Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

99

<< Nr. 98 | Index | Nr. 100 >> 

Zeugenaussage Zwinglis.

11. und 12. Oktober 1526
Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 5 (Leipzig: Heinsius, 1934) (Corpus Reformatorum 92)


Jump to page 406 407 408 409 410 411 412 413 414 415




--406--

[Zeugenaussage Zwinglis.]
[I. Verhör am Donnerstag.]
In der sach meister Uolrich Zwinglis actum dornstag, 11. octobris,
praesentibus burgermeister Walder, her Röst,
meister Thumysen, Ochsner, Werdmüller, Jäckli,
Kamli, Sprüngli, Conrat Gul, Schneberger,
meister Binder etc. dixit Zwingli:
[1.] Er hab den andern herren, so zuo im verordnat syen, lenger
von disem handel gesagt; darumb wöll er min herren mit langer red
nit bemüen. Und aber anfangs sagt er, daß er dise wort und red an
der kantzel nit onbedachtlich gerett, besonder diewil er gesechen

--407--

hab, daß alle die, so mit pension verdacht sind, einhelligklich wyder
das euangelium stryttend und in grossen practicken sych öugend. Er
hette och von ettlichen fromen lütten von Zug und Schwytz gehört,
das alle practick uss diser statt gienge; die jugend werde och von den
selbigen uff die lingken sytten gewyst und angericht und in dem
laster uffwachsen. Söllichs und das er vor dem strengen gericht gottes,
wo er schwigen und fürgon lassen sollt, nit verantwurten möcht,
hab inn zuo reden verursacht, namlich: er sy wissend, das pensionen in
unser statt genomen, och an andre end practiken gemacht werden, die
wyder miner herren globen, mandaten und fürnemen offenlich syen;
desshalb er für und für, diewil mine herren söllichs nit abstellend und
dermass straffend, das ruow von söllchen verhofft, nit schwygen werd.
[2.] Witter syen vornacher ettlich gefangen und aber nit gestrafft,
die sych nachvollgends beruempt und ein frolocken darinn gehappt
und gerett haben: "Ey, bin ich nit beheb gewesen?" Und erst gester
am abend sye einer darvon komen; damit hallte einer dem andren
für. Werden die strafwirdigen gewarnat, plib das übel ongestrafft
und pliben die laster in fürgang. Und diewyl mine herren söllcher
sachen durch andre mittel und weg erfaren mögen, dann durch inn,
und damit im nit zuogemessen werden möcht, das söllichs allein us
im keme und deßhalb im allein zuogemessen werden und etwas nachvollg
und anhang haben möcht, bedunckte inn guot sin, dyss ietzmals
für ein antwurt anzenemen.

--408--

[3.] Wa aber min herren wöllend, das er sich eroffne, so wöllen
sy sich doch zuovor entschliessen, das sy der sach mit ernst wöllen nachgon,
das man seche, das söllich übelthat abgestellt werde; demnach
wölle er sich uffthuon, das mängklich sechen mög, das er nit us frevel,
sonder us warer liebe cristenlicher leer und der statt Zürch so
harrt wyder das übel sye, doch in söllcher gestallt: was er allein
wysse, möge er im selbs behallten; wa aber mine herren dasselb
och wissen, wölle er's trüwlich und warlich anzeigen; was er aber mit
mitwyssenden wysse, wölle er globhafft lüt darumb darstellen, och
andre gnuogsame anzög, darab söllicher lüten handlung, frevel und
arglist abgenomen werden mag, erscheinen, doch nit als ein sächer,
sonder als einer, der gfragt wirt.
[4.] Hat sich och erbotten, wa mine herren dess begeren, selbs
personlich vor inen zuo erschinen.
[5.] Daneben hat er anzögt, wie meister Jacob Opprecht
selger im anzögt, wie im einer gebichtet hab, wie die stattknecht
pension hetten dorumb, das sy die pensioner warnenten, wann sy si
vachen sollten. Das hette er minem her Rösten selgen angezögt.
Schultheiss Hobolt von Soloturn hette im och anzögt, im het
einer von diser statt gesagt, man truckte zuo Zürch ein buechli, das
Cristus am tod verzwyffelt syg.

--409--

[6.] Daruff haben sich die obgemellten verordnaten entschlossen, das die
vier herren, vormals von rat und burgern zuo diser sach verordnat, meister
Uolrichen wytter verhören und anzeigung thuon lassen, die och glich morgen
frytag das wyderumb an die obgemellten verordnatten langen lassen söllen,
damit die sach uff samstag an rat und burger gelange. Es söllen och die verordnatten
in diser sach samentlich by einandren pliben und sich keiner sündren,
ob einer glichwol fründ und verwandten hette, die in diser sach anzögt und
benempt ald sunst darunder verdacht weren. Des haben sich die verordnatten
einhelligklich vereint.
[II. Verhör am Freitag.]
Uff frytag den zwölfften tag octobris hat meister Uolrich
vor den vieren verordnaten, namlich meister Jacob Werdmüllern,
meister Jäcklin, dem Schneberg und Cuonrat
Gulen gesagt:
1.] Erstlich von den sachen, argwönen und anzeigungen, die er
allein und für sich selbs weist:
[a.] Und namlich als eer zuo hertzog Uolrichen von Wirrtenberg
gewandlat syg und es sich uff ein zyt begeben, das Heinrich Ron
und sin gesellen ein fenster zerschlagen und sich geplegt haben und
ettlich tag nit zum hertzogen komen syen, sye doch der Ron zum
hertzogen komen und inn dafür gebetten. Das hat herzog Uolrich
meister Uolrichen Zwingli gesagt und under anderm gerett: "Der
hat mir 3 oder 400 kronen abgenomen, er wöllt mir knecht zuofueren."
[b.] Demnach hat er och mit im von wegen meister Rublis
gerett, wie der selbig zuo im, herzog Uolrichen, komen und under

--410--

anderm gerett hab: "Her, ier wissend, das ich kein gellt nimm." Hat
herzog Uolrich zuo meister Uolrichen Zwingli gerett, das muessi botz
marrter schenden, sy nemen's nit in pension, sonder in schenkens wys
und sparen's als zuosamen.
[c.] Witter, als meister Uolrich Zwingli mit Ludwig Schudin
in guotter kundtschafft sy, habe er inn uff ein zyt wöllen practicieren,
in des Franzosen sach ze handlen. Da hab meister Uolrich under
anderm gerett: "Ier handlen mit ongeschickten lüten; es ist böss mit
üch handlen; wann ier den und den vermöchten, namlich Cornell
Schultheissen und Rublin", habe er, Schudi, mit dem hoppt
geneigt, sins verstands so vil anzeigt, als ob die wissend werend. Er,
Schudi, hab och gerett: und der Wellenberg - Hans Petern
meinend - were och nit ongeschickt.
[d.] Es hab sich och gefuogt, das Cornell Schultheiss uff ein
zyt über ein tisch, da burgermeister Wyss und eer, meister Uolrich,
gesessen weren, heimlich, doch das er, meister Uolrich, hören möcht,
gerett: er hette die pensionen den von Lucern bezallt und habend
denacht klin pensionen.
[e.] Jacob Grebels halb hat meister Uolrich mit langen umbstenden
under anderm gesagt, wie der allt Schudi, als der bericht

--411--

gemacht wurde, under anderm gerett: "Das allt gruebelin hat grueblet,
byss im die 4000 kronen worden sind."
[f.] Item Cuonrat Escher hat von sinem bruoder Klotzen gerett
zuo meister Uolrichen under anderm: "Hanns hat dem Ennio
geschriben, rat wie?" Und als meister Uolrich inn gefragt, hat er im
nit gesagt, was er geschriben hat. Darus %/vollgt, das er heimlich ding
im geschriben und mit im gehandlet hab.
[g.] Hat im och gesagt, wie die bischoff und äbbt gellt usgeben
als zuo Lucern und Frowenfeld.
[h.] Uss disem allem meister Uolrich by im selbs dise anzeigte
personen für gantz verwünscht [?] und argwönig hab und hallt.
Söllichs hat meister Uolrich mit söllchen langen und globwirdigen
umbstenden und anzeigungen gesagt, das es alles in schryfft zuo begryffen
nit möglich gwesen ist.
[2.] Demnach zeigt meister Uolrich an die vell, davon im nit
allein, sonder och andren wissend syg;
[a.] namlich Cuonrat, Jakob Grebels son, hab im gesagt:
"Min vatter hat mir min pension ingenomen und gybt mir, was eer
wyl, und ist mir schuldig by den 300 und 35 kronen. Davon
weisst herr Heinrich Utinger, maister Jörg Binder, Änderlin
Kromer und Cuonratz frow.

--412--

[b.] Witter habe er sin son Cuonraten, och sin tochtermann
(mit was vorgender practic das beschechen sig, mög er nit wyssen)
zuo dem Wilhelm de Falconibus geschickt; der hab yer yedem
50 gulden geben.
[c.] Nota. Brennwald, als er vogt zuo Sanaganza gwesen und
Wolff Nussbomer mit tod abgangen, sye Gregorius Büntzli, so
ietz zuo Basel sye, und zuo im, Zwingle, gesagt: "Rat, wem ist Wolfen
pension worden?" Und als er, Zwinglin, das nit hat mögen wyssen,
hat der selbig Büntzli im gesagt, das die dem vogt Brennwald
worden sye.
[d.] Es hat och der selbig Brennwald uff ein zyt, als Stoffel
Bodmarn ein not umb gellt bestanden hett, zuo siner schwyger
Elsin zum Rösslin gerett: "Im wirt bald gellt werden: sin pension."
[e.] Elsy zum Rösslin hab och uff ein zyt gerett, als etwas von
Stoffel Bodmarn gerett ist: "Ich wil's meister Rublin sagen, der
schribt im's."
[f.] Von Jacob Grebels handlung weist Jörg Hediner och
zuo sagen.
[g.] Hertzog Uolrich hat och gesagt, Klotz Äscher syg ein

--413--

onverschamppter bettler; er hab im offt handvol und seckelvoll geben;
noch wölle das nit helffen.
[h.] Item Onofrius Setzstab hab 100 kronen. Hat sin wib
meister Uolrichs wyb gesagt; und sinem wyb hat man uff ein zyt
6 Kronen geben.
[i.] Stoffel Bodmar hat 40 kronen. Weist Bernhart Reiner,
sin wyb und ander meer.
[k.] Von wegen Hansen Löwen, wie der das gellt zuo Meyla
gespieglat und was er gerett hab, werde gefragt Hans Schweppelin,
der wirt daselbs.
[l.] Witter, als Stoffel Bodmar us miner herren fängknuß
komen syg, hab er, als ein frow in mit worrten anzogen hab, under
anderm gerett: "Ja, wann ich dran muoss, so muoss J. Grebel och
dran."
[m.] Her Anshelms halb, als sy by einandren im capittel gesessen

--414--

syen und her Anshelm ein pracht getriben und under anderm
gerett hab: "Min win hat nit ein bantzer an und ich lad nit die
wenigosten in min hus und weiss och, was im rat gehandlat wirt, ich
gib inn och die pension" etc., ja die offenlichen, und er wysste, das in
24 stunden ein anders wurd -, darüber werd probst und senger
gefragt; domals ist Winigen prunnen.
[n.] Wer och nachtz us sinem hus gestyfflet und gesporet gangen
syg und sunst von sim handel werde gefragt her senger Utinger
und Bachoffer und Hans Fuesslin.
[o.] Der Löser, ein weberknecht, weisst Albrecht von
Landenberg.
[p.] Her Hans Wydmers halb werde her Benedict von
Prittnow erkundigat.

--415--

[q.] Und in disen sachen allenklich werde Hans Zett kromer
verhört.
[r.] Mit was selltzamer anschlegen und practiken dise ding zuogangen
und gehandlat werden, zeigt meister Uolrich wunderbarlich an.
[III. Ratsbeschlüsse.]
[a.] Capiantur
Grebel ad praetorium
Escher
Löw
ad Wellenberg turrim
[b.] Mine herren haben sich Hansen Eschers halb erkennt,
das er uff ein trostung 300 guldin herusgelassen werden sölle, der
gstallt, so die tröster gemant werden, das sy inn wyder stellen oder
gmeiner statt die 300 guldin onablesslich verfallen sin söllen, und sol
Hans Escher mittler wyl des ratz styllston und nit darin gon söll;
doch mag er reden, wie er vornacher gethon hat. Tröster:
Frydlin Meyer von Byrck und Heinrich, sin bruoder.