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Huldrych Zwingli Briefe - 358

Institut für Schweizerische Reformationsgeschichte

358

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Absender: Zwingli

Empfänger: Rhätien (Drei Bünde)

Ort: Zürich
Datierung: 14 I 1525

Vorlage: Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, vol. 8 (Leipzig: Heinsius, 1914) (Corpus Reformatorum 95), 286-290




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Gnad und frid von gott bevor, strengen, vesten, fürsichtigen, ersamen,
wijen, gnädigen, günstigen, lieben herren und in gott mitbrueder.
Es hatt der helig Paulus nit allein für die er zum glouben gebracht
iorg gehebt, sunder ouch für alle kilchen, das ist für alle glöubigen, das
ghein ungloub, mißverstand oder verergernus under die iunger gottes kem.
Us welcher ursach ich hoff mir ouch nit ungebürlich sin, zuo üch ze schryben,
zu eim teil, das ich vernomen hab, wie ir das warhafft, unüberwintlich
wort gottes angenomen und an der merteil orten fry predgen lassind,
zum andren, das ich ouch us Churer bistum bürtig bin. Und wil also

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üwer ersant wysheit um gotzwillen gebetten haben, ir wellind min schriben
nit darumb verachten, das mich die fygend gottes und der warheit one
die warheit so unerberlich einen buoben, kätzer und schelmen scheltend; denn
hierinn mir gwalt und unrecht beschicht. Einen großen sünder bekenn ich
mich wol, aber einen kätzer werdend mich alle mine fygend nit mögen
machen noch schelmen; wiewol ich sölch ungezäm zuoreden mit frölichem
gmuet trag, denn ünser herr Iesus Christus hatt üns vorgeseit [Matth.
5. 11f., 10. 24f.], es wurde also zuogan: es ist imm selbs also geton, und
ist der iunger nit über den meister, darumb ghein wunder ist, ob mir armen
sünder ungemäß lüg zuogemessen werdend. Aber diß schryb ich allein dar=
umb, das ir die lugenhafftigen reden üch nit verergren lassind, das ir da=
min warhafft schryben verschupfind. Jr find mir, von den Dryen
Pündten, allweg ouch von minen kintlichen tagen har ser geliebt und
empfolhen gewesen, wiewol üch das klein nützen mag, als ich aber wol
in vil weg ze bezügen wüßte mit den üwren, die an der frömde mir
bywonung geton und ietz by üch wol verwennet und gehalten sind, denen
ich ouch bekant, ob ich glych üwer wyßheit unerkant bin. Nun schryb
ich zuo üwer wysheit in gheinem andren handel weder des euangelii des
suns gottes, in dem mich gott täglich brucht mit vil großer arbeit, angst,
sorg, ufsatz und widerstand; doch überwindt allweg, der herr über alle
herren ist. Jm sye lob und er.
Und bring ietz dise meinung an üwer wysheit: das die wol sehen
mag, wie des bapstes gwalt das götlich wort yngeton, gwaltiget und ver=
buncklet hatt, üns die warheit verhalten ist und an dero statt ein öder schin
dargestellt, welcher nit allein üns umb die zytlichen gueter, die wir an ab=
las, pfruonden, klöster, kilchen, hochfart geben habend, sunder, als ze be=
ist, ouch umb ünser selen gebracht hatt, und das in sunderheit ietz,
so die warheit am tag ligt, und aber vil, von des bapsts ler verblendt,
iro nit ghörig sin wellend, deren ich gar vil wirsch sorg weder deren, die
d' warheit nit erkennet habend, von denen ich mein, nieman gezimmen zuo
urteilen, sunder sy der barmhertzigheit gottes ze lassen. Ja üwer wysheit
sicht, wie das bapstuem stat, und sicht aber dagegen, wie sich die warheit
allenthalb so styff und veft uftuot, das das gantz bapstuem darwider nütz
vermag, sunder sich zuo gwalt und bodten, ouch lügen und vermieten kert,
als man wol weißt, aber den aller ringsten dero, die ietz ein lange zyt

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gelert habend, noch nie mit krafft des götlichen wortes überwunden hatt.
Deßhalb ze besorgen ist, wo die obergheit die, so das gotzwort predgend,
vor bäpstischem gwalt nit fristind, doch allein zuo rechnung irer ler us dem
gotzwort zuo geben, das gott sin gnad widrumb entziehen und in die alten
gwüß irrungen vallen werde lassen; wo aber das beschehen sölte, mag ein
ieder wol ermessen, was großen nachteils der ganzen Christenwelt an lyb
und sel erwachsen wurd, ouch mit wie vil gevar es beschehen mueßte. So
nun gwüß ist, das ouch under üch etlich sind, die das helig, unbetrogen gotz=
wort trülich und ernstlich predgend, als in sunderheit der erfam, wolgelert und
voll gloubens Ioannes Comander, genant Huotmacher, lerer der lob=
lichen statt Chur, der mir von sinen iungen tagen in vil zucht und flyßes
wol erkannt ist, und andre vil, dero namen ze lang wär ze erzellen, (got
beveste sy in allem guotem!), so lege üwer ersam wysheit hand an, das
denen wider das götlich wort gheinen weg gwalt beschehe, und lasse sich
hierinn nieman beduren, ob einer villicht, in etlichen dingen noch unbericht,
sich meint verletzt oder verfuert werden; dann so man die warheit zuoletst
erlernet, wirt man dero ser fro und frölich, und das man zum ersten
grusam geschezt hatt, wirt man nachin lachen; dann als ünser lieber
herr Iesus Christus spricht Luc. 16. [Luc. 16. 15]: "Das die menschen
hoch dunckt, das ist by gott ein grüwen". Und worinn man üwre lerer
verclagt, darumb besehend das götlich wort nüws und alts testaments
biblischer buecheren und lassend üch demnach gheinen weg nit darvon
tringen; denn gott mag üns nit liegen noch sin wort üns fälen; aber
der mensch mag üns fälen, er sye, wie hoch er welle, iro sygind, wie vil
sy wellind. Sehend an das heil und friden ünserer conscientzen, die allein
in gottes wort ruow finden mögend, und lassend inen das us den henden
nümmen ryßen und des bapstes gytig betrogen, verfuerisch wort widrumb
darin geben; denn als der prophet Amos [Amos 3. 8] spricht: "so ein
löw pruelt, wer wil imm nit fürcht", also ouch so gott sin wort harfür

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rüstet und stellt, wer wil nit losen und volgen? Gott offnet sin wort nit
one träffenliche beschwerd und straff dero, die es nit hören wellend, und
nit one großen nutz lybs und der fel dero, die im volgend. Das bezügt
das iämerlich umkeren hierusalem, darumb, das sy das wort, das ist
den fun gottes, nit habend angenomen, und harwidrumb die statt Ninive,
die fich an gottes wort kert, ufrecht bliben ist [Jona 3. 10]. Hierumb, from=
men, veften, wysen etc. lieben herren und in gott brueder, lassend üch die nit
verfueren, die mit heimlichen valschen lügen wider das gotzwort, wider die
es predgend und wider die imm volgend und ghörig sind, verhetzen und
verwirren. Der tüfel tuot imm nit anderft; er mag noch kan mit der war=
heit nütz; darumb behillfft er sich siner wǎffen: sind lügen, verwirren und
zerrütten. Wiewol die fygend der warheit allweg die der warheit an=
hangend der unwarheit scheltend, ist doch offenbar, das die sich deß gotz=
worts annemend, so redlich sich darstellend und die fygend nütz vermögend,
das kinder sehen mögend, welche ufruorer oder christenlich frider sind. Als
ouch ietz minen herren von Zürich beschicht, die vor üch vertragen werdend,
wie sy ufruerig sygind, frömde hillff suechind, recht nit halten noch übeltaten
straffen wellind, guote vertrag und fridsame verkommussen nit annemen,
das doch alles erdacht und one grund der warheit fürggeben wirt; dam
sy umb fridens und umb der er gottes willen ein zythar so untragliche
ding geduldet habend, das, wo sy nit für und für vor zerrüttung sich
flißind ze fin, sölchs nit hette mögen erlidten werden. Darumb laffend
üch wider die frommen von Zürich gheinen weg verferen oder ver=
bittren, sunder versehend üch zuo der alten loblichen christlichen statt, wie
sy von ye welten har ift komen, ouch fürohin werde ufrecht, götlich,
erlich, christlich handlen. Erkennend nütz über ieman, ee ir bed teil ver=
hört habend; denn got wirt die sinen nit verlassen. Bedenckend ouch,
das, ob glych Zürich so ufrecht und redlich nit handlete, das denocht
ghein statt in der gantzen welt üch gelegner zuo allem üwrem nutz und
frommen ift und denselben vilvaltiklich gefürdret, als, ob gott wil, noch
meng redlich pundtsman wol wüssen mag. Dernemend diß min schryben
imm aller besten, und worinn ich üwer wysheit gedienen kan, schaffe die
und gebiete; dann ich guoter meinung, Zürich und Pündt, die einandren
so wol anstand, wo ich mit got und glimpf ienen weren kan, nit möchte
sehen mit valfchem dartuon gegen einandren veruneinigot werden.

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Der gott, der in üch hatt anghebt das bapstuom brechen und üch in
sin erkantnus ynfueren, der leite und veste üch, das wir alle frölich an
dem letsten gricht vor imm gdörind erschinen, Amen.
Beben Zürich, xiiij tags Januarii M.D.xxv.
Üwer ersamen wysheit williger und getrüwer Huldrych Zuingli,
verkünder des evangelii Christi, mines herren.
(Adresse fehlt).