Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Entwurf zu einer Entgegnung auf die Schrift der Täufer

1527 oder 1528
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 6.1 (Zürich: Berichthaus, 1961) (Corpus Reformatorum 93.1)


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[Entwurf zu einer Entgegnung auf die Schrift eines Täufers.]
[1.] Dise töuffer irrend erstlich, ja sy irrend nit, sunder blendend
die einvaltigen, so sy etliche laster, welcher sy vermeinend los sin,
der obergheit nachlassend ze straffen und aber die uslassend, die ouch
Rom. 1 und 1. Cor. 6 bestimpt sind, in denen sy für andre menschen
sträfflich sind, über die ein obergheit glych als wol ufsehen und straffen
sol, als über die von inen zellt werdend. Und so sy die usgelassen,
in denen sy so offenlich behaft, ist der handel überal guot ze erkennen,
das si nun mit verfueren der einvaltigen und rotten umgond.
Und sind diss die stuck, die Rom. 1 von inen sind usgelassen: Hass,
zangg, zemenkuchen, wider- oder übelreder, hochfertig, hochmuetig,
vatter und muoter unghorsam, unverstendig, unzüchtig, unfrüntlich,

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unhaltend der pündtnussen. Und 1. Cor. 6 habend sy die schentzeler
usgelassen; dann man eigenlich sicht, dass sy us der ler Pauli
genomen habend, das sy hie so bluemt fürspennend. Und sind aber
sy mit hass ze vil vermengt und zangg, das den alle menschen spüren
mögend. Zemenkuchen ist inen gemein, dann sy eigen radtschleg zemen
habend und verstend, die nerend si mit gschrift und botschaften
für und für; widerredend allem, das man tuot, gottes wort und
des regiments halb; übelredend allen menschen, die sich ir verfuernus
nit wellend annemen; sind hochfertig und hochmuetig, dann sy sich
on alle fürwort für frömmer denn andre menschen usgebend; sind
vatter und muoter unghorsam, da sy glych von inen zimmliche ding
geheissen werdend, nemend si uszüg mit dem geist, als die nit wolt
vatter und muoter helffen höwen; unverstendig, dann sy so offt wol
und recht us gottes wort underricht sind, das ir widertouffen ein
valsch ist, noch wellend sy sich nit lassen wysen; unzüchtig, als sy
wol bewyst uff dem rathus und mit dem küssmeytlin; unfrüntlich,
als ir etlich wyb und kind habend ratlos lassen sitzen und sind sy von
inen zogen, und das one not und erfordrung gottes, da doch die unvernünftigen

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tier ire jungen und gmahel also nit verlassend; unhaltend
der püntnussen, dann was si ye und ye in byfangen und gevaren oder
fry verheissen, habend sy gheins [S.2] nie gehalten und sind doch an
ghein letsten noot nie komen; und schentzelens, ja offenen schmähens
one fürwort ins angsicht hinyn, habend sy zuo gheiner zyt ieman, er sye
hoch oder nider, erlassen. Da sähe nun ein yeder frommer zuo, ob sy
unsträfflich sygind oder nit. Und ob man glych des uppigen frävels,
so sy mit den geistlichen een, die sy nit allein mit dochtren, sunder
ouch mit eefrowen muotwilliklich gebrucht, und ze sorgen, das sy

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noch nit darvon lassind, dann sy glych noch fleisch und bluot sind, als
vor, ja, so man glych dero geschwygt, und des iämerlichen todschlags
by Sant Gallen, und des fräfnen zwytrachts, damit sy
Waldshuot in iren val gebracht habend, denocht habend sy so vil
untugend und lätzer wys an inen, dass sy vil sträflicher sind, dann
ouch die gemeinen sundigen menschen, dass ein wunder ist, das sy
sich gdörend unsträfflich nennen.
[2.] Da sy aber nit wellend gesehen sin, sam sy der obergheit
yenen unghorsam oder zewider syend, zeigt ir leer offenlich das
widerspil an; sy redend, es mög ghein christenman ein obrer sin,
und tribend sölchs mit verharrlicher ler wider alles wort gottes.
Und ein christ söll gheinen eyd schweren, und so sy das allein under
christenem volk redend, ist ghein kind so einvaltig, es merckt, das die
ir ler zuo abtuon der obergheit reicht; denn sol ghein christ ein obrer
under den christen sin, so mag ye under den christen ghein obergheit
sin, sy wellind dann unglöibig und Türggen darzuo verdingen.
Zuodem ist der eyd ein knopf aller obergheit, und so sy den ouch

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dennen tuond, wellend sy die obergheit gar entledigen. Und zum
letsten behusend und behofend sy für all andre, die in der töiffersect
die wätterfuerer sind, on underlass, als ouch in diser irer gschrifft
eigenlich vermerckt wirt, das sy von einem, der guot ze erraten, und
von gheinem amptman in Grüenigen geschriben ist.
[3.] Da sy sich aber der secten entschuldigend, trechend sy ab
inen, das sy gheinen eyd zemen geton. Daran ligt nüt; [S. 3] wenn uss
irem zemenkuchen und offenlich wider die obergheit leren das volget,
das uss zemenschweren volget, so ligt nit dran, sy schwerind zemen

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oder nit; dann zemenschweren in übler sach und dem schweren nit
nachgon, ist minder schädlich, weder nit zemenschweren und aber
uff üble ding gon.
[4.] Da sy aber redend, soverr man secten wölte nemen für der
christen anhang und gemeind, als Act. 24 und 28, so möcht es dess
bas erlidten werden, zeigend sy aber ir unwüssenheit an; dann zuo
eim so ist offembar: wo man christlichen anhang ein sect nennet, das
in der sect alle christen sind; worumb sündrend sich denn von andren
christen die töiffer? Aber sy wellend under christenem volk einen
besunderen anhang haben, darumb ist ir zemenkuchen ein sect und
nit ein gemeind einer christlichen kilchen. Warumb sehend sy nit bas
uff die wort Pauli, die Act. 24 stond? So sähind sy wol, das sy ein
sect oder rott sind. Dann Paulus verantwurt sich also: Sy habend
mich nit funden mit iemannem zanggen oder ein zemenglöuff des
volcks machen. So nun sy mit den frommen, wol vereinbarten kilchen
zanggend und gheinem underricht der warheyt wychend und sich
gemeinß zemenkomens nit vernuegend, sunder besundre zemengstend
und -glöiff ouch by nacht und nebel haltend, wirt offembar,
das sy ouch nach den worten Pauli ufruorend. Dann sind wir
christen ein kilch und ein iede besundre kilch ouch ein kilch, warumb
sundrend sy sich von der gantzenn und von den sundren gemeinden?
Sind sy frömmer denn ander, so zeigind an, wo es einem christen zuostand,
sich von dem andren ze sündren drumb, das er besser sye; dann welcher

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ist der best? oder wo hatt es Christus oder die apostel geton? es sye
dann in den offnen lastren; die werdend aber von der obergheit gestraft.
Und wo sy glych nit gestraft wurdind, habend die töiffer böser
lastren gnuog, das sy wol wettstrichen möchtind mit menklichem.
Aber es bedarff des schirms nit, sunder alldiewil ein kilch glych ein
offen laster duldete, söllend sy darumb [S. 4] sich nit sündren; dann
sy habend dess ghein ler noch byspil, und die gschrift, die sy dahar
zühend, hatt den sinn nit. Das wirt mit dem bewert, der zuo Corintho
nit gebannet ward in einem gar wuesten laster, noch sündret sich
darumb nieman; ouch die Chloes xind warend, 1. Cor. 1., sündret
sich nit drumb, das in der kilchen was, das sy verlatzt. Drumb ist ir
anhang ein sect und rott under christenem volck und ghein kilch.
[5.] Zünft, gselschaften, wachten, vierteil, tagwan, oder
was abteilungen in den stetten, landen und völckeren, sind mit guoter vortrachtung
also verordnet, umb besserer ordnung und nit umb suffens
und muotwillens wegen, als sy wellend fürgeben. Wo aber hieby

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zimmlich gelebt wirt, ist nit wider gott; wo das nit, so sol dasselb
ein obergheit straffen. Also söllend sich die töiffer der erlichen abteilungen
und ordnungen halten und nit nüwe machen; denn das inen
ir zemenkuchen und -schlieffen sölte nachgelassen werden, wär nütz
weder secten und rotten nachlassen und zwispalt in ieder kilchen.
[6.] Da sy nun sagend, ir zemenkomen sye nun umb bessrung
willen, das sy einander von lastrend ziehind, ist ein farw; denn sy
mögend mit vilen besetzt werden, das sy in irem zemenkumen ir
ler und red allweg dahin lendend, darus unruow entstat und abtueung
der obergheit, die doch so miltenklich mit inen offt gehandlet hatt.
Wo imm aber glych also wär, das ein wäsenliche und nit ir, uss
kyb glychsnete bessrung volgete, dester fürderlicher soltend sy by
der kilchen blyben, in dero noch vil me warlich und wesenlicher frommen
sind, dann under der gantzen menge der töifferen. Dann ob sy glych
neiswas wesenlich fromm wärind, so wär doch ir sündren und ruemen
ein grüwel vor gott, wie der Pharisoier was, der sich da vornen in
der kilchen ruemt. So aber in iedes kilchen nit ein frommer wär, dester
me söltind sy sich arbeiten under den unfrommen. Aber kurtz, es ist
nütz anders, denn ein eigenrichtigheit, die für und für vor iren hatt,
hindurchzetringen und alles joch des zytlichen regiments abzewerffen.
[7.] Der pfaffen halb, die sy erstlich scheltend, sy predgind nit
bstendig, vallind von eym zum andren, verstond sy ir unbestendigheit,

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das sy etwan imm bapstuom verfuerisch und aber ietz christenlich predgind,
so ist nit on, man [S.5] möcht also vil pfaffen unbstendig schelten.
Wo sy aber an der warheit des euangelii faaltind, warumb zeigend die
töiffer das nit an? Aber es ist guot ze vermercken, das ir hader dahin
reycht, sy habend uff die frommen priester gesagt, sy habind inen
predgot, man söll gheinen zehenden gen, und so sy sich dess so dapfer
vor unseren herren entschlagen, wellend sy inen unbestendigheit
uftrechen; ouch darumb, das sy inen so ernstlich widerstanden sind.
Dann gott sye lob, es sind in Grueniger ampt so ernstlich, redlich
predicanten, die zuo gemeiner ruow und ghorsame als trülich tringend,
als sy under miner herren gricht und gbiet sin mögend.
[8.] Das sy die demnach scheltend, sy läbind irem predgen nit
nach, ist aber irer fräfnen reden eine. Dann ist dero einer ein eebrecher,
suffer, huorer, lestrer etc., hatt inn ein kilch der obergheit guot
anzezeigen, und wirt inn die wol dennen tuon. Wo aber der wandel

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des pfarrers erber ist und die ler christenlich und trüw, muessend wir
sin läben gott empfelhen; aber es reicht alles dahin, das die abgestellt
wurdind, die inen in ir buobery ynredend.
[9.] Da sy sagend, die pfaffen sygind allweg ein ursach gewesen
der verfuerung, sol darumb uff gheinen frommen, christlichen predicanten
verstanden werden. Wo aber ye ieman erfunden wurde felschend
oder verfuerend, sol ein obergheit ynsehen und abstellen sampt
der kilchen, darinn der felscher ist, und nit frävenlich den töifferen
ggloubt werden, die ein offne widerpart einer ieden kilchen und pfarrers
sind.
[10.] Und zum letsten empfalt inen gar, das sy truckt, da sy
daruf redend, sam man der pfarrer oder bischöfen nütz dörffte; dann
der som des götlichen worts sye in ir sprach kumen; glych als ob
man umb des vertütschens der gschrift willen die empter in der kilchen,
apostel, euangelisten, bischoff oder pfarrer oder wächter nümmen haben
söll. Die hettind sy gernn dennen; dann die widerstond inen. Man
sagt ein fabel, [S. 6] das die wolf mit den hirten und schaffen einen
pund woltend treffen, doch allein mit dem geding, das sy die hund
dennen tätind; also ist den töifferen ouch; wo man die trüwen hirten
und diener möchtind dennen bringen, so hofftind sy, by den einvaltigen
yren kyb bald fürzebringen.
[11.] Hierumb ist inen weder ir zemenkuchen noch -schlieffen, noch
die unghorsame der gemeinen kilchen, in dero ein ieder sitzt,

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gheinswegs nachzelassen. Das sy aber in Christum Iesum, den crützgoten,
gloubind, ist on zwyfel allen glöibigen ein fröid, ouch minen
herren; darumb muoss man aber inen ire rotten und zanggen nit nachlassen
etc. Ylends.