut. 4. 2, 12. 32], das man zuo dem gsatzt gottes nüt hinzuo, nüt davon
thuon sol. Uß dem volgt, das alles nit sünd ist, was got nit verbüt.
Dann sol man nüt hinzuo thuon, so mag man ie nit zuo sünd machen,
das got nit verbotten hat; denn durch das gsatzt erkennet man die
sünd. Seit das gsatzt nüt von den dingen, die man uns verbüt, so
söllend wir 's nit hinzuo thuon; denn wir mögend 's ouch nit sünd
machen. Denn zuo eines menschen testament gdar nieman nüts hinzuothuon,
nieman nüt darvon Galat. 3. [Gal. 3. 15]. Also mag ouch das
menschlich hinzuothuon nüt guot machen, nüt böß. Allein das muoß bös
sin, das wider got ist.
Christus spricht Jo. 9. [Joh. 9. 41]: Wärind ir blind, so hettind
ir dhein sünd; aber nun sprechend ir: Wir sehend; also blybt üwer

--262--

sünd. Hie zeiget Christus selbs an, das, so wir nit wüssend das
gsatzt, das ist: den willen gottes (so verr es nit ggeben wär; denn
nach geoffnetem gsatzt oder willen gottes, sorg ich, es sye nieman
unschuldig), so habind wir ghein sünd.
Derglychen spricht er ouch Jo. 15. [Joh. 15. 22]: Wär ich nit
kummen und hette mit inen nit geredt, so hettind sy ghein sünd. Diß
wort Christi ist allein starck und klar gnuog, das, wo gott nit redt
oder verbüt, das da nit gesündet würt, ze bewären.
Widrumb spricht Paulus Ro. 7. [Röm. 7. 7]: Die sünd hab ich
nit erkent denn durch das gsatzt; denn die begird erkant ich nit.
Denn das gsatzt spricht: Du solt nit begeren etc. [2. Mos. 20. 17,
Röm. 7. 7]. Die sünd was on das gesatzt tod, das ist: sy was nüt.
Also statt styff: Was got nit verbotten hat, das ist nit unrecht; was
nit unrecht, ist nit sünd; was nit sünd ist, das ist recht.
Doch redend wir hie nit von rechtem, das so recht unnd guot ist,
das es gottes wirdig ist, sunder allein von dem rechten, das, so vil es
von got nit verbotten ist, uns zimpt. Sust mag von uns nüt rechts
kummen; dann wir sind ze vil verwuest.
Die inred, die hie beschehen möcht Ro. 2. [Röm. 2. 12]: Alle,
die on das gsatz gsündet hand, die werdend ouch on das gsatzt verloren,
die irrt nüt; denn der sinn Pauli ist: Alle, die das jüdisch
gsatz nit habend, die werdent nüt des minder on das gsatzt verderbt,
so sy darwider thuond; denn sy sind nit on ein gsatzt, als darnach
volgt. Denn das natürlich gsatzt verklagt und entschuldiget sy in inen
selbs. Was aber das natürlich gsatzt sye (dunckt mich nüt anderst
sin denn der geist gottes), lassend wir ietz ston. Noch ist nüt sünd
dann das gott mit ußgetruckten worten anzeigt oder inwendig lert.
Das wir also weder imm gebott gottes noch imm gsatz der natur verbotten
findend, das ist kurtz nit unrecht.
Uß dem grund lernet man ring, das hernach volgt:
Das die ee allen menschen zimpt;
denn got verbüt sy nit, ja er heißt sy. Das gsatz der natur verbütet
sy nit; denn die ee ist by allen menschen wol geacht, die schon in
got nit gloubend. Got hat ouch im anfang der gschöpft Adamen
ein hilff zuoggeben, die menninen oder das wyb, nit einen andren man
zuogeschaffen; daran wir verstond, das alle Adams sün der hilff des

--263--

wybs bedörffend. Ich laß ietz umb der kürtze willen blyben, das got
genn. 1. [Gen. 1. 28] gsprochen hat zuo Adamen und Evam: Bringent
frücht und merend üch! welchs nit allein ein krafftgeben sunder ouch
ein gebott xin ist; denn welche nit gebarend imm alten testament,
warend veracht.
Der nün und zwentzgist artickel.
Das alle, die man geistlich nennet, sündend, wenn
sy, nachdem sy innen worden sind, das inen got reinigheit
halten abgeschlagen hat, sich mit der ee nit
verhuetend.
Reinigheit halten ist ein götliche gab und dem fleisch gar unmöglich,
als der mund Christi selbs lert Mat. 19. [Matth. 19. 11f.]:
Es nimpt nit ein ieder reinigkeit an, sunder allein die, denen es ggeben
ist. Uß dem wort flüsset der vordrest teil dises artickels: Das ein
ieder mensch, so bald er innen würdt, das im got reinigheit halten
abgeschlagen hat etc.; dann reinigheit wirdt nun von denen gehalten,
denen sy got gibt. Wie man aber innen werde, das gott reinigkeit
halten einem abgeschlagen hab, darff keiner leer. Dann ein ieder
mensch empfindt by im selbs wol, wie vast inn das fleisch anficht,
wie vast er gebrent wirt, on das, leider, etlich mit den wercken sich
vermasgend, es sye mit vermischung beder, wybs und mans, oder
noch mit unghörterer gstalt. So er nun empfindt die brunst so groß
sin, das sy die verwillung überstürmpt, ouch mit iro den gedancken
gfangen hinfuert, so sol sich der mensch verheimraten; denn es ist
wäger sich vereenemmen, denn also gebrent werden 1. Cor. 7.
[1. Cor. 7. 9]. Es ist ein gnuog eehaffte ursach der ee, so einer so ungstuemlich
gbrent wirdt, das sin gmuet gemeinlich fhüret unnd wuetet;
so empfindt er wol, das im got reinigkeit halten abgeschlagen hat.
Denn widrumb empfindend die, so reinigheit schon haltend, wol ouch
anfechtung, doch so streng und engstlich nit, denn das sy die anfechtung
tragen mögend, und würt ir gmuet nit so gantz gefangen.

--264--

Doch ist dero so wenig in der gantzen menge der glychßneren der
reynigheit, das sich ze verwunderen ist, das sy das jamer und täglich
foltren der conscientz erlyden mögend, so sy den meren teil nit reinklich
lebend, und doch sich nit verhürende in eigner conscientz all
weg sich selbs verdamnend. Darumb sy nach dem andren teil diß
artickels sich verhüren söllend; dann wo sy das nit tuond, sündend sy.
Denn die unlutergheit ußerhalb der ee ist in aller gschrifft des nüwen
und alten testaments nit nachgelassen, sunder offt treffenlich verbotten,
aber die ee allen menschen uffgethon.
Christus spricht Mat. 19. [Matth. 19. 12]: Welicher reinigheit
halten mög, der halte sy. Sich, hie empfilcht Christus die reynigkeit
allein den vermögenden. Welchs aber die vermögenden syind, hand
wir vor ghört: namlich die allein, denen got das ggeben hat. Er hat
ouch die ee mit irem glouben und gebott daselbst ußgestrichen und
zuo den Phariseiern gesprochen [Matth. 19. 4-6]: Hand ir nit gelesen,
das der den menschen in anfang gschaffen hat, ein man und wyb gemachet
hatt, unnd hatt geredet: Umb des willen (das ist: umb diser
zemenfuegung unnd zemenschöpffung willen) wirdt der mensch vatter
und muoter verlassen und wirdt sinem eewyb anhangen, unnd werdend
zwey ein lyb. Unnd darumb sind fürhin nit zwen lyb, sunder einer.
Das nun got zemen gefuegt hat, sol der mensch nit entfuegen. Uß
den worten volgt nit allein der gmein sinn, sunder ouch das. Sidtenmal
gott man und wyb zemmen geschaffen hab, sölle denen nieman
bieten sunder ze sin; got hab die ee verordnet; darumb sölle die
nieman verbotten werden.
Das sölchs der sinn sye, lert Paulus 1. Tim. 4. [1. Tim. 4. 1-3]:
Der geist seit klarlich an, daß in den letsten zyten etlich vom glouben
fallen werdent, den irrenden geisten unnd den leren der tüflen zuo
losen und volgen, die mit glichßnery falsche ding redend, hand
doch all weg verbrent und verdampt conscientzen, verbütend die ee.
Sich, was schönen schuolmeisters hatt die leer von der glychßneten
reinigheit: den tüfel. Ist nun der tüfel ein anhab der verbotnen ee,
so ist got der geber der uffgesetzten ee.

--265--

Paulus spricht 1. Cor. 7. [1. Cor. 7. 1f.]: Es ist ein guot oder
ruewig ding eim man, das er die ee nitt beziehe; aber umb der huory
wegen sol ein ieder sin eygen wyb haben, und ein iedes wyb sol iren
eignen man haben.
Sich, wie diese wort Pauli am anfang so glich sind der leer
Christi Mat. 19. [Matth. 19. 11], es sye ein guot ding, welchem von
got so ein ersigner, reiner lyb ggeben sye, das er on ein eewyb sin
mög. Wo er aber der eelichen wercken ie pflegen welle, sölle er nit
huoren, sunder ein eigen wyb zur ee nemmen. Er spricht ouch "ein
ieder", nimpt nit pfaffen noch einigerley menschen us. Münch unnd
nonnen sind do ze mal noch nit geborn; darumb sind sy ouch glich
mit andren menschen under dem wort "ieder" begriffen, als ouch die
menschlichen recht anzeugend.
Item: Bald darnach spricht er aber [1. Cor. 7. 8]: Ich sag aber
den unverwybeten und den witwen, das es inen ruewig und guot ist, so
sy blibend als ich bin. So sy aber nit verhuet werdend vor unlutergheit,
so söllend sy sich verhüren; denn es ist wäger verhürt
werden, weder angezündt oder inbrünstig sin.
Dise wort sind clar und machen ouch die ee allen menschen
offen, allein uß der ursach, so sy gebrent werdent. Wirstu gebrent,
so nimm ein wyb, oder du wyb ein man! Thuostu es nit, so sündestu;
denn der knecht, der den willen sines herren weißt und nit thuot, der
wirdt übel geschlagen Luc. 12. [Luc. 12. 47]. Nun ist der will des
herren, das wir uns, so wir ze vil inbrunsts empfindend, verwybind und
mannind. Thuond wir es nit, so sündend wir.
Denn in der ee das eelich werck verbringen, ist nit sünd (doch
rechter maß; denn brot essen mag man mißbruchen, das es sünd ist.);
darab sich die Bäpstler ser werdend rümpffen, die den armen
conscientzen der eelichen wercken halb seltzame verschloß, band unnd
gfengknussen habend angeschlagen. Aber gottes wort ist stercker
denn ire tröum. Das redt durch den heilgen Paulum 1. Cor. 7.
[1. Cor. 7. 28]: So du dich verwybest, so hastu nit gesündet; und so
die dochter mannet, so hat sy nit gesündet. Hie heißt "wyben" und
"mannen" nit "das hochzyt haben", sunder "die eelichen werck in der

--266--

ee verbringen"; denn das wort gamein [γαμεῖν] heißt als vil als by
uns: in der ee die elichen werck volbringen. So nun die jungkfrow,
magt oder dochter nit sündet, so sy zum ersten den man erkent,
vil weniger darnach; denn die ee ist ein artzny oder hilff der inbrünstigen.
Item Paulus spricht Hebr. 13. [Hebr. 13. 4]: Die ee ist überus
ein erlich ding oder under allen menschen. Ist die ee erlich, so ist
sy ouch nit sünd. Das wort würt ouch nieman brechen.
Denn got heißt aber durch den mund Pauli sine diener und verkünder
des worts gottes, das sy die ee beziehen söllend, verstand doch
all weg nun, so sy gebrent werdend. 1. Timo. 3. [1. Tim. 3. 2]: Es
muoß ein wächter, das ist: bischoff, unbehaglich sin, eines eewybs ein
man etc. Und das dise wort nit einn andren weg mögind getruckt
werden, volgt bald darnach [1. Tim. 3. 4]: Es söllend sine kind gehorsam
sin mit aller zucht und zimmligkeit. Hie muoß ich an einem
fürgon etlichen befftzenden ir geschrey verantwurten, da sy
sprechent: Söltend die pfaffen wyber nemmen, wer wolt inen die
kinder erziehen? Antwurt: Wer erzücht sy sust, so sy banckharten
sind? Were es nit besser und wäger, so sy doch kind machen nit
underlassend, ire kind wurdind eelich, damit sy nit verschupfft und
uß dem verschupffen zuo huoren und buoben wurdind? Sich, was
kluoger Christen sind wir, daß wir die gschöpftten gottes mit unserem
tant zuo uneeren bringend; denen got das leben gunnet hat, die
lassend wir nit mit eeren leben. Die pfaffen werdend ire kinder gehorsamlich
und zuo aller zucht und zimmlichheit ziehen; thuond sy aber
das nit, wirt ein obergheit mit inen handlen als mit andren ungehorsamen.
Und wo sölchs der närrisch pfaff widerfechten wölte,
wirdt man inn mit den kinden hinwysen. Das bestäten uff pfruonden
und von allen richteren ungestrafft sin, ist schädlich unnd kumpt uß
des bapsts tyranny. Ich wölte, das alle pfaffen recht geben unnd

--267--

nemmen söltind vor dem stab, under dem sy sitzend. Ich wil mich ouch
deßselben halten; denn got heißt mich das, wie harnach kummen würdt.
Item aber wil got, das die bischoff, das ist: wächter oder pfarrer,
eewyber habind. Tit. 1. [Tit. 1. 5f.]: Du solt durch die stett hin alt
und ersame menner verordnen, wie ich dir anggeben hab, so einer
unbehaglich ist, einer eefrowen eeman etc.
Uß den kundschafften ist häll gnuog, das alle, so unkünschend,
oder so muelich brünnend, das ire gmuet nit wol by inen selber sind,
sündend, so sy sich nit vereegryffend; denn got heißt sich vereenemmen,
so man brünt.
Von disem artickel ist nit not lenger hie ze sagen; der handel
ist gnuogsamlich zuo unseren zyten geoffnet, und gebrist nüt die
schantlichen huory der geistlichen hinzenemmen, dann das die weltlich
oberhand so lauw ist, das sy umb zytlichs guotes oder onmechtigen
zornes der böggenbischoffen willen, das, so götlich und erlich ist,
hinderstelt. Es sind ouch nit buoben, die eewyber haben begerend,
sunder ersame Christen; dann sy wüssend wol, was hartsälikeit in
der ee ist. Noch ruert sy ire conscientz täglich an, daß sy on die
schantliche verergernus begeret ze leben joch mit weezyt der ee.
Die sind aber buoben, die sich der wercken des fleischs nit verzyhen
und doch zuo der ee nit gryffen wellend.
Darzuo wil ich sy bewären, wenn sy wellen.
Der dryssigest artickel.
Das die, so reinigheit verheissend, sich kintlich
oder närrisch ze vil übernemmend; darus erlernet,
das die, so söliche gelübd innemmend, frävenlich
an den frommen menschen farend.
Der erst teil diß artickels ist darinn ggründt, das reynigheit
halten nieman möglich ist, denn dem es got gibt, wie im nechsten

--268--

artickel bewärt ist. So nun die halten an got, nit an uns stat, warumb
verheissend wir im denn ze halten, das wir schlecht nit vermögend?
Ist das nit ein torheit und kindenspiel? glych sam einer sinem fründ
etwas bewyse, so er im verhiesse, er wölte uß sinem seckel zeren.
Noch gevalt uns unser torheyt so wol, das wir so vil daruff haltend,
das wir ee das unbetrogen wort gots verlassend weder unsre köpffige,
wie Salomon prov. 12. [Spr. Sal. 12. 15] spricht: Der weg oder anschlag
des narren dunckt inn recht in sinen ougen. Und darnach
28. ca. [Spr. Sal. 28. 26]: Welicher in sin hertz vertruwt, der ist ein
narr. Was ist nun got reinigheit verheissen anderst, weder in sin
krafft vertruwen? So sind ouch die narren, die es thuond, oder kind.
Denn etlich in kintlichen tagen durch die seelenmörder und vortretter
der rotten oder örden ingefuert werdend, das sy söliche glübde thuond,
unnd, so sy erwachsend, sehend wir wol, wie sy die haltend; ja, sy
werdend zwürend böser denn die vorrotter Mat. 23. [Matth. 23. 15].
Darus der ander teil volgt dis artickels, das, die söliche glübd
gdörend von den menschen innemmen, frävenlich sündend; dann sy
wüssend, daß sölich glübd nit gehalten werdend von dheinem menschen,
der da lebt; noch lassend sy darumb schweren und eyd geben. Und
ob sy sölichs uß der gschrifft nit wüssen, so wüssend sy es by inen
selbs; denn sy wüssend wol, was grosser anfechtung sy in iren jungen
tagen gehebt habend, und wie jämerlich ir conscientzen zerhudlet
wurdend; mögend ouch daby wol wüssen, das es umb ander lüt eben
stat wie etwan umb sy. Noch verkürtzend sy die armen menschen,
glich als die untrüwen fuorlüt tuond: manend den nachvarenden nit,
sunder sprechend sy uß verbunst: Der muoß als wol umbwerffen als
ich; bin ich gemürdt, ich wil ander seelen ouch mürden. Es hilfft
ouch nit lougnen hie noch glychßnen, sam sy nit also syind angefochten;
denn Christus spricht Jo. 3. [Joh. 3. 6]: Was uß dem
fleisch geborn ist, das ist fleischlich. So volgt ouch, das sy fleisch
sind und fleischlich anfechtungen habend wie das gemein fleisch. Und
etlich, die schon der wercken halb ouch überschwencklicher brunst
änig sind, so sind doch dieselben also uß der gnad gottes, nit uß

--269--

iren krefften bliben. Dieselben habend ouch all weg die gnad gehebt,
das sy umb ir gab got flyßlich danckt; habend ouch des nächsten prästen
lychtlich mögen verzyhen und erkennen. Nun die aller grösten glychßner
bällend aller treffenlichest wider die eer der ee und christenlicher
leere. Unnd so man nach dem wort gottes wol bericht ist, würdt
der mensch ingfuert, alle glichßnery ze verlassen, und irrt inn aber
daby der eid und gheis, got geton, die er sich meint billich ze übertretten
schemen söllen.
Darumb wil ich hie kurtz von glübden sagen.
Von den glübdten.
Zum ersten weißt ein ieder wol, das wir hie nit von gelübden
redend, so vil sy trüw oder glouben heissend, die wir menschen einandren
pflegend ze geben, weliche ein ieder by glouben und frommgheit
halten schuldig ist, oder aber er wirdt gloublos vor den mentschen,
zuo dem, das er das gebott gottes: Du solt dinem nächsten thuon, als dir
wilt gethon werden [cf. Tobias 4. 16, Matth. 7. 12, Luc. 6. 31], und das gebott:
Du solt nit liegen [3. Mos. 19. 11], übertrittet. Sunder wir redend
hie von den glübden, die man got thuot, da man got etwas verheißt.
Votum, das ist: glübd, also genommen, wirdt in gantzem alten
testament nit anderst genommen denn für ein opffer oder gab, die
man got verheißt, so vil mir ingedenck ist vorus in den buecheren
levitico, numeris, deuteronomio. Was aber in den psalmen und propheten
von glübden stat oder in den buecheren Salomons und andren,
das ist eintweders ouch der gstalt genommen für ein gab oder opffer,
got verheissen, oder es ist von sölchen gaben uff Christum ze bedüten
zogen, der das einig, war opffer ist. Es ist ouch nit, daß
num. 6. [Num. 6. 1-21] die Nazarei got wurdend verheissen; denn
es ist ouch nüt anderst xin denn ein opffer, da der mensch sich
got verhieß nun mit ußwendigem wandel, was er essen oder trincken
sölte, was nit berueren, was nit abscheren etc. Darumb der Nazareien
glübdt ouch hie blybt by den glübden der opfren, gaben, ußwendigs
schins und zünselwercks.
Von den glübden allen samen sag ich, das sy durch Christum
abgethon sind. Denn wie die opffer abgethon sind, darumb, das sy uff

--270--

Christum nun bedüt hand, und nachdem der bedütet Christus
kummen ist, der das einig versuenend opffer ist in die ewikeit, so ist die
bedütnus ab. Also sind ouch die vota, das ist: glübd, abgethon; denn
sy nüt anderst sind xin denn opffer und zünselwerck, die gott nit geheissen
hat, das sy wären söltend, sunder zuo einer straff, und daß
Israel sich nit zuo den abgötten karte Ezech. 20., Esa. 1., wie da oben
ouch ist anzeigt. Darumb alles, so imm alten testament geschriben
stat von derley glübden, hat nit krafft ze bewären die glübdt, die wir
thuond, da wir got verheissend unser gmuet und lyb. Denn iene glübdt sind
allein uff gaben gestanden; die hat Christus hyngethon und sich selbs
unser pfand der säligkeit gmacht für den prästen aller menschen. So
nun die gabenglübd des alten testaments uns nüt beruerend, so muessend
wir sehen, worinn die glübd und verheissen des gemuets gegründt syind.
Ich befind, das die drü glübdt: der gehorsame, der reynigheit und
armuot allein in glichßnery gegründet sind und in abgöttery. Dann von
dem ußwendigen böggenwerck der kutten und zeichen ist vor kundtlich
worden, das es nüt ist denn ein bschiß.
Von der gehorsame zum ersten. Von dero redend die Bäpstler
also: Ist es nit ein guot ding, das der mentsch sich selbs
verleugnet und sich under das gebiet eines andren wirfft? Antwurt:
Das wort: Gehorsame ist besser denn das lebendig opffer
1. reg. 15. [1. Sam. 15. 22], würdt allein von der underthänigheit
gottes verstanden, dem der mensch sol gehorsam sin, und nit
anders erdencken, damit er gott eere, und hat aber noch nit gethon,
das gott geheissen hat. Also ouch hie. Ist gar ein guot ding
gehorsam sin, zum ersten got, darnach, denen got hat gheissen ghorsam
sin. Wo man sich aber denen ußzücht, denen got hat geheissen
ghorsam sin, durch menschlich erfundne gehorsame, so ist
menschliche gehorsame ein glychßnery unnd luterer betrug und widerwertig
dem gebott gottes. Als, so einer sich eim apt oder prior
underwirfft, und ist der weltlichen oberhand nit gehorsam, verlaßt
ouch vatter und muoter unnd ist inen ouch nit gehorsam, so ist es nun

--271--

ein glychßnery, darunder die vortretter der rotten die einvaltigen
gezogen habennd, inen gehorsam zuo sin, glych sam inen gehorsam
sin besser syge denn dem wort gottes gehorsam sin. Darnach ist
söliche gehorsame, so verr sy der mensch höher schetzt weder die
ghorsame gottes, ein abgöttery. Denn ie das ist sich ab got gewendet,
so man die creatur werder halt und ir wort höher weder gottes wort.
Derglich ist ouch ze reden von der verheißnen armuot. Das die
ein glichßnery sye, ist da oben anzeyget. Dann nieman stellet unverschampter
nach rychtagen dann alle kutten und platten. Darnach
ist sy ein abgöttery, zum ersten, das sy es für eynen gotsdienst
habend, so man die klöster rych machet; dann da ist rychtag ir gott;
zuo dem anderen, das sy armuot halten gott verheyssend, in deren
krefften es nit stat; dann on gott vermögend wir nüts. All unser guot
werck ist nit ein guot werck, so es unser ist; so vil es aber gottes, ist
es guot. Wie kan nun der mentsch gott verheyssen, das er nit hatt,
gott gebe im es dann?
Glych wie wir ouch von der reynigheit geredt hand. So got allein
reinigheit gibt, wie kan iemants got verheissen reinigheit ze halten, so
im 's got allein geben muoß?
Also mag ein ietlicher mercken, das got verheissen, das er
heisset, und das er allein gibt ze halten vermögen, nüths anderst ist
dann ein närrische abgöttery. Dann das gott heyßt, söllend wir halten,
darumb, daß er es gebotten hat. Oder aber, so wir meinend, wir
werdind es styffer halten, so wir es schwerind oder verheissind,
so hand wir mee uff uns selbs dann uff dem gebott gottes, mee uff
unser wort dann uff das wort gottes, mer uff unser krefft denn uff die
allmögenden krafft gottes. Weliches alles nüt anderst ist dann ein
ware abgöttery.
Gott hat geheissen rychtag hynzegeben den manglenden [Luc. 3. 11].
Hie bedarffstu nit got verheissen, daß t' wellest arm sin; du bist sust
schuldig den andren rock mit dem dürfftigen ze teylen, derglychen
spyß und andere noturfft unnd hab. Denn ob du im glych söliches
verheissest, stat es dennocht nit in dinem vermögen ze halten. Ja,

--272--

wenn du in dich hoffst und in dine krefft, du wellist 's und vermögist
's halten, so bistu verfluocht; denn du hast das fleisch din krafft
gmacht Hiere. 17 [Jer. 17. 5]. Welicher sicht ietz nit, wannen die
verwirrten glübd kummend? Sicht man nit, das sy kummen uß dem
bladren von dem fryen willen, der aber der fürsichtigkeit gottes
widerstrebt? Das sy kummend uß dem verdienst, der aber der gnad
gottes widerstrebt? Das sy kummend vom menschen, der ein böser
boum ist und nüt guotes von im kummen mag? denn ie ein böser boum
mag nit guote frucht geben. Das sy kummend uß unwüssenheit des
heils? Denn hette man alle zuoversicht in den herren Christum
Jhesum, so wüßte man wol, das in kutten und glübde verhoffen ein
unglouben wär. Ouch wüßte man, das ghein anderer weg zuo dem heyl
ist dann Christus; so suochte man nit ander türen darzuo. Ouch, daß
alle, die Christum fürlouffen wellend, dieben sind; so truege man
das krütz allein Christo nach. Sust ist das verheissen nüt anderst
denn ein fürwitz, ein verachten und kleinmachen gottes, ein großmachen
des menschen. Und sind die glübder glych dem sun, der
dem vatter verhieß in 'n garten ze gon und arbeiten, und thet es nit
Mat. 21. [Matth. 21. 30]. Also thuond sy onmechtige glübd, die sy nit
halten weder wellend noch mögend.
Hie sprechend die Bäpstler: Verhiesse einer einem menschen
etwas, so sol er im 's halten, vil me got. Antwurt: Verheissest einem
menschen, das zimmlich und im guot ist, bist im schuldig das ze
halten; was aber unzimmlich und im schädlich ist, haltestu es im
nit. Du gibst dem kind das messer nit, ob du im das glych verheissen
hast. Daran du sichst, das verheissen ouch etwan by den
menschen nit geleistet wirt. Aber hie darfstu got nit armuot verheissen.
Du solt nun losen, was dir got sag, unnd sin wort höher schetzen
denn gheines menschen gheiß. Ich gschwyg, das du im verheissest
sin wort ze halten, das du on sin krafft nit halten magst, und verheisset
im, das du sichst nit gehalten werden, ja unmüglich sin ze
halten by dem volck, das allein uff das sicht, darwider es gelobet.

--273--

Als armuot verheissend münch und nonnen, und nieman wirbt styffer
nach guot, und die ghorsame gottes legend sy nider und stellend ire
uffrecht. Sölte ein Observantzermünch dem nackenden ein kutten
schencken, so hette er wider sinen orden gethon, aber wider den orden
Christi nit. So muoß ie volgen, das ir gehorsame der ghorsame
gottes widerstrebt. Darumb ich wol zuo denen sagen mag, so dick
sy sprechend: Sol man aber got nit halten, das man im zuosagt, wie
Esa. 1. [Jes. 1. 12] spricht: Wer hat sölichs von üwren henden erfordret?
Ja, wir hand got armuot verheissen. Sprich ich: Wer hat
sölchs von üch erfordert?
Ja, so ir got wöltind verheissen, das er geheissen hat, so irrtind
ir, wie dick gemeldet ist; denn ir wärind glych Petro unnd den
andren jungeren, die Christo verhiessend in 'n tod unnd gfengknus mit
im ze gon [cf. Luc. 22. 33, Marc. 14. 31]; dann er würckt in uns und
nit wir. Warumb woltend wir dann uff uns selbs verheissen? Es verheisset
ghein sun sinem vatter, daß er thuon welle, das im der vatter
gebüt, oder aber der vatter spräch: Du darfst keins verheissens; du
solt es uß minem gheiß thuon, oder ich wurde dich leren sölichs thuon;
sunder er hat das wort sins vatters vor ougen unnd achtet dasselb
grösser denn sin glübd. Also ouch sind wir kinder gottes und erstgeborne
sün; wir söllend noch mögend nüts verheissen für uns selbs;
dann wir sind mit seel und lyb sin. Was dörffend wir im denn uns
verheissen, so wir vorhin sin sind? Ja, von stund an, so wir uns im
verheissend, zeygend wir an, das wir nit sin sind. - Also zum ersten:
Hettend wir uns darfür, das wir sin wärind, so verhiessend wir uns im
nit. Also sind wir vor dem glübd nit sin. - Zum andren: So sind wir
nach dem glübd nit sin; dann mit der that, ob wir glych erfultind,
das wir verheissend, mögend wir nit sälig noch gottes werden; oder
aber möchtind uns unsere werck sälig machen, so were Christus vergeben
gstorben Galat. 2. [Gal. 2. 21]. Also befindend wir, das

--274--

söliche glübde thuon uß unglouben beschehend; darumb sind sy ein abgötery.
Denn hette einer den glouben, so wüßte er, das er ein sun
gottes wäre durch Christum Jesum, und möchte ghein glübd thuon.
So er aber den nit hat, thuot er söliche glübde der meinung, sam er
durch sy zuo got kömme, das aber richtig wider Christum ist; denn
durch den allein muoß man zuo got kummen. Der den glouben hat, der
wirdt sälig; der inn nit hat, der wirdt verdampt Jo. 3. [Joh. 3. 36].
Also volgt ouch, daß, sidmal die glübd uß unglouben kummend
und richtig wider got sind, das sy ouch sünd sind; denn alles, das nit
uß dem guoten boum des gloubens wachßt, das ist sünd Ro. 14.
[Röm. 14. 23]. Darumb söliche unwyse, gotlose, ungleubige glübd alle
menschen verleugnen und abschlahen söllend, nüt minder, dann ob sy
erst uß der Heydenschafft zuo christlichem glouben bekert wurdind,
und wüssen, das es ein muotwill, hochmuot und falsch ist, got verheissen,
das vorhyn sin ist, als wir levit. 27. [Lev. 27. 26] lychtlich
verston mögen, da Moyses also redt: Die erstgebornen, die got zuogehörend,
die mag dheiner got heiligen oder verheissen, es sye joch
nun ein rind oder ein schaff; denn sy sind bevor des herren. Nun
sind alle gleubigen menschen erstgeborne gottes, welchs mit vil bedütnussen
imm alten testament bezeichnet ist, vorus imm Israel.
Darumb sich ghein sun gottes gotte verheissen mag; denn er vorhyn
sin ist: denn wir lebind oder sterbind, sind wir des herren [Röm. 14. 8].
Gloubt einer das nit, so mag er mit tusend glübden nit gottes werden.
Es vermag ouch die inred nüts bringen, da die Bäpstler sagend:
Christus hat selbs geredt Luc. 9. [Luc. 9. 62]: Nieman, der sin hand
an 'n pfluog geleit hat, und sicht hinder sich, ist gschickt zuo dem rych
gottes. Denn diß wort ist mee wider sy denn für sy. Christus wil
mit dem wort grundtlich, das gheiner, so angehebt habe got nachvolgen
und lasse sich demnach die sorgen und anfechtungen diser
welt wider hinder sich ziehen, gschickt sye zuo dem wort gottes, das
ist: zuo dem rych gottes. Darus ich zuo allen glübderen sagen mag:
Habend ir üwer hand an den pfluog geleyt, so hand ir empfunden, wie
sueß der herr ist; ir hand üch vertruwt verlassen in sin gnad; so ir
das gethon hand, so hand ir demnach ghein anders gsuocht, darinn

--275--

ir sälig werdind, oder aber ir hettind der gnad gottes nit vertruwt.
Das ir aber nach menschlicher wyßheit angeben üch zuo secten, rotten,
glübden kert hand, die got gar nit wil, ja verbüt sy, das zeigt an, das
ir die hand noch nie habend angelegt, sunder sind hinder sich gangen,
ee ir ie für sich ggangen syind; denn welcher des herren recht innen
wirt, mag sich des knechtes nit mee nieten. Ja, sind ir schon etwan
gleubig xin (welchs doch nit lycht möglich ist), so hand ir die hand
anglegt. Do ir aber widrumb kert hand uff üwre werck, hand ir
hinder sich gsehen und sind zum rych gottes nit geschickt.
Darumb flühend von dem uneelichen gschlecht o ir all, die uß
ungloubnus in söliche irrtumb kummen sind, nit unbehender denn
Lot von Sodoma geflohen ist, unnd sehend nimmer me hinder sich
an die örden. Denn den orden des gloubens halten, ist der gröste,
beste orden, der uff erden ie kam. Der orden weißt eigenlich, das
alle, die darinn sind, kinder gottes sind, unnd würckend die werck,
die got geheissen hat, nit als gedinget knecht oder taglöner, sunder
als die fryen sün, die allein nach dem willen des vatters werchend,
unnd lassend den lonen, wie inn guot dunckt; ja, sy sind eigenlich
erben des vätterlichen guotes und blybend ewighlich in dem gsind
gottes und lassend sich in dhein ander xind schryben. Als
Christus Jo. 8. [Joh. 8. 35] spricht: Der knecht blybt nit ewigklich
in dem gsind, aber der sun blybt ewigklich. Süne sind die gleubigen;
knecht sind, die umb lon dienen.
Es mag ouch nüt inreden, das 1. Tim. 5. [1. Tim. 5. 11f.] stat
von den witwen, die den ersten glouben brechend; denn da heißt
"glouben" nit "ein glübd" noch "gheiß"; ja "glouben" und "glübd"
sind eygenlich underscheiden. Und ist daselbst die meinung Pauli,
das ein witwe glouben bricht, so sy on einen eeman unküschet;
denn etlich junge witwen wurdend uß dem guot, das die Christen
gabend, erzogen. Denen zimpt dasselbig guot oder almuosen niessen,

--276--

so lang sy by der kilchen unverhürt blibend. Do wurden aber etlich
funden (als denn ein wyb ein blöd, fellig ding ist), die, ee und sy
sich eelich verhürtend, unküschheit pflagend. Die redt Paulus den
ersten glouben brechen, so sy on eeman unküschtend; welchen
glouben nit brachend die, so eeman namend; denn eeman nemmen
zimpt allen wyben. Darzuo sind sy mit gheinem gheiß oder glübd zuo
der kilchen genommen. Noch, so sy on eeman geunküschet, hand sy
glouben prochen, das sy als die ersamen witwen habend wellen gehalten
werden vor den menschen, und söliche buobery habend sy mit
dem won, sam sy rein syind, wellen decken. Und so ir schand
entdeckt worden ist, hand sy demnach erst uff vermannen gstellt.
Bsich den text eigenlich; wirdst ghein andren sinn erfinden.
Vovete et reddite, und: Vota mea domino reddam, unnd der glychen,
sind zum ersten an diser meinung verantwurt. Denn "vota" hand
in allem alten testament eintweders "glübd der gaben und opfren"
geheissen, die aber durch Christum unkrefftig und abgethon sind,
oder aber "das uffopfren des gmuets", nit mit einem eyd sunder mit dem
glouben. Der gloub laßt sich allein an die gnad gottes; der eyd oder
glübd vertruwt uff sine krefft und ist ein abgöttery. Ich red hie allein
von dem eyd, den man in den gelübden den geistlichen thuot. Diß
thuon ich darumb hinzuo, das man nit glouben und verheissen der
glübden, die man mit dem eyd thuot, ein ding welle machen etc.
Der ein und dryßgost artickel.
Vom bann.
Das den bann dhein besunder mensch ieman ufflegen
mag, sunder die kilch, das ist: gemeinsame dero,
under denen der bandwirdig wonet, mit sampt dem
wächter, das ist: pfarrer.

--277--

Umb disen artickel wellend wir zum ersten kundtschafft verhören
und demnach urteilen.
Christus, den der vatter versiglet hat, das er warhafft ist, redt
Matthe 18. [Matth. 18. 15-18] also: Ob aber din bruoder wider dich
sündete, so gang hin und straff inn zwüschend dir und im allein.
Volget er oder hört dich, so hastu dinen bruoder gewunnen. Ob er aber
dich nit hören wurde, so nimm noch zuo dir eynen oder zwen, damit
in dem mund zweyer oder dryer zügen ein iedes wort gevestet werd.
Ob er aber die überhören wurd, so sag es der kilchen. Ob er die
kilchen ouch überhören wurd, so halt inn denn als einen Heyden
und zoller. Warlich, sag ich üch, alle ding, die ir binden werdend
uff erden, die werdend gebunden in dem himel; und alle ding, die ir
lösen werdend uff der erden, die werdend erlößt in dem himel.
In den worten Christi lyt die gantze krafft des banns, welche
ouch dheiner anderst verston sol denn sy lutend; denn got wil nit,
das zuo sinem wort gethon noch darvon genommen werde deut. 4.
unnd 12. [Deut. 4. 2, 12. 32]. Es habend ouch die menschlich rechtgelerten
ein regel, das man das gsatzt verston sol nach dem willen
des gesatztgebers. Darumb wellend wir den sinn und meinung
Christi bsehen, uff welche sünd er dis ußschliessen leine.
Er hat glych vor disen worten geredet von ergernus [Matth.
18. 7-9], das uns ghein glyd, das ist: ghein bruoder, ob er schon unser
oug, unser hand, unser fuoß ist, so lieb sol sin, daß wir inn nebend
uns lassind uns verergeren, sunder so er von ergernus nit ston wil,
sol man inn abschnyden glych als ein ful, verderblich glyd, das man
abhowt, damit es nit den gantzen lyb füle oder verderbe.
Also spricht Christus zum ersten: "Ob din bruoder wider dich
sündet". "Wider dich" ist: wider dich, o kilch oder gemeind; denn
das ist der bruch des munds gottes, das er die menge in der zal eins
einigen anredt. Deut. 32. [Deut. 32. 7] und psal. 80. [Ps. 81. 9f.] und
sust an vil orten: Israel, wirstu mich hören, so wirt in dir kein
nüwer got. "In dir" heißt hie als vil als: under üch, o kinder Israels.
Also heißt hie "wider dich": wider die gmeind.
Zum andren spricht er: "Sündet", uß welchem wort volget, das
der bann allein über den geleit sol werden, der sündet. Welche
sünd man aber verston sölle, hast erst darvor gehört, namlich, die

--278--

glych als ein erbkranckheit verergret und anzücht; dann von andren
sünden, die offenlich nit verergrend, hat Christus zuo Petro geredt
und in im zuo uns allen: Du solt zuo sibentzig malen siben mal verzyhen
dinem bruoder [Matth. 18. 22]; ja, dem verergrenden und gebanten
sol man verzyhen, so er rüwet unnd sich endret.
Uß dem volgt, das der bann, den man umb geltschulden ufflegt,
nit ein bann ist; denn schuldig sin ist nit ein sünd, so verr schuldig
sin uß armuot kumpt, und die armuot nit uß muotwillen kumpt, und der
arm gern bezalt, sobald er vermag. Ob aber glych das nit wer, so
hat man ander weybel und gyselesser, die schulden inziehend denn
die bischoff, das sy nit einem ieden wuochrer sin schuld muessend ynziehen.
Man hat allenthalb guot gricht und recht under den Christen,
das man zuo gheinem frömbden richter ziehen darff. Unnd ist ir bann,
den sy umb geltschulden ufflegend, ein yteler btrug, ja aller bann,
den sy on die gemeind ufflegend, wie harnach kummen wirt. Denn
der gsatztgeber bricht nit; der hat nun umb offenlich verbösrende
sünd geheissen bannen. So hat ouch der bann sust nit krafft, denn
er muoß schlechtlich gebrucht werden nach dem wort und meinung
des uffsetzers. Darumb sol ein ieder gleubiger den bann als übel
fürchten, so er im wirt uffgelegt on die ursach der verergrenden sünd,
als wenn im ein zornig wyb das fallend übel oder tüfelsnam fluochet
oder derglychen: Katzengbett gat nit zum altar. Also sind allein
die by got gebunden, die nach sinem wort gebunden werdend; sust
sind sy als wenig gebunden, als wenig einer ein todschleger ist, der
ein kalb tödt, und schlecht doch ouch ze tod; aber das gsatzt von
nit töden lutet allein uff den menschen. Also das gsatzt von bannen
allein uff den offenlich sündenden und verbösrenden.
Zum dritten ghört zuo dem bann, das mann vorhin, den man
bannen wil, gewarnet hab in einem gheim, allein durch einen. Also,
ist einer ein offner eebrecher unnd verergret, sol der wächter, das ist:

--279--

der bischoff, pfarrer, inn früntlich vermanen abzeston, heimlich und
früntlich. Sich hie den schönen bruch der gotslestrenden bischoffen!
Die lassend umb 5. schilling, ja umb ein zehenthuon den armen vor
der gantzen gemeind warnen, darfür er offt, so er 's vermöcht, zehen
mal als vil gebe, das er nit vor so vil menschen geschendt wurd.
Hastu alle dine tag von einem so ruhen, ungnädigen vatterstuck gehört
oder gelesen, als die geistlichen vätter eim armen umb ein fasnachthuon
bewysend? Ja, sy sind so eergebig ze schenden, das sy
es nun zum ersten in der warnung tuond.
Zum vierten, so man den verergrenden nit bewegen mag heimlich
unnd früntlich allein, so sol man zügen darzuo nemmen, damit er überzüget
werde, das man inn vormal gewarnet hab. Denn zügnus sol
nit vest gloubt werden, sy habe denn zwen oder dry, die darumb
sagend deut. 17. [Deut. 17. 6]. Das bruchend die andächtigen vätter
ouch nit; denn es sind nun stüffvätter, verstossend die kind und
nemmend sy das guot. Hettind sy die wollen, milch, hut und fleisch,
noch gloub ich, sy möchtind nit erlyden, daß die hündly an den
beinen gnagtind. Denn wir hand vil lerer, aber wenig vätter
1. Cor. 4. [1. Cor. 4. 15]. Vil verheissend, sy syind vätter, aber wenig,
die es mit den wercken erfüllind. Ich wil hie gschwigen, das ire
schryber so offt brieff der manung der unghorsame underschlahend
oder verwarlosend, und dennocht die armen lüt nüt des minder
bannend, das wider ir eigne antchristenliche recht ist. Und so
man sich des klagt, spricht der andächtig vatter: Wir mögend warlich
die ding nit schlecht machen. Denn gat der arm muedig hyn
und went, min gnagender herr hab inn erlediget, darumb, das
im unguetlich beschehen sye, nach eim monat kumpt der schryber,
der procurator, der advocat und alle furie inferorum und werffend den

--280--

in einen kosten, uß dem er sich on gar verderben nit entryhen
mag. Doch muoß ich hie der kürtze nachhalten und losen, ob sich
die furie infernales wyter embören wöltind; denn wil ich erst hüpsch
ding harfür bringen. Ich hab sorg daruff ghebt und irer erlichen
kampffstucken vil angezeichnet, das ich 's zuo siner zyt könde bruchen.
Doch wil ich lieber, sy beßrind sich; bitt ouch got, das er sy erlüchte,
das sy sich selbs erkennind. Amen.
Zum letsten sol man den verergrenden der kilchen, das ist: der
gmeind, anzeigen. Noch ist er nit gebannet, bis das inn die kilch
erkennet ußzeschliessen. Hie wirdst hüpsch ding sehen uß der
Bäpstler kunstkamer und tyranny. Du solt es der kilchen sagen,
spricht er, und denn wirt inn die kilch zwar ouch noch einmal manen;
und wann er der gantzen gmeind nit volget, denn sol sy inn erst abschnyden.
So gond die jaghund der gefürsteten betleren und schryend
vor der kilchen: Min her officialis mins gnädigen herren von Schindberg
thuot in den bann Niclaus Pfriemden, das er den schryber
imm korb nit bezalet hat.
Wie? Mag der bischoff allein bannen? Ich wond, die kilch wurde
es thuon. Ist min genädiger herr allein ein gemeind? Christus spricht
[Matth. 18. 17]: Sag 's der gmeind. Heisset bischoff oder apt oder probst
ein gemeind? Also verstat ein ieder wol, das der bann gheines einigen
ist, ob er schon bapst, bischoff oder bader ist. Dann Christus hat
nit gsprochen: so er den ersten oder den andren warnenden nit höre, das

--281--

der mensch sölle gschohen werden, das ist: bännig sin (so mag ouch
dhein einiger bannen), sunder erst, nachdem und einer der kilchen
warnung nit hört, sol er geschohen werden. Also stat styff, das
nieman bannen mag denn die kilch, das ist: die gmeind, darinn der
verergrend sitzt. Die ist sin richter und der wächter.
Welchs aber die kilch sye, dero man es sagen söll, darum strytend
die Bäpstler; denn sy sprechend, die bischoff (ietz verston ich nit
die wachenden bischoff, sunder die fladensegner und wendsudler)
syind die kilch; und so der bischoff banne, so banne die kilch.
Darüber vermerck kurtzlich (denn da oben gnuog darvon ist gseit nach
der lenge im 8. artickel): Die götlich gschrifft brucht den namen
"kilch", das ist: gmeind, eintweders für alle Christgleubigen, die
aber in disem zyt nimmer sichtbarlich zemmenkummend, aber got
sind sy all bekant. Es sind ouch alle die darinn, dero trost und vatter
und zuoversicht got ist. Und ist das die christenliche kilch, in die
wir gloubend. Oder aber "kilch" wirdt brucht für ein iede besundre
gmeind, die wir kilchhörinen nennend (das "ecclesia" etwan ouch
für ein iede versamlung genommen wirt, gat uns hie nüt an). Also
wirdt hie die kilch der zemmengerodten bäpsten und bischoffen (aber
fladensegneren!) nit begriffen. Ja, sy findend in aller heligen gschrifft
nit, das ecclesia, kilch, ienen für sy genommen werde, und söltind
sy darumb unsinnig werden. Darumb sind sy gantz und gar die
kilch nit.
Nun volgt: Welicher kilchen sol man nun den verergrenden
fürtragen ze bannen? Antwurt: Zuo der allgemeinen kilchen heißt
uns on zwyfel Christus nit louffen mit dem bannwirdigen. Denn
dieselb ist lyplich nienan by einandren; denn wer möchte alle
gleubige menschen zesamenbringen? Also volgt, daß er den verergrenden
heißt der kilchen oder gmeind fürgeben, die wir kilchhörinen
nennend. Dann Christus hat mit dem sinem gebott verhueten
wellen, das ghein rüdig schaff die andren ouch verdarbte;

--282--

denn nüt ist zerter dann die menschlichen sitten. Wo die anhebend
verbösret werden, da krüchend sy für und für. Sölichs zuo verhueten
ist nieman gschickter dann der wächter unnd die gmeind. Die mögend
des verergrenden mißthat aller bast erkennen, aller bast sin gmuet
bschetzen und sehen, wie er sich bessere. Nit, daß es allein durch
den wächter beschehen mueß; es mag sölichs ein ieder thuon, wo der
wächter sümig wär.
Und nimm war, wie ein guot, heilsam ding wäre der bann, so man
inn recht bruchte. Den unverschampten eebruch, das offenlich gotslestren,
dochteren bschyssen, füllen, übel reden, muessig gon, kriegswarten,
kuplen, verretschen, liegen unnd sölche laster, die den
Christen vil unruow gestattend, die verbannete man alle und brächt
sy uß der gmeind. So habend die fladensegnenden bischoff allen
gemeinden, allen pfarreren den bann genommen, und bannend sy doch
nieman, denn der wider sy redt oder tuot, oder irem gricht nit gnuog
thuot oder ire schryber nit bezalt. Verzyhend mir, lieben bischoff
imm Schwytzer- unnd Schwabenland! Ir habend in vergangnen
jaren den tötlichen krieg gsehen, den die zwey völcker wider einandren
ghebt hand, Christen wider Christen, und wüssend wol,
das sich derselb gemacht hat zuo eim teil allein von uppiger, erlogner,
schantlicher schmachred wegen. Denn das unchristenlich laster,

--283--

das die Schwaben (doch nun die uppigen und selenlosen buoben;
die frommen hand mißval daran, zwyflet mir nit) einer Eydgnoschafft
zuoschryend, wirt uff erden nienen rüher gestrafft denn by
den Eydgnossen. Zum andren, daß by den Eydgnossen ouch
lychtlich erfunden werden mögend etlich, die uß hochmuot oder muotwillen
die Schwaben tratzend, es sye uff kilchwyhinen oder andren
orten, daruff grosse gevarligheit kriegs und anders unradts stat;
herwiderumb der Schwaben tratz gegen inen ouch nüts guotes bringen
mag. Soltend ir bischoff nit vorlangst zuogesehen han, das man
die unchristenlichen red mit dem wort gottes gewert hette? Und
welcher im nit hette weeren lassen, an dem hette man den bann gebrucht;
so hette die gemeind oder kilchhöry sölich läcker ußgeschlossen
unnd verbannet, und wäre vil übels vermitten. Nun
sind ir doch sust geflissen gnuog, die casus reservatos ußzeschicken,
und den bettel an unser frowen buw inzeziehen, consolationes,
collectas, penales, primos et secundos etiam fructus, subsidia,

--284--

procesgelt, absolutzen und derglychen. Daby soltend ir billich
einmal ein schön christenlich leer haben an alle pfarrer lassen gon,
wie sy mit dem wort gottes söliche närrische anfechtung des zorns,
hasses und kranckheit der beden starcken nationen niderlegen söltind,
darus fryd, früntschafft unnd gotsforcht gepflantzt wurde zuo beden
syten. Zürnend nit! Ich fürcht, es sye üch nie in 'n sinn kummen.
Wie aber, das ir keines jars der vergeltungen vergessen hand und
sölich christenlich ansehen gheins jars nie gedacht hand? Also
mag man von andren bischoffen ouch verston durch die gantzen welt
hyn. Wissend ouch, das ich sölichs gern hab anzeigt; nit das ich
hoff, das ir üch daran stossen werdind, sunder das ich dheinen zwyfel
hab, die frommen wächter oder pfarrer werdind sölchen weg an die
hend nemmen.
Ietz kumm ich widrumb uff die ban des bannes. Das also der
bann allein einer ieden kilchhöre sye, die den verergrenden sol
bannen, und gheines besundren menschen, lerend die wort und that
Pauli 1. Cor. 5. [1. Cor. 5. 1-6]. Do einer mit siner stüffmuoter ze
schaffen hat, spricht er: Es ist schlecht, das man by üch von einer
unküschheit hört, die ein söliche gstalt hat, das sy under den Heyden
ungenent ist, namlich, das einer mit der eefrowen sines vatters ze
schaffen hab. Und sind aber ir uferblasen, so ir doch mer soltend
darumb getruret haben, das, der söliches werck gethon hat, under üch
hingenommen wurd. Es hat aber mich schon guot beduocht - wiewol
ich mit dem lychnam abwesend, bin ich doch mit dem geist
gegenwürtig -, das man den, der sölichs gethon hat, nachdem üwer
und min geist versamlet syind, imm namen unsers herren Jesu Christi
mit der krafft unsers herren Jesu Christi einen sölichen dem tüfel
geb zuo verderbnus des fleischs, damit der geist heil werde am tag
des heren Jesu. Uwer ruom ist nit guot. Wüssend ir nit, das ein
wenig hebels den gantzen teyg verheblet? Darumb so rumend us
den alten hebel, damit ir ein nüwer teyg syind, alsdann ir das sueß,
unverheblet brot sind etc. Und darnach im selben cap. [1. Cor. 5. 9-11]:
Ich hab üch gschriben, das ir üch nit vermischind, ob einer ein bruoder

--285--

(das ist: ein Christ) genent würt, der aber ein huorer oder unküscher
oder ein gytiger oder ein abgötter oder ein klapperman oder ein
trunckner füller oder reubig und nämig ist, ja, das ir mit eim
sölichen nit essen söllend.
Uß den worten Pauli ermißt man alle gstalten des bans.
Zum ersten was die sünd des, der sin stüffmuoter schwacht,
offenbar; denn er spricht: Man hört gentzlich by üch von einer unküschheit
sagen.
Zum andren ist nit gnuog, das man wüsse, daß es unrecht sye;
man sol das laster hassen und hinnemmen.
Zum dritten, das Paulus inn nit allein hat mit siner gschrifft
bannet, sunder inn der kilchen in Corintho anzeigt; also ist er erst
von derselben inn bann geworffen.
Zum vierden, das Paulus und die kilchhöry in Corintho sölichs
nit uß eigner krafft, sunder uß der krafft Jesu Christi gethon hand,
welche on zwyfel die ist, daß er spricht Mat. 18. [Matth. 18. 18]: Was
wir bindind uff erden, das sye ouch imm himel gebunden. An welchen
worten und diser gegenwürtigen that wir eigenlich sehend, das binden
und entbinden ouch der kilchhöre ist und nit eins einigen, der sye,
wer er welle.
Zum fünfften, das sölich hingeben dem tüfel nun den lychnam
ußschlüßt, verstand: so verr er sin mißtat bekent und rüwet, unnd
mag der seel nit schaden, sunder sy wirt heyl darab.
Zum sechßten, das die unverschampten laster glych verergrend,
als ein hebel für und für versürt, bis er den gantzen teyg heblet.
Zum sibenden, das man die laster der unküschheit, des gyts,
der abgöttery etc. und derglychen bannen sol.
Es mag ouch uß dem bann glych so wol nieman lassen denn die
kilch mit dem wächter, als Paulus 2. Corinth. 2. [2. Cor. 2. 5-8] anzeigt,
das sölich widerwertigheit inen zuogewisen syg, darumb, daß das
laster nit inen allen zuo argem gemessen wurd oder sy all übergieng.
Die straff sye aber nun gnuog über den sündigen ggangen; darumb

--286--

söllend sy inn trösten; dann er bitte sy, das sy im widrumb liebe und
gnad bewysind. Uß welchen worten Pauli (die ich doch nun kurtzer
meinung hab anzeigt) wir eigentlich hörend, das diser sünder, den er
hat gschafft verbannet werden, sölichen rüwen hat über sin laster
gehebt, das Paulus ein vernuegen daran hatt, und die gmeind ermanet,
sy sölte inn widrumb begnaden. Also, kurtz von der sach geredt,
hört ein ieder wol, das der bann nit der gebietenden bäpsten noch
bischoffen ist, sunder allein der kilchen, das ist: gmeind mit dem
pfarrer; doch das das endtlich urteil der kilchen, das ist: gmeind, sye,
sust niemans. Derglychen ouch das entledigen.
Sprichst: Ich hör eigenlich, das der bann tyrannisch prucht wirt;
denn so man inn anderst brucht, dann got geordnet hat, mag ich wol
mercken, das er nit krafft hat. Wie sol ich im aber thuon, so sy inn
uff mich legend umb geltschuld oder umb ander ursachen, die der
gstalt christenliches bannes nit glichförmig sind? Antwurt: Es ist
nieman on einen obren. Zuo dinem obren soltu gon und vor demselbigen
dich enbieten nach innhalt sines rechten, gnuogthuon oder
den span rechtlich verstatten, wie statt- oder landßbrüchig ist, und
sölichs dinem widersecher kund thuon, unnd demnach als vil umb den
bann geben (so verr uffruor nit darus entspringt) als umb eins betrisen
tröwen oder eins zornigen wybs fluochen; denn es ist warlich
nüt anderst denn ein onmechtigs tröwen, das dem menschen an der
seel nit schadet. Denn das binden und entbinden ist allein der gemeind;
das mag weder bapst noch bäpstin brechen. Es mag ouch
nieman gebannet werden noch ist bännig vor got, denn wie hernach
volgt.
Der zwen und dryssigst artickel.
Das man allein den bannen mag, der offenlich
verergret.
Diser artickel ist vorhin schon starck gnuog bewärt uß den worten
Christi Mat. 18. und Pauli 1. Cor. 5., darumb ich alle pfarrer umb

--287--

gots willen erman, daß sy ir seel säligheit ansehind und das nützlich
schwert des bans nit mißbruchind mit iren armen schäfflinen, sy nit
umb schuld bannen lassind, wiewol ich weiß, das sy by gott nit gebunden
noch verbannet sind, so sy nit gebannet werdend, wie Christus
es hat uffgesetzt; noch werdend ir arme conscientzen übel verletzt;
denn sy sind ingfuert mit falscher leer, das sy sölchen bann etwas
wenend sin; darzuo werdend sy übel geschendt vor den menschen, das
aber so schwär gesündet ist Mat. 18. [Matth. 18. 6] (also verstat am
selben ort Chrisostomus scandalizein [σκανδαλίζειν]). Denn was
mag des menschen hertzen trurigers begegnen, weder so er in siner
conscientz sich selbs des tüfels und verdampt sin schetzt? Oder womit
kan man einen menschen mee gschenden, weder so man inn vor
der gantzen, wolversamleten gmeind gschendt? Sehent ir nit, lieben
mitbrueder, daß die mißbrucher des bannes vil ungnädiger und rüher
damit farend weder die weltlichen herren? Die straffend nieman
offenlich, denn der sich mit grosser mißthat vergangen hat. Und so
es schuld antrifft, so türnend sy den schuldner one verletzen der
conscientz (das das gröste verletzen ist) und one gschenden vor der
gantzen gemeind. Aber dise bannend einen armen umb siner armuot
willen und habend erst grosse, grusame zünselwerck darzuo erdacht,
damit sy den armen dem tüfel zuobeschwerind; und bruchen sölch
butzenspil vor gantzer gmeind, daß doch billich ee sölte gelächter
bringen dann forcht; und macht aber ein sölchen grusen und verzwyflen,
das ich bsorg, es syind unzalbarlich seelen dadurch ermürdet.
Dargegen erman ich üch ouch widrumb, das ir die heilsame des
bannes wol ermessind. Denn was mag die offnen sünd bas hynnemmen

--288--

und besseren denn der bann? Nimm war! So du einen offnen eebrecher
under diner kilchen hast, der die gantzen gmeind verergret,
wie kanstu im wyslicher thuon, dann zum ersten inn allein früntlich
ermanen; laßt er das laster nit, einen oder zwen zuo dir nemmen und
noch ernstlicher angryffen; laßt er sin wyß nit, inn der kilchen, das
ist: gmeind, fürlegen; die würt inn darnach ußschliessen und widrumb
zuo ir nemmen, wenn und wie sy got ermant. Deßglychen in allen
offnen lastren, die doch also sind, das man die ougen darzuo nit kan
mit eeren zuothuon. Denn sust sind wir alle sünder, muoß ie einer dem
andren verzyhen und nachgeben; aber in den unverschampten dingen,
die so übel verergrend, muoß man ouch die ysinen ruot Christi
bruchen - denn sy ist heilsam -, das nit der gantz lychnam gefült
und verderbt werd. Was möcht nun schöner sitten under cristenem
volk erziehen weder der bann, wie ob stat gebrucht?
Und wie ich anzeigt hab in einem laster des ebruchs, also sol
man von allen verston, dero ich den grösten teil davornen anzeigt
hab, doch uß der meinung Pauli.
Hie mag ich wol gedencken, das ir, lieben brueder und mitarbeiter
imm wingarten gottes, sprechen werdend: Ja, wer beschirmpt mich?
Ich mag wol gedencken, das der bann mißbrucht wirdt; so aber ich
inn anheb recht ze bruchen, laßt mir der bischoff sölichs nit nach.
Antwurt: Der allmechtig got, der allen radt der gotlosen zuo nüt richt,
der wirdt dich beschirmen; und beschirmt er dich nit vor gwalt,
wirt er dir doch tucht und tugend geben, das du die durächtung
des lychnams mannlich tragen wirdst; es muoß nun also zuogon.
Christenlicher gloub ist in dem bluot Christi zum ersten grundlichen
gevestet, darnach durch das lyden und bluotvergiessen der
predigenden treffenlich gewachsen. Also, gloub ich, muesse er widrumb
gesübret werden mit vil bluotvergiessens. Nun gond mannlich daran
und fürchtend die nit, die üch den lychnam mögend töden; sy mögend
der seel nit schaden. Lerend ir alle hoffnung in got haben, so zeigend
üwren glouben zum ersten an mit gedult bis in den tod, dann würt
alle menschen sehen, das ir das zytlich verschetzen umb des ewigen
willen, so ir den tod so mannlich lydend, darumb, das ir zuo dem

--289--

ewigen bald kömmind, wiewol ich darinn nit wil, das sich einer ze
frävenlich oder ze frue in den schaden werffe. Dann söltind die
botten in anfang des predgens glych getödet worden sin, wie wäre
christener gloub uffgewachsen? Sunder mit allem ernst söllend ir
zum ersten die warheit trülich leren. Ir predgend doch nun vor
denen, die Christen genempt wellend sin; so werden sy ouch dem
wort Christi losen, und wird got sin wort wechsen und meren.
Und ob ir etwan den blöden oder unwüssenden mögend one nachteil
der warheit vorgeben, thuond das und sind one zwyfel; got wirt üwre
weg wol schicken. Flyßend üch sines wortes mit der leer und that, und
lassend demnach inn walten; er wirdt 's wol schicken [cf. Ps. 37. 5].
Ich sag uß miner armen conscientz, das ich offt sorgveltig bin xin,
die leer Christi wurde vertriben an etlichen orten. Bald hat got
sin kunst erzeigt; und do ich von hilff nit hab gewüßt, da ist die
hand gottes gewesen. Ee hat er durch ein armes wyb sin leer fürbracht
oder durch ungelerte, einvaltige menschen. Darumb sind
unerschrocken! Woltend ir nit als redlich stryten, als die alten gethon
haben? Nun sagend ir doch, ir nemmind 's in d' hand wie die
uralten, und gloub üch das. Meinend ir, das got nit als starck sye,
all üwer fyend ze überwinden mit üwrem glouben, als er ie xin ist?
Es werdend ouch die frommen fürsten unnd vorus land und stet,
die eigne regiment fuerend, sobald sy den rechten bann glernend erkennen,
üch mit allem vermögen bschirmen. Und so verr ir under
andren mißbrüchen der falsch geistlichen den bann recht harfür
bringend, so ist des bapsts pracht und muotwill schon umbkert;
denn er hat allein uß der glesinen büchs geschossen. Nit, das sich
des weltlichen gwaltes ieman trösten sölle, sunder sich fröwen, das,
nachdem man die warheit nit wil uffkummen lassen unnd sy aber mit
der gschrifft nit widerfechten kan, sunder mit dem lyninen harnest

--290--

des bannes understat ze bekriegen, ja, das man ietz sicht, das sölch
schütz und waffen nüt schadend. Ja, sy bringend nutz, eer, freud
und säligheit; denn Christus redt Luc. 6. [Luc. 6. 22f.]: Ir werdend
sälig, wenn üch die menschen hassen und ußschliessen und bschlecken
werdend und üwren namen verwerffen von des menschen suns wegen;
fröwend üch etc. Des söllend sich alle menschen fröwen, besunder
alle gwaltigen, das sy die redlichen verkünder des worts gottes geschirmen
mögind vor den wolffen, die ir gsang nit erlyden könnend.
Denn so man ire zän des bannes nümmen fürcht - als man keinen
bann fürchten sol, denn den, der umb sünd von der kilchhöry wirdt
uffgelegt -, so werdend sy bald alle krafft verlieren. Darumb lassend
sy die zän emblecken und russen, wie sy wellend; und fürchtend üch
als übel, als ob üch meister Ysengrind im himelrych mit der kellen
trowte. Und damit die falschen brueder (die aller schädlichest sind)
nit statt habind unrecht ze leren under üwrem schirm, söllend ir sy ufhalten,
als Petrus lert, das sy allen menschen rechnung und antwurt
gebind irer leer vor der kilchen, die sy glert hand [cf. 1. Petr. 3. 15, 4. 5].
Denn so ir sy den bischoffen an ire höf lassend, so zwingend sy die
forchtsamen und trostlosen zuo widerrueffen, dero ich etliche gesehen
hab, die so unchristlich gewesen, das ich mich warlich der bischoff
erbarmt, das sy so selenlos widerrueff eim Cristenmenschen hand
gdören zuomuoten. Es hette der Türgg keyn ander gotsverleugnen
dörffen eim Christen zuomuoten, denn sy gethon hand. Darumb, so
üch die bischoff erfordrend umb üwre lerer, ir söllend inen die ze

--291--

verhören schicken, thuond es gantz nit. Haltend aber die erfordreten
uf an die zuokunfft der bischoffen, unnd lassend sy mit der gschrifft
vor aller kilchhöry überwunden werden, so könnend sich die bischoff
nit clagen, und mögend die läcker, die sich ouch under dem namen
der lereren Christi verkouffend, nit geschaden, und mag die kilch
nit verfuert werden; denn man wirdt glych sehen, welche recht mit dem
wort gottes umgond oder nit. Und so die bischoff üch bannen werdend,
so lobend got; denn es ist ein gwüß zeichen, das sy mit der gschrifft
nüts dörffend ze handen nemmen. Also werdend ir sehen, wie sy
verderbend glych als kürpsen, die nit fuechte habend; denn all iro
krafft ist menschentant. Und wenn man demselbigen so vil gloubens
gibt als dem zegynerwarsagen, so ist es umb sy gschehen. Ich weiß
ouch wol, das mich mit sölichem radtschlag ghein warhaffter schelten
kan, als aber die Bäpstler thuond: ich lere ungehorsam sin; denn ich
leer die rechten christenlichen ghorsame, die allen lasteren das
bremis inlegt. Das wort gottes lert selbs, wie man die schädlichen
wolff vermyden mög, die nun uff den seckel gsehen habend, und die
selen nit allein verkürtzt, sunder selb selb ermürdt. Und wölte
got, daß die bochhansen, so die meinung inen nit gevallen wurde,
sich nun mit gschrifft harfür liessind; ich wölte inen die abgötery
erst recht uffheben. Es hat niemand so ruch noch nie geschriben,
der ire laster nach noturfft gelüteret hab; dieselben ire laster mag
man alle hynnemmen, so man den bann recht brucht. Denn iro bann
gilt denn nüt me, mit dem sy aber all ir schalckheit beschirmpt
habend. Und noch hüt by tag, wer so unbericht ist, das er sy fürcht,
der fürcht sy nun von des bans wegen. So der nun hingenommen,
wirt die leer Christi erst recht zuonemmen. Amen.

--292--

Der dry und dryssigst artickel.
Das unfertig guot nit templen, klöstren, münchen,
pfaffen, nonnen, sunder den dürfftigen sol ggeben
werden, so es dem rechten besitzer nit widerkert
werden mag.
Disen artickel möcht ich by den Bäpstleren erobren, wenn sy
hertzen hettind, die irer eignen leer gstuendind; dann ich wol ingedenck
bin, das ich by iren eignen summisten - die ytel wär ietz harfür
ziehen - gelesen hab, daß unfertig guot zum ersten sölle dem widerkert
werden, dem es abgetragen ist. So aber der entwäre, denn
ghört es den armen. Ob es denen ouch nit möchte ggeben werden
uß ursachen, so ghört es denn erst den templen. Aber sy sind so vil
in die flucht kummen, das sy aller dingen verleugnend; irer eignen
lereren haltend sy sich nit; das wort gottes lassend sy sich nit bezwingen.
Also volgt, das sy got sind; und, die in sy gloubend,
heissend billich Bäpstler, glych wie die, die in Christum gloubend,
Christen heissend.
Hie muessend wir den letsten teil zum ersten an d' hand nemmen,
namlich:
Das unfertig guot zum ersten dem widerkert werden
sol, dem es entwert ist.
Das lert got durch Moysen exo. 22. [Ex. 22. 1]: Welcher einen
ochsen oder ein schaff gestoln hat und den gemetzget oder verkoufft,

--293--

der sol fünff ochsen für den einigen widergelten und vier schaff für
das einig. Wie man vom diebstal redt, also sol man verston von aller
frävenen nam oder roub. Denn er spricht widrumb Isa. 61. [Jes.
61. 8]: Ich bin der herr, der grecht lieb hat, und verhaß die nam,
ob sy mir glich uffgeopffert wirdt. Uß den worten vermercken wir,
das er im nit wil gevallen lassen, ob man glych in sinem namen das
hingibt, das genommen oder geroubt ist. In eim fürgon: Wo sind
ietz die grossen reuber (ich mein: die tyrannen), die ihre armen underthonen
beroubend über eer und recht (verstand mine wort nun von
nüw erdachten uffsätzen. Was herschafftrecht ist, weißt man wol.),
und zum letsten stifftend sy ein kloster oder pfruond? Meinstu, ob sy
gen himel kummind? Ich hab gheinen zwyfel: Der roubhingeber und
der nemmer kömmind zemmen; got bewys inen denn grosse gnad.
Dann der reuber solt ienen sins nitt genommen haben, der abnemmer
aber solt im 's nit abnemmen; denn er solt gsprochen haben: Es
ghört mir nit. Bring es dem wider, dem du es genommen hast.
Verhuet dich wol, frommer man! Die nam ist mißlich. Laß
dir den närrischen pracht diser welt nit ze lieb sin: er wirdt dört
übel brennen.
Der meynung ist ouch Christus Mat. 5. [Matth. 5. 23f.]: So du
din gab zuo dem altar opfrest (diß redt Christus uff die zyt, in dero
man noch die opffer brucht) und dir daselbst in 'n sinn kumpt, daß din
bruoder etwas wider dich anzesprechen hat, so laß din gab vor dem
altar ligen, und gang vor hin und versuen dich mit dinem bruoder;
und so du denn kumpst, opffer din opffer. Diß versuenen lut nit
allein uff haß oder fyenschafft fryden, sunder von allem versuenen.

--294--

Nun wirdt der gschediget ie nit gefridet, im werde denn das sin
widerleit. Also, heißt Christus versuenen, heißt er ouch die nam
widerlegen.
Item es lert das widerlegen ouch das gsatz der natur. Denn
wiltu dir widergelegt werden, das dir abgetragen ist, so wirstu sölichs
ouch thuon.
Item Christus seit mit hällen worten, das die pfaffen oder
Phariseer, die vatter und muoter mit irem abschwätzen hilfflos
machtend an iren kinden, das gebott gottes überträtind; denn sy
lartend, ob ein sun inen etwas gäbe, das darnach vatter und muoter
hieschind oder bedörfftind, sölte der sun reden: Vatter, ich hab 's
umb dinetwillen in den schatz der kilchen ggeben, und enteeret damit
den vatter unnd muoter [Matth. 15. 4-6, Marc. 7. 10-12]. Hie heißt
"eeren" nit allein "eer enbieten", sunder ouch "helffen". Hat nun
Christus imm alten bruch das gylen verhaßt und me gwelt,
das sin gebott ghalten wurd, weder das der tempel geziert wurd, so
volgt ouch, das er nit wil, das du dem nächsten sin guot hinnemmist.
Und so du es aber gethon hast, so volgt, das du im es widerlegist.
Was wellend hie alle genante geistlichen sagen? vorus die kuttentynser,
die sich nit zuo törnen noch tistlen sunder zuo den feißten
fygenböumen und rebstöcken fuegend, und mit schmeichlenden,
falschen worten der armen kinden erb an sich bringend; legend den
sterbenden kutten an, doch muoß er 20. guldin geben; fuerend inn in
das kuel grab hin mit einem gar suessen gmürmel, daß du wenst, die

--295--

hurnussen kömmind mit macht gezogen. Ja, was wend sy sagen,
so sy hörend, das Christus die pfaffen und Phariseier umb ir
gylen so übel gescholten hat? Und sy zühend an sich, das der
armen ist, glych als ihene an sich zugend, das vatter und muoter ghort.
O ir glychßner und verkerer des götlichen willens und wortes!
Ob aber alles unfertig guot sölle widergeben werden, dem es ist
abgezogen, wirdt hernach kummen.
Ietz volget der ander teil diser schlußred:
Das unfertig guot, nachdem es dem rechten bsitzer
nit widerkert werden mög, den dürfftigen sölle gegeben
werden.
Das bewärend wir uß dem wort Christi Luc. 16. [Luc. 16. 9]:
Machend üch fründ uß dem unredlichen rychtag, das, nachdem ir
prästhaft werdend, sy üch uffnemmind in die ewigen hütten. Dise
fründ, die wir mit der gab der unredlichen rychtag machend, sind die
armen, uber die uns Christus verheißt, was wir inen thuon werdind
in sinem namen, das welle er uns belonen, sam wir im 's gthon hettind
Mat. 25. [Matth. 25. 40]. Die werdend uns in die ewigen hütten oder
wonungen ze herberg annemmen. Es mögend ouch hie unredliche
rychtag verstanden werden alle rychtag, die aber Christus unredlich
nempt, daß sy selten uß rechtem gemuet zemmengelegt werdend. So
man aber alle rychtag hie verstat, schadet es unserer meinung nüt,
sunder vestet es sy; denn söllend wir alle rychtag mit den armen
teylen, vil me, die wir wol wüssend unredlich überkummen sin. Das
aber diß der sinn diser worten Christi sye, namlich, daß er uns die
rychtag heisse hingeben, zeigent die nachkummenden wort [Luc. 16.
10-12] an: Welcher uffrecht ist in dem kleinsten, der ist ouch in vil
uffrecht; und der in dem kleinsten unrecht ist, der ist ouch in vil
unrecht. Sind ir nun in dem unredlichen rychtag nit uffrecht xin,

--296--

wer wil üch des waren vertruwen? Ouch: Sind ir in frömbdem nit
uffrecht oder trüw xin, wer wirdt üch das üwer vertruwen? Hie heißt
"das kleinst, das uns got empfilht" die rychtag; denn er nempt 's
bald darnach selbs also: "Sind ir nun in dem unredlichen rychtag
untrüw" etc., hatt die meinung: So üch got rychtag verhengt und ir
mißbruchend 's, wer wil üch das war gdören empfelhen, das ist: die
hohen gaben sines wortes, siner leer und siner wyßheit? Denn ziehend
ir die rychtag unredlich zuo üch, so wurdind ir ouch das guot der warheit
felschen etc. Also heißt ouch zum letsten "das üwer" nüt anderst
denn: das dem menschen eigenlich zuogehört, das ist: got recht erkennen,
inn allein für unseren schatz haben.
Item Christus spricht aber Luce. 11. [Luc. 11. 39-41]: Ir Phariseier
reinigend das ußwendig am trinckgschirr und der platten,
aber innerthalb sind ir voll roubs und boßheit. Ir toren! Hat nit
der, so das ußwendig ouch das innwendig gmacht? Aber gebend von
innen harus almuosen, so werdend üch alle ding rein. Hie seyt
Christus den ersten teil dis sinnes figurlich, namlich: das die Phariseier,
glych als so einer sin trinckgeschirr oder schüßlen allein ußwendig
sübrete unnd den wuost innwendig liesse blyben, sich also
ußwendig vor den menschen schönind, aber innwendig syind sy voll
roubs und boßheit; sy gebind wol almuosen, doch nun zuo eim schyn,
aber ir hertz gedenckt innwendig nach dem roub; den söllend sy
von iren gytigen hertzen ryssen, und, das sy erroubt habend,
harfür den armen geben, so werdind inen alle ding rein. Ist klar
gnuog, das man der gstalt, so man den roub den armen gibt, von der
nam erlediget werde.

--297--

Zum letsten volgt,
Das, so das unfertig guot dem rechten bsitzer nit
widerstelt werden mag, den armen ghört, warlich
nit ann tempel, klöster, nit münchen, nonnen, pfaffen
gehört.
Hie ist ouch ze mercken, das unfertig guot in vilvaltigem underscheid
ist, von welichem allem ze sagen lang wäre. So aber nit von
einer ieden gstalt in den worten gottes klarlich geredt ist, und aber
etlich gstalten sind, da nit guot wäre, das das unfertig guot widerumb dem
ggeben wurde, von dem es kummen ist. Als: So ein houptman von
eim frömbden herren, der inn nüt angat, groß guot empfangen hat,
ist dem herren nit gewalt beschehen noch unverhuet genommen,
sunder er hat es williklich hinggeben umb die dienst des houptmans;
deßhalb im der houptmann nüt schuldig ist ze widerkeren. Noch ist
es dem houptmann nit ein rechtvertig guot; darumb sol er es den
armen geben. Etliche gstalten aber sind, da man das unfertig guot nit
widergeben mag, uß der ursach, das es von so unzalbarlichen menschen
zemmengelegt ist, als leyder zuo unseren zyten die monopoli, das ist:
die einigköuffer, die gantzen Christenheit beschwärend und legend
unsaglich guot zuosamen, das doch gar nit fertig ist; denn sy tringend
mit iren finantzen zuo grosser türe und sind schuldig, sölich guot ze
widerkeren. Wie wellend sy aber das thuon? Sy mögend nit zuo allen
menschen kummen. Darumb ist not, das sy es den armen widerkerind,
das ist: hingebind.
Was aber ein lutre, unverdiente nam ist, gehört dem besitzer
wider. Diß min beduncken, wie ich vor gseit hab, mag ich mit
hällen worten nit bevesten; ich hab es aber uß den vordrigen worten

--298--

Moysi und Christi gemessen, ouch uß dem gsatzt der natur; nit
der gefelschten natur, sunder der natur, die got mit sinem wort lert
in den hertzen der gleubigen menschen.
Uß denen dry gstalten mag sich demnach ein ieder ergichten
und messen, unnd welcher noch lüteres findt, wil ich mich gern
wysen lassen vom widerkeren des unfertigen guots. Sust stat die
schlußred styff, das es klostren, templen etc. nit ghört. Es hilfft ouch
nit inreden, das numeri am 5. capitel [Num. 5. 8] stat; denn der
pfaffenstand ist hingenommen und verwandlet Hebr. 7., wie da oben
häll ist anzeigt. Ouch hörend wir eigenlich, daß Christus das unfertig
heißt den armen geben. Wir habend ouch da oben im 24. artickel
gnuog anzeyget, wie es ein schmach gottes ist, das man das
unfertig guot damit recht wil machen, so man einen teil gott davon
gibt, sam wir inn damit gschweigen und des roubes teilhafft wellind
machen.
Von obergheit.
Der vier und dryssigest artickel.
Der geistlich (genempt) gwalt hat sines prachtes
gheinen grund uss der leer christi.
Geystlichen gwalt nenn ich hie die höhe der fürgsetzten zuo geistlichen
dingen unnd zuo weltlichen herschen, als ob ich spräch: Der
geistlichen herschafft hat irer hochfuor gheinen grund in der leer
Christi. Das sy also zum ersten ghein hochfuor oder herschafft fueren
söllend in irem ampt, ob sy glych dasselb sust wol und recht verwieltind,
bewär ich durch das eigen wort Christi, der all weg, so

--299--

die junger von der obreste geredt hand, inen von der nidre des
geistes gseit hat, in welicher sy die höchste söllend suochen Mat. 18.
[Matth. 18. 1-3]: In der stund sind die junger Jesu zuo im ggangen,
sprechende: Welicher ist nun der grösser oder obrer imm himelschen
rych (das ist: in der kilchen, darinn der himelsch vatter herr und
trost ist)? Und Jesus hat ein kindly zuo im beruefft und es in mitz
under sy gestelt unnd gsprochen: Warlich, sag ich üch, es sye denn,
das ir üch bekerend unnd werdind als die kindle, so mögend ir nit
ingon in das rych der himlen. Dise wort sind als häll, das die
junger do ze mal noch treffenlich fleischlich sind xin, so er spricht: "Es
sye dann, daß ir üch bekerend", das sy nit häller und kürtzer köndind
sin. Dann, so er wil, das sy sich bekerind, zeigt eigenlich an, daß
sy bis dahyn offt angefochten sind; welchs aber er nit erlyden wil,
sunder, das sy die meinung gar hinlegind und der obergheit als
wenig nachfragind als die kindli, die nüt darvon wüssend. Und
spricht bald darnach [Matth. 18. 4]: Welicher sich nun demuetiget als
dis kindle, der ist groß oder hoch oder obrer imm rych der himlen.
Wir findend überal in dem wort Christi nienen, das joch in dem
ampt des predgens noch des wercks gottes Christus einigerley
gwalts Petro oder eim andren habe für ander ggeben. Aber findend
wir hie mit lutren worten, daß die höchste under allen Christen
eim ieden ist uffgethon, das, welicher der niderträchtigest, der miltest,
der guetigest, der kintlichest imm gmuet und an den sitten ist, der ist
der höchst. Also volgt, das, welcher strytet, wie er der höchst sye,

--300--

daß der gottes gar nit ist; denn dise höchste der demuetikeit ist gheinem
menschen bekant, sunder got allein.
Diß leret er widrumb in dem lob Ioannis des teuffers Matthei
11. [Matth. 11. 11]: Warlich, sag ich üch, das under den sünen der
wyben ghein grösserer erstanden ist denn Iohannes der töffer.
Welcher aber der minder ist in dem rych der himlen, der ist grösser
denn er. Hie wil Christus die grösse Iohansen anzeigen uß der
grösse der demuetigheit. Noch hat er in disem wort die mas der demuetigheit
nit ingezünt, glych sam nieman demuetiger werden mög dann
Iohannes ist xin; sunder würt einer noch minder und demuetiger
under den gleubigen, die das himelsch rych sind, denn Iohannes
ist xin, so ist er grösser. Ich laß mich hie nit irren, daß ich keinen
vorgenger hab in disem sinn. Man weißt wol, was das rych der himlen
heißt in vil orten des nüwen testaments, namlich nüt anderst weder
die gleubigen menschen. Also wil Christus hie aber anzeigt haben,
das got nit by dem pracht, nit by hohem schyn oder namen die höhe
ermißt, sunder by demuetigheit; in dero habe noch gheiner Iohansen
übertroffen, der ie geboren sye. Welicher aber inn übertreffen welle,
muesse das mit demuetikeit ze handen nemmen. Das die vordrigen von
Christo hie geredt habend oder von den englen, dunckt mich gar an
diß ort nit hören.
Kurtz: Die höhe, nach dero die bäpst und bischoff strytend,
hat gheinen grund, sunder Christus seit inen mit sinen jungeren
häll: Es sye dann, das sy sich bekerind von der fleischlichen bgird
der höhe, so mögend sy nit ingon in das rych der himlen. Unnd sy
hand vast alle darnach gestritten; so sind sy ouch nit in das rych der
himmlen ynggangen.

--301--

Petrus, den die bäpst ir houpt machend und inn einen fürsten
der apostlen nennend, das sy doch in der geschrifft nienen findend,
der spricht 1. cap. 5. [1. Petr. 5. 1-3]: Die elteren oder priester, die
under üch sind, erman ich, ein mitpriester etc.: weidend das chütt
schaffen Christi, das üch empfolht ist, uffsehende nit zwanglich,
sunder selb williklich, nit schnöd gytenklich, sunder mit geneigtem
gemuet, ouch nit, das ir über die teil (verstand: gottes) ruch oder
hartiklich herschind, sunder söllend ir ein vorbild sin des chüttes.
Dise wort Petri verbietend alles herschen den pfaffen oder genanten
geistlichen unnd sind nach verstand etlicher worten gantz
klar. "Priester" heißt: einen elteren oder züchtigeren oder ernstlicheren.
Also söllend die priester sin. Darnach nempt sich Petrus
selber nun ein mitpriester, nit obren oder bapst. Darnach heißt er die
schaff weyden; das ist das einig ampt der pfaffen, das sy weydind.
Darnach heißt er sy ufsehen; das ist: bischoff sin; dann bischof ist nüt
anders dann ein wächter. Darnach söllend sy nit zwanglich sunder
früntlich ir ampt verwalten und under sich nieman zwingen, sunder
so vätterlich halten, das inen alle menschen selber willigklich gern
gehorsam syind. Darnach söllend sy uff den nutz nit sehen, sunder
uß geneigtem gemuet, das ist: uß liebe gottes und des menschen, die
leer gottes fürhalten. Darnach, das sy über die teil, das ist: kilchen
und gmeinden gottes, die inen empfolht sind, nit herschind als die
ruhen herren, sunder wüssind, das sy nüts anderst sind denn ein
vorbild, nach dem, die inen empfolcht sind, sich gstalten söllend.

--302--

Hie, wirff, du einvaltiger, diß wort Petri den Bäpstleren hantlich
für und sprich: Ir redend, üwer pracht habe grund uß Petro har,
und Petrus sye der obrest xin ze Rom; also sye ouch üwer bapst
der obrest. Das aber an der warheit nit ist; iedoch wil ich üch das
schencken. Warumb volgend ir denn nit dem wort Petri, da er
so heiter allen üwren pracht verbüt, wiewol das wort nit Petri,
sunder gottes, des heiligen geistes, ist? Ist Petrus der urhab
üwers sitzes, warumb sehend ir nit uff sine wort? Sich, wie ist das
bapstuomb so wol ggründt! Ja, uff sinen eignen muotwillen mit verachtung
gottes und siner jungeren! Diser zweyen kundschafften ist
gnuog, ze bewären, das die pfaffheit gar nit herschen sol, joch in dem
ampt, das inen got bevolhen hat, sunder mit nidertracht groß sin
und mit christenlichen sitten, damit man an inen ein ebenbild
nemme, wie man wandlen söll.
Darnach soltend sy noch vil weniger weltlich herschen, als da
oben ouch ist anzeigt. Darumb ich hie nach der kürtze wil dardurch
gon.
Luce. 12. [Luc. 12. 13f.]: Es sprach einer uß dem volck: Meister,
red mit minem bruoder, daß er das erb mit mir teile. Antwurt im
Christus: Mensch, wer hat mich zuo eim richter oder erbteiler über
üch gesetzt? Sich, der herr aller dingen wil sich des erbs nit annemmen,
sunder wyßt den span für die richter. Und die sich an statt
gottes sitzen ruemend, zühend alle gricht und recht zuo inen, wellend
über alle recht sin und haltend doch ir eigen recht nit.
Item als die junger Luc. 22. [Luc. 22. 24-26] under einandren
forschetend (das habend sy offt gethon; diß ist aber zum letsten beschehen
nach dem nachtmal), welcher under inen der gröst oder fürnemest
wär, hatt er zuo inen gesprochen: Die künig der Heyden oder
völckeren beherschend sy, unnd die gwalt über sy habend, werdend
guothäter genempt. Ir aber nit also! Sunder der grösser oder ober

--303--

under üch sol werden als der junger, und der vorgenger als der diener,
O! Was soltend alle Bäpstler für die 4. kleinen wörtlin geben "ir
aber nit also!" Sich, wie kurtz hat inen got abgeschlagen, das sy gar
nit herschen söllind, sunder, wie zum ersten ist anzeigt, das sy allein
mit demuot und sichselbshingeben zuo dienstbarkeit der gleubigen groß
söllend werden. An den wörtlinen muoß all ir pracht und gwalt brechen.
Sy glosierind 's, wie sy wellend, so könnend sy inen keinen andren
sinn angwünnen. Gots wort stat styff; himel und erd brechend, ee
ein tüpfflin von disen worten abgang [Matth. 24. 35].
Item, er hat ouch Mat. 24. [Matth. 24. 49] grusamlich verbotten,
das die, denen die teil empfolht sind, ire mitknecht nit schlahind,
wie ouch da oben ist anzeigt.
Item, er hat darumb die junger one sack, seckel unnd stab gesendet
ze predigen, das sy nüt ze huffen söltind noch köndind legen,
nit secklen, niemans schlahen noch ruch beherschen Luc. 9. 10.
[Luc. 9. 1-11, 10. 1-16].
Uß disem grund der gschrifft sol man nit gestatten, das die geistlichen
einigerley obergheit habind, die der weltlichen wider ist oder
von gemeinem regiment abgesündret; denn sölichs bringt zwytracht.
Wellend sy aber überein weltlichen herschen, so lassend das ampt
der botten und priesteren gottes ligen; denn so hat man sy für obren
oder tyrannen oder guothäter, nachdem sy regierend; aber bede mögend
sy nit beston. Were es nit wäger, man erledigte die äpt oder bischoff,
die herschen wellend, von der kutten und klöstren und bistumben,
und liesse sy herschen; und bruchte man das zytlich guot recht,
das sy mißbruchend, und satzte man an der bischoffen statt wächter,

--304--

nit wolff, und machte man dannethyn keine äpt me, denn daß man
sy also muotwillen laßt mit verergernus aller menschen? wiewol
hierinn ein unschädliche, christenliche maß sol und mag gebrucht
werden, so wir sehend an dem hällen wort gottes, das ir stand, wiewol
sy das nit bekennen wellend, richtig wider got von der kutten,
von sündrens, von mißbruch der rychtagen und gwalts wegen ist.
Der fünff und dryssigst artickel.
Aber der weltlich [gewalt] hat krafft unnd bevestigung
uss der leer und that Christi.
Disen artickel hab ich darumb gegen dem obren gesetzt, das man
an inen beden der Bäpstleren falsch underschieben erlernete. Denn
so sy empfindend, das iro pracht und gwalt brechen muoß, nachdem
die gschrifft so häll in die welt kumpt und wider sy ist, so wellend
sy sich anhencken und schryend zuo dem weltlichen gwalt: Lassend
ir uns undertrucken, so geschicht üch darnach ouch also! Glych
als ob man sy mit gwalt undertrucke und nit die gschrifft sy überwinde,
welche aber widrumb den weltlichen gwalt vestet und dem
heißt ghorsam sin. Darumb alle oberkeit iro nit entsitzen sol, das
die leer Christi inen möge schädlich sin, sunder wirdt sy sehen und
empfinden, das ir rych und oberkeit dheinen weg besser, ruewiger, fridsamer,
ja richer sin mag, denn so on underlaß das wort gottes styff
und klar prediget wirt, so verr sy nit tyrannen sind; denn dieselben
mögen nit lyden; das ein volck fromm und gotsförchtig sye, sunder
der böst und frävenest ist inen der aller best, unnd, wie Euripides
spricht: Der ist inen böß, der nüt böses tuot.

--305--

Christus hat den Juden, als sy inn mit uffsatz gefragt hand,
ob man dem keyser den schatzpfennig schuldig sye ze geben, geantwurt
Mat. 22. [Matth. 22. 21]: Gebend dem keiser, das ir im schuldig sind,
und gebend got, das ir got schuldig sind. Uß disem wort Christi
hörend wir das: Sind wir der obergheit ghorsame schuldig, so söllend
wir die leysten; sind wir iro stür oder schuß schuldig, söllen wir die
leisten; derglychen zöll, gleit, wie harnach volgen wirt. Aber die
maß, die sy darinn halten söllend, werden wir ouch sehen. Es mag
ouch uß disem wort nieman erfechten, das alle menschen muessind dem
keyser underworffen sin, als die Summisten lerend. Denn Christus
hat nit geredt: die gantz welt sol dem keyser ghorsam sin; sunder,
nachdem er sy gegenwürtigklich under des keysers gwalt fand, laßt
er sy darunder blyben, und heißt im geben, das man im schuldig sye.
On zwyfel, hett er sy under dem babilonischen küng funden, hett
er ouch gesprochen: Gebend dem babylonischen künig, das ir im
schuldig sind.
Christus hat wol gewüßt, das kein geschlecht der menschen so
guot nimmer wirdt, es würdt etlich haben, die so schädlich unnd übel
werdend leben, daß man ir unbill nit erlyden mag; die muoß man denn
mit schmertzlicher artzny vertryben, mit dem ysen, mit dem brand etc.
Daruff wachend die fürsten und obergheit. Darumb ist hie Christus
nit sorgveltig gsin, wie man dem keyser underthänig sölle sin, sunder,
so er weyßt, das man die straff muoß in eim regiment haben, unnd
stuond dieselbig zuo der zyt imm jüdischen land dem keiser zuo, heißt
er dem ruhen artzt geben, das man im schuldig sye, darumb, das
nit alle menschen got gebend, das sy im schuldig sind. Gäbind aber
alle menschen got, das sy im schuldig sind, so dörffte man gheines
fürsten noch obren, ja, wir wärind nie uß dem Paradys kummen.
So nun das nit beschicht, muoß man obren haben, die unbill verhuetind,

--306--

denen man dargegen zuodienen sol zimmliche narung etc., als ouch
harnach kummen wirdt.
Mit der that hat Christus den weltlichen gwalt bevestet Luc. 2.
[Luc. 2. 4f.], das er und sin muoter sich nach dem keyserlichen gebott
habend lassen verzeichnen und zellen under des keisers rych, diewyl
er noch in dem reinen lychnam Marie was. Ouch damit, das er
den didrachmum (ist ein pfennig gwesen, den der keyser zuo einem
schatz hatt uffgelegt) ggeben hatt Mat. 17. [Matth. 17. 24-27]. Wiewol
er ein herr und künig über alle herren was, hat er denocht uns
zuo eim byspil, das wir alle gmeine burde einandren hulffind tragen,
ouch dem keiser den schatzpfennig geben. Welchs byspil die geistlichen
nit lernen wellend: Sy helffend dem gemeinen volk nit stüren,
nit brüch geben, nit gemeinen nutz erhalten; sy sprechend, sy syind
fry. Welches ich wol nachlassen mag, so man sy von der obergheit
har fry gemacht hat one schaden der gemein, die nit gefrygt ist.
So aber sy den armen ire gueter mit iren rychtagen abtringend, und
wellend nüt des minder die obren die gantzen summ der stüren und
schussen von den armen haben, das ist in der hell nit recht. Es ist
ouch ein grosse tyranny, das sy von etlichen bäpsten oder keyseren oder
künigen vor vil jaren sind ußgenommen und gefrygt, das sy das in die
ewigkeit bruchen understond; denn wer hat dem 100. jaren gewalt
geben, die ietzigen welt ze bezwingen? Kurtz, uß der leer Christi
ist nieman ußgenommen, das er das gemein joch der obergheit nit

--307--

sölle tragen mit gemeinen gleubigen. Frygt aber ein oberkeit einen
oder den andren, sol das on nachteil beschehen der gemeind, wiewol
ein ieder wol ermessen mag, was sölich fryen nach der lenge bringt.
Der sechs und dryßgost artickel.
Alles, so der geystlich (genempt) staat im zuogehören
rechtes und rechtes schirm halb fürgibt,
gehöret den weltlichen zuo, ob sy Christen sin
wellend.
Disen artickel wellend wir kurtz hinrichten, wiewol er groß und
treffenlich wider die Bäpstler ist. Dann so inen die grichtshendel
entzogen werdend, muoß man on zwyfel den hof schlyssen. Der artickel
ist vest gegründt in dem wort Christi vor ouch anzeigt
Luc. 12. [Luc. 12. 13f.]. Als einer zuo im schrey: Meister, red mit
minem bruoder, das er das erb mit mir teile, antwurt er im: O mensch,
wer hat mich einen richter oder erbteiler über üch gsetzt? Wir
wüssend wol, das alles gricht und urteil Christo ggeben ist vom
vatter Jo. 5. [Joh. 5. 22]; dasselbig gricht würdt er aber erst zuo den
letsten zyten halten. Aber in disem zyt hat er das gricht von im
geleit. Welichs wort und tat starck gnuog ist, das alle bäpst und
bischoff sich keines grichtes nüt söllend annemmen, sunder all weg mit
Christo sagen: Wer hat mich einen richter oder erbteiler über üch
gesetzt? Christus hatt einen schlechten handel nitt wellen vertragen,
damit wir nit ein ebenbild nemind sölichs ouch ze thuon. Und
die geistlichen vätter wellent alle bluotigen hendel nit verrichten, sunder sy
machend 's. Wer hat nit gesehen zuo unseren zyten, daß des langwärenden
kriegs in Franckrych und Italia ursach der bapst gewesen ist?

--308--

Denn mag er den keyser nit lyden, bald mag er den künig nit lyden
unnd bringt doch sölichs all weg ze wegen under dem namen Christi
und des fridens. Kurtz, das gericht ist allen pfaffen in dem wort
Christi eigenlich abgestrickt, so doch die gantz Christenheit mit
guoten gsatzten und rechten versehen ist, also, das nieman rechtlos
ligen darff, so es anderst recht zuogadt. Wo aber das schon nit wär,
mögend sy sich dennocht nit richter machen, sunder ir ampt ist leren.
Also söltind sy dann treffenlich leren, das man billiche grichtsitz verschueffe
gehalten werden und sich selbs für richter nit uffwerffen.
Denn Christus, der aller anrueffenden not gnädiklich verhört und
geratsamet, hat disen anrueffenden nit wellen gewären, on zwyfel der
meinung, das er den richteren dises zytes in ir ampt nit hat wellen
gryffen. Noch vil weniger söllend es die thuon, die sine botten sind.
Das den geistlichen rechtes schirm nit zuostande, sol nit verstanden
werden, daß sy mit der leer nit söllend den rechten bystand thuon,
sunder das sy mit gwaltiger hand inen gar nit fürnemmen söllend die
gericht und rechtsitz ze beschirmen, als die bischoff zuo disen zyten
tuond, die ir recht mit gwaltiger hand, ire lychnam mit so vil kriegsknechten
und fechteren beschirmend, es hette iro ein künig oder keyser
gnuog. Und hat aber Christus Petrum geheisen sin schwert instecken;
denn welche mit dem schwert fechtind, kömmind mit dem
schwert umb [Matth. 26. 52]. Daran wir eigenlich erlernend, das die
zwey schwert, dero sich Christus nach dem nachtmal vernuogt
[cf. Luc. 22. 38], nit den gwalt der herren, sunder das wolgeschliffen
wort gottes, imm nüwen und alten testament geoffnet, bedütet habend.
Hette Christus sin leer und sich selbs wellen beschirmpt haben, so
hette er wol ein andren züg zemmen können bringen denn nun die
armen vischer. Er spricht aber: Steck yn. Ist nun der bapst ein
nachkummender stathalter Petri, warumb hört er nitt, das Christus
zuo imm spricht: Steck yn? Denn hat er es zuo Petro gsprochen, so
sol er sich des on zwyfel ouch annemmen, so er ein statthalter und
nachkumm Petri sin wil.

--309--

Ietz wil er wider den Türggen fechten, damit sin gesind zuo
Rom nit umbkömme. Hör, o bapst, Christum: Steck in. Es werdend
die weltlichen fürsten ir land wol beschirmen underston. Und
gang, predig du das rych gottes! Bistu wirsch ze rüwen denn
Christus, ob du glych erstochen wirdst? Oder muoß man den
Türggen notlicher weeren, die uff dich ylend, weder den Juden,
die uff Christum ylend? So du wol sehen magst, du syest denn
blind, das sölich durchächten der ungleubigen got über uns verhengt
umb unser sünden willen, wiltu den rat gottes hinderstellig machen?
Gang hyn unnd wend die süntlichen Sodomen zuo rüwen, nit mit
büchsen und reysen, nit mit dem hyn- und harryten der böggenbischoffen,
sunder mit dem wort gottes, und predig und schry
wie Jonas, wie Joannes, wie Christus: Besserend üch. Unnd nimm
ghein ander schwert in d' hend nit weder das schwert des geistes, das
ist: das wort gots und andre waffen, die Paulus Eph. 6. [Eph. 6. 11-17]
schmidet, oder aber du wirst umkummen. Diser David kan in dem
stählinen harnest nit fechten [cf. 1. Sam. 17. 38f.]. Oder aber, so
lang du nach ysinen waffen schryst, werdend wir all sehen, das du
nitt ein nachgenger Christi noch Petri, sunder des tüfels bist, ja
der war antchrist.
Thuo du, das dich got heißt unnd verlaß dich an sin wort. Er wirdt
es wol schicken, so man sich an inn laßt. Er wirdt wol schirm finden,
obschon die böß Sodoma zuo äschen verbrent wurd. Gott sye danck,
das er uns heimsuocht! Er straffet sine sün, die er lieb hat [Prov. 3. 12].
Er wil uns einmal bezalen umb unsrer schalckheit willen unnd leren,
das wir die grossen grüwen, die Rom unverschampt vor aller welt

--310--

thuon gdar, ein ander mal nit mer ungestrafft lassind. Ist das gantz
jüdisch volck umb der bösen pfaffen und hasseren Christi willen
vertilcket, so ist ouch on zwyfel gottes anschlag, das er uns alle straffen
wil, das wir den uneerlichen presten der Bäpstleren one alles verbeßren
duldend und die ougen zuothuond und wellend inn nit sehen.
Summa: Alle regiment werdend des fridsamer, so sy gheinen
capitlen oder conventen ze richten gar nüt gestattend, sunder alle
grichtshendel für sich zühend, unnd capitlen, ouch conventen nüt erloubend
sunders ze handlen, es sye denn, das sy ze lernen zemmenkummind
und hören. Denn kurtz, als vil ich ir all mine tag ie gesehen
hab, so sind sy all weg dem offnen regiment widerwertig, das
aber wider got ist.
Zum letsten gehört schirm des rechten der weltlichen obergheit
zuo, es treffe pfaffen, münch, nonnen an; denn die heilig gschrifft wirfft
sy den weltlichen under, als imm nächsten artickel klar wirdt, so verr
sy Christen sin wellend. Das hab ich darumb gesetzt, das die
Bäpstler nit köndind inreden uß der meinung Pauli 1. Cor. 6.
[1. Cor. 6. 1-11], da er wil, das die Christen ire hendel under einandren
vertragind, und nit für ungleubig richter ziehind; das aber
die Bäpstler dahyn tringend, sy söllind under den Christenmenschen
urteilen und alle zweyung mit irem recht zertragen.
Und redt aber Paulus daselbst gar nüt, das uff die pfaffheit dienen
möcht; denn er spricht sölicher meinung: Ee ir umb hendel diß zytes
für weltliche richter, die noch ungleubig sind, kerind, ee söllend ir
die aller schlechtisten und einvaltigosten under üch ußziehen, die üch
entscheidind. So aber ietz alle die fürsten, under denen die Christen
lebend, ouch Christen sind, söllend ouch alle Christen das recht
von inen nemmen. Es were ouch denn sach, das sy des engelten
mueßtind, das sy der leer Christi anhangtind, als leider ze besorgen

--311--

ist, by unseren zyten offt beschehen sin. Wo aber sölichs were, und
einer on uffruor möchte für einen glichen gemeinen richter kummen,
möchte er sich das worts Pauli halten, das er nit für einen argwönigen
richter fürgieng. Denn es ist ghein underscheid zwüschend
denen, die ungleubig sind, und denen, die Christen sind und dem wort
Christi nit gloubend, nit ghorsam sind, denn daß die falschen Christen
die bösren sind Mat. 11. Luc. 10. [Matth. 11. 21-24, Luc. 10. 13].
Der siben und dryßgost artickel.
Inen sind ouch schuldig alle christen gehorsam
ze sin, nieman ussgenommen.
Diser artickel wirdt uns den grund der oberkeit offnen. Paulus
spricht Ro. 13. [Röm. 13. 1f.]: Ein iede seel sol underworffen sin den
hohen gwälten; denn es ist dhein gwalt, denn der von got kumpt.
Aber die gwält, die da sind, die sind von got verordnet. Also, welicher
sich dem gwalt widerleyt, der widerstat der ordnung gottes.
Welche nun widerstond, die werdend inen selbs verdamnus empfahen.
Zum ersten spricht Paulus hie: Ein iede seel, das ist: ein iedes
lebens mensch. Sind bapst, bischoff, pfaffen, münch, nonnen lebende
menschen, so sind sy hie innbegriffen.
Zum andren nempt er die fürgesetzten, es syind fürsten oder
obren, höhe gwält.
Zum dritten, daß aller gwalt von got kumpt.
Also volgt, das ouch der böß gewalt von got kumpt? Ja, aber
also strafft got unser sünde Esa. 3. [Jes. 3. 4]. Sprichst: Also sol man
ouch dem bapst gehorsam sin? Ob er schon bös, ist er doch uß
verordnung gottes umb unser sünden uns zuo einer straff uff den hals
gelegt. Antwurt: Das gloub ich vestenklich. Ich sich aber daby, das

--312--

uns got uß siner erbärmbd widerumb ußfueren wil glych als Israel
Egypten. Die warend ouch dem egyptischen künig underworffen,
die wyl sy got under im lies. Do er aber Moysen zuo inen schickt,
zerrissend sy die egyptischen band und giengend hyn. Also ficht
diser schelber gegenwurff nüt; dann uß der fürsichtigheit gottes
werdend wir ietz glych als wol von dem bapst erlößt, als wir vor
ouch uß iro im sind underworffen xin.
Die andren wort Pauli sind clar.
Item aber spricht Paulus Hebr. 13 [Hebr. 13. 17]: Sind gehorsam
üwren fürsten oder obren, und wychend inen; dann sy wachend
für üwer läben (da ist aber "selen" für "leben" nach hebraischem
sitten geschriben, damit, so sy rechnung geben werdend, sölichs mit
freuden und nit süfftzende thueyind; denn sölchs wäre üch nit guot.
Dise wort sind denn, das die Bäpstler sy uff sich selbs ziehend, sam
sy irer tyranny ze hilff kummen söllind, und heissend aber hegumeni
[ἡγούμενοι] den Griechen fürsten, houptlüt oder hertzogen. Dawider
mag inen nit helffen, daß er die fuerer des gotswort unlang darvor
[Hebr. 13. 7] ouch hegumenus [!] genempt hatt; denn er hett mit ußerscheidnen
worten bald hynzuogethon "die üch die leer gottes gseit
hand". Unnd ob es glych on alle fürwort uff sy lutete, so mögend
doch sy nit die fürgesetzten sin, von denen Paulus an dem ort redt.
Denn er redt nun von den fürgsetzten des gotswortes, das man
denen gevölgig sye; das ist den Griechen peithein [πείθειν] etc.
Diser sinn uff die fürsten mag noch mit vil andren kundtschafften
bewärt werden, dero wir doch nüt dörffend.
Item aber heißt Paulus 1. Tim. 2. [1. Tim. 2. 1f.], das die
Christen ernstlich got bittind für alle menschen, für die künig, das
ist: für die obergheit, unnd für allen gewalt, das wir einen stillen,
ruewigen stand fueren mögind in aller gotshuld und ernst. In welichen

--313--

worten wir ouch die ghorsame ermessen mögend, das die Christen
nit allein iren obren, die do ze mal ungleubig warent, ghorsam sin
söllend, sunder ouch got für sy bitten, das man einen ruewigen stat
fueren mög in rechter gotshulde und ernst. Ach, wo was do ze mal
der unruewig stuol, die touben schlüssel und derglychen narrenwys?
Die christenlichen leerer söllend flyßlich arbeiten, das alle menschen
für die obergheit got bitten, das wir ein fridlich und unwiegsam
ernstlich leben fuerend. So aber die pfaffen selbs regieren wellend, so
thuond sy, glych als ob sy wol regieren nümmen umb gott erwerben
wellind, sunder selbs in d' hand nemmen unnd nit an gott lassen.
Hieby sicht man ouch das ampt der rechten bischoffen, das ist:
wächteren, das sy ernstlich daruff sehen söllend, das man fridlich läbe.
Damit ich mich gern wil gegen allen menschen entschuldiget
haben, die mich eyner oder der andren party verzyhend, darumb, das
ich so ernstlich von friden gepredget hab in der frommen christenlichen
statt Zürich. Ich verzüg vor got und allen creaturen, das
ich sölichs uß gheiner andren ursach gethon hab, weder das ich wüßt
söliches minem ampt zuoston. Welchs ich alle mine tag, die ich
priester bin gesin, übel gefürcht hab. Ja, so jung bin ich nit xin,
ich hab in miner conscientz das wächterampt wirsch gefürcht, dann
es mich gefröwt hab, das ich weiß, das der schäfflinen bluot, so sy uß
miner unsorg umkummend, von minen henden erforderet wirt, hab
ich ie uß minem ampt muessen den friden predgen; und als ich gsehen
hab, daß got mit sinem wort gewürckt hat und der mensch gmuet
zuo friden gneigt ist, wer ich ie ein grosser mörder an den frommen
lüten xin, daß ich nit für und für zuo friden und christenlichem leben

--314--

gfuert und genöt hette, so ich das zuonemmen des guoten so heiter sach.
Das aber in mitten des mines flysses der uffbruch zum bapst beschehen
ist, kan mir kein mensch mit der warheit ghein schuld daran geben;
denn ich zur selben zyt mit den Bäpstleren in offene fyendtschafft und
sy mit mir ußgebrochen warend, der gstalt: Ich hatt vorhar drü
gantze jar das euangelion Christi mit ernst gepredget, daran mich
die bäpstlichen cardinäl, bischoff und legaten, dero die zyt die statt
nie gerumpt ward, offt gestöubt habent mit früntschafft, mit bitt,
mit schrecken, mit verheissen grosser gaben und pfruenden, denen ich
doch gar nit hab wellen wychen, sunder ein pension 50. guldinen, die
sy mir järlichen gabend - ja sy woltend mir nun 100. geben; wolt
ich iro nit -, die ich imm 1517. jar hatt abgeseyt, dero sy mich
dennocht drü jar darnach nitt erlassen woltennd, die schluog ich imm
1520. jar mitt einer eygnen handgschrifft ab (Ich vergich min eigen
sünd vor got und allen menschen; denn vor dem jar 1516. hanget ich
noch etwan vil an des bapsts obergheit und meint, mir zimpte gelt von
im ze nemmen, wiewol ich mit hällen worten den römischen botten
all weg gseit hab, so sy mich ermantend, ich sölte nüt predgen, das
wider den bapst wäre: sy söllind gar nit hoffen, das ich die warheit
umb ein wort underlassen werde umb ires geltes willen; darüber mögend
sy das, ob es inen glieb, wider nemmen oder nit). Als ich nun die
pension abgeschlagen hatt, sahend sy wol, das ich gar nüt mit inen
ze teilen haben wolt und fuorend zuo und verrietend min handgschrifft
des abschlahens und quitantz, die bede in einem brieff stuondend,
durch einen geistlichen vatter, einen Predgermünch, der meinung,
sy wurdind mich damit von Zürich bringen. Das hat inen der gstalt

--315--

gefält, das der eersam radt wol wüßt, daß ich mit der leer dem
bapst nit gefyret hatt, daran sy wol erkantend, das das gelt an mir
nüt gewürckt hatt, ouch das ich weder tadt noch hilff zuo iren anschlegen
gethon hatt, und ietz zum andren mal die pension uffgeseit,
ouch, als die leer der vordrigen zyten xin ist, ich gheines übertrettens
weder eeren noch eyds mocht geschuldiget werden. Unnd hatt mich
also der egenampt ersam radt unschuldig erkent. Ja, diß unguot stuck
irenthalb - sust ist es guot xin - hattent sy mir des selben mals
schon bewisen. Das sag ich darumb, das, die mich verzyhend, ich
habe zuo demselbigen herzug ein oug zuothon und nit ernstlich geweert,
sehind, das ich gar nit hab können ützid gmeins haben mit
den Bäpstleren, sunder es befindt sich, daß ich so starck hab gewert,
als ich ie gheinem kriegen und uffbrechen gwert hab. Es begab
sich ouch, das ein wyser grosser radt zuo Zürich den zug häll abschluog.
Do fuor der Bäpstler (du weist wol, welchen fuchs ich
mein) zuo unnd macht die sach so grusam: Ob ein Eydgnoschafft
dem bapst nitt nach innhalt der vereinung hielte, so wurdind sy vor
allen menschen geschendt; denn ir vereinung wär lange jar vor der
nüwen vereinung des künigs von Franckrych gemacht. Der bapst
were ouch der meinung, so im nit gehalten wurd, wölte er ie sin vereinung
durch den truck für alle menschen lassen kummen unnd sehen,
wie ein Eydgnoschafft an im gehalten hette. Und ylt ernstlich mit
der sach, als ich warlich bericht bin, das er diß wort gegen etlichen
geredt hat: Man muoß mit der sach ylen, ee das der pfaff widrumb
an der cantzel weere. Und bewegt damit einen ersamen radt, der im
all weg vormal zuo hatt gseit ze halten, obglych andre Eidgnossen im
nit wöltind zuoziehen, das er im von nüwem zuoseyt volk ze schicken.

--316--

Ward wol uff der gaß geredt, der fuchs hette seltzame krüter in sinem
hafen kochet. Des ich mich nit beluod; denn es hatt ein wyser radt
vil darnach gejagt, hatt doch nüt können finden; darumb ich der
unseren halb gern das besser gloub, den Bäpstleren aber ist, als ich
fürcht, nüt ze vil. Ie darumb ich disen anzug gethon hab, der minethalb
an einem wort nit fälen muoß, wurdend die frommen von Zürich
uffbracht, und wiewol sy miner erklärung nit dörffend, stat ouch wol
daruff, ich verletze sy me, denn ich sy erfröwe, mit der miner entschuldung,
ja sy wurdend uffbracht, als ich wol wüssen mag, allein uß
der ursach, das sy noch zur selben zyt meintend, söltind sy dem bapst
brieff und sigel nit halten, were inen spötlich. Und wiewol sy do ze
mal wie noch hüt by tag der meinung warend, mit keinem fürsten
noch herren dhein hilffliche vereinung machen, hangtend sy denocht
noch so vil an des bapsts gwalt und obergheit, das sy im hieltend.
Wie sy aber sich gehalten habind, laß ich sy verantwurten, das sy on
zwyfel wol könnend. Denn Zürich hat sich von ie welten har der
maß gehalten, das sy ouch under den aller eltesten stetten einen redlichen,
unbefleckten namen hat. Got sye lob! Nachdem aber das
zuosagen widrumb beschehen, understuond ich mich, das noch einest ze

--317--

weeren, und redt under andren worten: ich wölte, das man durch
die vereinung ein loch stäche und sy dem römschen legaten uff den
ruggen legte heym ze tragen. Also mag mengklich vermercken: hette
ich wellen mit frömbder herren gelt rych werden, hette ich dem bapst
sin pension nit uffgesagt; es were mir, eim pfaffen, aller minst spötlich
xin vom bapst nemmen. Ich red aber vor dem richter aller
menschen, got, das ich sust von dheinem fürsten noch herren ghein
pension noch miet nie genommen, noch einigerley wegs verdingt
xin bin. Unnd das ich noch hüt by tag, thuon ich allein, das mich
min ampt sölichs heißt; ich sich ouch, das werren hilfft. Also wär
ich ie ein morder an den frommen menschen, das ich nit für unnd für
streng wardte. Ich entbüt mich ouch zuo aller zyt miner leer, miner
gschrifft unnd that antwurt ze geben gegen allen menschen und gdar
uff mine arme seel wol nemmen, das, nachdem ich allen flyß ankeren,
das wort gottes häll harfür ze bringen allen menschen, das doch ich
nit thuon, sunder got, daß mir demnach ein lobliche Eydgnoschafft
treffenlich anligt, ob die möchte in irem wesen blyben, zuo eim ewigen
byspil der tyrannen, das sy an iro sehind, worzuo zum letsten ir uppiger
muotwill kumme. Wiewol ein ieder von mir urteilen mag, das in guot
dunckt; noch bin ich miner leer und tat halb mir selbs wol mitwüssend
aller unschuld, in dem mich mine fyend verklagend, wiewol ich sust
mit andrer lasteren, die aber die warheit gottes und ein fromm regiment
nit schedigen mögend, vil menschen übertriff. Verstand umb
gots willen diß min einvaltig offnen des handels der frömbden herren
ein ieder imm besten, das ich mit noch vil grösserer kluogheit mines
namens, wo ich den begerte ze schönen, hett mögen harfür bringen;
denn ich noch in kurtzen tagen bäpstisch brieve und grosse mundliche

--318--

gheiß gehebt hab, denen ich doch, ob got wil, unbewegt unnd
christenlich geantwurt hab, das ich dheinen zwyfel hab, ich welte
als groß werden als nit ein ieder, wenn mir die armuot Christi nit
bas geliebte denn der pracht der Bäpstleren. Ja, verstand ein
ieder es imm besten. Denn ich es hab muessen thuon uß nöten viler,
die mich darumb anderßwohar gebetten hand, ich sölte min unschuld
der dingen halb nit allein in minem gemuet tragen, sunder nach dem
byspil Pauli zimmlich verantwurten [2. Cor. 10. 11]; denn die fygend
Christi schadind offt siner leer von mines namens wegen, uff den sy
die unwarheit redind und die leer gottes hindrind. Denen hab ich
gevolgt und, als ich hoff, nit unrecht gethon.
Das wir nun stercker bewärind, das alle menschen der weltlichen
obergheit schuldig sye ze gehorsam sin, spricht Petrus 1. cap. 2.
[1. Petr. 2. 13-17]: Darumb sind gehorsam aller menschlichen gschöpfft
umb des herren willen, es sye dem künig als dem treffenlichesten, oder
sinen ampt- ald houptlüten als denen, die von im gesendet sind zuo
einer rach oder straff der übelthäteren, dargegen ouch zuo eim ruom
oder schirm dero, die recht thuond; denn also ist der will gottes, das
wir mit rechtthuon oder mit guoter that der unverstandnen menschen
unwissenheit verschoppind. Wir sind wol fry, doch lassend uns die
fryheit nit zuo einem deckmantel der boßheit machen, sunder halten,
als knechten gottes zimpt. Enbietend allen menschen eer, habend
einanderen lieb als die brueder, fürchtend got, eerend den künig oder
obren etc.
Dise wort Petri sind häll und begryffend alle menschen, die
syind, wer sy wellend. Und so die merwunder - also nemm ich
einen, der geistlich sin wil und aber weltlich herschet - sprechend:

--319--

Uß dem wort lernet man, das man ouch uns gehorsam sin sol; denn
es stat: aller menschlichen geschöpfft. Antwurt: Das erst wort Petri
lert, daß wir uns nit widrind allen menschen gehorsam ze sin, das
ist: iro sin mit bruederlicher dienstbargheit. Under denen aber bistu,
o pfaff, ouch begriffen unnd solt ze aller vordrest gon, dich nit uferwerffen,
das alle mentschen dir dienen söllind; sunder bistu ein
Christenman und ein christenlicher lerer, soltu mit dem werck
vorhingon und andren ghorsam sin, dich nit über ander erheben, oder
aber laß den namen des amptmans Christi ligen.
Kurtz, die schlußred stat styff, das alle pfaffen und kutten der
weltlichen obergheit von götlichen rechten schuldig sind gehorsam ze
sin. Und hat sy einer gefrygt, so mag sy der nachkummend widrumb
entfryen. Denn wie gheiner, der tod ist, ieman geschirmen mag,
also mag er ouch nieman fryen wyter denn bis an sinen tod. Denn
frygheit hat iren grund in der krafft des schirmenden. Also:
Schirmpt einer nit, so fryt er ouch nit.
Die bäpste bruchends selbs also. Man sicht ouch den muotwillen
der geistlichen in den worten Petri, daß sy nit allein die christenlichen,
sunder ouch die menschlichen fryheit zuo eim deckmantel der
boßheit gemacht haben. Denn was grossen mutwillens die fryheit der
pfaffen, immunitas, geboren hab, kan ein ieder ermessen. Laß dich
nit bekümmeren, christenlicher pfaff, das man dir die immunitet,
fryheit, abstrickt. Halt dich mit allen Christen als bruederen, so
werdend sy dich harwiderumb bruederlich halten. Du wirst erst recht
sehen, was ein predger des euangelii ist, so du als die schaff in mitz
under die wolff gesendt wirst [Matth. 10. 16]. Sust bistu all weg ein
werwolff under den schaffen xin, den nieman fahen kond und doch
schaden nit underlies.

--320--

Der acht und dryßgest artickel.
So verr sy nüt gebietend, das wider got ist.
Diser artickel maßget die tyranny der fürgesetzten, das sy nit,
darumb got inen heißt gehorsam sin, anhebind unsinnig sin und muotwillen.
Denn ob sy glych nit Christen wärind unnd aber gebuttind,
das wider gott wär, so hand die Christen einen bescheid,
sy söllind got me gehorsam sin weder den menschen act. 5. [Act. 5. 29].
Vil weniger söllend christenliche fürsten ützid gebieten, das wider
got sye.
Darumb, frommen Christen, wenn üch die fürsten understond,
die leer Christi ze verbüten, das ir die nit hörind, nit lesind, nit
predgind, so gebend nüt darumb. Sprichst: Ja, so tödend sy mich
gar. Antwurt: Imm namen gottes! Wellend sy denn den verfluechten
Juden glych werden, muoß man das lassen beschehen. Hab aber
keinen zwyfel, din tod wird ein ursach sin eines treffenlichen zuonemmens,
und ob du glych recht und vest geprediget hast, würt doch
din unschuldig bluot, glych wie das bluot Abels, vil fruchtbarlicher
predgen denn keine wort thätind. Sichstu nit, das in anfang der
Christenheit unzalbarliche vilinen der gleubigen getödt wurdend?
und ist christener gloub und christenlich sitten nie rycher gewachsen
denn zuo derselben zyt. Du solt dich fröwen, das got din leben unnd
bluot darzuo bruocht, das er damit sin wort wässeret und meret. Denn
was nutzes ist in dinem bluot, so es zuo nüte würtund verdirbt in dem
sterbenden lychnam? Psal. 29. [Ps. 30. 10]. Ist nit wäger, es werde
zuo tunge des worts gottes vergossen?

--321--

Ir sehend, wie die torechten fürsten sich die antchristlichen
Bäpstler habend lassen verfueren, das sy under dem namen des Luthers
des euangelion Christi ein zyt har durchächtet hand, also, das
sy die leer Christi, von wem sy ioch gepredget ist, von stund an
luterisch gescholten habend und nach vermögen durchächt. Und so
man nüt darumb gibt (denn ein ieder weißt by im selbs wol, wannen
har er gleubig ist worden), so hebend sy die leer Christi an einen
Bundtschuoch nennen, darumb, daß sy des grösseren glympff habind
by allen mentschen, so sy die leer Christi mit töden understond ze
vertilggen; denn der Puntschuoch ist allen menschen häßlich.
Wie wellend ir im nun thuon, frommen diener gottes? Wellend
ir schwygen uß forcht des todes? Das well got nit! Ir muessend 's
mit dem leben versetzen, sust mögend ir der wuetrichen unsinnigheit
nit überwinden. Wychend ir hinder sich, so sind ir überwunden.
Sterbend aber ir umb der leer gottes willen, so blybt sy und bringt
frucht; das körnlin muoß ful werden und sterben, ee es frucht bringt.
Also hat Christus mit sinem tod uns alle gepflantzt und sün gottes
erborn.
Also muessend ouch ir, o unerschrocknen reyser Christi, die
übel und streich mit dem lychnam versetzen [cf. 2. Tim. 2. 3]. Hat
Nero, Domitianus, Maximianus und ander die leer Christi mit
irem ermürden nit mögen verhinderen, vil weniger werdend die wuetenden
fürsten, die zuo unser zyt tobend, sy nit mögen vertryben, ja,
wenn ir mannlich stond und nit hinder sich trettend. Achtend nit,

--322--

ob man üch nach üwrem tod kätzer, buoben, Bundtschuoher nennen
wirt. Die namen mögend dem reyser, der ietz by got den sold innimpt,
nit schaden. Ie me üwer nam by den menschen verworffen
wirdt, ie höher unnd werder er by gott ist [cf. Matth. 5. 11f., 1. Petr.
4. 14]. Frisch uff, welcher ein man gottes sye! Laßt sehen, ob got
stercker sye oder die hofdentzer!
Uch, frommen fürgesetzten, mein ich gar nit, sunder allein die
strengen widerfechter gottes, die dhein andre mannheit begon gdörend,
denn mit töden der armen unweerlichen Christen, mit buecherbrennen,
mit berouben alles guotes, als ich hör etliche unfürstliche fürsten gethon
haben, die aller dero, so die leer Christi lesend, die sy aber
luterisch und puntschuohisch nennend, hab und guot erloubt machend;
das doch mit der zyt nieman schädlicher denn inen selbs sin würt.
Denn was gevarligheit daruff stand, mag ein kind ermessen: Eine, das
uppige, verdorbne buoben gar bald angeschirren mögendt, das ein
frommer wolhabender mit falscher zügnus überwunden wirdt, er habe
luterische buecher gelesen, der sy nit gelesen hat, damit inen der
teil, der dem verräter verheissen ist, werde. Und so man das sehen,
würdt es den närrischen fürsten über iren kopff usgon. Besehend,
ir hoflüt, die alten geschicht der Römeren: Marii, Sille, Cesaris
und andrer, so findend ir, was der burgeren guot erloubt machen dem
verräter bringt. Hierumb lassend üch, frommen fürsten, die linden
Bäpstler nit so lieb sin, das ir umb iren willen ützid anhebind,
das üwrem ampt und namen abzügig sye.

--323--

Nun wil doch die leer Christi nun besehen sin. Erfindt es
sich, das einer buobenwerck darinn gebrucht hat, engelt er des;
handlet aber er trülich in dem ampt und handel gottes, warumb wellend
ir wider got fechten? Oder meinend ir, ob glych kein got wär, das die
welt üwren muotwillen lenger getragen möcht? Sind ir richter, so
verhörend bede teil. Nun sehend ir doch wol, das die Bäpstler in
die gschrifft nit byssen wellend, und sich mit dero nit entgegen stellen
dörffend; und ist aber diser span allein von der warheit der gschrifft
wegen.
Sol es also zuogon, so wirt warlich üch ouch ze huß kummen, das ir
andren menschen ze huß schickend. Thuond ir gwalt, so wirt üch
gwalt gschehen; denn mit was maß ir messen werdend, mit dero wirt
üch widrumb gemessen [Marc. 4. 24]. Got mag wol erwarten; ir mögend
im nit entrünnen. Sind wyser, dann daß ir ützid tueyind, das
gwalt glycher sehe denn recht. Achtend nit, ob üch ein ding groß und
ungehört duncke. Luogend nun eigenlich, ob es an im selbs also
sye oder nit, so werdend ir sälig hie und dört. Amen.
Der nün und dryssigst artickel.
Darumb söllend all ire gsatzt dem götlichen willen
glychförmig sin, also, das sy den beschwärten
beschirmend, ob er schon nüt klagt.
Sind der fürsten gsatzt wider got, so hand wir vor gehört, das
die Christen sprechen werdend: Man muoß got me gehorsam sin weder
den menschen [Act. 5. 29].
Darumb muessend christenliche fürsten gsatzt haben, die nit
wider gott syind, oder aber man tritt inen uß dem strick, weliches
darnach unruow gebirt.

--324--

Ob du aber wüssen wilt, o frommer fürst oder obrer, wie du das
gsatzt erkennen söllist, ob es mit got sye oder wider inn, so merck:
Zum ersten: Nimm dich gar nit an, das du an den gebotten,
die got ggeben hat, ütz endren wellest oder besseren: du bist im ze
kindisch, sunder bis gwüß, daß das götlich gebott gar nach gottes
willen gefarw ist, wie da oben ouch gnuog ist anzeigt. Urteil du nüt
darinn; denn du bist nit ein richter über gottes wort und gsatzt,
sunder das wort gottes richtet dich.
Zum andren: So bsich dich selbs wol, das du nüt anderst bist
weder das schwert, damit got die aller bösten glyder von sinem lychnam
abhowt. Das du aber nitt ein xund glyd für ein fuls abhowist,
oder ein fuls ston lassist für ein xunds, ist dir ie not, daß du eigenlich
wüssist, was gsuntheit sye und was kranckeit sye. Welchs aber
du allein an dem gsatzt erlernen magst und an dem gsatz, das got
geben hat. Das muoß din schnuor sin, by dero du hinhowen solt; und
soltu die schnuor nit machen, sunder nun by der schnuor hinhowen.
Darumb, findstu dine gesatzt dem götlichen nit glychförmig, so how
nit darby hin. Merck kurztlich: Alle gsatzt gegen dem nächsten
äbnen menschen, die söllend ggründt sin in dem gsatz der natur.
Was du wilt, das dir geschech, das thuo eim andren ouch Mat. 7.
[Matth. 7. 12]. Welchs er darnach noch mit hälleren worten ußgetruckt
hat Mat. 22. [Matth. 22. 39]: Du wirdst dinen nächsten äbnen menschen
als lieb haben als dich selbs. Ist ein gsatzt disem wort gottes nit
glychförmig, so ist es wider got. Also befindstu zuo dem ersten, das
du selbs, so du ein richter bist und man dich erziehen muoß und
andre muessend arbeiten, das du wider das gsatzt der natur bist und
lebst. Erschrick darab nit; denn du möchtist nit erlyden, das du
arbeiten söltist unnd ein andrer din arbeit verbruchen. So du es
nun thuost, so lebst du ie wider das gsatzt der natur; und so du recht

--325--

leben wilt, so muostu an dir selbs zum ersten anheben besseren das,
so prästhafft ist.
Besich nun zum ersten eigenlich das gesatzt der natur, so befindstu
an dir selbs, daß das natürlich gsatz wider dinen verstand ist;
denn ie der ober mag nit lyden, daß er gehalten werde, wie er andre
halt, oder aber er wäre nit ein obrer. Und also volgte, daß die obergheit
wider got wäre; denn er spricht Mat. 7. [Matth. 7. 12]: Alle ding,
die ir wellend üch gethon werden von den menschen, dieselben tuond
ir inen ouch; denn das ist das gsatzt unnd propheten. Also volgt,
daß das natürlich gsatzt nieman recht verstat weder der gleubig; denn
der ungleubig hört es wol, er findet aber, das man ein obergheit han
muoß, die aber des natürlichen gsatztes nit gläben mag; und demnach
verwirfft er das gsatzt der natur, der meinung, man könne sin nit
gläben.
Ich bin ingedenck, das ich da oben geseit hab in eim fürgon,
das gsatz der natur sye nüt anders denn das wysen und leyten des
götlichen geistes. Darumb, als Paulus Ro. 2. [Röm. 2. 14f.] sagt,
die ungleubigen habind das gsatzt der natur in iren gmueten geschriben,
syind sy nit on ein gsatzt; denn das gesatzt der natur schrybt allein
got in die hertzen der menschen. Wo der lert, da ist gsatztes gnuog.
Man muoß aber das gsatzt der natur anderßwohar ermessen weder
von dem menschen, der von Adamen har geboren ist; denn der hat in
siner ard und neigung über andre menschen ze sin. Glych wie Adam
ouch von stund an wolt werden wie got, also ermißt der mensch,
von Adamen geborn, sich selbs ouch von allem dem har, das er
übertreffenlichers hat. Ist er wyser denn ein andrer, halt er sich
nit für ein glyd des nächsten, sunder über inn. Ist er rych, vermeint
er, andre menschen söllind im dienen, und laßt sich das gsatzt der
natur gar nit irren noch bewegen. Also sehend wir, daß wir das

--326--

gesatzt der natur nit von uns selbs har oder von unseren köpffen, die
wir von Adamen hand, ermessen muessend, sunder von got har, dem
ersten vatter unnd schöpffer aller dingen. Wie kan aber einer von
got har ütz ermessen, der nit gloubt, das ein got sye? Darumb muoß
sin, das, der das gsatzt der natur erkennen wil, von got har, dem
brunnen aller dingen, haben muoß, das er vorhyn gloube, das got den
menschen gschaffen hab. Und so er das gloubt, so thuot er das nit
uß sinen krefften oder verstand, sunder, als da oben gnuog bewärt ist,
kumpt der gloub allein von dem ziehenden got. Also erkent ouch das
gsatzt der natur allein der gleubig; denn er muoß allein uß got erkent
werden. An den gloubt aber dheiner, denn den got zücht. Also volgt,
das ouch das gsatzt der natur erkennen allein vom götlichen geist
kumpt.
Vernimm es also: Das wir glych nackend werdend und glych
sterbend [cf. Hiob 1. 21, Pred. 5. 14], ist wol ein anbild, das wir brueder
syind; aber darnach verfuert und felscht uns die unglyche der vernunfft,
rychtagen, schöne, stercke, das ietlicher eigennützig unnd eigenschätzig
würdt, sich über ander erhebt.
Das wir aber von einem vatter harkummen syind vestenklich
glouben, das macht das gsatzt der natur clar; denn darinn erlernend
wir, das wir alle brueder syind, unnd alles, das wir besunders heigind,
das gehöre von got har in die gmeind, und sye nieman sin selbs,
sunder gemeiner bruederen; glych wie er welle, das aller bruederen
gaben im gemein syind, also erkent er ouch sine gaben gemein sin.
Ietz sich dem gsatzt der natur ins angsicht, so findestu: Was du wilt

--327--

dir geschehen werden, das thuo einem andren ouch. Das lernest du
allein in got. Das du gloubst, das ein got sye und dich also geschaffen
hab, das kumpt ouch von got. Also kumpt ouch das gsatzt
der natur allein von got, und ist nüt anderst dann der luter geist
gottes, der innwendig zücht und erlücht. Darumb ouch die Heiden
das gsatzt der natur nit uß irem eignen verstand, sunder uß dem erlüchtenden
geist gottes, inen unbekant, erkent habend. Denn unser
fleisch verstat es nit, bis daß es an einen vatter unser aller kumpt;
das beschicht aber nun durch den glouben. So nun sy den glouben
nit ghebt hand und hand aber das gsatz der natur verstanden, so
hat es allein uß got muessen kummen, wiewol ich mein, dass es iro
wenig verstanden habind; sind joch etlich xin, aber vil, die es
glychßnet hand und schön darvon geredt.
So nun du, fürgesetzter oder obrer, das gsatzt der natur erkenst
und sichst aber daby, das man nach dem gesatzt der natur nit lebt
allenthalb, ja, ich find es nienen gantz gehalten werden, wiewol in
etlichen stucken wir noch einen schyn fuerend. Als in radten findt
man wol einen, der dem andren in trüwen radt, glych als er ouch
wölte im geraten werden. Doch thuot er das allein dem fründ, den
fyend verlaßt er und ist aber lam. Du findest ouch, das man bas und
richtiger und fridlicher nitt möchte leben, denn so man nach dem gsatzt
der natur lebte; denn so bedörffte man din nit, es were dhein span, dhein
unfryd noch nüt schwelligs under den menschen. Also erlernest du,
daß du erst ein obrer verordnet bist in die zerbrochnen natur und in
die lamen und halben gerechtigheit; ja, sy ist nit ein grechtigheit; denn
sy mag die grechtigheit der natur nit erlyden. Byspil: Du obrer
magst dheinen zwingen, das er all sin guot hingebe den armen, mit
welchen er es uß gottes gsatzt und der natur schuldig ist ze teilen,
sunder du muoßt inn für einen frommen man halten, so er nieman
schadet, ob er glych nieman guots thuot. Also ist er aber nit fromm

--328--

noch gerecht, weder nach got noch nach dem gesatzt der natur; denn
got und das gsatzt der natur (das ouch nüt anderst ist denn der will
gottes) wellend, das er von innen harus uß dem willen fry on mindrung
dem nächsten thueyge, als er im selbs wil gethon werden. Also volgt,
daß einer by dir mag den namen der frommkeit erredten, der aber
nüt des minder verdampt wirdt. Also volgt demnach, das du, obrer,
nun under den bösen gwalt hast und denen, die so fräven sind xin,
das sy mit iren unbillichen begirden und anfechtungen hand gdören
offenlich ußbrechen; denn die ir begird in 'n hertzen habend und
ouch böß sind, kanstu nit straffen. Kurtz, du bist nun von der bösen
wegen ein obrer 1. Tim. 1. [1. Tim. 1. 3-11]. Wiewol du, die guoten
schirmende, recht thuost und das schuldig bist, wie hernach volgen
wirdt; noch sind die bösen die ursach, darumb man dich erhalten
muoß, damit man die frommen vor inen gschirmen mög. Welche
frommen? Ist ouch etwan einer von innen harus, der fromm sye?
Nein! Du muost nun dine frommen schirmen, die mit der that nit
ußprochen sind, aber innwendig sind sy der anfechtung voll. Also
regierst du nun under den gotsschelmen und bist ouch ein gotzschelm.
Ein gotsschelmen heiß ich hie den, der vor got nit gerecht
ist. Also sind alle menschen gotsschelmen; denn sy sind alle sünder.
Und verhuetest nun, das die gröste schalckeit nit beschehe. Das
wil also got, unnd halt dich als ein strenge artzny, die er zum letsten
brucht, nachdem dhein senfftpflaster nüts me hilfft. Darumb soltu
dinen gwalt über die frommen nit bruchen; denn die frommen thuond
nüts wider dich. Unnd all die wyl sy nüt arges thuond, so dörffend sy
dich nit fürchten Ro. 13. [Röm. 13. 3f.]. Deßhalb sy dir gern gehorsam
sind unnd eer enbietend; denn sy fürchtend dich nit und

--329--

helffend dich erziehen, damitt sy vor den muotwilligen, die dich fürchten
muessend, gefristet werdind.
Wannen kumpt es aber, das got nit ein obergheit verordnet hat,
die uff die lutren grechtigheit und unschuld des hertzens sehe und
die bösen straffte, so wurdind wir vil frömmer? Antwurt: Da dannen,
das der mentsch nit got ist; denn got allein erkent die hertzen der
menschen, und wir erkennend die erst an der frucht. Und nachdem
wir die frucht gsehen, so habend wir demnach underscheid der früchten
und der straffen.
Nun muoß dasselbig underscheiden einen grund haben, daruß man
es recht und nach got ziehe; denn wie vil man gsatzt hat, sind doch
die fäl so vilvaltig, daß sy sich etwan uß dem gsatzt winden mögend,
und muoß der richter nach einer andren schnuor hinhouwen. Welche
ist dieselb? Sin vernunfft? Nein; denn die ist mit wuesten anfechtungen
gefangen, thuot alle ding uß lieb oder haß, freud oder leyd,
frische oder forcht.
Darumb muoß der richter von erst an uff das guot sehen, uß dem
man allein alles guots schöpft. So er das erkent und vor ougen hat, ouch
begert uß im ze schöpffen, so ist er sicher, das er nit fälen mag,
denn es laßt keinen begerenden lär gon. Er weißt ouch das allein,
so er gleubig ist; denn der ungleubig versicht sich des nit zuo got und
erfordret 's ouch deßhalb nit. Darumb, wil der ober recht erkennen
oder recht satzungen machen, muoß er zum aller ersten ein gotshulder
oder gleubiger sin. Ursach: Er verstat und gloubt das gsatzt der
natur nümmer recht und gwüß, wie vor gseit ist, bis das er den
himelschen vatter weißt, erkent und in inn gloubt.
Und muoß aber nit allein das urteil, das er über die unversehnen
zuofäl gibt, darüber er ghein gsatzt hat, nach dem gsatzt des nächsten
oder der natur stellen, sunder ouch durch das selbig gsatzt alle alten
unnd vordren gsatzt urteilen, ob sy dem götlichen gsatzt des nächsten

--330--

und der natur, die bede ein gsatzt sind, glichförmig syind oder darwider.
Glichförmig ist gheins; denn keins ist glych eben; aber das es
hinzuoreicht oder etlicher gestalt nachhin gat, nennend wir 's glychförmig.
Sind die gesatzt dem götlichen widrig, so sol er gar nit
darnach richten. Dannen volgt, das er ouch die gsatzt wol erkennen
muoß, nach denen er richten wil. Sich, wel ein gfarlich ding ist es
umb einen obren oder richter! Sich aber dargegen, wel ein sicher,
schön ding, so er ein gleubiger und gotsförchtiger mensch ist und nüts
uß sinen anfechtungen, sunder alle ding nach dem wort und gebott
gottes verhandlet, der inn allein die rechten maß lert treffen. Denn
so werdend alle sine gsatzt dem götlichen willen glychförmig, nit eben
glychförmig, sunder habend etwas gstalt des götlichen gsatztes und
willens; denn die gerechtigheit, daran der richter kummen muoß, ist
nun ein schatt der waren grechtigheit. Noch muoß er so grosse
sorg han, das er nit gsunde glider für krancke hinhow und krancke
für gsunde lasse ston.
Demnach so ist nit gnuog, das er guot gsatzt könne und wol wüsse
ze urteilen, sunder er muoß ouch ein volck haben, das dem gsatz ghörig
sye und im glouben gebe, und wüsse, welches die rechte billichheit
sye, by dero ir obrer hinhowe, oder aber, so sy von im gestrafft,
wurdind sy wenen, sy wärind beschwärt. Also volgt ouch zum ersten,
das die obren vor allen dingen die rechten, waren erkantnus gottes
söllend under ir volck bringen. Das beschicht allein mit dem hällen
wort gottes, das die mentschen nüw macht, nit das geatmet wort,
sunder der geist gottes, der mit sinem wort würckt.
Denn was hilfft guote gsatzt haben und aber daby nit ein gmuet
haben, dem das guot gsatzt gevalle? Da hilfft ghein gebieten, da das
gmuet nit wol wil. Wie mag aber das gemuet, das von natur böß ist,
guots wellen, es werde denn durch got darzuo gezogen? Wie kan es

--331--

aber gezogen werden von dem es nüt weißt? Also volgt, das guoten
gsatzten aller meist gevolgt und gelebt wirdt, da man aller hällest
das wort gottes lert. Da erkent man aller bast sinen willen. Da
ist man aller fruotigest den ze thuon; denn man thuot inn uß liebe.
Denn gibt der ober guote gsatzt, wenn er schaffet, das die underthonen
aller schlechtist und einvaltigost nach dem willen des guoten gsatzes
lebend. Das gschicht gheinen weg ee denn durch das wort gottes.
Also volgt, das ghein regiment ruewiger unnd gotsförchtiger sin mag,
denn darinn das wort gottes am lütristen geprediget würdt; ouch, das
ghein ding ein regiment vester macht; denn die frömmsten regiment,
ist gwüß, das sy die vestesten sind. Dannen har gwüß ist, das die
nüt dann tyrannen sind, die das euangelium Christi nit wellent under
irem volck lassen predgen. Sy fürchtend, man werde gsehend. Das
mögend sy nit erlyden; denn sy sind so groß, gytig, böß schälck, das
sy fürchtend, es werde ein ieder pur so witzig, das er sich uff iro
schalckheit, unbill und frävel verstand, und herschend lieber under
den blinden weder gsehenden. Und fuegt aber dhein leer under
allen, die ie uff erden kummen sind, eim guoten, fridsamen regiment
bas denn die leer Christi. Dadurch wirt der ober wyß und geistlich,
kan alle ding ermessen; der underthon wirt des guoten und
fridsamen begirig, und das man im mit gebieten nit mag angwünnen,
das tuot er uß lieby fruotig.
So nun herr und volck der höchsten wyßheit, die in himel unnd
uff erden ist, glouben gebend, das ist: dem wort gottes gloubend, so
ist nit anderst möglich, dann das da der gröste frid, früntschafft und
liebe sye. Das zeigend die ersten Christen clarlich an, die all ir
hab und guot mit einandren gmeinlich teiltend und als die brueder

--332--

lebtend. Ja, sy übertruffend die lyplichen brueder; die hettend sich
nit also trülich des iren verzigen, als dise thatend. So vil stercker
ist das werck gottes denn das werck der menschen.
Es wirt ouch volck und herr verstendig die armen mentschliche
grechtigheit zuozedienen, so vil die erlyden mag, zum aller nächsten
by dem gsatz gottes hin. Derglychen ouch alle gsatzt stellen by dem
gsatzt gottes hin. Denn würdt ouch der obrer sich selbs nun einen
obren halten über die schälcke und an denen sinen gwalt bruchen;
gegen den gleubigen wirdt er sich halten als gegen sinen bruederen,
unnd wirt nit allein sorg haben, wie er die schälck straffe, sunder
ouch, wie er die grechten vor unbill verhuete und behalte, daß sy
nit in mißglouben oder boßheit fallind, und wirt im me sin umb
die selen siner empfolhnen weder umb die zytlichen hab, als Paulus
Hebr. 13. [Hebr. 13. 17] redt: Sy (die obren) wachen für üwer leben,
als die da rechnung werdend geben für üch. Denn die pfaffheit, wie
da oben uß Petro ist angezeigt, hat ghein empfelh des zwangs,
sunder ist iro verbotten aller zwang. Noch sind etlich böck so muotwillig
under den schaffen Christi, das sy weder umb leer noch
bann nüt gebend. Harwiderumb etliche der schaffen Christi so
senfft und demuetig, daß sy nit ein ietlich überstossen und bocken
klagend. Da zimpt christenlichen obren, das sy nach den worten,
die ze letst in disem artickel stond, den beschwärten bschirmind, ob
er glych nüt klagt. Denn wo man ein sölich gsatzt oder bruch hatt,
das man nit strafft, man verklage denn, da wirt vil übels geborn; die
armen muessend unbill von den rychen erlyden; denn die sind inen all
weg ze starck; und so die armen das sehend, tragend sy ee ir beschwärd,
denn sy erst noch in ein andre gfarligheit kummind. Ietz

--333--

hat der rych in unbill gesiget und würdt zum letsten so halsstarck,
das er sich ouch wider die obergheit stützt; und wo das gschicht, da
ist es umb ein regiment geschehen. Darumb muoß ein obergheit gar
eigenlich uffsehen, daß die starcken, feyßten böck die armen, blöden
schäffly nit umbringind. Und das hat sinen grund imm wort Pauli
Ro. 13. [Röm. 13. 3f.]: Die fürsten oder obren sind nit ein schräcken
guoter wercken sunder der bösen. Wiltu nun den gwalt nit fürchten,
so thuo guotes oder rechtes, so wirdstu von gewalt gelobt oder geuffnet;
denn der ober ist ein diener gottes dir zuo guotem. So du aber böses
tätest, so fürcht dir; denn er treit das schwert nit vergeben. Dann
er ist ein diener gottes und ein recher sines zorns über den, der
böses thuot. Darumb söllend sy sehen, das sy schirmind und rechind.
Petrus zeigt es ouch an 1. cap. 2. [1. Petr. 2. 14]: Die amptlüt oder
obren werdind gesendet zuo rach der bösen, aber zuo lob der frommen,
das ist: zuo uffnen und schirm.
Der viertzgost artickel.
Sy mögend allein mit recht töden, ouch allein
die, so offenlich verergrend, got unerzürnt, der
heisse dann ein anders.
Das die obergheit rechen und töden möge, doch allein mit
recht, das zeigt Paulus in den nächsten worten davor, imm 13. Ro.
[Röm. 13. 4] anzeigt: Er treit das schwert nit vergeben; denn er ist
ein diener gottes und ein recher sines zorns über den, der böses
thuot. Das er das schwärt treit, bedütet die maiestet unnd ordnung
des rechten, das er gar nit töden sol denn mit dem verurteilenden
rechten. Darumb alle die fürsten unnd obren, die one recht uß

--334--

eignem zorn ieman umbringend, glich als wol todschleger sind als
ein gmeiner man.
Ich ker mich hie nit an das heydisch recht der fürsten, daruß
sy kallend: ja, es zimme inen; und ob sy glych unrecht tödind,
söllind sy doch nit wie einer des volcks gestrafft werden. Der tüfel
hat sy das recht gelert, sy hand es von got nit; denn got verbüt allen
menschen: Du solt nit töden! exo. 20. [Ex. 20. 13]. Also mag dhein
besunderer nit töden. Nun ist ein fürst oder obrer ein besundrer, so
verr er etwas uß sinen eygnen anfechtungen thuot. Also volgt ouch,
das er one recht nit töden sol noch mag; denn die anfechtungen
machend einen besunderen oder gemeinen man. Es sol ouch hie in
eim fürgon ein ieder wüssen, daß, wie das gebott: Du solt nit töden!
zuo allen besundren menschen geredt wirt, aber nit zuo einer obergheit;
denn die sol töden, doch irer maß, wie harnach kummen würt; also
ouch alle andre gebott von verzyhen, von dem andren baggen darheben
etc. zuo allen besundren menschen geredt werden. Der gstalt:
Bistu ein obrer oder richter, bistu schuldig mit Petro zuo sibentzig
malen sibenmal verzyhen, so vil din person antrifft; so vil aber das
regiment unnd gemeinen stand antrifft, muostu das schwert bruchen.
Doch halt all weg die maß, die got halt. Der ylt nit uff den tod des
sünders Ezech. 18. [Ezech. 18. 21. 32], sunder das er sich beker und
lebe. Thuo im ouch also. Ist beßrung ze hoffen, so teil gnad mit; ist
das nit, so nimm den bösen hin von dem volck deut. 13. [Deut. 13. 5].
Ouch sol man nun den mögen töden, der offenlich verergret;
denn du obrer kanst nieman nach der boßheit sines hertzens urteilen,
bis daß du sin hertz an den früchten erkennest. Und so du inn dem
lychnam Christi schädlich und der gemeind verderblich werden
empfindest, so verr du inn leben liessist, denn so magstu im den
mülstein an hals hencken und in die tieffe des meres vergraben
[Matth. 18. 6, Luc, 17. 2]. Und thuost denn nit du dasselbig, sunder
sin offen laster nöt die oberhand sölchs ze thuon; denn so sy das

--335--

nit thäte, pflantzte sy alle laster. Wer nit alle jar die nüwlich
wachsenden dörn mit dem gerter meistret, der muoß lyden, das sy
im ze letst den gantzen bann innemmend. Doch darff es gheiner
glychnus oder manreden: Christus lert sölichs selbs Mat. am 5.
und 18. [Matth. 5. 29, 18. 8f.]: Wenn dich din recht oug verbösret,
grab es uß unnd wirff es von dir. Derglychen: Verergret dich din
hand oder fuoß, houw die ab und wirff 's von dir, etc. Das oug ist: ob
er glych din lerer, din fuerer und wyßheit wär. Die hand: din hilff und
zuoflucht. Din fuoß: din xell unnd mitgwerb; denn ein fuoß ist dem
andren der trüwest xell. Dennocht soltu inn abhouwen und hinwerffen.
Wiewol nun die wort fürnämlich uff den bann der gemeind reichend,
sind sy doch ein klare leer den obren, das sy sich ouch der gstalt
halten söllend in der rüheren straff, namlich, das sy nach gestalt der
lastren etliche zum ersten früntlich manen söllend, ob sy sich beßretind.
Sobald aber der trost der beßrung nit da ist, sunder nun ze besorgen
ist, man werde noch böseren schaden an dem gantzen lychnam erlyden,
so ist wäger, es verderbe ein glyd weder der gantz lychnam.
Denn die obren sind recher unnd diener gottes; darumb wirt got nit
erzürnt, so man sinen dienst thuot. Heißt aber er ein anders, das
ist: heißt er on recht töden als mit kriegen oder sölicher gstalt, denn
sol man im ghorsam sin, vor nit; sunder man sol sich all weg sines
gebottes halten, und so er ein anders heißt, als den künig Agag
töden reg. 15. [1. Sam. 15.], sol man demnach nüt des minder aber
das gebott: Du solt nit töden! halten. Uß welchem volgt, daß das
versöldet kriegen ein unmenschlich, unverschampt, sündtlich ding
ist; denn ich kan nit anderst ermessen, denn das alle, die in eim züg
sind, aller todschlegen, die da beschehend, schuldig syind. Sy sind
ein kilch oder menge, gond all einem radtschlag nach, thuond all
ein werck, nemmend alle lon, wiewol einer sich wirsch versünden mag
denn der ander, so vil er ein grösser ursach ist des üblen und bösen.

--336--

Der ein und viertzigest artickel.
Wenn sy recht radt und hilff zuodienend denen,
für die sy rechnung geben werdend vor got, so sind
ouch dise inen schuldig lypliche handreychung ze
thuon.
Disen artickel verstat ein ieder billich sin, namlich daß, so die
obren das ampt, so inen empfolht ist, als recht zuodienen, den einvaltigen
radten und nit verfaren lassen, den onmechtigen helffen und
sy nit undertrucken lassen, nach noturfft und mit ernst verwaltend,
daß ouch dannethin billich ist, das die ir hilff empfindend unnd
bruchend, inen ir verlegne zyt und schädlich versumnus widerlegind,
so verr sy, wie ich geredt hab, verligen und uß verligen schaden
empfahend, den sy nit verkiesen mögend. Wo sy aber sust rych
gnuog sind, soltend sy billich des iro gläben, und nach der gstalt
gottes sich ein gemeines guot aller menschen machen, als ouch
Socrates, ein Heyd, gethon hat mit wort und werck, des wort ist:
Der wyß ist ein gemeines guot, meinende, die wyßheit sölte gemeinlich
allen menschen dienen.
Des findt man noch wol ein bild under den radtsherren inn
stetten und landen, aber under dem herschenden adel wenig; denn sy
syind, wie rych sy wellind, so lassend sy iren armen lüten nüts nach;
deß minder sind sy got glych. Doch mögend sy zimmlicher maß der
menschlichen grechtigheit nach ir schuld inziehen; denn sy hand des
gstand der gschrifft Ro. 13. [Röm. 13. 5-7]: Darumb ist not, das ir
gehorsam syind, nit allein von der rach wegen, sunder ouch von der

--337--

conscientz wegen. Denn darumb gebend ir zöll oder gleit; denn sy
sind diener und verwürcker gottes, das sy styff ufsehind. Darumb
gebend allen menschen, das ir inen schuldig sind. Wemm ir zoll
schuldig sind, dem gebend inn; wemm ir stür oder schoß schuldig
sind, dem gebent sy; wemm ir forcht oder zucht schuldig sind, gebend
im 's; wemm ir eer schuldig sind, enbietend im die [Röm. 13. 7].
Hie hörend uff, ir Bäpstler.
Zum ersten ist man der oberkeit, die das schwert treit [Röm. 13. 4],
gehorsame schuldig, nit allein darumb, das sy die uns mit gwalt angwünnind,
sunder ouch von der conscientz wegen. Hörend ir, das
üwer conscientz versündet würdt, wenn ir der obergheit, die das schwärt
treit, nit gehorsam sind? Habend ir conscientzen, so luogend darzuo;
denn sind ir gemelter obergheit nit gehorsam, so verletzen ir sy.
Zum andren hörend ir, das ir denen dieneren, glich sam sy ein
geistlich ampt verwürcktind (leiturgi [λειτουργοί] gegen got, zöll und
gleit und stür und schoß schuldig syind.
Zum dritten hörend ouch die obren, das sy uff das ampt ires
schwertes styff warten und uffsehen söllend.
Zum vierden hörend alle Christen, das ieder dem andren bezalen
sol, das er im schuldig ist. Uß welchem volgt, das die nüt denn
läcker sind, die da sprechend: Ich bin fry; ich wil nit mer zinß
geben noch ander schuld bezalen. Hörstu hie nit, was Paulus redt
und da oben ouch ist anzeygt in dem artickel vom unfertigen guot?
Gib eim ieden, das du im schuldig bist. Es hilffet nit, das du
sprichst: Wir sind all brueder; denn die arbeitsälig menschlich grechtigheit
kert sich nüt daran; sy laßt uns gnuog brueder sin; sy zwingt
aber die seckel und täschen nit, das sy schwöstren syind. Darumb
muost du dich die menschlichen grechtigheit lassen meistren; denn got
heißt es. Aber alle ding gmein haben [cf. Act. 2. 44] ist wol götlich;
got zwingt aber den habenden nit, sunder laßt inn dasselb thuon, ob er

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wil. Also magstu inn ouch nit darzuo zwingen oder nemen, sunder, so
du es thätist, so wärist schuldig am gebott: Du solt nit stelen. Wenn
uns got erlüchtet, das wir alle selbs das unser frölich zemmentragend,
denn so wellend wir nach der gemein leben, wie zuo den zyten der
apostlen, do ouch nieman gezwungen ward, als Petrus zuo Anania redt
[Act. 5. 3f.]: Was es nit in dinem gwalt? Warumb hastu dann das geton?
sam er spräche: Es hatt dich doch nieman gezwungen. Du hettest
doch wol zwangs halb die gantzen summ mögen behalten. Welche
nun so wol bericht sind, das sy wüssend, daß alle ding gemein söltind
sin, und wellend das uff iren eignen nutz ziehen, söllend die obren
sölche, ob sy glych nüt habend, ouch gmein machen, söllend sy in
die sand- und steingruben schmiden oder vergeben heissen arbeiten
oder zuo einem gemeinen byspil für uns alle an den galgen knüpffen.
So sind sy uns ouch nütz, daß ander, an inen gewitzget, sölchen
frävel nit anheben werden. Kurtz: Es sol ein ieder der grechtigheit
gehorsam sin unnd sich nach dero halten, die im sin ordenliche oberkeit
fürschrybet, doch das die nit wider got sye. Laß dich hie den
fryen willen nit irren.
Hieby kan man warlich der tyrannen ouch nit vergessen, dero
leyder so vil ist als flöhen imm ougsten. Daß sy inen selbs hie nit
einen mantel fürwelbind, darunder sy alle schalckheit zuorüstind mit
rouben, bschyssen, betriegen, ja, mit mürden, stälen, töden, sam
sy damit irem ampt, von got bevolhen, gnuog oder recht tuegind.
Denn der weltlichen fürsten ist ietz so ein grosser teil in dem abweg,
das ein ieder vernünfftiger sicht, daß es vil wäger wer, sy wärind
nit an dem ampt, denn das sy daran so unmenschlich farend.
Und sind die, die nüwe schatzungen uff ir volck legend on des

--339--

gunst uß lutrem gwalt. Welcher schatzung sy bedörffend, ist war;
sy hand aber sich zuo der armuot gbracht mit unüberschwencklichem
gepracht, spilen, suffen, huoren, raßlen, kriegen, ungezimtem kosten
der kleidung, dieneren und frömbder sitten und zierden. Die nit
allein zöll, stür und schoß von den armen ryssend, sunder sy habend
Juden oder wuochrer under inen sitzen; die verzollend inen alle jar ir
leben so tür, das des gelts weder der tyrann noch die Juden und
wuochrer werdt sind. Noch lassend sy sölche beschwärde über ir arm
volk gon, damit inen ouch ein teil werd. Die erst nach sölchem die
monopolos, eigenköffer, under inen duldend, die aber in iren rechten
verbotten sind. Man muoß spetzery, zyn, kupffer, tuoch, wat etc. alle
von den eigenkeufferen nemmen. Die beschwärend nitt allein ein
fürstuomb sunder die gantzen welt. Sy gebend ir war, wie sy wend,
unnd ist ghein arme kindbetterin in aller welt, sy muoß an eim ieden
lödtly bulver denen wolffen einen krützer oder noch me ze
schatzung geben. Damit legend sy so unsaglich guot zesamen, das inen
die fürsten offt nemmen muessend glych als den byen, oder sy habend
einen verstand mit inen, wie viel. Darzuo so habend sy den eigenkouff

--340--

umb unsaglich gelt von inen gkoufft. Daran lyt nit, wie vil sy
darumb gebind. Dann sobald sy den eigenkouff habend, so ist es
gethon; sy gebend die war, wie sy wellend, und kummend der türe
wol yn. Dise eigenköffer solt ein gantze Christenheit vertryben
und abstellen glych als einen pundtschuoch.
Die der geistlich genanten pracht, rychtag und muotwillen darumb
beschirmend, das sy ir überschwenckliche rychtag niessend, die aber den
armen ghörend, unnd uß den spitälen der armen herbergen der rüteren
und söldneren machend, das ist: uß den klösteren; denn die klöster
sind nüt anders denn spitäl der armen. Die des bapsts ablas darumb
under irem volk zuolassend, das inen darvon ouch ein grosser teil wirdt.
Die grosse schätz an guldinen und silbrinen götzen, monstrantzen,
kelchen, krützen die genanten geistlichen lassend von dem armen volck
erbetlen mit erdachten falschen leren und fablen (sam got damit geeeret
werde!), das sy sölche schätz in iren nöten widerumb rouben
könnind. Dann wie vil man joch inen gibt in den zyten des fridens,
das sy zemmenlegende alle noturft versetzen möchtind, so es die
sach erforderete, so ist es doch alles mit inen verthon; unnd so bald
not kumpt, so legend sy die von stund an uff ire armen. Die iren
armen so gar ghein erbärmbd noch hilff in irer armuot und landsprästen
thuond, das sy ee gegen anderen fürsten mercklich guot verkriegend,
denn sy iren armen nun eynen pfennig nachlassind.
Es habend etliche jar har fürsten, künig und keyser so ein mercklich
guot an einandren verkrieget, das sy es selbs nit genennen köndind.
Sölte ir arm volck nun den hundertesten teil desselbigen guotes nachgelassen
werden begert han, so wärind sy unsinnig worden. Aber
das sind die urteil gottes, so sy mit sölcher ungnad so unsaglich
guot von iren armen schindend, das got so widerwertig ist; so ordnet

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ouch er, das es mit so grossem schmertzen widrumb harus schwären
muoß, glych sam got spräch: Ir wellend fryd unnd gnad nit under
einandren haben umb des zytlichen guotes, wollusts und eeren willen;
so muoß ich üch arm, verkümmret, trurig machen und geschenden
vor allen wysen und verstendigen, und in künfftig zyt üwer namen
und that lassen kummen, das alle menschen sehind, was unsinniger
köpffen ir xin syind. Und das ir mit wuetenden gebotten von den
armen erschunden hand, das muoß mit wueten widrumb von üch gezogen
werden. Die ir empfolht volck nit für menschen sunder für vich
haltend, ja schnöder denn vich, ich gschwig, das sy 's für brueder
habind, darumb, das sy eines gloubens, eines touffs und eines gottes
mit inen sind [cf. Eph. 4. 5]. Die sich selbs beredend durch ire
glychßnenden gelerten, alles, so in dem kreys ires gebietes, sye ir
eigen. Und roubend demnach gwaltiklich, bschyssend biderben
lüten wyb und kind gwaltiklich, schlahend ze tod, wo man inen ires
muotwillens nit gestattet. Sich, das ist ein schön volk der abgötten!
Die ir arm volck, das so trülich zuo inen setzt seel, eere, lyb und
guot, und stäts schrygt: O der fromm fürst! wiewol er ein schalck
ist (nimm dich nüt an, frommer man!), täglich so jämerlich metzgend
mit erdachten klagen, damit inen das guot verfall. Die, so sy behueter,
bschützer und beschirmer sin soltend, nüt anderst sind worden weder
beschetzer, bschysser und bschaber, und in summa in so vil unzalbarlichen
lastren so übel verhergt sind und wuetend, das man
eigenlich inen ansicht, das sy warlich gotlos sind. Ja, dise gotlosen
fürsten söllend darumb, das inen got hat gheissen ghorsam sin, iren

--342--

gwalt nit mißbruchen. Sy hörend wol, warumb inen got heißt gehorsam
sin, darumb, daß sy das schwert an der statt gottes haltend
zuo straff der bösen, nit zuo nachteil dem guoten, zuo schirm der frommen,
nit zuo schrecken. Man ist ouch inen nit schuldig allen muotwillen ze
ersettigen, sunder zimmliche narung widerstellen, die sy umb unsertwillen
versuenend, diewyl sy dem zuodienen der grechtikeit obligend.
O got! Gib dinem armen volck guot hirten und verkünder des
gotsworts, das an dem die fürsten und ir volck dinen willen erlernind,
daß das unfrüntlich, unbruederlich leben hingenommen werde, damit
din nam in aller welt gehelget und globt werd! Die fürsten, die
dinem wort glouben gebend, die behalt und sterck, das sy den antchristenlichen
buoben widerstandind! Die ungleubigen erlücht und
mach sy verstendig, das sy dich und sich selbs erkennind! Nimm
inen uß die tyrannischen hertzen, und gib inen gotsförchtige, früntliche,
liebliche hertzen und gmuet! So du aber überein inen ir geböch
lassen wilt, so merckend wir wol, das du uns und sy mit und
an einandren straffen wilt. So gib doch, o herr, dinen gleubigen die
gnad, das sy von dinem wort nit fallind. Und ob glych der lychnam
lyden muoß, mag doch der seel nieman schaden, so sy unbewegt ist
imm glouben. Es wirdt ouch all weg din wort überwinden, ob glych
darumb vil lyden muessend. Es hat ein gstalt, es muesse gelten: Die
fürsten rottend sich wider den herren unnd sinen wolriechenden sun
und gesalbeten künig [Ps. 2. 2]. Verlych uns, herr, das iro jochriemen
zerbrechind unnd du mit dinem wort allein sigist. Amen!
Der zwen und viertzigst artickel.
So sy aber untrülich und usser der schnuor
Christi faren wurdind, mögend sy mit got entsetzt
werden.

--343--

Was gadt die schnuor Christi die fürsten an, so by dero hyn
nieman gläben mag, er sye wie helig er welle, all wyl er in disem
zyt lebt? Antwurt: Nieman mag dem gebott gottes nachkummen. Ist
gwüß. Wir nemmen aber hie "das gebott gottes halten" oder "daby
hynfaren" für "nahin faren zum glychförmigsten dem gebott gottes,
als es dem menschen müglich ist".
Verstand es also: Alle menschen sind schuldig dem gbott gottes
nachzekummen. Aber so wir dem nit nachkummend, mag uns der
oberer nit straffen, bis das wir offenlich darwider thuond. Byspil: So
du eins andren eegmahel imm hertzen begerest, mag dich der obrer
darumb nit straffen. So du aber im sinen eegmahel geschwechet hast
mit der that, mag er dich straffen. Also fart er denn by der schnuor
Christi hin, so er din ußgebrochne that strafft. Also verstond wir
hie "by der schnuor Christi hin": dem götlichen weg nach. Denn
fart der aber nit by der schnuor Cristi hin, so er den sündenden
nit strafft sunder uffnet, und den unschädlichen beschwärt. Als so
man die unnützen büch, die muessigen pfaffen und münch und nonnen
schirmt by irem muotwillen, huoren und bretspil, gyt, hochmuot und
pracht. Und das sy mißbruchend, das verordnend sy nit den armen,
sunder, so man davon ordenlich redt, so straffend sy den, der inredt.
Das ist usserthalb der schnuor Christi hingevaren.
Das man aber sy denn möge dannen thuon, das zeigt uns das
häll byspil Sauls an, den gott verstossen hat, wiewol er inn zum
ersten erwelt hatt 1. reg. 15 und 16 [1. Sam. 15 und 16]. Ja, so
man die uppigen künig nit abstoßt, so würt das gantz volck darumb
gstrafft. Hiere. 15. [Jer. 15. 4], als got die vier plagen erzelt hatt
durch Hieremiam, die er über das volck wolt senden, spricht er

--344--

darnach: Unnd ich wil alle rych des erdrichs über sy entzunden von
Manasses, des künigs Ezechias suns, wegen umb alle ding, die er
zuo Hierusalem gethon hatt. Diser Manasses hatt treffenliche übel
gethon mit aller abgötery unnd mit unschuldigem bluotvergiessen, als
du findst 4. küng 21. cap. [2. Reg. 21. 1-9]. Umb welcher üblen willen
got das volk Israels gstrafft hat, als in Hieremia und hie würdt
anzeyget [2. Reg. 21. 10-12, Jer. 19. 3]: Darumb, das Manasses, der
küng Juda, die aller bösten grüwen gton hatt, ja übertroffen hat
die Amorreien, die vor ouch übels gethon hand, und hat das
jüdisch volk ze sünden bewegt in sinem wuost, darumb spricht der
her got Israels: Nimm war, ich wird übels bringen über Hierusalem
und das jüdisch rych, das eim ieden, der das hören wirdt, die oren
singen werdend etc. Kurtz: Hettind die Jüdischen iren künig nitt
also ungestraffet lassen muotwillen, hett sy got nit gestrafft. Man muoß
das oug, so es verbösret, ußgraben und hinwerffen, die hand, den fuoß
abhouwen [cf. Matth. 18. 8f.].
Wie man aber den abstossen sölle, ist lycht ze mercken: nit
mit todschlegen, kriegen und uffruoren, sunder mit vil andren wegen;
denn got hat uns imm friden beruefft 1. Cor. 7. [1. Cor. 7. 15].
Wirdt der künig oder herr von gemeiner hand erwelt und thuot
übel, so thuo inn die gmein hand widerumb dennen; oder aber, sy
werdend mitt im gestrafft.
Hat inn ein kleine zal der fürsten erwelt, sol man den fürsten
anzeigen, das man sin verergerlich leben nit me dulden mög, und
heissen abstossen.
Hie hebt sich not; denn der tyrann fart zuo und metzget dieselbigen.
Das schadt aber nit. Es ist gar trostlich umb rechtthuon
getödt werden, so man des willens gottes faret 1. Pet. 2.
[1. Petr. 2. 20], weder nachhin mit den schuldigen in der mißthat
getödt von der hand gottes. Magstu aber den weg nit erlyden und

--345--

darffst es nit gwagen, so lyd den muotwilligen tyrannen unnd wird
denn zuoletst mit im gestraffet, und stat dennocht die hand gottes
noch ußgestreckt und tröwend.
Ist der tyrann von nieman erwelt, sunder er hatt das rych ereerbt,
weyß ich nit, wie dieselbigen rych einen grundt habend. Denn
laß dir sin, als ob der geboren künig ein thor oder kind were. Noch
muoß man inn für einen herren haben. Wie würt er aber herschen?
Es muoß volgen, das nit nach gemeinem sprüchwort eins künigs sun
eintweders ein narr sin muoß oder ein küng, sunder er wirdt 's bede
mit einandren sin: ein narr und ein küng. Iedoch muoß man das rych
mit andren wysen verwalten. So wäre ouch weger, man machte
einen wysen zuo einem küng; denn es ist ein unglückhafftig, verfluocht
land, des künig ein kind ist [Pred. Sal. 10. 16]. Die einen tyrannen
beschrybend, sprechend, das der ein tyrann sye, der uß eigner krafft
und darstellen regiere. Also weiß ich nitt, wannen es kumpt, das
man die rych ererbt, es sye ouch denn, das sölichs die gemein verwilgung
und ghällung des volks zuogeb. So nun der ein tyrann ist,
sol nit einer oder der ander inn underston abzethuon; denn das macht
uffruor, und ist aber das rych gottes grechtigheit, fryd und fröd im
heilgen geist Ro. 14. [Röm. 14. 17]. So aber die gantz menge des
volcks einhälliklich, das damit wider got gehandlet wirt, den tyrannen
abstoßt, so ist es mit got oder der grösser teil, so verr er vor unrat
sin mag. Also solten die kinder Israels den Manassen abgestossen
haben, so hett sy got nit mit im gestrafft. Sprichst: Wenn wirt es
darzuo kummen, das der grösser, frömmer teil eins werde? Antwurt:
Würdt er nit einhälligklich eins, so red ich wie vor: So trage das
joch des tyrannen und werde zuoletst erst mit im gstrafft, und kan sich
nüt klagen. Denn mich hat ouch etwan gewundret, warumb got das
arm volck von der künigen oder obren wegen straffe. Ietz wundret

--346--

mich es nüt me. Warumb habend wir uns gegen dem nächsten nit
nach innhalt des gsatztes der natur? So bdorffte man dheines obren,
sunder wir wärind alle wie die brueder. Also: Warumb ist uns nit
allen grechtigheit zum höchsten lieb und das übel widrig? So wärind
wir all einhällig den tyrannen zuo verstossen. So wir so law sind
an der liebe der gemeinen grechtikeit, darumb lassend wir alle übel
der tyrannen fürgon und werdend billich von inen zerrissen und zum
letsten mit inen gestrafft.
Also manglet nit radt oder weg, wie man die tyrannen abstosse,
sunder es manglet gemeine frommkeit. Huetend üch, ir tyrannen! Das
euangelium wirt fromm lüt ziehen. Werdend ouch fromm, so wirt
man üch uff den henden tragen. Thuond ir das nit, sunder ryssend
und bochend, so werdend ir mit füssen getretten.
Der dry und viertzgist artickel.
Summa: Des rych ist aller best und vestest, der
allein mit got herschet, und des aller böst und unstätest,
der uss sinem gmuet.
Diser artickel hat kundschafft durch das gantz alt testament
hin, das, wenn die Juden sich gottes gehalten hand und siner gebotten,
so ist es inen ouch zytlichen wol ergangen. Wenn sy aber
von got sich kert hand, so sind sy in groß jamer kummen. Also
noch hüt by tag blybt unser stand und regiment vest, so wir uff
dem felsen gegründt sind, der nit bewegt werden mag. Widrumb so
wir uff sand, das ist: uff den unstäten radt des menschen buwen, so
wirt unser stand bwegt von winden und waldwasseren, und wirt umfallen
Mat. 7. Luc. 6. [Matth. 7. 25, Luc. 6. 49]. Denn es ist beschehen
umb den, der sinen trost uff den rörinen stab setzt
Esa. 36. [Jes. 36. 6]. Harwidrumb, als Salo. prov. 7. [Spr. 7. 2] spricht:

--347--

Sün, eer den herren, so wirstu starck, und one inn fürcht keinen
andren! mag der nit bewegt werden, der sich gottes wort halt.
Darumb alle regiment, sy syind wie klein sy wellind, frisch und
unverzagt sin söllend, so sy sich der ler Christi haltend. Gott wirdt
sy nit lassen undergon; und ob er sy glych laßt angefochten werden,
so würdt er doch inen ein frölichen ußgang zeigen, das sy die anfechtung
getragen mögend 1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 13]. Man weyßt wol,
das es nit minder ist, gewunnen ding ze behalten denn gewünnen.
Also, wellend die gleubigen bim glouben blyben, wirt nit mit schlaffen
zuogon, sunder muoß man für und für wachen und arbeiten. Gott sye
aber gelobt in die ewigheit, das er uns in sinem wort brucht, in dem
er all weg siget in unserem leben unnd in unserem tod. Die anfechtung
der Bäpstleren wirdt nit fyren; doch sol uns gleubigen trösten,
das sy uff die letste not kummen sind, unnd mannlich sollen wir verharren.
Stond wir uff dem felsen Christo Jhesu, so lassend sy
pütschen, biß das sy den kopff zerspydlend; denn wir mögend nit
bwegt werden. Sy strytend wol, aber überwinden ist inen unmöglich.
Christus ist höher, denn das sy inn treffen mögind, und hettind sy
noch einist so vil büchssen.
Halten üch der fründtschafft unnd liebe gottes, so blybt er in uns
und wir in im, und lassend demnach inn die sach erfechten. Er
wirdt uns radt und krafft geben, das einer tusend unnd zwen zehentusend
jagen werdend deutr. 32 [Deut. 32. 30]. Allein blybend in der fryheit,
in die üch Christus gefuert hat, und lassend üch under das joch
der antchristenlichen dienstbargheit nit trucken Galat. 5. [Gal. 5. 1].
Nit me von disem artickel; es ist gnuog da oben imm 39. artickel
von diser meinung geseit.

--348--

Von gebett.
Der vier und viertzgost artickel.
Ware anbetter rueffend got imm geist und warlich
an, on als geschrey vor den menschen.
Es ist vor gnuog gseit von disem artickel, das ghein gebett got
gevelliger ist, weder das got warlich erkennt unnd warlich mit ungezwyfletem
hertzen anruefft, nit mit glychßnery, sunder mit rechtem,
warem verjehen und erkennen. Als exo. 14. [Ex. 14. 15] Moyses
engstlich imm hertzen zuo got ruefft und bewegt doch die lefftzen nit.
Als ouch Anna 1. reg. 1. [1. Sam. 1. 13] gethon; hat nit lut geschruwen.
Als ouch Christus Mat. 6. [Matth. 6. 7] das vil bladren
verbotten hat und das war anbetten imm geist und in der warheit
geleert Jo. 4 [Joh. 4. 24], da er ouch uns erlößt von besundren stetten,
das nit an einem ort me weder am andren got well angerueffet werden,
sunder an allen orten, wo gott imm geist und warlich wirdt angeruefft,
da spricht er: Hie bin ich.
Der fünff und viertzigst artickel.
Glychssner thuond ire werck, das sy von mentschen
gesehen werdend, nemmend ouch den lon in
disem zyte yn.
Damit man die glichßnery erkenne, die sich für andacht verkoufft,
hab ich disen artickel gegen dem obren gesetzt. Und sind die
lutren wort Christi, die er von den gschrifftgelerten und Phariseieren
redet Mat. 23. [Matth. 23. 5]: Sy thuond alle ir werck, das sy
von den menschen gesehen werdind. Dise farw strycht inen Christus
an, nitt ich. So nun Christus Mat. 6. [Matth. 6. 1-18] gebüt,
daß wir den glychßneren in almuosengeben, in betten, in vasten nit glych
werden söllind, die ir gebett da thueyind, da sy aller meist volcks
wüssend zemmenkummen, sunder, so wir betten wellind, so söllind

--349--

wir in unser kämerlin gon unnd die thür nach uns beschliessen, unnd
da unseren himelschen vatter anrueffen in eim gheim: so volgt, daß
die, die all ir gebett nun in die offne ziehend, den glychßneren, die
Christus daselbst schiltet, glych sind. So volget ouch, das die mit
den glyßneren hie iren lon innemmend, als er daselbst spricht:
Warlich, sag ich üch, sy hand iren lon ingenommen. Demnach volget,
das die, die ire werck für die welt ziehend, glychßner sind. So sy
glychßner sind, so thuond sy alle ire werck, das sy gsehen werdind vor
den menschen. So ist ir werck nüt anderst denn ein glychßnery; also
nemmend sy ouch hie iren lon yn.
Hie hilfft ghein widerbefftzen mit dem korgsang der psalmen,
das der hundertest nit verstat; ich gschwig der sengelnurren, der
nonnen, die durch die gantzen welt hin nit einen verß der psalmen, die
sy mönend, verstond. Sott es aber nit guot sin, sprechend sy, das
man da vor allen menschen gottes lob singt? Antwurt: Zeyg mir an,
das es guot sye, so wil ich dir glouben, es sye guot. Got ist allein guot
und ein einiger bronn alles guoten [Matth. 19. 17, Jer. 2. 13]. Ist nun das
psalmenmurmlen guot, so muoß es von got kummen. Das zeig mir an,
wo got sölch mönen, brögen und murmlen angesehen hab. Sich,
so stast wie die katz vor dem kürsiner; denn du findest das widerspil,
das dich got in din kämerlin hat geheissen gon, und da an eim
heimlichen ort mit dinem himmelschen vatter reden; der werde dich
wol sehen, hören und gewären. Wärest du andächtig, so wärist allein.
Andacht wirt durch die vile gefelscht, es sye dann, das man die
vile des worts gottes berichte, oder das wenig mit einandren von verstand
des götlichen worts redind, von welicher gestalt Paulus
Coloss. 3. [Col. 3. 16] redt: Das wort Christi sol rychlich under üch
blyben oder wonen in aller wyßheit, das ir (verstond: damit) üch selbs

--350--

lerind und warnind mit psalmen, gotsloben unnd geistlichen gsangen,
die ir in üwren hertzen dem herren singind in der liebe. Hie leert
uns Paulus nit das pruelen unnd murmlen in den templen, sunder
er zeigt das war gsang an, das got gevellig ist, das wir nit mit der
stimm, als der Juden senger, sunder mit dem hertzen die lob und
bryß gotes singind. Das beschehe aber, so wir mit einandren die
psalmen und lob gottes, die im die propheten ouch in iren hertzen
und kämerlinen gsungen hand, underredind, einandren damit lerind
und warnind. Darumb wäre min ernstlicher rat, das man anstatt des
psalmenmurmlens die psalmen läs und sy uffschlusse und sähe den
schönen sinn des heligen geists, der darinnen lyt. Derglich red ich ouch
von der andren gschrifft. Damit wurde der mensch täglich gespyßt,
und wurdind die, so zuo dem ampt des predgens zogen werden, der
gschrifft bericht, das sy nit also mit ungeweschnen henden und fuessen
darinn umbher knätind.
Der sechs und viertzigst artickel.
So muoss ie volgen, das tempelgsang oder gschrey,
one andacht und nun umb lon, eintweders ruom suocht
vor den menschen oder gwün.
Der sinn ist, das die gsang, die man in den templen thuot umb
lon und one andacht, allein darumb geschehind, das man oder gruempt
werde, wie man geystlich sye oder das man gelt gwünne, welche fürnemmen
doch alle böß sind. Darumb noch vil böser ist, das man
sölichen gouggel den menschen zuo eim geltkloben für die nasen
ußsteckt und inn so tür verkoufft.
Hie sprechend sy zum ersten: So es aber mit andacht geschicht,
so ist es ie nit böß. Antwurt: Hast nit ghört, das du kein werck
schetzen solt, wie guot es sye; denn so man uns das gestattete, so
wurden wir unser werck so tür schetzen, daß uns got die kümmerlich

--351--

möchte bezalen. Das ein werck guot sye, lyt allein an got; von dem
muoß es kummen. Darnach pruelt der andacht nit vor den menschen,
wie die unsinnigen buoler thuond, sunder er gadt an sin stille. Da
kan er sich aller bast mit got ersprachen; denn inn zücht nitt gsicht,
nit ghörd von der guoten betrachtung ab. Es ist wider aller menschen
vernunfft, das man in grossem gethös unnd gthön sinnig oder andächtig
sye. Darzuo ist des menschen andacht so kurtz und schnell,
das er gar nit lang mit worten und hertzen andächtig ist; aber mit
dem inneren sinn und gedancken imm hertzen mag er den andacht
lenger verstrecken. Darus man ermißt, das die, die so übel an dem
korgsang rüwt, eintweders närrisch sind oder kindisch. Närrisch:
das sy noch den rechten, waren andacht nie erlernet hand; denn
hettind sy den ie recht empfunden, so möchtind sy nit erlyden, das
man sy mit dem mönen irrte. Kindisch: das sy den kinden glych
gern singend und hörend singen, ob sy glych nit verstond, was sy
singend. Ja, ich sag by der warheit, das ich das umblonsingen mee
sündig warlich schetzen mag dann guot. Denn was thuond die kinder
minder, die umb die gaß krützend und ouch darzuo singend, und
buckent ire münd ouch in seltzame wort, die weder sy noch andere
menschen verstond. Also singt der meerteil joch der münch und
pfaffen, das sy wenig verstond, was sy singend. Doch muoß man inen
lonen oder aber sy singend nit. Darzuo ist da oben gnuog bewärt,
das wir nit durch unsere werck sunder durch gottes erbärmbd sälig
werdind, mit dero ouch die todtenpfyffer sälig werden muessend, und
nit mit iren wercken.
Demnach werffend sy engegen: Ist es aber nit wäger, man
sye also in der kilchen, denn das man muessig gang oder imm bretspil
lige? Antwurt: Gnad, herr, das ir dahin kummen sind, das ir
üwren so schönen gotsdienst nit besser sin könnend bewären, denn das
er dennocht besser sye denn muessiggon und bretspilen. Wellend ir
üwren andacht dahin rechnen, so wil ich reden: spinnen sye besser

--352--

dann muessiggon und brätspilen. Wie wär nun, ir spunnind oder haspletind,
min andächtiger vatter? Doch sind ir ze starck darzuo, wie
wär es, man machte ein holtzschyter oder ein pfluogheber uß üch,
so ir doch etwas muessend thuon für muessiggon? So hulffind ir ouch
dem gemeinen menschen die arbeit tragen; ir sind schön und fäßt.
Ach got, wie muoß man üch die wyl so kostlich vertryben! Thuond
so wol und lesend das 14. capitel 1. Cor. [1. Cor. 14. 19], so werdend
ir finden, das Paulus lieber wil fünff wort mit verstand des sinnes
reden andren zuo der ler, weder zehentusend wort mit der zungen.
Also werdend ir, wie da oben ist anzeigt, nach dem sinn der gschrifft
arbeiten und die unverstandnen wort lassen ligen, als ich hoff.
Und so ir überein frölich sin wellend in dem geist, so würt das
nit lang wären. Darumb thuond es, so lang das gemuet mit den worten
hält; hab ich dhein zwyfel, ir werdind nimmerme singen; denn er
spricht daselbst [1. Cor. 14. 15]: Wil ich mit dem atem einen psalmen
reden, so sol es mit dem gmuet geschehen, das ist: wiltu mit dem
mund einen psalmen reden, luog, das munnd und gmuet mit einandren
ziehind. Nun ist mund und gmuet, so man bättet, nit lang uff eim
weg, vil weniger gemuet und gsang. Lis das gantz capitel daselbst, so
findstu, das under den Cristen das höchst ampt ist, daß sy das wort
gottes zuo guotem verstand bringind, damit die gantz menge gelert werd.
Item es hatt ouch Amos 5. [Amos 5. 23] das singen imm alten
testament verworffen: Thuo mir das gmürmel diner gsangen hinweg, und
das gsang diner lyren wil ich nit. Wie wurd der pürisch prophet
zuo unseren zyten thuon, wenn er so mengerley musick in den templen
sähe, und so mengerley mensuren der basdentzen, turdionen und
hopperdentzen und ander proportzen horte, und dazwüschen die

--353--

zarten korheren in iren sydinen hembdlinen zum altar gen opffer gon?
Warlich, er wurd aber schryen, daß sin wort die gantz welt nit erlyden
möcht.
Sich, das tockenwerck in den templen kost so vil schweiß und
arbeit; noch wil es nieman ze hertzen gon, noch muoß man die glychßnery
(ich hatt nach geredt: die abgötery) für und für neren. Unnd
beschicht doch nit on merckliche sünd; denn da wirdt eintweders angesehen
uppige eer oder wollust oder nutz, und kanst du nienen nüt
uß der gschrifft harfürbringen, das den verlonten gotsdienst bevest.
Denn das wort: Der arbeiter ist wirdig sines lons Luc. 10. [Luc. 10. 7],
dient gar nit dahar.
Darumb sol im nieman grusen lassen, ob er das russen uß den
templen laßt kummen, und ordnet an des statt wolglerte, die das gotswort
trülich uffschliessind, und gibt das übrig guot den armen, dürfftigen,
doch mit sölicher mas, das da nit uffruor enspring, es wellind dann
die gotsjunckheren nit anderst. Alde, min tempelgmürmel! Bis
mir nun nit schad; guot weiß ich wol, das du mit nit bist. Aber biß
grueßt, o frommes, innwendigs gebett, das vom gotswort erweckt würdt
imm hertzen des gleubigen menschen, ja, ein kleiner sünftz, der
kurtz bschicht und sich selbs erkent, und bald wyter loset! Bis
ouch grueßt, du gmeines gebett, das alle Christenmenschen für

--354--

einandren tuond, es sye offenlich imm tempel oder imm kämerlin, doch
fry, unverlont! Ich weiß, das du das gebett bist, dem gott geben
wil, das er verheissen hat.
Von ergernus.
Der siben und viertzigst artickel.
Lyblichen tod sol der mensch ee lyden, denn er
einen christenmenschen verergre oder gschende.
Es ist in dem wort scandlizein [σκανδαλίζειν] nit allein verergren
begriffen, sunder ouch gschenden.
Von der schand zum ersten. Christus wil Mat. 18. [Matth. 18. 6-10]
nit, das man die übel verergrenden nit sölle offenlich geschenden,
so sy nit anderst wellend, sunder er leert daselbst, wie man ußschliessen
sölle. Er wil aber, das man die sinen nit ze schanden
bringe, darumb, das sy klein geacht sind. Mit welcher meynung
er den Christen hat wellen den hochmuot hinnemmen, das sich nit
einer über den andren erhuebe, nit eyner den andren verachte; denn
welcher das thueye, dem were wäger, man ertranckte inn.
Wo sind hie die andächtigen bischoff, die den unküschenden
pfaffen eewyber ze nemmen verbotten, und demnach die kindle, die
von inen wol hettind eelich mögen und gsöllen geborn werden, zuo
bastharden gemacht hand? Unnd denen got das leben gegunnet hat,
die hand sy vor der welt geschendet, diewyl sy noch in muoterlyb
xin sind.

--355--

Ja, es darff die treffenlich sünd nieman also ansehen, das sy
inn nit beruere. Es sind vast alle menschen daran schuldig; denn sy
alle die geburten gottes verschupffend. Und habend aber die unschuldigen
kindle den flecken nun von den geschenderen der creatur
gottes, nit von gott. Darumb billich alle menschen soltend wol an
der pfaffen ee sin, das man uß der grossen sünd, damit man got sine
gschöpfften gschendt und verachtet, keme. Wie groß die aber sye,
lert uns Christus selbs Mat. 18. [Matth. 18. 6f.]: Welicher einen der
kleinen, die in mich gloubend, geschendt oder verergret, dem wäre guot,
das im darfür ein undrer mülistein an sinn hals wurde gehenckt und
versenckt in die tieffe des meres. Wee der welt vor schanden oder
ergernus. Es muessend ergernussen gschehen; we aber dem menschen,
durch den ergernus gschicht oder kumt. Dise wort Christi lerend
uns heiter gnuog, wie schwär ist, einen, der gottes ist, geschenden,
nach dem ersten verstand von der schand, als ouch Chrisostomus
diß ort verstat.
Zum andren werdend dise wort Christi verstanden von der
ergernus, die nüt anderst ist weder ein unverschampte des sündens
vor den menschen, oder ein verletzen oder überbochen der blöden
conscientz, dadurch sy gebösret wirdt oder ein abschühen hat von
dem guoten, das iro noch unbekant ist.
Von dem schamparen sünden redt Christus hie Mat. 18.
[Matth. 18. 6], das es vor got so groß sye, so man der kleinen einen
mit unverschamptem sünden verbösre oder hinderstellig mache, das
einem, der verergret, wäger were, man hanckte im ein mülstein an 'n
hals und ertranckte inn. Darumb hat er darnach den bann am

--356--

selben ort [Matth. 18. 15-18] uffgesetzt, damit der unverschampt sünder
glych als ein prästhafft glid wurde abgeschnidten, das es nit den
gantzen lyb übergieng.
Es sol ouch ein ieder Christ den blöden, die etwas wenend
unrecht sin (das doch den glouben nit antrifft), das nit unrecht ist,
vorgeben und nit glych stürmlingen überbochen, darumb, das er wol
bericht ist und nüt verletzt wirdt, als Paulus Ro. 14. [Röm. 14. 2-6]
anzeigt: Einer weißt, das im alle spysen zimmend ze essen, und wil
sich dero gebruchen, so offt es im gevelt. Der ander ist noch nit so
vest imm glouben, sunder meint er, es zimme im nit zuo aller zyt. So
nun der wüssend vor disem verbotten spysen ißt, hat er ein schühen
darab und verurteilt den essenden, sam er ein übelthäter und
frävener sye. Hie sol der wüssend dem blöden vorgeben, bis er
ouch wüssend würt, es wer denn sach, daß es nit ein blöde, sunder
ein eigenrichtige wäre.
Der gstalt spricht Paulus 1. Cor. 8. [1. Cor. 8. 13]: Ob die spyß
minen bruoder verergret, so wil ich nimmerme fleisch essen, daß ich
minen bruoder nit verergre. Ist die meinung Pauli: So lang er sicht,
daß sich sin bruoder verergret ab sinem fleischessen, doch das es ein
verergren und nit ein eigenrichtige sye, so welle er sinen schonen,
das er schlecht nit welle fleisch vor im essen.
Er hat ouch sölchs an Timotheo bewisen. Den hat er nach
jüdischem bruch lassen bschniden act. 16. [Act. 16. 3], wiewol er
wüßt, das die bschnydung nüts nütz was. Noch hat er den Juden
sölichs vorggeben, damit er sy nit abstellig machte in dem glouben.
Also hand wir dryerley scandala, das ist: verergren, funden.
Das erst ist ein geschenden des nächsten, verstand: unverdient.
Das ander ist: mit unverschampten sünden den nächsten bösren
und verruocht machen in dingen, die gwüßlich böß sind, die man mit
dem bann meistret.

--357--

Das 3. ist ein schüchmachen des, der imm glouben noch blöd
ist; meint etwas sünd sin, das nit sünd ist, als: fleisch essen zuo verbotnen
tagen, nit fyren (als man ietz fyret), nit ablas kouffen, nit
lassen messen umb lon lesen, eenemmen - obschon münch, nonnen
und pfaffen sölichs tuond -, den falsch ingelegten bann nit fürchten,
und derglychen unzalbarliche ding, die uns von den glychßneren geboren
sind, sam sy gott geheissen hab, und im in denen gedient werd.
Von dem güsel sol verstanden werden der
Acht und viertzigost artickel.
Der uss blödigheit oder unwüssen sich wil one
ursach verergren, den sol man nit kranck oder
klein lassen blyben, sunder inn starck machen, das
er nit für sünd hab, das nit sünd ist.
In den ersten zweyen gstalten der ergernus sol man nieman
leren, das er im das unrecht lasse gevallen oder das es nit sünd
sye, sunder wol bewaren, das er sich nit lasse beflecken, und den
verergrenden abstell. Denn dieselb verergernus ist ein so üble sünd,
das der herr we darüber schrygt, wie davor erzelt ist. Mich wil ouch
duncken, daß Christus daselbst allein die zwo ersten gstalten der
verergernus gemeint hab.
Von dem verergren, das nüt ist denn ein schüchmachen, wellend
wir bald gnuog geseit haben.
So du sichst dinen bruoder blöd sin, also, das er für sünd hatt,
das du wol weist nit sünd sin, so solt du in nit überbochen noch
schüch machen, ee und er wol bericht wirdt, das din thuon nit sünd
sye; oder aber din wüssen des gloubens were eim andren zuo verletzung
und verderben schad 1. Cor. 8. [1. Cor. 8. 7-13], sunder du solt

--358--

inn leeren, das er nit für sünd hab, das nit sünd ist, und solt dasselbig
thuen nit mit spitzfündigen künstlinen (denn mit denen macht
man den menschen ie me und me zwyfelhafftig und suechig, wie es
doch also könne zuogon), sunder du solt inn mit dem lutren, dapffren
wort gottes berichten, und sprechen, wie deut. 4. und am 12.
[Deut. 4. 2, 12. 32] stat: Du solt zuo dem wort gottes nüt thuon, nüt
darvon nemmen, und allein thuon, das er dich heißt. Hierumb, lieber
bruoder, solt du allein für sünd haben, das got für sünd hat und verbüt;
du solt dich ouch allein in den wercken ueben, die got geheissen
hat. So du inn mit andrem, denn er heißt, vermeinst ze eeren, soltu
wüssen, das du zwyfalt sündest; zuo eim mal, das du dir fürnimpst,
gott werde das gevallen, das din narrachter kopff erfunden hat; zum
andren, das gmeinlich die, die sölche werck anhebend, das lassend
ligen, das got heißt.
Oder sprich zuo im: Man thuot zuo eines menschen testament nüt; also
mag ouch zuo gottes testament nieman ützid thuon [Gal. 3. 15]. Darumb
ist allein sünd, das got verbotten hat, und allein recht, das got geheissen
hat. Bis nit so blöd! Got hat sine gschöpfften nit also wellen
in ein bockshorn zwingen oder derglychen. Sölche gstalt des sterckens
lert Paulus Ro. 14. [Röm. 14. 1-3]: Den, der imm glouben blöd
ist, dem helffend (das ist: zuo im nemmen), nit das er erst noch me
zwyfelhafft in sinen gedencken werde. Einer ist sicher imm glouben,
das er alle ding essen gdör; aber der noch blöd ist, der ißt krut.
Hie sol, der alle ding one schrecken ißt, den nit verachten, der sy nit
ißt. Es sol ouch der, so nit alle spysen essen gdar uß blödigheit,
den essenden nit verdamnen oder urteilen etc. Lis das gantz capitel.
Darumb söllend die wächter allenthalb die verergernus hinnemmen,
das ist: ernstlich predgen und leren, welchs got, welchs der

--359--

mensch verbotten hab, und söllend die armen conscientzen nit also
ewigklich in gefengknus der menschlichen gebotten metzgen. Also
wirdt volgen, das alle welt dem einigen wort gottes losen wirdt, und
sich siner wercken flyssen; und werdend die pingungen der armen
conscientzen hingenommen, und würt für dieselbigen kestigen frommkeit,
fryd und freud imm heiligen geist wachsen [Röm. 14. 17]. Hie wer
aber wol etlichen fantasten die britschen z' schlahen, die glych das
widerspil trybend, stond an den cantzlen und schryend: Nun mueß
doch got erbarmen! Sol man in der fasten fleisch essen? Söllend die
priester by eewybren ligen und gdören meß haben? Wie könde das
iemmer me recht sin? Und sind dieselben offt noch kum erkuolet,
daß sy von iren secken sind uffgestanden. Aber der pfaff las, daran
im was; die puren wend nit opfferen. Doch wil ich ir ungeschickte
nit nach noturfft beschelten, sunder hoffen, sy werdind ein nüws kleid
anlegen, das nach der mansram Christi gemessen sye.
Hie sprechend aber die behenden: Wie lang muoß ich doch dem
blöden vorgeben? Antwurt: Bis das er starck ist und sich nit me
laßt verletzen. Sprichst: Es hilffet nüt an im, er gibt dem wort
gheinen glouben, das ich im sag. Antwurt: So muost du ietzund ein
anders ann die hand nemmen: Du muost sehen, ob sich die ander

--360--

menge der menschen zum meren teil an dir verbösre, und findestu,
das sich der grösser, doch verstendiger teil nit verbösret, so laß dich
frölich an die christliche fryheit, doch mit dem gding, daß darus
kein grösser zwytracht oder nachteil der ler Christi geborn werd.
"Verstendig" mein ich hie nit die wysen dises zytes, sunder die imm
wort gottes wol bericht sind. Sprichst: Wie vil menschen oder
völker muoß ich aber ansehen? Ist es gnuog, so ich miner kilchhöry
varen? Antwurt: Ja, so es iro nit grossen nachteil bringen mag
gegen andren menschen. Sust sol ein ieder, das die ler Christi
nit verjagt werd, sich nit allein der kleinen dingen verzyhen, sunder
ouch vatter und muoter, wyb und kind verlassen [Matth. 10. 37]. Doch
dörffen, die sich an got glassen habend, nit engstig sin, wenn sy die
band des menschentants brechen werdind; denn got wirt sy wol fueren.
Daß man aber nit ewklich den blöden sölle vorgeben - oder
aber man keme nimmerme zuo christlicher fryheit -, sunder zuo siner
zyt im nümmen muesse vorgeben, leert Paulus Gal. 2. [Gal. 2. 3]
mit dem, das er Titum nit hat lassen bschniden, der doch vor Timotheum
hat lassen bschnyden; on zwyfel, daß er Timotheum nit
erretten mocht, Titum hat er mögen erredten. Also ist im ouch
ze thuon in ansehen der menschen: Mögend wir uns on des grösseren
teils ergernus christlicher fryheit gebruchen, söllen wir es tuon; ist
das nit, söllend wir noch vorgeben und streng leren. So aber der
gwalt an eim einigen stat, und derselb wil sich nit wysen lassen,
radt ich, daß man im für und für vorgeb, so man sich sins gwalts nit
entsagen mag in den dingen, die uns nit so not anligen. So aber die
gmeind sich nit verergret an den dingen, die der seelen selikeit antreffen
(als: unküsch sin verdampt uns; eliche werck tryben ist nit
sünd), so sol man nit ansehen, ob schon der tyrann sur sicht oder
uns gar tödet; denn wir söllend den tod ee erlyden, denn wir einen
der kleynen gottes verergrind. So sich der frommen der merteil nit
verergret, denn söllend wir 's uff unseren hals nemmen.

--361--

Der nün und viertzigst artickel.
Grösser verergernus weiss ich nitt, denn das man
den pfaffen eewyber haben nit nachlasst, aber huoren
haben umb gelts willen vergunt.
Dise schlußred stat allein uff min urteil, das mich bedunckt, das
uß dem unverschamten huoren, so die genanten geistlichen tryben, die
aller grösten laster in der gantzen welt erwachsen syind uß der ursach:
Der prophet oder lerer, der den menschen ir laster anzeigt, muoß unsträfflich
sin oder unbehaglich Tit. 1. [Tit. 1. 6], damit nit zuo im
gsprochen werde: Artzet, artz dich selb [Luc. 4. 23]. Warumb strafstu
nit zum ersten dich selbs und nimpst den tromm uß dinem oug, das du
demnach ouch min ruetle harus lesen könnist [Matth. 7. 5]. Din laster
ist so vil böser und grösser denn mins, so vil du ein fürgsetzter bist und
ich nit. Din laster bsicht alle menschen, und das guot, das du lerst
und tuost, wirt al weg mit dem bösen werk und laster, daß t' an dir
hast, vermasget. Drum hat Paulus nit on ursach, sölchen prästen
ze verhueten, gheissen den bischoff oder wechter nun ein wyb haben.
Er wißt wol, daß reinikeit halten nit eim ieden ggeben ward, und
aber alle menschen uff den wechter sehend, wie er gsitt sye.
Darum hat er wellen fürsehen, daß man sich an im nit so übel verergre,
unnd geheyssen ein eewyb haben. So er das nit hat - dann
es sind gar wenig, die reyn sygind; die aber reyn sind, von denen
sag ich nüt - und aber nit reinklich lebt, so hat er eintwedrs ein
eigen torecht wyb, als er verwent, oder er zert mit andren lüten.

--362--

Hatt er offenlich ein eygne huoren: So er den ebrecher straffen wil
und zuo sinem gmahel zwingen, spricht er: Lieber pfarrer, bistu übersichtig?
Wenn wiltu dinen prästen sehen? Straffet er den kriegsman,
spricht er: Das inn bocksgouggel schend, den huorenpfaffen!
Derglychen thuot der gytig, hochfertig und alle sünder, die sich an
den pfaffen ergrend. Und die schon dem wort gottes gern gloubtind,
so sy es vom pfaffen hand ghört, sprechend sy eintweders: Ach got!
Er larte als gern recht wol und lebt aber also schlechtlich; oder: Er
redt wol schön von der sach, er lebt aber schantlich. Dannenhar ich
wol gedenck, die sach sye nit so grusam, als er sy macht. Denn
wer die hell so heiß, als er sy macht, er wurde sich ouch hueten.
Und fallend in ein unglouben, so sy der pfaffen gotlose sehen. Hat
er aber dhein eigne huoren, so ist nüt vor im sicher bis an die muoter
und schwöster hinzuo; ich gschwig, das es mit denen ist etwan zuoggangen,
als got wol weißt. Darumb ich ghein grössere verergernus
weiß, denn der pfaffen unverschampte huory. Die hat allen lastren
fürmündet.
Das aber das laster nit hingenommen wirdt, sunder es lassend
geistlich unnd weltlich den grülichen wuost in iren regimenten zuogon,
und heissend sich nit verhüren, kumpt allein da dannen, das
die grossen bochbischoff me uff den secken hand, dann die müller
uff den melsecken; und habend die sigel allenthalb den gwaltigen
so thür versetzt, das ieder fürcht, im möge sin zins nümmen
werden, so man den hüdelzoll abstelle; oder sy sind noch der warheit

--363--

so unbericht, das sy dero nit gdörend byston. Ich wil üch warlich
warlich sagen: Heissend die uppigen pfaffen ire huoren vonn inen thuon
oder sy zuo der ee nemmen; oder aber ir werdend irer lastren teilhafft!
Sind ir blind? Sehend ir nit, warumb die bischoff das bott
der reinigheit nit nachlassend, und doch sehend, das die nit der
hundertest halt? Ja sprichst: Es ist der pfaffen ze vil! Antwurt:
Laß sy abgon, unnd ker ire pfruonden an die armen! Ja, ir wyber
wellend gnadfrowen sin! So gib inen so vil, das sy fro sygind, das
man sy ungnadfrowen lasse blyben. Iedoch ker flyß an, das die
schantlich, grusamlich verergernus hingenommen werd. Es sind nüts
denn fablen, das die glychßner ie und ie von sölcher glyßneten
reinigheit gethönt hand. Man hat bald reinigkeit gebotten, aber
nieman vermag dieselben ze halten, denn der einig, dem sy got
verlycht.
Von nachlassen der sünd.
Der fünfftzigst artickel.
Got lasst allein die sünd nach durch Christum
Jesum, sinen sun, unseren herren allein.
Diser artickel ist glücklich uff dise zal gevallen, die ein bedütnus
ist des nachlassens der sünd; denn in dem fünfftzgosten jar wurdend
alle keuff und dienst imm volk Israel ouch fry [cf. 3. Mos. 25. 10-55].
Das aber got allein die sünd nachlasse, ist offenbar; denn nüt
ist sünd, denn das wider das wort gottes ist. So muoß ouch volgen,

--364--

das er allein die sünd nachlaßt; denn nieman kan für den andren
verzyhen.
Doch wirdt die kundschafft der gschrifft die sach klar machen.
David spricht psalm 50. [Ps. 51. 6]: Herr, ich hab wider dich
allein gesündet. Ist die sünd allein darumb schädlich, das sy wider
got ist, so mag ouch dieselben nieman nachlassen dann got allein;
denn got ist allein das guot, das uns fuert, nert, artzet, heil und sälig
macht.
Deut. 32. [Deut. 32. 12]: Der herr ist allein sin fuerer xin etc.
Esa. 43. [Jes. 43. 25-27] redt got durch den propheten: Ich bin,
ich selbs bin, der da abtilgget dine sünd von min selbs wegen und
diner sünden nümmen wird gedencken. Wird min ingedenck und laß
uns mit einandren geurteilt werden. Zell an! Hastu etwas, damit
du mögist fromm oder unschuldig gmacht werden? Din erster vatter
hat gesündet, und dine tollmetschen habend übel thon wider mich.
Dise wort Isaie sind an allen orten so wol bewart, das sy nit
mögen an dheim ort überfochten werden.
Zum ersten zeigt got sich selbs zum andren mal: Ich bin, ja ich selbs,
kein andrer got noch gschöpfft, der din sünd abtilckt [Jes. 43. 25].
Zum andren verzycht er die sünd von sin selbs wegen, nit von
unserer wercken wegen. Er verzycht ouch also, das er der sünden
nümmen gedenckt und gheinn alten schaden richt.
Zum dritten stelt er den menschen gegen im und laßt sich nebend
im bschetzen oder richten, und heißt den menschen, das er sich umb
got erinnere und demnach harfürtrage, habe er etwas, damit er sin
frommgheit bewären mög; one zwyfel der meinung, das wir armen
sünder nüts habend.

--365--

Zum vierden zeigt er uns an, wie wir so onmechtig sind und
unrein von unserem ersten vatter har, der gesündet hat. Darus volgt,
das er ouch sündige, todte sün geboren hatt.
Zum fünfften, das ouch die tollmetschen gesündet hand und sünder
xin sind, die zwüschend dem volk und got gehandlet hand als
Moyses und die propheten.
Und, damit wir den handel kurtzlich harfürbringind, so ist nieman,
der nun gedencken könde, das die sünd ieman nachliesse weder
got allein, wider den sy allein ist. Denn obschon etliche wider den
nächsten, ist sy doch darumb ein sünd, das sy got hat gheissen
myden; denn er hat das gebott vom nächsten ouch ggeben. Ußgenommen
die Bäpstler; die gebend dem bapst zuo, das er ouch die
sünd nachlaß; denn er sye ein nachkumm Petri, und syind Petro
die schlüssel des himels ggeben ze binden und entbinden. Und
habend uff die ir meinung das wort Christi so gwaltigklich truckt,
das noch hüt by tag vil wolglerter christenlichen menner sind, die
uß des bapsts schlüßlen nit könnend kummen. Ouch habent zuo unseren
zyten etlich davon geschriben, guoter und grechter meinung zuo eim teil,
namlich, das die schlüssel nit des bapsts syind. Was aber die schlüssel
syind, hab ich grundtlich noch by gheinem gesehen.
Nun muessend wir die sach ouch an d' hand nemmen, und so wir
die gschrifft erobrend, wirdt demnach aller handel von nachlassen der
sünd, von bychten, von buoß würcken klar.
Mat. 16. [Matth. 16. 13-19] stat also: Als Jesus in die gegne
Philips Cesarien kummen ist, fragt er sine junger, sprechend: Wen

--366--

sagend mich die menschen sin, den sun des menschen? Sy hand
im aber geantwurt: Etlich sagend dich sin Johansen den teuffer,
etlich aber Heliam, aber die andren Hieremiam oder einen der
propheten. So spricht er zuo inen: Wen sagend aber ir mich sin?
Also hat Simon Petrus antwurt geben und gesprochen: Du bist
Christus, der sun des lebendigen gottes. Und Jesus hat im geantwurt
und zuo im gsprochen: Sälig bistu, Simon, Ionas sun; denn
das fleisch und bluot hat dir das nit geoffnet, sunder min vatter, der
in den himlen ist. Unnd ich sag dir, das du ein felser bist, und uff
den felsen wird ich min kilchen erbuwen, und die thor der helle
werdend nit wider sy vermögen, und dir würd ich geben die schlüssel
des rychs der himlen; unnd alles, das du binden wirdst uff erden,
das wirt in den himlen gebunden, und alles, das du lösen wirst uff
erden, das wirt gelößt in den himlen. Dise wort hand die Bäpstler
so ungeschickt in d' hand genommen, darumb, das sy irem fürnemmen
nit unglych sehend, so man sy zum ersten ansicht; das sy
damit alle menschen gar nach verblendt hand; denn sy hand die
ard der worten Christi und siner jungeren nit ermessen.
Christus hat offt sine junger gefraget umb ding, die er selb
wol wüßt. Er hat ouch offt sy all gefragt, das im doch nun einer
hat antwurt geben. Dannenhar volgt, das ouch darnach sin nachkummende
red nit uff den allein gereicht hat, der die antwurt in
aller namen hatt ggeben, sunder uff alle die, für die der redend hat
antwurt geben. Diß wirdt bald alles mit der gschrifft klar.
Daby ist uns ouch not ze wüssen, das die euangelisten etwan von
allen jungeren in der gmeind redend, was sy geredt habend, da doch

--367--

wol ze gedencken ist, das sy nit all mit einandren gemurmlet habind,
sunder das einer in aller namen geredt hab. Etwan aber truckt ein
anderer euangelist den, der in aller namen geredt hat, mit sinem namen
uß. Glych als ouch wir pflegend ze thuon, so ein gantzer radt einem
ein antwurt gibt, spricht etlicher: Mine herren gabend mir die antwurt;
ettlicher aber spricht: Der burgermeister gab mir die antwurt,
wiewol sy nit des burgermeisters was, sunder des gantzen radtes.
Ietz volgt bewärnus der dingen.
Marci 6. [Marc. 6. 38], als Christus das volck spysen wolt, stat
also: Unnd er hat gfragt: Wie meng brot hand ir? Und als sy
bsehen, hand sy gsprochen: Wir hand fünffe unnd zwen visch. Hie
stat, das er sy all gefragt hab, und ouch, das sy im all geantwurt
habind, wiewol im Andreas für die andren dieselben antwurt geben
hat; den hie Marcus nit nent aber Ioannes nent inn am 6. [Joh.
6. 8f.] also: Do hat einer gesprochen uß sinen jungeren, Andreas,
ein bruoder Simon Peters: Es ist ein dienstle da, hat fünff gerstene
brot und zwen visch. Hie hat Andreas ouch in aller namen dem
herren anzeigt, wie vil sy brot funden hattend; denn er fragt sy
all und hieß sy all luogen Mar. 6. [Marc. 6. 38]. Also ouch hie
hat Christus sine junger all gefragt; die wort zeigend es heiter
an "wen sagend aber ir mich sin?" Wiewol Petrus für all geantwurtet
hat, ist doch die antwurt nit Petri allein; denn wol ze gedencken
ist, so die andren junger nit durch Petrum hettind antwurt
geben, das sy - glych als an dem nachtmal, do ietlicher in sunderheit
fragt, ob er der verräter wäre - ouch hie hettind ietlicher in sunderheit
dem herren ein antwurt geben, was er inn sin gloubte; dann

--368--

diß sin fragen ist ein frag des heils. Welicher gloubt, das Christus
der sun des lebendigen gottes sye, der ist in got und got in im
1. Jo. 4. [1. Joh. 4. 15]. Darumb hat Petrus in aller namen antwurt
ggeben. Welichs nit min tant ist oder won, sunder die wort Petri
selbs zeigend dise meinung Jo. 6. [Joh. 6. 67-69] an: Als Christus zuo
den zwölffen sprach: Wellend nit ir ouch von mir hingon? hat im
Simon Peter geantwurt: Herre, zuo wem wurdind wir gon? Du
haltest die wort des ewigen lebens, und das gloubend wir und wüssen 's;
denn du bist Christus, der sun gottes. Hie redt Petrus heyter:
Wir glouben 's und wüssend 's etc., daran man eigenlich höret, das
alle 12. junger von Christo glychen glouben mit Petro ghebt hand.
Darus ouch volgt, das die schlüssel nit allein Petro, sunder ouch
allen jungeren unnd uns, das ist: allen gleubigen, in den jungeren
verheissen sind, so wir mit inen sprechend, das Jesus sye Christus,
der sun gottes.
Ee wir aber wyter farind, muessend wir von Peters namen sagen,
von welchem die Bäpstler redend, die kilch sye uff Petrum gebuwen,
das doch ein ware abgöttery ist. Christus hat zuo Petro
gesprochen [Matth. 16. 17]: Sälig bistu, das ist: wol dir (nach krafft
der hebraischen sprach); dann das fleisch und bluot hat dir das nit
geoffnet, sunder der himelisch vatter. Darus wir ermessend, das
Christum einen sun gottes verjehen nit menschlichs hertzens, sunder
götliches inkuchens ist.
Wyter volgt [Matth. 16. 18]: Und ich sag dir, das du bist ein
felser, und uff den felsen wird ich min kilchen buwen. Christus
spricht zum ersten: Unnd ich sag dir, daß du ein felser bist, sam
er spräche: Du seist mir in namen üwer aller, als Jo. 6. [Joh. 6. 69]

--369--

clarlich ist anzeigt, das ich der sun gottes bin. Unnd ich sag dir,
das du, Ionas sun, fürhin Petrus solt genent werden, das ist: ein
felser, von der vesten grundtlichen verjehung wegen, wie ich dir verheissen
hab. Das hat Christus gethon, als Andreas, Simons
bruoder, inn zum ersten zuo Christo fuort, sprach Christus Jo. 1.
[Joh. 1. 43]: Du bist Simon, Ionas sun; du wirdst genent werden
Cephas, welchs heißt: ein felser. Sich hie: Mat. 16. [Matth. 16. 18]
gibt er dem Simon den verheißnen namen.
Mit diesem namen irt der bapst zwyvaltiklich.
Zum ersten spricht er: Diß wort "und uff den felsen würd ich
min kilchen buwen" bedüte uff den Petrum und nachkummende
bäpst. Und hat aber Christus nit geredt: "Uff den felser wird ich
min kilchen buwen", sunder: "Uff den felsen, von dem ich dir den
namen ggeben hab, wird ich min kilchen buwen". Er ist nitt uff dem
felser bliben, sunder hat sich widrumb kert zuo dem felsen, dannen der
felser den namen hat, in welchen felsen er ouch mit allen glöbigen
gebuwen ist. Denn wär die kilch uff Petrum gebuwen, so wer sy
umbgevallen, do er Christum mit verschweren verleugnet.
Es sye aber ferr, daß wir gheiner creatur zuogebind, daß sy die
grundveste der kilchen, das ist: der glöbigen, sye; denn das wär ein
ware abgötery und wider das häll wort Christi und Pauli. Christi,
der von im selbs uß dem 117. psalmen [Ps. 118. 22] diese wort harin
zücht Mat. 21. [Matth. 21. 42]: Der stein, den die buwenden verworffen
hand, der ist in 's houpt zuo eim eggstein gemacht. Diser stein mag
nieman anderst sin denn der her Cristus Jesus, als Petrus selbs
lert 1. cap. 2. [1. Petr. 2. 6]. Paulus aber spricht 1. Cor. 3. [1. Cor.
3. 11]: Es mag nieman kein ander fundament setzen, weder das schon
gsetzt ist, das ist: Christus Jesus.

--370--

Also volgt, daß Petrus das fundament oder grund der kilchen
nit sin mag; denn man kein anders setzen weder Christum Jesum.
So nun Christus, der war fels, uff dem das gbuwen hus nit mag geweigget
werden, aller gleubigen grundveste ist, so muoß ie volgen, das
alle, die inn verjehend, wie Petrus gethon hat mit sampt den jungeren,
ouch von dem waren felsen "felser" genent werdind. Glych wie wir
mit Maria Magdalenen ouch den besten teil erwellend, so wir dem
einigen Christo anhangend. Und hat Magdalena nüt des minder
darumb, daß Christus von iro gredt hat: Sy hat den besten teil erwelt
[Luc. 10. 42]. Glych als er ouch spricht: Welcher den willen
mines vatters tuot, der ist min bruoder, schwöster und muoter [Matth.
12. 50]. So nun einer den tuot, entzücht er Marie nit, das ir eer
minder werd, daß sy ein muoter gots ist.
Also: Welche gloubent, als die junger mit Petro ggloubt hand,
daß Christus der sun des lebendigen gottes sye, die sind uff den
felsen ggründt und heissend deßhalb felser.
Der meinung ist ouch Augustinus mit hällen worten in der
homely [!], die man am fest der botten Petri und Pauli lißt. Und die
pfaffen lesend die an allen orten Costentzer bistumbs und hand nit
so vil oren, das sy hörind, wie Augustinus die wort vom felser und
felsen verstand, sunder sy schryend: Kätzer, kätzer! und bettend sölche
wort, und also kätzrend sy Augustinum und sich selbs.

--371--

Ich muoß nun ettliche kurtze wort hie stellen. Also redt Augustinus
über dise wort: Darumb nun Christus der fels ist. Aber
Petrus, felser, ist das Christenvolck; denn petra, fels, ist der ursprünglich
nam. Darumb wirdt der felser vom felsen genempt, nit
vom felser, glych wie Christus nit von dem Christenmenschen,
sunder der Christenmensch würdt von Christo also genempt etc.
Also hat Christus sin kilchen, das ist: sin gmeind, uff den
felsen, der er selbs ist, gebuwen und nit uff den felser.
Es sol ouch ghein einvaltiger gedencken, das es dennocht ouch
hab muessen etwas sin, das Christus Petro sinen namen geendret
heig; denn es sind andren jungeren ouch ire namen geendret, vorus
Jacoben und Johansen Marc. [Marc. 3. 17]: Boanergs [Βοανηργές],
das ist: die sün des tonders, welcher nam wol glycher wäre dem
treffenlichen gwalt, so vil der tonder me ghört wirdt und gefürcht
von allen menschen.
Zum andren mal irrt er mit dem namen Petrus, nit allein als
Hieronimus lert, sunder als der euangelist Ioannes 1. cap.

--372--

[Joh. 1. 42] selbs anzeigt. Der bapst spricht: Cephas heisse als vil
in unser sprach als caput, houpt, damit er Petrum unnd demnach
sich zuo eim houpt macht. Und redt aber der heilig Johannes 1.
[Joh. 1. 43] also: Du wirdst genempt werden Cephas, das ist: so man
es tollmetschet: Petrus, felser. Sich, der heilig euangelist erklärt
uns das wort Christi "Cephas", das syrisch ist, damit wir es verstandind,
und spricht, es heisse als vil als ein felser; und der bapst
spricht, es heisse ein houpt. Was thuot man disem felscher? Felscht
einer dem bapst sine brieff, so muoß er das leben darumb geben; und
der bapst felscht Christo sine wort und nimpt denen das leben, die
das sagend, das der euangelist Ioannes redet. Antchrist!
Wyter volgt in den worten Christi [Matth. 16. 18]: Und die
porten oder thor der helle werdend nit wider sy vermögen. Sag an,
Bäpstler, uff wen zickt diß klein wörtlin "sy"? Muost eintweders
sagen, daß es uff den felsen zeige oder uff die kilchen. Zeigt es uff
den felsen, so ist der sinn: die porten der helle mögend nit wider den
felsen Christum. Zeigt es uff die kilchen, das ist: uff die gleubigen
Christi, so ist der sinn: die porten der helle vermag nit wider die
glöbigen, die uff den felsen Christum erbuwen sind.
Die porten oder thor der hellen soltu verston: die stercke der
hellen oder des tüfels, die er aber die thor nennet darumb, das by
den thoren gemeinlich die gröste stercke ist mit gebüw, mit gschütz
und mit wapneren. Und ist der sinn aller diser worten: Uff den
felsen, o Petre, uff den ich min kilchen wird buwen, mag nieman

--373--

mit gheiner stercke nit kummen; es mag sy ouch nieman gstürmen,
so sy in mich erbuwen und gevestet ist. Ja, alle krafft der tüflen mag
iro nit schaden; der tüfel hat nümmen recht noch gewalt, wo man
Christo gegloubt hat; es mag ouch den glouben der kilchen, das ist:
aller gleubigen menschen, nieman vertilggen. Darumb sind unerschrocken,
alle recht gleubigen! Ob got schon verhengt, das ir
durächt werdend so treffenlich, das ir in die wuestinen endtrünnen
muessend, so mag man dennocht den glouben nit mindren, ich gschwig
vertilcken; denn got allein gibt inn. Und werdend vil darumb getödt,
kummend vil lüt zuo got.
Ietz gadt es an die schlüssel [Matth. 16. 19]: Und ich werd dir
geben die schlüssel des rychs der himlen. Umb diß wort sind die
Bäpstler selbs nit eins. Der ein teil strytet: Christus habe mit
disen worten dem felser Petro die schlüssel gegeben. Der ander
stryt: Er hab im sy hie nun verheissen; welche ouch recht habend.
So man aber wyter kumpt mit glychem gwalt der andren jungeren,
denn stond sy kalt. Aber die wort Christi sind heyter, das er
spricht: Ich wird dir geben die schlüssel des rychs der himmelen.
Hette er im die zuo disem mal gegeben, so hette er gesprochen: Nimm
hin! Hie gib ich dir die schlüssel etc. Es ist aber nun ein verheissen
der schlüßlen, glych wie er im ouch etwan verhieß, er wurde
Petrus genempt werden. Und wiewol inn dannethin die junger
under einandren Petrum oder Simonem genempt hand, hatt er doch
erst an disem ort anzeigt die ursach sines namens, nachdem er in der

--374--

jungeren namen die heilsamen redt gethon hatt, das Christus der
sun des lebendigen gottes sye.
Wenn im aber darnach die verheißnen schlüssel syind geben,
wellend wir bald finden. Aber die schlüssel sind bedütlich genempt
für das entledigen, ufflösen und uffthuon, darumb, das Christus und
sine botten mit dem verkünden des euangelii den menschen von der
sünd entlediget habend und mit got versuent unnd die verschloßnen
säligheit uffgethon, das ist: häll und gwüß mit dem wort gottes gelert,
wie Christus uns vom vatter zuo eim heyland ggeben sye, damit alle,
die das gloubend, erlediget sind von iren sünden. Weliche das nit
gloubend, denen wirt nit uffgethon das heil. Das rych der himlen
ist nüt anders denn das wort gottes an disem ort; denn also nempt
es ouch Christus Luc. 8. [Luc. 8. 10]: Uch ist ggeben, das ir wissend
die heimligheit des rychs gottes, das ist: üch gunt der vatter, das
ir das wort gottes häll verstandind. Aber die andren wil er mit
glychnussen reitzen; denn er spricht glich darnach [Luc. 8. 11]: Der
som ist das wort gottes etc. Nun wirdt das rych gottes etwan für
die freud genommen, in dero die sind, die imm glouben abgestorben
zuo got kummen sind unnd in sinem angesicht erfreuwt werdend; etwan
für alle gleubigen, die noch in disem zyt lebend, als Mat. 25. [Matth.
25. 1-13] und vil andren orten; etwan für das wort des euangelii, das
ist: des guoten, gnädigen handels, den got mit uns durch Christum
Jesum geton hat; ouch in einer gemein für das gotswort, als
Mat. 5. [Matth. 5. 19]: Welcher das kleinst miner gebotten nit hielt
und aber die menschen also larte, der wirdt der kleinst genempt
imm rych der himlen, das ist: Welcher schön lert, und thuot aber noch

--375--

lebt der leer nit glych, der wirt der verworffnest sin under den
predgeren des gotsworts, als ouch Luc. 8. [Luc. 8. 10] und hie und
an andren vil orten.
Und ist der sinn diser worten Christi: Ich würd dir, o felser,
das wort gottes, das euangelium, empfelhen ze predigen, welchs den
menschen anzeigt und uffschlüßt, wie sy sälig werdind.
Disen sinn wellend wir bald sichtbarlich für die ougen aller
menschen legen.
Nun volgend die wort hernach [Matth. 16. 19]: Alles, das du
binden wirst uff erd, das wirt imm himel gebunden, unnd alles, das
du erledigen wirst uff erden, das wirt imm himel ledig.
Wie wir vor hand anzeigt, daß die schlüssel an disem ort nun
verheissen syind, wirt ouch not sin, das wir anzeigind, wo sy demnach
geleistet syind.
Ee und wir dasselb thueyind, wellend wir anzeigen by disen worten,
wie etlich der alten diß ort Mat. 16. [Matth. 16. 19] verstanden habind,
damit man sehen möge, womit die Bäpstler sygind umbggangen,
das sy got uß inn selbs machtind.
Hieronymus spricht über dise wort [Matth. 16. 19]: Die bischoff
und priester, die verstond dise ort nit, sunder gebruchend sich glych
sam der Phariseieren hochmuotes, indem, das sy etwan die unschuldigen
verwerffend oder verdamnend, oder das sy meinend, sy entledigind
die sündigen, so doch by got nit des pfaffen urteil, sunder der

--376--

sünderen leben erfordret wirdt etc. Mit denen worten wil Hieronymus,
das binden und entbinden nit an den pfaffen lige, sunder am
sünder. So derselb rüwen hat und sich besseret, so zeigt im der
priester an, das im got sin sünd verzigen hab. Ist nun einer ein
kätzer, der da spricht: weder bischoff noch pfaff, sunder allein got
entledige, so ist üwer Hieronymus, o ir Bäpstler, ouch ein kätzer!
Das sye verr von üch!
Ambrosius spricht 2. cap. Ephes. [Eph. 2. 20]: Dannenhar
spricht der herr zuo Petern: Uff den felsen wird ich min kilchen buwen,
das ist: in dem verjehen des christenlichen gloubens setz
oder bring ich die gleubigen zum läben. Sich hie, wie die sünd verzigen
werden Ambrosius erkent hat.
Darumb nit kätzer sunder christenliche menner sind, die das
binden und entbinden dem menschen nit in siner hand lassen wellend.
Doch muoß ich mit eim gegenwurff ir unwissenheit offnen. Ir
Bäpstler wellend sagen, ir habind gwalt ze binden und entbinden.
Zeigend an! Wie söllend oder mögend ir ieman anbinden? Werdend
ir sprechen: So einer bannwirdig ist, so bannend wir inn;
denn anderer sünden halb heyßt üch got mit Petro zuo sibentzig malen
7. mal verzyhen [Matth. 18. 22]. Also mögend ir schlechtlich nit binden
denn mit dem bann. Denn üwer meister von den hohen sinnen kan

--377--

ouch dhein ander binden anzeigen denn das binden des bannes. So
ir nun ghein ander binden findend denn den bann, so muessend ir
ouch das entledigen allein von dem bann verston. Also das ir in
einer red, die gegen einandren gsetzt ist von binden und entbinden, nit
das binden nun von dem bann verston mögend, und das entbinden von
allen andren sünden, sunder muessend ir sy glych verston. Meinend ir,
das binden leine sich nun uff den bann, so muessend ir ouch das
entledigen nun uff den bann verston. Also blybt üch an disem ort
nit me dann das binden des bannes und das entledigen des bannes,
wenn ir glych recht hettind. Aber an disem ort würdt dhein gwalt
ggeben sunder verheissen. Deßhalb ich etwan der meinung bin xin,
binden unnd entbinden hie und Mat. 18. [Matth. 18. 18] sye allein
der bann, welichs ich ouch in Archetele hab anzeigt, doch nun umb
des zangs willen, den ich mit minen hoflichen hindergengeren hatt.
Ietz aber sicht ein ieder wol, das diß ort nun ein verheissen ist der
schlüßlen, aber das Mat. 18. [Matth. 18. 15-17] ein insetzen des bannes,
von welchem davor gnuog ist anzeigt, weß er sye.
Demnach findend wir nit, das weder Petro noch den andren
jungerenn ghein gwalt sye ggeben denn nach der urstende. Da
hat Christus den jungeren allen mit einandren und uns in inen die
verheißnen schlüssel ggeben Jo. 20. [Joh. 20. 22f.], und hat sy ouch
nit Petro allein ggeben; denn er hat sy im ouch nit allein verheissen.
Sunder wir wellend mit dem wort Christi fürbringen, das er mit
den jungeren gethon hat - in dem fal - als ein hußvater, der vil

--378--

sün hat. Der spricht zuo dem, der etwas im gevelligs gthon hat und
sust ouch für ander wil gsehen sin: Hans, du bist ein guot knecht!
Ich wil dir ein hüpsch, rych wyb geben; und hat nit imm sinn, das
er im allein ein sölch wyb welle überkummen, sunder er thuot söliches
mit der that den andren ouch, versicht sy all mit ersamen dochteren,
darab sich Hans nit klagt oder für ander uffwirfft, für das er recht
besint wirt, sunder ist wol zefriden, das ir vatter sy all mit trüwen
versehen hat. Also hat Christus hie gethon, Petro Mat. 16.
[Matth. 16. 19] verheissen, daß er im die schlüssel empfelhen wölte;
hat sich doch nit verbunden, daß er sölichs den andren nit wölte
geben. Do er aber das geleistet, hat er sy ouch den andren empfolhen,
daran Petro ghein unbill gschehen ist. Glych als ouch dem taglöner,
mit dem der hußherr umb den taglon überkummen hat, ghein mindrung
geschach darumb, das der hußhalter dem letsten als wol die
bestimpten pfennig gab als dem ersten. Denn dem ersten ward geleistet,
das im verheissen was, und darumb mocht er die fryen hand
des herren nit beschliessen, das er andren nit ouch gäbe, das im
geviel Mat. 20. [Matth. 20. 12-15].
Derglychen finden wir an andren orten ouch heiter.
Luc. 5. [Luc. 5. 10] spricht er allein zuo Petro nach dem wunderbarlichen
vischfang: Fürcht dir nit! Fürhin wirstu die menschen
fahen. Ist nit Petro allein empfolht die menschen mit dem garn
des götlichen wortes ze fahen und got gewünnen, sunder ouch den

--379--

andren empfolcht, ja mit hällen worten verheissen sinem bruoder Andresen
und Jacoben und Johansen.
Mat. 4. Marci 1. [Matth. 4. 18-21, Marc. 1. 16-20]: Kummend mir
nach, unnd ich würd uß üch vischer der menschen machen. Ob du
glych die wort uff Jacoben und Johansen nit verston wilt, muostu
sy dennocht uff Andresen verston. Daran du aber sichst, das Petro
allein gseit ist an eim ort: "fürhin wirstu die menschen fahen" unnd
an einem andren ort ouch zuo andren.
Glych als ouch Mat. 16. [Matth. 16. 18f.] die red Christi allein
nach dem buochstaben uff Petrum lutet (wiewol sy zuo allen jungeren
in der warheit geredt ist; denn er hat sy all gefraget und hat Petrus
für sy all geantwurtet. So muoß ouch die nachkummend red Christi
uff sy all leinen. Daran ligt aber wenig. Es darff nit kempffens,
wir bdörffend des schirms nit, und werdend aber die schlüssel Jo. 20.
[Joh. 20. 22f.] den jungeren allen gemeinlich ggeben. Ist nit ein mindrung
Petri, glych als ouch das verheissen Mat. 16. nüt fürnemmers
Petro zuogibt denn den andren.
Das aber die schlüssel, von denen wir redend, nit allein den 12.
botten, sunder uns in inen ggeben syind, bewär ich mit dem selbswort
Christi Mar. 13. [Marc. 13. 37]: Die ding, die ich üch sag,
die sag ich allen menschen. Hat er nun den 12. botten die schlüssel
zuogseit und ggeben, so hat er ouch allen gleubigen und lerenden die
schlüssel gegeben. Denn Lucas, der die meinung ouch beschrybt am
12. capitel [Luc. 12. 40], unnd aber diß wort "die ding, die ich üch
sag, die sag ich allen menschen" ußlaßt, zeigt nüt des minder an die
frag Petri, damit aller handel klar wirt, namlich, daß Christus diß
wort "die ding, die ich üch sag etc." unangehencket redt von aller
siner leer, das er die nit inen allein sage, sunder der gstalt, das sy

--380--

allen menschen gsagt sye. Verstand es also: Nachdem Christus
Luc. 12. [Luc. 12. 39f.] anzeigt hat ein glychnus von eim wackren
hußvatter, damit er die wächter ze wachen sins wort ermündrete, als
er ouch Marc. 13. [Marc. 13. 37] tuot, spricht Petrus [Luc. 12. 41]:
Herr, seistu dises byspil oder glychnus allein zuo uns oder zuo allen
menschen? der meinung, ob er inen allein so ernstlich empfäle ze
wachen, oder ob er es allen menschen seyte. Und schrybt Lucas
die antwurt Christi mit verendreten worten, und laßt das häll wort
Marc. 13. [Marc. 13. 37] us. Marcus aber schrybt die heyteren antwurt
Christi mit hällen worten: Die ding, die ich üch sag, die sag
ich allen menschen. Denn die puncten in den griechischen buecheren
lösend dise red davornen und dahinden, das sy für sich selb fry stat:
"Die ding, die ich üch sag, die sag ich allen menschen". Also volgt,
das das schlüssel geben aller jungeren und in denen aller gleubigen
Christi sind.
Noch wüssend wir nit, was die schlüssel sind. Tuo gemach! Es
kumpt als nach einandren wie ein guotjare. Die schlüssel sind nüt
anderst denn: das luter, ungemenget wort des euangelii predgen.
Welcher nun dem geloubt, der wirt entlediget von sünden und wirdt
heil. Welcher dem nit gloubt, der wirdt verdampt.
Weliches aber das wort des euangelii sye, ist davor nach der
lenge geseit. Hie wil ich 's mit wenig worten ernüweren:
Nachdem der mensch sich selbs erlernet, das er gar nüt guotes
würckt noch ist [cf. Ps. 14. 3, Röm. 3. 12], und aber darby weyßt, daß

--381--

im zuo got kummen nit möglich ist, er sye denn guot und unschuldig,
so befindt er, daß es siner krafft unmöglich ist zuo got ze kummen; und
so im got nit ze hilff keme mitt siner gnad, mueßte er sich sälig werdens
verzyhen. Darumb hat got sinen sun unseren bruoder gemacht, das
er all unser onmacht ersetzte, für unser schuld der grechtigheit gottes
gnuog thäte und bezalte, ja, das er als unser eigner bruoder und eigen
pfand unsere grechtigheit wurde und bezalung [Marc. 10. 45], durch
die wir zuo got kummend. Welcher disen gnädigen, früntlichen handel
gloubdt, der laßt sich ietz an die gnad gottes, dero gwüß pfand
Christus ist; der wirdt ouch erlößt von aller sünd. Welicher aber
das nit gloubt, der ist in sinen sünden gefangen [cf. Röm. 7. 23]; denn
er mag sich selbs nit fromm noch gotsgevellig machen, und laßt sich
ouch an die gnad gottes nit. Daran der predger des worts gottes im
wol anzeigen mag, das er verbunden ist sinen sünden unnd verstrickt,
das er zuo got nit kummen mag.
Das es also sye, wellend wir die wort der schlüßlen mit flyß und
ernst ermessen.
Die verheißnen schlüssel hat Christus am tag siner urstende
mit vorbewarung des heiligen geists ggeben Jo. 20. [Joh. 20. 19-23],
wie harnach volgt: Als es spate tagzyt was am selben tag, am nächsten
tag nach dem sabbat, unnd die thüren beschlossen warend, da die
junger by einandren versamlet warend von forcht wegen der Juden,
ist Jesus kummen und ist in die mitte gstanden, und spricht zuo inen:
Fryd syg mit üch! Und als er das geredt, hatt er inen sin hand und
syten zeigt. Als nun die junger den herren gsehen, hand sy sich
erfreuwt. Also hat Jhesus widerumb zuo inen gesprochen: Fryd syg

--382--

mit üch! Wie mich min vatter gesendet hatt, also send ich ouch
üch. Und als er das geredt, hat er ynkuchet, und spricht zuo inen:
Nemmend den heiligen geist! Aller dero sünd ir nachlassen werdend,
denen sind sy nachgelassen. Allen denen ir die verhalten werdend,
denen sind sy verhalten.
Dise wort Ioannis wellend wir zum ersten eigenlich durchgon,
damit man in den andren euangelisten sin meynung ouch des bas
erkenne. Denn hie sind warzeichen, die man in andren euangelisten
ouch findt, das sy dise meinung ouch beschrybend, doch mit andren
worten, und ist aber nun ein meinung.
Zum ersten zeigt Johannes an, das diß geschicht am tag der
urstende beschen syg.
Zum andren, das Jesus in mitz under inen gstanden und gesprochen
hat: Fryd syg mit üch!
Zum dritten, daß er inen hend und syten gezeigt hat.
Zum vierden, das sich die junger gefröwt, nachdem sy den herren
gsehen hand.
Zum fünfften, das inen Jesus zum andren mal den fryden
gwünschet hat.
Zum sechßten, das er sy gesendt hat, glych als ouch inn sin
himelischer vatter gesendt hat; der hat inn uns zuo heil in diß welt
gesendet. Also sendet er ouch sine junger, das sy inn, das heyl aller
mentschen, ußkündind.
Zum sibenden, das er under sy kuchet oder geblasen hat und
gesprochen: Nemmend hin den heilgen geyst! Dero sünd ir nachlassen
werdend, denen sind sy nachgelassen; dero sünd ir binden oder
verhalten werdend, denen sind sy verhalten.
Ja, an denen warzeichen wellend wir finden, das die meinung
Christi ist: Wo das euangelion gepredget werd und dem ggloubt,

--383--

da werd dem gleubigen die sünd vergeben, dem ungleubigen werde sy
nit verzigen, das ist: verhalten.
Unnd zum ersten hie sehend wir klarlich, das der 6. punct, uff
das senden lutende, dahin reicht, das er sy in die welt gesendt hat
das euangelion Christi ze predigen, glych als ouch er das heyl ze
verkünden von sinem himelschen vatter gesendt ist. Welcher dem
gloubt, der würdt fry; welcher im nit gloubt, der wirdt in sünden
verhalten oder gebunden blyben. Diß sin senden seit er häll Luc. 4.
[Luc. 4. 18] mit den worten Isaie 61. [Jes. 61. 1f.]: Der geyst gottes
ist uff mir; denn der hat mich gesalbet und hat mich gsendet den
senfftmuetigen ze verkünden, das ich die artznete, dero hertzen zerknischt
sind, das ich den gfangnen gnad predgete, und den beschloßnen
das ufflösen etc.
Ietz wellend wir Lucam hören reden und sine wort ermessen.
Er spricht am 24. [Luc. 24. 36] also: Als aber sy also redeten
(dise red was xin, wie Petrus Christum gesehen hette, und wie die
zwen gseit hattend, welcher gstalt er inen erschinen was, als sy gen
Emaus giengend; die aber am selben tag der urstend widrumb gen
Hierusalem kummen warend), ist Jesus selbs in mitz under inen
gstanden. Diß ist das erst warzeichen, in Johansen ouch bestimpt,
das es spat an dem tag der urstende beschehen sye.
Darnach volgt in Lucas [Luc. 24. 36]: Und er hat zuo inen gesprochen:
Der fryd sy mit üch! Diß ist das ander warzeychen in
Johansen.
Darnach volgt in Lucas [Luc. 24. 37]: Als sy nun erschrocken
und forchtsam worden sind, meinende, sy sähind eynen geist. Diß ist
das 4. warzeichen in Johansen, da er spricht: Die junger hand sich
gefreuwt, als sy den herren gsehen hand. Das laß aber dich nit
irren, das freud und forcht nit ein ding ist; denn Lucas hat wellen

--384--

anzeigen, daß das unversehen erschynen Christi den jungeren ein
grusen bracht hat; als, wenn einer ein bgirlich ding sicht oder hört,
gdar er im nit wol glouben geben, das er fürchtet, es sye nit also.
Dise zwyfelhafftige fröd hat Lucas wellen ußtrucken mit dem wort
ptoethentes [πτοηθέντες].
Darnach volgt in Lucas [Luc. 24. 38]: Und Jesus hat zuo inen
gsprochen: Warumb sind ir verirrt oder betruebt, und warumb erwachsen
gedancken in üwren hertzen? Diß ist ein warzeichen, das
Lucas mit Marco gemein hat, nit mit Johansen.
Danach volgt [Luc. 24. 39]: Besehend min hend und min fueß,
das ich 's selbs bin. Rueren mich an und bschouwend mich, das der
geist fleisch und bein nit hat etc. Das ist das dritt warzeichen by
Johansen.
Demnach volgt by Luca [Luc. 24. 41]: Als sy aber für und für
zwyfelhafft warend und sich vor fröden verwundretend, hat er zuo inen
gsprochen etc. Sichst du hie, was ir forcht ist xin? Nüt anders
denn ein schwalb, indem sy begirlich Christum ansahend, und uß
verwundren und begird nit wol dorfftend glouben, das es Christus
wäre.
Demnach beschrybt Lucas [Luc. 24. 42f.], wie Christus den
hungwaben und ein stuck von eim bratvisch geessen hab, des wir
hie nit dörffend; denn Ioannes hat dieselbigen gschicht ußgelassen.
Darab sich aber nit ze verwundren ist, sunder es bringt vil gloubens
der leer Christi, so sy allenthalb am sinn so einhällig ist, und aber
die wort oder zyt etwan anderst sind beschriben. Derglichen, das

--385--

ein euangelist offt ein gschicht beschrybt, die der ander am selben ort
ußlaßt und ist an eim andren verzogner. Denn der helig Johannes
spricht 21. [Joh. 21. 25]: Es sind noch vil me andrer dingen, die Jesus
alle gethon hat. Sölte man dieselben alle beschryben, es möchte die
gantz welt söliches nit begryffen.
Demnach volgt in Luca [Luc. 24. 44-47]: Und er hat zuo inen geredt:
Das sind die reden, die ich zuo üch geseit hab, diewyl ich noch
by üch bleib, das not ist erfüllet werden alle ding, die imm gsatzt
Moyses, in den propheten und psalmen von mir gschriben sind. Do
hat er inen ir gmuet uffgethon, das sy die gschrifft verstuendind, und
hat zuo inen gesprochen: Item, also stat geschriben: Also hat Christus
muessen lyden und am dritten tag widrumb ufferston von den tödten.
Unnd also hat ouch muessen gepredget werden in sinem namen das
rüwen oder besseren und nachlassen der sünden in alle völker. In
den worten Lucas findt man das 6. warzeichen Johannis. Zum
letsten, namlich, das er in alle völcker gheissen hat das nachlassen
der sünden predgen, welchs heissen nüt anderst ist, denn das Johannes
nempt: senden.
Das sibend warzeychen hat das geben des heiligen geistes. Das
nempt Lucas hie [Luc. 24. 45]: das gmuet uffthuon; denn der helig
geist macht das menschlich gmuet verstendig sines wortes, sust nieman.
Es hat ouch die schlüssel. Die benamset Lucas also [Luc. 24. 47]:
Es muoß also geprediget werden in sinem, das ist: Christi, namen
das rüwen oder besseren und nachlassen der sünd. Sich, das Ioannes
"entledigen" oder "nachlassen" nempt und "verhalten" oder
"binden", das nempt Lucas hie: predigen, das man sich erkenne und
rüwe und sich bessere unnd gloube, das durch Christum unser sünd
abgeweschen werdind. Glych also hat Ioannes teuffer gton. Er hat

--386--

zum ersten den prästen ruch angegriffen, aber darnach zuo dem heylsamen
artzet, zuo Christo, gewisen [cf. Luc. 3. 7-17]. Also hat
Christus selbs gethon. Darumb ich unlang davor hab anzeigt an disem
artickel, das zum ersten not ist, das der mensch sin sündtlich gmuet
und onmacht erlerne, und demnach dargegen Christum sin heil sin
gloube. Das zeigt hie Christus ouch an, so er inen die gschrifft
kund macht, wie er habe also muessen lyden und widrumb ufferston.
Also findend wir hie by Lucas heiter, daß binden und entbinden
nüt anders ist weder predigen, das wir von uns selbs so onmechtig
sind und nüt vermögend, und dargegen anzeigen den fürstender
Christum, das er unser grechtigheit sye. Welcher das gloube, dem
werde in sinem namen die sünd nachgelassen; welicher nit gloube, dem
werde sy nit nachgelassen.
Diß wirt uns noch klärer, so wir Marcum verhören werdend.
Der spricht 16. [Marc. 16. 12f.] also: Darnach ist er zweyen uß inen,
die da wandletend, erschinen in einer andren gstalt, als sy uff das
land giengend. Und dieselben sind ouch hinggangen und hand es den
andren verkündt. Do habend sy denen ouch nit ggloubt. Sich hie
zum ersten, daß Marcus die gschicht, die Lucas gar mit langen
worten beschribt von den zweyen, die gen Emaus giengend, in wenig
wort beschloßen hat. Und sich ouch das erst warzeichen by Johansen,
das die nachvolgend gschicht am tag der urstende bschehen ist.
Ietz volget [Marc. 16. 14]: Demnach, als die eynliff by einandren
gsessen sind, ist er inen erschinen und hat inen uffghebt ir ungloubnus
und herte der hertzens; denn sy denen, die inn gsehen hattend
ufferstanden sin, nit gloubt hattend. Diß alles ist hie an eim tag

--387--

beschehen, und knüpfft dis wort "demnach" an die vordrigen das:
nachdem die junger nit hand wellen glouben, ist inen Christus erschinen
unnd hat inen ir ungloubnus uffgehebt. Weliches warzeichen
Lucas ouch hat, wie vor ist anzeigt, und ist ouch an dem ostertag
beschehen.
Dise umbstend und warzeichen erfüntelen ich darumb so ernstlich,
das ein ieder vor im sehen mög, das die euangelisten einen handel,
eins tages gschehen, beschrybind, doch nit mit einerley worten.
Demnach volgt in Marco [Marc. 16. 15]: Und er hat zuo inen
gsprochen: Nachdem ir ußgangen sind in die gantzen welt, so predgend
das euangelion aller creatur. Diß ist das sechßte warzeichen Johannis:
Wie mich min vatter gesendt hat, ze predgen Isa. 61.
[Jes. 61. 2], also send ich üch, das ir die guoten botschafft aller creatur
predgind, das got irer onmacht gnädiklich ze hilff kummen ist mit mir,
sinem eignen einigen sun.
Ietz volgt [Marc. 16. 16]: Welicher gloubt und toufft wirdt, der
wirdt heil oder behalten; welcher aber nit gloubt, der wirdt verdampt.
Das ist das 7. warzeichen by Johansen: Welcher sünd ir nachlassen
werdend, denen werdend sy nachgelassen; welchen ir sy verhalten
werdend, denen sind sy verhalten. Die wort hat Marcus zum aller
hällesten ußgetruckt, das denen ir sünd werdend nachgelassen, die da
gloubend, denen aber verhalten, die nit gloubend.
Und laß dich, du einvaltiger pfaff, nit sumen, das dise wort am
tag der uffart im tempel gelesen werdend; sy sind darumb nit am
selben tag geredt. Denn Marcus vergryfft den handel des euangelii
gar vil kürtzer denn die andren euangelisten, und darumb zeigt er alle

--388--

ding gar kurtz an. Das sichst in der kurtzen meinung, die man am
uffarttag zuo eim euangeli lißt. Darinn sind vier zyt vergriffen. Das
erst ist am ostertag bschehen, bis das er spricht: "Und der herr Jesus,
nachdem als er mit inen geredt", welche wort uns bedütend das bywonen
und mitreden, das Christus gethon hat mit den jungeren nach
der urstende hin bis zuo der uffart, als Lucas ouch spricht act. 1.
[Act. 1. 3]: 40. tag hat er sich sehen lassen unnd mit inen geredt von
dem rych gottes. Diß ist das ander zyt. Das dritt ist der uffarttag,
da er spricht: Jhesus ist empfangen in 'n himel unnd sitzt zuo der
grechten gottes. Das vierd ist: Und sy sind ußggangen und hand
gepredget etc. Diß ist erst nach dem pfingstag beschehen; denn
Christus hat inen verbotten von Hierusalem ze wychen, bis das sy
den heilgen geist empfiengind act. 1. [Act. 1. 4].
Also verstond wir heiter und starck, ja so starck, das sölichs ghein
wind umbwerffen mag, er syge, wie starck er welle, daß die wort Jo. 20.
[Joh. 20. 23]: "Aller dero sünd ir nachlassen werdend, denen sind sy
nachgelassen; allen, denen ir die verhalten werdend, denen sind sy verhalten",
gheinen andren sinn hand weder die Mar. 16. [Marc. 16. 15]:
Predgend das euangelion aller creatur. Welcher gloubt und toufft
wirt, der wirdt heil oder sälig; welcher nit gloubt, der wirdt verdampt.
Das ist: Welcher gloubt Christum, den sun gottes, sin heil sin und
pfand, durch das er allein zuo got kumme, der wirdt sälig; welcher das
nit gloubt, der wirt verdampt.
Sprichst: Wie hand aber die junger entbunden? Antwurt: Mit
dem wort gottes. Welcher verjehen hat mit dem mund, er gloube
Christum sin heyl sin, dem hand sy gwüß zuogsprochen, das im got
sin sünd vergeben hab und hand inn darzuo toufft. Sprichst widrumb:

--389--

Wie hand sy aber gebunden? Antwurt: So man dem wort des euangelii
nit ggloubt hat, so sind sy nach dem gebott Christi hinggangen und
hand den stoub derselbigen statt von inen geschüttet und bezügt, dass
es Sodomen und Gomorren am letsten tag lychter gon würdt weder
inen; denn das rych gottes, das ist: das wort gottes, sy inen genahet,
und sy habind 's nit angenommen Lu. 10. [Luc. 10. 10f.]. Also hat
im Paulus und Barnabas gethon act. 13. [Act. 13. 46] in Antiochia
Pisidie. Als die Juden das wort des euangelii nit woltend annemmen,
sprechen sy: Man hat üch das wort gottes zum ersten muessen
sagen; aber so ir das vertrybend und üch ungeschickt machend des
ewigen lebens, so kerend wir uns zuo den Heyden. Unnd bald darnach,
als die Juden verschuoffend mit den gwaltigen in der statt, das
man Paulum und Barnabam vertreib, hand sy den stoub irer fuessen
über sy abgesteubet. Da stond die wort der maß, das man daran
wol sicht, das es ein fürnäm zeichen ist xin, damit sy die ungloubnus
verworffen hand, unnd sind die ungleubigen in irer sünd bliben.
Es sol ouch nieman bekümmeren, das dise wort Matthei 16.
[Matth. 16. 19]: "Alles, das du binden wirst uff erden, das wirt etc."
Mat. am 18. [Matth. 18. 18] ouch stond unnd zuo dem bann gebrucht
werdend; denn sy sind glych als ein grosse schlußred, maxima, die
Christus offt brucht, als: Nemo lucernam ponit etc., nieman setzt
ein angezündt liecht an die finstre etc. [Luc. 11. 33], brucht er zuo einer
gwüssen, grossen schlußred unnd hat sy von gemeinem bruch der mentschen
gezogen; er zücht aber uß iren ander und ander meinungen Luce
am 8., Luc. 11., Mat. 5. [Luc. 8. 16, 11. 33, Matth. 5. 15]. Derglychen

--390--

brucht er das gemein wort, das alle mentschen bruchend "Es blybt
nüt verschwigen" an mengen orten anderst und anderst. Darumb
ouch der bann wol under den worten des bindens und entbindens
vergriffen ist. Denn der kilchen stat wol an, das sy den ungehorsamen
und verergrenden hinwerff, glych als ouch die predgenden
von denen gond, die sich nit wellend lassen bekeren etc.
Das sye ouch ze wüssen, daß gott selb mit sinem mund den
jungeren zuobenamset, das doch er allein thuot. Luce 10. [Luc. 10. 9]:
Machend die krancken xund! Und ist aber xundmachen allein ein
werck gottes, als Petrus act. 3. [Act. 3. 12-16] spricht: Warumb sehend
ir uns an, glych sam wir uß unsrer krafft oder gotsforcht den habind
gmacht wandlen? Got hat es gethon etc. Widrumb spricht Luc.
act. 5. [Act. 5. 12]: Durch die hend der apostlen gschahend zeichen und
wunder vil. Und was doch sölich werck deß, der da spricht Mar. 16.
[Marc. 16. 17]: In minem namen werdend die glöbigen die tüfel vertryben
etc. Er spricht "in minem namen" nit "in irer eignen krafft",
wiewol er uns armen menschen so früntlich ist, das er uns zuogibt,
das sin ist. Denn so der mensch gleubig ist, weißt er wol, daß das
wunderwerck gottes unnd nit sin ist. Also spricht er ouch hie: "Aller
dero sünd ir nachlassen werdend", glych als ob die apostel den glouben
in den hertzen der menschen machind; und macht inn aber nieman
denn der ziehend geist gottes.
Der letst teil diß artickels, namlich: das uns got allein
die sünd vergebe durch Christum Jesum, unseren

--391--

herren, ist gnuog da oben imm 19, 20, 21 und 22. artiklen gseit.
Darzuo stat Ro. 5. [Röm. 5. 19] vil davon, welche wort da oben genuog
sind anzeigt. Doch muoß ich uß denselben noch eins hie ernüwren
[Röm. 5. 18]: Wie durch des einigen menschen (verstand: Adamen)
ungehorsame die gantz vile zuo sündren gemacht ist, also sind ouch
wir, die gantz menge, durch des einigen (verstand: Christi) gehorsame
fromm gmacht. Diß wort mag dhein creatur brechen.
Der ein und fünfftzigst artickel.
Welcher das der creatur zuogibt, zücht gott sin
eer ab und gibt sy dem, der nit got. Ist ein ware
abgötery.
Diser artickel hat sine wurtzen in dem vordrigen. So got allein
die sünd nachlaßt, so muß ie volgen, daß, welcher sölchs der gschöpfft
zuolegt, das er gott sin eere nimpt. Denn die Juden, die Christum
nit gloubtend waren got sin, die meintend, er lestrete got, das er
sprach: Sun, vertruw! Dir werdend din sünd nachgelassen Mar. 2.
[Marc. 2. 5]. Und so ferr Christus nit got were xin, als sy uß
boßheit meintend, so hettind sy recht geredt; oder aber Christus
hett sy wol umb das wort gestrafft, als ouch Chrysostomus meint.

--392--

Aber er hat nit gesprochen: Ir sind unrecht dran, die menschen hand
ouch gwalt die sünd ze vergeben, sunder er hat wellen erzeugen, das
er got sye, wiewol sy inn für einen menschen ansahend. Und sprach
[Marc. 2. 10-12, Matth. 9. 6f., Luc. 5. 24f.]: Das ir sehind, das der sun
des menschen uff erden gwalt hat die sünd nachzelassen, hatt er zuo
dem bettrisen gesprochen: Stand uff, nimm din bett und gang heim
in din huß! Und er ist uffgestanden und ist heim in sin hus gegangen.
Einen sun des menschen nempt er sich darumb, das man inn einen
waren menschen sin erkenne. Noch ist das wunderzeichen allein götlicher
krafft. Die hat er den Juden wellen bekant machen mit dem
xundmachen.
So muoß ouch das sündvergeben allein gottes sin, oder aber er
hette mit dem xundmachen nit mögen bewären, das er got ist und
die sünd hat nachzelassen. Es ist aber das xundmachen und das
sündverzyhen allein gottes; darumb bewärt er eins mit dem andren.
Weliche nun der creatur zuogebend, daß sy die sünd nachlasse, schmähend
got. Sich, was grossen üblens ist das gesin, das etliche menschen
durch der Bäpsteleren verfueren gemeint habend, der mensch habe
inen ir sünd vergeben; denn der gstalt ist inen gott unbekant bliben.
Denn sin barmhertzigheit habend sy dem menschen zuogegeben, welchs
ein ware abgötery ist. Denn abgötery hat den namen da dannen, das

--393--

man die götlichen eer der creatur zuolegt, oder der creatur gibt, das
gottes allein ist.
Der zwen und fünfftzigst artickel.
Darumb die bycht, so dem priester oder dem nächsten
bschicht, nit für ein nachlassen der sünd, sunder
für ein ratforschung fürggeben werden sol.
Disen artickel hab ich darumb gesetzt, das ich gsehen hab zuo
unseren zyten etlich gelerte menner fürgeben, daß, wiewol der priester
die sünd nit nachlasse, söll der mensch dennocht zuo im gon zuo versichret
werden; dann das zuohingon und absolutz nemmen sye ein
zeychen, damit der sünder gesichret werde, das im die sünd verzigen
sye. Das aber mich nit bedunckt; denn es keinen grund in
der gschrifft hat. Als: Der touff hat wol ein zeichen: das wasser, der
fronlychnam hat wol ein zeichen: das brot und win. Dieselben zeichen
hat aber Christus uffgsetzt. Aber das hinzuogon zum priester hat
er nit der gestalt geheissen, das es ein zeichen des vergebens der
sünden sye. Denn das Christus die zehn ussetzigen zuo den priestren

--394--

gesendt hat, das lert me, das man nit zum priester sölle gon, so
man in dem liecht des styffen, unverserten gloubens sicht, das uns
got die sünd nachgelassen hat. Denn sobald wir gloubend, das uns
gott unser sünd verzyhe durch sinen sun, und sind in dem glouben
gwüß, so sind uns unser sünd verzigen. Jo. 6. [Joh. 6. 40]: Welcher
in mich gloubt, der hat ewigs leben. Und Jo. am 3. [Joh. 3. 16]: Welicher
in inn geloubt, der wirt nit geurteilet.
Verstand aber die meinung von den zehn ussetzigen also: Luce
am 17. [Luc. 17. 14] stat heiter, das Christus sy hat zuo den priesteren
gschickt, ee und sy reyn warend; aber uff dem weg sind sy rein
worden. Einer aber under inen, sobald er gsehen hatt, das er rein
was, ist er wider zum herren ggangen und hat inn groß gemacht, mit
luter stimm brysende; und der was ein Samaritan. Sich hie den
ussetzigen widerkert haben zuo dem, der siner xundheit der ursprung
und geber was. Also lert uns das byspil ee, das wir got danck
söllend sagen umb das nachlassen der sünd, und dasselb allein von
im erkennen empfangen haben, und zuo im louffen weder zuo dem priester.
Ja, wenn wir ein sölichen glouben habend, das wir, wie ob stat, darinn

--395--

gewüßlich sehend und vertruwend, daß uns got alle sünd verzycht durch
Jesum Christum und dasselbig an got erfordrend in sinem namen:
O got! Verzych mir armen sünder min mißthat, nit uß minem verdienst
- denn der ist nüt dann ein schuld über die andren -, sunder
uß dem verdienen dins einigen suns, der für mich den tod erlidten
hat, das er min grechtigkeit sye, durch die ich zuo dir kumme etc. oder
derglychen.
Es hilfft ouch hie das ynreden nit: Christus hat sy gheissen
zun priesteren gon; also mag ich wol gedencken, sy habind im gevolget.
Antwurt: Es zeygend das die wort nit an, sunder das diser
einiger Samaritan widerkert hab, nachdem er gsehen hat sin reinikeit,
oder von stund an, als er sy gsehen. Denn was wolt der Samaritan
by den jüdischen pfaffen geton haben? Er hette nüt uffgeopfret und
was ouch inen nüt schuldig; dann er was nit irs gloubens; sunder
hattend die Samariten einen besundren unwillen ab den Juden, als
ouch das samaritisch wyb zuo Christo redt Jo. 4. [Joh. 4. 9]: Die
Juden hand mit den Samariten ghein gmeinsame.
Dannenhar erschynt, das diser Samarit widrumb zum herren
ist kert und dem danck gseit, der inn geartznet hatt. Ja, uß der
gschicht lernet man, das man das nachlassen der sünd allein got sol
zuoschryben und im darumb danck sagen; denn Christus hat disen

--396--

Samariten geruempt, das er von im selbs kummen ist unnd danck
gseit hat; und hat ouch den andren nachgefraget, die das nit gethon
hattend, on zwyfel darumb, daß wir unrecht thuond, so wir umb das
nachlassen der sünd ieman weder got allein danck sagend. Wiewol
diese allegorien, das ist: ander verstand, ghein ding bewären mögend,
das sust nit luter ist in der gschrifft ußgetruckt.
Ich mein aber, das, die uß den zehn ussetzigen das fürgon für
den priester gezogen hand zuo unseren zyten, es uß der ursach geton
habind, das vil einvaltiger menschen noch syind, die sich treffenlich
darab verergretind, so man inen den zuogang zum priester abschlueg.
Welchen ratschlag ich nit übel schilt; doch were wäger xin den
glouben und hoffnung in Christo Jesu styff gelert haben. Darinn
hettind sy ir heyl funden. Sprichst: Ja, es nimpt den glouben nit ein
ieder so bald an! Antwurt: So wirt im ouch die sünd nit verzigen,
und ob er glych ze tusend malen dem pfaffen bychtete. Denn die
schlußred stat unbeweget: Got laßt die sünd allein nach durch
Christum Jesum unseren herren allein. Was thuot denn der pfaff
darzuo?
Der zuogang zuo dem priester ist nüt anderst denn ein radtforschung,
der gstalt: Vil menschen werdend in iren conscientzen

--397--

beschwärt umb ir mißthat willen und wüssend nit, wie inen die verzigen
wirt. Dieselben söllent billich zuo dem priester umb artzny und
hilff kummen, wie Malachie 2. [Mal. 2. 7] stat: Die lefftzen des
priesters haltend das wüssen, und das gsatzt wirdt man uß sinem
mund erforderen; denn er ist ein bott des herren etc. Hie sol aber
der priester sehen, das er dem sünder allein das pflaster überbinde,
das im die angst kuelt und hinnimpt, das ist: das er lere alle zuoflucht
zuo got haben durch Christum Jesum. Der habe unsere prästen,
sünd unnd mißthat am krütz für uns getragen und getödt; daran sölle
er sich vestiklich lassen, so werde im ouch sin sünd verzigen. Und
so er das gloubt, so ist er entschütt.
Sich hie, was das binden und entbinden sye. Gloubt der katechumenos,
das ist: der ietz von dir gelert ist, dem wort des euangelii,
so ist er los aller sünd; das kanstu dapffer sagen. Gloubt er dem
wort nit, so kanst du im ouch sagen, das er umbsust für dich kummen.
Sich, das ist das binden.
Hat aber der Christenmensch vorhin einen sölichen glouben,

--398--

wie offt anzeigt ist, so darff er nit für dich kummen, sunder er gadt
täglich in sin kämerlin [cf. Matth. 6. 6] und redt darinn mit got und
klagt im sine prästen und weyßt sicherlich in dem glouben, das ein
iettlicher, der den namen gotes anruefft, das derselb heil wirt in
Christo Jesu, unserem herren Ro. 10. [Röm. 10. 13].
Darumb solt die bycht fry sin. Welicher blöd imm glouben
wär, der solt vom priester gelert werden; welcher vest ist, der bedarff
sin nüt. Also keme etwan einer, der schon vest imm glouben ist.
Dem were etwas zuogevallen, demm er nit wüßte ußleitung ze geben;
fragte den priester und hette sinen radt, glych als wenn er sust zuo
sinem bruoder kumpt und im sin sünd klagt, der meinung, das er im
weg zeig, wie er davon kömme - denn iederman ist in siner sach blind
- und ouch got für inn bitt, das er im sin sünd verzyhen und den
glouben meren welle. Und das ist das bekennen Jacobi, da er
spricht [Jac. 5. 16]: Verjehend einandren üwer sünd und bittend für
einandren etc.
Der gegenwurff Jo. 11. [Joh. 11. 44], das Christus Lazarum
den jungeren empfolht uffzelösen, hat ouch nit krafft; dann es ist ouch
nun ein allegory, das ist: nit der recht natürlich sinn, sunder ein
andrer ersuochter sinn. Aber die allegorien vermögend nüt für sich

--399--

selbs bewären, sunder, so etwas sust vest ist in der gschrifft, so ist
die allegory glych als ein sapor, gsaltz, salza, ob dem mal. So man
nüt denn senff oder derley salsa uff den tisch satzte, so möchte iro
nieman gleben; so man aber ander spysen hat, an denen man die
natur unnd hunger tröst, so sind die gseltz lieblich darzuo und machen
die spysen gschmackter. Also ist die allegory ein lustbarlicher
gschmack dem gleubigen menschen zuo dem, das vorhin in der geschrifft
grund hat; sust mag die allegory nüt allein bewären. Byspil: Bsich
Gal. 4. [Gal. 4. 22-31]. Ein anders: Daß die zwo hußfrowen Jacobs,
Lea und Rachel, ein bewärnus syind, daß Christus uns und die
Juden in im selbs eins habe gemacht, das ist nit möglich, es erfinde
sich denn mit der geschrifft, das er die Juden unnd Heyden in im
selbs durch den einigen glouben eins under inen selbs unnd mit got
habe gmacht. So sich nun das mit der gschrift und that erfindt -
hie nit not ze erzellen; es sind des alle gleubigen bericht -, sich, wie
so lieplich darnach Jacob mit sinen zweyen hußfrowen darzu schmeckt.
Lea hatt prästhaffte ougen und was die elter und muelicher, und
was ir Jacob nit als hold als der Rachel; die was schön und frölich
und die jünger. Lea bedütet uns die Juden, die das gsatzt nit innwendig
hand mögen ansehen; denn sy hand prästhaffte ougen; sy
mögen Christum, das war liecht, nitt erlyden; sind doch got von
ie welten har etlicher maß angehanget etc. Rachel was lang unfruchtbar;

--400--

die Heyden hand etlich tusend jar har got nit erkent und
sind aber zum letsten huffecht durch den glouben zuo got kummen etc.
Also hie, wo die lüselbycht mit hällen worten von got geheissen wär,
denn so wer es lieblich darzuo die allegory von dem uffgebundnen
Lazaro ze stellen. So aber das nit ist, so magstu mit dem uffbinden
nüt bewären.
Es hilfft ouch nit schryen: Sölte man nümmen bychten, so wurde

--401--

die welt böser denn sy was. Antwurt: Ja, wenn lüselbychten guot
macht. Sich aber, die järlich gbychtet hand, an, und sich dargegen

--402--

an, die ietz nach der ler Christi gloubend unnd wüssend, wannen ir
heyl hanget, so sichstu, welcher sich aller meist besseret. Der gloub
machet den mentschen fromm, nit die lüselbycht. Justus ex fide vivet
[Röm. 1. 17]. Ja, ich gdar sagen, das die grösten wuochrer, reuber,
todschleger ab der gebruchten lüselbycht gmeinlich nun ein hertz hand
genommen; denn keiner hat sich gebesseret. Welcher wolt sich aber
besseren, so der bychtvatter nit hat zuo dem sünder das wort des heils
geredt, sunder hat er inn geheissen etwas zünselwerck thuon unnd im
ein teil des roubs geben, und daby schön gelert, wie im die scham,
die er gegen im heige ghan, die sünd abnemme und derglychen
stempnyen. Denn hat er sich schon rein geschetzt, und ist hinggangen,
hür als fern, wie die tönger glöggly singen. Aber der im
glouben grecht ist, der bychtet alle tag got by im selbs, ja so dick
er gesündet, und schempt sich vor got, den er zuo aller zyt by im
treit und ansicht mit vester hoffnung; den fürcht er all weg; des schonet
er all weg.
Es schadet ouch die ynred nit, die von etlichen gschicht: Nach
dinem radtschlag so würt einer den pfaffen nun umb radt fragen
in denen välen, die er selbs nit weißt ze entscheiden, und wirdt also
dem pfaffen nit all sin sünd endtecken, sunder nun etlich; welichs
ouch nüt denn schälck zücht. Antwurt: Du redest ja also glych sam,
der nit anderst weißt; denn er muesse alle ding sagen, darab gesteupt
werde, das er nit oder doch minder sünde. Daran irrestu; denn von
bychtens wegen underlaßt nieman die sünd. Aber wol widrumb, so

--403--

eyner übel gsündet hat, so verschwygt er die sünd in der bychte. Und
gloubt er des bapstes lereren, das die sünd nit verzigen werdind, so
man sy nit allesamen erzelle, so gat er hyn mit verzwyfelter conscientz
unnd halt sich selbs darfür, es sye lybhafft des tüfels, und verzagt an
got. Ja, das kumpt uß der lüselbycht!
Ich wil der mißbrüchen geschwigen, das die pfaffen nit all verschwigen
sind; das ettliche durch das mitwüssen sich uffenend (Hat
inen der schuldheiß etwas heimlichers gesagt, so meinend sy glych, er
muesse sich fürchten, oder so sy siner hilff dörffend, helffen); das die
bychtvätter ingethon sind, also das sy etlich artickel nit gdörend entledigen,
welchs darnach für den prior, propst oder bischoff kummen
muoß. Und ist ouch etwan beschehen, das dadurch der bychtend in
tod kummen ist.
Darzuo, all die wyl du die lüselbycht nit uß der gschrifft bewärst
von got geheissen und gelert sin, so hilffet nit stryten, das sy guot sye
oder nutz der seel bringe; denn sy schlechtlich nit guot sin mag, sy
sye dann von got gelert. Aber wol mag ich dir nachlassen, das sy
vil glychßneren gezogen hab. Denn was meinstu, das die kluogen bychtsün
und bychttochteren vor inen heigind ghan, wenn sy ein so gelerte,
suesse bycht mit schönen worten unnd gschmäcken, mit wurtzenküwen
gethon hand; darzuo alle sünd so kluog entscheiden, in denen sy sich
schon nüt vergangen hattend? Warlich nüt anderst, dann das man sy
für fromm hielte; das man wonde, sy hettind so sorgveltig, rein conscientzen
etc. Kurtz, es hat sich bald etwas glychßnet, sam es guot
sye, aber guot ist nüt, dann das von got kumpt. Darzuo eeret man got

--404--

vergeben, wenn man inn eeret nach den gebotten und leren der
menschen. Es hilfft kein tanten.
Wiltu aber die rechten, waren bycht erkennen und thuon, so nimm
sy also ze hand. Du bist ein Christ? Ja! So gloubstu on zwyfel
in den herren Christum? Ja! Was gloubst du in im? Antwurt:
Das inn got ein'n gnädiger für unser sünd hat gemachet in die ewigheit
[cf. Röm. 3. 25]. Du hast recht geurteilt. Hastu nun gesündet,
so erkenn die sünd; denn die bycht ist nüt anderst denn ein ergeben
und verklagen sin selbs. Und sprich mit Daviden [cf. Ps. 90. 5, 49. 16,
69. 19 etc.]: Herr, min arme seel ist vast bekümmeret, unnd du, herr,
wie bistu so lang von mir! Herr, ker widrumb und erlöß min seel!
Verzych mir min sünd durch Jesum Christum, in dem du uns verheissen
hast alle ding ze geben! Und laß von dem schryen nit, bis
das dich got in dinem hertzen bericht, das du sicher bist, ja er habe
dir verzigen durch Christum Jesum. Laß nit ab, bis das du mit
freuden sprichst und sicherlich gloubst: Eya, ich weiß wol, das mir got
nüt versagen kan, so er sinen sun für mich ggeben hat [cf. Röm. 8. 32],
und hat inn darumb hingegeben, das er min sünd bezalte. So mag
ouch nit fälen, er wirt mir min sünd durch inn verzyhen; denn gott
ist warhafft, er mag nit liegen [Hebr. 6. 18]. Verret sich demnach
got noch me von dir, daß du ie noch nit ruewig bist worden, so suoch
trost by dem, der dich des götlichen wortes baß berichten kan weder
du es verstandist. Sich die schlüssel, so euangelget er dich denn;
lert dich, was hoffnung du zuo got söllest haben mit dem eignen wort
gottes. Gloubstu dem, so wirst heyl; gloubstu im nit, so bist du noch
in dinen sünden gebunden.
Ouch so hör noch ein kürtzere bycht: Bedenck offt imm tag din
sündtlich leben; und so du daran billich verzwyflen mueßtist, so sprich
mit dem publicanen: O herr, bis barmhertzig mir sünder [Luc. 18. 13]!

--405--

Der kurtz ruoff ist in minem urteil ein bessere bycht denn alles Baginen-blappen,
das ienen beschicht.
Der dry und fünfftzgost artickel.
Uffgelegte busswerck kummend von mentschlichem
radtschlag - ussgenommen den bann -, nemmend die
sünd nit hyn, werdend uffgelegt andren zuo eim
schrecken.
Der erste teil ist klar uß der that und wort Christi; der hat
gheinem nie ghein werck uffgelegt, den er von sünden erlößt hat oder
xund gemacht; er ist klar uß sinem wort, das er nüt gesprochen hat
denn: Der gloub hat dich heil gemacht [cf. Matth. 9. 22, Marc. 5. 34,
Luc. 8. 48].
So wir nun bladergebett, wallfert, zünselwerck und derglychen
den mentschen ufflegend, so muoß es ie von uns kummen; denn wir
hand des dhein vorbild in Christo. Also lern, das man dir nüt ufflegen
sol der gstalt, das sölich werck dir die sünd abnemm, aber wol
sol dich din bruoder oder priester leren, wie du heil werdist, unnd zuo
besserung ermanen. Unfertig guot, so du nit weist, wie du im tuon
solt, sol er dich leren, nit heissen, recht erstatten. Demnach, hastu
nit den glouben zuo dem wort gottes, das du one heissen thuost, das
er dich bericht, so ist ouch das heissen vergeben.
Ussgenommen den bann.
Den bann hab ich darumb ußgenommen, das er von got selb ist
ingesetzt, so verr man inn nach siner schnuor brucht [cf. Matth. 18. 15-20].
Ob er aber ein bußwerck sye, verstand also: Er wirdt darumb uffgelegt,
das der geist heyl werde. So nun einer den gedultigklich treit, so

--406--

wirt er von der kilchengemeind widerumb erlassen; so ist er ouch
by gott erlassen. Glychset er sich rüwend und ist aber nit rüwend,
so laßt sich got nit betriegen; er schücht das glychßnen der zucht
sap. 1. [Sap. 1. 5]. Unnd ist eigentlich nit ein werck der bann, sunder
ein verlassen der bösen wercken. Die werdend ouch nit verzigen denn
durch den glouben.
Buosswerck nemmend die sünd nit hyn.
Davon ist gnuog vorhar gseit, das dhein werck die sünd macht
nachgelassen werden. Denn hett man mit wercken mögen die sünd
vertilggen, so hette Christus nit dörffen lyden. Gala. 2. [Gal. 2. 16-21]:
Werdend wir fromm uß dem gsatzt, das ist: uß den wercken des
gsatztes, so ist doch Christus vergeben gstorben.
Werdend andren uffgelegt zuo eim schrecken.
Disen puncten hab ich von der offnen buoßwercken wegen gesetzt,
die ja wol by den alten angefangen sind, darus die Bäpstler möchtind
fechten: Es ist nit ein nüw ding; die alten hand es ouch gebrucht.
Noch hand sy die sünd nit hingenommen; darzuo ist nieman so alt ie
gesin, das er möchte guot machen das, so von gott nit keme. Woltend
die alten ie die abvelligen vom glouben straffen, hettind sy den bann
nach siner maß gebrucht, als inn Paulus über den Corinther brucht,
der sin stieffmuoter enteret [1. Cor. 5. 1-5].
Denn mich wil duncken, das uß dem offnen buoßufflegen der alten
das heimlich ufflegen in der lüselbycht geflossen syg, darinn die
falschen bychtloser ir schalckheit nach noturfft gebruchet hand.
Dann war hand sy dich mit dem unfertigen guot hingewyßt weder

--407--

in iren seckel? Gib so vil an den tempel, so vil an unser gotshuß,
so vil umb messenlesen, so vil an die bruoderschafft, so vil umb ein
vigilg, opffer so vil, und, damit den hohen stifften und bischoffen der
spiss nit anbrünne, gib an unser frowen buw so vil, gib so vil an
ieden orden; denn die schelck (nimm dich nüts an, frommer man!)
können einandren abheben. Kurtz: Das du mir für und für wilt guot
machen, so man es besicht, so sol es in der hut innen nüts. Die
heimlich bycht ist ein mentely xin, darunder alle bychtbuoben ir
schalckheit verquantet hand und der besten melchkueyen eine.
Der vier und fünfftzigst artickel.
Christus hat all unser schmertzen und arbeit
getragen. Welicher nun den buosswercken zuogibt, das
allein Christi ist, der irrt und schmächt got.
Diser artickel ist vor so mengmal uß der geschrifft so starck
bewärt, das er hie nit bewärens darff. Dann nieman hat unsere süntlichen
prästen mögen hinnemmen, dann der an inen nit schuld hatt,
und aber für uns leid, sam er sy hette, damit wir mit sinen wunden
heyl wurdind, als Isa. 53. [Jes. 53. 4] anzeigt: Warlich hat er unser
kranckheiten getragen und unsere schmertzen getragen. Ioannes
teuffer spricht: Sich, das ist das lamm, das dahin nimpt die sünd der
welt Jo. 1. [Joh. 1. 29]. Christus spricht Jo. 6. [Joh. 6. 51]: Das brot,
das ich üch geben wird, das ist min lyb zuo eim leben der welt. Das
ist: die spyß der seel, die ich den menschen geben wird, ist nüt

--408--

anderst, denn das ich mich für sy in 'n tod geben wird, welcher tod
die gantzen welt wirt lebendig machen.
Der ander teil diß artickels volgt uß dem ersten, daß one zwyfel
die, so wercken zuogebend, das Christi ist, treffenlich irrend; ja sy
schmähend gott, wie vor ouch geseyt ist, wenn sy im die eer sines
wercks unnd genaden nemmend und es der creatur zuolegend; unnd
das er fry schenckt und gibt, das lassend sy erst versölden, sind dem
Giezi glych [cf. 2. Reg. 5. 20-27], und haltend nit das wort Christi:
Ir hand es vergeben empfangen, gebend es vergeben [Matth. 10. 8].
Der fünff und fünfftzigst artickel.
Welcher einerley sünd den rüwenden menschen
nachzelassen verhielt, were nit an gottes, noch
Petri, sunder an des tüfels statt.
Disen artickel hab ich gesetzt von der vorbehaltnen articklen
wegen. Die sind die, so von den hohen bischoffen oder pfarrherren
verbotten sind ze entledigen; so bald man aber so vil oder so vil
behemsch gibt, so entledigent sy (als sy fürgebend) den, der gelt gibt.
In disem mißbruch der schlüßlen stäckt ein sölcher schalck, das
den nieman gnuog geschelten kan. Es haben etlich hohe bischoff ein
zyt har ein sölchen grüwen und gotslestrung damit gebrucht, das ich
nun umb der frommen conscientzen wegen denselben hie nit zellen
wil; denn es one verletzen nit wol möchte zuogon. So verr sy aber von
der gotslestrung nit ston wurdind, so möcht man den grüwen nümmen
ansehen in dem tempel gottes noch gestatten; man mueßte inn zeigen.
Was sünden nun den menschen verzigen werdind oder verhalten,
werdend wir uß dem selbswort Christi erlernen, der spricht Mat. 12.
[Matth. 12. 31]. Ein iede sünd oder lestrung wirdt den menschen
nachgelassen, aber die lestrung des geistes wirt den menschen nit

--409--

nachgelassen. Dise wort erklärt Christus selbs [Matth. 12. 32]: Welicher
ein wort wider den sun des menschen redte, wurd im nachgelassen;
welcher aber wider den heiligen geist redete, dem wirdt es
nit nachgelassen weder in disem zyt noch in dem künfftigen. An den
worten Christi lernend wir, das alle sünd und lestrungen dem menschen
verzigen werdend weder die sünd und lestrung in den heiligen
geist. Was aber die sünd in den heilgen geist sye, fragend die theologi
gar ernstlich; aber sy redend darvon wie die blinden von 'n farwen,
mitt urlob hinden nahin.
Sünd, die nit nachgelassen wirt, ist die ungloubnus. Das ist die
einig sünd, die got nit verzycht, als wir eigenlich ermessen mögend
Luce 12. [Luc. 12. 9f.]: Welicher mich verleugnen wirdt vor den
menschen, des wirt verleugnet vor den englen gottes. Und eim ietlichen,
der ein wort reden wirt wider den sun des menschen, so wirdt
es im nachgelassen; aber dem wirdt es nit nachgelassen, der wider
den heilgen geist lestret. Hie sicht man eigenlich, das gotes verleugnen
oder nit gleubig sin die sünd ist, die got nit verzycht; denn
Lucas bewärt den vordrigen sinn "welicher mich verleugnen wirt" etc.
mit dem nachgenden, das dem die sünd nit verzigen werde, der in
den heilgen geist lestre.
Als Christus Jo. 3. [Joh. 3. 36] lert: Welcher aber dem sun nit
gloubt, der wirdt das leben nit sehen, sunder der zorn gottes blybt
uff im. Dise ungloubnus heißt darumb ein sünd in den heiligen geist,
das der gloub uß dem ziehen des heiligen geistes kumpt. Welicher
nun nit gezogen wirt, der gloubt ouch nit. Also ist er imm zorn
gottes und ist ein gschirr, daran got sin grechtigheit offnen wil
[cf. Röm. 9. 22f.].
Von der sünd des ungloubens oder verleugnens oder abvallens
soltu also vernemmen: So verr einer in ungloubnus oder verleugnen
unverrüwet blybt, so blybt ouch der zorn gottes über inn. Kert er
wider, so ist er nümmen verleugnet. Das bwärt Petrus: Der hat
gerüwet und bitterlich geweint [cf. Matth. 26. 75, Luc. 22. 62]; darumb
ist im sin sünd verzigen [cf. Joh. 21. 15-19].

--410--

Also sol man ouch das wort Pauli Hebr. 10. [Hebr. 10. 26] verston:
So wir muotwilliklich sünden werdend, das ist: so wir widrumb
vom glouben abvallen werdend, nachdem wir die erkantnus der warheit
vernommen hand, so hand wir kein ander opffer me für die sünd etc.
Ist die meinung Pauli: man möge in gheinem opffer sälig werden
oder der sünden los, weder in dem einigen Christo, der einist uffgeopfret,
in die ewigheit fruchtbar ist. Valle einer von dem, so sye
ghein ander hostien noch weg, durch den man mög sälig werden.
Das aber diß der sinn sye an dem ort Pauli, das wirstu finden, so
du sine wort oben herab "Habentes itaque fratres, das ist: so wir
nun, ir brueder, ein vertruwen habend in den zuogang zuo got durch das
bluot Christi etc." [Hebr. 10. 19] ermessen wirdst bis an das end des
capitels [Hebr. 10.]. Denn in denen worten findstu ein zügnus uß
deutr. 17. [Deut. 17. 6] inzogen, die allein uff die ungloubnus oder
verleugnen lutet.
Das sag ich darumb, das vil sind, die diß ort der geschrifft nit
ermessen, hand wellen wenen, so der mensch nach dem touff sündete,
möchte im die sünd nit verzigen werden. Und lert aber Paulus
glych das widerspil, namlich: das wir ewigklich zuo gott kummend
durch das bluot Christi; nun das wir sehind, das wir von dem trost
Christi nit fallind.
Also ist die ungloubnus die einig sünd, darinn der mensch verbunden
und gfangen verdampt wirt. Sich hie an einem fürgon, wie
sich die schlüssel aber häll harfürthuond. Jo. 3. [Joh. 3. 36] spricht
Christus: Welcher dem sun nit gloubt, der wirdt das leben nit sehen,
sunder der zorn gottes blybt uff im. Sich das band! Lestrung in
den heilgen geist ist, so man got sin werck nimpt und der creatur
oder dem fyend gottes, dem tüfel, zuogibt; unnd ist söliche lestrung nüt
anderst denn ungloubnus. Als, do Christus den tüfel von eim
mentschen getriben hatt, unnd die ungleubigen sprachend, er hette es

--411--

uß krafft des tüfels thon, das was ein lestrung in den heligen geist,
als Marcus eigenlich anzeigt mit ußgtruckten worten 3. capitel
[Marc. 3. 29]: Welicher aber lestrete wider den heilgen geyst, der hat
ghein nachlassen in die ewigheit. Dann sy redtend: Er (Christus)
hat ein unreinen geist, das ist: sy redtend: er hette es uß krafft des
bösen geistes gethon [Marc. 3. 22].
Also ist styff uß disen worten: Uß der krafft der schlüsselen,
das alle sünd dem gleubigen und rüwenden menschen verzigen werden,
nit von dem pfaffen, bischoff, münch oder bapst, sunder durch Jesum
Christum, so man inn gloubt unser pfand des heils sin, und gott
umb sinetwillen erfordret oder in sinem namen.
Darumb ist es ein falsch, das man ieman einigerley sünd verhalt,
es sye dann die ungloubnus, under dero verlougnen und das
werck und wort gottes lestren begriffen sind. Denn gloubt der
mensch, so ist er heyl; geloubt er nit, so blybt der zorn gottes uff im.
Darzuo hat Christus zuo Petro gsprochen [Matth. 18. 22], er
sölle nit allein zuo siben malen verzyhen sunder zuo sibentzig malen
siben mal. Hat damit wellen das unzalbarlich verzyhen leren, so man
rüwet. Also sitzt einer nit an der statt Petri, der nit zuo aller zyt
verzycht, wie Petrus geheissen ist, so man glich inen nachliesse, sy
hettind den gwalt ze entbinden, sunder an des tüfels statt.
Ach wer möcht hie zügs und zyts gnuog haben, das er beschribe
den absolutzmärckt, die war der dispensatzen und derglychen
kräm, darab Rom schwärer gold gelößt hat, denn alle menschen
zuo Rom wegind. Doch wil ich mich hie nit lenger summen. Thueye
ein ieder frommer pfarrer mit sinen empfolhnen schaffen, so verr er
nit übel verergret, on gelt, das er sicht andre umb gelt tuon, so ist
er got vil genämer, denn so er sy laßt also rouffen. Doch sol er
bevor die ergernus mit warlicher leer hynnemmen und zuo fryden alle
ding handlen und ziehen, so verr es mit got sin mag.
Wir sind alle einander schuldig ze verzyhen, wellend wir, das uns
got verzyhe. Geloubt nun der mensch recht und sicher in got, so

--412--

würdt im verzigen, und darff darzuo niemans denn gottes. Ist er aber
imm glouben nit styff, so gange zuo dem priester, das er im die spyß
der seel zuodiene, das ist: recht underrichte; und so er dem heilsamen
wort glouben gibt, so ist er von stund an rein. Das mag im weder
bapst noch bischoff entweren; gott geb, wie vil sy fäl verbietind
ußzerichten.
Der sechs und fünfftzigst artickel.
Welcher etlich sünd allein umb gelts willen
nachlasst, ist Simons und Balaams gsell und
des tüfels eigentlicher bott.
Christus hat sine junger vergeben gheissen predgen und alles
heyl und xuntheit vergeben zuodienen, sprechende Mat. 10. [Matth.
10. 8]: Ir hand es fry, unerkoufft oder vergeben empfangen, so gebend
es ouch vergeben. Welicher nun das zuodienen des wortes nit thuon
wil, man bezale im dann dasselb, der sündet wider got und wuochret;
denn es ist im vergeben ggeben, vergeben sol er 's ußteilen. Laß dich
nit bekümmeren, frommer bott gottes; din herr wirdt dir wol narung
bescheren. Was ist erst von denen ze reden, die nit mit dem wort
gottes uffgelößt habend, sunder sy hand gsprochen: Unser leben und
tod stande in irer hand; und habend uns für tod verurteilet, bis wir
so vil oder vil gelts hand!
Simon, der gelert oder zoubrer, ward bekert zum glouben (nitt
warlich; er glychßt nun also.), und als er sach, das der helig geist
uff die mentschen kam mit dem ufflegen der henden der botten, hat
er inen gelt gebotten, redende: Gebend mir ouch den gwalt, das ein
ieder, uff den ich min hend lege, den heligen geist empfahe. Aber
Petrus hat zuo im gesprochen: Din gelt werde mit dir verloren, daß
du gemeint hast, die gab gottes mög mit gelt überkummen werden
act. 8. [Act. 8. 18-20]. Sich, das Petrus den verdampt, darumb, das er

--413--

meint, er wöltte die gaben des heyligen geistes mit gelt mögen erkouffen,
und die Bäpstler geben 's nit hin on gelt, als sy wenend.
Denn warlich, ist die meinung Petri war, als sy ist, so ist es nit
müglich, das der geist gottes möge erkoufft werden; noch vil weniger
sine gaben, die aber nüt anders sind denn der gegenwürtig geist
gottes, der da würckt. Nun gang hin und gib gelt umb absolutzen,
so bistu sicher, das du nit entlediget bist; denn disen Simon verfluecht
Simon Petrus, das er meint, es möcht mit gelt zuogon.
Gloubstu ouch, es mög mit gelt zuogon, so verfluecht dich Petrus
mitt im.
Balaam ist wol, als nu. 22. und 23. und 24. stat [Num. 22-24]
mit gelt uffgebracht, das er zum künig Balach gangen ist; er hat
aber die warheit dennocht nit wellen felschen. Aber Petrus schiltet
dasselbig 2. Pet. 2. [2. Petr. 2. 15], da er der Bäpstleren sitten
eigenlich malet. Wiewol sy die geschrifft uff andre menschen ze
trucken understond, doch thuend sy das vergeben; dann sy uff nieman,
der da lebt, gezogen mögend werden weder uff die Bäpstler,
als ich starck bewäret hab in Archetele.
Ja, also spricht Petrus von Balaam und den Bäpstleren
[2. Petr. 2. 15]: Sy habend verlassen den rechten weg und hand geirrt,
nachvolgende dem wäg Balaam von Bosor, der den boßhafften weg
lieb hatt gehebt etc.
Was wurd Petrus ietz sprechen, so er nit allein gaben sähe
genommen werden und aber die warheit ungefelscht blyben, sunder
die warheit gefelscht werden, darumb, das man gelt nit von eim rychen
künig, sunder von den armen inbringt?
Also sind alle, die umb gelts willen (nach irem sinn) die sünd
nachlassend, Simons und Balaams gsellen. Denn got laßt allein
die sünd nach und ghein mensch denn Christus Jesus, warer got
und mensch, wie da oben gnuog ist geseit von der natur des mitlers.

--414--

Vom fegfür.
Der siben und fünfftzigst artickel.
Die war, heylig geschrifft weisst ghein fegfür
nach disen zyten.
Hie hab ich zum ersten geredt:
die war heilig gschrifft,
damit ich die apocryphen, das ist: die unbekanten geschrifften, ußschluß.
Demnach red ich,
Das die unvermassget, gwüss götlich gschrifft,
vom fegfür nüt wüsse.
Diß wirt alle menschen seltzam duncken, nit die Bäpstler allein,
sunder ouch etliche gelerte, die zuo diser zyt die geschrifft ernstlich und
mit trüwen harfürbringen. Darumb wirdt not sin, das wir zum
ersten die ort der gschrifft besehend, darinn sy das fegfür gründend.
Unnd nachdem wir harfür bracht hand, das sy allenthalb der gschrifft
in dem fal gwalt thuond, wellend wir unser meinung sagen, das wir
nach disem zyt nüt wüssend weder himel und hell. Ich wird mich
ouch nit irren lassen, das etliche fürnemen lerer das fegfür gebuwen
habend mitt irer gschrifft, aber nit mit der götlichen gschrifft.
Zum ersten wellend die fegfürheitzer das fegfür bewären uß den
worten Christi Mat. 12. [Matth. 12. 32], da er spricht: Welcher aber
ein lestrung redt wider den heiligen geist, dem wirt sy nit nachgelassen
weder in disem zyt noch in demm künfftigen. Hie wellend
sy infueren: Also mag man wol mercken, das etlich sünd in dem
künfftigen zyt werdend nachgelassen; dann die sünd in den heyligen
geist, die werde von ir grösse wegen weder hie noch dört nachgelassen.
Antwurt: Ir habend üwer eignen künsten aber vergessen. Wüssend
ir nit, das ir uff dise zwo abschlahenden reden: 1) Die sünd in den

--415--

heiligen geist wirt in disem zyt nit nachgelassen; 2) Die sünd in
heilgen geist wirdt imm künfftigen zyt nit nachgelassen, nüt mögend
infueren? Wüssend ir nit, das sy bed particulares sind und bed negative,
ad quas nihil sequitur, uff die man nüt mag infueren? Und so
man üch schon liesse infueren, mögend ir nit affirmativam infueren, so
der vordren eine negativa ist. Also mögend ir da dannen nitt bringen:
Ja, so wirt etliche sünd in ienem zyt nachgelassen; sunder ir mueßtind
infueren: Ergo: Also volgt, daß die sünd in den heilgen geist nimmer
wirdt nachgelassen. Denn dise red ist locus a sufficienti divisione,
das ist: sy hat mit ußtrucken der teilen gnuogsamlich das gantz zyt
vergriffen.
Verstand es mit einem byspil: Wir habend in bruch, das wir
von eim vast krancken sprechend: Er hat weder tag noch nacht kein
ruow. Hie sind "tag" und "nacht" die teil dises zytes, und ist dises
zyt nüt anderst denn der louff tages und der nacht. Welicher nun
spricht: Er hat weder tag noch nacht ruow, der wil sagen: Er hat
nimmer ruow. Also, welcher wil sagen: "die sünd in den heiligen geist
werde weder in disem noch in dem künfftigen zyt nachgelassen", der
wil nüt anderst sagen denn: die sünd in den heilgen geist werde
nimmer nachgelassen. Und ist, das sy wellend infueren, nüt anderst
denn ein irrender, närrischer won. Glych als ich ouch wölte uff dise
red: Es ißt weder wyb noch man fleisch, das von im selb gestorben
ist, infueren: So ißt es etwar, darumb, das es die wolff und hund
essend. Was gat das dise red an, da ich gnuogsamlich wil sagen, es
esse ghein mensch selb gestorbens, und teil den menschen in sine
teil, das ist: wyb und man? Und da ich wol mag reden: es ißt ghein
mentsch etc., da sprich ich: weder wyb noch man ißt, und ist "weder
wyb noch man" glych als vil als: kein mensch, und "kein mensch" als vil
als: weder wyb noch man. Also hie: "die sünd in den heilgen geist
wirdt weder hie noch dört nachgelassen" ist als vil als "nimmer", und
"nimmer" als vil als "weder hie noch dört".

--416--

Darzuo wirdt sölichs me inn der gschrifft erfunden. Psal. 112.
[Ps. 113. 2]: Der nam gottes sye gebenedyet von ietz bis in die ewigheit;
ist glych als vil als: der nam gottes sye zuo aller zyt oder
ewigklich gebenedyet.
Darnach trucken sy das wort Christi Mat. 5. [Matth. 5. 25f.]
uff das fegfür, da er spricht: Biß einhällig mit dinem widersecher
bald, diewyl du noch mit im uff dem weg bist, daß dich nit din
widersächer dem richter hingeb, und der richter dich dem weybel
hingeb, und du in die gefengknus geworffen werdist. Warlich, sag
ich dir, du wirst da dannen nit kummen, bis daß du gibst das letst
örtlin. Hie machend sy den weg das leben in disem zyt. Die gefengknus
aber machend sy zuo eim fegfür, darus man nit kumme, bis
man alle sünd bezale, das doch ein heiter irrung ist. Dann Christus
wil uns an dem ort von zorn, haß und zangg ziehen, als die vollmeinung
vor disen worten eigenlich anzeigt. Und wil hie mit der
gvarligheit des rechtens uns von zanggen und rechten schrecken; denn
es sich offt begeb, das einer wene, er welle sinem widersächer gesigen,
der aber überwunden wirdt, unnd demnach übel ersuocht von
sinem widersächer, und nit unbillich; denn er habe inn zangges nit
wellen erlassen. Also laße im darnach der widersächer nüt nach.
Ob er glych den span nit bezalen mög, so lege man inn gefangen
und muesse mit der hut bezalen, das er an hab nit vermag.
Darzuo sye es gfarlich rechten des richters halb; denn so der
richter die sach nit wol verstuende oder gemietet oder partigisch,
were alles gevarlich dem, der schon wüßte, das er recht hette.

--417--

Das aber diß die meinung Christi sye, das zeigend die wort
Luce 12. [Luc. 12. 57-59] eigenlich an, da er dise meinung Christi
mit hälleren worten also beschribt: Warumb entscheidend oder verrichtend
ir nit von üch selbs, das ist: undereinander, das recht oder
billich ist? So du nun mit dinem widersächer gast zuo dem fürsten,
so verschaff uff dem weg, das du von im entlediget werdist, das er
dich nit zuo dem richter ziehe, und der richter dem inzieher oder inbringer
übergeb, und der inbringer dich in gfengknus werffe. Ich
sag dir, du wirst da harus nit kummen, bis du das letst hällerlin bezalet
hast. An den worten merckend wir wol von allen umbstenden
har, das Christus hie nüt anderst wil weder abreden von zanggen
und rechten, wie obstat. Welcher meinung ouch Paulus ist 1. Cor. 6.
[1. Cor. 6. 7], da er meint, er sölle ein Christenman ee lyden, das
man im schaden oder betrug thuege, ee er mit ieman rechte. Als ouch
Christus heißt, das wir dem, der uns den rock nimpt, den mantel
ouch lassend, ee wir mit im rechtind Mat. 5. [Matth. 5. 40].
Zum dritten zühend sy harfür, das Mat. 18. [Matth. 18. 34] stat von
den zweyen dieneren, dero der, dem die groß summ ward nachgelassen,
sinem mitknecht ein kleine nit wol nachlassen, unnd ward darumb gefangen
gelegt, bis er alle schuld bezalte. Darnach sprach Christus
[Matth. 18. 35]: Also würdt üch ouch min himelscher vatter thuon, wenn
nitt üwer ietlicher sinem bruoder nachlaßt uß üwren hertzen.
Hie sprechend sy: Sichstu, das got ouch in gefengknus des
fegfürs halten wil, bis wir alle schuld bezalend? Antwurt: Ich hör
wol, was Christus redt; ich hör aber nit, das er von gheinem fegfür
ützid sag. Christus wil hie nüt anders, denn er davor ouch gseit
hat Matth. 6. [Matth. 6. 14f.]: Lassend ir den menschen ir sünd nach,
so wirt üch ouch üwer himelscher vatter üwer sünd nachlassen. Verzyhend
aber ir den menschen nit, so wirdt üch üwer vatter üwer sünd
ouch nit verzyhen. Als er ouch Mar. 11. [Marc. 11. 25] redt: So ir
stond zuo betten, so verzyhend, ob ir ützid wider iemans habend, damit

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üch ouch üwer vatter, der in den himlen ist, üwer sünd verzyhe. Also
lert Christus nüts anders an den dryen orten denn: Wellend wir, das
uns got verzyhe, so söllend wir ouch verzyhen. So verr reychet die
glychnus Mat. 18. [Matth. 18. 23-35]. Noch so vervolget Christus
in der glychnus den bruch der menschen bis zuo end. Verstand 's
also: Christus meinung ist, das wir verzyhind; tuegind wir das nit, so
werde uns ouch nit verzigen. Das wäre gnuogsamlich bewärt in disen
worten: Der herr ist erzürnt worden über den knecht und hat inn
geheissen den pynigeren geben. Das aber hernach volget, trifft den
sitten der menschen an, namlich, das die einandren durch gysel und
lybsschaden muegend, bis sy bezalt werdend. Also verglycht sich die
meinung Christi dem vorbild nit bis uff das letst hinus, sunder wil
er damit leren, das wir ouch selbs über uns berueffend: Vergib uns
unser schuld, glych wie wir unseren schuldneren vergebend [Matth. 6. 12].
Verzyhend wir nit, so wirdt uns ouch nit verzigen. Dise meinung hat
ouch also der gehebt, der die canones gemacht über die 4. euangelisten;
denn er hat die drü ort zemmen gezeichnet.
Hieby ist aber ze mercken, das alle glychnussen nit mögend in
alle egg verstanden werden an dem verglychten; denn alle glychnussen
hinckend und sind prästhafft; noch lerend sy so wol, daß
Christus selbs damit gelert hat. Er hat Mat. 18. [Matth. 18. 3] gesprochen:
Es sye dann, das wir bekert werdind und werdind als die kind,
mögind wir nit ingon in das rych der himlen. Hie wil er nit, das wir
in alle wys und maß werdind wie die kinder, oder aber wir mueßtind uff
stecken ryten, von gott nüt wüssen ze sagen, sunder wil er, das wir

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allein mitt unschuld und lychtlich verzyhen und nidertrachtung kind
syind, wie Paulus redt 1. Cor. 14. [1. Cor. 14. 20]: Boßheit halb
söllend ir kinder sin. Derglychen Luc. 18. [Luc. 18. 5], da der richter
spricht: Ich wil der witwen helffen, das sy mich nit on underlaß schelte.
Hie wil Christus, das wir von betten nit wellind abston, sunder,
wie die witwen thet, on underlaß bitten. Er wil aber darumb in diser
glychnus nit leren, das man got schelte, so er uns nit glych gibt, das
wir begerend; als aber die glychnus des wybs innhalt, das sy one
zwyfel den richter offt hat lassen uffgon und berafflet. So verr langt
die glychnus nit.
Dero sind vil in den worten Christi; ja allesamen mögend sy
nit in alle egg und ort glych sin; oder aber es wärind nümmen glychnussen,
sunder die sach selbs. Also ouch hie volget darumb das fegfür
nit hernach, darumb, das Christus bis zuo end vervolget hat in
der glichnus, wie sich die menschen haltend, so sy nit verzyhend.
Denn, wie davor ist geseit, die allegorischen sinn, die habend nit krafft
ützid ze bewären, es sye dann sust in der gschrifft häll ußgetruckt.
Wo das fegfür in der gschrifft häll ußgetruckt wäre, so lutete dise
meynung schön bis uff das end. So das nit ist, so muessen wir by der
fürnemlichen summ blyben, die ist: Verzyhend ir, so wirdt üch
verzigen.
Das vierte, so von Judas Machabeo wirdt gelesen in den
templen, halt ich, wie es ist, apocryphum, ungwüß, wannen dasselbig
buoch kömme; mag nüt bewären. Ja, ich gloub, das, der es gschriben,
hab nit ein recht gemuet ghebt; denn so er guoter meinung xin wer,
hette er die geschicht luter für sich geschriben, und infueren der
schlußreden, der dogmaten, das ist: gelerten meinungen, underwegen
gelassen. So er aber das gethon hat, so machte er sich mir argwönig,
wenn das Machabeorum buoch glych in canone wär. Denn
was gat das den gschichtschryber an, das er sprechen muoß: Darumb

--420--

ist das ein heiliger anschlag, das man für die todten bitt etc.
[2. Makk. 12. 44-46]? Ja, so er davor gseit hat, wie vil tusend silberin
drachmas Judas Machabeus gen Hierusalem gschickt hab
[2. Makk. 12. 43], wer kan on den argwon sin: Sich, der sticht uff
den gyt? Doch bedarff es deß nüt; das machabeisch buoch bewäret
by mir als vil als Ioannes de monte villa oder der Hiltebrand.
Bsich Josephum dargegen, der ouch der Juden gschicht geschriben
hat, den ouch die Juden, Griechen und Latiner habend, wiewol
ouch nit in canone, so wirdstu sehen, was glouben du dem gytigen
fabeldichter glouben solt, der das Machabeorum gedicht hat
[cf. 2. Makk. 12. 38-46].
Zum fünfften gründend sy das fegfür in den worten Pauli
1. Cor. 3. [1. Cor. 3. 10-15]: Ich hab ein grundveste geleit als ein
wolkönnender buwman, aber ein andrer buwt daruff. Bsehe aber
ein ieder, wie er daruff buwe; dann gheiner mag ein ander fundament
oder grundveste setzen über den, der gsetzt ist, der ist Christus

--421--

Jesus. Ob aber einer uff dise grundveste buwt gold, silber, kostbarlich
gstein, holtz, höw, stupfflen, so wirt eins ieden werck offenbar; dann
die zyt oder tag wirt es offnen; es würt als im für geoffenbart, und
das fhür wirdt eines ieden werck bewären, wie es sye. Ob eines
werck, das er uffgebuwen hat, blybt, so wirdt er lon empfahen; ob
eines werck verbrünnen wirdt, so wirdt er schaden empfahen, aber er
wirdt heil oder behalten, doch den weg, daß es durch fhür wirt
zuogon. Dise schönen wort Pauli hand sy zum fegfür zogen und zuo
guoten wercken, also fürgebend: So einer guote werck thueye, so syind
dieselbigen gold, silber, edlem gstein zuoglychnet; so einer böse werck,
doch nit gar böß, thuege, so syind die dem holtz, höw und stuplen
gelych; die werdend denn mit dem fegfür gereiniget, doch werde, der sy
gethon hat, heil durch das fhür, weliches fhür sy das fegfür redend sin.
Aber dises ist warlich nit der sinn Pauli, als wir eigenlich uß
sinen worten bewären wellend. Paulus hat den Corinthiern
Christum mit einvaltigen, ungefärwten worten gepredget, der gstalt,
als wenn einer einen mentschen ufferzücht, muoß er im in den kintlichen
tagen nit veste spyß geben, sunder mitt milch trencken, bis er
die starcken spysen ouch niessen mag [cf. 1. Cor. 3. 2f.]. In sinem
abwesen aber komend under die Corinther etlich christenlich lerer,
die doch vom hertzen und glouben nit gerecht warend, aber wyß nach
menschenlisten und stoltz beredt. Die suochtend durch ir wyßheit und
wolberedte lob und nutz, damit die einvaltig ler Pauli von den gebluempten
verschupfft ward, als dann beschicht: wer nun der welt
pracht ansicht, dem gefallet der arm Christus mit sinem krütz und
einvaltigen züg der pürschen jungeren nit. Und volgt demnach,
das vil menschen, nun uff die zier der listigheit unnd wolredens
sehende, abgefuert wurdend durch die glyßguoggen. Das mag aber

--422--

der fromm Paulus nit erlyden; denn er wol wißt, das sölich glyssen
nitt nach der meinung Christi was, ouch das christenlich leben nit
in schönen worten stande, sunder in einvaltigem, unschuldigem leben,
welchs aber nüt sölle, es sye denn uß dem glouben, den wir in
Christo hand, erbuwen. Welicher in gott erbuwen sye und ggründt,
der habe die leer recht ergriffen; den mög dhein durächten abvellig
machen. Welcher nun uff die schöne der wyßheit und kluege der
worten sehe, der stande unvest zuo der zyt der durächtung; aber in
dero sehe man wol, wie ein ieder ein werck oder gbüw sye, und tuot
das mit züchtigen worten dar, also [1. Cor. 3. 9ff.]:
Wir sind mitwercker, das ist: handgschirr gottes, und sind
ir die sat und gebüw gottes, nitt, das ich üch erbuwen hab, sunder
die gnad gottes, die mir ggeben ist, hat es gethon. Ich hab gethon
glych, wie ein ieder wolggründter werckmeister thuot. Der luogt, das
er die grundveste zum ersten recht lege; demnach buwt er erst daruff.
Also hab ich den rechten felsen, daruff aller gloub stat, zuo eim fundament
gsetzt. Der fels unnd fundament ist Christus. Den hab ich
üch gepredget, wer er sye, und was er uns erwürckt hab. Aber in
minem abwesen buwend ander ouch uff das pfimment, welche ich
hie weder ruemen noch schelten wil. Bsehe aber ein ieder by im selbs,
was er uff das fundament buwe; denn deßhalb kan gheiner ein ander
fundament setzen weder das, so schon gesetzt ist, Christus Jesus.
Aber von des uffbuws wegen red ich das: Buwt einer uff diß fundament
gold, silber oder edelgstein, so mag dem gebüw ghein fhür
schaden; denn das fhür sübret gold und silber; ouch bewärt man die
edlen stein darinn. Buwt einer uff diß fundament holtz, höw oder
stupfflen, so mögend sy das fhür nit erlyden, wiewol, der die ding:

--423--

holtz, höw, stupfflen, gebuwen hat, nit mag verbrent werden, so verr
er nit holtz, höw oder stupfflen ist; sunder er wirdt den schaden
lyden, das sin gebüw verbrent wirdt. Er wirdt aber behalten, doch
der gstalt, das er im das fhür nit lasse schaden; denn kurtz, das fhür
muoß alle ding bewären etc. [cf. 1. Cor. 3. 9-15].
Hie wirdt in den worten Pauli "der uffbuw" gesetzt für: die
gleubigen, als er unlang davor selbs hat anzeigt: Ir sind die sat unnd
buw gottes [1. Cor. 3. 9]. Aber das fhür ist die durächtung, als
Isa. 43. [Jes. 43. 1f.]: So du in dem für wandlen, wurdist nit verbrent.
Also wil Paulus zum letsten diser worten sagen: Was aber ein ieder
uff den grund, der Christus Jesus ist, gebuwen habe, das wirdt in
der durchächtung offenbar. Wir predgend wol all, aber wir predgend
unglych. Welicher nun uff zytlich guot und schyn sicht, der buwt
zergengklich ding. So der angefochten wirt mit durchächtung, so
flücht er davon. So ist es glych, sam er nie gesin sye; und wie er
unstät ist, also sind ouch, die er erbuwen hat. So die durchächtung
kumpt, so werdend sy abtrünnig vom glouben, so schnell das für, höw,
holtz und strow verzert. Hat aber der lerend so ein styffen glouben,
das er gar nit abtritt, so die durchächtung kumpt, obglich alle, die
er gelert hat, verzert werdend, das ist: abtrettend, so würt er durch
das fhür heyl; aber schlecht, es muoß mit durchächtung lyden
zuogon. Denn Christus hat vorgseit, das zuonemmen des gotswortes
durchächtung mit im bringen werde Marc. 10. [Marc. 10. 30].
Harwiderumb: Erbuwt einer gleubige, die umb ghein durchächtung nüt
gebend, sunder nun vester darab werden, so sind sy glich dem gold,
silber und edlen gstein, denen das für ouch nit schaden mag. Und
heißt ouch "das werck" hie glych als vil als: der uffbuw, und heißt
"der uffbuw": die gleubigen, die durch das predgen der botten gottes
in Christum, den grundstein, erbuwen sind.

--424--

Das sölchs die meinung Pauli sye an disem ort, das zeigt die
nachvolgend meinung an, da er sy warnet vor den kluogen dises zyts,
der meinung, das got ir gebüw selbs nit wil, ja verderbet.
Und ist in der summ diser schönen glychnus nüt anders vergriffen
denn: Wir wellend wol all gsehen sin, sam wir buwlüt Christi
syind; aber in der zyt der durchächtung so wirdt man am werck, das
ist: an den gleubigen, wol sehen, was ein ieder gebuwen hat. Verleugnend
die gleubigen, so sind sy ein ströwin gbüw; blybend sy, so
sind sy gold, silber und edlem gstein glich. Der aber das lycht gebüw
erbuwen hat, dem mag nit schaden, ob sin werck, das ist: die
ggloubt hand, wychend, so verr er vom für nit bewegt wirdt, sunder
dardurch gadt. Der meinung ist ouch gar nach Hieronymus über
Ezech. 3.
Aber der gantz handel thuot sich selbs uff in den worten Pauli,
so man den wol bsicht vor in her und darnach. Denn das hie etlich
wellend sagen von wercken, die imm glouben beschehend, die syind
gold, silber, edelgstein, die aber nit imm glouben gschehend, die syind
itel wie holtz, höw und stuplen, die redend wol recht; aber Paulus
redt hie nit von denen wercken, sunder er redt von dem buw der
predgenden, wie vor gnuog ist gseit. Gang ietz über die wort Pauli
und bsich sy von nüwen, und urteil dann.
Dise und nach me ort, die doch nit ein sölichen schyn habend,
zühend sy zuo dem fegfür hinzuo, damit sy sich wol gewermind, und
tuond der gschrifft gwalt an. Das enbüt ich mich ze erhalten vor allen
glerten Christenmenschen; denn in disen worten stecket als wenig
fegfürs, wie sy darvon redend, als wenig wyßheit in eim ambeck
stecket. Wo sy aber das fhür der durchächtung, der widerwertigheit,
der muesälen dises zytes ein fegfür nennen wellend, muoß ich lassen
beschehen. Aber das man einen andren weg zuo got kumme weder
durch den herren Christum Jesum, das ist unmöglich [Joh. 14. 6];

--425--

denn er ist allein die tür, durch die wir gon muessend [cf. Joh. 10. 7-9],
und mag unser werck nüt verdienen, aber Christus verdient es alles
[cf. Röm. 11. 6]. Dem wellend wir die eer zuogeben, wie da oben gnuog
ist anzeygt, und hinder sich ston mit unserem verdienst, und sprechen:
Herr, wir sind unnütz knecht [Luc. 17. 10].
Das übrig, das sy von dem fegfür sagend, wie behend oder lang
es reinige, laß ich in sinem wärd blyben für fablen. Ker mich nüts
daran, das man redt: Es hat der helig vatter dis oder das gsehen.
Die ungehüren geist redend doch selb, wie sy pyn lydend, und kumpt
man inen mit meßhalten ze hilff. Antwurt: Wenn der tüfel betriegen
wil, muoß er sich in ein früntliche, engelische gstalt anlegen [cf. 2. Cor.
11. 14]. Ich geloub gern, das der tüfel vil rede, die menschen ze brögen.
Das aber die selen redind, das ist nit möglich; das wirt bald
offenbar. Denn hette der rych man mögen mit sinen bruederen reden,
er hett nit Abrahamen geruefft, daß er Lazarum zuo sinen bruederen
schickte.
Darzuo wie hat der tüfel den mißbruch der messen bas mögen
uffnen, weder so er brögt, sam er ein seel sye und sölichs bgere?
Kurtz: Wer sich die tröum und wind laßt bewegen [cf. Eph. 4. 14],
der ist noch nit uff dem felsen Christo erbuwen.
Ietz wil ich ouch min meynung anzeygen, uß was grund ich vermein,
es sye ghein fegfür, der gstalt die theologi darvon redend.
Daruff gründ ich, das uns gott von dem fegfür nüt geseit hat. Ja
wol hat er ein meinung gseit, die das fegfür gar umbkert, denn er
nach disem zyt von gheinen andren heimwesen geredet hatt, weder
von himel und hell Luce 16. [Luc. 16. 22-26], als er ein form des abscheids
von disem zyt der rychen und armen hat fürgebildet mit
einem rychen und mit einem armen, dem aber got halff (denn er sin

--426--

zuoversicht zuo im hat ghebt, als der nam lazuriahu, das wir Lazarus
sprechend, anzeigt), hat er in der person Abrahams gsprochen:
Zwüschend uns und üch ist ein grosse schrenden oder wyte gevestet,
das die, so wöltind hie dannen zuo üch hingon, das nit vermöchtind,
das ouch die von üwrem ort zuo uns nit wandlind. Was wil man nach
disen worten mee? Hörend wir nit, das, wie die, so in der schoß
Abrahams sind, herab nit kummen mögend, also, die darinn nit sind,
verstand: die gstorbnen, (denn Christus redt daselbst allein von den
todten) nimmer me mögend hinuff kummen.
Es darff gheiner inreden: Ja, er hat nun von denen gredt, die
in himel und in der hell sind, aber nit von denen imm fegfür. Denn
du machst das fegfür, got hat es nit anzeigt. So du mir nun der
gstalt wöltest inreden, mueßtest mir zum ersten bewären mit häller
gschrifft, daß ein fegfür wäre und demnach hie ußnemmen. Aber, wie
vor gseit ist, uff dine blinde würff wil ich nit werffen, sunder mich
des halten, das hie Christus in der person Abrahams geredt hat:
Die da niden sind, denen ist nit möglich uffhin ze kummen; denen, die
da oben sind, nit möglich herab ze stygen, etc.
Darnach ist das fegfür, davon die theologi redent, wider die
krafft des gloubens. Denn welcher gloubt, der ist schon heyl und
bedarff gheines unheils noch verdamnens warten. Dargegen, welcher
nit geloubt, der wirdt nit heil, ja es ist unmöglich, das er sälig werd
oder gotsgevellig Hebr. 11. [Hebr. 11. 6]. So nimm die sach also
in d' hand: Stirbt einer imm glouben, so wirt er heyl; stirbt er in
ungloubnus, so wirdt er verdampt. Hie zwüschend mag nüt fallen.
Und bschüßt nüt, das du inreden wilt: Ja, der imm glouben abstirbt,
der kumpt zuo got. Ist war, aber erst nachdem er imm fegfür gnuog
gerollet ist. Antwurt: Diß rollen muostu mir anzeigen uß der

--427--

gschrifft. Sich, wie stastu? Sprichst: Gott ist barmhertzig, er ist aber
ouch grecht darzuo; darumb muessend wir imm fegfür siner grechtikeit
gnuog thuon. Antwurt: Aber bistu nit ein Christ, sunder des bapsts
calefactor; du heytzest imm das fegfür yn. Hastu noch nit ghört, das
wir der grechtigheit gottes nit von uns selbs noch mit unserem lyden
mögend gnuog thuon? Denn die lyden, die wir in disem zyt erdarbend,
sind nit wirdig der künfftigen eer, die in uns geoffnet wirdt Ro. 8.
[Röm. 8. 18]. Denn wie mag das, so ein end nimpt, ob es glych überschwenklich
groß ist, verdienen, das ewig ist? Daby hast nit gehört,
das der grechtikeit gottes nieman mag gnuog thuon, denn der allein, der
kein schuld uff im hat, Christus Jesus? Denn wie könde ein todter
sich selbs lebendig machen? Weist du nit, das, hett man mit fegfüren
mögen zuo got kummen, daß Christus nit hette dörffen in diß
welt kummen? Das fegfür hette wol gebadet und gesübret, wenn es
were, als ir angeben.
Wüssend ir aber nit, das Christus allein unsere grechtigheit ist?
1. Cor. 1. [1. Cor. 1. 30], und das wir zuo got gheinen andren weg
kummen mögend weder durch inn? Heißt Christus, oder das lyden
Christi, oder die tür Christus, durch die man yngon muoß, oder
in inn glouben, das ist: alle zuoversicht in die krafft siner erlösung
haben, ja, heissend die ding das fegfür? Sich, wohin ir üch selbs
fuerend mit üwrem tanten! Ir fuerend üch vom glouben und lärend
uß die krafft des krützes Christi [cf. 1. Cor. 1. 17], schmähend die
unerschöpfflichen gnad und tucht des lydens Christi. Thuot Christus
für alle sünd gnuog, was wirdt das fegfür darzuothuon? Macht uns das
fegfür zuo got den weg, was hand wir Christus dörffen? Wee üch,
gotslestreren, die alle warheit verkerend!
Damit ir aber dise meinung, das die gleubigen von stund an zuo
got kömmind und die gleubigen von stund an zum tüfel nach disem
tod, gloubind, wil ich ietzund kundschafft stellen.
Christus spricht Jo. 3. [Joh. 3. 16-18]: Got hat sinen sun nit in
die welt gesendt, das er sy verurteil, sunder das die welt durch inn

--428--

gsund und sälig gmacht werd. Welicher in inn gloubt, der wirdt nit
verurteilet; welicher aber nit in inn gloubt, der ist schon verurteilt;
denn er hat nit ggloubt in dem namen des eingebornen suns gottes.
Bsehend mir dise wort Christi, ir seelenbrenner! Doch hat üch
das für blendt; ir sehend übel. Darumb wil ich üch mit dem finger
daruff tüten.
Zum ersten hörend ir wol, das got sinen sun nit darumb in die
welt geschickt hat, das er die verurteile, das ist: richte, nach irer
that. Wo ist ietz üwer meinung von der grechtikeit gottes? Denn
David spricht [Ps. 130. 3]: Herr, so du uffsehen wurdist uff unsere
sünd, herr, wer möchte das erlyden?
Zum andren hörend ir wol, das er uns sälig und heil ze machen
kummen ist uß lutrer gnad. Denn wenn er uns urteilte nach unserem
verdienst, so dörfftind wir nit vil gnaden ruemen. So er nun kummen
ist nit ze urteilen sunder zuo behalten, muoß ie volgen, das es ein lutre
erbärmbd ist.
Zum dritten hören ir wol, das, welcher sin zuoversicht in inn hat,
das ist: welcher in inn gloubt, der wirdt nit geurteilt. Hörstu: den
glöbigen nit geurteilt werden? Was ist aber üwer fegfür anders dann
das urteil? Denn ir sprechend: Der mensch muoß der grechtigheit
gottes diser so lang, diser so lang gnuog thuon.
Zum vierden hörend ir wol, das, welcher in inn nit gloubt, der
ist schon geurteilet, das ist: verdampt. Sich: Himel und hell, und
nüts me.
Diß wirt mit eim andren wort Christi Jo. 5. [Joh. 5. 24] noch
häller, da er spricht: Warlich, warlich, sag ich üch: Der min wort
hört und gloubt in den, der mich gesendt hat, der hat ewigs leben
und kumpt in das urteil nit, sunder er ist uß dem tod in 's leben
ggangen. Hörstu aber, das er in ghein urteil falt, sunder er lebt in
der lutren gnad gottes und gadt (als die latinisch interpretatz hat)

--429--

vom tod in 's leben, ja als die Griechen eigenlicher habend: er ist
schon vom tod in 's leben ggangen.
Was aber das urteil sye und wie manigvaltigklich es in der
gschrifft genommen werde, kumpt ietz.
Das wort "richten" oder "urteilen" und "gricht" oder "urteil"
wirt vil genommen für ein rach. Genn. 15. [Gen. 15. 14]: An dem
volk, dem sy dienen werdend, wird ich mich rechen. - Zum andren
wirt es vil genommen für das urteilen, das die richter thuond zwüschend
den zwytrachten. Exo. 18. [Ex. 18. 21]: Bstell tusender, hunderter,
fünfftziger und zehender, die under dem volck urteilind, das ist:
recht sprechind, zuo aller zyt. - Zum dritten wirt es genommen für
ein verurteilen, wie vor Jo. 3. [Joh. 3. 16-18] anzeigt ist. - Zum
vierden für den stand und bscheid, der eim ieden menschen nach
dem lyplichen tod gegnet, als Hebr. 9. [Hebr. 9. 27]: Glych als den
menschen anlyt einist sterben, und demnach volgt das urteil, also etc.,
das ist: wie von stund an die menschen nach irem tod des urteils
anhebend gleben, das inen got on den lychnam zuofuegt bis an das
gemein urteil, also etc. Das aber diß der sinn sye, so bsich eigenlich,
was davor stande unnd was darnach, oder du magst diß ort nit
recht verston. - Zum fünfften wirdt es genommen für das letst gricht,
da got alle menschen wirdt zemmen samlen, die von anhab der welt
bis zuo end leben werdend, und da in einer gmeind der gleubigen that
belonen, der ungleubigen straffen Mat. 25. und 2. Cor. 5. [Matth. 25.
31-46, 2. Cor. 5. 10]: Wir muessend all erschynen vor dem richtstuol
Christi etc. - Zum sechßten wirdt es für ein erkiesen oder
sündren, das sich selbs offenlich erzeigt, genommen. Jo. 9. [Joh.
9. 39]: Ich bin zuo eim urteil kummen in die welt, das, die nit sehend,
sehend werdind, und die da sehend, blind werdind etc.

--430--

Noch ander weg mögend dise wort genommen werden; des ist
hie gnuog.
Dise hab ich aber darumb anzeigt, daß man die wort Christi,
us Jo. 3. und 5. [Joh. 3. 16, 5. 24] ingezogen, eigenlich verston mög:
das Christus nit wil, das ieman nit am letsten tag erschynen werde
(wiewol unglych: etlich mit freuden zuo der eer gottes, etlich aber mit
jamer zuo schand irer ungloubnus und bösen wercken), sunder das die
gleubigen hie anhebind durch den gwüssen, unverserten glouben
und hoffnung sälig werden, und werdind in ghein urteil, rach oder
verdamnus glych uff disen tod kummen bis an den letsten tag, sunder
werdind von stund an vom tod in 's leben gon, und, das sy hie verhofft
hand, besitzen und ynnemen.
Ouch daß man entscheide zwüschend dem letsten urteil und
dem stand, der von stund an dem lyplichen tod nachvolgt. Denn ich
hör sagen, das etlich wellend vermeinen, wir entschlaffind mit lyb und
seel nach dem lyblichen tod bis an den jüngsten tag; denn so werdind
wir erst erweckt und demnach in die freud und eer gottes oder in
ewig jamer gefuert. Dero meinung ich gar nit bin; denn das schlaffen,
von dem Paulus 1. Thes. 4. [1. Thess. 4. 13-15] redt und an andren
orten, sol man allein verston von dem lychnam, als hernach volgen
wirdt. Man sol ouch das, so von der belonung uff den letsten tag
stat, allein verston: das denn die belonung, sy sye guot oder böß, dem
gantzen menschen gegne; ouch das erst denn eines ieden menschen
urteil geoffnet wirdt allen menschen, die von anfang der welt bis zuo
end xin sind; denn bis dahin ist uns viler urteil unbekant.
Dise meinung wirt alle clar, wenn wir bewärend, das die säligheit
von stund an anhebt nach disem zyt. Das nemmend wir also ze
handen:
Christus ist der erstling unserer urstende 1. Cor. 15. [1. Cor.

--431--

15. 23]: Werdend nun wir ufferston, wie Christus ufferstanden ist, so
wirt ouch unser seel nit entschlaffen; denn Christus seel ist ouch
nit entschlaffen, sunder, wie cant. 5. [Hohes Lied 5. 2] stat: Ich
schlaff, aber min hertz wachet. Wiewol er nach dem lychnam tod ist
xin, hat doch sin hertz gewachet; denn er zuo den todten kummen ist
und inen das heil verkündt hat. 1. Petr. 3. [1. Petr. 3. 18f.]: Des
fleischs halb ist er gstorben, aber des geists halb lebendig gewesen;
denn er ouch hingegangen und den geisten, die in der gfengknus
verhalten wurdind, prediget hat. Sich, hie wil Petrus, das Christus
nach sinem tod den gefangnen die freud der erlösung geprediget hab.
Sind nun dieselben lebendig xin, vil me sind der gleubigen seelen
lebendig nach disem tod. Denn welcher in der liebe blybt, der blybet
in gott, unnd gott blybt in im 1. Jo. 4. [1. Joh. 4. 13].
Wie wurde nun das eins, das got, der in uns ist, so wir in inn
gloubend, so wir in inn hoffend, so wir inn lieb habend in disem lyplichen
leben, das er sich uns entzuge nach disem leben? und die sich
hie anhebend fröwen in dem höchsten guot, sich nümmen frowtind
nach disem zyt?
Also volgt, das, wie Christus uff sinen tod lebendiger, warer
got, ouch mit menschlicher sel nit entschlaffen, sunder uß bygesehner
gotheit erfreuwt ist. Also wir ouch, so wir im glouben sterbend, by
got erfröwet werdend bis an das gemein urteil der gantzen welt.
Denn ie Christus werden, sterben und ufferston ist ein bild unsers
werdens, sterbens und ufferstons. Er ist vom heiligen geist empfangen:
also werdend wir durch den heiligen geist glöubig. Er ist für unser
sünd gstorben: also, sterben wir in im, so werdend wir ouch imm tod
und nach dem tod by im sin oder lebendig sin, und zur letsten zyt
der gstalt mit lyb und seel ufferston, wie er ufferstanden ist; denn er
ist unserer ufferstentnus erstling [1. Cor. 15. 20].
Item Christus spricht Luc. 20. [Luc. 20. 35f.]: Die, so der zyt
(das ist: der ewigen zyt) wirdig gmacht sind, das sy inen gegne, und

--432--

der urstende der todten, die werdend nit zuo der ee gryffen, noch
darzuo genommen werden; denn sy mögend fürhin nit sterben. Denn
sy sind den englen glych und sind sün gottes etc.
Hie sehend wir eigentlich, das Christus selbs mit zweyen namen
des künfftigen lebens und der urstende von dem künfftigen stand der
seelen redt und heiter anzeigt, das wir in dem künfftigen zyt werdend
sin wie die engel; denn wir sygind sün gottes. Nun sind die engel
lebendig: also werdend ouch wir läbendig; denn es mögend die sün
gottes so lang nit tod blyben. Denn got ist ein got der lebenden
Mat. 22. [Matth. 22. 32]. Die wyl man hie lebt, so wächßlet man
den schlaff und wacht; dört ist ein ewige wacht.
Es hilfft ouch nit inreden: Das zyt, das nach disem leben kummen
wirt, sol nit nach der ard dises zytes gemessen werden; denn, das by
uns lang ist, das ist den geisten alles gegenwürtig unnd wirdt nit mit
der lenge der jaren gemessen. Antwurt: Ich merck dich wol! So sag
ouch du mir nit von dem schlaff, den du wilt by der zyt messen bis
an das letst urteil; und machest du mir ein schlaff darus, so wiltu mir
ir leben ouch by der zyt messen; denn der schlaff ist ein ruow der
dingen, die imm zyt arbeitend, unnd zimpt dem lychnam allein nach
dem tod, und nit der seel. Bekümmer dich, einvaltiger leser, nit mit
dem metaphisikischen alenfantz.
Aber spricht Christus zum mörder Luce 23. [Luc. 23. 43]:
Hüt wirstu by mir sin imm Paradyß, das ist: imm friden oder in
freuden wirstu by mir sin hüt von dines gloubens wegen. Dann das
du gesprochen hast, ich sölle mich über dich erbarmen, zeigt an, das
du mich für got hast. Sich hie! Wo sind die fegfürheitzer? Womit
wellend sy disen mörder fägen und rösten? Christus hat inn zuo
im genommen. Ich fürcht übel, sy jagind inn im wider ab. Ist der
nit durch den glouben von stund an uß dem tod in 's leben ggangen?
Sol nun diser mörder von stund an by Christo in fröden sin (denn

--433--

obschon Christus zuo der helle abhin gieng, was nüt des minder freud
des götlichen angesichtes, wo er was, ja denen, die uß der finsternus
des lychnams entlediget warend; denn unsere lyplichen ougen mögend
inn nach der gotheit nit sehen), wieviel me, die imm glouben lange
zyt im gedient habend?
An disem mörder habend wir zwo kundschafften: Die erste, das
Christus nit zuo im gsprochen hat: Hüt wirstu mitt mir schlaffen,
sunder: Hüt wirstu by mir sin imm Paradyß. Daruß volgt, das freud
oder leyd von stund an disem zyt nachvolgt. Die ander kundschafft,
das er durch ghein werck noch fegfür darzuo kummen ist, sunder durch
den einigen glouben. Laß hie die Sophisten-schnaggen russen,
was sy wellend; ker dich nüt daran.
Der meinung ist ouch Paulus xin; denn er spricht Philipp. 1.
[Phil. 1. 23f.]: Ich hab begird ze entlediget werden und mit Christo
sin, und das were mir vil das besser; aber noch ein zyt imm leben
blyben in dem fleisch, das ist notwendiger umb üwer willen. Hie
zeigt uns Paulus ouch an, das man one mittel, so man gloubt, zuo
Christo kumpt. Glych wie er ouch 2. Cor. 5. [2. Cor. 5. 4-6] anzeigt,
da er seit: Die wyl wir in der bekleidung des lychnams wonend,
sye das nüt anders denn imm ellend wandlen von got. Aber
die hoffnung, die wir zuo gott habind, die begere, das wir vom lychnam
ußgezogen werdind und mit got bekleidt etc. Welches ouch
alles dahin reicht, das der künfftig stat der freuden oder leides
von stund an nach dem lyblichen tod anhebt. Und schlafft der lychnam
biß an das gemein urteil, denn so wirt er mit der seel fröd
oder leid lyden.
Daß aber denn einem ieden nach sinen wercken widergolten
wirt, bewärt darumb nit das meritum, den verdienst; denn die werck,

--434--

die uß dem glouben beschehend, die sind gottes und nit unser. Also
belonet got sin eigen werck, als ouch Augustinus redt. Die aber
uß dem glouben nit beschehend, die werdend ouch verdampt; denn
es ist nit guot, was nit uß got kumpt.
Also hoff ich, sye den Bäpstleren die ander melchkuo mit dem
starcken wort gottes geroubet. Denn sy ab dem jamer der selen, die
sy im fegfür gepyniget werden erdacht hand, so vil guotes gelößt hand,
das es nit ze erzellen ist. Also kan die glychßnery in andrer menschen
jamer und ellend fröd unnd nutz finden. Wüssend sy, das die selen so
groß jamer lydend, was grosser schälcken sind sy denn, daß sy ire
werk inen nit wellend nachthuon, man gebe dann inen lon.
Der acht und fünfftzigst artickel.
Das urteil der abgescheidnen ist allein got bekant
Lazarus was vier tag imm grab gelegen, und macht inn got
widrumb lebendig [Joh. 11. 1-46]. Die tochter Jairi was erst gstorben
und beruofft sy ouch widrum zum leben [Matth. 9. 18f. 23-26]. Den sun
der witwen gab er ouch siner muoter widrumb lebendig [cf. Luc. 7. 11-15].
Aber wo oder wie sy ein wesen ghebt habind in dem zyt, das zwüschend
dem tod und wider ufferkicken geloffen, ist nit geoffnet mit dem wort
Christi. Weliches ein gwüß zeichen ist, das got uns die ding nit
hat wellen offnen, sunder allein im selbs behalten.
Laß dich daby nit irren die märlin, die man von Lazaro sagt;
dann got gibt uns nit ze wüssen die zyt und ougenblick, die der vatter
in sinem gwalt hat act. 1. [Act. 1. 7]. Dannenhar es ein frävel ist,
söliches wellen uß mentschenköpffen wüssen, wie hernach volgt.

--435--

Der nün und fünfftzigest artickel.
Und ie minder uns gott darvon hat lassen wüssen,
ie minder wir uns darvon ze wissen undernemmen
söllen.
Diser meinung hand wir ein ußgetruckte kundtschafft Jo. 21.
[Joh. 21. 18-22]. Als Christus Petro zuo verston gegeben hatt, was
tods er sterben wurde, und inn dargegen Petrus gefragt hatt, wie es
Johansen wurde gon, hat er im geantwurt: Ob ich inn also wölte
lassen blyben biß zuo miner andren zuokunfft, was gadt das dich an?
Hie hören wir wol, das wir uns der urteilen gottes nit beladen söllend.
Denn hat Christus Petro nit wellen offenen, mit was tod Ioannes
sterben wurde, vil weniger söllen wir wellen wüssen die urteil gottes
nach disem zyt.
Denn Christus hat in den vorbilden des rychen mans Luce 16.
[Luc. 16. 29-31] nit wellen gestatten, das die lebenden brueder des
rychen von den todten ützid wüßtind, sunder sich vernuogtind des
gsatztes und der propheten, das ist: nit meer wöltind noch söltind
wüssen von den todten, denn inen die gschrifft anzeigte.
Wo sind ietz die betrieger, die ein iede todsünd verurteilt hand,
daß sy siben jar muesse gestrafft werden, welchs sy aber uß irer offnen
buoß, die sy den menschen uffgesetzt, gezogen hand, und hand Christo
in sin urteil ggriffen; denn der vatter hatt im alles urteil ggeben
Jo. 5. [Joh. 5. 22]. Ouch hand sy im sin lyden gefinsteret und den
menschen nit gseit, was es vermag, wie tür es ist, namlich: das es für
aller menschen sünd in die ewigheit gnuog thuot und bzalt, wie offt
rychlich bewärt ist.
Hand sy sölichs mit wüssen gethon, so sind sy den buoben glych,
die Christus Mat. 23. [Matth. 23. 13] und Luc. 11. [Luc. 11. 52]

--436--

beschiltet, die den schlüssel des rychs der himlen oder götlichen
wüssens gehebt hand, und sind sy nit hinyn ggangen und hand ouch
andren nit ggunnet hinyn ze gon. Hand sy es nit gewüßt: ach, was
thuond sy denn an der statt, da sy sölchs uß irem ampt von erst uf
wüssen söltend? Aber man sicht ietz wol, so die warheit an 'n tag
kumpt, ob ir mißbruch uß muotwillen kumpt oder unwüssenheit. Die
ire unwüssenheit erkennend, stond darvon; die sy aber beschirmend,
zeigend iren muotwillen und eigenköpffige an; dero end wirdt verloren
sin. Got welle sy erlüchten, das sy nit by dem hällen liecht so
blind syind. Amen.
Der sechtzigst artickel.
Ob der mensch für die gestorbnen sorgveltig
got umb gnad, inen ze bewysen, anruefft, verwirff
ich nit; doch davon zyt stellen und umb gwüns
willen lügen, ist nitt menschlich sunder tüfelisch.
Disen artickel hab ich allein gsetzt von etlicher blöden wegen,
die sich nit fry lassend an die zwey horn: daß eintweders der
mensch imm glouben stirbt unnd kumpt zuo got, oder aber in ungloubnus
und wirdt verdampt Mar. 16. [Marc. 16. 16], doch nit der meinung,
das sy ewiklich blöd söllind blyben, sunder mit dem vesten wort
gottes erbuwen werden. Noch so zwyflend sy etwan, so sy schon
selbs recht gloubend, ire abgestorbnen syind nit in rechtem glouben
hingefaren oder habind nit so ein starcken glouben ghebt, als aber
zuo der säligheit not sye. Denen hab ich ir milte meinung und sorgveltigheit
nit wellen ze vil gäch umbkeren, sunder wysen wellen,
wie sy nit wider got begertind, namlich, das sy inn nach sinem

--437--

wüssen anruofftind der gstalt: Herre! Das urteil der todten ist dir allein
bekant. Nun hastu vatter und muotter geheissen eeren [2. Mos. 20. 12].
Hierumb ist min engstlich beger, ob der stand der abgestorbnen uß
unserem bitten oder glouben geendret wurde, das doch uns gar unbekant
ist: Du wellist minem vatter und muoter und allen gleubigen die
ewigen ruow geben. Doch so beschech, herr, din will [cf. Matth. 26. 42]!
Sich, das ist ein bericht der blöden unerbuwnen in dem wort gottes.
Und gib darumb nit zuo, das ein fegfür sye, sunder es ermanet got
by siner erbärmbd, by sinem wüssen und blybt by dem götlichen
willen. Aber die gytwürm, die zyt stellend: so lang oder so lang
mueß der lyden; und die lachßner, die uß tüfels bschweren anzeigend,
mit disem oder ienem werck helffe man den todten, sust mueß er noch
so lang lyden; und die fabelpredger, wie die selen da oder dört erschinen
syind: die thuond nüt anders, dann das sy der welt, die betrogen
wil sin, bald darzuo helffend. Ist ein betrug, und ist der tüfel
des betrugs vatter [Joh. 8. 44]; darumb ist es ouch tüfelisch.
Es hilfft ouch hie nit inreden: Darumb nemmend wir geistlichen
gelt, das wir der gstalt bittend, wie du bestimpt hast. Denn wir
habend vor gnuogsamlich gseit, das der versoldet gotsdienst nit grund
hat in der gschrifft. Darzuo, bittend ir allein umb gelts willen, so
eerend ir got mit den lefftzen unnd ist üwer hertz verr von im;
ist umbsust Mat. 15. [Matth. 15. 8]. Denn das hertz sicht allein uff
den gwün; und sind aber wir schuldig für einander ze bitten. Und
ist, o münch und pfaff, din ampt, das du den glouben luter, gantz und
styff predgist, damit alle welt imm glouben versichret sye und nit in
sölchen blöden zwyflen stande, sunder das einer spreche: Min vatter
hat ein so gwüsse zuoversicht zuo got gehebt, das ich gheinen zwyfel hab,

--438--

er syge zuo got kummen. Sölichen glouben und hoffnung hab ouch
ich zuo got. Ich gloub ouch, das ein ieder, der sölchen glouben hab,
zuo got kömme. Das ist üwer ampt, unnd das ir die blöden lerind.
Aber diß memme hat suesse milch geben uß eim ellenden, bitren
grund. Denn hette man den trost in got so trülich, als man solt,
gelert, was gilt 's, wo ieman das fegfür so übel gefürcht oder sich
sin gtröst hette. Aber daß man alle menschen mit diser erdachten
forcht gefuert, das hat die rychtag glert ußtrucken. Und wie sy
boßlich gewunnen waren, also sind sy zuo merem muotwillen widrumb
hinggeben.
Also stat es umb das urteil gottes.
Von der priesterschafft.
Der ein und sechtzigst artickel.
Von dem character, des die priester in den letsten
zyten sind innen worden, weysst die göttlich
geschrifft nüt.
Character ist ein griechisch wort [χαρακτήρ] und kumpt vom
charatto [χαράττω], das heißt: kratzen, ryssen, ußstechen oder ergraben.
Und heißt character als vil als ein inggraben mal oder zeichen. Davon
redend die kappentheologi also: Das, so man einen zuo eim priester
wyhe, in siner sel ein zeichen kretzt oder gerissen werde, das nimmer
me darus möge bracht noch abgetilgget werden. Diser kratz oder
zeichen ist in der götlichen gschrifft nienen anzeigt, ußgenommen
Hebr. 1. [Hebr. 1. 3]. Da stat wol in griechisch character, aber
gar nit der meinung, wie die kappentheologi darvon redend.

--439--

Und obglych die apostel uff die, die sy zum predigen geordnet
hand, ir hend uffgelegt, ist doch dasselb nach gemeinem bruch der
menschen beschehen, die pflägend trüw und glouben und empfelch
mit eim handschlag ze bewysen zuo merem urkund. Noch findstu daby
nit, das sy ienen ützid von dem unabtilklichen kratz ützid redind,
sunder du befindst noch uff die zyt Hieronymi (der ouch etlich
diaconos, das ist: diener, beschelcket unnd abzestossen sin schrybt),
das, so einer nümmen zuo dem ampt des zuodienens geschickt was, so
was er nit me ein diener; und wirt des characters nit gedacht, sunder
wenn man inn abstieß, so was er nit me an dem ampt. Darus wir
ermessend, das sy die priesterschafft für ein ampt hand ghebt, nit für
ein wirde oder junckerschafft. Glych als so einer ein burgermeister
ist, so versicht er sin ampt und erkent es ein ampt sin. Das man
aber im eer darzuo enbüt, kumpt da dannen, das er sin ampt recht
versicht. Sobald er das nümmen versicht, wie es gehört, so stoßt
man inn ab; denn so ist er nümme burgermeister. Also ist "ein priester
sin" nüt anders, denn: ein eersamer verkünder sin des worts gottes und
ein wächter zuo dem heil der seelen. Thuot einer das, so kumpt
eerenbietung harnach; thuot er das nit, sol man inn dennen stossen;
so ist er denn nümmen ein priester. Denn wie man eins burgermeister
nüt darff, der nun wölte ein junckher sin und zuo gemeinem fryden
und der grechtigheit uffenthaltung nit wachen, also darff man dero
nüt, die nun darumb priester sind, das sy muotwillind und den

--440--

eerlichen namen tragend. Denn Christus hat die junger ußgeschickt
als botten unnd inen empfelch geben. Welicher noch hüt by tag das
empfelch Christi trülich verhandlet, der ist an der statt der botten
Christi; welcher das nit tuot, ist nit an dero statt, ist nit priester.
Also volgt, das priester sin ein ampt ist, nit ein wirde, und das der
character erst von den mateologis [cf. Tit. 1. 10] erdichtet ist; es sye
denn, das sy sich des characters begeben wellind, mit dem die diener
des untiers bezeichnet werdend apoc. 13 und 14. [Apoc. 13. 16, 14. 9].
Hie widerfichtet nit, das sy von dem ufflegen der henden harin
ziehend 2. Tim. 1. [2. Tim. 1. 6]; denn daselbst redt Paulus von dem
zeichen oder bruch, den die apostel zur selben zyt hattend, das sy
mit ufflegen der henden als mit einem zeichen den helgen geist gabend.
Welichs geben doch nit der apostlen was, sunder des einigen gottes,
wie vor ouch gnuog ist anzeigt; wiewol uns got so früntlich ist, das er
etwan sin werck uns zuoschrybet. Noch denckt er keins unabtilcklichen
characters.
Der zwen und sechtzigst artickel.
Sy erkennet ouch ghein priester, denn die das
wort gottes verkündend.
Ein priester ist, eigenlich ze reden, nüt anders dann ein alter
oder ersamer oder ernsthaffter. Darumb sol man in allen pfarren
oder kilchhörinen die eltesten, züchtigesten, ernsthafftesten ußlesen, als
Paulus lert Ti. 1. [Tit. 1. 5-9]. Daß aber zuo der apostel zyten
act. 6. [Act. 6. 2-5] siben diener erwelt, sind sy darumb nit priester
genempt, sy habind denn das wort gottes verkündet. Das ouch
Paulus 1. Tim. 5. [1. Tim. 5. 17] spricht: Die alten, die ein guot byspil

--441--

spil vortragend, die söllennd zwyvaltigklich begabt werden. Mag ouch
nit bewären, daß keine andre priester syind gewesen denn die
predigenden; denn er redt daselbst von den alten menneren, die von
den kilchhörinen erhalten wurdend. Von denen redt er, das man den
alten noch einest als vil mitteilen sölle, darumb on zwyfel, daß das
alter werlos ist. Er spricht ouch glych daruff [1. Tim. 5. 17]: Vorus
die da arbeitend in dem wort und in der leer. Also laß ich hie gern
priester sin, die by der kilchen lerend, die, so das gotswort verkündend,
die, so die griechisch und hebraisch sprach tollmetschend, die
predgend, die artznend, die die krancken heimsuochen, die, die hilff
und almuosen den armen zuoteilend, die spysend; denn dise stuck
ghörend alle zuo dem wort gottes.
Aber die andren gotsjunckeren erkent ghein götliche geschrifft,
sy sagind, was sy wellind; denn die da redt: Deren got der buch ist
Philipp. 3. [Phil. 3. 19]; sunder sy sind glych als die trenen in den
byekörben, weliche das, so andre mit arbeit überkummend, mit
ruow verzechend.
Der dry und sechtzgost artickel.
Denen heysset sy eer enbieten, das ist: lypliche
narung zuodienen.
Christus erloubt sinen botten, das sy mit denen essind, denen
sy das euangelion verkündind Luc. 10. [Luc. 10. 7]: Im selben huß
wonend, essende und trinckende, das sy üch gebend (ta par auton
[τὰ παρ ̓αὐτῶν]); denn der arbeiter ist sines lons wirdig.
Paulus ist der meinung 1. Cor. 9. [1. Cor. 9. 13-15]: Wüssen ir
nit, daß, die in dem tempel dienend, uß dem tempel eßend? und die
dem altar anhangend, die teilend mit dem altar? Also hat ouch got

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geordnet denen, die das euangelion predgend, von dem euangelio ze
leben, wiewol ich das nit gebrucht hab.
Hie bruchend etlich meßknecht den ersten teil diser glychnus in
iren sack, sprechende: Da sicht man, das wir tempel- und altardiener
von unserem dienst leben mögend.
Antwurt: Lieben meßknechten! Bsehend im den kopff bas; es
ist ein stockfisch; denn der erst teil gadt üch nüt an, sunder ist er
ein erster teil der glychnus, und ist uß dem bruch des alten testaments,
das noch zuo denselben zyten by etlichen Juden gebrucht ward,
ob sy glych gleubig warent, genommen. Diß ist clar an dem wort,
das er darnach spricht "also". Denn welcher redt "also thuo im
ouch", der hat vorhin ein muster oder anbild anzeigt, nit, das er das
anbild damit bewäre oder rueme.
Wie Christus ouch gebrucht hat mit dem anbild des schaffners
[Luc. 16. 1-9], der sich vor und ee er abgestossen wurde, mit den
schuldneren sines herren listiklich und unredlich vertragen hatt. Da
wil Christus nit, das wir ouch unredlich mit unserem nächsten ützid
handlind, sunder wil er: syind die menschen so fürsichtig das lyblich
läben ze erhalten, das sy inen selbs vorbereiten könnind, wo sy blyben
mügind. Vil me söllind die, so des ewigen lebens begirig sind, inen
selbs fürsehen, das sy sich mit zytlichem, zergenglichem guot nit verschuldind,
sunder dasselbig hingebind den armen in sinem namen, so
werdind sy darumb in die ewigen wonungen ze herberg genommen.
Also wil hie Paulus nit leren, das man die meßknecht also
mesten sölle, sunder ist sin meinung: Sehent an die Juden, die ir
gsatzt der zünselwercken noch bruchend (die er darnach imm 10. cap.

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[1. Cor. 10. 18] nempt: die fleischlichen Israel); die haltend es also,
das, die dem altar dienend, vom altar ir narung nemmend. Also (sichstu
hie den andren teil, den er leren und infueren wil!) hat ouch gott verordnet
denen, die das euangelion predigend, das sy davon glebind.
Aber spricht Paulus 1. Tim. 5. [1. Tim. 5. 17], das die priester,
so dem wort und der leer gottes obligend, vor allen zwyvaltigklich
geeret werdind, wie obstat. Aber die feißten, remmlingen wuocherstier
habend die armen arbeitenden ochsen ab dem barmen
gschochen. Bsich die rychen äpt, pröpst, thuomherren, korherren,
so findst du hüpsch ding. Die nemmend den frommen hirten und
wächteren gottes die zehenden und frücht hin, und setzend sy denn
erst den armen buwlüten uff den hals, gebend inen eintweders gar
nüt oder doch so wenig, das man ein suw kum darus möchte mesten.
Was sol dann der arme pfarrer thuon (doch nemmend sölich conditionen
oder verding etwan an, die weder ze soumen noch ze ziehen nüt
söllend)? Er hebt an uff jarzyt, begangnussen, selzedel, bychtgelt,
selgrät, opffer, altar- und kilchwyhe, pettsamlen, meßlesen
sehen, ob er sich in disem gstüd geweiden möchte; denn in die
frücht laßt man inn nit.
Darus sind uns die zünselwerck entsprungen. Die nit arbeitend,
die sind voll. Die arbeitend, wellend sy nit hungers sterben, muessend

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sich lügens begon. Hie ist ein so grosser, schädlicher mißbruch under
den geistlichen, das man ein besunder buoch dörffte darvon schryben;
dann die muotwilligen, feißten pfarren, die glebend irer eignen rechten
nit und trybend sölichen muotwillen mit incorporieren, das inen der
bapst und die bischoff alles gestattend, das got weinen möchte.
Aber, o frommen Christen, erhaltend üwere verkünder des
euangelii one sölche altbuetzerstuck, so werdend iro vil von dem
metzengschefft ston und das luter wort gottes an die hand nemmen;
denn iro vil sprechend: Ach got! Wie sol ich im thuon? Hab ich
das opffer nit, so bin ich verdorben.
Ich sag ouch daby: Wo ein pfarrer nit zimmliche narung hat,
das man im nit allein opfferen, sunder narung geben schuldig ist. Wo
man aber ander gaben hat, sol man den menschen nit das opfren
fürhalten, sam es etwas vermög darumb, das es ein opffer sye; denn
das opfren ist nüt anders denn ein gab den lerenden. Hat man die
on das opfren, sol man die kilchhörinen nit zwyvaltigklich beschwären.
Doch sol man in allen dingen ergernus verhueten und das
werck gottes von der spyß oder zytlichs guots willen nit entledigen
Ro. 14. [Röm. 14. 20].
Diser kundschafften ist gnuog.
Von abstellung der mißbrüchen.
Der vier und sechtzigst artickel.
Alle, so ir irrung erkennend, sol man nüt lassen
engelten, sunder sy imm fryd sterben lassen, unnd
demnach die widem christenlich verordnen.

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Sidtenmal das rych gottes in disem zyt und dört nüt anders ist
denn frommgheit, fryd und freud im heyligen geist Ro. 14. [Röm. 14. 17];
ouch Christus, nachdem er gesiget und von den todten ufferstanden
ist, den sinen den fryden so engstigklich zuo allen malen gewünscht
hat, uns zuo eim byspil, das wir ouch, so wir durch das wort gottes
sigend an allen orten, und der verstossen Christus allenthalb widerumb
ufferstat, frydsam sygind: so zimpt nit, das man ützid mit frävel oder
eignem gwalt undernemm; denn welche das thuond, sind nit Christen,
sunder frävene fyend der leer Christi. Denn aller frävener roub
beschicht nit one uffruor und bewegnus Esa. 9. [Jes. 9. 5]: Welcher
nun mit fräven oder eignem gwalt ützid understat, der hat sich verwegen
uffruor unnd embörung ze machen; der wil die leer Christi
allenthalb verschühen. Denn wo man sicht, das sölch embörung
sölte darus entspringen, da huet man sich darvor als vor gifft.
Ich weiß wol, das Christus spricht: Ich bin nit kummen fryden
ze senden uff 's erdrich, sunder zertrennung Luc. 12. [Luc. 12. 49].
Weiß ich doch daby, das er gseit hat Jo. 16. [Joh. 16. 33]: Dise ding
hab ich mit üch geredt, das ir fryden in mir habind. Der unfryd,
den Christus gebirt, ist nit umb des zytlichen guotts willen, sunder er
ist nüt anderst denn ein schild, wo etlich gefründete uns nit wellend
lassen Christo anhangen. Christus roubt nit, kriegt nit, schlecht
nit ze tod, sunder er lydet ee alle ding, denn er dero keins an d' hand
nemm.
Sprichst: Nun thuond doch das die geistlichen. Antwurt: Es sind
nit geistliche, sunder fleischliche, ja tüfelische menschen; unnd wenn
du thuost, das sy thuond, so bistu inen glych. Darumb sol ein iedes
regiment ernstlich insehen, das die mißbrüch mit ruowen werdind
hingenommen. Denn so man den grösseren teil der geistlichen sicht
unnütz sin, und man den nit mindret mit frydlichem abgang, so wirt
zum letsten die ungeduldt des gmeinen menschen so groß, daß sy ußbricht.
Es sye kein herr so starck, daß er wenen welle, er mög

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darvor sin. Wenn man allenthalb der sach wol bricht wirt, so ist
möglicher, das einer umb ein gantz künigrych kömme, weder das er
die unnützen büch beschirme. Denn was ist ein rych anderst dann
die versamlung aller dero, die darinn wonend? Wenn nun die anderst
gesidt sind weder der Bäpstleren beschirmer, womit wellend sy denn
beschirmen?
Es kumpt nüt darus denn uffruor, ungehorsame und alles übel;
denn ye so mag wider got nieman gefechten.
So man aber mit radt und fryden die sach in d' hand nimpt, so
ist ein ungedultiger mensch ein grusam thier. Ist war. Sobald er aber
sicht, das man götlich und mit vernunfft handlen wil, so zamet er.
So man nun sicht, das in allen capitlen, örden und rodten etlich
der genanten geistlichen dem gotswort gehörig sind, wiewol es des
zytlichen guots halb inen nachteilig ist, so sol man sehen, das dieselbigen
das wort gottes trülich und ernstlich lerind, zuo fryden unnd
ruowen ermanind, und sol daby ein obergheit ernstlich ansehen die
mißbrüch abzethuon. Also mag es mit ruowen beschehen.
Des haben wir ein eigenlich gruntlich byspil act. 15. [Act. 15. 1-21].
Als etlich der Juden, die zuo Christo bekert warend, vermeintend,
man sölte nit allein die zünselwerck des gsatztes, sunder ouch die
beschnydung halten, ist inen Paulus und Barnabas widerstanden,
und hand sölichs ouch ze wüssen thon der gmeind und apostlen zuo
Hierusalem. Die sind eins worden nach vil reden, man sölle nit
essen von den opfren der abgötten, nit bluot weder essen noch vergiessen,
nüt erstickts essen, nit unkünsch sin.
Hie sicht ein ieder wol, das die gemeind zuo Hierusalem etliche
kleine ding nun darumb verbotten hand, damit die beschnydung, opffer
und andre grossen ding wurdind hingenommen.
Klein nenn ich vom abgöttenopffer essen; denn Paulus laßt es
ouch nach, so verr es nieman verergret, und der essend nüt uff dem
opffer noch abgot hat [cf. 1. Cor. 8. 1-8]. - Klein nenn ich bluot
essen; denn das ouch ein jüdisch pott was. - Klein nenn ich

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erstickts essen; denn es ouch ein jüdisch pott was. Und sind die
bede von denen, die uß der Heydenschafft zuo Christo bekert sind,
nie gehalten. Aber den Juden sind sy nachggeben zuo merem fryden.
Also thuot man noch hüt by tag recht und christenlich, so man den
verwenten geistlichen umb frydens willen nachgibt, das man sy laßt
sterben, wie sy har sind kummen, unnd versicht aber in künfftigem,
das der mißbruch nümmen erwachsen mag.
Hie muessen wir von concilien anzeigen; denn die Bäpstler
disem ort uff ire concilia bochend. Und ist aber diß ort wider iren
tant in all weg.
Zum ersten hat Petrus [Act. 15. 7-11] hie geredt, das man got
versuoche, so man das joch der ceremonien uff die Christen lege.
Zum andren so hat Jacob [Act. 15. 13-21] glych so fry under der
gemeind geredet als Petrus.
Zum dritten, das Petrus gheinen wercken nüt zuogibt, sunder
alles der gnad Jesu Christi zuoschrybt, und gedenckt er in siner red
nit des abgötopfers, des bluotessens, des erstickten. Aber Jacob fuert
es erst yn, weliches gar wider den bapst ist. Denn hette Petrus
under den Christen den gwalt gehebt, den im die Bäpstler gebend,
so hette sin radt muessen das mer werden, ja er hette inn geheissen
halten; aber er hatt nit gesiget. Darumb sicht man wol, das er sölichen
gwalt nit ghebt hat.
Zum vierden, das nit die apostel allein sölch antwurt ggeben
habend, als ietz die hohen bischoff thuond, sunder das es für die gantzen
gmeind bracht ist. Darus volget, das ein iede kilchhöre selbs umb
die ding, die infallend und wider das wort gottes sind, hinlegen mag.
Zum fünfften, daß die gmeind zuo Hierusalem andren gemeinden
nüts ze gebieten hatt, und das die 3. gebott nun ein frydlicher radt,
nit gebott sind. Denn sy sprechend nit: Wir gebietend, sunder: So ir
die ding haltend, werdend ir wol thuon. Daran man eigenlich sicht,
das sy söliche ding nun darumb geradten hand, das sy die zanggigen
Juden mit den Heyden frydsam machtind; denn dise ding sind gar
abggangen. Man ißt von abgötopffer nüt me under den Christen;
denn man opfret inen nümmen; aber bluot und ersticktes ißt man.

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Von concilien redent die gelerten bäpstlicher rechten me denn die
frösch imm bach: Wer das berueffen mög, wer der obrest darinn sye,
ob es irren mög, ob alle welt schuldig sye ze halten, das es beschlüßt,
ob ir urteil als styff gehalten werden muoß als das euangelium etc.
Und ietz zuo disen zyten, so sy sehend, das inen der seyten abgat, so
schryend sy: Wer dörffte ützid lassen abgon on ein concilium? Man
wird in einem jar ein concilium halten.
Antwurt für das erst: Wer hat üch ie empfolht ein concilium
ze halten für üch selbs on die gmeind? Wenn aber ir ein concilium
unden uff anhebend von den gemeinden hin bis an die heupter,
und demnach nützid anders darinn handlend denn von weltlichen
menschlichen hendlen, und vast wol eins werdend, so wellend wir fro
sin, das man ein concilium halte. Aber das ir bochbischoff üch
zemmenrodtind und erkennind wider das wort gottes, als offt beschehen
ist, und das wort gottes nach üwerem gevallen gwaltsamind, das wirt
got nit gestatten.
Für das ander, so hand vast alle Bäpstler ein zyt har iren eyd
gehalten, als got wol weißt, der concilien halb syd dem concilio zuo
Basel; und verheissend für und für concilia und besamlend doch
gheins; und ob sy es schon besamletind, so wurdind, als ich sorg, die
concilia gfarw wie die vordrigen.
Hierumb so ist conciliums gnuog in aller welt die luter leer
Christi, die sich als heiter harfür thuot als in 1300. jaren ye. Denn
ob man glych concilia hielt und darinn erkante etwas, das wider das
wort Christi wäre, wurde es nit gehalten. Da sy aber sprechend:
Wer wil die spen entscheiden, die uff den hütigen tag sind? Antwurt:

--449--

Das wort gottes, sust kein andrer richter. Byspil: Die meß wirt
von den Bäpstleren für ein opffer verkoufft. Die der leer Christi
anhangend, lassend es nit ein opffer sin. Hie sprechend sy: Darinn
muoß etwar entscheiden. Antwurt: Ja! Das einig wort gottes muoß
darinn entscheiden. Du wilt die meß für ein opffer han; das muostu
mit dem wort gottes bewären. Sich denn, wie du standist: wie ein
bock vor einem metzger. So hebstu an schryen: Die vätter hand es
darfür. Ich sag dir: Nit von vätteren noch vonn mueteren; es muoß
mit dem wort gottes erfunden werden.
Also, frommen Christen, darff man keins conciliums denn allein
des lutren worts gottes. In dem werdend alle ding heiter und clar.
Denn so bald man das zwingen wil, so werdend alle getrüwen diener
gottes die hut daran binden, und werdend es fry nach sinem gang
und natur predigen. Got geb, was bäpst, keyser, bischoff und küng
sagen werdind; denn so würdt der letste präst grösser denn der erste
[Matth. 12. 45]. Sicht man nit, wie das wort gottes an allen orten überhand
hat und unüberwunden blybt? Uff concilia schryen ist nüt
anderst denn darum schryen, dass das wort gottes widrumb ingethon
werde unnd in der bochbischoffen gwalt gfangen gelegt.
Darumb sol ein iede oberkeit für sich selbs, das sich zuo fryden
und ruowen zücht, mit got verhandlen und die ungemässen zal der
geistlichen recht messen.
und demnach die widem christenlich verordnen.
Hie gruset den einvaltigen ab, das sy meinend, es zimme inen
nit ieman sinen letsten willen ze endren; darinn aber so ein grosser
schalck steckt als in den andren mißbrüchen. Sich, was hand die
angesehen, die pfruonden gstifft hand? Nüt anders, dann das sy falsch

--450--

gelert sind, die meß sye ein opffer. Und soltend aber sy ir hab, die
sy daran ggeben hand, den armen ußgeteilt han. So man nun des
betrugs innen wirdt, also, das die meß nit ein opffer ist, sunder ein
spyß des, der sy mit glouben unnd geistlichem hunger ißt, so ist
wäger, man verwende das guot an die armen, weder das man die unnützen
büch darus erziehe, doch nach irem abgang.
Hie schryend sy aber: Sich, also understond sy die testament
und gmächt und letsten willen abzethuon. Antwurt: Hie ligt der
schalck hinder dem hag. Hat nit ein iedes regiment ir recht und
bruch, wie man gmächt machen sol? Wer redet in die erbgmächt?
Wer wil die felschen anderst? Dann ir Bäpstler hand sy me gefelscht
denn sust ieman; denn ir hand üch mit dem letsten willen ingeflickt,
das man üch ggeben hat, das aber andren rechten erben
gehört, und hand das mit üwrem glychßnen und falscher leer gethon.
Also, das die weltlichen für ein recht hand, das hand ir für
ein götlich recht gemacht. Der letst will hat gheinen grund in der
götlichen gschrifft, der gstalt ir inn bruchend. Ir hand inn aber uß
den weltlichen rechten genommen und sind damit an die kantzlen
gstanden, wie sünd es sye, dem menschen sinen letsten willen ze
brechen. Welchs nun war ist, so vil der letste will von eim regiment
als styff gehalten wirdt als ein testament. So aber dasselb an vil
enden nit gebrüchig ist, sunder was nit mit gemächten uffgericht,
wirdt nit gehalten. Was hand ir an denselben orten dörffen von dem
letsten willen sagen? Nun gieng er doch üch nüt an.
Hie sprechend ir: Es begibt sich offt, das einer unfertig guot
behalt bis an sinen tod. Denn so heißt er es erst wider geben oder
den armen. Antwurt: Da soltend ir im ouch nit anderst gethon haben,
denn gsagt haben: Das gehört dahin, das dörthin, wie dann davor
geredt ist von unfertigem guot. Ir hand aber uß dem radt ein eigen
recht gemacht: den letsten willen, und hand daby den letsten willen
gefelscht. Solt man das unfertig guot den armen oder widergeben,
warumb hand ir's dann gheissen ann tempel, üwre klöster, pfruonden,

--451--

vigilgen, meßlesen etc. geben, deß ir dheinen grund uß dem wort
gottes nit hattend? Denn was es der armen und rechten besitzeren,
warumb hand ir 's inen gstolen? Sich, hie findt man die rechten
testamentfelscher, die by dem, das sy fürggeben hand, es beschehe
in guotem zuo heil der menschenselen, iren gyt underschoben hand.
Aber, sprechend sy, ob aber einer uß sinem fryen willen guot an
sinem letsten zyt uns gibt, solt uns das nit zimmen ze nemmen?
Antwurt: Nein! Dann du soltest dem gebenden ein recht christenlichen
verstand fürggeben haben, der gstalt: Du solt ein zytlich guot
nit für din haben; du bist nun ein schaffner darüber. Du solt es
under die armen teilen, das ist got gevellig; und solt nit denen geben,
die nit mangel hand. Du sichst, das man sölche gueter offt nun zuo
hochfart und gspey in den templen brucht, ob es glych so wol gadt,
das man es nit uppigklich vermuotwillet. Hierumb hat got geheissen
den armen geben etc. Darumb thuo im ouch also.
Darumb sol im niemman lassen grusen, ob er widrumb an
christenlichen nutz der armen kert, das bißhar mißbrucht ist. Dann
werend die widrumb hie, die es unwüssenlich an die büch verordnet
hand, sy wurdind es inen widerumb uß den henden ryssen. Hie sol
ouch ghein besundrer hand anlegen; denn welicher das thäte, der
wäre ein dieb oder reuber. Aber ein obergheit sol warten, bis die
widem on einen bsitzer sind, und denn mit got verwalten. Damit
wirt gmeine grechtigheit ghalten und nieman zuo argem ingefuert.
Der fünff und sechtzigst artickel.
Die sich nit erkennen wellend, wirt got wol
mit inen handlen. Darumb man mit iren lyben gheinen
gewalt fürnemmen sol, es wäre dann, das sy so
ungestaltiklich fuerind, das man des nit embären
möcht.

--452--

Disen artickel hab ich darumb gsetzt, das man erlerne, das got
sin leer nit mit waffen wil fürbringen; denn er gesprochen hat zuo
Petro [Matth. 26. 52]: Steck yn! Alle, die mit dem schwert fechtend,
werdend mit dem schwert umbkummen. Denn es stuende übel, das
man an den fyenden des worts gottes schulte, das sy mit gwalt und
nit mit verhören der gschrifft handlen wellend, und man demnach inen
glych wurde. Man sol sich allein des worts gottes halten, das allein
fürbringen; es wirdt wol würcken; denn Christus wirt sinen fyend,
den Antchrist, mit dem atem sines munds umbringen 2. Thess. 2.
[2. Thess. 2. 8]. Durchächtet man uns darumb, söllend wir alle ding
ee lyden, denn wir uns darvon lassind tringen; und sol sich ghein
bsunderer nit rechen. Aber die oberkeit, die sol die fyend gottes
heissen schwygen, doch erst, nachdem sy sehend, das sy die warheit
nit widerfechten mögend und dennocht wellend die leer gottes hindren
mit zemmenkuchen, uffruoren, undertragen.
Denn leider vil dero sind, denen todschleg, vergifften, verraten
nit ze vil wär, wenn sy nun der hut nit forchtind. Wo man dieselben
mit ruowen abstellen mag, sol man ernstlich darzuo thuon; denn
sy söllend nit mit denen künsten fechten, sunder mit der gschrifft.
Dann so man inen sölichs gestattete, wurdind sy die gantzen welt in
unfrid bringen. Sy stellend daruf; darumb verhuete sich ein ieder.
Es redend iro etlich ouch so schmächlich von der gschrifft, von got,
von der warheit, das guot wäre, man beschlusse iren etlichen die müler,
so sy doch gar nüt uß der gschrifft vermögend, und doch darwider
bellen wellen; und das alles nit mit gwalt, sunder das man sy nach
verhören irer unwüssenheit fürhin hiesse lernen schwigen nach pytagorischen
sitten.

--453--

Der sechs und sechtzigst artickel.
Es söllend alle geistlich fürgesetzten sich
ylentz niderlassen und das einig krütz Christi,
nit die kisten, uffrichten, oder aber sy gond umb.
Die ax stat am boum [cf. Matth. 3. 10].
Diß ist ein früntliche vermanung, das man den zangg verlasse
und sich dem krütz Christi ergebe, das ist: demuetige, und dem wort
Christi ob allen dingen glouben geb und nit von tag zuo tag sich mit
nüwen lügen stercke; denn der sich damit sterckt, der würdt in die
harr nit endtrünnen proverb. 19. [Prov. 19. 5]. Es hilfft hie ghein
gwalt. Es hilfft nit reden: die fürsten nemmend doch das wort gottes
nit an; denn sy habend 's all weg den merenteil zum letsten angenommen;
und wachßt die leer gottes nit von den hohen höupteren
herab, sunder von den kleinen verschmächten wachßt es bis an die
höupter, damit man die stercke des worts erkenne, das die hohen
bochenden gwaltigen nit hand mögen darvon sin, sunder sind mitt irer
schmach überwunden, damit die götlich wyßheit und krafft erschine.
Es wirdt hie nit helffen gelt ußgeben und widrumb mit ablas erbetlen;
man ist der sach innen worden; man gibt nüt me darumb.
Die ax stat am boum nach dem wort Ioannis Mat. 3. [Matth.
3. 10], das ist: Wo das liecht kumpt, da flücht die finsternus; wo
die warheit, da flücht die luge; wo sich got uffthuot, da muoß der tüfel
wychen; wo das wort gottes, das sich nit falsch glysset, sich uffthuot,
da muoß die glychßnery wychen. Darumb tröwt nun das wort gottes
allen glychßneren. Denn wo das erlernet wirdt, da wirdt ie der
senfftest der wuetendest die glychßnery ze vertryben. Und ob man sich
ein zytlin erweret, wirt man doch in d'harr nit endtrünnen. Und
hab diß wort nit uff den sündfluß geredt (als etlich vermeint), den

--454--

nieman fürchten sol, sunder sprechen: Herr, din will beschech! Denn
ich den nit fürcht, noch gloub also werden, als die sternenzeller fürgebend;
denn sy bißhar vast nebend der sach hin gefaren sind. Wenn
sy von kalt sagend, so wil man von hitz ersticken; wenn man von
werme sagt, so muoß man by den brenden sitzen. Hoff, sy werdend
es aber also treffen und erlernen, das got herr ist.
Der siben und sechtzigest artickel.
Ob ieman begerte, gespräch mit mir ze haben von
zinsen, zehenden, von ungetoufften kindlinen, von
der firmung, enbüt ich mich willig ze antwurten.
Hie hab ich von zinsen wellen reden uß der ler Christi, ob sy
mit got mögind gekoufft werden, unnd ob sy ein früchtkouff sygind
oder nitt. Unnd hab nitt wellen bewären (denn es gheinem möglich
ist!) noch reden, daß man dem zinßkeuffer den zins nit sölle geben,
sunder all die wyl ein oberkeit wuochrer duldet, so ist der schuldig
den wuocher ze bezalen, der inn uff sich nimpt; vil me, der zins uff
sich geladen hat. Ich hab aber hie den frommen conscientzen wellen
anzeigen, wie sy sich in dem zinskouff möchtind halten, das sy got
nit so übel erzurntind.
Von zehenden, die der leyen sind unnd aber vonn leyen harkummend,
nit von den kilchen erkoufft sind, hab ich mich nüts
wellen annemmen. Denn dieselben kummend dahar, das der gantz
boden etwan ir eigen gesin ist, und habend den umb den zehenden
verlihen und umb die eigenschafft, also das, welcher uff demselbigen
sich nart und wonet, eigen ward, zuo dem, das er den zehenden gab.
Aber von der gotshüseren oder der kilchen zehenden wegen hab
ich wellen antwurt geben, ob man sy uß götlichem oder menschlichem

--455--

rechten schuldig sye; daby wellen anzeigen die grossen mißbrüch der
zehenden, damitt den armen wächteren ir narung, die inen genommen
und mit gwalt entzogen ist, widrumb wurde, nit die gantz summ,
sunder ein eerliche, zimmliche narung. Dann iro vil sind, die
sprechend: Sol ich die warheit sagen, so muoß ich an 'n bettelstab
kummen. Und hab sölichs nit von min selbs wegen wellen thuon, als
mir etlich zuomessend on die warheit. Ich vernueg mich von den
genaden gottes mit wenig so wol, das ich verzügt wil han: wo ich
iemer erfunden wurde me begeren weder mines lybs narung und
zimmliche noturfft erfordret, das man mir denn fürhin ghein zuoschub
thuege. Wiewol ich darumb ouch nit sorgveltig bin, noch all min tag
ie gesin bin, und weiß, das ich gheins lasters äniger bin denn des
gyts - got sye lob! -; denn die gantz welt möchte dem gytigen
nit gnuog thuon. Also schry ich nun von der armen blöden pfarreren
wegen, damit sy nit ewiklich mit erdichten fablen, wie sant Wendeli
der schaffen ghuet habe, sich neren muessind, sunder das luter wort
gottes an die hand nemmind.
Von ungetoufften kindlinen hab ich etwann gepredget: es sy gloublicher,
daß sy nit verdampt werdind, weder das sy verdampt werdind.
Darumb habend mich die kappenzipfler wellen fressen. Doch hab
ich all weg inen ein bollwerck fürgehabt, darüber sy nit hand mögen
kummen. Denn ich hie allein geredt hab von den kindlinen, die von
christlichen vatter und muoter geborn sind; ouch daby allein geredt:
es sye gloublicher; und hab nit gredt: es sye sicher also, daß
sy sälig werdind; denn die urteil gottes sind uns unbekant. Und sind
aber etliche frävener so ungschickt, das sy die armen menschen,
nachdem inen ein sölcher unfal ze handen ggangen, erst mit verschupffen

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kümrend; lassend sy ire kindle nit in iren gewychten
kilchhof legen, unnd straffend sy mit offner schand und buoß, und
urteilend erst über das urteil gottes.
Nun hab ich von den dryen stucken hie ouch nit wellen sagen
allein uß der ursach, das sich der handel sust lang ußgezogen hat
und aber zyt ist, das ich dennocht zum letsten höre.
Also syge es ietz uß.
Entschuldung und bezügen.
Ich mag wol gdencken, das min sträfflich red vilen treffenlich
mißvallen wirdt, doch denen allein, die ghein straff erlyden wellend,
beßrend aber darnebend sich nit umb ein har und gebend umb das
wort gottes als vil, als die jüdischen pfaffen und Phariseer umb
Christus ler gaben. Dero eigenköpffige unwüssenheit und hochbochen
nimpt ein ieden schrybenden hin, nachdem er befindt die
edlen, heilsamen leer Christi und ordnung so unverschampt hingelegt
werden unnd verachtet, das er one treffenlichen zorn und undanck
über die gotlosen nit sin mag. Also ist mir vilicht ouch beschehen.
Doch bedunckt mich, das die widersecher Christi, die sich weder
biegen noch bschnyden wellend lassen, sunder got schmähend on
underlaß, noch nie, als sy wol wirdig wärend, angeruert sygind. Ob
aber ieman meinte, im in diser gschrifft ze kurtz beschehen sin, mag
mir das anzeygen. Erfindet sich denn, das ich ieman ze nach oder
gnaw geredt hab, wil ich gern verbeßren. Denn so wenig ich wil,
das man der leer Christi gwalt thueg, so wenig wil ich, ob got wil,
mit dero ouch ieman gwalt zuofuegen.

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Aber der meinungen halb, so hierinn begriffen sind, bezüg ich
vor got und unserem herren Jesu Christo, das ich dise meinungen
darumb hab sölcher maß, wie wol gesehen wirdt, gehandlet, das ich
die gschrifft der meinung sin funden hab, und mich nit lassen gheines
menschen tant oder meinung irren, so bald ich gsehen hab, das got
ein anders geredt hatt.
Und ob ich an dem sinn der götlichen gschrifft geirrt hette und
sich das mit der gschrifft erfunde an einem oder andren ort, daran
die bewärnus läge, enbüt ich mich bericht lassen werden, doch nit
mit menschen leren oder satzungen, sunder mit der gschrifft, die
theopneustos [θεόπνευστος], das ist: von got ingsprochen, heißt. Ouch
sol man mir den verstand der gschrifft nit mit vätteren, sunder mit
der selbs gschrifft bewysen. Denn ich mich ouch enbüt, die duncklen
gschrifft nit uß minem kopff mit unnützem gschwetz ze bewären,
sunder den sinn, den ich uß der geschrifft darbring, den wil ich mit
der geschrifft bewären, und muoß die gschrifft min und aller menschen
richter sin unnd der mensch nit richter über das wort gottes, in hoffnung,
Christus, der die warheit ist, werde sin wort nit lassen undertruckt
werden, sunder den schyn siner gnad und eeren uns armen
sündren ie mee unnd me durch es offnen. Dem sye mit dem vatter
und heilgem geist, einem gott, lob, eer und danck geseit in die
ewigheit! Amen!