Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Entwurf zur Antwort auf des Papsts Schreiben vom 11. Dez. 1525

(Ende 1525/Anfang 1526)
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 4 (Leipzig: Heinsius, 1927) (Corpus Reformatorum 91)


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[Entwurf zur Antwort auf des Papsts Schreiben
vom 11. Dezember 1525.]
[Seite 1] Aller heilgister vatter, fürst und her, mit sondrer begird
zuo küssen uwer heiligkeit fueß etc.
Alß wir mit unserm bevelch Joachim, unsern schriber, zuo
uwer heiligkeit abgfertiget in hoffnung, die wurde unß, angesehen die
trüwen, redlichen dienst, durch die uwer heiligkeit so mercklicher
frommen zuogestelt ist, one alle hindrung frünttlich und güttlich bezalen.
Und so wir dero wartent sind, kumpt unß uwer heiligkeit
gschrifft, die unß vil anders dargibt, weder die sach - unsers verstandß
- an ir selbs ist. Daruß wir ermessen muessen, daß böß
zungen unß unbillich verclagend und zuo verleiden understand; dann
wir von der heilgen cristenlichen kilchen niendert abgetretten, nach
von keinen kätzern ienen verwisen sind. Daß wort Cristi mag nit
liegen, da er spricht: "Mine schaff hörent min stym" [Joh. 10. 27].
So wir nun nüt costlichers schetzent, nach kein anders annemend
weder daß wort Cristi, wirt, ob gott wil, offenbar, daß wir der schaffen
und kilchen Cristi sind und unß da dannen nieman ryssen mag, alß
Cristus selbs by den vordrigen worten spricht [Joh. 10. 27f.]: "Ich
bekenn mine schaff. Die volgind mir nach, und ich geb inen daß
ewig leben. Und nieman wirt sy uß miner hand rouben." So ist ouch
uß uwer heiligkeit rechten offenbar, daß keiner ein ketzer ist, dann
der überwunden ist und dannocht nit vom irsal wichen wil. So
nun, aller heilgister vatter, unser predicanten uff vil zalbarlich erbieten
sich, wo sy irtend, ze wysen lassen, nit überwunden sind

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[Seite 2] einicherley unwarheit oder irthums, thuot man inen und unß
vor uwer heiligkeit gwalt, daß man sy kätzert, und unß mit inen verleidet,
alß ob wir uff sy glouben satztend, die wir aber nit uff ir sag
oder red unß gründent, sonder uff gottes wort, daß sy unß verkündent,
darmit wir unß kurtzlich gegen uwer heiligkeit hoffent veranttwurt sin
der beden aller schwäristen schmachreden, die man unß by uwer heiligkeit
zuolegt. Ob aber glych söllichß also were, daß got nit wöll nach uwer
heiligkeit, die on tzwyfel aller höchste fröd hat, wo man dem wort
Cristi, deß verweserin sy gehalten wirt, zum aller thüristen anhanget,
solte sich dannocht uwer heiligkeit söllicher ußzügen also nit annemen;
dann wir ouch keinen ußzug gsuocht, obglych ettwaß vom appostolischen
stuol unß gethan waß, ee wir den zug leistetend; damit man nit uwer
heiligkeit verdencken möcht, sy wölte unß mit dem, alß ob wir von
warem, cristenlichem glouben gfallen werent, bezalen, v#.oruß so wir
mit sollichem ernst und eeren dero türe anders, dann unß der vereinung
buochstab hat mögen tzwingen, zuogezogen sind, daruß unß ein
schwarlicher ungunst gegen frömbden und verpüntten völckern,
insonders unsern getrüwen, lieben Eidgnossen erwachsen ist.
Wir hoffen nit, daß uwer heiligkeit solliche uberschwenckliche
trüw, in grosser not erzeigt, mit untrüw wydergelte, so doch ein ieder
[Seite 3] frommer man ouch sinem fygend glouben halten sol. Dann
daß mögen wir nit lassen ein ußzug sin, daß wir merckent gegen
uwer heiligkeit undertragen sin, alß die meint, eß gezyme sich nit,
abgefalnen sölliche guottat ze thuon; dann by unß daß ewangelium ietz
glych geprediget wirt, daß ouch prediget ward, ee wir dem apostolischen

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stuol sollichen schwären zug zuosagten, alß die erwirdigen cardinal von
Sytten loblicher gedechtnuß, die bischoff von Pistory und Verulan
wol wissent. Ja, eß ward dozemal trungenlicher herfürgetragen, so vil
den mischen stuol antraff, dann ietz, und dem zug, den wir nüt deß
weniger tattend, träffenlich wydersprochen. Noch wolten wir den punt
und glouben halten, wiewol wir eben den glouben und ewangelium
hattent, daß wir noch habend. Nach wurdend wir, do man unser
dorfft, nit abgefalnen oder abtrünige gescholten, sonders mit hochen
titteln geprisen. So man unß aber ietz nach langer duld und wartung
bezalen sol, wirt unbillich herfürzogen, deß man nit gedacht in der nott.
Darumb wir söllichß nit für ein ußzug rechnen noch erhalten mögen,
wo uwer heiligkeit uff söllichem fürzug blyben wölte.
Aber deß gesprächß oder deß gloubens underwysung halb möcht
unß wundren, wen uwer heiligkeit unß verdenken solte, alß ob wir
unser predicanten nit wolten anttwurt geben lassen, die sich ettwan
so fry habent an frombde ort erbotten, daß wir inen sollichß abgeschlagen
uß denen ursachen, daß [Seite 4] sich vormalen der romische
stuol ouch enbotten hat, glert lüt zuo unß in unser stat ze schicken, und
daß unß nachteilig sin wolt, wo wir sy anderschwohin hettind lassen
vertadingen.
Hierumb und uff diß alles ist abermalen unser gar ernstlich pitt
und beger, uwer heiligkeit wölle ansehen den grossen, schwären, gfarlichen,

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aber redlichen, erlichen, getrüwen dienst, den wir bäpstlichem
stuol, gar nach unsern stand der stat und landß hindangesetzt, gethon
habent, bezalung thuon on wytern verzug; dann wir nun mer gnuog
gebeittet habent. Wo unß och bezalung ie sölte abgeschlagen werden,
mag uwer heiligkeit wol ermessen, daß wir villicht genöttet wurden
ettwas fürzenemen mit den verpfentten stetten Parmen und Placentz,
dardurch wir benuegt wurdent. Die zyt sind nit al weg in einem
stand; verwandlungen beschehen alle stund. Bapst Julius säliger gedechtnuß
trowt uff ein zyt gmeiner Eidgnoschafft: wo im die nit
hielte, wölte er die capitel und vereinung in alle welt senden und anzögen,
wie wir an im glouben geprochen hetten. Waß söltent nun wir
thuon, die romischen stuol für und nit hinder gehalten habent, so ver
unß der nit bezalung thuon wolte?
Diß zögent wir uwer heiligkeit nit sollicher gstalt an, daß wir
nachmaln söllichß fürnemens syent; dann wir ungetzwyfelt sind, uwer
heiligkeit werde unß mit frunttlicher, guotter bezalung abfertigen. Uwer
heiligkeit wollent wir ouch mit trüwen ermant haben, die wölle nüt uff
die hoffnungen setzen, die iro von unsern wyderwertigen [Seite 7]
durch faltsch practiken möchten furgeben werden, dann wir können
von der schuld nit wychen, die wir so thür verdient habent. Eß
kumpt ettwan zyt der bezalung. Wo aber uwer heiligkeit unß bezalung
thuott, wöllen wir zuo dem, daß wir lang gebeittet, mit höchstem
danck bekennen, und, ob got wil, in künfftiger zyt mit undertaniger

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früntschafft und dienst erzögen, daß wir nit allein dem heilgen stuol
zuo Rom, sonder einem iettlichen halten wöllen, darumb wir im
pflichtig sind, und unß von der einikeit cristenlicher kilchen nit
lassen schrentzen.