Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

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Von Erkiesen und Freiheit der Speisen

16. April 1522
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 1 (Berlin: Schwetschke, 1905) (Corpus Reformatorum 88)


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Von erkiesen und fryheit der spysen. Von ergernus und
verböserung. Ob man gwalt hab die spysen zuo etlichen
zyten verbieten. Meynung Huldrichen Zuinglis.
Allen frommen Christenmenschen
zuo Zürich wünsch ich, Huldrich
Zuingli, ein einfaltiger verkünder des
euangelij Christi Jesu, gottes
gnad, barmhertzikeit unnd
fryden.
Nachdem ir, allerliebsten in gott, ietz im vierden jar das
euangelium unnd der heyligen botten leer so durstig gehört, die der
allmächtig gott durch mich kleinfuegen sich begnadet hat üch ze

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offnen, ist der meerteil üwer treffenlich entzündt (darumb sye gott
danck) in der liebe gottes und des nächsten. Habend ouch angehebt
die euangelisch leer und fryheit trülich umbfahen und zuo üch
trucken, das üch, nachdem ir die suesse des himelischen brots, darinn
der mensch lebt, versuocht und empfunden haben, dhein andre spyß
menschlicher leer fürhin hat wellen schmecken. Und wie die kinder
Israels ja an der erste, do sy uß Egypten gefuert, noch unlydig
und ungewon des schwären reysens, etwan unwillig sich widerumb in
Egypten wunschtend zuo den verlaßnen spysen, als knoblouch, böllen,
louch, häfen mit fleisch, haben sy doch sölicher klag gar vergessen, als
sy in das verheissen land komen und der lyeplichen früchten innen
worden sind. Also ouch etlich under uns am ersten anstechen unzüchtig
gumpet und gsprungen (als noch etlich thuond, die sich wie
ein pferd von dem sporn des euangelij nit mögen noch dörffend entschütten),
sind sy doch mit der zyt so zam worden und gewon des
euangelischen saltzes und guoter früchten, so sy darinn so rychlich
findend, das sy die vordrigen finsternissen, arbeit, spyß und joch
Egypti nit nur schühen, sunder ouch verbunnen allen bruederen
(das ist Christenmenschen), wo sy sich nit dörend frylich christlicher
fryheit gebruchen. Und sölichs anzuozeygen habend ir etlich
tütsche gedicht lassen ußgon, etliche früntlichen uff stuben unnd by

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geselschafften disputiert und geredt, etliche ietz zum letsten in diser
vasten (als sy gemeint haben, es mög sich niemans mer verbösren)
in iren hüsren und so sy by einander gsin sind, fleisch geessen und
eyer, käß und ander spysen, so byßhar ungebrucht sind in der vasten.
Weliche aber meinung ein andren weg, denn sy gemeint, ußgeschlagen
ist, dann ein teil sich daran übel verböseret, und das uß guoter einfaltiger
meinung. Der ander teil nit uß liebe gottes noch siner gebotten
(als ze besorgen ist), sunder das sy möchtend niderlegen das, so den
gemeinen menschen leert und verhuet, das sy nit mithellen wellen iren
anschlegen, haben gethon, als ob sy verletzt syen oder verbösret, damit
sy die unruow meertind. Der dritt teil der glychßneren eins
falschen geists hat ouch derglichen gethon unnd heimlich zuogeschürt,
das der gewalt sölichs nit welte noch sölte lassen liggen, es wurde
die vasten abtilcken, glich als ob sy nimme vasten köndend, wenn
der noturfftig arbeiter, der in diser zyt des glentzes am schwäresten
die burde und hitz des tages tragen muoß, zuo uffenthalt des lybs und
der arbeit sölich spysen ässe. Ja dise alle habend die sach also beschwärt
unnd verüblet, das ein ersamer rat unser statt genöt worden
ist, darinnen zuo handlen. Und als die vorberuerten euangelisch geleerten
sich empfunden habend gestrafft wellen werden, ist ir meinung
gsin sich mit der gschrifft ze beschirmen, dero aber sich nit ein ietlicher
des rats hat wellen undernemmen zuo verston, oder die verwerffen oder

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halten. Was solt ich thuon, dem das uffsehen der seelen und euangelium
empfolht, anders, weder die gschrifft eigentlich ersuochen und
die als ein liecht in disen finstren irrsal tragen, damit nieman uß
unwüssenheit oder unerkantniß den andren verletzen und angriffen
möchte in grossen rüwen fallen, namlich so die essenden nit muotwiller
oder geyl possen, sunder eersame lüt und guoter conscientz sind.
Deßhalb mir gar übel gestanden, das ich als ein unfruotiger hirt, und
der nur den nutz ansicht, umb liesse kummen die schaff, so miner
trüw empfolht sind, das ich die blöden nit starckte unnd die starcken
nit behuote. Hab also ein predig gethon von erkiesen oder underscheid
der spysen, in dero nüt dann das heylig euangelium harfür zogen und
der botten leer, weliches den grösten teil treffenlich erfreuwt und fry
gemacht. Aber dero gmuet und conscientz unsuber ist, als Paulus
seit, hatt es nur wyld gemacht. Sydmal aber ich nüt anders denn
vorgemelte gschrifft harfür bracht und daruff sy nüt deß minder unbillich
schryend, so lut, das man anderßwo ir gschrey ouch hört, und
die hörenden uß einfaltikeit unnd unwüssen der sach verböseret
werden, dunckt mich not sin, die sach uß der gschrifft zuo erklären,
damit ein ieder sich an die götlichen gschrifft lassende möge enthalten
wider die fyend der geschrifft. Darumb lesend und verstond,
thuond uff die ougen und oren des hertzens und losend und sehend,
was uns der geist gottes sag.
Zum ersten spricht Christus Mathei am 15. [Matth. 15. 17]:
Das da ingadt in den mund, vermaßget den menschen nit etc. Uß
den worten merckt ein ieder wol, das kein spyß, so sy mit maß

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und danckbarkeit genommen würt, den menschen vermaßgen mag.
Daß aber die meinung hab, zeugt an, das die Phariseier ab dem
wort, als darnach stat, übel verbösret und erzürnt wurden, darumb,
das sy nach jüdischer ordnung vil hieltend von dem erkiesen der
spysen unnd abpruch, das aber alles Christus hatt wellen im nüwen
testament abgethon sin. Dise wort Christi redt Marcus am 7.
[Marc. 7. 15] noch klärer: Nüt ist usserhalb des menschen, das in in
kummende in möge vermaßgen. Sich aber die meinung Christi sin,
das alle spysen glich sind der vermaßgung halb, unnd gantz und gar
nit mögen vermaßgen.
Zum andren, als in den gschichten der botten geschriben stat
am 10. [Act. 10. 10ff.], do Petrus in Joppen (die man ietz Japhet
nennet) was, ist er an einem tag umb die sechßten stund ze obrest
ins hus uffhin gangen, hatt da wellen bätten und ist hungrig worden,
begerend essen. Und in dem das gsind zuorust, ist er verzuckt worden
und sicht den himmel uffgethon und ein breitschaft harab kummen,
glich als wer es ein groß lynin tuoch mit den vier zöpffen zemenbunden
unnd nidergelassen uff das erdtrich, in welichem tuoch allerlei vierfuessige
thier und wilde tier und krüchende und flügende in dem lufft
warend. Do hat ein stimm zuo im gesprochen: Stand uff, Petre,
metzg und iß. Aber Petrus hat geantwurtet: Herr, niemar mee,
dann ich verbotten oder unreine spyß nie geessen hab. Do hat die
stimm widerumb zuo im gsprochen: Was got gereiniget hat, solt du
nit verbotten oder unrein achten etc. Nun hat got alle ding rein
gemacht und uns nüt verbotten zuo essen, als sine nächsten wort
eigentlich bewärend; warumb beschwären wir uns muotwillig mit verbott
der spyß? Hie möcht aber ein gegenwurff gschehen also: Dises
wunder, Petro erzeugt, hat nun bedüt, das er die Heyden nit
schuhe, sunder sy ouch zuo der gnad des euangelii beruoffte, und darumb
mag es nit verstanden werden von den lyplichen spysen. Antwurt:
Alle ding, die got ie wunderbarlich hat gethon, wie wol sy bedütet,

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haben sy doch einen wäsenlichen verbruch und handel ghan. Als
das Moyses mit der ruoten hat den felsen bruert, der davon wasser
gab, ist ein bedütniß gewesen des waren felsen Christi, uß dem
uns alle abweschung der sünden unnd gnad himelscher gaben geflossen
sind und ewigklich flüssend; nüt deß minder ist der felß warlich an
der gschicht beruert und hat wasser geben. Also ouch hie, wie wol
diß wunder bedütet hat, sind doch die wort der stimm gottes heiter:
Das gott gereiniget hat, solt du nit unrein schetzen. Biß mir der
worten ingedenck; ich würd sy mee bruchen.
Zum dritten schribt Paulus zun Corinthiern 1. cap. 6. [1. Cor.
6. 12f.]: Mir zimmend alle ding, sind aber nit alle nütz; mir zimmen
alle ding, doch würd ich mich under dheines gewalt lassen zwingen;
die spyß dem buch, und der buch der spyß, aber got würt die und
den abthuon. Das ist: Mir sind alle ding fry, wie wol etlichs weger
ist vermitten, wo es den nächsten zuo vil verbösret (von der verbösrung
würd ich darnach sunderlich sagen). Und darumb mag mich niemans
von miner fryheit under sinen gwalt bringen. Spyß würt genommen
in den buch als ein ghalter zuo uffenthalt des lebens. So nun der
buch und die spyß abgethon unnd sterben werdend, lyt nüt dran,
was einer esse oder womit er das zerbrüchlich leben nere.
Zum vierden spricht aber Paulus am 8. der vorgenanten epistel
[1. Cor. 8. 8]: Die spyß macht uns got nit wärd; dann wann wir schon
essend, sind wir nüt deß fürnämer, und so wir nüt essen, haben wir
nüt hinder. Dise wort redt Paulus von den spysen, die den abgötten
wurden geopffret, nit nun von täglicher spyß. Merck aber zuo luterem
verstand: Zuo den zyten Paulus die epistel geschriben hat, sind noch
vil ungleubiger gsin, ja mer, als mich beduncket, dann Christen.
Dieselben haben nach irem bruch iren abgötten thier, als kelber,
schaff oder ander spyß uffgeopffert, im selben uffopfren aber gab man
ein grössen teil etwan gar wider zuo essen den opfrenden. Und als
Ungleubig und Christen durcheinander wandletend, wurden die

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Christen dick geladen über fleisch oder spyß, die den abgötten zuo
eeren uffgeopferet ward: Da warend etlich Christen der meinung,
es zimpte nit der spyß essen; etlich aber meintend, so sy der abgöttern
spyß ässen, doch dheinen glouben hetten in die abgött, möchte inen
die spyß nit schaden, und meintend, sy weren vester im glouben, die
sölchs fry dörfftend thuon, dann die uß kleinmuetigy und zagheit nit
dörftend essen alle spyß. Disen zwytracht zuo entscheiden, redt Paulus
die eezelten wort: Dheinerley spyß wärdet uns got. Ob einer schon
der abgötten spyß isset, ist er got nüt deß wärder, oder nüt besser,
dann einer, ders nit isset; und welicher schon nit ißt, ist nüt des
böser. Sich, das würt dich treffenlich wunder duncken, das nit nun das
fleisch nit verbotten ist, sunder, ob es schon den abgötten geopffert
was, dorffts ein Christ essen.
Zum fünfften spricht Paulus in der epistel 1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 25]:
Alles, so in der metzg verkoufft würt, essends, nüt zwyflende von der
gwüßne wegen. Dise wort sind clar, dörffend keines ußlegens, dann das
sy under andren worten stond der verböserung von der abgötten spyß.
Das laß aber dich nit irren; ich wil de scandalo von verböserung gnuog
sagen und so klarlich, als vilicht nit gehört hast.
Zum sechßten eben der Paulus zun Colossen am 2. [Col. 2. 16]:
Nieman sol üch urteylen in spyß oder tranck oder von fyrens wegen.
Hörst aber, das du niemans von spyß oder tranck wegen guot urteilen
solt oder böß, er esse, was er welle. Wil einer gern, so esse kat.
Hie sol allweg verstanden werden, das wir nit redend von der maß,
sunder allein von der gestalt. Nach dem gschlecht und gestalt der
spysen dörffen wir alle spysen essen zuo noturfft des lebens, nit mit
unmaß des überfüllens.
Zum sibenden aber Paulus 1. Timoth. am 4. [1. Tim. 4. 1ff.]:
Der geist gottes seyt usserscheidenlich, das in den nachvolgenden
zyten werden etlich wychen von dem glouben und werden losen den
verfuerenden geisten und den leeren der tüflen, die in glichßnery

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lugen reden, werdend verbrent und vermaßget in iren conscientzen,
werden verbieten sich zuo verheinraten oder vereen, abprechen die
spyß, die got gschaffen hat zuo niessen oder bruchen mit danckbarkeit
den gleubigen und denen, so die warheit erkent habend. Namlich
das alle gschöpfft gottes guot und nit zuo verwerffen ist, so sy nun mit
dancksagung genommen oder geessen würt; dann es würt geheyliget
durch das wort gottes unnd gebätt: Diß sind als wort Pauli. Sich
an, was mag heiterers geredt werden? Er seyt, das der geist gottes
ze fürsehen sölichs geredt hab. Darnach, das sich des werden underston,
die nit ein rechten vesten glouben haben, die nit all ir trost,
zuoversicht und vertruwen in got, sunder in ire werck, die sy inn selber
erkiesend als guot, haben werdend. Darnach, das inn sölichs wirt von
irsälichen geisten, ja von den tüflen ingeben, die sich flyssen, den
menschen mit der glichßnery, das ist mit einer ußwendigen gstalt, abfueren
von dem vertruwen in got zuo dem vertruwen in sich selb. Und
werdend doch die selben in inen selbs allweg wol erkennen, das sy
uneerlich wider got handlend, unnd den stich allweg empfinden und
wüssen ire so schantliche untrüw, das sy nun iren nutz oder begird
und gyt des hertzens ansehend. Wellend doch sich verkouffen, als
ob sy das nit umb ir, sunder umb gots willen thuend, das ist, ein
baggenprente conscientz habend. Darnach zelt er an, was sy für
böß werden den menschen verbieten: man sölt die ee nit miteinandern
beziehen oder heinraten. Sich hie, das die schantlich gehalten reinikeit
ir verbott vom tüfel ursprünglich hat, welchs grösser laster in
der welt gebracht, weder dhein essen dheiner spyß. Doch ist hie nit
statt davon zuo sagen. Item verbieten, man sölle dise und iene spyß
nit essen, weliche aber gott zuo guotem den menschen und uffenthalt
geschaffen hat. Sich hie, was sagt Paulus? Das, die sölich fryheit
den Christen mit irem gbott verschliessend, ingesprochen werden sin
vom tüfel. Thät ich das, sprach der wolff, do der rapp uff der suw
saß. Nun hat got den menschen am ersten der geschöpfft underworffen

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alle ding zuo dienen, das der mensch im allein diene. Und obschon
im alten testament etlich spysen verbotten xin, sind sy doch im
nüwen fry widerumb alle erloubet, als die vorgemelten wort Marci
am 7. [Marc. 7. 15] heiter anzeugende, im ersten artikel anzeugt, und
Luce am 16. [Luc. 16. 15]: Das die menschen hoch duncket, darab
hat got ein groß mißfallen. Das gesatzt und propheten sind nun ein
bedütnus gwesen, oder haben nun gewärt bis uff Johansen. Hörest
du, das die menschen ein groß ding dunckt, von got treffenlich
geschohen (ist das wort abhominatio) und das gsatzt, so vil es
ceremonisch und grichtzhendlig, abgethon ist. Darnach hörestu, nit
schädlich den menschen sin mögen, esse, was er well, so es mit danckbargheit
genossen würt. Merck rechte danckbarkeit sin, das ein
mensch vestenklich gloube all unser narung unnd leben allein von got
bescheiden und uffenthalten werde - dann wir sind ie mee und wärder
by got, dann die vogel des luffts, die er spyßt, uns on zwyfel vil mee -
unnd darnach im darumb danck sagt. Doch ist die gröst dancksagung
gwüßlich erkennen, von im all unser noturfft uns geben werden. Von
disen worten nit mer.
Zum achten. Nachdem Paulus Tito am ersten cap. [Tit. 1. 10]
anzeugt hat, das vil ungehorsam werend, vil lichtverigs gschwetzes und
verfuerer, die mueßte man überwinden, thuot er darnach hinzuo [Tit. 1. 15]:
Den reinen sind alle ding rein, aber den vermaßgeten unnd ungleubigen
ist nüt rein, sunder ir gmuet unnd gewüßny sind vermaßget.
Hie sichstu aber den jüdischen somen sine dück nit haben wellen
lassen, das klarlich anzeugend die nächsten wort davor, da er spricht
[Tit. 1. 13f.]: Darumb bericht oder straff sy scharpff (verstand allein
mit worten), das sy gantz und gerecht syend im glouben, nit ufflosend
jüdischen fablen und menschlichen gebotten, die die warheit verkerend,
sunder haben sy die nüwen Christen wellen in ir verbott
der spysen ziehen, fürgeben, es syen etlich spysen unrein, die nit
zimmen zuo essen. Die hat aber Paulus anzeigt irren und gsagt, das

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denen, die eins reinen gloubens sind, alle ding rein sind, aber den
unglöbigen sye nüt rein. Ursach: ir gemuet und conscientz sy befleckt.
Ungleubig sind die, so die erlösung, gnad und fryheit Christi nit so
groß und wyt glouben sin, als sy aber ist, der gstalt Christus selbs
sine junger beschalckt, das sy kleinglöbig waren Mat. am 16. und
am 6. [Matth. 16. 8; 6. 30], an welichen orten wir gwüßlich gelert
werden, das wir nit nun von im täglich gespyset, sunder ouch von im
trüwlich und vätterlich geregiert und gwisen, so wir uns allein in sine
wort und gheis vertröstend und lassend. Deßhalb sich ein ieder
Christ mit gantzem hertzen und glouben allein an inn verlassen und
sinen worten gentzlich ungeschwancket vertruwen sol. Sich, so du
das thuost, so gloubstu ouch, dhein spyß möge den menschen vermaßgen,
und so du das gwüßlich gloubst, ist es gwüßlich also, dann
sine wort mögend nit betriegen. Ietz sind dir nach disem artickel
alle ding rein. Warumb? Du bist glöbig, dir syen alle spysen rein.
Der ungleubig aber ist unrein. Warumb? er hatt ein zwyflend gemuet,
das die grösse und fryheit der gnaden gots eintweders nit gloubt oder
nit so groß sin, als sy sind, deßhalb er zwyflet; und so bald er zwyflet,
so sündet er, als Rom. am 14. [Röm. 14. 23].
Zum nünden. Zun Hebreiern spricht aber Paulus am 13.
[Hebr. 13. 9]: Ir sollend üch nit lassen abfueren mit andren und andren
oder frömden leeren. Dann allerbest ist, das hertz mit gnad gefestet
werden, nit mit spysen, die nüt nütz sind gewesen denen, so darinn
gewandlet. In disen worten hör zum ersten, das wir mit mengerley
leeren nit sollend ab oder umbgefuort werden. So ist ouch on zwyfel
ein gwüsse leer, dero wir vertröst und on zwyfel mögen und söllend
anhangen, ist on allen argwon das heilig euangelium. Darnach syge
allerbest, das hertz mit gnad bevestet werden. Nun ist das euangelium
nüt anders, dann die guot botschafft der gnaden gottes. Uff das söllend
wir unser hertz legen, das ist, die euangelisch gnad also gwüß und
bereit wüssen und vertrüwen, das wir in dheiner leer anders unser
hertz bevestind und nit vertruwen in spysen, das ist in essen oder
abpruch (dann also verstat ouch Chrisostomus dise wort) diser

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oder iener spyß. Dann sölich uffsehen der spyß und erkiesen sye nüt
nütz gewesen denen, so sich dero genietet habend. Ist klar gnuog.
Dero kuntschafften dunckt mich gnuog sin uß der geschrifft zuo
bewären, das alle spysen eim christgleubigen menschen zimme zuo essen.
Doch muoß ich denen ein heidisch argument fürwerffen, die geleerter
sind im Aristotele, dann euangelio oder Paulo. Sagend an, weders
meinend ir noturfftiger sin dem menschen, gelt oder spyß? Mein ich
wol, ir werdind sagen, das die spys noturfftiger syg dann das gält,
sunst weltend wir üch mit dem gelt wol hungers töden, als Cresum,
der im selbs, als die poeten sagen, erwünscht, das alles, so von im
beruert, zuo gold verkert wurde, also hat muessen verderben. Ie so ligt
die spyß näher an, das leben zuo enthalten dann das gelt; dann gelebt
hat man der spyß, ee das gelt erdacht ward. Nun sagt Aristoteles,
das gelt syg indifferens, das ist, für sich selbs weder böß noch guot;
es werde aber guot oder böß mit dem bruch, obs einer recht oder
unrecht bruch. Noch vilme die spyß ist an ir selbs weder guot noch
böß (das aber ich nur ietz nachlaß), sunder noturfftig und deßhalb
mer guot, und mag niemer böß werden, dann so sy mit einer unmaß
gebrucht wirt; dann die zyt mag sy nit bösren, aber der mißbruchend
mensch, so er sy mit unmaß oder ungloubnus brucht.

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Und wie wol den vorgezelten kuntschafften ein ieder Christ nit
mag widerreden, er welle dann sich mit verleugnen der gschrifft
bschirmen, er ist aber denn dhein Christ mer, so er der christlichen
leer nit gloubt, sind doch etlich, die dargegen ußzug nemend,
oder mit dem zyt, oder mit dem vasten, oder mit dem gbot der
menschen, oder mit der ergernus. Denen ich allen harnach guetlich
uß der gschrifft antwort geben wil mit got.
Und also zuo dem ersten werffend sy die zyt entgegen. Obschon
alle ding rein sind und fry, ist das doch nit zuo allen zyten, als in
der vasten, fronvasten, krützwochen, bannen vastabend, frytag und
samßtag, zimpt sich nit fleisch essen, in der vasten darzuo nit eyer
und milch und was von milch kumpt. Antwurt: Ich stryt nüt, daß
von menschen nit verbotten sye - wir sehen und hörend das täglich
geschehen, - sunder all mine arbeit kempfft darumb, ob wir uß götlichem
gsatzt an und under dise und iene zyt gebunden syen. Vaste
ieder so dick in der geist eins rechten gloubens manen wirt. Das
aber wir uß dem gsatzt Christi alle zyt fry syen, so merck:
Zum ersten, Marci 2. [Marc. 2. 23ff.]: Als Christus uff ein zyt
am sabath durch kornäcker gieng, huobend sine junger an die äher
abprechen (und essen). Aber die Phariseier sprachen zuo im: Sich,
was thuond dine junger? Das sich nit zimpt am sabath. Und Christus

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sprach zuo inen: Habend ir nit gelesen, was Dauid gethon hat, do
inn die not zwang, do in und die by im waren, hungret? Wie er in
der zyt des oberesten priesters Abiathar in das huß gottes gangen
ist und hat geessen das brot, das got uffgeopffert ward, welchs nieman
zimpt essen, dann allein priestern, und gab es ouch denen, die by
im waren, und sprach zuo inen: Der sabath ist von des menschen
wegen gemacht und der mensch nit von des sabbats wegen. Und
darumb ist der sun des mentschen ouch ein herr über den sabat. Hier
vermerckend ir wol, das die noturfft nit nun menschlich, sunder götlich
gsatzt übertrifft und pricht; dann den sabat halten ist ein götlich
gsatzt. Noch hat der hunger der junger on schuld den sabat nit
ghalten. Aber merckend ir, das dhein statt wider die noturfft ist,
daß Dauid dorst in noturfft in tempel gon. Aber merckend ir, das
die person in noturfft ouch nit irt, denn Dauid und die sinen waren
nit priester, assend aber die spyß, die allein den priestern zimpt essen.
Diß zeig ich nun an, das ir lernen, was von einem umbstand geredet,
werde in der geschrifft gemeinlich von allen umbstenden verstanden.
Umbstennd sind, wo, wie, wenn, und person, das ist: an welchem ort,
welicher gstalt, zuo weler zyt, was person, oder gegen wem. Also:
Christus spricht Mat. 24. [Matth. 24. 23]: Wenn zur selben zyt
etwar zuo üch wurd sprechen, nemmend war, hie ist Christus oder
dört, sollend ir im nit glouben. Sich, das ist der umbstand wo oder
ort, der meinung, das nit an einem ort me sölle gott anzeygt funden
werden, denn an dem andren. Ja, wenn das die falschen propheten
werdind reden, sölle man inen nit glouben. Glich der gestalt soltu
ouch verston den umbstand des zytes und ander umbstend, das nit
me zuo einer zyt dann zuo der andren sol got barmhertzig oder zornig
angezeigt werden, sunder zuo aller zyt glich; oder aber er were dem
zyt, das wir erwelt hettind, underworffen, oder er wer verwandelbarlich,
der aber dhein endrung lyden mag. Also ouch von der person.
Denn got ist nit bereiter oder uffgethoner einer fürnämen person, denn
einer schlechten, in gnad und barmhertzigkeit, als der heilig Paulus
spricht act. am 10. [Act. 10. 34]: In der warheit hab ich funden, das

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gott nit ein anseher ist der personen etc. Nun bedörffen wir diser
bewärnis hie nüt, da wir wellen bewern, alle zyt den menschen fry
sin, denn die wort Christi sind von inn selbs heiter gnuog, indem er
spricht: Der sabat ist von des menschen wegen gmacht und der
mensch nit von des sabats wegen, das ist, der sabat ist in dem gwalt
des menschen und der mensch nit in dem gewalt des sabats. Summa:
Der sabat und alle zyt sind an den menschen gebunden und der
mensch nit an den sabat. Ist nun das war, das der sabat sol uns
underworffen sin, den got selbs uffgsetzt, noch vil me die zyt, die
uns die menschen hand uffgelegt. Ja nit nun die zyt, sunder ouch
die personen, so das zyt haben also gebunden und uffglegt, sollen
nüt anders sin, dann diener Christi und zuodiener der heimlichen
dingen gottes, die den menschen nit offenbar sind. Es söllen ouch
den Christen dieselben zuodiener nit obligen, als halsherren gebieten,
sunder allein bereit sin der dienstbargheit und guotem der Christenmenschen.
Darumb spricht Paulus 1. Cor. 7. [1. Cor. 7. 6]: Das sag
ich üch zuo guotem, nit das ich üch ein strick well anlegen, das ist, nit
das ich üch mit eim gebott fahen oder zwingen well. Widrum spricht
er daselben am 3. [1. Cor. 3. 21f.]: Alle ding sind üwer, es sy Paulus,
Apollo oder Petrus, die welt, das leben oder der tod, gegenwürtigs
oder künfftigs. Hie sichstu klarlich alle ding under den menschen
oder zuo dienst dem menschen, nit zuo einer bschwärd den menschen
verordnet sin, ja die apostel selbs den menschen geeignet, und nit die
menschen den apostlen. O überflüssender brunn der gnaden gottes!
Wie wol spricht Paulus, das dise ding nit erkennt werden denn
durch den geist gottes. Darumb haben wir nit empfangen den geist
diser welt, sunder den geist, der uß got ist, das wir erkennen, wie
grosse ding uns von got geben syen. Es erkennen leyder ir fryheit
wenig. Ursach: Die falschen propheten machens inen nit kund, fuerend
sy vil lieber wie ein gehemte suw am strick, und möchten aber wir
armen sünnder dheinen weg ee in die liebe gottes gefuert werden,

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denn so wir gelert wurdind den geist gottes in uns zuo berueffen, das
wir erkantennd die grossen ding, die uns von gott geben sind. Denn
wer möcht dem nit danckbar sin, dem so guetigen got, und in ein
wunderbarliche lieby sin gezogen werden. Hie vermerck ouch, das
nit die meinung Christi sy, das man den sabbath nit halten sölle
(uns Christen ist der sontag für den sabat geordnet), sunder wo
unser bruch oder noturfft ein anders heusche, soll der sabath selbs,
nit nun das ander zyt, uns underworffen sin. Du solt ouch die letsten
noturfft hie nit verston, da man kummen sye in die nähe des todes,
als die irrenden theologi troumend, sunder den täglichen noturfftigen
bruch. Dann die junger Christi, als sy am sabath die äher abbrochen,
haben sy nit die letsten not erlitten, oder aber Christus hett nit
warlich geredt Luce am 22. [Luc. 22. 35]: Do ich üch gesendt hab
on sack oder täschen, hat üch etwas gebrosten? Antwurtend die
junger: Nüt. Uß welichem eigentlichen verstanden wirt, Christum
sine junger nie gelassen haben in söliche not fallen, sunder die not,
die sy an dem sabat erlittend, was nüt anders, dann ein täglich gebruchter
hunger, als ob das wort noturfft in unsrem bruch nit den
letsten artickel der not bedütet, sunder erfordreten bruch. Als wann
einer spricht, ich hab min noturfft, meint er nit nun den letsten oder
grösten prästen zuo ersetzen, sunder ein gnuogsame des, das der täglich
bruch erheuscht. Also ist der zyt nach ouch fry die notturfft
und bruch aller spysen, das, welche spyß der komlich täglich bruch
heuschet, mögen wir zuo allen tagen und zyten gebruchen, dann die zyt
uns dienen soll.
Zum andren spricht Christus Luce am 17. [Luc. 17. 20f.]: Das
rych gottes kumpt nit mit erspähen; ouch werden sy nit sagen: Sich
hie, sich da. Diß wort erspähen, latinisch observatio, hat dise
bedütung, als da einer ein flyssig uffsehen hat uff ein ding, das sin

--103--

zyt und ougenblick hat, und nimpt ers nit in demselben ougenblick,
vergat es, als die fischer und vogler gewont sind, dann die visch und
vogel habend ir gewüsse zyt und sind nit alle zyt vähig. Nit also
das rych gottes; dann es wirt nit kummen mit erspähen des zytes
oder stetten und orten. Sydmal nun die irrenden theologi sagend,
wir verdienen von uns selb das rych gottes mit unseren wercken, die
wir uß fryem willen erwellend und nach unseren krefften verendend,
so geben antwurt uff dise wort Christi, der nit liegen mag: Kumpt
das rych gottes nit mit erspähen oder uffsehen (verstand des zyts oder
statt und aller umbstenden, wie da oben im nächsten artickel bewärt
ist), und ist aber zuo ettlicher zyt abpruch gebieten der spyß, die got
fry hat gelassen, nüt anders dann ein erspähen, so würt ouch das rych
gottes nit bereit mit abpruch der spysen. Ietz muoß der abpruch ie
nüt mögen bringen des zyts halb, unnd vernimm allweg, das unser
meinung nit ist von der maß hie zuo reden, sunder allein von der
gstalt, ouch nit von den zyten, die got gebotten hat, sunder von den
die menschen.
Zum dritten schribt Paulus zun Galatern am 4. [Gal. 4. 9f.]:
Aber ietz, nachdem ir got erkent habend, ja von got erkent sind,
warumb kerend ir üch widerumb zuo den schwachen und armen
elementen, denen ir von nüwen dienen wellend? Ir haben ein uffsehen,
oder halten die tag und monat, zyt und jar. Hie hörestu den
zorn Pauli über die Galater, das sy, nachdem sy got erlernet und
erkent hetten (welichs lernen aber und erkennen nüt anders sy, dann
von got erkent, das ist erlücht sin), haben sy sich doch widrumb kert
zuo den schwachen elementen, die er am 2. capi. Coloss. [Col. 2. 20]
eigenlicher beschribt, doch so wir dieselben wort harnach ouch
muessend eigentlicher bruchen und erklären, lassen wir sy ietz fallen
und wellen uns vernuegen hie zu wüssen, was die blöden element
syen. Latinisch und griechisch werdend die buochstaben elementa
genent, darumb, wie alle ding zemen werden gesetzt und gmacht uß
den elementen, also ouch ein ietlichs wort uß den buochstaben. Nun
haben die Juden und Heyden treffenlich allweg dem buochstaben
der gesatzt angehanget, der aber treffenlich beschwärt, ja tödet, als
Paulus spricht [2. Cor. 3. 6], und das nit nun im alten testament,
sunder in dem nüwen beschwärt er ouch noch hüt zum tag. Ist das nit
ein schwär wort Mathei am 5. [Matth. 5. 22]: Aber ich sag üch, das,

--104--

welcher zornig wirt über sinen bruoder, der ist des grichts wirdig, so es
nach dem buochstaben ermessen würt, ja uns blöden menschen unmüglich
zuo halten? Und darumb hat es Christus geben, das wir daran
unseren prästen erlernetind und demnach allein zuo im fluhen, der
unsren prästen barmhertziklich begnadete, als er ruefft Mat. am 11.
[Matth. 11. 28]: Kummend zuo mir alle, die arbeitend und beladen oder
beschwärt sind, und ich wil üch ruow geben. Der aber disen ringen
weg zuo der gnad gottes durch Christum nit weißt oder wüssen wil,
der undernimpt sich mit sinen eignen krefften das gsatzt zuo erfüllen;
der sicht ouch allein den buochstaben an und wil den gwaltiklich erfüllen
und schribt im selbs für dise und andre kestigung und abpruch
des zytes, stetten und andrer umbstenden, und nach dem allem erfüllet
er dennocht das gsatzt nit, sunder, ie mer er sich selbs schetzt das
gsatzt erfült haben, ie minder ers erfült hat, dann in dem sinem flyß
würt er nun in im selbs hoffertig, wie der Phariseier, der sich ouch
des elements ruombt, das ist, der wercken, die er buochstablich erfult:
Ich sag dir danck, o got, das ich nit bin, wie die andren menschen,
ich fast etc. [Luc. 18. 11ff.]. Sich die kluogen frommkeit, die sich von
stund an über ander mentschen erhebt, uß dheiner andren ursach, dann
das er nach sinem rat oder meinung und krefften sich sölichs erfült haben
vertruwt. Und dagegen sich ouch den publicanen in dhein ander ding
hoffen, dann in die rychen barmhertzigkeit gottes und nüt siner guoten
wercken erzellen, sunder allein sprechen: O got, biß barmhertzig mir
sündigen mentschen. Ist aber demnach der publican gerechter by got
erkent dann der Phariseier. Uß dem allem vernimpstu die blöden
element nüt anders sin, weder ein menschlichen rat und anschlag der
säligheit, da der mensch eintweders vermeint, das gsatzt nach dem
buochstaben sich wellen und mögen halten, oder aber fürschribt, im
selbs etliche werck zuo thuon, die aber got nit gebotten, sunder fry
gelassen hat, und wil demnach für gwüß halten, das sin erfunden
werck sye im ein stür zuo der säligheit, und hanget also sinem sinn

--105--

schädlichen an, des sich Paulus hie klagt von den Galatern, das
sy sich, nachdem sy got gnädiklich erlücht, in die erkantniß siner
gnaden und waren gloubens gfuert, widrumb karten zuo irem eignen rat
unnd vertruwen, das ist zuo den blöden elementen, dero sich die Juden
und Heyden hielten, und hettind nit so ein starcken glouben in got,
das sy allein im vertruwten und allein in in hofftend, allein sinem gbott
und willen loßtend, sunder torlichen sich widerumb an menschlichen
anschlag karten, der da glich, als ob er das, so von got versumpt
sye, besseren well, im selbs fürgibt: diß tags, diß monats, diser zyt
wilt du disen oder ienen abpruch halten (das ich nit wil gescholten
haben, so es fry geschicht, den lychnam zuo meistern, und kein vertruwen
darin gesetzt, noch hochfart daruß, sunder nun demuetigheit
entspringt), und macht darnach im selbs ein gebott daruß und beredt
sich selb, so er es nit halt, so sünde er. Sich, das ist sin eigen
conscientz muotwillig brennen, vermaßgen und in ein ware abgöttery
fueren und als Dauid spricht am 80 psalm [Ps. 81. 9ff.]: Wandlen in
sinen erfindungen. Das aber got im selben psalm durch den mund
Dauids hat wellen versehen, sprechend also: Hör, o min volck, ich
erman dich treffenlich, Israhel (das ist, der got sicht und so gwüß
vertruwet, das er sich sin gwaltig weißt), hörstu mich, so wirt in dir
kein nüwer got, und wirst dhein frömden got anbetten, dann ich bin
din herr got, der dich uß Egypten gefuert hab; tuo uff dinen mund,
so wil ich dir den ersettigen oder füllen. Und min volk hat min
stimm nit gehört und Israel (das ist, der Israel sin solt) hat mir
nit uffgemerckt, und ich han sy gelassen nach ires hertzens begirden;
sy werdend wandlen in iren erfindungen. O rechtgleubiger Christenmensch,
ermiß dise wort wol, besich sy dick, so sichst, das got wil
im allein geloset werden. Wellen echt wir sin gwaltig sin, so werde
in uns dhein nüwer gott, nit ein mensch für got angenommen, nit das
eigen erfinden für ein got geschetzt. Aber so wir die trüwen ermanungen
gottes nit hören, werde er uns lassen wandlen nach der begird unsers
hertzens und nach unsren erfindungen. Sehend wir nit ietz in menschlichen
erfindungen mer trosts, dann by got gesuocht, durstiger gestrafft

--106--

werden die, so der menschen gbott übertretten, weder die gots bott
nit nun übertrettend, sunder verachten und verschupffen? Sich, das
sind die nüwen abgött, die wir in unsere hertzen ggossen und ußgestochen
habend. Von disen worten Pauli ist nun gnuog geredt;
es ist ouch kuntschafft gnuog zuo bewären, daß uns die zyt als wenig
nach götlichem gsatzt verbotten ist, als die gschlecht oder gestalten
der spysen.
Ietz werffend sy aber die vasten oder alle vastag entgegen; man
werde nimme vasten, so man fleisch essen dörff. Antwurt: Hastu
dann vorhin nun darumb gevastet, daß du nit dörfftest fleisch essen,
glich als die bösen kind? Wil man inen nit fleisch geben, so wellend
sy das muoß ouch nit essen? Welicher fasten wil, hat er nit als wol
den gwalt, so die arbeitenden fleisch essen, als so sy mit dem muessigen
gezwungen werden abpruch zuo halten und deß minder vermögen ir
arbeit gnuog thuon und erharren. Summa, das ichs kurtz mach: Wiltu
gern vasten, thuo es; wiltu gern das fleisch nit essen, iß es nüt, laß
aber mir daby den Christenmenschen fry. Du bist ein muessiggenger,
solt vil vasten, vil abprechen die spysen, die dich geyl machen; dem
arbeiter vergat der gammel wol am karst, im pfluog, im feld. Sprichst:
Es werden aber die muessigen on not ouch fleisch essen. Antwurt:
Ebendieselben füllend sich mit noch lustbarlicheren spysen, die noch
vil me entzünden, als die vast gesaltznen, vast gebülfreten. Unnd wenn
sich die klagend deß bruchs abgang, ist es nüt dann ein verbunst;
sy sehend ungern dem gemeinen menschen zimmen, das sy an inen
selbs wol ersetzen mögen on beschwärd oder abgang des lybs, ja mit
wollust; denn visch essen ist gar nach in aller welt ein wollust.
Sprichst aber: Es sind vil, die söllich fryheit nit uß verbunst, sunder
uß gots forcht nit mögen lyden. Antwurt: O ir fürwitzigen glychßner,
meinen ir, das etwas schadens oder gfarlichheit syg in dem, das got

--107--

hat fry gelassen? Stuend ein gevärd der seel darinn, got hett es ungebotten
nit gelassen. Item hast du so groß sorg über ein anderen,
nun was er nit essen sölle, wann wiltu sin armuot erfaren und derselben
zuo hilff kummen? Willtu ein christenlich gmuet haben, thuo
im also. Leert dich der geist dines gloubens, so vast, günn aber daby
dim nächsten, das er sich möge christlicher fryheit gebruchen, und
förcht got übel, wo du sine gbott übertretten hast. Mach ouch nit
grösser vor got, das die menschen erdacht hand, weder das got geheissen
hat, oder ich wil ein glychßner uß dir dräyen, wenn du ein
sölicher mäser bist, nun in dich selbs verwünden unnd in din
erfindung vertruwend.
Vom gbott der menschen.
Hie wils erst übel gon, wann man zuo denen spricht, die also
klagen: Sol man das gbott der frommen vätter ablassen gon? wo
hand es die vätter oder concilia gebotten, das man in der vasten nit
sölle fleisch essen? so könnend sy dhein concilium anzeugen, sunder
sy kummen mit der vasten harfür de con. di. v. [Corpus iur. can.
Dist. V. de consecr.] quadragesima: Sol man die vasten nit halten?
Antwurt: Wer redt oder leert das? Hastu nit gnuog an der vasten,
vast die fasnacht darzuo. Ja, ich sag gar ein guot ding sin einem

--108--

menschen vasten, der da vastet, wie der vastag von Christo gelert
würdt Mat. am 6. unnd von Esaia am 58. [Matth. 6. 16ff. Jes. 58. 6ff.].
Zeyg aber mir an, das einer by fleisch nit könne vasten, uß der heiligen
gschrifft; unnd ob das schon wer, das aber nit gefunden würt,
so weist du doch wol, das die arbeitenden des vastens joch nach dinen
rechten erlassen sind. Hie erforderen ich dich, zeyg mir an, wo ist
dem, der nit schuldig ist zuo vasten, das fleisch verbotten? So winden
sy sich de observatione ieiuniorum, unnd zum letsten kummend sy all
an das cap. Deniq. di. IV. [Corpus iur. can. c. 6 Dist. IV.] unnd da
du ein rollwagen begärst, bütend sy dir ein hackmesser. Das cap.
Deniq. gebüt nienan, das man den leyen sölle gebieten nit fleisch
zuo essen; es zeygt wol an, das zuo denselben zyten die leyen an den
sontagen in den vasten sich me fultend mit fleisch, dann zuo andren
tagen. Hörst: Mee dann zuo andren tagen. So assends an andren
tagen, hör ich, wol ouch fleisch; aber das sy es an suntagen bis zuo
mitternacht tribend, das muoyt Gregorium; noch spricht er, man
sölle sy nit von ir gewonheit dringen, das sy nit understuenden bösers.
Aber die priester und diaconos ermant er zuo abpruch des fleischs,

--109--

eyer und käß. Lis es wol und mit urteil, so findest du ee, das wider
dich ist, dann für dich. Demnach kummend sy mit dem Thoma,
glich als ob ein einiger bättelmünch gwalt hab gsatzt vorzuoschriben
allem Cristenvolk. Zum letzten muessen sy sich der gwonheit bhelffen,
und den abbruch der spysen ein gwonheit lassen sin. Wie alt aber
die gewonheit sy, mögen wir nit eygenlich wüssen, sunder von dem
fleisch; aber des abpruchs der eyeren kan nit sunder alt sin, dann
etlich nationen noch hüt zum tag on römisch erloubnus eyer essen,
als in Österrych unnd anderßwo. Das mulchen ist in einer Eydgnoschafft
erst in den hundert jaren sünd worden und wider vergeben.
Und so ich doch darin gefallen bin, muoß ich dir ein hüpsch stückly
zeigen, damit du dich vor dem gyt der geistlich gwaltigen beschirmen
magst, also: Unser lieben Eydgnossen hand erst inner hundert jaren
das mulchen erkoufft von dem bischoff zuo Rom, probo, dann die brieff
ligend darumb zuo Lucern. Ietz schlüff under disen briefen hinderhin

--110--

bas und gedenck, was unser vordren vor der nachlassung geessen haben.
Kanst nit sprechen, dass öl geessen heigind, denn in der bull würt
klagt, man hab in unsren landen nit gewonet öl ze essen. Ie, so
hand sy die landbrüchigen spyß, milch, zyger, käß, ancken gessen. Ist
nun das sünd gewesen, warumb habend dann die römischen bischoff
so fulklich gewachet, daß sy es 14 hundert jar hand lassen essen?
Ist es nit sünd (als es nit ist), warumb hand sy gelt darumb erforderet,
das es möge nachgelassen werden? Lieber, sprich also, ich sich, daß
es lufft ist, und sich, das die römischen bischoff angezeygt habend,
es sye sünd, nun das inen gelt wurd; probo, sobald sy es für sünd
anzeigt, habend sy es von stund an widerumb umb gelt verkoufft und
habend also unser einfaltigheit mißbrucht, da aber wir billich soltend

--111--

gsehen han, were es sünd uß dem gsatz gottes, möchte es dhein
mensch nachlassen. Dann das man iemans töden möge, das ein göttlich
verbott ist, mag dhein mentsch nachlassen, wiewol in disem
unerberlich ouch gefräfnet wirt. Uß denen anzügen allen merckstu
ouch, das fleisch nit essen ein langer bruch ist, der aber darnach
durch frävel etlicher geystlichen angehebt ist gebotten werden. So aber
der bruch nit böß noch unerber ist, sol man in billich halten, so lang
und vil sich der grösser teyl der menschen ergeren möchte am übertretten.
Antwurt: Diß wil lenger wyl haben; darumb wil ich ietz
von ergernus oder verbösrung sagen.
Von ergernus oder verbösrung.
Ergernus oder verbösrung, griechisch scandalon, wirt in zwen
weg verstanden. Einest, da einer andre menschen ergret, das sy sich
versünden mit richten oder urteilen, oder böser werdend; und von
dero wellen wir zum ersten sagen. Zum andren würt ergernus, wiewol
nit in der gschrifft, doch hie von uns genommen, da ein mensch
in im selb süntlicher oder böser, oder ein gantze gemeind in ein bösren
stand mit muotwillen gfuert wirt.
Zum ersten erfordret christenliche liebe, das sich ein ieder huete
vor dem, das sinen nächsten menschen verbösren oder ergeren mag,
so ferr doch, das dem glouben nit geschadt werde. Verstand es also.
So man in disen jaren das euangelium flyssig gepredyet hat, sind vil
darab besser unnd gotsförchtiger worden, vyl aber dargegen böser.
Und syd das vil widergangen würt iren bösen meinungen und anschlegen,
scheltend sy das euangelium, das aber die guoten nit erlyden
mögend, sunder wider sy strytend. Uß welchem widerumb die bösen
schryend, ich welte, das das euangelium nüt gepredyet wurde; es
macht uns einanderen widerwertig. Hie sol man darumb nit wychen,
sunder hert vor ougen haben, das Christus spricht Mat. am 10.
[Matth. 10. 32ff.]: Ein ieder, der mich vergicht vor den menschen,
den würd ouch ich verjehen vor minem vatter, der in den himlen ist;
welicher aber minen leugnen würt vor den menschen, deß wird ouch
ich leugnen vor minem vatter, der in den himlen ist. Ir söllend nit

--112--

meinen, das ich kummen sy fryden uff die erden zuo senden (verstand
daby den fryden mit den gottlosen oder sünderen). Ich bin nit
kummen fryden ze senden, sunder das schwärt; dann ich bin kummen
den menschen zescheiden wider sinen vatter, und die tochter wider ir
muoter, und die schnuren wider ir schwiger, und werden des mentschen
fyend sin eigen gsind. In den worten sterckt uns Christus, das wir
nit ansehind den unwillen dero, die sich die warheit nit wellen lassen
bereden, und ob sy schon unser aller nächsten unnd liebsten syind,
sölle uns nit bekümren, ob sy sich von uns teilend, als er spricht
darnach und Luce 14. [Luc. 14. 26f.]: Welicher vatter unnd muoter
lieber hat denn mich, der ist min nit wirdig, und welicher sinen sun
oder tochter lieber hat weder mich, der ist min nit wirdig, und welcher
nit sin crütz nimpt und mir nachvolgt, der ist min nit wirdig. Sich,
wo es die eer gottes, den glouben, das hoffen in got antrifft, sollend
wir ee alle ding lyden, ee wir uns lassind darvon tringen. Wo aber
ein ding dem glouben nit schaden mag und verbösret aber den
nächsten, ob es schon nit sünd ist, sol man doch des nächsten schonen,
das man in nit verletze. Als fleisch essen ist uß dheinem götlichen
gsatzt verbotten zuo dheiner zyt. Wo aber das den nächsten verletzt
oder ergeret, sol man das on ursach nit essen, man sol den kleingleubigen
vor vest im glouben machen. Wo aber, zum dritten, einer
sich die götlichen warheit und gschrifft nit welte lassen wysen, als
da einer spricht, ich gloub vestenklich, das Christus mir dhein spyß
verbotten hat zuo dheiner zyt, und der kleingleubig wil das nit nachlassen
oder glouben, wiewol man im die gschrifft darum zeigt, da
sol, der den glouben der fryheit hat, im das nit nachlassen, wiewol
er im sol das nachgeben, das er nit fleisch esse vor im, in zwinge
denn ursach, sunder der geschrifft starck anhangen und das sueß joch
Christi und lychten burde nüt lassen verbitren, damit es den menschen
nit erleyde oder minder gefalle, und daby anzeigen, das es ein menschlich
und nit götlich verbott sye. Glich als da ein burgermeister ein
antwurt gibt in deß rats namen und nach der antwurt etwas ruchs
oder herts hinzuothuot, das im ein rat nit bevolhen hat, noch sin meinung
ist xin, spricht er, das red ich von min selbs wegen, ein rat hat mirs

--113--

nit bevolhen. Das bewär ich durch die meinung Christi Math. am
24. und Luce am 12. [Matth. 24. 49ff., Luc. 12. 45ff.]; da er nit wil,
das einer sinen mitknecht, das ist mitchristen, beschwär, sprechend:
Wenn aber der knecht boßhafftiklich wurd reden in sinem hertzen:
Min herr sumpt sich lanng ze kummen, und huebe also an ze schlahen
sine mitknecht und fressen und suffen mit fülleren, so würt der herr
des knechts kummen an eim tag, da ers nit gwartet hett, und einer
stund, deren ers nit weißt, und wirt in von einander in zwen teyl
zerschniden und des bösen knechts teil zuo den Phariseieren thuon.
Hie thuo die ougen uff und sich, ob nit der knecht, dem empfolht ist
die schäffly Christi ze weiden, lange zyt har sine mitknecht, mitchristen
geschlagen und er aber gesoffen und prasset mit den
truncknen hab und glich, als ob dhein got were, gemuotwillet und mit
grossen burdinen die Christenmenschen beschwärt (ich red von
den bösen bischoven und pfaffen; nimm dich des nit an, frommer man),
also seer, das das sueß joch Christi allen Christen ein bitter krut
gewesen ist. Sich ouch dargegen, wie der herr mit sinem liecht
kummen und die welt mit dem euangeli erlüchtet, das sy ir fryheit
erkennende, hinder den ofen und in die finsterniß sich nümme wellend
fueren lassen, darus ein zweiung kommen, daß wir eigenlich sehend,
das got die Phariseier oder glichßner geoffnet und ein besundren
teil gemacht hat. Ja, in dem val also gedar ich wol heissen stryten
wider die das schwär joch der glichßneren lieber wellen behalten, weder
das sueß Christi uff sich nemmen und daby aber sich flyssen, nieman
zuo verböseren, sunder, so vil an inen ist, wie Paulus spricht, fryd mit

--114--

allen mentschen haben. Welchs aber nit ein ieder kan, weißt ouch
nit, wie lang er vorgeben oder sich christlicher fryheit gebruchen
söll. Darumb wellen wir die meinung Pauli hören von der ergernus.
Zum andren leert Paulus in der epistel zuo den Römeren am
14. und 15. cap., wie man sich hueten sölle vor ergernus, deß wort
ich mee nach dem sinn, weder nach dem buochstaben hie in tütsch
keren und zellen wil. Den, spricht er, der in dem glouben blöd ist,
dem helffend; aber nit fueren in in mee sorg des zwyfels. Einer gloubt,
im zimme alle ding zuo essen, der ander aber, blöd im glouben, isset
nun krut. Welicher nun vertruwt alle ding isset, sol nit verachten
den, der sölichs nit gdar (verstand, uß kleine des gloubens), und der
nit gdar alle ding essen, sol den essenden nit urteilen, dann got hat
in angenommen und vertröst. Du schwacher, wer bistu, das du eim
andren sinen knecht urteilest? Er wirt sinem eignen herren uffrecht
blyben oder fallen; doch wirt er bevestet oder uffrecht blyben, denn
gott vermag inn wol stellen oder vesten. Einer entscheidet einen tag
von dem andren, ein andrer aber schetzt alle tag glich. Ein ieder
sye in einer rechten meinung wol bericht, also, das der einen tag für
den andren wärdet, dasselb gott zuo eer thueye, unnd welicher nüt
erkießt einen tag vor dem andren, dasselb ouch got zuo eeren thueye
(verstand, daß er ein so vesten glouben hab, das er gwüß vertruwe,
sich an dhein zyt uß gottes gheiß gebunden sin; dann die gröste eer
gottes ist in recht erkennen und, was uns von im geben sy Jo. 17.
und 1. Cor. 2. [Joh. 17. 3. 1. Cor. 2. 12], ouch, das der allerley spysen
ißt, dem herren dasselb thueye, das er got danckbar syg, und ders nit
ißt, thuot das ouch in der eer gots und ist got ouch danckbar, dann
dheiner under uns lebt im selbs und dheiner stirbt im selbs. Es syg,
das wir lebend, so lassend uns dem herren leben, oder das wir sterben,
lassen uns dem herren sterben; unnd darumb wir lebind oder sterbind,
so sind wir des herren. Denn uff das ist Christus gstorben und erstanden
wider lebendig worden, das er lebender und todter ein herr
sye. Aber, du blöder, warumb urteilst dinen bruoder? oder du starcker,
essender, warumb verachtist dinen bruoder? sydmal wir doch all ston
werden vor dem gricht Christi. Denn es stat gschriben Esa. am 45.
[Jes. 45. 23]: Ich leb, spricht der herr; mir werdend sich bucken alle

--115--

knüw, und alle zungen werden mir, der gott bin, verjehen. Darumb
wirt unser ietlicher rechnung geben got. Hierumb lassend uns nit
also einandren urteilen, sunder das sye unser urteilen, das dheiner
sinem bruoder widerwertigs thue oder ergernus geb. Ich weiß und bin
gentzlich bericht in dem herren Jesu, das dhein ding von siner natur
unrein ist, ußgenommen, das es unrein ist dem, ders unrein schetzt.
Wenn aber din bruoder von der spyß wegen truret oder verletzt wirt,
so wandlest du nit nach der lieby (verstand, das du der spyß nit abstast,
die dinen bruoder verletzt, ee er wol bericht werde). Lieber,
verböser oder verderb dinen bruoder nit mit der spyß, für den Christus
gestorben ist. Dargegen sol ouch üwer guotes (das ir alle ding im
glouben thuond, ir essind, fyrind, oder nit) nit geschmächt werden.
Denn das rych gottes ist nit spyß oder tranck, sunder frommgheit,
fryden und freud in dem heiligen geyst. Welicher in denen dingen
Christo dienet, der ist got gefellig und bewärt vor den menschen.
Darumb lassen uns erfolgen die ding, die sich zuo fryden zühend,
und das wir einander erbuwind (das ist, recht underwysend). Mach
das werck gottes (verstand, frommgheit, fryden und freud, wie obstat)
nit ze nüte von spyß wegen. Alle ding sind rein, aber böß ists, das
ein mensch mit verletzen und ergernus esse. Es ist kommlich und
guot, daß einer nit fleisch esse, noch win trincke, ja nüt esse, darinne
din bruoder verletzt würt, verergret, oder darinn er kranck ist. Hast
du, starcker, den glouben, hab inn by dir vor got. Sälig ist, der in
im selbs nüt zwyflet an dem, das er für gewüß erkennet. Welicher
aber zwyflet und darüber die spyß isset, von deren er zwyfel hat, der
ist verurteilt, darumb, das ers nit uß glouben geessen hat. Dann
was nit uß dem glouben gschicht, das ist sünd. Noch so söllen wir,
die starck im glouben sind, die blödinen der schwachen dulden und
nit uns selbs wol gfallen, sunder sol ein ieder under uns sinem
nächsten wolgefallen zuo guotem zuo erbuwen oder beßrung; denn

--116--

Christus hat nit im selbs wolgfallen, sunder als geschriben ist: Die
schmahen dero, die dich schmähen, sind uff mich gefallen. Diß sind
alles wort Pauli, uß denen du kurtzlich drü ding ermessen solt.
Zum ersten, das der, so vestenklich gloubt, im zimme alle ding ze
essen zuo allen zyten, ein starcker genennet würt; und zum andren,
das, der den glouben nit hat, ein blöder oder schwacher; zum dritten,
das der vest den blöden nit sol ewklich lassen blöd sin, sunder in
annemmen und underwysen, das er ouch vest werd, und im selben dem
blöden vast vorgeben und in frävenlich nit verbösren. Wie lang im
aber vorzegeben sy, wirstu hören.
Zum dritten seyt Paulus von verbösrung 1. Cor. 8 [1. Cor. 8. 1ff.]
zuo denen, die sich darthatend, sy dörfftind wol von dem, das den
abgötten geopfert wurde, essen, uß der ursach, sy wüßtend wol, das
sy nüt uff die abgött hettind, und darumb möchtind sy on befleckung
der conscientz sölich spysen essen, ungeachtet dero, so sich darab
übel verergretend. Ja, zuo denen spricht er also: Wir wüssend wol,
das wir all kunst oder wüssen habend von den spysen, die den abgötten
uffgeopfret werdend; die kunst macht uffblasen oder hoffertig, aber
die liebe buwt. Hie meint aber Paulus, ob du, vester, schon weist
dich nit sünden, so du der abgötter spyß issest; hastu aber dinen
nächsten lieb, solt du billich sinen schonen, das du in nit verergerest,
und so er mit der zyt bas bericht, wirt er treffenlich erbuwen, so er
din christliche liebe ansicht, im in sinem unwüssen so gnädiklich übersehen
han. Fürter volget: Nachdem nun Paulus gemeldet, das die
wolberichten im glouben wol wüssind, das dhein abgot nüt sye, sunder
nun ein warer got und ein herr Jesus Christus, sye doch nit iederman
so wol bericht als die erst genanten; dann etlich essind der
abgötter spyß der gstalt, daß sy noch etwas uff sy haltend; ouch so
mache uns die spyß got nit wärd (wie da oben im ersten teil am
4. artickel anzeugt ist). Ja, nach dem allem spricht er wyter:
Luogend, das üwer gwalt oder fryheit die blöden nit verergre, denn so
deren einer sicht dich wüssenden zuo tisch sitzen, da man ißt der abgötter
spyß, wirt nit sin gewüßne gebuwen oder ingefuert der abgötten
spyß zuo essen? Und verdirbt din blöder bruoder in diner kunst oder
wüssen, für den Christus gestorben ist. Sich, wie starck versicht

--117--

Paulus, daß mit dem blöden nit gefrefnet werde. Wyter volgt harnach:
So ir aber also wider üweren brueder sündend, erschreckend
und schlahende ir blöden conscientz, so sündend ir in Christum;
darumb, wann spyß minen bruoder verergret, wil ich ee dhein fleisch
essen in die ewigheit, das ich minen bruoder nit verbösre. Hie merck,
das, wiewol die vordrigen wort von der abgötten spyß geredt sind,
zeigend sy uns doch ein klare form an, wie wir uns söllend halten
in disem val der spysen, namlich, daß wir uns in allweg huetind vor
verböserung und das der nit on sünd ist, der wider sinen bruoder
thuot, denn er thuot ouch wider Christum, deß bruoder ein ieder
Christ ist.
Zum vierden schribt aber Paulus in der eegenanten epistel
1. Cor. 10. [1. Cor. 10. 23ff.]: Alle ding zimmend mir, bringen aber nit
alle nutz oder guotes. Alle ding zimmend mir, aber sy buwend nit
alle. Nieman suoche das sin, sunder ein ieder suoche (das ist sye
flyssig) des andren nutz. Essend alles, das in der metzg verkoufft
wirt, nüt zwyflend von der conscientz wegen; denn des herren ist das
erdtrich (als im 23. psalm stat [Ps. 24. 1] und alle vyle der erden,
oder alles, das in der erden ist. Ob aber üch ein unglöbiger ladet
und ir wellend zuo im gon, so essend alles, das üch fürgestelt wirt
(verstand nach der gstalt, sust wer er ein untrüwer fraß, wenn ers
als ässe), nüt zwyflende von der conscientz wegen. Wenn aber einer
zuo üch sprechen wurde: Das ist von dem opffer der abgötten, so
essend es nit von des wegen, der üchs zeigt hat, und von der conscientz
wegen; ich sag nit von diner conscientz wegen, sunder von
eins andren conscientz wegen. Dann warumb wirt min fryheit geurteilet
von einer andren conscientz? So ich mit danckbargheit mit iß, warumb
wird ich geschmächt umb des willen, umb das ich danckbar bin?
Darumb, ir essind oder trinckind oder etwas thueyind, thuond es alles
zuo der eer gottes, sind unverletzlich Juden und Heyden und der

--118--

kilchen gottes, glich als ich mich flyß, allen menschen ze gefallen, nüt
achtende deß minen, sunder der vyle, das sy behalten werdind. Sind
mine nachvolger, glich wie ich ein nachvolger Christi bin. Hie
sichstu zum ersten, das wir umb des nächsten willen myden söllend,
das uns sust zimpte. Zum andren, das uns zimpt alles ze essen, das
in der metzg verkoufft wirt, on beschwärd der conscientz. Zum dritten,
wie man sich halten sol mit essen verbotner spysen, nach der gestalt
von den abgötterspysen fürgeschriben. Dann, obglich unser fürnemen
und das hie in Paulo nit allenthalb glich, ist doch ein guot form
darus zuo erjagen. Zum vierden, das du, obglich din fryheit von einer
anderen conscientz nit mag geurteilt werden, noch du geschmächt,
dennocht allweg die eer gottes ansehen solt, weliche eer aber deß
grösser wirt by den menschen, wenn sy sehend dich diner fryheit nit
gebruchen umb iren willen und gottes. Zum fünfften, das alle ding
got zuo eeren geschehen mögend, ja täglicher bruch essen und trincken,
ja arbeiten, handlen, die ee beziehen; wann ein mensch in allem sinem
thuon an got hangt und vertruwt sich zuo dem werck von got gezogen
und verordnet sin. Und laß dich hie nit bekümmeren den gegenwurff,
so dir möcht geschähen: so wil ich got lestren, spilen, eebrechen,
ander übels begon und gedencken, ich sye von got dazuo gezogen.
Denn der mensch, so also in got vertruwt ist, mag im nüt sölchs
lassen gefallen. Der boum ist ietz guot, flysset sich nun guoter früchten,
und lebt der mensch nit in im selbs, sunder Christus lebt in im also
starck, das, ob im schon ein untuß empfallet, hat er von stund an
leid daran, schempt sich siner lychtverige. Aber die also sprechend,
sind gotloß und schmähend mit sölichen reden got und die, so den
geist gottes habend. Ein grob byspil hör: Dhein ersame fromme
eefrow, die ein geschickten eeman hat, mag lyden, das man offenlich
rede, das unerber sye irem gmahel, oder lassen verargwonen einer
missethat, die sy wol weißt im mißvallen. Also der mensch, in dem
got herschet, ob er schon blöd ist, mag er doch nit lyden, das im
schmächlich zuo und wider sinen willen geredt werd. Aber ein huor
hört gern irs eemans schand und das wider in ist. Also ouch, die

--119--

also redend, sind got los, sust, hettind sy got im hertzen, möchtend
sy sölich schandwort nit hören.
Zum fünfften hat Paulus Timotheum lassen bschnyden, wiewol
die bschnidung nüt nütz was; noch das er die Juden nit verbösrete,
die zur selben zyt noch meinten, man mueßte das alt testament mit
sinen ceremonien näben dem nüwen halten, ließ ers gschehen als
actuum 16. [Act. 16. 3] gschriben stat.
Zum sechßten hat Christus selbs nit wellen iemans verbösren,
denn als zuo Capharnaum Petrus gefraget ward [Matth. 17. 24ff.],
ob sin meister nit den zoll gäbe, antwurt Petrus: Ja. Und nachdem
sy ins huß kommend, fürkam Christus Petrum (der in on
zwyfel fragen wolt etwas von dem zoll), sprechend: Simon, was
dunckt dich, nemmen die künig diser welt zöll und stür von iren
kinden oder von den frömden? Antwurt im Petrus: Von den
frömbden. Do hat Jesus zuo im gsprochen: So sind ire kinder fry.
Aber das wir sy nit verergrind, so gang zum meer und wirff yn den
angel, unnd den ersten visch, so uffherkumpt, nimm, und so du sin
mul wirdst uffthon han, wirdst ein stater finden (ist ein pfennig xin,
der für sy bed bezalen mocht, doch vil me golten, dann by uns die
personlichen zollpfennig, dannen har ich gedenck, es sy ein tribut
xin, das man von Christo inzogen hat); denselben nimm und gib inn
für mich und dich. Also hat Christus ein obergheit nit wellen
erzürnen, sunder ee thuon, deß er sich het mögen entsagen. Disen
artickel hett ich nit hinzuogsetzt, wenn nit mine widerwertigen inn
spiegletind. Christus, sprechend sy, hat selb ergernus wellen myden;
denn diser artickel ist me wider denn für sy, also: Sind ir fleischlich
geistlichen so geneigt alle ergernus ze verhueten, warumb helffend ir
denn nit ouch die gemeinen burdinen tragen, so ir sehen, das die
gmeind übel sich daran verergret, ja schrygt: Ir gond muessig uß
unserer arbeit; warumb helffend ir uns nit die burdin tragen? hörend
ouch daby, das Christus den schatzpfennig geben hat, das er niemans
zuo unwillen bewegte. Thuo den knopff uff. Noch sind me ort im

--120--

euangelio, darinn das wort scandalon gschriben ist; es bedüt aber
daselben eintweders schmach, oder so es ergernus bedüt, würt es
harfür bracht in nachvolgender meinung: Schmach bedüt es und
verachtung Mat. am 18. [Matth. 18. 7]: Wee der welt von ergernus
wegen, das ist, we der welt vor schmach und verachtung, da einer
den einfaltigen (der aber gottes als wol ist als der höchst) verachtet
oder verschupfft und verwirfft, das denn die nachvolgenden wort
klarlich bewärend, da er spricht: Goument üch, das ir deren kleinen
dheinen verachtind. Also würts ouch genommen Luce am 17.
[Luc. 17. 1], das ouch klar ist uß dem, das da znäst darvor stat vom
rychen man, der dem armen Lazaro nit lyes die brosmen zuokummen;
also ouch Marci am 9. [Marc. 9. 42]. Aber scandalon oder ergernus
also genommen betrifft unser meinung hie nüt; darumb hab ichs von
anfang nit wellen teylen in drü glyder.
Von abthuon der ergernus.
Us den vorgezelten kuntschafften mag man eigenlich erlernen,
das man sich treffenlich hueten soll vor ergernus. Noch so wil mich
duncken, das, wie man dem blöden sölle vorgeben, also sölle man
inn ouch im vorgeben leeren und starck machen, und nit ewenklich
nun mit milch spysen, sunder ouch zuo vester spyß wenden, dann
Christus spricht Math. 13 [Matth. 13. 41ff.]: Der sun des menschen
würt sine engel (das ist botten) ußschicken; die werden uß sinem
rych zemenlesen alle ergernus und die, so ungotsförchtig sind und
böses würckend, unnd werden sy werffen in das kemy des fürs.
Werdend das sin engel thuon? Ja. So ist je wäger, wir thueynd
es selb, so wirt es von gott nit gethon und so ruch gestrafft, als
uns Paulus leert 1. Cor. 11. [1. Cor. 11. 31f.]: Wenn wir uns selb
urteiltind, so wurden wir von got nit geurteilet; nämend wir selb hin
die verbösrung, mueßt sy nit mit dem urteil gottes hingenommen werden,
zuodem und der heilig Paulus uns reitzet.
Zum ersten spricht Math. 5. [Matth. 5. 29f.] Christus: Wenn din
rechts oug dich verbösret, grab es uß und wirff es von dir, dann es

--121--

ist wäger, das eins diner gliden umbkömm, dann der gantz lyb ins
ewyg für geworffen werde. Und wenn dich din recht hand verbösret,
how sy ab und wirffs von dir; es ist dir wäger etc., wie da oben.
Derglichen redt er ouch am 18. capit. [Matth. 18. 8], denn das er
daselben den fuoß ouch hinzuothuot. Wer ist nun das oug, hand, fuoß,
das uns verbösrend hin sol geworffen werden? Ein oug ist ein ieder
bischoff oder pfarrer, ein ieder obrer, die nüt anders sind weder uffmercker.
Und ist das wort episcopus griechisch, by uns ein ufseher,
daruf die wort des helgen Pauli dienend Act. 20 [Act. 20. 28], da er
spricht zuo den bischoffen uß Epheso: Goumend üwer und der gantzen
schar, in welcher üch der heilig geist gsetzt hat bischoff (das ist uffseher
und hirten), das ir huetind und spysind die versamlung gottes,
die er gwunnen hat mit sinem eignen bluot. Hie hörst kurtzlich ir
ampt sin, uffsehen zuo den schaffen, sy spysen, nit schinden, schaben
unnd mit untraglichen burdinen beladen, das nüt anders ist dann verbösrung
geben, sünd zeigen, da nit sünd ist, damit aber die blöden
conscientzen beschwärt und in verzwyflung gefuert werden, da ist die
kleinen gottes lestren und verergren Mat. am 18. [Matth. 18. 6].
Aber du sichst dieselben nach dem wort Esaie 56. [Jes. 56. 10ff.]
blind uffseher worden sin, all unwüssend stumm hund, die nit bellen
mögen, gelert liederlicher dingen, fulend und schlaffend und troumend,
ja troum lieber habend dann die warheit, aller unverschamptist
hund, die nit mögen ersettiget werden, hirten, die dhein vernunfft
habend, ieder sinem weg oder muotwillen nachgat, all gytig vom höchsten
bis zuo den nidresten, sprechend: Lassen uns guoten win trincken und
voll werden, und wie wir hüt thuond, wellen wir ouch morn thuon, ja
noch vil me. Das sind als wort Esaie, wenig hinzuo thon. Sichstu
hie nit, das sölliche ougen die menschen übel verbösrend, und wiewol
uns Christus heißt sy ußgraben, duldend wir sy miltiklich. Hand
und fuoß verstand, die dir so nach verwandt sind als din eygen glid,
ja ob sy dir als notwendig sind zuo uffenthalt und vesty als ein hand

--122--

oder fuoß, noch sol man sy absetzen, wenn sy ir fürnämi mißbruchend.
Und ist diser artickel nun von mir gesetzt ze bewären, das ergernus
sol abthon werden, und man sy nit sol ewklich dulden, das aber alles
mit zytlichem rat und vernunfft, nit mit dheines einigen vermessenheit
und frävel geschehen sol. Tuond die das nit, denen es zuostat,
söllend wir erkennen unser sünd, sölichs umb got verdient haben, das
uns sölche blinde ougen blind verfuortind und beherschtind. Neem.
am 9. [Nehem. 9. 30]: Du hast sy ermanet in dinem geist durch dine
propheten und sy hand nit gfolget, unnd du hast sy geben in die hend
der völckeren des erdtrichs, das ist, in den gwalt der ungleubigen;
und Esa. am 3. [Jes. 3. 4]: Ich würd inen kinder zuo fürsten geben
(merck hie wol) und baben werden sy beherschen.
Zum andren sind wol anzesehen die wort Pauli Rö. 14.
[Röm. 14. 1ff.], da oben im 2. artickel der verbösrung zelt am anfang,
da er spricht: Den, der im glouben blöd ist, den berichtend, nit zuo
mererem kyb und zwyfel. Sichst, den blöden sol man nit blöd lassen
blyben, sunder der warheit berichten, nit mit spitzfündigy, dadurch
man noch zwyfelhafftiger wirdt, sunder mit der lutren einvaltigen warheit,
damit im aller zwyfel genommen werde.
Darumb ich wol möchte lyden, das die, so die vesteren und
sterckeren im glouben geschetzt werden, die Christenmenschen
ouch understuendend starck ze machen im glouben und in eigenlich
ze verston gäbind, was inen von got geben und nachgelassen sye.
So thuond sy grad das widerspyl; ist etwas starcks, so wellen sy dasselb
wyder blöd machen und erschrecken. Wee inen, als Christus
zuo den Phariseieren sprach Mat. 23 [Matth. 23. 13], das sy das
rych gottes den menschen verschliessend und sy nit hinin gond, noch
ander lüt hinin lassen gon. Uß grund diser worten Christi und
Pauli wil ich mich hie entschuldiget han des zuomessens, mir durch
etlich glychßner geschehen, das ich von fryheit der spysen geprediget

--123--

hab am dritten suntag diser vasten, da sy gemeint haben, ich sölte es
nit gethon han. Warumb das? Solt ich denen, so sich der gschrifft
hieltend, die ich selbs gepredyet hatt, iren schirm uß den henden
ryssen und die gschrifft wyderrueffen und heissen liegen? und den
schlüßel der wißheit gottes, wie Christus spricht Luce am 11.
[Luc. 11. 52] in den henden haben und nit uffthuon den unwüssenden,
sunder ouch den wüssenden vor iren ougen beschlüssen? Bschis dich
nit, daß du mich des beredest, du uppiger glychßner; ich wil vil lieber
sorg haben miner seel, die ich sust gnuog mit untüssen beladen und
sy nit erst mit verschwigen der warheit gar ermürden.
Zum dritten ist war, Paulus hat Timotheum lassen bschniden,
act. 16. [Act. 16. 3]. Er hat aber dargegen Titum nüt lassen
bschniden, als er seyt Gala. 2. [Gal. 2. 3]: Titus, der by mir was,
hat nit mögen zuo der bschnidung zwungen werden; hat die gstalt
ghebt: Es sind falsch brueder unversehenlich uns underschlöufft
worden, die under uns kummen sind zuo erspähen unser fryheit, die
wir habend in Christo Jesu, das sy uns widrumb knecht und
underwürfflich machtind, dero gwalt wir dhein stund nie gewichen
sind, darumb, das die warheit des euangelii üch blibe. Diß werffend
die, so fryheit des euangelii bschirmend, den ceremonieren für glich
als ein schilt oder bolwerck: Habe Paulus schon Timotheum
bschnitten, hab er ouch dargegen Titum nit lassen bschniden, und
ob im schon vil uffsatzes darumb geschehen sye. Wie ist im ze tuon?
Ist Paulus im selbs widerwertig? Nein. Do er Timotheum hat
lassen bschniden, hat er in nit mögen davor verhueten on grosse
unruow der Juden, die Christen warend. Aber darnach sind die, so
von den Juden Christen sind worden, bas bericht, das er Titum
hat mögen erreten und verhueten on grosse uffruor, und wiewol etlich
begertend sin bschnidung, und, so die nit bschach, sich darab übel
verbösretend, noch hat er me die warheit und christliche fryheit angesehen,
weder etlicher kyb, die sich uß bösem gmuet widerleitend.
Merck ouch in diesen worten Pauli, wie allweg die falschen brueder
sich undernomen den Christen ir fryheit abzestricken.

--124--

Zum vierden schribt Paulus Gala. im eegenanten 2. cap.
[Gal. 2. 12ff.], das Petrus mit den Christen, die uß der Heydenschafft
zum glouben kummen warend, aß, ja mit den Heyden. Do
aber ettlich von Hierusalem ouch gen Antiochiam komend, die
ouch Christen aber uß der Judenschafft bekert warend, floch er
von den Heyden, damit sich die Juden nit verergretind. Das hatt
im Paulus nit wellen nachlassen, sunder in darum gescholten mit
disen worten: Du leerst die Heyden jüdelen, darumb, das du von
gburt ein Jud bist, das ist, so du von der Juden wegen von den
Heyden flüchst, machst du den Heyden ein argwon, sy syen nit
recht Cristen oder sy muessind on zwyfel abpruch der menschen und
spysen halten wie die Juden, oder aber sy sündind. Und darumb
spricht er: Do ich sach, das er nit recht wandlet, bin ich im ins
angschicht widerstanden. Uß disem ort findestu Paulum, der flyßlich
leert, nit verbösren, nit achten, ob wenig sich weltind verbösren, so er
die grössren vyle möcht behalten unverletz und unargwönig. Denn
ie die Juden, von dero wegen Petrus floch von den Heyden, sich
verergretend, noch hat Paulus ir dhein acht ghebt, darum, das die
Heidenchristen (also nenn ich die, so uß der Heydenschafft glöbig
worden sind) fry möchtind blyben und nit wurden von den Judenchristen
under die bschwärd des gsatzes zogen.
Zum V. Als Christus Mat. am 15. [Matth. 15. 11ff.] gesprochen
hat zuo den Phariseieren: Das ingat in den mund des menschen
vermaßget in nit, redtend die junger zuo im: Weistu, das die Phariseier,
so sy das wort gehört, sich verbösret haben und verüblet?
Antwurtet inen Christus: Lassend sy faren; sy sind blind und
blinden fuerer. Sehen hie die meinung Christi sin (als mich wil
beduncken), das die junger die Phariseier liessind faren, und sy nach
irer fryheit und bruch lebtind, dero ungeachtet; dann sy werind blind,
sehen die warheit nit und fryheit, weren ouch fürer dero, so glichsam
als sy irrtind. Sydmal mir nun in den vorberuerten zweyen articklen
der verbösrung und des hinnemmens oder abthuons der verbösrung
gnuogsamlich geredt, wil mich guot duncken, alles, so verergernus

--125--

antrifft, in kurtze artickel zemenziehen, das ein ieder wüsse, wo er
sölle wychen oder nit.
I. Was luter die götlichen warheit antrifft, als den glouben und
die gheiß gottes, da sol nieman wychen, gott geb, man erger
sich oder nit psal. 145. 1. Cor. 2. Mat. 5. [Ps. 145. 18.
1. Cor. 2. 2. Matth. 5. 10]: Sälig sind, die durächtung lyden von
der grechtikeit willen. 2. Cor. 13. [2. Cor. 13. 8]: Wir mögen
nüt wider die warheit, aber für oder zu der warheit.
II. Die fryheiten, so von got den menschen geben sind, antreffen
das gsatzt der spysen und andrer derglichen ding, sollend gegen
got bedacht werden und gegen menschen.
III. So man von der ietz genanten fryheit redt, wir syen von allen
sölchen burdinen von got fry erlößt, sol man der warheit und
gloubens halb nit wychen, man verbösre sich aber nit. Denn
Paulus spricht: Mir zimmen alle ding [1. Cor. 6. 12].
IV. Aber so der bruch der fryheit dinen nächsten bösret, solt du
in nit verüblen noch verbösren on ursach; denn so er die sicht,
verbösret er sich nümme, er welle dann muotwillig böß sin, als
do sich die Juden überein bösretend ab dem essen der jungren
mit ungewäschnen henden und am sabat. Marci am 2. cap.
[Marc. 2. 24ff.].
V. Sunder du solt in früntlich berichten des gloubens, wie im alle
ding zimmen ze essen und fry syind. Ro. 15. [Röm. 15. 1]: Wir,
die stercker im glouben sind, söllend die blöden annemmen,
das ist trösten und berichten.
VI. Nachdem aber dhein vorgeben nit hilfft, thuo, wie Christus
sprach Mathei am 15. [Matth. 15. 14]: Lassend sy faren.
VII. Und gebruch dich diner fryheit, ja, wenn das on offen unruow
geschehen mag, wie Paulus Titum nit hat lassen beschniden
Gala. 2. [Gal. 2. 3].
VIII. So es aber offen uffruor bringen mag, gebruch dich ir nit, wie
Paulus Timotheum hat lassen bschniden act. 16. [Act. 16. 3].
IX. Leer aber für und für mit aller tugend die schwachen, bis sy
bericht werden, das die zal der starcken so groß wirt, das sich

--126--

nieman me verergren mag oder doch wenig; dann gwüßlich
werden sy sich lassen leeren, so starck ist das wort gottes; es
blibt nit on frucht Esa. am 55. [Jes. 55. 10f.].
X. Also verstond in andren dingen, die mittel sind, wie fleisch
essen, als wercken am fyrtag, nachdem man das gotswort
gehört und got genossen, und derglichen.
Von erger werden an guoten sitten.
Us dem allem klagen sich seer die, so das zuonemmen der tugenden
uß dem Aristotele und nit uß Christo gelernet habend, by der
wyß werde das guot werck: nit fleisch essen, fyren und andre, der
ich ietz gschwig, abgon. Denen ich der gstalt antwurt gib: Vil wirt
geirt mit dem erkiesen guoter wercken, so wir doch wol hören, das
der heilig Jacobus 1. cap. [Jac. 1. 17] sagt, das all guot gaben und
schenckinen von oben herab kümen von dem vatter der liechteren.
Uß welchem wir wol erkennen möchten, das alles guot, so got gefellig
sol sin, von im kummen muoß; dann wo es anderßwohar keme, weren
ie zwen oder mer brunnen des guoten, der aber nun einer ist;
Hieremie 2. [Jerem. 2. 13]: Sy haben mich verlassen, den bronnen
des lebendigen wassers, und habend in selbs graben zerbrochen söd,
die wasser nit halten mögend. Sich einen brunnen, sich zerrissen
söd. Item Christus spricht zuo dem jüngling, der in guot nampt, im
damit ze ougendienen: Der einig got ist guot [Matth. 19. 16f.]. So nun
der allein guot ist, mag on zwyfel dhein guote frucht ienen har kummen,
dann von dem boum, der allein guot ist. Dann sichstu an die engel,
findestu, von stund an, so sy etwas uff sich hieltend, fyelend sy.
Derglichen den menschen, von stund an, als er etwas von im selbs
hielt, fyel er in das jamer, das uns noch nach gat. Sich, das sind
die bösen, falschen, zerbrochnen söd, die nun von den menschen
ergraben und uffgworffen sind, nit recht natürlich brunen. Darumb

--127--

sy gemeint haben, got werde guot duncken und gefallen, das sy angeschlagen
hatten, das inen zuo eim grossen nachteil kummen ist, uß
dhein andrer ursach, als ich mein, denn daß sy sich des guoten oder
rechten habend ze verston angenommen und nit allein got angehanget,
noch in inn allein vertruwt. Nit das ich sagen well, das der abpruch
der spysen böß sye. Ja, wo es kumpt von dem leyten und insprechen
deß geists gottes, ist es ungezwyflet guot; wo es aber kumpt allein uß
der vorcht des menschlichen gebots und für ein götlich gebott gschetzt
wirt oder darin vertruwt, und der mensch im selbs anhebt darus ze
gefallen, ist nit nun nit guot, sunder ouch schädlich, du lerest denn
mich uß der gschrifft, das unser erfindungen muessind got gefellig sin.
Ich wird ouch hie nit darnider ligen, wenn du wider mich reden
wirst: Nun mag doch ein gemeinlich versamlete kilch satzungen
machen, die in dem himel ouch ghalten werdend. Ist war; diser
abpruch ist aber von der gemeind der Christenheit nit gebotten,
ja nie von besundren bischoffen, die sich ein zyt har understanden
nach irem willen den Cristen gsatzt uffzelegen, unerfragt das gmein
volk. Ouch so du sagen wurdest, das stillschwigen darzuo hat ein
gstalt des verwilligens, antwurt ich: Die fromm einfaltigheit der
Christen hat zuo vil dingen geschwigen uss forcht, und das inen ir
fryheit uß dem euangelio niemans hat verkündet. Byspil: Wemm hat
ie gefallen, daß der babst alle pfruonden verlihen hat sinen dieneren?
Ja, ein ieder frommer hat alweg gesprochen: Ich gloub nit, das es
recht sy. Noch hat man darzuo geschwigen mit grossem schmertzen,
bis das die euangelisch warheit gelüchtet hat; do ist im erst das
böggenantlit abgezogen. Also ouch hie haben die geistlichen, nachdem
sy das willig volgen der Christen gsehen, hand angehebt alle
ding ze gebieten. Warumb? Man forcht uns darus, oder muoßt uns
gelt geben, welcher das bott übergieng. Noch hett es alles ghein
fürgang ghebt, wenn sölch beschwärden nit für götliche gbott geben

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wärind. Darfür hand wir sy verkoufft, und wo der gstalt schon verwilliget
wer, nachdem die warheit an tag kumpt, so sichstu denn, wie
man verwillget hat. Wir wellend aber hören, was Paulus sage von
den wercken, die von unser wyßheit angsehen werden.
Er schribt zu Colossen am 2. cap. [Col. 2. 16-23], das ich da oben
verheissen han, also:
1. Nieman urteile üch in spyß und tranck oder von fyrens
wegen, des nüwen mons oder sabaten, weliche ding nun ein
2. schatten gewesen sind der künfftigen dingen, aber der lyb ist
3. Christi. Lassend üch nit fürlouffen, ob einer in glichßneter
4. demuetigheit und geistlichi der englen sagend, das er nie gesehen
5. hat, stoltz inhar tretten wurd, umbsust uffblasen oder
6. hoffertig uß dem rat oder ingeben sines fleischs, sich nit
haltend des houpts, von welchem der gantz lyb durch die
7. gleich und zemenknüpffen ernert oder zuogedienet und uffenthalten,
zementrungen wachßt in dem zuonemmen gottes.
8. Sind ir nun mit Christo gstorben von den elementen diser
9. welt? Warumb machen ir satzungen, als ob ir noch in der
10. welt lebind? Beruer nit, iß nit, gryff nit, weliche ding alle zuo
zerstören dienend mit dem mißbruch, uß den gebotten und
11. leeren der menschen, habend wol etwas gstalt der wyßheit in
eigenrichtiger geistlichy und demuot und unsparen des lybs,
12. nütz wärt, so du sy bedenckest nach dem bruch des lybs oder
fleischs. Diß sind als wort Pauli im latin ganz unverstentlich,
im griechisch etwas klärer. Darumb aber die ein ietlicher

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wol verston mög, wil ich sy kurtzlich paraphrasticos ußlegen,
und luog du uff die zal, die sich ir wider glichen und antwurten
wirt.
I. Nieman sol üch verwerffen oder guot schetzen von dheinerley
spysen wegen, noch von fyrens, ir fyrind oder nit (nimm aber
II. allweg den suntag uß, byß man das gotswort gehört hat unnd
III. das himelbrot geessen). Lassend ouch fallen die nüwmönlichen
fäst und sabat; denn die ding sind nun ein bedüten gwesen
eins christenlichen fyrens, da man der sünden fyren und abprechen
sol, ouch das wir ietz ruewig von sölichen wercken
allein in der gnad gottes sälig werdind, und so Christus
kummen ist, sind die schatten und bedütungen on zwyfel
abthon. Noch eins merck von der zyt: Mich wil dunken, daß
die zyt engstiklich halten ein schad und verderben sye einer
stäten und ewygen grechtikeit, also: Das einfaltig volk meint,
es sy als schlecht, wenn es nun die vasten bichte, vaste, got
niesse, und ist demnach das gantz jar verlassen; so man doch
zuo aller zyt solt got verjehen, frommklich leben und anders
thuon, daß wir meinen nun in der vasten gnuog sin und spricht
aber Christus Mat. 25. [Matth. 25. 13]: Darumb wachend, denn
ir wüssen weder tag noch stund.

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IV. Fürer ermant er sy, sy söllen sich nit lassen fürlouffen die,
so demuetigheit glichßnend. Was ist fürlouffen anders, weder
die einfaltigen meinung gottes ligen lassen unnd ein andren
kürtzeren weg zuo der säligheit wellen finden oder anzeigen den
einfaltigen und aber damit rychtag suochen oder namen und
lümbden eins geistlichen menschens. Darumb verhuet sölichs
Paulus und warnet uns, wir söllen uns nit lassen fürlouffen,
V. daß ist, nit lassen betriegen. Denn dieselben glichßner werdend
lugenhafftig fürgeben, wie die engel mit inen geredt und inen
etwas geoffnet habind, und sich darnach uß söllichem erheben.
Hör, wie er inen ir eigen farw so trüwlich anstrycht; noch
wellen wir sy nit erkennen. Was troumbt dir hie von denen
leeren und örden, die täglich in den clöstren an der cantzel
blapet werdend? Und von den kräyen, die ir etlichen in die
VI. oren byssend? Hörstu hie nit, das sölichs als ingeben wirt von
VII. dem flisch, nit von dem geist? Denn dieselben hangind nit
an dem houpt Christo, von welichem houpt alle andre glider
ordenlich gestaltet, verglychet und zementrungen ir narung
oder zuodienen des himelischen lebens nemmend, und wachssind
in einem zuonemmen, das got gefellig sy. Merck hie in dem
geistlichen zuonemmen und wachssen ein andre ordnung weder
in dem lyblichen. Im lyblichen nemmend alle glyder zuo
zuodienen des buchs, im geistlichen aber von dem houpt
Christo. Bsich ietz die menschlichen leeren. Sind sy der
meinung des houpts glich, so sind sy vom houpt zuodienet; sind
sy im nit glich, so kummen sy von dem buch. O ventres, o ir
VIII. büch. Sind wir aber mit Christo gestorben den elementen,
das ist, wie Christus mit sinem tod uns fry gemacht von

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allen sünden und beschwärden, also sind wir ouch im touff,
das ist im glouben, von allen jüdischen oder menschlich erdachten
ceremonien und erkießten wercken erlößt, die er
elementa nennet. So wir nun den elementen gestorben sind,
IX. warumb bschwärend wir uns mit erdichten menschlichen
satzungen? glich als ob gott nit gnuog bsinnet noch bedacht,
X. uns nit gnuogsame leer und weg zuo der säligheit anzeigt hab,
und machend uns selbs gbott, die uns beschwärend, sprechende:
Beruer das nit, iß das nit, handel das nit. Welchs aber berueren
oder essen zuo schaden der seel und zerstören nit diente,
denn allein darum es die falsch lerenden menschen habend
schädlich sin anzeigt, wiewol sy vor den einfaltigen menschen
XI. ein gstalt habend, als ob sy wyßlich und götlich syind angesehen,
ja by denen, die in selbs eigenrichtige geistlichy fürschribend,
die da sagend: Ist aber sölicher abbruch und kestigung des
lybs nit ein guot ding? Ist es nit ein guot ding, das man mit
guoten satzungen verhuetet das sünden? Hör, wie vil Paulus uff
sölichem tant hab. Er spricht: Die ding haben nun ein gstalt
des guoten. Hand sy nun ein gstalt, so sind sy selbs by got
nit guot, dann sy kummen uß ethelothreiskeia, ist ein griechisch
wort und heißt ein gots eer oder gots forcht, die einer im selbs
ußerwelt hat, und dero darnach eigenrichtiklich anhangt, als:
Menger wil am frytag nit bart schären und meint, er enbiete
got grosse eer damit unnd wo er es überträt, so sündete er
treffenlich, unnd haltet das sin erdacht werck so starck, das er
ee drümal die ee bräche, ee er wider sin so kluog ansehen
täte. Ja bschiß dich nit, das es by got darum also sy, als du
dich selbs überredt hast; das ist ein ware superstitio, eigenrichtig
erkießter geist. Miß hie ouch by den worten Pauli
den mereen teil der örden, satzungen, so wirdestu hübsch ding
finden. Also sind ouch der meerteil der menschlichen satzungen,

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von denen aber Christus seit Mat. 15. [Matth. 15. 9]: Sy erend
mich umbsust, so sy lerend leren und satzungen der menschen;
er spricht "eicke" griechisch, heißt unmöglich, umbsust, vergeben;
das redt die warheit selbs.
XII. Volgt hernach: Aber nüt sind sy wärt, so du sy bedenckst
nach dem bruch und noturfft des lybs. Alle spysen sind dem
menschen ze uffenthalt gschaffen. So vil nun den lyblichen
bruch antrifft, ist es nüt besunders, du essest dise oder iene
spyß. Lieber, gang wider hinuff zuo den luteren worten Pauli
und liß sy noch einest, so werdend sy dir vil clarer, ouch
wirdiger in dinem hertzen.
Diß sind, fromme diener Christi, die meinungen, die ich uß
der gschrifft üch gepredyet hie widrum zuosamenbracht hab uß ghein
andrer ursach, denn daß die unwüssenden der gschrifft mit der nasen
über sy gezogen werdind und, wie Christus heißt, sy er ersuochind,
und ir und üwer volk des minder by denselben geschelckt wurdind.
Denn minenhalb ists mir gantz wider xin von den dingen schriben,
ursach, das, wenn ichs schon mit der gschrifft erobren, als ichs on
zwyfel erobren wil mit got, han ich doch nüt gewunnen weder, das
nach götlichem gesatzt dem menschen zuo gheiner zyt dheinerley spysen
verbotten sye, und mueß demnoch wirsch zyt han, die ergernis ze

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verhueten, weder hett ich die welt im won glassen, es were ein götlich
gsatzt, das ich aber nit hab können thuon. Ir wüssen, das der
meinungen das euangelium Mathei, die gschicht der botten, die
epistlen zum Timotheo, zun Galatern und bed Petri, die ir alle
von mir ghört predyen, voll sind. Aber man muoß dem lieblichen
angesicht Christi söliche masen und ungestalten unnd kat menschlicher
beschwerden abhelffen und sübren, so wirt er uns widrum lieb,
so wir die suesse sines jochs und lychte siner burdy recht empfindend.
Gott walte siner leere! Amen.
Was vor geschriben ist, enbüt ich mich vor got und allen
creaturen rechnung und antwort darüber ze geben, bger ouch, alle,
so sich der gschrifft verstond, wo ich die gschrift mißbrucht hette,
mir dieselbigen mißbrüch anzezeigen, wil ich mich mit der gschrifft
des nüwen und alten testaments alweg lassen wysen. Aber das harnach

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volget, wil ich nun fürgelegt haben, doch mit bewärnus der geschrifft,
und ein ieden lassen by im selbs heimlich urteilen.
Ob ieman die spysen gwalt hab ze verbieten.
I. Die allgemein versamlung der Christen mag ir selbs vastag
und abbruch der spysen annemmen, doch nit für ein gemein ewig
gsatzt ufflegen.
II. Denn got spricht Deut. am 4. [Deut. 4. 2]: Ir werden nüt zuo
dem wort thuon, das ich üch sag, noch darvon. Und daselbs am 12.
[Deut. 12. 32]: Thuo allein, das ich dir gebüt, und thuo nüt darzuo und
minder nüt.
III. Hat man zuo dem alten testament nüt mögen noch söllen
hinzuothuon, vil minder zuo dem nüwen.
IV. Denn das alt ist abgangen und nie anderst geben, dann daß
es sölte zuo siner zyt abgon; aber das nüw ist ewig, das nimmer mer
mag abthon werden.
V. Das zeigt ouch an das helgen beder testamenten. Das alt
ist mit vihischem bluot besprengt und geheliget, aber das nüw mit
dem bluot des ewigen gottes; denn Christus sprach also [Matth. 26. 28.
Marc. 14. 24. Luc. 22. 20]: Das ist der kelch mines bluots, eins nüwen
und ewigen testaments etc.
VI. So es nun ein testament ist und Paulus zuo den Galaten
also seit 3. cap. [Gal. 3. 15]: Eins menschen testament oder gmächt,
so es bestät ist, überordnet niemans noch verachtet,
VII. wie gdar denn ein mensch zuo dem testament gottes hinzuothuon,
glich als ob ers beßren welle?

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VIII. Paulus verfluecht Gal. 1 [Gal. 1. 9], das über das euangelium
anderst gelert wirt, also: Wo üch etwar würt predyen über
und anderst, denn ir ghört hand, das syg ein fluoch.
IX. Spricht Paulus Ro. 13 [Röm. 13. 8]: Ir söllen niemans nüt
schuldig sin, dann daß ir einander lieb habend.
X. Widrum zun Gal. 5 [Gal. 5. 1]: Stond in der fryheit, dero
üch Christus erlößt hat, und lassen üch nimme underwerffen dem joch
der knechtheit oder eigenschaft.
XI. Sol es ein fluoch sin, welcher über das leert, das Paulus
gelert hat, und hat aber nienen gelert das erkiesen der spysen, so
muoß ie, der es gebieten dar, fluochs wirdig sin.
XII. Und sind wir under kein gsatz verbunden, denn das gsatz
der liebe, und fryheit der spysen schadt der liebe des nächsten nüt,
so sy recht gelert und erkent wirt, so sind wir demselben gbott oder
gsatzt nüt schuldig.
XIII. Heißt uns Paulus in der fryheit Christi blyben, warumb
heissestu mich darvon gon; ja, du wilt mich mit gwalt darvon
tringen.
XIV. Do Christus zun jungern sprach [Joh. 16. 12], ich hab
üch noch vil ze sagen, hat er nit gesprochen, ich wil üch noch vil
leeren, wie ir den menschen söllen gebott ufflegen, sunder hat er
geredt von den dingen, die er inen zur selben zyt fürhielt; die sy
aber schwarlich verstuondend. Wenn aber der geist der warheit kummen
wirt, der wirt üch alle warheit leren, das sy alle ding wurdind nach
der erlüchtung des helgen geists verston, das, so sy dennzemal nit
verstuondind oder uß unwüssenheit oder uß kumber und forcht.
XV. Denn wo es von sölchen gebotten sölte verstanden werden,
so hettind doch die junger gesündet, das sy es nit gebotten hettind
fyren, nit fleisch essen, zuo den helgen rennen, kutten antragen.
[XVI. Summa Got spricht zuo Petro act. 10 [Act. 10. 15]: Das
got gereiniget hat, soltu nit unrein nennen. Und ist der sabath unser
underwürfflig, wir aber nit des sabats [Marc. 2. 27], wie obstat.]

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Dise knöpff haben mich zwungen zuo gedencken, das die geistlichen
obren nit nun nit gewalt habend söliche ding ze gebieten,
sunder, so sy es gebietend, so sündind sy bärlich; denn ie der in
eim regiment ist und handlet mee, dann im empfolht wirt, ist es
sträfflich. Was erst, wann er das übertritt, das im verbotten ist?
Und Christus hat den bischoffen verbotten, sy söllend ire mitknecht
nit schlahen. Darumb laß ich in disen anzügen iedem sin urteil fry;
wil doch denen, so nach christenlicher fryheit dürstet, gern sölichs
haben angezeigt unbesorget den unwillen, der mir darus erwachsset.
Es sind die, denen der spiss wil abbrünnen.
Got syg mit uns allen. Amen.
Ich hab diß alles ilends geschriben; darumb vernemm es ein
ieder im besten.
Geben zuo Zürich im 1522 iar am 16 tag aprell.